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VG München, Beschluss v. 12.09.2023 – M 31 K 23.4223
Titel:

Örtliche Zuständigkeit für Streitigkeiten aus der Bundesförderung für effiziente Gebäude

Normenketten:
VwGO § 52 Nr. 2, § 83 S. 1
GVG § 17a Abs. 2
Leitsatz:
Für zuwendungsrechtliche Streitigkeiten im Vollzug der Bundesförderung für effiziente Gebäude – Teilprogramm Einzelmaßnahmen (BEG EM) ist das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main örtlich zuständig. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bundesförderung für effiziente Gebäude, Einzelmaßnahmen (BEG EM), örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts, München (verneint), Verweisung an das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, örtliche Zuständigkeit, Verweisung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 26075

Tenor

I. Das Bayerische Verwaltungsgericht München erklärt sich für örtlich unzuständig.
II. Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main verwiesen.

Gründe

I.
1
Der Kläger begehrt mit seiner am 25. August 2023 bei Gericht eingegangenen Untätigkeitsklage die Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung seines Widerspruchs gegen einen Bescheid der Beklagten im Vollzug der Bundesförderung für effiziente Gebäude – Teilprogramm Einzelmaßnahmen (BEG EM).
2
Das Gericht gab den Beteiligten mit Schreiben vom 28. August 2023 Gelegenheit zur Stellungnahme zu einer beabsichtigten Verweisung an das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main. Der Kläger hat sich nicht geäußert, die Beklagte hält eine Verweisung für geboten (Schreiben vom 29.8.2023).
II.
3
Der Rechtsstreit ist nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das nach § 52 Nr. 2 Satz 1 Hs. 1 und Satz 2 VwGO i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 HessAGVwGO örtlich zuständige Verwaltungsgericht Frankfurt am Main zu verweisen.
4
Das Bayerische Verwaltungsgericht München ist für die Klage örtlich nicht zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich für das Klagebegehren aus § 52 Nr. 2 Satz 1 Hs. 1 und Satz 2 VwGO. Danach ist – vorbehaltlich der Zuständigkeiten nach § 52 Nr. 1 und 4 VwGO – u.a. bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen gegen einen Verwaltungsakt einer Bundesbehörde das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde ihren Sitz hat (vgl. zur Zuständigkeit im Vollzug der Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen: VG München, B.v. 1.3.2023 – M 31 K 23.475 – juris). Bei einer Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO, bei der, wie hier, noch kein Widerspruchsbescheid ergangen ist, kommt es auf den Sitz der zuständigen Bundesbehörde an (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.2000 – 1 AV 2/00 – juris Rn. 2; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 17).
5
Nach Art. 1 § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Errichtung eines Bundesausfuhramtes i.V.m. Nr. 9.1 der vorliegend mit Blick auf den Zeitpunkt der Zuwendungsantragstellung am 8. März 2021 – soweit ersichtlich (vgl. Nr. 10) – noch einschlägigen Zuwendungsrichtlinie des (vormaligen) Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 17. Dezember 2020 für die Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM, im Folgenden: Zuwendungsrichtlinie), liegt die Zuständigkeit für die Durchführung der streitbefangenen Zuschussförderung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Errichtung eines Bundesausfuhramtes ist das BAFA selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des (vormaligen) Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Ausweislich seines Internetauftritts unterhält das BAFA mehrere Dienstsitze, wobei sich der Hauptsitz mit dem Sitz des Präsidenten in Eschborn im hessischen Main-Taunus-Kreis befindet (vgl. auch die entsprechende Adressangabe in Nr. 9.1 der Zuwendungsrichtlinie und im Schreiben der Beklagten vom 29.8.2023). Bei Behörden mit mehr als einem Dienstsitz, für die nach außen durch den Behördenleiter oder in dessen Auftrag gehandelt wird (vgl. zum Präsidenten des BAFA Art. 1 § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Errichtung eines Bundesausfuhramtes), ist der Amtssitz des Behördenleiters Sitz i.S.d. § 52 VwGO (vgl. BVerwG aaO).
6
Der Vorbehalt für ortsgebundene Rechte nach § 52 Nr. 2 Satz 1 Hs. 2 i.V.m. Nr. 1 VwGO ist vorliegend nicht einschlägig.
7
Zwar können zu den ortsgebundenen Rechten nach § 52 Nr. 1 VwGO auch zuwendungsrechtliche Ansprüche gehören, wenn sie in Bezug auf unbewegliches Vermögen geltend gemacht werden und damit zu einem bestimmten Territorium in besonderer Beziehung stehen (st.Rspr., vgl. z.B. BVerwG, B.v. 29.5.2017 – 3 AV 2/16 – juris Rn. 7 ff.; VG München, B.v. 15.7.2020 – M 31 K 17.3817 – juris Rn. 4). Dies entspricht dem praktischen Bedürfnis, dass dasjenige Gericht entscheidet, das über ortsnahe Sachkunde verfügt oder sich diese gegebenenfalls durch Beweisaufnahme ohne unzumutbaren Aufwand verschaffen kann.
8
Im Vollzug des streitbefangenen Förderprogramms ist ein solches Bedürfnis indes nicht ersichtlich. Die streitige Zuschussförderung wird im Rahmen einer formalisierten Antragstellung und Nachweisführung (vgl. Nr. 9.2 ff. der Zuwendungsrichtlinie) bundesweit zentral beim BAFA abgewickelt, um Einzelmaßnahmen an Bestandsgebäuden zu fördern, die in der Richtlinie festgelegten technischen Mindestanforderungen entsprechen, von Fachunternehmen ausgeführt werden und zu einer Verbesserung des energetischen Niveaus des Gebäudes führen. Damit knüpft die Zuwendungsrichtlinie zwar an den energetischen Zustand des Bestandsgebäudes an, ein besonderer örtlicher Bezug auf unbewegliches Vermögen, wie von § 52 Nr. 1 VwGO prozessrechtlich vorausgesetzt, steht dabei indes nicht im Vordergrund. Die Entscheidung im vorliegenden Verfahren wird es voraussichtlich nicht erforderlich machen, die konkreten örtlichen Verhältnisse durch Inaugenscheinnahme zu ermitteln, da die Förderung unabhängig von der konkreten örtlichen Belegenheit eines Gebäudes an die formalisiert im Zuwendungsverfahren zu erbringenden Nachweise über die Ertüchtigung der Gebäudehülle (vgl. im Einzelnen Nr. 1 der Technische Mindestanforderungen) anknüpft.
9
Entsprechend dem allgemeinen Sinn und Zweck der Gerichtsstandsbestimmung des § 52 Nr. 2 VwGO für Klagen gegen den Bund ist schließlich maßgeblich ebenfalls in den Blick zu nehmen, dass eine Konzentration häufig spezialrechtlich bestimmter Verfahren bei einem Gericht – hier dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main – einen beschleunigten Verfahrensablauf unter Ausnutzung der entsprechenden spezifischen gerichtlichen Sachkunde gewährleisten soll (vgl. Ziekow aaO Rn. 14 mit Verweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drs. 3/55, S. 35).
10
Örtlich zuständig ist sonach gemäß § 52 Nr. 2 Satz 1 Hs. 1 und Satz 2 VwGO i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 HessAGVwGO das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main.
11
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 83 Satz 2 VwGO.