Titel:
zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen, Erstattungsfähigkeit von Reisekosten für das Erscheinen eines Gutachters in der mündlichen Verhandlung, der an der Erstellung der Planunterlagen beteiligt war, Rechtfertigung durch die prozessuale Situation, gerichtliche Veranlassung des Erscheinens in der mündlichen Verhandlung, Entschädigung für den Verdienstausfall eines nicht gerichtlich bestellten Gutachters
Normenketten:
VwGO § 151, § 162, § 165
ZPO § 91 Abs. 1
JVEG Anlage 1 § 8, § 9
Schlagworte:
zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen, Erstattungsfähigkeit von Reisekosten für das Erscheinen eines Gutachters in der mündlichen Verhandlung, der an der Erstellung der Planunterlagen beteiligt war, Rechtfertigung durch die prozessuale Situation, gerichtliche Veranlassung des Erscheinens in der mündlichen Verhandlung, Entschädigung für den Verdienstausfall eines nicht gerichtlich bestellten Gutachters, Kostenerstattung
Fundstellen:
BayVBl 2024, 388
LSK 2023, 25793
BeckRS 2023, 25793
Tenor
I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. Februar 2023 wird abgeändert. Die der Beigeladenen nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. August 2022 (Az. 22 A 21.40003) von den Klägern zu erstattenden Kosten werden auf 3.574,80 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
II. Von den außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger als Gesamtschuldner 4/5, die Beigeladene 1/5.
Gründe
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Die Kläger wenden sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 1. Februar 2023, mit dem der Urkundsbeamte des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Reisekosten zweier Gutachter der Beigeladenen als erstattungsfähig anerkannt hat.
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Im zugrundeliegenden Klageverfahren (Az. 22 A 21.40003) hatten die Kläger die Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses des Beklagten vom 10. Dezember 2020 erstrebt, mit dem die Verlängerung einer Straßenbahnlinie planfestgestellt worden war. An der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof am 21. Juli 2022, in der zugleich die gegen den gleichen Planfeststellungsbeschluss gerichtete Klage mit dem Az. 22 A 21.40005 verhandelt wurde, nahmen gemeinsam mit den Vertretern der Beigeladenen und deren Rechtsanwalt auch die Gutachter teil, die das Schallgutachten und die Untersuchung der elektromagnetischen Umweltverträglichkeit erstellt hatten, die Bestandteil der Planunterlagen geworden waren.
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Der Bevollmächtigte der Beigeladenen beantragte im Kostenfestsetzungsantrag für den Schallgutachter Herrn L., der für eine in Essen ansässige Firma arbeitet, neben einer Bahnfahrtpauschale, Übernachtungskosten und Tagegeld eine Entschädigung für Verdienstausfall für den 20. und 21. Juli 2021 – mit Blick auf das weitere verhandelte Verfahren – in Höhe des hälftigen Anteils von 16,5 h x 95,00 €/h (783,75 €), insgesamt eine Kostenerstattung in Höhe von 914,67 €. Für den Gutachter der elektromagnetischen Umweltverträglichkeit Herrn Dr. G., der für eine in Planegg ansässige Firma arbeitet, wurde neben einem Tagegeld eine Entschädigung für Verdienstausfall für den 21. Juli 2022 in Höhe des hälftigen Anteils von 7,0 h x 175,00 €/h (612,50 €) beantragt, insgesamt eine Kostenerstattung in Höhe von 619,50 €. Diese Beträge wurden im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 1. Februar 2023 durch den Urkundsbeamten als erstattungsfähig festgesetzt.
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Dagegen richtet sich die Erinnerung der Kläger. Die Reisekosten der beiden Gutachter seien nicht erstattungsfähig, da sie nicht notwendig angefallen seien. Der Senat habe die Gutachter nicht geladen; ihre Teilnahme am Termin sei allein auf Kosten der Beigeladenen geschehen. Hilfsweise sei der behauptete Verdienstausfall nicht glaubhaft gemacht und nicht nachgewiesen. Die festgesetzten Summen würden bestritten. Es sei nicht nachgewiesen, dass überhaupt Verdienst ausgefallen sei; die für Herrn L. angesetzten 16,5 Stunden seien nicht nachvollziehbar. Die Vorgehensweise des Gerichts führe zu einer für die Kläger nicht abschätzbaren, allein in der Hand der anderen Partei liegenden Erhöhung des Kostenrisikos für die Kläger.
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Der Urkundsbeamte des Verwaltungsgerichtshofs half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Senat zur Entscheidung vor.
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Über die Kostenerinnerung entscheidet der Senat als Spruchkörper in der Besetzung nach § 9 Abs. 3 Satz 1 VwGO, weil die Kostengrundentscheidung nach mündlicher Verhandlung ebenfalls vom Senat getroffen wurde (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 165 Rn. 7; BVerwG, B.v. 29.12.2004 – 9 KSt 6.04 – juris Rn. 3).
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Der nach § 165 i.V.m. § 151 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung (Erinnerung) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 1. Februar 2023 hat teilweise Erfolg. Der Urkundsbeamte des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat die Reisekosten der Gutachter der Beigeladenen dem Grunde nach zu Recht (1.), der Höhe nach nur teilweise zutreffend als erstattungsfähig anerkannt (2.).
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1. Die Kosten für die Teilnahme der Gutachter an der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof am 21. Juli 2022 sind dem Grunde nach erstattungsfähig.
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1.1 Nach § 162 Abs. 1 Alt. 2 VwGO sind nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten erstattungsfähig. Zwar sind die Kosten für die Beiziehung eines privaten Sachverständigen, auch durch einen Planungsträger, zur mündlichen Verhandlung mit Blick auf den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich nur unter engen Voraussetzungen erstattungsfähig (BayVGH, B.v. 3.5.2021 – 22 M 21.40010 – juris Rn. 6; B.v. 29.3.2011 – 22 M 11.300 – juris Rn. 10; B.v. 28.1.2010 – 8 M 09.40063 – juris Rn. 8 f.; B.v. 8.3.2010 – 8 M 09.40065 – juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 13.4.2015 – 8 E 109/15 – juris Rn. 6 ff.; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 162 Rn. 7 f., 13 m.w.N.). Eine Kostenerstattung scheidet insbesondere dann aus, wenn es um die Klärung von Fragen geht, deren Behandlung bereits im Genehmigungsverfahren geboten gewesen wäre, und insoweit die Kosten dem Planungsträger als Planungskosten obliegen (BayVGH, B.v. 3.5.2021 – 22 M 21.40010 – juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 13.4.2015 – 8 E 109/15 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 28.1.2010 – 8 M 09.40063 – juris Rn. 7 f.; NdsOVG, B.v. 17.1.2012 – 13 OA 207.11 – juris Rn. 8). Demgegenüber kommt die Erstattungsfähigkeit in Bezug auf Kosten in Betracht, die sich aus der prozessualen Lage des Vorhabenträgers rechtfertigen, einen nachvollziehbaren Bezug zum Vorbringen eines Prozessbeteiligten besitzen und dazu bestimmt sind, vorgetragene Tatsachen zu widerlegen oder zu erschüttern (BayVGH, B.v. 3.5.2021 – 22 M 21.40010 – juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 13.4.2015 – 8 E 109/15 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 7.4.2011 – 22 C 10.1854 – juris Rn. 11 f.). Als weiteres Kriterium zieht die Rechtsprechung heran, ob das Erscheinen von von der Behörde bereits im Verwaltungsverfahren beauftragten Gutachtern in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende Aufforderung des Gerichts veranlasst wurde (vgl. BVerwG, B.v. 8.10.2008 – 4 KSt 2000/08 u.a. – juris Rn. 4, wonach die Grundsätze zur nur ausnahmsweisen Erstattungsfähigkeit von Privatgutachten nur bei nicht gerichtlich veranlasstem Erscheinen von Sachverständigen anwendbar sind; BayVGH, B.v. 3.5.2021 – 22 M 21.40010 – juris Rn. 6; B.v. 11.1.2012 – 15 C 10.2937 – juris Rn. 16 ff.; s. auch BayVGH, B.v. 28.1.2010 – 8 M 09.40063 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 29.3.2011 – 22 M 11.300 – juris Rn. 17; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 162 Rn. 9).
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1.2 Vorliegend hatte das Gericht die Beigeladene als Vorhabenträgerin in der Ladung zum Termin gebeten, die Ersteller des schalltechnischen Gutachtens, der Untersuchung der elektromagnetischen Umweltverträglichkeit sowie der erschütterungstechnischen Untersuchungen, die die Beigeladene den Planunterlagen bei der Beantragung des Planfeststellungsbeschlusses beigelegt hatte, zur mündlichen Verhandlung mitzubringen. Die gerichtliche Bitte, der die Beigeladene nachkam, hatte den Hintergrund, dass die Kläger schriftsätzlich eine Vielzahl von Einwänden gegen diese Gutachten vorgebracht hatten, zu deren Bewertung aus der Sicht des Gerichts – nach der prozessualen Situation vor der mündlichen Verhandlung – eine Erläuterung der Gutachten in der mündlichen Verhandlung erforderlich sein konnte, zumal nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Kläger in der mündlichen Verhandlung ihre Einwände gegen den Planfeststellungsbeschluss in einer Weise vertiefen und konkretisieren würden, die eine Nachfrage bei den Gutachtern erfordern würde. Sinn und Zweck der Beteiligung der Gutachter an der mündlichen Verhandlung war damit auch ein zügiger Abschluss des Verfahrens, insbesondere die Vermeidung einer weiteren mündlichen Verhandlung, ohne dass es hierbei darauf ankäme, inwieweit die Anwesenheit der Gutachter in der mündlichen Verhandlung – ex post betrachtet – tatsächlich zur Klärung des Sachverhalts erforderlich war. Die Anwesenheit der Gutachter in der mündlichen Verhandlung diente insbesondere nicht dazu, etwaige Unklarheiten oder Unvollständigkeiten der Gutachten, die bereits im Verwaltungsverfahren hätten aufgedeckt werden können, durch eine mündliche Erläuterung auszugleichen. Vor diesem Hintergrund war die Teilnahme der Gutachter an der mündlichen Verhandlung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Beigeladenen notwendig (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 3.5.2021 – 22 M 21.40010 – juris Rn. 7).
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2. Die Kosten für die Teilnahme der Gutachter an der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof am 21. Juli 2022 sind nicht in der beantragten Höhe erstattungsfähig, sondern die Festsetzung der der Beigeladenen zu erstattenden Kosten ist um 280 € zu reduzieren. Die Erinnerung wendet sich insoweit nur gegen die Höhe der Entschädigung für Verdienstausfall der beiden Gutachter.
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2.1 In § 162 Abs. 1 VwGO fehlt eine nähere Festlegung, welche Aufwendungen im Einzelfall erstattungsfähig sind. In § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist bestimmt, dass die Kostenerstattung auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis umfasst und dass diese entsprechend den für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften zu bemessen ist; diese Regelung ist im Verwaltungsprozess gemäß § 173 Satz 1 VwGO entsprechend anzuwenden (vgl. BVerwG, B.v. 29.12.2004 – 9 KSt 6/04 – juris Rn. 6 m.w.N.). Mit der Regelung wird das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) in Bezug genommen. Dieses bestimmt in § 22 Satz 1, dass Zeugen, denen ein Verdienstausfall entsteht, eine Entschädigung erhalten, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet und für jede Stunde höchstens 25 Euro beträgt.
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Aus Sicht des Senats unterscheidet sich die vorliegende Konstellation allerdings von derjenigen, die vom Bundesverwaltungsgericht entschieden wurde und in der es um die Erstattung von Kosten für die Teilnahme eines Behördenvertreters an einer mündlichen Verhandlung ging. § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. § 22 Satz 1 JVEG betrifft unmittelbar die Entschädigung des Gegners selbst, worunter grundsätzlich auch eine Beigeladene wie hier fallen könnte. Vorliegend geht es jedoch um die Erstattung von Kosten für die Teilnahme von Gutachtern, die im Rahmen der Erstellung der Planunterlagen von der Beigeladenen beauftragt worden waren, an der mündlichen Verhandlung, wobei das Gericht die Beigeladene um die Teilnahme gebeten hatte, weil es diese für sachdienlich hielt. Insoweit erscheint es aus Sicht des Senats angemessen, die Kostenerstattung an den Regelungen zu orientieren, die für vom Gericht herangezogene Sachverständige gelten würden (vgl. hierzu OLG Nürnberg, B.v. 27.5.2011 – 14 W 955.11 – juris Rn. 3). Dafür spricht auch, dass angesichts der der Planfeststellung zugrunde gelegten Gutachten, deren Überzeugungskraft von den Klägern im gerichtlichen Verfahren nicht in Zweifel gezogen wurde, auf die gerichtliche Bestellung von Sachverständigen verzichtet werden konnte. In Bezug auf gerichtlich bestellte Sachverständige kämen die Regeln über die Entschädigung von Sachverständigen nach § 8 Abs. 1 und 2, § 9 i.V.m. Anlage 1 zum JVEG zur Anwendung. Auch in diesem Fall ist die Kostenerstattung der Höhe nach begrenzt, was zum Schutz der Gegenpartei unerlässlich ist (OLG Nürnberg, B.v. 27.5.2011 – 14 W 955.11 – juris Rn. 3), wenn auch die Entschädigung über diejenige von Zeugen deutlich hinausgeht. Mit der entsprechenden Anwendung der Regeln über die Vergütung von Sachverständigen wird aber der Tatsache Rechnung getragen, dass die Gutachter in ihrer Funktion als solche um die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung gebeten wurden, um bei eventuell – ggf. ausgelöst durch klägerischen Vortrag – auftretenden Unklarheiten Fragen beantworten zu können und somit eine Erledigung des Verfahrens in einem Termin zu ermöglichen (s. hierzu schon oben 1.2). Insoweit kann es hinsichtlich der Höhe der Kostenerstattung auch keine Rolle spielen, ob eventuelle Aussagen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung von wesentlichem Einfluss auf den Prozessverlauf waren; maßgeblich ist insoweit eine Betrachtung ex ante (OLG Nürnberg, B.v. 27.5.2011 – 14 W 955.11 – juris Rn. 2 m.w.N.; Jaspersen in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, Stand 1.7.2023, § 91 Rn. 123).
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2.2 Die vorstehenden Überlegungen führen vorliegend zu folgender Vergütung der Gutachter:
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Für den Schallgutachter L. wurde eine Entschädigung für Verdienstausfall in Höhe von 16,5 h x 95 €/h, davon der hälftige Anteil, beantragt und im Kostenfestsetzungsbeschluss wie beantragt festgesetzt. Insoweit steht dem Gutachter ein Honorar für seine Leistungen entsprechend § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 9 JVEG zu. Der Stundensatz bemisst sich entsprechend der Anlage 1 zum JVEG und beträgt hier entsprechend der Nr. 2 der Anlage 1 Teil 1 zum JVEG, die sich auf Begutachtungen zu Akustik und Lärmschutz bezieht, 95 €. Entgegen dem klägerischen Vortrag ist die Anzahl der erstattungsfähigen Stunden nicht zu reduzieren. Hier kommt § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG entsprechend zur Anwendung, wonach ein nach Stundensätzen zu bemessendes Honorar für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt wird. Dem Kostenfestsetzungsbeschluss liegt insoweit eine Rechnung der F. GmbH, für die der Gutachter tätig war, zugrunde, wonach für die Vorbereitung auf den Gerichtstermin und die Anreise des Gutachters nach München 6,5 Stunden anfielen, für die Teilnahme am Gerichtstermin 3,5 Stunden und für die Rückfahrt wiederum 6,5 Stunden, insgesamt 16,5 Stunden. Bei einer Anreise aus Essen erscheinen diese Zeiten ohne weiteres plausibel. Der auf diese Weise ermittelte Betrag war entsprechend dem Antrag der Beigeladenen auf die Hälfte zu reduzieren, wie im Kostenfestsetzungsbeschluss erfolgt.
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Für den Gutachter G. wurde eine Entschädigung für Verdienstausfall in Höhe von 7 h x 175 €/h, davon der hälftige Anteil, beantragt und im Kostenfestsetzungsbeschluss wie beantragt festgesetzt. Auch insoweit kommt § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 9 JVEG entsprechend zur Anwendung. Der Stundensatz bemisst sich hier entsprechend Nr. 12 der Anlage 1 Teil 1 zum JVEG, die sich auf Begutachtungen zu Emissionen und Immissionen bezieht. Unter Emissionen und Immissionen sind auch elektromagnetische Auswirkungen von Straßenbahntrassen zu fassen, nachdem eine spezifische Kategorie dafür in der Anlage 1 Teil 1 zum JVEG nicht enthalten ist. Demzufolge beträgt der erstattungsfähige Stundensatz auch für diesen Gutachter 95 €, nicht jedoch 175 € wie festgesetzt. Konkrete Einwendungen gegen die Anzahl der angenommenen Stunden wurden von den Klägern nicht erhoben; die beantragte und festgesetzte Anzahl von 7 Stunden für Fahrzeit, Vorbereitung und Teilnahme an der Verhandlung erscheint im Übrigen plausibel und ist entsprechend § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG erstattungsfähig. Folglich ist die Kostenfestsetzung insoweit um den Betrag zu reduzieren, der sich aus der Differenz der Stundensätze von 175 € und 95 €, multipliziert mit 7 Stunden und entsprechend dem Antrag der Beigeladenen reduziert auf die Hälfte, ergibt (280 €).
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3. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (vgl. § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG; BVerwG, B.v. 27.3.2023 – 3 KSt 1.22 – juris Rn. 26). Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Da es sich nicht um eine Erinnerung gegen den Kostenansatz handelt, kommt § 66 Abs. 8 Satz 2 GKG nicht zur Anwendung. Bei der Bemessung der Quoten nach § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO wurde berücksichtigt, dass die Erinnerung der Kläger sich gegen die Festsetzung der gesamten Reisekosten für die beiden Gutachter aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss richtete, die neben der Entschädigung für Verdienstausfall auch eine Bahnfahrtpauschale, Übernachtungskosten und Tagegeld umfassten (Gesamtbetrag der als erstattungsfähig angesehenen Reisekosten: 1.534,17 €). Vorliegend erscheint es angemessen, den Klägern im Umfang ihrer Kostentragungspflicht auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, die hier die Gegnerin des Erinnerungsverfahrens ist und in diesem Verfahren mit Schriftsatz vom 19. April 2023 an ihrem Kostenfestsetzungsantrag festgehalten hat. Im Umfang von 1/5 trägt die Beigeladene die außergerichtlichen Kosten, einschließlich der Kosten der Kläger. Zwar können nach § 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO einer Beigeladenen Kosten nur auferlegt werden, wenn sie Anträge gestellt hat. Im vorliegenden Kostenerinnerungsverfahren ist die Beigeladene aber nicht Dritte, sondern die (einzige) Gegnerin (vgl. VG Würzburg, B.v. 8.1.2007 – W 4 S 06.747 – juris Rn. 19).
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Eine Streitwertfestsetzung war mit Blick auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens entbehrlich.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).