Titel:
Örtliche Gerichtszuständigkeit für einen Streit um Zuschüsse zur Erkundung und Sanierung einer gemeindeeigenen Hausmülldeponie
Normenketten:
VwGO § 52 Nr. 1, Nr. 3 S. 2, Nr. 3 S. 5
BayBodSchG Art. 13a Abs. 1 S. 2, Abs. 1 S. 3, Abs. 4, Abs. 5 S. 1
UStützV § 3 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 2
Leitsatz:
Zu den ortsgebundenen Rechten nach § 52 Nr. 1 VwGO können auch subventionsrechtliche Ansprüche, also auch solche nach Art. 13a Abs. 4 BayBodSchG iVm § 4 Abs. 2 UStützV gehören, wenn sie in Bezug auf unbewegliches Vermögen geltend gemacht werden und damit zu einem bestimmten Territorium in besonderer Beziehung stehen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verweisung, Zuschüsse zur Erkundung und Sanierung gemeindeeigener Hausmülldeponien, örtliche Gerichtszuständigkeit, ortsgebundene Rechte, Subventionsansprüche, gemeindeeigene Hausmülldeponie, Zuschüsse zu Sanierungskosten, Gerichtsbezirk
Fundstelle:
BeckRS 2023, 26074
Tenor
I. Das Bayerische Verwaltungsgericht München erklärt sich für örtlich unzuständig.
II. Die Rechtsstreitigkeit wird an das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen.
Gründe
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Die Klägerin wendet sich mit ihrer am 5. September bei Gericht eingegangenen Klage gegen die Ablehnung eines Zuschusses zur bzw. Förderung einer Detailuntersuchung für die Deponie Ettringen und begehrt insoweit die Neubescheidung nach der Rechtsaufassung des Gerichts.
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Das Gericht gab mit Schreiben vom 11. September 2023 Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zehn Tagen zu einer beabsichtigten Verweisung an das Verwaltungsgericht Augsburg. Die Klagepartei wandte sich mit Schriftsatz vom 22. September 2023 gegen eine solche; die Beklagte äußerte sich nicht.
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Der Rechtsstreit ist nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das nach § 52 Nr. 3 Satz 2 und 5 VwGO örtlich zuständige Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg zu verweisen.
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Das Bayerische Verwaltungsgericht München ist für die Klage örtlich nicht zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich für das Klagebegehren jedenfalls aus § 52 Nr. 3 Satz 2 und 5 VwGO (1.). Offenbleiben kann sonach, ob die Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg bereits auch aus § 52 Nr. 1 VwGO folgt (2.).
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1. Nach § 52 Nr. 3 Satz 2 und 5 ist bei Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklagen das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat, zuständig, wenn sein Begehren auf die Anfechtung bzw. den Erlass eines Verwaltungsakts durch eine nicht dem Bund zuzuordnende Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, gerichtet ist. Nach Art. 13a Abs. 5 Satz 1 BayBodSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 UStützV ist die Beklagte für den gesamten Freistaat Bayern mit den Aufgaben der Entscheidung über Anträge auf Gewährung von Zuschüssen für Kosten der Erkundung und Sanierung stillgelegter gemeindeeigener Hausmülldeponien (vgl. zur Begrifflichkeit Art. 13a Abs. 1 Satz 2 und 3 BayBodSchG) gemäß Art. 13a Abs. 4 BayBodSchG sowie der Auszahlung und Abrechnung solcher Zuschüsse beliehen. Ihre Zuständigkeit erstreckt sich mithin auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke (vgl. Art. 1 Abs. 2 AGVwGO). Die Klägerin hat ihren Sitz im Regierungsbezirk Schwaben. Dies führt zur örtlichen Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg (Art. 1 Abs. 2 Nr. 6 AGVwGO).
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2. Offenbleiben kann sonach, ob sich die örtliche Zuständigkeit bereits (vgl. zur Prüfungsreihenfolge innerhalb der Alternativen des § 52 VwGO statt vieler: Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 52 Rn. 4) auch aus § 52 Nr. 1 VwGO ergibt. Danach ist in Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
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Zu den ortsgebundenen Rechten nach § 52 Nr. 1 VwGO können auch subventionsrechtliche Ansprüche – hier solche nach Art. 13a Abs. 4 BayBodSchG i.V.m. Art. 4 Abs. 2 UStützV – gehören, wenn sie in Bezug auf unbewegliches Vermögen geltend gemacht werden und damit zu einem bestimmten Territorium in besonderer Beziehung stehen (st.Rspr., vgl. z.B. BVerwG, B.v. 29.5.2017 – 3 AV 2/16 – juris Rn. 7 ff.; VG München, B.v. 1.3.2023 – M 31 K 23.475 – juris Rn. 7). Dies entspricht dem praktischen Bedürfnis, dass dasjenige Gericht entscheidet, das über ortsnahe Sachkunde verfügt oder sich diese gegebenenfalls durch Beweisaufnahme ohne unzumutbaren Aufwand verschaffen kann. Entgegen der von der Klägerin schriftsätzlich geäußerten Ansicht spricht nach Auffassung des Gerichts Einiges dafür, im Vollzug des streitbefangenen Zuschussprogramms ein solches Bedürfnis mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 13a Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 4 BayBodSchG i.V.m. § 4 Abs. 2 UStützV, namentlich zur Frage, ob die Deponie Ettringen vormals von der Klägerin in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben der Abfallentsorgung betrieben worden ist sowie, ob und wann deren Stilllegung erfolgte, regelmäßig und auch für den vorliegenden Rechtsstreit anzunehmen. Diese Frage muss indes mit Blick auf die jedenfalls nach § 52 Nr. 3 Satz 2 und 5 VwGO begründete Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg hier nicht abschließend entschieden werden.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 83 Satz 2 VwGO.