Inhalt

VG München, Urteil v. 17.05.2023 – M 18 K 18.914
Titel:

Überprüfung eines Beschlusses der Jugendhilfe-Schiedsstelle zur Entgeltfestsetzung für Wohngruppe

Normenkette:
SGB VIII § 78b, § 78e, § 78f, § 78g
Leitsätze:
1. Wird die Geschäftsstelle der Entgeltkommission (wie hier) nicht für die Entgeltkommission, sondern für den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe tätig, kann sie als Parteivertreter nicht der Neutralitätspflicht unterliegen. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sofern einzelne Entgeltbestandteile von der Schiedsstelle neu festgesetzt werden müssen, verändert sich hierdurch (zumindest möglicherweise) der Gesamttagessatz, so dass ein erneuter externer Vergleich durch die Schiedsstelle vorgenommen werden muss. (Rn. 57 und 107) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Entscheidung der Schiedsstelle, dass hinsichtlich der Position zentrale Verwaltungskosten infolge eines „isolierten externen Vergleichs“ in der Entgeltberechnung 3,5% der in der Einrichtung anfallenden Personalkosten anzusetzen seien, ist nicht mehr von deren Einschätzungsprärogative gedeckt, wenn nicht hinreichend vertieft geprüft wurde, ob die in den „isolierten externen Vergleich“ eingestellten Einrichtungen tatsächlich mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar waren. (Rn. 73 und 83) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Überprüfung einer Entscheidung der Schiedsstelle, eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeit durch das Gericht, Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle, keine Verletzung einer behaupteten Neutralitätspflicht der Geschäftsstelle der Entgeltkommission, Verfügungszeiten für Personal im Gruppendienst, Zentrale Verwaltungskosten, Instandhaltungskosten, externer Vergleich, Schiedsstelle, Jugendhilfe, Einschätzungsprärogative, Neutralitätspflicht, Geschäftsstelle der Entgeltkommission, Verfügungszeiten, Verwaltungskosten
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 13.02.2024 – 12 BV 23.1882
Fundstelle:
BeckRS 2023, 26096

Tenor

I. Der Beschluss der Schiedsstelle Bayern – Jugendhilfe § 78g SGB VIII vom 2. Februar 2018 (Az. …) wird in Ziffer 1. und den Ziffern 3. bis 6. aufgehoben.
II. Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Schiedsbeschluss, der im Rahmen der Entgeltfestsetzung insbesondere Festsetzungen zu Verfügungszeiten für Personal im Gruppendienst, zu zentralen Verwaltungskosten und zu Instandhaltungskosten enthält.
2
Die Klägerin ist Träger der freien Jugendhilfe und Mitglied des …, Landesverband Bayern e.V. Sie betreibt im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten, einem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, u.a. die streitgegenständliche heilpädagogische Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bzw. junge Volljährige.
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Mit Schreiben vom 5. Juni 2014 widerrief die Klägerin gegenüber ihrem Spitzenverband den Beitritt zur Vereinbarung über die Bildung von Kommissionen nach § 78e Abs. 3 SGB VIII mit Wirkung zum 31. Dezember 2014 und stellte klar, dass hierdurch ihre Mitgliedschaft im Spitzenverband nicht beeinträchtigt werde.
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Die streitgegenständliche Einrichtung, in der neben der heilpädagogischen Wohngruppe auch eine therapeutische Wohngruppe eingerichtet wurde, wurde zunächst aufgrund eines bis zum 30. November 2016 befristeten Duldungsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 26. November 2015 betrieben. Mit Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 18. November 2016 wurde die Betriebserlaubnis für die beiden Wohngruppen gemäß § 45 SGB VIII erteilt.
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Mit Schreiben vom 18. Dezember 2016 erfolgte ein Angebot der Klägerin zum „Abschluss von Vereinbarungen gemäß § 78b Abs. 1 SGB VIII“ gegenüber der Geschäftsstelle der Entgeltkommission M., welches für die streitgegenständliche Einrichtung einen Tagessatz i.H.v. 246,47 € vorsah. Es wurden zentrale Verwaltungskosten i.H.v. 66.973,75 € geltend gemacht, denen als Kalkulationsgrundlage neun Plätze und 337 Berechnungstage zugrunde gelegt wurden. Außerdem wurden Instandhaltungskosten i.H.v. 2.517,08 € angesetzt. Die Klägerin wies insoweit darauf hin, dass die für Einrichtung und Wäsche/Geschirr bzw. Küchenausstattung zugrundeliegenden Werte mit einem Verbraucherpreisindex für Möbel (9,4% bzw. 3,5%) angeglichen worden seien.
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Mit E-Mail vom 3. März 2017 teilte die Geschäftsstelle der Entgeltkommission M. der Klägerin mit, dass in der Sitzung der „Kostenträgerrunde M.“ am 14. Februar 2017 keine Vereinbarung habe getroffen werden können. Dem Angebot hätten die Kostenträger nicht folgen wollen; Hauptdifferenzen seien die Personalausstattung oberhalb der Betriebserlaubnis und die Höhe der zentralen Verwaltungskosten.
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Daraufhin beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 20. März 2017 die Einleitung eines Schiedsverfahrens und die Festsetzung des am 18. Dezember 2016 vorgelegten Angebots der Klägerin für eine Entgeltvereinbarung mit einem Tagessatz i.H.v. 246,47 € mit Gültigkeit ab 1. April 2017 für einen Vereinbarungszeitraum von einem Jahr. Mit Schreiben vom 9. Januar 2018 korrigierte die Klägerin den Antrag dahingehend, dass sie eine Vereinbarung für den Zeitraum vom 1. April 2017 bis zum 31. Juli 2017 beantrage.
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Der Bevollmächtigte der Klägerin begründete den Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens mit Schreiben vom 31. Juli 2017 im Wesentlichen damit, dass hinsichtlich der Personalausstattung im Gruppendienst eine Verfügungszeit von mindestens sechs Stunden notwendig sei. Insoweit sei das Handbuch „Personalbemessung der Jugendämter in Bayern“ (im Folgenden: PeB) als Orientierungshilfe heranzuziehen. Es seien weitere Anforderungen wie Infektionsschutzbelehrung oder Ersthelferkurs, sowie Einkäufe und Besorgungen, insbesondere die Begleitung zu Behörden, Rechtsanwälten oder Ärzten, oder die Übergabe beim Schichtwechsel zu berücksichtigen. Zu den Instandhaltungskosten habe die Klägerin das Formular „Instandsetzungen/Abschreibungen“ vorgelegt, mache jedoch – orientiert am Verbraucherpreisindex – auch die Preisentwicklung geltend. Der von der Beklagten angewandte Maßstab von 3,5% der Personalkosten sei keine taugliche Grundlage zur Ermittlung wirtschaftlicher zentraler Verwaltungskosten.
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Die Beklagte beantragte im Schiedsverfahren die Festsetzung eines Tagessatzes i.H.v. 212,65 € und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Frage, in welcher Höhe ZVK zu akzeptieren seien, bereits mehrfach, auch mit der Klägerin, vor der Schiedsstelle verhandelt worden sei. Wesentliche neue Aspekte gebe es nicht. Seit der letzten Entscheidung der Schiedsstelle zu diesem Thema mit der Klägerin als Beteiligter hätten etliche Träger 3,5% der Personalkosten eingefordert, d.h. der Durchschnittswert habe sich dieser Marke angenähert. Hinsichtlich der Instandhaltung sehe der Rahmenvertrag feste Werte vor. Bezüglich der Personalstärke für den Gruppendienst sei eine Verfügungszeit von drei Stunden ausreichend.
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Mit Schreiben vom 21. Dezember 2017 machte der Vorsitzende der Schiedsstelle zu dem streitgegenständlichen sowie weiteren Verfahren zwischen den Parteien umfangreiche Anmerkungen und Ausführungen. Er wies insbesondere darauf hin, dass die Klägerin, gestützt auf das PeB, sehr eingehend ihren Bedarf an Verfügungszeiten dargelegt habe und damit begründet habe, warum sie bei der Personalbemessung sechs Stunden Verfügungszeit als Mindestbedarf angesetzt habe. Die Schiedsstelle habe sich zudem bereits in ihrer Entscheidung vom 22. Januar 2014, die vom Verwaltungsgericht München und vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bestätigt worden sei, intensiv mit zentralen Verwaltungskosten auseinandergesetzt. Da seitdem einige Jahre vergangen seien, werde die Beklagte gebeten, ihren Vortrag zu belegen, dass der Durchschnittswert sich den von den Kostenträgern akzeptierten 3,5% der Personalkosten angenähert habe.
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Mit Schreiben vom 26. Januar 2018 übersandte der Vorsitzende der Schiedsstelle den Parteien zu sechs Verfahren zwischen den Parteien, darunter das streitgegenständliche, eine „Zusammenfassung des Sachverhalts – Überlegungen für die Entscheidung“, in der er insbesondere ausführte, dass die Schiedsstelle in der Vergangenheit aufgrund eines externen Vergleichs den Ansatz von 3,5% der in der Einrichtung anfallenden Personalkosten als angemessen angesehen habe. Vorliegend werde es um die Frage gehen, ob die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts München und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dadurch überholt sei, dass die Beklagte deutlich höhere zentrale Verwaltungskosten in anderen Bereichen anerkenne. Es sei zu entscheiden, ob die Regelungen im Zuschussbereich auch für Entgeltvereinbarungen anwendbar seien. Hinsichtlich der Verfügungszeiten komme es darauf an, ob das PeB zur Grundlage der Entscheidung genommen werden könne. Darüber hinaus werde zu bedenken gegeben, ob nicht die vielfältigen Zusatzaufgaben in der Einrichtung erhöhte Verfügungszeiten erforderlich machen. Hinsichtlich der Instandhaltungskosten sei offen, ob die Pauschale aus dem Jahr 2000 mittlerweile so jenseits der Realität sei, dass aus Gründen eines angemessenen Interessenausgleichs eine der allgemeinen Preisentwicklung angepasste Erhöhung zu beschließen sei.
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Mit Schreiben vom 31. Januar 2018 gab der Vorsitzende der Schiedsstelle den Parteien weitere Hinweise. Er führte insbesondere aus, dass hinsichtlich der Möglichkeiten, den angemessenen Betrag der zentralen Verwaltungskosten im Wege eines internen und/oder externen Vergleichs zu ermitteln, weder § 74 SGB VIII noch § 77 SGB VIII einschlägig seien. Die Sonderregelungen der §§ 78a ff. SGB VIII würden die anderen Regelungen zur Finanzierung im SGB VIII ausschließen. Alle Vergleiche mit Finanzierungen, die außerhalb der Entgeltfinanzierung erfolgen, seien daher problematisch.
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Nach umfangreichem Schriftverkehr zwischen den Parteien sowie zwischen der Schiedsstelle und den Parteien fand am 2. Februar 2018 eine Sitzung der Schiedsstelle zu fünf Entgeltvereinbarungen für Einrichtungen der Klägerin statt, in der bezüglich der streitgegenständlichen Einrichtung unter dem AZ-Zusatz „-J15“ nur hinsichtlich einzelner Streitpunkte eine Einigung erzielt werden konnte. Im Laufe der Verhandlung legte die Beklagte „Erläuterungen zum externen Vergleich Verwaltungskosten – ZVK“ vor, denen zwei Listen mit 313 Jugendhilfeeinrichtungen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten beigefügt waren.
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Mit Schreiben vom 12. Februar 2018 übersandte die Schiedsstelle den Parteien die Niederschrift über die Sitzung am 2. Februar 2018, die hinsichtlich des streitgegenständlichen Verfahrens „-J 15“ bezüglich der im vorliegenden Klageverfahren noch strittigen Punkte folgende Beschlüsse enthielt:
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„1. In der der Entgeltvereinbarung zugrunde zu legenden Leistungsvereinbarung wird für die Positionen (…) Gruppendienst (…) folgende Personalausstattung festgesetzt: (…) 5,66 VZÄ im Gruppendienst (…);
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2. Für die zentralen Verwaltungskosten werden in der Entgeltberechnung 3,5% der in der Einrichtung anfallenden Personalkosten angesetzt (…).
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4. Für die Position Instandhaltung werden in der Entgeltberechnung 2.300,80 € angesetzt.“
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Die Niederschrift enthielt eine kurze rechtliche Begründung, in der die Schiedsstelle insbesondere ausführte, dass die Klägerin nicht überzeugend dargestellt habe, warum Verfügungszeiten in der streitgegenständlichen Wohngruppe höher sein müssten, als in vergleichbaren Einrichtungen. Denn die den Fachkräften zugeschriebenen Aufgaben (z.B. Beratung und Vertretung in Asylverfahren) würden den bestellten Vormündern obliegen. Die Übergabezeiten seien zu hoch angesetzt, vor allem, da angesichts vieler Doppelschichten oft keine Übergabezeiten anfallen würden. Hinsichtlich der zentralen Verwaltungskosten sehe die Schiedsstelle 3,5% der Personalkosten der Einrichtung weiterhin als wirtschaftlich angemessen an. Sie sei im Wege eines externen Vergleichs von der von der Beklagten vorgelegten Zusammenstellung aller vereinbarten Entgelte ausgegangen. Hierbei würden von 313 vereinbarten Tagessätzen 188 Tagessätze einen ZVKWert zwischen 0 und 3,5% (60,06% der vergleichbaren Einrichtungen) und 69 Tagessätze einen Wert zwischen 3,51% und 3,75% (22,04% der vergleichbaren Einrichtungen) aufweisen. Das Angebot der Klägerin liege mit 13,4% deutlich darüber. Der externe Vergleich habe sich angeboten, da die streitgegenständliche Einrichtung und die zum Vergleich herangezogenen Einrichtungen sich in den wesentlichen Merkmalen entsprechen würden. Hinsichtlich der Instandhaltungskosten müsse die Klägerin den Rahmenvertrag aufgrund ihrer Mitgliedschaft beim Paritätischen Wohlfahrtsverband für sich gelten lassen. In jedem Fall sei die Beklagte an den Rahmenvertrag gebunden und deshalb grundsätzlich nicht in der Lage, höhere Beträge zuzugestehen. Die Pauschalen seien trotz ihrer unveränderten Geltung seit dem Jahr 2000 nicht so jenseits der heutigen Kosten, dass die Geltung des Rahmenvertrags völlig unangemessen sei.
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Mit Schreiben vom 12. März 2018 übersandte die Schiedsstelle den Parteien den Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 im streitgegenständlichen Verfahren „-J 15“ und begründete diesen hinsichtlich der im Klageverfahren noch strittigen Positionen insbesondere damit, dass hinsichtlich des Personals im Gruppendienst drei Stunden Verfügungszeit angemessen seien. Die Ablehnung der geforderten sechs Stunden Verfügungszeit lasse sich nicht mit der Betriebserlaubnis allein begründen. Die Schiedsstelle habe vielmehr auch Zweifel, ob das PeB als Beleg für die geforderte Verfügungszeit geeignet sei. Es spreche viel dafür, dass die dortigen Überlegungen und Werte nicht eins zu eins auf Einrichtungen in freier Trägerschaft übertragbar seien. Darauf komme es aber letztlich nicht an. Denn die Klägerin habe lediglich die im PeB genannten Zeiten zusammengezählt, ohne einen Beleg dafür zu liefern, dass sie in der Einrichtung tatsächlich benötigt werden. Einkäufe oder Besorgungen müssten durch die Bewohner selbst vorgenommen werden oder dies sei Teil der pädagogischen Regelleistung. Die Begleitung zu Behörden, Rechtsanwälten und Ärzten sei Aufgabe des amtlich bestellten Vormunds. Verfügungszeiten für die Übergabe seien auch im PeB nicht vorgesehen. Zudem gebe es ausweislich des vorgelegten Schichtplans an allen Tagen überlappende Arbeitszeiten, so dass eine Übergabe nicht erforderlich sei oder Teil des normalen Arbeitsablaufs sei.
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Hinsichtlich der ZVK habe sich die Schiedsstelle dem Angebot der Beklagten von 3,5% der in der Einrichtung anfallenden Personalkosten angeschlossen. §§ 78a ff. SGB VIII seien Spezialvorschriften, die in ihrem Anwendungsbereich § 77 SGB VIII ausschließen. Im Beschluss des Stadtrats der Beklagten vom 14. Dezember 2016 gehe es um eine Förderung i.S.v. § 74 SGB VIII, bei der im Gegensatz zu §§ 78 ff. SGB VIII kein Rechtsanspruch auf Förderung in bestimmter Höhe bestehe, sondern diese im pflichtgemäßen Ermessen des öffentlichen Trägers stehe. Auch die von der Klägerin genannten ambulanten Erziehungshilfen und Nachbarschaftstreffs seien als Vergleich für das hier zu entscheidende Entgelt ungeeignet.
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Die Angemessenheit der Entgeltforderung der Klägerin sei daher an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu messen. Das Bundesverwaltungsgericht habe mit Entscheidung vom 1. Dezember 1998 (BVerwGE 108, 47 ff.) zum damaligen BSHG insbesondere ausgeführt, dass insoweit ein externer Vergleich oder ein interner Vergleich in Betracht komme. Das Bundessozialgericht habe mit Entscheidung vom 29. Januar 2009 (BSGE 102, 227 ff.) ausgeführt, dass in einem ersten Prüfungsschritt die Plausibilität der einzelnen Kostenansätze festzustellen sei. Auch nachvollziehbare prognostische Gestehungskosten würden den geltend gemachten Vergütungsanspruch allerdings nur rechtfertigen, soweit er in einem zweiten Prüfungsschritt einem externen Vergleich standhalte. Wirtschaftlicher Betriebsführung entspreche der Vergütungsanspruch regelmäßig ohne weitere Prüfung, wenn der geforderte Pflegesatz im unteren Drittel der zum Vergleich herangezogenen Pflegevergütung liege. Sei dies nicht der Fall, seien die von der Einrichtung geltend gemachten Gründe auf ihre wirtschaftliche Angemessenheit zu überprüfen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe mit Urteil vom 29. Juni 2015 (12 ZB 15.1198) diesen Ansatz bestätigt.
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Ausgangspunkt der Prüfung seien daher die von der Klägerin vorgetragenen Kosten. Hierzu habe sie eine Kalkulation vorgelegt, die transparent und nachvollziehbar sowohl die ZVK, als auch den Schlüssel und die danach erforderliche Kostenverteilung auf die einzelnen Einrichtungen des Trägers, belege. Die Schiedsstelle habe keine Anhaltspunkte dafür gefunden, einzelne Kostenansätze in Zweifel zu ziehen und sie von vorneherein als unwirtschaftlich auszuscheiden, auch wenn der geforderte Anteil an den ZVK für diese Einrichtung als sehr hoch eingeschätzt worden sei. Die Schiedsstelle habe diesen Gesichtspunkt auch mangels konkreter Vergleichsmaßstäbe nicht weiterverfolgt, sondern sich im Wege eines externen Vergleichs mit der Forderung der Klägerin auseinandergesetzt.
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Die hierzu von der Beklagten vorgelegte Auswertung zeige, dass das Angebot der Klägerin die von anderen vergleichbaren Einrichtungen geltend gemachten Kosten und die mit ihnen vereinbarten Entgelte erheblich übersteige, was näher ausgeführt wurde. Die allermeisten Einrichtungen in der Auflistung seien mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar und auch große Träger mit eher umfangreicheren zentralen Verwaltungsdiensten würden mit geringeren Kosten auskommen. Selbst falls einzelne Einrichtungen nicht in allen Faktoren mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar seien, falle das für die Tragfähigkeit des Vergleichs angesichts großer Unterschiede nicht ins Gewicht, was wiederum näher ausgeführt wurde. Die Forderung der Klägerin übersteige selbst den höchsten aus dem Vergleich fallenden Wert um über 4%. Ihr Angebot liege soweit über dem Durchschnitt, dass selbst Unschärfen im Vergleich nicht zur Angemessenheit des Angebots führen würden. Daran ändere auch der Einwand der Klägerin nichts, dass der Maßstab von 3,5% der Personalkosten nicht sachgerecht sei. Da absolute Zahlen angesichts der Vielfalt der Jugendhilfeeinrichtungen, der einzelnen dort angebotenen Leistungen sowie der ganz unterschiedlichen Träger kaum eine geeignete Vergleichsgrundlage bieten würden, sei mit der Anknüpfung an die Personalkosten ein geeigneter Maßstab gefunden, der Kriterien wie Betreuungsschlüssel, Platzzahl, Personaleinsatz und dergleichen indirekt mit der prozentualen Festlegung berücksichtige. Der Satz von 3,5% sei auch nicht unangemessen. Denn der absolute Betrag des ZVK-Beitrag steige kontinuierlich mit den seit 2000 ansteigenden Personalkosten. Die Schiedsstelle müsse angesichts der Vielzahl einschlägiger Vereinbarungen von allgemeiner Akzeptanz ausgehen.
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Auch gebe es kein überzeugendes Argument dagegen, einzelne Positionen des Entgelts dem externen Vergleich zu unterwerfen. Auch wenn der Schiedsspruch keinen Entgeltbetrag festsetze, sei dennoch ein Vergleich der Entgelte insgesamt anhand der vorgelegten Liste möglich. Von den in der Liste genannten Einrichtungen, die alle 365 Tage geöffnet haben, hätten 68 Einrichtungen (= 22%) ein Entgelt vereinbart, das höher sei als das Angebot der Beklagten. Lediglich 41 (= 13%) Einrichtungen würden ein höheres Entgelt als die Klägerin fordern. Wenn man als zusätzliches Vergleichskriterium die 337 Öffnungstage (171 Einrichtungen), die auch für die hier zu verhandelnde Wohngruppe gelten würden, heranziehe, würden 31 Einrichtungen (= 18%) über den Wert der Beklagten hinausgehen und 15 (= 8%), das von der Klägerin geforderte Entgelt übertreffen. Verfeinere man den Vergleich noch einmal um das Kriterium „9 Plätze“ würden von 38 Einrichtungen zwei das geforderte Entgelt überschreiten, während die übrigen deutlich darunterliegen würden. Nehme man das Angebot der Beklagten als zu vergleichendes Entgelt, würden ebenfalls nur zwei Einrichtungen das angebotene Entgelt übersteigen. Daher liege das Angebot der Beklagten im oberen Fünftel der vergleichbaren Einrichtungen und das von der Klägerin geforderte Entgelt sei auch als Ganzes als unangemessen abzulehnen.
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Die Schiedsstelle sei bezüglich der Instandhaltungskosten dem Angebot der Beklagten gefolgt und habe einen Betrag von 2.300,80 € festgesetzt, der über demjenigen von 2.070,72 € liege, der sich aus Anhang E zu § 7 Abs. 4 des Rahmenvertrags errechne. Die Klägerin habe mit ihrer Forderung von 2.517,08 € wegen allgemeiner Preissteigerung für Möbel den sich aus Rahmenvertrag ergebenden Betrag um pauschal 9,1% erhöhen wollen, ohne Anspruch auf diese höhere Summe zu haben. Die Frage, ob die Klägerin, die Beklagte und die Geschäftsstelle der Entgeltkommission an den Rahmenvertrag und die Pauschale gebunden seien, könne offenbleiben, da die Schiedsstelle die Pauschale aufgrund der Erfahrungen ihrer Mitglieder unverändert als angemessen ansehe.
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Mit Schreiben vom 19. Februar 2018 übermittelte die Schiedsstelle den Parteien in Folge eines Protokollberichtigungsantrags der Klagepartei eine Ergänzung der Niederschrift über die Sitzung vom 2. Februar 2018.
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Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2018, eingegangen am 26. Februar 2018, erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2023,
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die Schiedsstellenentscheidung vom 2. Februar 2018 mit Ausnahme der Ziffer 2 aufzuheben.
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In mehreren Schriftsätzen, insbesondere vom 6. März 2018, 5. April 2018, 2. September 2018, 25. September 2018, 18. Februar 2020 und vom 9. Mai 2023, wurde zur Begründung der Klage im Wesentlichen ausgeführt, dass das Schiedsverfahren bereits wegen einer Verletzung des Neutralitätsgebots der Geschäftsstelle der Entgeltkommission rechtswidrig sei. Denn deren zuständiger Mitarbeiter habe einseitig die Interessen der Beklagten wahrgenommen. Daher habe das der Entscheidung der Schiedsstelle vorgelagerte Verfahren rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht entsprochen. Hiervon sei auch die Entscheidung der Schiedsstelle betroffen, da sie maßgeblich auf einseitig ermittelte Argumente gestützt worden sei.
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Hinsichtlich der Verfügungszeiten für das Personal im Gruppendienst betonte die Klägerin erneut, dass sechs Stunden pro Woche aus den bereits im Schiedsverfahren geschilderten Gründen erforderlich seien. Der Vorsitzende der Schiedsstelle habe in seinem Schreiben vom 21. Dezember 2017 festgestellt, dass die Klägerin sehr eingehend ihren Mindestbedarf an sechs Stunden Verfügungszeit dargelegt habe. Dennoch werde in der Entscheidung der Schiedsstelle überraschend behauptet, dass die Klägerin lediglich die im PeB genannten Zeiten zusammengezählt habe, ohne Belege dafür zu liefern, dass sie in der Einrichtung tatsächlich benötigt werden. Soweit die Schiedsstelle festgestellt habe, dass Aufgaben wie Beratung und Vertretung im Asylverfahren den bestellten Vormündern obliegen würden, sei der Vortrag der Klägerin unzutreffend dargestellt worden.
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Bezüglich der Ermittlung der zentralen Verwaltungskosten sei die Beschränkung des externen Vergleichs auf diese Einzelposition unzulässig, wenn – wie hier – der Gesamttagessatz in Streit stehe. Vielmehr sei der externe Vergleich in diesem Fall auf den Gesamttagessatz zu beziehen. Zudem sei die alleinige Orientierung der Schiedsstelle an den Personalkosten keine taugliche Bemessungsgrundlage für den isolierten externen Vergleich. Denn die Höhe der zentralen Verwaltungskosten werde maßgeblich auch von anderen Faktoren bestimmt, z.B. dem Alter der Mitarbeiter und der Tarifbindung. Aus den von der Beklagten vorgelegten Listen seien aber weder die Altersstruktur der Beschäftigten, noch Tarifmerkmale erkennbar. Jedenfalls aber sei der Wert von 3,5% der Personalkosten nicht sachgerecht, sondern führe zu einer nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit vergleichbaren Diensten und Einrichtungen. Die Argumente der Klägerin zur Vergleichbarkeit ambulanter Leistungen, die über Fördermaßnahmen gemäß § 74 SGB VIII finanziert werden, mit den streitgegenständlichen stationären Leistungen habe die Schiedsstelle ausschließlich mit dem verfehlten Argument abgelehnt, dass die Förderung nach § 74 SGB VIII im Ermessen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe stehe, wohingegen auf Abschluss einer Entgeltvereinbarung nach § 78b Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII ein Rechtsanspruch bestehe. Die Schiedsstelle habe auch ambulante Leistungen mit Finanzierung über § 77 SGB VIII zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Zwar teile die Klägerin die Auffassung der Schiedsstelle, dass §§ 78a ff. SGB VIII als lex specialis § 77 SGB VIII als lex generalis ausschließe. Dies führe aber nicht dazu, dass ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliege. Unabhängig davon sei es jedenfalls unverhältnismäßig, an dem Wert von 3,5% der Personalkosten, der bereits im Jahr 2000 festgelegt worden sei, festzuhalten. Es sei nicht überzeugend, dass die Schiedsstelle dessen Angemessenheit damit zu rechtfertigen versuche, dass der absolute Betrag der zentralen Verwaltungskosten steige, weil die Personalkosten steigen. Hierbei bleibe unberücksichtigt, dass die Aufgaben, die über zentrale Verwaltungskosten abgedeckt werden müssen, erheblich angewachsen seien. Die Bemessungsgrundlage von 3,5% der Personalkosten werde den Trägern der freien Jugendhilfe von der Beklagten dennoch weiterhin „einseitig aufoktroyiert“.
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Zudem sei ein reiner externer Vergleich unzulässig. Denn der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erachte die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den tragenden Grundsätzen des Entgeltssystems im SGB XI und SGB XII als vollumfänglich auf die Rechtslage nach §§ 78a ff. SGB VIII übertragbar. Laut dem Bundessozialgericht sei in einem ersten Schritt im Rahmen eines internen Vergleichs die Plausibilität der voraussichtlichen Gestehungskosten des Leistungserbringers zu prüfen. Erst anschließend erfolge in einem zweiten Schritt ein externer Vergleich. Die Klägerin habe für den internen Vergleich die tatsächlich entstehenden Kosten im Rahmen wirtschaftlicher Mittelverwendung anhand einer „ZVD-Kalkulation“ nachgewiesen. Zudem sei im vorliegenden Fall eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen gewesen, die laut dem Bundessozialgericht in näher dargestellten Fallkonstellationen im Anschluss an den externen Vergleich in einem eigenständigen weiteren Prüfungsschritt zwingend durchzuführen sei. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung sei zu prüfen, ob sich die Forderung als leistungsgerecht erweise. Die Schiedsstelle habe keine Angemessenheitsprüfung durchgeführt, obwohl die Klägerin umfassend dargelegt habe, dass das geforderte Entgelt aufgrund wirtschaftlicher Betriebsführung entstehe.
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Bezüglich der Instandhaltungskosten habe die Schiedsstelle aufgrund rechtswidriger Annahme einer Bindung der Klägerin an den Rahmenvertrag einen Wert zugrunde gelegt, der im Jahr 2000 festgesetzt worden sei. Zu diesen Preisen könne ein freier Träger selbst bei sparsamster Mitteilverwendung seine Investitionen nicht mehr tätigen. Der Schiedsstelle sei zudem ein Rechenfehler unterlaufen. Denn die Klägerin habe ihrem Antrag neun Plätze plus ein Personalbett für den Nachtdienst zugrunde gelegt. Auch dem Angebot der Beklagten liege eine Berechnung mit zehn Betten zugrunde. Die Schiedsstelle habe das Personalbett jedoch unberücksichtigt gelassen. Falsch sei auch die Feststellung der Schiedsstelle, dass das Angebot der Beklagten einen Inflationsausgleich beinhalte. Die von ihr festgesetzte Summe sei der Betrag, der ohne Inflationsausgleich das übersehene Personalbett berücksichtige.
34
Die Beklagte beantragte zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2023,
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die Klage abzuweisen und die Berufung zuzulassen.
36
Sie begründete ihren Antrag, insbesondere mit Schriftsätzen vom 30. Juli 2018 und vom 18. Dezember 2019, damit, dass die Klägerin die Schiedsstellenentscheidung zwar insgesamt angegriffen habe, sich deren Ausführungen aber im Wesentlichen auf zentrale Verwaltungskosten, Verfügungszeiten und Instandhaltungskosten bezogen hätten. Hinsichtlich der weiteren von der Schiedsstelle entschiedenen Punkte sei im gerichtlichen Verfahren kein Vortrag der Klägerin erfolgt. Für ein Neutralitätsgebot der Entgeltkommission oder ihrer Geschäftsstelle sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Die Geschäftsordnung der Entgeltkommission gelte für die Klägerin nicht, da sie den Beitritt zur Vereinbarung nach § 78e Abs. 3 SGB VIII widerrufen habe und auch nicht selbständig der Entgeltkommission beigetreten sei. Nach § 2 Abs. 4 der Vereinbarung nach § 78e Abs. 3 SGB VIII gelte die Geschäftsstelle der regionalen Kommission in diesem Fall von den beigetretenen Kommunen als berechtigt, in deren Namen Angebote auf Vereinbarungen nach §§ 78a ff. SGB VIII abzuschließen. Abweichend von § 4 der Vereinbarung nach § 78e Abs. 3 SGB VIII schließe also nicht „die Kommission“ die Vereinbarung nach § 78b SGB VIII. Dem freien Träger trete vielmehr die Geschäftsstelle der Entgeltkommission als Vertragspartner gegenüber. Bei den Verhandlungen würden sich somit der Einrichtungsträger und die Geschäftsstelle der Entgeltkommission als Vertreter des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe gegenüberstehen. Daher könne die Geschäftsstelle in dieser Konstellation keiner Neutralitätspflicht unterfallen. Unabhängig davon sei gerichtlich ohnehin nur zu überprüfbar, ob das Verfahren vor der Schiedsstelle rechtstaatlichen Grundsätzen genügt habe.
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Hinsichtlich der Verfügungszeiten für das Personal im Gruppendienst bilde das PeB nicht die Tätigkeit der freien Träger ab, sondern ermittle Durchschnittszeiten für Vorgänge, die von den Jugendämtern im Vorfeld konkreter Hilfeleistung erbracht werden. Selbst wenn man trotzdem eine Analogie ziehen wolle, gebe es dort keine pauschalen Vorgaben zur Bemessung von Verfügungszeiten. Die Klägerin habe nicht plausibilisiert, welche Zeitaufwände konkret für die Mitarbeiter der streitgegenständlichen Einrichtung anhand der vorgebrachten Tätigkeiten aufgewendet werden sollen. Auch ihr Vorbringen bezüglich ausländer- und asylrechtlicher Beratung sei nicht geeignet, höhere Verfügungszeiten zu begründen, da diese Tätigkeiten Bestandteil der regulären Betreuung seien oder besser durch Anwälte wahrgenommen werden sollten.
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Hinsichtlich der zentralen Verwaltungskosten habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 29. Juni 2015 (Az. 12 ZB 15.1198) trotz fast identischer Fragestellung keinen Anlass gesehen, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum externen und internen Vergleich auf das SGB VIII zu übertragen. Vielmehr habe er weiterhin das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Dezember 1998 (5 C 17/97) als maßgeblich erachtet, laut dem sich die Schiedsstelle an einem externen oder internen Vergleich orientieren könne. Somit sei kein zweistufiges Verfahren erforderlich. Unabhängig davon habe die Schiedsstelle vorliegend einen internen Vergleich durchgeführt. Denn sie habe im Schiedsbeschluss dargelegt, dass die von der Klägerin vorgelegte Kalkulation hinsichtlich der zentralen Verwaltungskosten auf Plausibilität geprüft worden sei.
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Darüber hinaus habe die Schiedsstelle im Rahmen eines externen Vergleichs rechtsfehlerfrei die Unangemessenheit der Forderung der Klägerin festgestellt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe es in der o.g. Entscheidung für unproblematisch gehalten, den externen Vergleich auf die zentralen Verwaltungskosten zu beschränken. Zwar sei vorliegend im Gegensatz zur dortigen Konstellation die gesamte Schiedsstellenentscheidung angegriffen worden. Die Schiedsstelle habe in ihrer Entscheidung aber keinen Tagessatz festgesetzt, sondern nur über einzelne strittige Punkte der Entgeltkalkulation entschieden. Es ergebe sich also kein Unterschied zum damaligen Verfahren, da auch dort über einen strittigen Punkt der Entgeltkalkulation verhandelt worden sei. Unabhängig davon habe die Schiedsstelle anhand der vorgelegten Liste zusätzlich auch einen externen Vergleich hinsichtlich der Tagessatzangebote der Parteien mit den Entgelten vergleichbarer Einrichtungen durchgeführt und zu Recht festgestellt, dass das geforderte Entgelt auch als Ganzes unangemessen sei.
40
Die Ausführungen der Klägerin zur angeblichen Ungeeignetheit des Werts von 3,5 der Personalkosten als Bemessungsgrundlage der zentralen Verwaltungskosten seien nicht überzeugend. Laut der o.g. Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei beim externen Vergleich gerade im Bereich der Jugendhilfe ein grober Vergleichsmaßstab zu bevorzugen. Angesichts der Vielfalt der Angebote der Kinder- und Jugendhilfe erscheine die Anwendung eines Orientierungswerts von 3,5% daher als praktikabel. Dieser Maßstab werde den Einrichtungen auch nicht „aufoktroyiert“. Der ZVK-Beitrag steige seit 2000 proportional mit den Personalkosten. Dass in der o.g. Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs der Durchschnitt von zentralen Verwaltungskosten vergleichbarer Einrichtungen noch bei 2,32% gelegen habe und dieser heute wohl bei 3,5% liege, falle angesichts des von der Klägerin ebenfalls nochmal höher angesetzten Maßstabs für die zentralen Verwaltungskosten (13,4% statt 10,84%) nicht ins Gewicht. Die Überschreitung des Orientierungswerts hinsichtlich einiger Einrichtungen sei dadurch erklärbar, dass es sich um näher dargestellte Sonderfälle handele. Auch im Übrigen bestehe keine Unangemessenheit der Bemessung der zentralen Verwaltungskosten durch die Schiedsstelle. Fördermaßnahmen gemäß § 74 SGB VIII seien im Gegensatz zu Entgelten nicht einzelfallbezogen, sondern würden in Form von Anteils-, Fehlbetrags- oder Festbetragsfinanzierung erfolgen, die in keinem direkten Zusammenhang mit Erbringung der Sozialleistung stehen. Es würden Ermessensentscheidungen ergehen. Hinsichtlich § 77 SGB VIII seien die Ausführungen der Klägerin zu ambulanten Hilfen nach SGB VIII oder Nachbarschaftstreffs unbeachtlich. Denn im Gegensatz zu den dort durchgeführten Spitzabrechnungen sei vorliegend eine prospektive Entgeltvereinbarung zu schließen. Die bei Vereinbarungen nach § 77 SGB VIII denkbare Rückforderungsmöglichkeit sei der entscheidende Unterschied.
41
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe in seiner o.g. Entscheidung zudem ausgeführt, dass die Schiedsstelle nicht verpflichtet gewesen sei, über den externen Vergleich hinaus eine Angemessenheitsprüfung hinsichtlich des von der Klägerin geforderten Vergütungssatzes insgesamt durchzuführen. Nach der allein relevanten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wäre für eine weitergehende Angemessenheitsprüfung nur Raum, wenn die Klägerin sich innerhalb der Bandbreite der Sätze für vergleichbare Leistungen anderer Anbieter bewegen würde. Die Forderung der Klägerin hinsichtlich der ZVK habe hingegen den höchsten aus dem Vergleich fallenden Wert um über 4% überschritten. Eine Angemessenheitskontrolle habe also bereits wegen völligen Verlassens der Bandbreite vergleichbarer zentraler Verwaltungskosten unterbleiben können. Im Übrigen habe die Schiedsstelle durchaus eine Angemessenheitsprüfung durchgeführt, sei jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Angemessenheit gegeben gewesen sei.
42
Bezüglich der Instandhaltungskosten stehe ein Beitritt der Klägerin zum Rahmenvertrag im Raum. Unabhängig davon habe sich die Schiedsstelle rechtsfehlerfrei an Anhang E des Rahmenvertrags orientieren dürfen. Diese habe bei der Berechnung versehentlich ein Personalbett, das üblich sei, vergessen. Dies solle im Rahmen der Entgeltvereinbarung berücksichtigt werden. Die von der Klägerin geforderten Mehrkosten würden die in der Anlage E zum Rahmenvertrag vorgesehenen Instandhaltungskosten samt Inflationsausgleich deutlich übertreffen. Hierfür bestehe kein Spielraum.
43
Am 17. Mai 2023 fand mit den Beteiligten die mündliche Verhandlung statt.
44
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakten der Beklagten sowie der Schiedsstelle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

45
Die zulässige Klage ist im Ergebnis begründet.
46
Die Entgeltfestsetzung im Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Allerdings bleiben die Angriffe der Klägerin hinsichtlich den festgesetzten Verfügungszeiten für Personal im Gruppendienst (Ziffer 1 Unterpunkt 2) ohne Erfolg. Lediglich Ziffer 2 des Schiedsbeschlusses konnte (entsprechend dem zuletzt gestellten Klageantrag) bestehen bleiben, da die dortige Regelung über den Geltungszeitraum der Entgeltfestsetzung in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Festsetzung der Höhe des Entgelts steht.
47
I. Die Klage ist zulässig.
48
Das Verwaltungsgericht ist für das Klageverfahren zuständig, § 78g Abs. 2 Satz 2 SGB VIII. Die Klage richtet sich zu Recht gegen den Vertragspartner, § 78g Abs. 2 Satz 3 SGB VIII. Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht, § 78g Abs. 2 Satz 4 SGB VIII. Die zuletzt gestellte isolierte Anfechtungsklage ist statthaft (vgl. BVerwG, B.v. 28.2.2002 – 5 C 25/01 – juris Rn. 19) und die sich hieraus ergebende Klagefrist von einem Monat, § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO, wurde eingehalten.
49
Einer Beiladung der Schiedsstelle bedurfte es nicht (vgl. BVerwG, B.v. 28.2.2002 – 5 C 25/01 – juris Rn. 21).
50
II. Die Klage ist auch begründet. Die Feststellungen der Schiedsstelle zu Verfügungszeiten für das Personal im Gruppendienst (Ziffer 1 Unterpunkt 2 des Schiedsbeschlusses) sind nicht zu beanstanden. Die Feststellungen in den Ziffern 3 und 5 des Schiedsbeschlusses zu zentralen Verwaltungskosten und Instandhaltungskosten sind hingegen rechtswidrig. Zudem erfolgte der externe Vergleich des Gesamtentgelts fehlerhaft.
51
1. Der Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 ist formell rechtmäßig. Auch die Rüge der Klägerin, dass er wegen Verletzung der Neutralitätspflicht der Geschäftsstelle der Entgeltkommission rechtswidrig sei, greift nicht durch. Denn die Geschäftsstelle wurde im vorliegendem Verfahren nicht für die Entgeltkommission, sondern für die Beklagte tätig und kann als Parteivertreter nicht der Neutralitätspflicht unterliegen.
52
Zwar nahm die Klägerin in ihren Schriftsätzen immer wieder auf eine angebliche Entscheidung und Stellungnahmen der Entgeltkommission Bezug. So sprach sie z.B. in ihrem Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens vom 20. März 2017 und in ihrem Schriftsatz vom 31. Juli 2017 von einer „Sitzung der Entgeltkommission M. (Kostenträgerrunde)“. Zudem wurde in ihrem Schriftsatz vom 25. Januar 2018 das Schreiben der Geschäftsstelle an die Schiedsstelle vom 19. Januar 2018 (das die Geschäftsstelle fälschlicherweise auf den 2. Oktober 2017 datierte) als Stellungnahme der Entgeltkommission bezeichnet. Tatsächlich handelte vorliegend aber lediglich die Geschäftsstelle der Entgeltkommission, nicht jedoch (auch) die Entgeltkommission selbst bzw. die Geschäftsstelle für die Entgeltkommission.
53
Da die Klägerin mit Schreiben vom 5. Juni 2014 gegenüber ihrem Spitzenverband den Beitritt zur Vereinbarung über die Bildung von Kommissionen nach § 78e Abs. 3 SGB VIII mit Wirkung zum 31. Dezember 2014 widerrufen hatte, war die Entgeltkommission für die Verhandlungen nicht mehr zuständig. Für diesen Fall gelten vielmehr die Geschäftsstellen der Regionalen Entgeltkommissionen gemäß § 2 Abs. 4 der Vereinbarung nach § 78e Abs. 3 SGB VIII (idF vom 1. Januar 2007) von den beigetretenen Kommunen als bevollmächtigt, in deren Namen Angebote auf Vereinbarungen nach §§ 78a ff. SGB VIII zu prüfen und Vereinbarungen nach § 78b SGB VIII abzuschließen. Daher wurden in der Folge die Angebote der Klägerin zu Recht nicht mehr in der Entgeltkommission, sondern in einer sog. „Kostenträgerrunde“ behandelt und deren erfolgloses Ergebnis der Klägerin mit E-Mail vom 3. März 2017 mitgeteilt. Dieses Vorgehen erläuterte der Vertreter der Geschäftsstelle auch nochmals im Schreiben vom 19. Januar 2018 an die Schiedsstelle. Dementsprechend wurde dieser auch in der Niederschrift zur Sitzung der Schiedsstelle vom 2. Februar 2018 bei den Vertretern der Beklagten (dort: Antragsgegnerin) aufgeführt. In dieser Funktion als Parteivertreter kann von vorneherein in keinem Verfahrensstadium einer Neutralitätspflicht bestehen.
54
Es kann daher dahinstehen, ob eine Neutralitätspflicht der Geschäftsstelle der Entgeltkommission bei ihrem Handeln für die Entgeltkommission tatsächlich besteht und wenn ja, ob durch das Verhalten des von der Klägerin genannten Vertreters der Geschäftsstelle der Entgeltkommission eine Verletzung dieser Neutralitätspflicht eingetreten sein kann. Zudem kann offenbleiben, ob die Verletzung eines etwaigen Neutralitätsgebots der Geschäftsstelle der Entgeltkommission überhaupt von Relevanz für die Rechtsmäßigkeit der Schiedsstellenentscheidung sein könnte.
55
2. Der Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 ist jedoch hinsichtlich der Festsetzungen in den Ziffern 3. und 5. des Schiedsbeschlusses zu zentralen Verwaltungskosten und Instandhaltungskosten rechtswidrig.
56
2.1. Die Entgeltfestsetzung war bereits deswegen auf Grund der lediglich einheitlich möglichen Entscheidung über das Gesamtentgelt insgesamt (und somit in Ziffer 1. und Ziffer 3. bis 5. des Schiedsbeschlusses) aufzuheben.
57
Denn die Entscheidung über einzelne Bestandteile der Entgeltfestsetzung stellt keine von den übrigen in der Entscheidung der Schiedsstelle zur Entgeltfestsetzung getroffenen Festlegungen unabhängige Regelung dar, die keinen Einfluss auf diese hat. Vielmehr handelt es sich bei der Entgeltfestsetzung um eine insgesamt einheitliche Entscheidung der Schiedsstelle, die im Rahmen ihres Beurteilungsspielraumes und eines umfassenden Abwägungsvorgangs verschiedene Aspekte in eine Gesamtlösung einfließen lässt (vgl. OVG LSA, U.v. 22.6.2006 – 3 L 176/04 – juris Rn. 55 ff.). Denn die Schiedsstelle hat hinsichtlich des sich aus den einzelnen Entgeltbestandteilen ergebenden Gesamttagessatzes zwingend einen externen Vergleich durchzuführen. Sofern einzelne Entgeltbestandteile von der Schiedsstelle neu festgesetzt werden müssen, verändert sich hierdurch jedoch (zumindest möglicherweise) der Gesamttagessatz, so dass ein erneuter externer Vergleich durch die Schiedsstelle vorgenommen werden muss (siehe ausführlich hierzu unter Ziffer III.).
58
Auch den Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. März 2022 (4 C 4/20 – juris) und 12. Oktober 2022 (8 AV 1/22 – juris) kann nicht entnommen werden, dass jede Teilaufhebung als zulässig angesehen werden müsste. Vielmehr gehen auch diese Entscheidungen weiterhin davon aus, dass eine Teilaufhebung nicht zulässig ist, sofern – wie vorliegend – zwischen dem streitigen Teil und der Restentscheidung ein Zusammenhang besteht, der die isolierte Aufhebung ausschließt (4 C 4/20 – juris Rn. 9 a.A.; siehe auch BGH, B.v. 11.1.2023 – XII ZB 433/19 – juris Rn. 10 ff, 19).
59
Ebenso kann auch die im Schiedsverfahren geltende Dispositionsmaxime die Teilaufhebung nicht ermöglichen. Zwar hat die Schiedsstelle nur die Entgeltbestandteile festzusetzen, über die die Parteien keine Einigung erzielen konnten, § 78g Abs. 2 Satz 1 SGB VIII. Unabhängig davon hat sie jedoch hinsichtlich des sich aus sämtlichen Einzelpositionen ergebenden Gesamtentgelts einen externen Vergleich durchzuführen und darauf beruhend die abschließende Entscheidung über die Tagessatzhöhe zu treffen (vgl. hierzu auch: Jaritz/Eicher in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl, § 77 SGB XII (Stand: 11.08.2017), Rn. 68 sowie § 76 SGB XII R. 106; Mälzer, zur Amtsermittlung in der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI, SGb 2023, 282 ff, Punkt VI.1). Dementsprechend ist auch bei nur einzelnen strittigen Entgeltbestandteilen der Schiedsspruch zur Entgeltfestsetzung im Ganzen aufzuheben (vgl. BVerwG, B.v. 24.9.2007 – 5 B 109/05 – juris Rn. 18; BSG, U.v. 8.12.22 – B 8 SO 8/20 R – juris Rn. 11).
60
Das Gericht sieht sich daher auch nicht im Widerspruch zu dem (von den Parteien herangezogenen) Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 2015 (Az. 12 ZB 15.1198 – n.V.). Denn zwar wurde im dortigen Verfahren der von der Schiedsstelle festgesetzte Gesamttagessatz angefochten, der Streitgegenstand des Klageverfahrens im Folgenden jedoch – anders als im vorliegenden Fall – von der Klagepartei ausdrücklich auf den Punkt zentrale Verwaltungskosten beschränkt (aaO, Rn. 19, 30). Dementsprechend wurde auch nur dessen Festsetzung auf seine Rechtmäßigkeit überprüft und ausgeführt, dass Streitgegenstand des Verfahrens nicht der „Vergleich der Gesamtvergütung“ sei (a.a.O., Rn. 19). Da die Klage abgewiesen wurde, kann dem Tenor auch keine Formulierung hinsichtlich einer Teilaufhebungsmöglichkeit entnommen werden. Im vorliegenden Fall war hingegen bis zuletzt der Gesamttagessatz angefochten. Denn zwar wurde von der Schiedsstelle kein Gesamttagessatz festgesetzt, sondern erfolgten im Tenor des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 lediglich Festlegungen hinsichtlich einzelner Entgeltbestandteile. Die Schiedsstelle begründete diese Vorgehensweise auf S. 9 der Begründung dieses Schiedsbeschlusses damit, dass die Parteien ursprünglich auf ihren Positionen beharrt hätten und erst in der mündlichen Verhandlung eine Verständigung in einigen Punkten gelungen sei, so dass die Schiedsstelle kein Entgelt habe festsetzen können, da hierzu detaillierte Berechnungen erforderlich gewesen wäre, die in der Sitzung nicht hätten geleistet werden können. Diese bleibe den Parteien auf Grundlage dessen überlassen, was die Schiedsstelle als angemessenen Inhalt der Leistungsvereinbarung festgesetzt habe. Unabhängig davon, ob diese Vorgehensweise der Schiedsstelle zulässig war, war vorliegend – anders als in der Konstellation, die der o.g. Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zugrunde lag – jedenfalls nicht nur der einzelne Entgeltbestandteil „zentrale Verwaltungskosten“ streitgegenständlich, sondern letztlich sämtliche Bestandteile einer möglichen Entgeltvereinbarung und somit der (anhand der Festsetzungen der Schiedsstelle zu den einzelnen Entgeltbestandteilen noch auszurechnende) Gesamttagessatz. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin bereits im Schiedsverfahren die Festsetzung eines konkret bezifferten Tagessatzes i.H.v. 246,47 € durch die Schiedsstelle beantragt hatte und ihren Antrag im gesamten Schiedsverfahren und im Klageverfahren ausdrücklich nicht auf die Festsetzung von einzelnen Kostenbestandteilen des Tagessatzes beschränkte. Auch zuletzt beantragte die Klägerin die Aufhebung des gesamten Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 (mit Ausnahme der Ziffer. 2).
61
Dies entspricht im Übrigen auch dem Vorgehen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 8. Dezember 2022 (B 8 SO/20 R – juris). Auch dort wird die Entscheidung der Schiedsstelle im Gesamten aufgehoben, obwohl im Gerichtsverfahren streitgegen-ständlich ausschließlich die Berücksichtigung eines kalkulatorischen Gewinns war. Ebenso liegt dem Verfahren vor dem Bundessozialgericht (Az. B 3 P 2/22 R) die Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 25. März 2021 (Az. L 12/15 P 51/19 KL – juris) zu Grunde, mit der der Schiedsbeschluss im Ganzen aufgehoben wurde, obwohl der Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens auf einzelne Entgeltpunkte beschränkt war.
62
Soweit einzelne Entgeltbestandteile jedoch entweder bereits zwischen den Parteien vereinbart wurden bzw. die Entscheidung der Schiedsstelle insoweit nicht angegriffen wurde (hier Ziffer 1. Unterpunkte 1 und 3 und Ziffer 4. des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018), hat die Schiedsstelle diese Bestandteile ihrer neuerlichen Entscheidung auf Grund der Dispositionsmaxime der Parteien zu Grunde zu legen (vgl. Mälzer, zur Amtsermittlung in der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI, SGb 2023, 282 ff, Punkt VI.1).
63
2.2. Nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung hat der Gesetzgeber die Schiedsstelle als weisungsfreies, mit Vertretern der Interessen der betroffenen Gruppen besetztes Konfliktlösungs- und Schlichtungsgremium ausgestaltet und damit zum Ausdruck gebracht, dass er dieses Gremium als mit der zu regelnden Materie vertrautes und zu einer vermittelnden Zusammenführung potentiell gegenläufiger Interessen berufenes Entscheidungsorgan für geeignet hält, eine sach- und interessengerechte Lösung zu finden. Der Schiedsstelle steht deshalb für ihre Bewertungen und Beurteilungen im Rahmen der unbestimmten Rechtsbegriffe (insbesondere Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit, Leistungsfähigkeit) eine Einschätzungsprärogative zu, die es gebietet, die gerichtliche Überprüfung darauf zu beschränken, ob die Schiedsstelle die ihr gesetzten rechtlichen Vorgaben beachtet, den Sachverhalt vollständig ermittelt hat und in einem fairen und willkürfreien Verfahren zu vertretbaren Bewertungen gelangt ist (stRspr; BVerwG, U.v. 28.2.2002 – 5 C 25/01 – juris Rn. 8).
64
Eine allgemeine normative Vorgabe für die Schiedsstelle und damit zugleich auch Prüfungsmaßstab im gerichtlichen Verfahren ist der Bedarfsdeckungsgrundsatz des Sozialhilferechts sowie das in den §§ 78a ff. SGB VIII seit 1. Januar 1999 geregelte sog. prospektive Entgeltsystem (BT-Drs. 13/10330, S. 17 ff). Durch die Forderung des Gesetzes, dass die Entgelte leistungsgerecht sein und einer Einrichtung bei sparsamer und wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen müssen, eine bedarfsgerechte Hilfe zu leisten, soll den Einrichtungen ein „auskömmlicher, leistungsgerechter Preis … gewährleistet“ werden. Auf Grund des prospektiven Entgeltsystems sollen Einrichtungen daher nicht gezwungen werden, die von ihnen erwarteten Leistungen unterhalb ihrer Gestehungskosten anzubieten. (Prospektive) Selbstkosten sind folglich, sofern sie den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen, auch bei prospektiven Pflegesätzen die Untergrenze des festzusetzenden Entgelts. Die Beurteilung, ob ein Anbieter den von ihm geltend gemachten Pflegesatz zur Deckung seiner Selbstkosten wirklich benötigt, ist nicht möglich, ohne dass die Schiedsstelle eine an jenen Grundsätzen orientierte „Entscheidung über Kalkulationsgrundlagen“ trifft. Soweit es um die Beachtung der Grundsätze der „Wirtschaftlichkeit“, der „Sparsamkeit“ und der „Leistungsfähigkeit“ geht, hat sich die gerichtliche Kontrolle gemäß dem Willen des Gesetzgebers, dass die Definition und Ausfüllung dieser Begriffe „Hauptaufgabe“ der Schiedsstelle selbst und nicht der Gerichte sein soll, auf die Nachprüfung zu beschränken, ob die Bewertungen der Schiedsstelle dem Sinngehalt dieser unbestimmten Gesetzesbegriffe gerecht werden und, gemessen daran, in Anbetracht des von der Schiedsstelle vollständig ermittelten Sachverhalts vertretbar sind (grundlegend BVerwG, U.v. 1.12.1998 – 5 C 17/97 – juris Rn. 21 ff.).
65
Dabei ist die inhaltliche Überprüfung des Schiedsbeschlusses auf die Gegenstände beschränkt, über die keine Einigung zwischen den Vertragsparteien erzielt werden konnte, dementsprechend im vorliegenden Verfahren auf die Festsetzung der Vergütungsbestandteile unter den Ziffern 1. Unterpunkt 2, Ziffer 3. und Ziffer 5. Eine solche Beschränkung des Streitgegenstands und des Verfahrensgegenstands der Schiedsstellenverfahren ist zulässig (BSG, U.v. 8.12.22 – B 8 SO 8/20 R – juris Rn. 11 m.w.N. zu Verfahren nach dem SGB XII). Allerdings führt diese Beschränkung des Streitstoffes mangels Teilaufhebungsmöglichkeit (s.o.) nicht dazu, dass auch der Schiedsbeschluss lediglich in diesen Bestandteilen ggf. aufzuheben ist.
66
2.3. Die Entscheidung der Schiedsstelle, entsprechend dem Angebot der Beklagten lediglich drei Stunden pro Woche als Verfügungszeit für das Personal im Gruppendienst (Ziffer 1 Unterpunkt 2 des Schiedsbeschlusses) anzuerkennen, ist vor dem Hintergrund von deren Einschätzungsprärogative nicht zu beanstanden.
67
In der Anlage „Ermittlung des Personalbedarfs im Gruppendienst – Einrichtungen der Erziehungshilfe nach § 45 SGB VIII“ zu den Bescheiden der Regierung von Oberbayern vom 26. November 2015 und vom 18. November 2016 wurde hinsichtlich der streitgegenständlichen heilpädagogischen Wohngruppe in Ziffer 2.2. c) jeweils eine Verfügungszeit von drei Stunden pro Woche für Fachkräfte festgesetzt. Hierauf nahm die Schiedsstelle auf S. 11 der ausführlichen Begründung des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 Bezug, stellte aber nachvollziehbar dar, dass die Ablehnung der von der Klägerin geforderten sechs Stunden Verfügungszeit nicht mit der Betriebserlaubnis allein zu begründen sei.
68
Vielmehr setzte sich die Schiedsstelle anschließend mit dem Vortrag der Klägerin zur behaupteten entsprechenden Anwendbarkeit des PeB, insbesondere der dortigen Ausführungen zu Rüst-, System- und Verteilzeiten, auf die streitgegenständliche Einrichtung auseinander und äußerte auf S. 12 der ausführlichen Begründung des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 nachvollziehbare Zweifel, ob das PeB als Beleg für die von der Klägerin geforderte Verfügungszeit von sechs Stunden geeignet ist. Die Begründung der Schiedsstelle für diese Einschätzung, insbesondere, dass das PeB das Ziel verfolge, Standards als Grundlage für Personalbemessung und Qualitätssicherung örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu entwickeln, dass freie Träger der Jugendhilfe an diesem seit 2008 laufenden Prozess nicht beteiligt gewesen seien, und dass daher viel dafür spreche, dass die dortigen Überlegungen und Werte nicht eins zu eins auf Einrichtungen in freier Trägerschaft und somit auf die streitgegenständliche Wohngruppe übertragen werden können, ist von deren Einschätzungsprärogative gedeckt. Denn das PeB befasst sich mit der Personalbemessung der Jugendämter in Bayern. Da es sich bei der Klägerin jedoch um einen Träger der freien Jugendhilfe handelt, könnten die dortigen Ausführungen somit von vorneherein höchstens entsprechend herangezogen werden. Allerdings waren angesichts der Ausführungen auf S. 2 des PeB tatsächlich keine Vertreter der freien Träger der Jugendhilfe an diesem Projekt beteiligt. Auch inhaltlich beschäftigt sich das PeB lediglich mit der kommunalen Ausgestaltung der Jugendhilfe sowie den Kernprozessen und dem Personalbedarf der Sozialen Dienste im Jugendamt. Im Vorwort wird auf S. 8 nochmal betont, dass Ziel des Gesamtprojekts lediglich gewesen sei, ein Handbuch für die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Bayern zu erstellen, mit dem sie in die Lage versetzt werden, für die Sozialen Dienste im Jugendamt den Personalbedarf in Abhängigkeit der jeweils zu präzisierenden fachlichen Standards zu berechnen. Das PeB bildet somit an keiner Stelle die Tätigkeit der freien Träger der Jugendhilfe ab. Selbst die Klägerin führte aus, dass sich die von ihr zitierten Passagen im PeB, insbesondere zu Rüst-, System- und Verteilzeiten, auf den Bereich der öffentlichen Jugendhilfe beziehen würden. Angesichts dessen, dass die tatsächlichen Rahmenbedingungen und die rechtlichen Grundlagen für die Personalbemessung bei den freien Trägern der Jugendhilfe und bei den Jugendämtern völlig unterschiedlich sind, hat die Klägerin letztlich keine hinreichend konkreten und überzeugenden Ausführungen dazu gemacht, warum die Angaben im PeB auch auf die streitgegenständliche Einrichtung in freier Trägerschaft übertragen werden können. Jedenfalls aber legte sie nicht überzeugend dar, warum die Schiedsstelle sich bei ihrer Entscheidung über angemessene Verfügungszeiten im Gruppendienst zwingend an den Ausführungen im PeB orientieren müsse.
69
Auch die Einschätzung der Schiedsstelle, dass es hierauf letztlich nicht ankomme, weil die Klägerin lediglich die im PeB genannten Zeiten zusammengezählt habe, ohne einen Beleg dafür zu liefern, dass die beantragten sechs Stunden Verfügungszeit pro Woche in der Einrichtung tatsächlich benötigt werden, ist (noch) von deren Einschätzungsprärogative gedeckt. Die Schiedsstelle begründete dies in der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2018 (S. 22) und in der ausführlichen Begründung des Schiedsbeschlusses (S. 12) insbesondere damit, dass die Klägerin im Schiedsverfahren, insbesondere in ihrem Schreiben vom 31. Juli 2017, nicht überzeugend dargestellt habe, warum die Verfügungszeiten in der streitgegenständlichen Wohngruppe höher sein müssen als in vergleichbaren Einrichtungen. Soweit die Schiedsstelle ausführte, dass Einkäufe oder Besorgungen durch die Bewohner selbst vorgenommen werden könnten, wenn tatsächlich die Entwicklung und Förderung der Selbständigkeit das übergeordnetes Ziel der Betreuung sei, oder sie Teil der pädagogischen Regelleistung seien, ist diese Einschätzung der Schiedsstelle aus Sicht des Gerichts ebenfalls als vertretbar anzusehen.
70
Soweit die Schiedsstelle die Ansicht vertritt, dass die Beratung und Vertretung in Asylverfahren bzw. die Begleitung zu Behörden, Rechtsanwälten und Ärzten den amtlich bestellten Vormündern obliegen würden, ist der Klägerin zwar zuzugestehen, dass diese Erwägungen der Schiedsstelle teilweise etwas praxisfremd anmuten. Denn auch wenn dies in der Tat vorrangig Aufgabe der amtlich bestellten Vormünder ist, dürfte in der Praxis aufgrund der begrenzten zeitlichen Ressourcen der Vormünder dennoch oftmals eine Begleitung zu den o.g. Stellen durch die Fachkräfte der Einrichtung erfolgen. Allerdings ist die Einschätzung der Schiedsstelle auch insoweit jedenfalls nicht unvertretbar und daher ebenfalls (noch) von deren Einschätzungsprärogative gedeckt. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin nicht hinreichend konkret vorgetragen hat, welcher zusätzliche Aufwand in der streitgegenständlichen Wohngruppe für Personal im Gruppendienst tatsächlich und ganz konkret für die o.g. „Zusatzaufgaben“ in welchem Zeitraum und in welchem zeitlichen Umfang anfällt.
71
Die Schiedsstelle führte zudem aus, dass Verfügungszeiten für die Übergabe auch in der von der Klägerin zitierten Zusammenstellung im PeB nicht vorgesehen seien. Außerdem gebe es ausweislich des als Beispiel vorgelegten Schichtplans an allen Tagen überlappende Arbeitszeiten, so dass entweder eine Übergabe nicht erforderlich sei oder die Übergabe Teil des normalen Arbeitsablaufs sei. Diese Einschätzung der Schiedsstelle ist, auch angesichts dessen, dass die Klägerin auch insoweit keinen hinreichend konkreten Vortrag zum tatsächlichen Zeitaufwand für Übergabezeiten in der streitgegenständlichen Wohngruppe gemacht hat, ebenfalls noch von deren Einschätzungsprärogative gedeckt.
72
Entgegen dem Vortrag der Klägerin musste die Schiedsstelle insoweit vor ihrer Entscheidung auch keine weiteren Ermittlungen durchführen. Die Schiedsstelle durfte aufgrund der umfangreichen Darlegungen der Klägerin zu Verfügungszeiten im Gruppendienst im Schiedsverfahren davon ausgehen, dass diese bereits eine abschließende Begründung hierzu abgegeben hatte und es musste sich der Schiedsstelle auch im Übrigen nicht aufdrängen, den Sachverhalt vor einer Entscheidung weiter aufklären zu müssen. In der Begründung der Entscheidung der Schiedsstelle muss auch nicht jedes Argument der Parteien und jede einzelne benannte Tätigkeit ausdrücklich aufgeführt werden, sondern es ist ausreichend, wenn die maßgebenden Gründe für den Schiedsspruch erkennbar sind (vgl. BSG, U.v. 8.12.22 – B 8 SO 8/20 R – Rn. 16). Daher musste die Schiedsstelle beispielsweise die von der Klägerin in ihrem Schreiben vom 31. Juli 2017 genannten weiteren Anforderungen durch Infektionsschutzbelehrungen und Ersthelferkurse im Schiedsbeschluss nicht ausdrücklich erwähnen. Denn es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Schiedsstelle diesen Vortrag der Klägerin nicht im gleichen Maße wie die von dieser im unmittelbaren Zusammenhang hiermit genannten und im Schiedsbeschluss ausdrücklich erwähnten Einkäufe/Besorgungen, insbesondere Begleitung zu Behörden, Rechtsanwälten oder Ärzten, oder die Übergabe beim Schichtwechsel, bei ihrer Entscheidung berücksichtigte. Auch im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Schiedsstelle den Sachvortrag der Klägerin zu Verfügungszeiten im Gruppendienst umfassend zur Kenntnis nahm. Sie setzte sich hiermit im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung auch inhaltlich auseinander – insbesondere erwähnte sie in der ausführlichen Begründung des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 ausdrücklich, dass sie den Vortrag der Klägerin in deren Schreiben vom 31. Juli 2017 nicht überzeugend finde – und legte im Schiedsbeschluss die Gründe für ihre abweichende rechtliche Bewertung dar (s.o.). Im Übrigen hatte sich der Vorsitzende der Schiedsstelle schon vor der Sitzung der Schiedsstelle am 2. Februar 2018 in verschiedenen Schreiben an die Parteien mit der Argumentation der Klägerin zu Verfügungszeiten auseinandergesetzt. Er wies beispielsweise mit Schreiben vom 21. Dezember 2017 darauf hin, dass die Klägerin, gestützt auf das PeB, sehr eingehend ihren Bedarf an Verfügungszeiten dargelegt und damit begründet habe, warum sie bei der Personalbemessung sechs Stunden Verfügungszeit als Mindestbedarf angesetzt habe. Entgegen der Ansicht der Klägerin steht diese Aussage des Vorsitzenden der Schiedsstelle nicht im Widerspruch zur Entscheidung der Schiedsstelle vom 2. Februar 2018. Denn mit dem Verweis auf eine sehr eingehende Darlegung und Begründung des Bedarfs an Verfügungszeiten durch die Klägerin brachte der Vorsitzende der Schiedsstelle gerade nicht zum Ausdruck, dass er die dortigen Darlegungen der Klägerin auch inhaltlich überzeugend finde. Dies ist auch daraus ersichtlich, dass der Vorsitzende der Schiedsstelle den Parteien in der mit Schreiben vom 26. Januar 2018 übersandten „Zusammenfassung des Sachverhalts – Überlegungen für die Entscheidung“ eine noch völlig ergebnisoffene vorläufige Rechtsmeinung zu dieser Thematik mitteilte. Auch die Beklagte hat den Ansatz der Klägerin zu den Verfügungszeiten im Gruppendienst im Schiedsverfahren erkennbar nicht akzeptiert, so dass auch kein „Nichtbestreiten“ durch diese vorliegt.
73
2.4. Jedoch war die Entscheidung der Schiedsstelle, dass hinsichtlich der Position zentrale Verwaltungskosten in der Entgeltberechnung 3,5% der in der Einrichtung anfallenden Personalkosten anzusetzen seien (Ziffer 3. des Schiedsbeschlusses), insbesondere, weil ein „isolierter externer Vergleich“ bzgl. der zentralen Verwaltungskosten ergeben habe, dass das Angebot der Klägerin unwirtschaftlich sei, nicht mehr von deren Einschätzungsprärogative gedeckt.
74
a) Es kann im Ergebnis offenbleiben, ob das von der Schiedsstelle gewählte Vorgehen des „isolierten externen Vergleichs“ überhaupt zulässig ist.
75
Die Schiedsstelle hat im vorliegenden Verfahren in Bezug auf die Festsetzung der zentralen Verwaltungskosten zunächst die von der Klägerin angesetzten Kosten anhand der vorgelegten Kalkulation überprüft und kam zu dem Ergebnis, dass keine Anhaltspunkte vorlägen, einzelne Kostenansätze in Zweifel zu ziehen und von vornherein als unwirtschaftlich auszuscheiden (S. 14 vorletzter Absatz des Schiedsbeschlusses). Im Anschluss wurde jedoch ausgeführt, dass sie diesen Gesichtspunkt auch mangels konkreter Vergleichsmaßstäbe nicht weiterverfolgt habe, sondern sich im Wege des „externen Vergleichs“ mit der Forderung der Klägerin auseinandergesetzt habe. Im Folgenden nahm die Schiedsstelle dann einen ausschließlich auf die zentralen Verwaltungskosten bezogenen Vergleich zwischen dem Ansatz der Klägerin und den in anderen Vereinbarungen festgesetzten zentralen Verwaltungskosten vor mit dem Ergebnis, dass der Kostenansatz der Klägerin unangemessen sei.
76
Zur Begründung dieses Vorgehens bezog sich die Schiedsstelle auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 1. Dezember 1998 (5 C 17/97), des Bundessozialgerichtes vom 29. Januar 2009 (B 3 P 7/08) sowie des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 2015 (12 ZB 15.1198) und kam zu dem Ergebnis, dass es keine überzeugenden Argumente dagegen gebe, lediglich einzelne Positionen des Entgeltes dem externen Vergleich zu unterwerfen.
77
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist die Frage der Zulässigkeit eines solchen „isolierten externen Vergleichs“ nicht abschließend geklärt (bejahend: BayVGH, B.v. 29.6.2015 – 12 ZB 15.1198 – Rn. 9 n.V.; wohl offengelassen: BSG, U.v. 7.10.2015 – B 8 SO 21/14 R – juris Rn. 23). Hingegen ergibt sich nach Ansicht des Gerichts durch die obergerichtliche Rechtsprechung, dass jedenfalls immer – ggf. auch zusätzlich – durch die Schiedsstelle neben dem ersten Schritt der Plausibilitätsprüfung der geltend gemachten Kosten in einem zweiten Schritt ein (abschließender) externer Vergleich anhand des Gesamtentgelts durchzuführen ist (siehe im Folgenden unter Ziffer III.). Im Rahmen dieses externen Vergleichs erfolgt regelmäßig die Prüfung der Leistungsgerechtigkeit und Angemessenheit des Gesamtentgelts.
78
Inwieweit vor diesem Hintergrund das Vorgehen der Schiedsstelle, offenbar bereits im Rahmen der Plausibilitätsprüfung eine Angemessenheitsprüfung ausschließlich bezogen auf die zentralen Verwaltungskosten vorzunehmen, zulässig ist, kann im Ergebnis jedoch offen bleiben.
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b) Denn die Schiedsstelle hat bereits den Sachverhalt nicht ausreichend vertieft ermittelt, um eine auf fundierter Tatsachenbasis beruhende Entscheidung zu der Frage treffen zu können, ob der Ansatz von 3,5% der Personalkosten vorliegend ein angemessener Maßstab für den „isolierten externen Vergleich“ hinsichtlich der zentralen Verwaltungskosten war.
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aa) Zwar dürfte die Einschätzung der Schiedsstelle, dass ein Abstellen allein auf die Personalkosten einen tauglichen Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der angemessenen Höhe der zentralen Verwaltungskosten darstellte, von deren Einschätzungsprärogative gedeckt sein.
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Die Schiedsstelle führte hierzu auf S. 15 der Begründung des Schiedsbeschlusses unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 18. März 2015 (M 18 K 14.1436 – S. 10/11) nachvollziehbar aus, dass mit der Anknüpfung an die in der Einrichtung anfallenden Personalkosten ein geeigneter Maßstab gefunden sei, der Kriterien wie Betreuungsschlüssel, Platzzahl, Personaleinsatz und dergleichen indirekt mit der prozentualen Festlegung berücksichtige, weil absolute Zahlen angesichts der Vielfalt der Jugendhilfeeinrichtungen, der einzelnen dort angebotenen Leistungen sowie der ganz unterschiedlichen Träger und ihrer Organisationsformen kaum geeignete Vergleichsgrundlagen bieten würden. Das Verwaltungsgericht München führte in der o.g. Entscheidung auf S. 10 zudem aus, dass gerade im Bereich der Jugendhilfe, die einen offenen Hilfekatalog biete und bedarfsbedingt und angepasst laufend neue Formen der Hilfe entwickle und zulasse, im Extremfall nahezu keine Einrichtung vergleichbar wäre, wenn man zu viele Kriterien für die Vergleichbarkeit heranziehe. Es sei daher zulässig, wenn die Schiedsstelle einen relativ groben Vergleichsmaßstab heranziehe. Das Gericht erachte dies insbesondere auch deswegen als sachgerecht, weil die Kriterien wie Betreuungsschlüssel, Platzzahl und dergleichen indirekt mit der prozentualen Festlegung von 3,5% der Personalkosten berücksichtigt werden. Die zentralen Verwaltungskosten würden zwar unabhängig von Betreuungsschlüssel, Platzzahl und dergleichen anfallen und würden vielmehr die Gesamtorganisation, Verwaltung und Struktur der Einrichtung betreffen. Da sie jedoch abhängig vom anerkannten Personal insgesamt errechnet werden, würden die oben genannten Kriterien wie Betreuungsintensität und Platzzahl indirekt mit einfließen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schloss sich dieser Rechtsauffassung in seinem Beschluss vom 29. Juni 2015 (12 ZB 15.1198 – Rn. 20 – n.V.) an und führte insbesondere aus, dass die Schiedsstelle nicht verpflichtet sei, ausschließlich solche Einrichtungen in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen, deren Leistungen dem Angebot des jeweiligen Klägers in vollem Umfang entsprechen und eine vergleichbare Struktur aufweisen. Das Verwaltungsgericht München habe zu Recht darauf hingewiesen, dass die Vielschichtigkeit der Einrichtungen und Angebote dazu zwinge, sich mit einem relativ groben Vergleichsmaßstab zu begnügen.
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Zudem ist es der Klägerin nicht gelungen, einen besseren und dennoch praktikablen, weil nicht zu sehr ins Detail gehenden, alternativen Prüfungsmaßstab aufzuzeigen. Sie trug insoweit insbesondere vor, dass aus den von der Beklagten in der Sitzung der Schiedsstelle am 2. Februar 2018 vorgelegten Listen hinsichtlich der dort aufgezählten Einrichtungen z.B. weder die Altersstruktur der Beschäftigten, noch Tarifmerkmale, erkennbar seien, obwohl diese erforderlich gewesen wären, um eine sachgerechte Beurteilung vornehmen zu können. Um einen sachgerechten Vergleich im Detail vornehmen zu können, hätten die den Angeboten hinterlegten Personalpläne anonymisiert ausgewertet werden müssen, da diese Angaben zu einer möglichen Tarifbindung (Vergütungsgruppe und Einstufung) sowie zu Geburtsdaten der Beschäftigten enthalten würden. Diese von der Klägerin vorgeschlagene Vorgehensweise wäre angesichts der in der o.g. Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 18. März 2015 dargestellten Besonderheiten des Jugendhilferechts jedoch nicht praktikabel.
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bb) Jedoch hat die Schiedsstelle nicht hinreichend vertieft geprüft, ob die in den „isolierten externen Vergleich“ eingestellten Einrichtungen tatsächlich mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar waren.
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Zwar hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner o.g. Entscheidung vom 29. Juni 2015 für das Jugendhilferecht hinsichtlich der Vergleichbarkeit der in den „isolierten externen Vergleich“ einzustellenden Einrichtungen grundsätzlich einen wenig ausdifferenzierten und daher eher groben Vergleichsrahmen für zulässig erachtet (s.o.). Auch der 3. Senat des Bundessozialgerichts hält hinsichtlich des externen Vergleichs der Gesamtvergütung grundsätzlich einen relativ weiten Vergleichsrahmen für zulässig. Denn er führte in seinem Urteil vom 29. Januar 2009 zum SGB XI (B 3 P 7/08 R – Rn. 37, 40) insbesondere aus, dass in diesen externen Vergleich grundsätzlich alle Pflegeeinrichtungen eines bestimmten Bezirks (Stadt, Landkreis o.Ä.) einzubeziehen seien, ohne dass es auf deren Größe oder sonstige äußere Beschaffenheit ankomme. Es werde aber ausdrücklich offengelassen, ob sich nicht im Einzelfall abweichende Kriterien ergeben können, die die Vergleichbarkeit lokal oder regional benachbarter Einrichtungen gleichwohl beeinträchtigen und denen durch Differenzierung Rechnung zu tragen sei. Dies könnten etwa Besonderheiten im Versorgungsauftrag einer Einrichtung sein, aber auch sehr personalintensive Betreuungserfordernisse oder besondere Leistungsangebote. Fehlende oder bestehende Tarifbindungen, die religiöse, weltanschauliche oder sozialpolitische Ausrichtung der Trägerinstitutionen oder deren Organisationsformen würden jedenfalls nicht dazugehören. Für den externen Vergleich habe der Kostenträger dem Pflegeheim und – soweit die Schiedsstelle angerufen sei – dieser, alle notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die einen Vergleich der von der Einrichtung geforderten Vergütung mit den Pflegesätzen anderer Einrichtungen nach den vorstehend dargelegten Kriterien erlauben. Zu erstrecken hätten sich die Angaben auf Pflegesätze und Entgelte aller Einrichtungen in dem einschlägigen räumlichen Markt, also ohne Unterscheidung nach der Tarifbindung. Der 8. Senat des Bundessozialgerichts führte hingegen zuletzt in seinem Urteil vom 8. Dezember 2022 zum SGB XII (B 8 SO 8/20 R – juris Rn. 22, 25) aus, dass die Schiedsstelle Kriterien für die Vergleichbarkeit der in den externen Vergleich einzubeziehenden Einrichtungen festlegen müsse. Es genüge nicht allein als Kriterium, dass diese Einrichtungen nach demselben Tarifwerk entlohnen. Vielmehr seien daneben die Größe der Einrichtungen und ihr Leistungsangebot miteinander zu vergleichen. Zusätzlich könnten einrichtungsbezogene Besonderheiten aufgrund von Lage oder Ausrichtung der Einrichtung betrachtet und bei der Angemessenheitsbewertung berücksichtigt werden. Schindler (in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 9. Auflage 2022, § 78b Rn. 18) befasst sich mit den Unterschieden und Gemeinsamkeiten des externen Vergleichs im Bereich des SGB VIII, des SGB XI sowie des SGB IX und nennt als wesentliche Kriterien für vergleichbare Einrichtungen beim externen Vergleich im Bereich der Eingliederungshilfe nach SGB IX insbesondere eine gleiche Hilfeart, eine vergleichbare konzeptionelle Ausrichtung, einen vergleichbaren Adressatenkreis, vergleichbare methodische Ansätze und einen vergleichbaren Betreuungsschlüssel.
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Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob bzw. inwieweit die obigen Ausführungen des 3. Senats des Bundessozialgerichts zum SGB XI und des 8. Senats des Bundessozialgerichts zum SGB XII sowie die Ausführungen von Schindler (a.a.O.), denen sich bislang ohnehin keine verallgemeinerungsfähige einheitliche Linie entnehmen lässt, auf den externen Vergleich bezüglich Jugendhilfeeinrichtungen nach SGB VIII und zudem auf den von der Schiedsstelle vorliegend durchgeführten „isolierten externen Vergleich“ übertragbar sind. Denn im Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 ist jedenfalls nicht dokumentiert, dass die Schiedsstelle vor Durchführung dieses isolierten externen Vergleichs hinreichend vertieft geprüft hätte, welche Vergleichskriterien sie unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls als sachgerecht erachtet, sowie, welche der in den im Verlauf der Sitzung der Schiedsstelle am 2. Februar 2018 vorgelegten Listen enthaltenen 313 Jugendhilfeeinrichtungen aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten infolgedessen mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar waren und somit in den „isolierten externen Vergleich“ einzustellen waren. Eine solche Prüfung hätte die Schiedsstelle aber durchführen müssen. Denn auch wenn man – wie vorliegend die Schiedsstelle – entsprechend dem o.g. Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 2015 weiterhin einen relativ groben Vergleichsmaßstab für zulässig erachtet, bedeutete dies angesichts der weiteren Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hierzu in Rn. 20 der genannten Entscheidung vorliegend nur, dass die Schiedsstelle nicht verpflichtet war, ausschließlich solche Einrichtungen in die Vergleichsbetrachtung einzubeziehen, deren Leistungen dem Angebot der Klägerin in vollem Umfang entsprechen und eine vergleichbare Struktur aufweisen (s.o.). Jedoch entband dies die Schiedsstelle nicht von der Prüfung, welche Einrichtungen sie aufgrund welcher Kriterien als mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar ansah. Vorliegend drängt sich insoweit der Eindruck auf, dass der Entscheidung der Schiedsstelle, sämtliche 313 Einrichtungen aus den von der Beklagten vorgelegten Listen in den „isolierten externen Vergleich“ hinsichtlich der Einzelposition zentrale Verwaltungskosten einzustellen, keine hinreichend vertiefte Prüfung hinsichtlich deren tatsächlicher Vergleichbarkeit vorausging.
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Die Schiedsstelle hatte in den „isolierten externen Vergleich“ hinsichtlich der Einzelposition zentrale Verwaltungskosten alle 313 Einrichtungen eingestellt, die in den von der Beklagten in der Sitzung am 2. Februar 2018 vorgelegten Listen enthalten waren (vgl. Niederschrift über die Sitzung der Schiedsstelle am 2. Februar 2018, S. 22). In den von der Beklagten ergänzend hierzu vorgelegten „Erläuterungen zum externen Vergleich Verwaltungskosten – ZVK“ wurden diese 313 Einrichtungen dahingehend näher beschrieben, dass es sich hierbei um stationäre Einrichtungen mit 365 Öffnungstagen in unterschiedlichsten Gruppengrößen und Betreuungsintensitäten handle, weitere Ausführungen zur Vergleichbarkeit erfolgten nicht. Die Schiedsstelle übernahm die von der Beklagten ermittelten Prozentsätze, lediglich jeweils ergänzt um den Zusatz „der vergleichbaren Einrichtungen“. Weitere Ausführungen und Überlegungen zu der unterstellten Vergleichbarkeit aller 313 Einrichtungen erfolgten lediglich insoweit, dass sowohl die streitgegenständliche Einrichtung, als auch die zum Vergleich herangezogenen Einrichtungen sich in den wesentlichen Merkmalen entsprechen würden. Jedoch benannte sie diese „wesentlichen Merkmale“ nicht.
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Auch in der schriftlichen Begründung des Schiedsbeschlusses (S. 14 f.) wurden wiederum keine konkreten Vergleichskriterien, abgesehen von der knappen Erwähnung, dass alle 313 Einrichtungen wie die streitgegenständliche Einrichtung an 365 Tagen pro Jahr geöffnet hätten, genannt. Anders als beim externen Vergleich zum Gesamtentgelt (S. 17 der Begründung des Schiedsbeschlusses; s. im Folgenden Ziffer II.3.) ging die Schiedsstelle beim „isolierten externen Vergleich“ hinsichtlich der zentralen Verwaltungskosten nicht auf etwaige Zusatzkriterien wie die Berechnungstage und die Gruppengröße ein. Zur Vergleichbarkeit der Einrichtungen äußerte sich die Schiedsstelle lediglich sehr pauschal und allgemein gehalten dahingehend, dass der von der Klägerin vorgebrachte Einwand, dass die Vergleichbarkeit und Klarheit der vorgelegten Auflistung nicht gegeben sei, nicht überzeuge. Denn aus den von der Beklagten vorgelegten Listen werde erkennbar, dass die allermeisten Einrichtungen mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar seien und dass auch große Träger mit eher umfangreicheren zentralen Verwaltungsdiensten mit geringeren Kosten auskommen würden. Selbst falls einzelne Einrichtungen nicht in allen Faktoren mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar seien, falle das für die Tragfähigkeit des Vergleichs angesichts großer Unterschiede nicht ins Gewicht, was – orientiert an den o.g. „Erläuterungen“ der Beklagten zu den Listen – näher ausgeführt wurde. Jedoch erwähnte die Schiedsstelle wiederum nicht, welche „Faktoren für die Vergleichbarkeit“ sie für maßgeblich erachtete und welche konkreten einzelnen Einrichtungen sie insoweit als nicht mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar ansah. Daher kann von Seiten des Gerichts auch nicht nachvollzogen werden, wie die Schiedsstelle zu der Einschätzung gelangte, dass es unschädlich sei, auch diese nicht in allen Faktoren vergleichbaren Einrichtungen in den „isolierten externen Vergleich“ einzubeziehen, da dies für die Tragfähigkeit des Vergleichs nicht ins Gewicht falle. Eine ausreichende Nachvollziehbarkeit der Erwägungen der Schiedsstelle wäre nur dann gewährleistet gewesen, wenn sie hinreichend konkret erläutert hätte, welche Vergleichskriterien sie aus welchem Grund für maßgeblich hält und konkret benannt hätte, welche der 313 Einrichtungen in den von der Beklagten vorgelegten Listen sie aufgrund dieser Vergleichskriterien als mit der streitgegenständlichen Wohngruppe vergleichbar ansieht, sowie genauer ausgeführt hätte, warum sie dennoch alle 313 Einrichtungen in den „isolierten externen Vergleich“ eingestellt hat. Die Schiedsstelle hätte sich – wie sie dies beim externen Vergleich hinsichtlich des Gesamtentgelts zumindest im Ansatz auch getan hat (s.u. Ziffer II.3.) – beispielsweise mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob nicht aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls hinsichtlich der zentralen Verwaltungskosten lediglich diejenigen Einrichtungen als mit der streitgegenständlichen Einrichtung vergleichbar hätten angesehen werden dürfen, die – wie diese – weniger als zehn Plätze haben.
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cc) Zudem hat die Schiedsstelle ihre Einschätzung, dass im vorliegenden Fall der Prozentsatz von 3,5% der Personalkosten ein sachgerechter Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit der Höhe der zentralen Verwaltungskosten sei, nicht auf Grundlage einer hinreichend detailliert ermittelten Tatsachenbasis getroffen.
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Denn die Schiedsstelle hat nicht hinreichend geprüft, ob dieser Prozentsatz auch im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. März 2016 bis 28. Februar 2017 noch als angemessener Maßstab für den Kostenansatz der zentralen Verwaltungskosten dienen kann.
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte diesen Prozentsatz in seiner Entscheidung vom 29. Juni 2015 (12 ZB 15.1198 – Rn. 10, 21 – n.V.) hinsichtlich des Zeitraums vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 insbesondere deswegen als tauglichen Prüfungsmaßstab angesehen, weil die Schiedsstelle im damals entschiedenen Fall hinsichtlich der von ihr als vergleichbar angesehenen Einrichtungen – im Rahmen der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof als erforderlich angesehenen Durchschnittsbetrachtung – einen konkreten Durchschnittswert von lediglich 2,32 Prozent der Personalkosten ermittelt hatte. Daher konnte es dort als von der Einschätzungsprärogative der Schiedsstelle gedeckt angesehen werden, den deutlich darüber liegenden Wert von 3,5% der Personalkosten als angemessene Höhe für den Ansatz der zentralen Verwaltungskosten anzusehen. Hingegen hat die Schiedsstelle im vorliegenden Fall nicht ausreichend vertieft geprüft, ob der Durchschnittswert hinsichtlich der in den externen Vergleich einzustellenden vergleichbaren Einrichtungen im o.g. streitgegenständlichen Zeitraum nicht inzwischen über dem von der Schiedsstelle weiterhin als angemessen erachteten Betrag von 3,5% der Personalkosten lag. Daher konnte sie sich auch nicht mit der Frage auseinandersetzen, welche Auswirkungen das Ergebnis einer solchen aktualisierten Durchschnittsbetrachtung dann auf die Beurteilung der Angemessenheit des Angebots der Klägerin gehabt hätte. Lediglich die Beklagte hatte im gerichtlichen Verfahren vorgetragen, dass sich der Durchschnittswert wohl inzwischen den 3,5% „angenähert“ habe. Den Ausführungen im Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 lässt sich hingegen nicht hinreichend konkret entnehmen, wo im streitgegenständlichen Zeitraum der Durchschnittswert hinsichtlich der als vergleichbar anzusehenden Einrichtungen lag, insbesondere nicht, ob dieser sich immer noch unter dem Wert von 3,5% der Personalkosten bewegte.
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Denn weder der Niederschrift zur Sitzung der Schiedsstelle am 2. Februar 2018 noch der Begründung des Schiedsbeschlusses lässt sich ein konkreter Durchschnittswert bezüglich aller als vergleichbar angesehenen Einrichtungen im Sinne der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juni 2015 entnehmen. Zwar hat sich die Schiedsstelle im Rahmen des „isolierten externen Vergleichs“ bezüglich der Einzelposition zentrale Verwaltungskosten durchaus intensiv mit dem Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Listen und den Angaben zu „ZVK“ „Verwaltungskosten“ und „ZVK + Verwaltung“ auseinandergesetzt. Im Hinblick auf die erforderliche Durchschnittskostenermittlung bezüglich sämtlicher als vergleichbar angesehenen Einrichtungen beschränkte sich die Schiedsstelle jedoch auf die pauschale Behauptung, dass die Klägerin mit ihrem Angebot so weit über dem Durchschnitt liege, dass selbst gewisse Unschärfen im Vergleich nicht zu dessen Angemessenheit und Wirtschaftlichkeit führen würden. Sie befasste sich somit lediglich oberflächlich mit der Frage des Durchschnitts der aus ihrer Sicht vergleichbaren Einrichtungen, nannte jedoch wiederum keinen konkreten Durchschnittswert und stellte somit auch nicht ausdrücklich fest, ob dieser Durchschnitt über oder unter dem Wert von 3,5% der Personalkosten lag. Ohne konkrete Durchschnittskostenermittlung konnte die Schiedsstelle sich jedoch nicht hinreichend vertieft mit der Frage befassen, in welchem Umfang genau das Angebot der Klägerin die Durchschnittskosten überstieg und ob diese Überschreitung durch Besonderheiten des Einzelfalls erklärbar und gerechtfertigt gewesen sein könnte.
92
Dies wäre vorliegend auch deswegen erforderlich gewesen, weil die Schiedsstelle im Rahmen der von ihr durchgeführten Plausibilitätskontrolle (S. 14 vorletzter Absatz der Begründung des Schiedsbeschlusses) selbst feststellte, dass die von der Klägerin vorgelegte Kalkulation zu den zentralen Verwaltungskosten transparent und nachvollziehbar sei und dass die Schiedsstelle keine Anhaltspunkte dafür gefunden habe, einzelne Kostenansätze in Zweifel zu ziehen und sie von vorneherein als unwirtschaftlich auszuscheiden. Angesichts dessen hätte sich die Schiedsstelle vertieft mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob das Angebot der Klägerin nicht aufgrund der eher kleinen Einrichtungsgröße mit neun Plätzen oder sonstiger Besonderheiten ausnahmsweise doch angemessen sein könnte. Dabei hätte sie sich auch deutlich detaillierter mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob bei der streitgegenständlichen Wohngruppe vielleicht ähnliche Besonderheiten eine Rolle gespielt haben könnten, wie bei den zehn Einrichtungen in der von der Beklagten vorgelegten Liste, deren zuerkannte ZVK-Anteile laut den Ausführungen auf S. 15 der Begründung des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 ebenfalls deutlich über den Abschlüssen der übrigen Einrichtungen lagen. Die Schiedsstelle hätte die Grundlagen dieser Prüfung und ihre fachliche Einschätzung hierzu dann in den Gründen des Schiedsbeschlusses deutlich machen müssen (siehe dazu auch: BVerwG, U.v. 25.10.2018 – 3 C 22/16 – Rn. 29). Dies ist vorliegend nicht hinreichend vertieft geschehen. Denn die Schiedsstelle beschränkte sich insoweit auf die pauschale Aussage, dass sie den Besonderheiten hinsichtlich dieser zehn Einrichtungen nicht weiter nachgegangen sei, weil die Forderung der Klägerin selbst den höchsten aus dem Vergleich fallenden Wert um über 4% übersteige.
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Zudem konnte der Umstand, dass die Schiedsstelle das Angebot der Klägerin als unangemessen hoch einschätzte, nicht die erforderliche Prüfung ersetzen, ob das Angebot der Beklagten i.H.v. 3,5% der Personalkosten tatsächlich angemessen war. Vielmehr hätte die Schiedsstelle nach Durchführung der detaillierten Durchschnittskostenermittlung prüfen müssen, ob 3,5% der Personalkosten für den streitgegenständlichen Zeitraum in den Jahren 2016/1017 tatsächlich noch ein angemessener Wert war. Denn hier liegt eine andere Konstellation vor als in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in o.g. Entscheidung vom 29. Juni 2015 entschiedenen Fall. Damals lag der Durchschnitt der dort als vergleichbar angesehenen Einrichtungen mit 2,32% deutlich unterhalb von 3,5% der Personalkosten (s.o.). Daher war die Schiedsstelle aus Sicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs damals nicht gehalten, näher zu prüfen, ob der Wert von 3,5% der Personalkosten tatsächlich wirtschaftlich angemessen war, weil sich diese Angemessenheit angesichts des genannten Durchschnittswerts aus dem externen Vergleich ergab (Rn. 18 aaO). Im vorliegenden Fall ergab sich die Angemessenheit des Werts von 3,5% der Personalkosten hingegen nicht bereits automatisch aus den Ausführungen der Schiedsstelle zum externen Vergleich. Denn selbst wenn man vorliegend sämtliche 313 Einrichtungen als vergleichbare Einrichtungen ansehen würde, ging selbst die Schiedsstelle davon aus, dass lediglich ca. 60% dieser Einrichtungen einen Wert von 3,5% der Personalkosten oder weniger vereinbart haben (S. 14 der Begründung des Schiedsbeschlusses). Dies hätte die Schiedsstelle zu einer näheren Prüfung der Angemessenheit dieses Prozentsatzes im vorliegenden Fall veranlassen müssen. Dies hätte erst Recht dann gegolten, wenn man aufgrund von weiteren Differenzierungsfaktoren (z.B. Berechnungstage oder Größe der Einrichtung) von einem deutlich kleineren Kreis vergleichbarer Einrichtungen ausgegangen wäre, wie die Schiedsstelle dies beim externen Vergleich hinsichtlich des Gesamtentgelts zumindest andiskutiert hat (s.u. Ziffer II.3).
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Angesichts dessen kann offenbleiben, ob die Argumentation der Schiedsstelle, dass der Satz von 3,5% bei den Einrichtungsträgern allgemein als angemessen akzeptiert sei (S. 15 der Begründung des Schiedsbeschlusses), oder stattdessen der Vortrag der Klägerin, dass dies nicht der Fall sei, weil dieser Maßstab den Einrichtungsträgern von Seiten der Beklagten „einseitig aufoktroyiert“ werde, zutrifft.
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Ebenso kann dahinstehen, ob die Einschätzung der Schiedsstelle, dass eine Orientierung am Maßstab von 3,5% der Personalkosten unabhängig davon möglich sei, welche Prozentsätze die Beklagte bei ambulanten Maßnahmen, die über Fördermaßnahmen nach § 74 SGB VIII bzw. über § 77 SGB VIII finanziert werden, gewährt, in inhaltlicher Hinsicht noch von deren Einschätzungsprärogative gedeckt war.
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Somit kann auch offenbleiben, ob die Ausführungen der Klägerin im vorliegenden Verfahren zur behaupteten Vergleichbarkeit dieser Maßnahmen mit der streitgegenständlichen Einrichtung – anders als in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 29. Juni 2015 (12 ZB 15.1198 – Rn. 17 n.v.) entschiedenen Fall – ausreichend detailliert und überzeugend waren, um deren Vergleichbarkeit darzulegen.
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Unabhängig davon ist der Schiedsbeschluss – entgegen der Behauptung der Klägerin – jedoch nicht deswegen fehlerhaft, weil die Schiedsstelle den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin nicht ausreichend berücksichtigt hätte. Denn die Begründung des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 (S. 13) lässt erkennen, dass sich die Schiedsstelle im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung durchaus intensiv mit den Argumenten der Klägerin zu diesem Thema auseinandersetzte. Soweit die Schiedsstelle dort feststellte, dass §§ 78a ff. SGB VIII Spezialvorschriften seien, die in ihrem Anwendungsbereich die Regelung in § 77 SGB VIII ausschließen, schloss sich die Klägerin dieser Rechtsansicht sogar ausdrücklich an. Dass die Schiedsstelle in ihrer Entscheidung im Übrigen eine andere Rechtsansicht vertrat als die Klägerin bedeutet hingegen nicht, dass sie die von dieser im Schiedsverfahren vorgetragenen Argumente zur behaupteten Vergleichbarkeit von Maßnahmen nach § 74 SGB VIII bzw. § 77 SGB VIII mit der streitgegenständlichen Einrichtung nicht zur Kenntnis genommen und in ihre Prüfung einbezogen hat. Die Schiedsstelle musste sich angesichts der obigen Ausführungen (siehe Ziffer II. 2.3) im Schiedsbeschluss auch insoweit nicht mit jedem einzelnen Argument der Klägerin zu diesem Themenkomplex ausdrücklich auseinandersetzen. Dies gilt umso mehr, als jedenfalls aus den vorgelegten Akten der Beklagten und der Schiedsstelle ersichtlich ist, dass die Schiedsstelle im Schiedsverfahren – entgegen dem Vortrag der Klägerin – deren Argumente, insbesondere auch diejenigen im Schriftsatz vom 9. Januar 2018, zur Kenntnis nahm. Der Vorsitzende der Schiedsstelle setzte sich sogar schon vor der Sitzung der Schiedsstelle am 2. Februar 2018 eingehend mit dieser Thematik auseinander. Bereits mit Schreiben vom 21. Dezember 2017 hatte er die Parteien um Stellungnahme hierzu gebeten. Der Vorsitzende der Schiedsstelle setzte sich in der mit seinem Schreiben vom 26. Januar 2018 übersandten „Zusammenfassung des Sachverhalts – Überlegungen für die Entscheidung“ mit den Argumenten der Klägerin auseinander und stellte eine ergebnisoffene Prüfung dieser Rechtsfrage in Aussicht. Anschließend befasste sich der Vorsitzende der Schiedsstelle erneut mit den Argumenten der Klägerin und teilte den Parteien mit Schreiben vom 31. Januar 2018 als seine vorläufige Rechtsansicht mit, dass weder § 74 SGB VIII noch § 77 SGB VIII im vorliegenden Fall einschlägige Vorschriften seien. Der Vorsitzende der Schiedsstelle stand zu diesem Thema somit bereits im Vorfeld der Sitzung der Schiedsstelle am 2. Februar 2018 im ständigen Austausch mit den Parteien, so dass diesen bei Erlass des Schiedsbeschlusses die Rechtsansicht und die Hauptargumente zunächst des Vorsitzenden der Schiedsstelle und später der gesamten Schiedsstelle hinreichend bekannt waren. Die im Schiedsbeschluss vertretene Rechtsansicht der Schiedsstelle kam für die Klägerin – entgegen deren Vortrag – somit auch nicht überraschend.
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2.5. Die Festsetzung der Schiedsstelle zur Höhe der Instandhaltungskosten (Ziffer 5. des Schiedsbeschlusses) ist bereits deswegen rechtswidrig, weil die Berechnungen der Schiedsstelle zu den Instandhaltungskosten fehlerhaft waren.
99
Die Beklagte legte mit Schriftsatz vom 11. Mai 2023 den Rahmenvertrag nach § 78f SGB VIII für Bayern i.d.F. vom 1. Dezember 2016 sowie dessen konsolidierte Fassung mit letzter Änderung vom 31. Juli 2018 nebst Anhang E (Stand: 14. Dezember 2000), sowie das Formblatt „Instandsetzungen/Abschreibungen gem. § 7 Abs. 4 Rahmenvertrag § 78f SGB VIII“ (Stand: 2017) vor. Gemäß § 7 Abs. 4 c) des Rahmenvertrags umfassen die betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen insbesondere auch die Instandhaltungsaufwendungen. Die detaillierte Beschreibung ergebe sich aus Anhang E. Gemäß Ziffer 1.2.1. des Anhangs E erfolgt für die Instandhaltung und Ersatzbeschaffung sowie die Abschreibung von Einrichtung, Wäsche und Geschirr der Ansatz für Instandhaltung und Abschreibung jeweils in einem Vomhundertsatz. Es würden folgende Beträge zugrunde gelegt: (1) In Höhe von 3.000 DM je Bett bzw. Platz mit einem Satz von 7,5% für die Einrichtung einschließlich möblierter Zimmer für Personal. (2) In Höhe von 900 DM je Bett bzw. Platz mit einem Satz von 25% für Wäsche, Geschirr, usw. einschließlich möblierter Zimmer für Personal. Im Formblatt „Instandsetzungen/Abschreibungen“ ist in Ziffer 1.2. (für Einrichtung) und in Ziffer 1.3. (für Wäsche und Geschirr) jeweils folgende Berechnungsweise vorgegeben: Gesamtzahl der Betten (einschließlich der Personalbetten) bzw. Plätze multipliziert – vollstationäre Einrichtung (7,5% aus € 1.533,88 = € 115,04 bzw. 25% aus € 460,16 = € 115,04).
100
Die Klägerin fügte ihrem Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens vom 20. März 2017 insbesondere ihr Schreiben an die Geschäftsstelle der Entgeltkommission vom 18. Dezember 2016 bei, in dem sie darauf hingewiesen hatte, dass die für die Einrichtung und Wäsche/Geschirr bzw. Küchenausstattung zugrundeliegenden Werte mit dem VPI für Möbel (9,4% bzw. 3,5%) angeglichen worden seien. Dementsprechend hatte die Klägerin in dem als Anlage beigefügten Formular „Instandsetzungen/Abschreibungen“ für die streitgegenständliche Wohngruppe neun Plätze plus ein Personalbett eingetragen sowie Ziff. 1.2. und 1.3. jeweils wie folgt ausgefüllt: „Gesamtzahl der Betten (einschließlich der Personalbetten) bzw. Plätze multipliziert – vollstationäre Einrichtung (7,5% aus DM 3.000/ € 1.533,88 = DM 225/ € 115,04)“. Bei Ziff. 1.2. wurde zudem ergänzt: „plus 9,5% VPI seit 10/2000“ und bei Ziff. 1.3. „plus 9,4% VPI seit 10/2000“. Die Klägerin kam auf diese Weise bei Ziff. 1.2. und Ziff. 1.3. jeweils zu einem Berechnungsbetrag von 1.258,54 €, der multipliziert mal zwei den von ihr beantragten Betrag für die Position Instandhaltungskosten i.H.v. 2.517,08 € ergibt. Letztlich legte die Klägerin dieser Berechnung jeweils einen VPI von 9,4% zugrunde, so dass die Angabe eines VPI von 9,5% bei Ziff. 1.2. ein Schreibversehen gewesen sein dürfte, das keinen Eingang in die Berechnung gefunden hat. Konkret nahm die Klägerin folgende Berechnung vor: 3.000 DM in € = 1.533,88 € > davon 7,5% = 115,04 €; 9,4% von 115,04 € = 10,814 €; 115,04 € plus 10,814 € = 125,854 €; 125,854 € mal 10 Betten = 1.258,54 €; 1.258,54 € mal 2 = 2.517,08 €. Dieser Gesamtbetrag wurde somit auch von der Klägerin unter Zugrundlegung von Anhang E des Rahmenvertrags berechnet und dabei zehn Betten (neun Betten für die Bewohner der Wohngruppe und ein Personalbett für den Nachtdienst) sowie ein Inflationsausgleich i.H.v. 9,4% nach VPI zugrunde gelegt. Die Beklagte machte demgegenüber im Schiedsverfahren ein Angebot i.H.v. 2.300,80 €, das ebenfalls nach Anhang E des Rahmenvertrags berechnet wurde und dem ebenfalls zehn Betten zugrunde gelegt wurden. Der einzige Unterschied zur Berechnung der Klägerin bestand darin, dass im Angebot der Beklagten kein Inflationsausgleich vorgesehen war. Die Beklagte berechnete ihr Angebot somit wie folgt: 3.000 DM in € = 1.533,88 € > davon 7,5% = 115,04 €; 115,04 € mal 10 Betten = 1.150,40 €; 1.150,40 € mal 2 = 2.300,80 €.
101
Die Schiedsstelle setzte im Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 dieses Angebot der Beklagten i.H.v. 2.300,80 € an (siehe Ziff. 5 des Schiedsbeschlusses), legte hierbei aber eine falsche Tatsachengrundlage zugrunde. Denn sie ging fälschlicherweise davon aus, dass im Angebot der Beklagten ein Inflationsausgleich enthalten war und legte ihrer Berechnung statt zehn Betten nur neun Betten zugrunde. Dies beruhte wohl auf einem Versehen. Denn selbst die Beklagte räumte im gerichtlichen Verfahren ein, dass ein Personalbett üblich sei und von der Schiedsstelle bei deren Berechnung versehentlich vergessen worden sei. Konkret nahm die Schiedsstelle folgende Berechnung vor: 3.000 DM in € = 1.533,88 € > davon 7,5% = 115,04 €; 115,04 € mal neun Betten (also eines zu wenig) = 1.035,36 €; 1.035,36 € mal 2 = 2.070,72 €. Aufgrund dessen ging die Schiedsstelle fälschlicherweise davon aus, dass der Klägerin nach Anhang E des Rahmenvertrags lediglich ein Betrag i.H.v. 2.070,72 € zustehe. Daher nahm die Schiedsstelle zu Unrecht an, dass das Angebot der Beklagten i.H.v. 2.300,80 € weit darüber hinausgehe und daher großzügig sei bzw. einen angemessenen Inflationsausgleich beinhalte. Konkret führte die Schiedsstelle hierzu in der ausführlichen Begründung ihres Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 auf S. 16 insbesondere aus, dass sie dem Angebot der Beklagten i.H.v. 2.300,80 € gefolgt sei und dass dieser Betrag über demjenigen liege, der sich aus Anhang E (§ 7 Abs. 4 Rahmenvertrag zu §§ 78a ff. SGB VIII mit Stand 14.12.2000) errechne und lediglich 2.070,72 € betrage. Hieraus wird deutlich, dass die Schiedsstelle bzgl. ihres Ansatzes von 2.300,80 € den zugrundeliegenden Sachverhalt nicht korrekt ermittelt hatte und darauf beruhend eine fehlerhafte Entscheidung getroffen hat.
102
Die Schiedsstelle wird bei einer erneuten Befassung bei der Berechnung der Instandhaltungskosten das zusätzliche Personalbett für den Nachtdienst berücksichtigen müssen. Zudem wird sie ausdrücklich entscheiden und nachvollziehbar begründen müssen, ob der Klägerin auch der beantragte Inflationsausgleich zu gewähren ist und wenn ja, ob ihr dieser in der beantragten Höhe zusteht. In diesem Zusammenhang wird die Schiedsstelle (erneut) entscheiden müssen, ob sie sich hinsichtlich der Berechnung der Instandhaltungskosten weiterhin strikt an Anhang E zu § 7 Abs. 4 des Rahmenvertrags orientieren will, der bislang keinen Inflationsausgleich vorsieht. Gemäß der Niederschrift zur Sitzung der Schiedsstelle vom 2. Februar 2018 (S. 22) ging die Schiedsstelle zunächst davon aus, dass die Klägerin die Regelungen im Rahmenvertrag „für sich gelten lassen“ müsse. In jedem Fall sei aber die Beklagte an Rahmenvertrag gebunden und deshalb grundsätzlich nicht in der Lage, höhere Beträge zuzugestehen, als im Vertrag festgelegt seien. Hingegen lässt die Schiedsstelle in der Begründung des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018 (S. 16) dann zwar offen, ob die Klägerin, die Beklagte und die Geschäftsstelle der Entgeltkommission an den Rahmenvertrag bzw. an die o.g. Pauschalen gebunden seien, ging jedoch mit Verweis auf die „Erfahrungen ihrer Mitglieder“ und somit ohne rechtliche Begründung weiterhin davon aus, dass die Pauschalen unverändert angemessen und daher vorliegend weiterhin maßgeblich seien. Ein Verweis auf die „Erfahrungen der Mitglieder“ kann jedoch eine rechtliche Prüfung der Frage, ob die in Anhang E zu § 7 Abs. 4 des Rahmenvertrags enthaltenden Pauschalen ohne Gewährung eines Inflationsausgleichs im streitgegenständlichen Zeitraum noch angemessen waren, nicht ersetzen.
103
2.6. Die Festlegungen der Schiedsstelle hinsichtlich der Kostenpunkte in Ziffer 3 und in Ziffer 5 des Schiedsbeschlusses sind auf Grund der oben dargestellten Mängel rechtswidrig. Es obliegt der Schiedsstelle, hinsichtlich der bislang von ihr nicht ordnungsgemäß beurteilten Kostenpunkte „zentrale Verwaltungskosten“ und „Instandhaltungskosten“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine Neubewertung vorzunehmen und darauf beruhend im Rahmen des externen Vergleichs die Angemessenheit das Gesamtentgelt festzusetzen.
104
3. Zudem war der von der Schiedsstelle vorgenommene externe Vergleich bzgl. des Gesamttagessatzes zu wenig ausdifferenziert, um die Einschätzung der Schiedsstelle, dass das von der Klägerin geforderte Entgelt auch als Ganzes unangemessen sei, als von deren Einschätzungsprärogative gedeckt ansehen zu können.
105
Denn die diesbezüglichen Ausführungen der Schiedsstelle (vgl. S. 16 f. der Begründung des Schiedsbeschlusses vom 2. Februar 2018, Ziffer 3) sind noch einmal deutlich knapper und oberflächlicher als deren Erläuterungen zum „isolierten externen Vergleich“ hinsichtlich der Einzelposition zentrale Verwaltungskosten (s.o. Ziffer II.2.4). Die Schiedsstelle führte hinsichtlich des externen Vergleichs zum Gesamtentgelt lediglich aus, dass von den in der von der Beklagten vorgelegten Liste über die bis zum 31. Januar 2018 vereinbarten Entgelte genannten Einrichtungen, die alle 365 Tage geöffnet haben, 68 Einrichtungen (= 22%) ein Entgelt vereinbart hätten, das höher sei als das, das die Beklagte angeboten habe. Lediglich 41 Einrichtungen (= 13%) hätten ein höheres Entgelt vereinbart als die Klägerin fordere. Nehme man als zusätzliches Vergleichskriterium die 337 Öffnungstage (171 Einrichtungen), die auch für hier zu verhandelnde Wohngruppe gelten würden, gebe es 31 Einrichtungen (= 18%), die über den Wert der Beklagten hinausgehen und 15 (= 8%), die das von der Klägerin geforderte Entgelt übertreffen. Verfeinere man Vergleich noch einmal um das zusätzliche Kriterium „neun Plätze“, gehe es um 38 Einrichtungen, von denen nur zwei das hier geforderte Entgelt überschreiten würden, während die übrigen deutlich darunterliegen würden. Nehme man das Angebot der Beklagte als zu vergleichendes Entgelt, ergebe dies ebenfalls nur zwei Einrichtungen, die das angebotene Entgelt übersteigen würden. Hieraus wird deutlich, dass die Schiedsstelle auch hinsichtlich des externen Vergleichs zum Gesamttagessatz bereits den Kreis der mit der streitgegenständlichen Wohngruppe vergleichbaren Einrichtungen nicht hinreichend konkret und vertieft ermittelt hat. Denn zwar benannte die Schiedsstelle einige Vergleichskriterien, die sie beim externen Vergleich zur Einzelposition zentrale Verwaltungskosten noch nicht ausdrücklich erwähnt hatte (zunächst „365 Öffnungstage“, dann „337 Öffnungstage“, womit vermutlich „337 Berechnungstage“ gemeint war, und schließlich zudem „neun Plätze“). Somit berücksichtigte die Schiedsstelle – anders als beim „isolierten externen Vergleich“ zur Einzelposition zentrale Verwaltungskosten – zwar, dass die streitgegenständliche Wohngruppe im maßgeblichen Zeitraum laut den Kalkulationsgrundlagen, die die Klägerin in dem ihrem Schreiben vom 18. Dezember 2016 an die Geschäftsstelle der Entgeltkommission beigefügten Angebot aufführte, nur 337 Berechnungstage und lediglich neun Plätze aufwies. Jedoch ließ die Schiedsstelle auch im externen Vergleich hinsichtlich des Gesamttagessatzes letztlich offen, welchen Vergleichsmaßstab sie als maßgeblich ansah. Denn sie stellte die unterschiedlichen Varianten zwar knapp dar, legte sich aber nicht abschließend fest, ob sie lediglich die Einrichtungen mit nur neun Plätzen und 337 Berechnungstagen als vergleichbare Einrichtungen ansieht, oder, wie beim „isolierten externen Vergleich“ hinsichtlich der Einzelposition zentrale Verwaltungskosten, letztlich den dort angewandten „gröberen“ Vergleichsmaßstab als maßgeblich ansieht und somit alle 313 Einrichtungen in der von der Beklagten vorgelegten Liste als vergleichbar ansieht.
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Daher war auch der Schlusssatz, dass das Angebot der Beklagten bereits im oberen Fünftel der vergleichbaren Einrichtungen liege und das von der Klägerin geforderte Entgelt auch als Ganzes unangemessen sei, wenig aussagekräftig. Denn anhand der Ausführungen im Schiedsbeschluss ist nicht hinreichend nachvollziehbar, wie die Schiedsstelle anhand ihres nur sehr knapp dargestellten Vergleichs der streitgegenständlichen Einrichtung mit nicht konkret bezeichneten Einrichtungen aus der von der Beklagten vorgelegten Liste ohne endgültige Festlegung der als vergleichbar angesehenen Einrichtungen und ohne Ermittlung eines konkreten Durchschnittstagessatzes der in den externen Vergleich eingestellten Einrichtungen zu der Einschätzung gelangen konnte, dass das von der Klägerin gefordertes Entgelt auch als Ganzes unangemessen sei. Lediglich die Beklagte befasste sich im gerichtlichen Verfahren zumindest dahingehend näher mit dieser Frage, als sie ausführte, dass der durchschnittliche Tagessatz der 38 eindeutig vergleichbaren Einrichtungen bei 170,26 € liege. Im Schiedsbeschluss finden sich hierzu jedoch keinerlei Ausführungen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Schiedsstelle letztlich nur diese 38 Einrichtungen mit neun Plätzen als vergleichbar angesehen hat, hätte sie sich vertieft mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob der von der Klägerin geforderte Gesamttagessatz, auch angesichts dessen, dass zumindest zwei in der Liste aufgeführte Einrichtungen ein höheres Gesamtentgelt auswiesen, aufgrund besonderer Umstände nicht doch gerechtfertigt hätte sein könnte. Dies hätte auch eine Prüfung vorausgesetzt, was die streitgegenständliche Wohngruppe von diesen beiden Einrichtungen unterscheidet.
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III. Auf Grund der erforderlichen Neubewertung und des fehlerhaften externen Vergleichs des Gesamtentgelts muss die Schiedsstelle abschließend zwingend anhand des sich aus den einzelnen Kostenpunkten ergebenden Gesamtentgelts, also hinsichtlich des Tagessatzes, einen externen Vergleich durchführen.
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Zwar ging das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 1. Dezember 1998 (Az. 5 C 17/97 – juris Rn. 25) zu § 93 BSHG noch davon aus, dass die Definition und Ausfüllung der Begriffe „Wirtschaftlichkeit“, „Sparsamkeit“ und „Leistungsfähigkeit“ durch die Schiedsstelle notwendig einen Vergleich voraussetze und dabei entweder ein externer oder ein interner Vergleich in Betracht käme. In seinem Beschluss vom 8. Februar 2008 (Az. 5 B 6/08 – juris Rn. 2), ebenfalls noch zu § 93 BSHG, hat das Bundesverwaltungsgericht hierzu ausgeführt, dass in seiner Rechtsprechung geklärt sei, dass bei der Ermittlung einer leistungsgerechten Vergütung, welche den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entspricht, grundsätzlich und vorrangig auf einen Vergleich der Entgelte verschiedener Einrichtungen für vergleichbare Leistungen („externer Vergleich“) abzustellen sei und etwas anderes nur gelte, wenn ein Marktpreis nicht ermittelt werden könne, etwa, weil es wegen Besonderheiten der Einrichtung nicht möglich sei, eine ausreichend große Zahl vergleichbarer Angebote zu erhalten. Das Gericht sieht daher für die streitgegenständliche Entgeltfestsetzung bereits auf Grund dieser Rechtsprechung die Durchführung eines externen Vergleichs hinsichtlich des Gesamtentgelts als zwingend an, auch wenn eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der Notwendigkeit eines externen Vergleichs für Entgeltfestsetzungen im Kinder- und Jugendhilferecht seither nicht ergangen bzw. zumindest dem Gericht nicht bekannt ist.
109
Zudem kann zum Erfordernis eines externen Vergleichs ergänzend die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu vergleichbaren Entgeltregelungen herangezogen werden, sofern diese Entscheidungen in ihrer Begründung maßgeblich aus den „Grundsätzen zum leistungsgerechten Entgeltsystem nach § 93 BSHG“ entwickelt wurden. Denn mit dem Inkrafttreten der Änderung des § 93 Abs. 3 BSHG zum 1. Januar 1994 erfolgte für das Vergütungssystem die Abkehr vom Selbstkostendeckungssystem und die Einführung des prospektiven Entgeltsystems mit der Festlegung des leistungsgerechten Entgelts (so jetzt auch in § 78c Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Aus der Historie der verschiedenen Gesetzesentwicklungen und den jeweils erfolgten Gesetzesbegründungen hierzu (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2018 – 12 C 18.314 – juris Rn. 8), ergibt sich, dass die im Laufe der Zeit von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts herausgearbeiteten Grundsätze zur Entgeltvereinbarung auch auf die Entgeltvereinbarungen im Kinder- und Jugendhilferecht Anwendung finden.
110
In der Rechtsprechung des 3. Senats des Bundessozialgerichts zum SGB XI ist geklärt, dass das Wettbewerbskonzept maßgeblich das prospektive Entgeltsystem präge, welches seit der Urfassung des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XI gelte und sich im Wesentlichen an der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 93 Abs. 3 BSHG zum 1. Januar 1994 orientiere (vgl. BSG, U.v. 16.5.2013 – B 3 P 2/12 R – juris Rn. 19) und dass daher grundsätzlich zur Feststellung der Leistungsgerechtigkeit des Entgelts ein externer Vergleich vorzunehmen ist. Denn auch nachvollziehbare prognostische Gestehungskosten würden den geltend gemachten Vergütungsanspruch nur rechtfertigen, sofern dieser dem Vergütungsvergleich mit anderen Einrichtungen standhält und sich damit als leistungsgerecht erweist (BSG, U.v. 29.1.2009 – B 3 P 7/08 R – juris Rn. 28). Dieser Auffassung schloss sich der 8. Senat des Bundessozialgerichts für Vergütungsvereinbarungen nach dem SGB XII (ebenfalls unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Dezember 1998 – 5 C 17/97) an und stellte zudem fest, dass die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit einen Vergleich mit anderen Leistungserbringern auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung verlangen würden (grundlegend: BSG, U.v. 7.10.2015 – B 8 SO 21/14 R – juris Rn. 16; zuletzt U.v. 8.12.2022 – B 8 SO 8/20 R – juris Rn. 17).
111
Allerdings geht der 3. Senat des Bundessozialgerichts für das SGB XI in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass zunächst in einem ersten Prüfungsschritt die Plausibilität der einzelnen Kostenpunkte festzustellen ist und in einem zweiten Prüfungsschritt ein Vergütungsvergleich mit anderen Einrichtungen („externer Vergleich“) anhand von – durch den 3. Senat entwickelten – Fallgruppen zu erfolgen hat (grundlegend: BSG, U.v. 29.1.2009 – B 3 P 7/08 R – juris; zuletzt U.v. 26.9.2019 – B 3 P 1/18 R – juris Rn. 27), während der 8. Senat für stationäre Einrichtungen nach dem SGB VII im Hinblick auf die anders geartete Struktur des SGB XII und die geringere Normdichte, insbesondere die fehlenden ausdrücklichen Regelungen über die Mitwirkungspflichten im Schiedsstellenverfahren keine Veranlassung sieht, die Rechtsprechung des 3. Senats in der Form zu übertragen, dass die Schiedsstelle zu einem entsprechenden Vorgehen vollumfänglich und in jedem Fall gezwungen wäre (grundlegend: BSG, U.v. 7.10.2015 – B 8 SO 21/14 R – juris Rn. 16; zuletzt U.v. 8.12.2022 – B 8 SO 8/20 R – juris Rn. 17 zu § 75 SGB XII i.d.F. bis zum 31.12.2019). Mit der Änderung des § 75 SGB XII zum 1. Januar 2020 und der gesetzlichen Festlegung des Erfordernisses eines externen Vergleichs und der entsprechenden Anwendung der durch den 3. Senat des Bundessozialgerichts entwickelten Fallgruppen ist in Zukunft selbst insoweit von einer einheitlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum externen Vergleich auszugehen.
112
Da die im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Regelungen in den §§ 78a ff. SGB VIII ebenfalls auf der Einführung des prospektiven Entgeltsystems beruhen und der Gesetzgeber sich hierzu maßgeblich an dem Vorbild der Pflegeversicherung sowie des BSHG orientiert hat (BT-Drs. 13/1033), ist das Gericht somit auch bei ergänzender Heranziehung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Überzeugung, dass auch für die Festsetzung von Entgelten durch die Schiedsstelle nach § 78g SGB VIII zwingend ein externer Vergleich zu erfolgen hat.
113
Zudem ist davon auszugehen, dass der externe Vergleich immer – ggf. auch zusätzlich (siehe oben Ziffer II. 2.4. a) – anhand des Gesamtentgelts zu erfolgen hat und nicht nur in Bezug auf einzelne Kostenbestandteile (vgl. auch: Jaritz/Eicher in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl, § 77 SGB XII (Stand: 11.08.2017), Rn. 68; § 76 Rn. 106; Mälzer, zur Amtsermittlung in der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI, SGb 2023, 282 ff.). Denn aus der Begründung für das Erfordernis des externen Vergleichs ergibt sich, dass das „Entgelt“ insgesamt leistungsgerecht im Vergleich mit anderen Einrichtungen sein muss. Ein externer Vergleich lediglich in Bezug auf einzelne Kostenpunkte kann dies jedoch nicht gewährleisten. Das Wettbewerbsprinzip soll einen Anreiz für eine wirtschaftliche Betriebsführung bieten (so bereits die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 93 Abs. 3 BSHG, BT-Drs. 12/5510 S. 10 ff). Hierzu ist die unternehmerische Freiheit erforderlich, hinsichtlich der einzelnen Kostenfaktoren unterschiedlich zu kalkulieren. Der Ansatz dieser einzelnen Kostenfaktoren ist in einem ersten Schritt durch die Schiedsstelle auf Plausibilität zu prüfen (BSG, U.v. 29.1.2009 – B 3 7/08 R – juris, siehe dazu auch bereits oben unter Punkt II.2.4.a)), während es im Rahmen des externen Vergleichs in der Gesamtbewertung entscheidend darauf an kommt, ob der von der Einrichtung geforderte Vergütungssatz im Vergleich mit günstigeren Pflegesätzen und Entgelten anderer Einrichtungen im Hinblick auf die Leistungen der Einrichtung und die Gründe für ihren ggf. höheren Kostenaufwand insgesamt angemessen und deshalb als leistungsgerecht anzusehen sind (BSG, U.v. 16.5.2013 – B 3 P 2/12 R – juris Rn. 23). Dementsprechend kann die Schiedsstelle sogar ggf. einzelne Positionen der Kalkulationsgrundlage offen lassen und – entsprechend begründet – einen ihrer fachlichen Einschätzung nach leistungsgerechten Gesamtbetrag festsetzen (BVerwG, U.v. 25.10.2018 – 3 C 22/16 zu Entgeltfestsetzung nach dem KHEntgG – juris Rn. 29).
114
Inwieweit die Frage der Angemessenheit im Rahmen des externen Vergleichs bzw. – wie der Bevollmächtigte der Klägerin meint – zusätzlich in einem weiteren Prüfungsschritt zu klären ist, kann hingegen offenbleiben.
115
Der Bevollmächtigte der Klägerin trug hierzu unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts insbesondere vor, dass zur Ermittlung des Tagessatzes eine solche Angemessenheitsprüfung im Anschluss an den internen Vergleich und den externen Vergleich in einem eigenständigen dritten Prüfungsschritt durchzuführen sei, wenn im Rahmen des externen Vergleichs festgestellt worden sei, dass sich die beantragte Vergütung oberhalb des unteren Drittels vergleichbarer Einrichtungen bewege. Im Rahmen dieser Angemessenheitsprüfung seien die tatsächlichen Gestehungskosten unter Berücksichtigung der angebotenen Leistung und Qualität zu würdigen. Wirtschaftliche Angemessenheit sei anzunehmen, wenn die Gründe, die die Einrichtung für ein höheres Entgelt geltend mache, den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung entsprächen. Ein externer Vergleich ersetze die Angemessenheitsprüfung daher nicht.
116
Unabhängig von der Frage, inwieweit der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 29. Juni 2015 (12 ZB 15.1198 – n.V. – Rn. 15 f.) in der die Notwendigkeit einer zusätzlichen Angemessenheitsprüfung abgelehnt wurde, eine nicht nur auf den konkreten Einzelfall bezogenen Aussage zu entnehmen ist und die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Detail zu übertragen ist (s.o.), kann auch dieser Rechtsprechung nicht entnommen werden, dass die Angemessenheitsprüfung separat zu erfolgen hat; vielmehr wird die Prüfung der Angemessenheit auch in den dortigen Entscheidungen – soweit in der Gliederung hinreichend deutlich nachvollziehbar – innerhalb des „zweiten Prüfungsschrittes“ verortet (vgl. BSG, U.v. 29.1.2009 – B 3 P 7/08 R – juris Rn. 28, 36; U.v. 17.12.2009 – B 3 P 3/08 R – juris 59 f.; U.v. 16.5.2013 – B 3 P 2/12 R – juris Rn. 23) bzw. davon ausgegangen, dass es kein festes Prüfungsschema gebe (s.o.; BSG, U.v. 25.4.2018 – B 8 SO 26/16 R – juris 18).
117
Zumindest lässt sich der zitierten Rechtsprechung – die hierzu im Übrigen auch primär zur Frage der Berücksichtigung der Tarifbindung ergangen ist – zwar entnehmen (und dies wird von dem Gericht auch nicht angezweifelt), dass der externe Vergleich nicht starr anhand eines Zahlenvergleichs zu erfolgen hat, sondern Besonderheiten im Rahmen der Frage der Angemessenheit und Leistungsgerechtigkeit zu berücksichtigen sind, nicht jedoch, dass – geradezu entgegen den Zielen des prospektiven Entgeltsystems (s.o.) – plausible Gestehungskosten regelmäßig die Angemessenheit begründen würden, wovon offenbar der Bevollmächtigte der Klägerin ausgeht.
118
Die Entgeltfestsetzung ist daher vollständig und somit der Schiedsbeschluss vom 2. Februar 2018 – wie von der Klagepartei zuletzt beantragt – in den Ziffern 1. und den Ziffern 3. bis 6. aufzuheben.
119
Soweit einzelne Kostenpunkte von den Parteien inhaltlich jedoch nicht angegriffen wurden (Ziffer 1 Unterpunkte 1 und 3 sowie Ziffer 4) gelten diese zwischen den Parteien als vereinbart und hat die Schiedsstelle diese Bestandteile ihrer neuerlichen Entscheidung auf Grund der Dispositionsmaxime der Parteien zu Grunde zu legen (vgl. Mälzer, zur Amtsermittlung in der Schiedsstelle nach § 76 SGB XI, SGb 2023, 282 ff, Punkt VI.1).
120
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 VwGO.
121
Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 188 Satz 2 VwGO (HessVGH, B.v. 22.9.2020 – 10 B 1978/20 – juris Rn. 18; BayVGH, U.v. 6.4.2001 – 12 B 00.2019 – juris Rn. 89; a.A. VG Schwerin, U.v. 18.4.2018 – 6 A 1837/15 SN – juris Rn. 74 f.).
122
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO.
123
Die Berufung war gemäß § 124a i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO zuzulassen.
124
Die Rechtssache weist aufgrund fehlender obergerichtlicher Rechtsprechung zum Kinder- und Jugendhilferecht besondere rechtliche Schwierigkeiten auf und hat zudem grundsätzliche Bedeutung.