Titel:
Beseitigungsverfügung für bauliche Anlagen im Außenbereich
Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7
BayBO Art. 76 S. 1
Leitsätze:
1. Die Entstehung einer Splittersiedlung ist nicht nur durch Wohnbauten zu befürchten, sondern auch durch bauliche Anlagen, die nur dem gelegentlichen Aufenthalt von Menschen dienen bzw. mit dem Aufenthalt von Menschen verbunden sind (vgl. VGH München BeckRS 2017, 110439 Rn. 15). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Frage des Errichtungszeitpunkt und damit einhergehend die Frage der ursprünglichen Nutzung der Anlagen lässt sich allerdings auch unter Ausschöpfung aller Erkenntnismittel im Amtsermittlungswege nicht nachweisen, wofür die Kläger die materielle Beweislast tragen, weil sie sich auf diesen Umstand berufen. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entstehen einer Splittersiedlung, Materielle Beweislast, wenn der Zeitpunkt der Ersterrichtung einer baulichen Anlage nicht festgestellt werden kann, Außenbereich, Splittersiedlung, bauliche Anlage, Bestandsschutz, Errichtungszeitpunkt, Beweislast, Nutzungsänderung, Zwangsgeldandrohung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 25770
Tenor
1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit es von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt wurde.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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Die Kläger begehren die Aufhebung einer Baubeseitigungsanordnung mit Zwangsgeldandrohung.
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Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. 1258, Gemarkung …, Gemeinde … Das Grundstück befindet sich nordöstlich des Ortsteils … der Gemeinde … an der Straße nach … Nördlich und westlich führt eine schmale und unbenannte Straße um das Grundstück herum. Östlich befindet sich ein großes Feld. Die Grundstücke südlich und westlich (durch die Straße getrennt) sind bewaldet. Nördlich, getrennt durch die Straße, befinden sich weitere Grundstücke mit Feldern. In der näheren Umgebung ist nur das Grundstück mit der FlNr. 1276, welches ca. 100 m westlich liegt und durch mehrere unbebaute Grundstücke von klägerischen Grundstück getrennt wird, bebaut. Die bebauten Grundstücke der Ortschaft … sind ca. 280 m in südwestlicher Richtung vom klägerischen Grundstück entfernt, dazwischen liegen ebenfalls mehrere unbebaute Grundstücke.
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Von 1957 bis 1974 befand sich das Grundstück im Eigentum eines Gemüsehändlers. Mit Bescheid vom 20. Juli 1960 lehnte das Landratsamt … einen Antrag auf nachträgliche bauaufsichtliche Genehmigung eines bereits errichteten Wochenendhauses auf dem Grundstück ab und ordnete die Beseitigung des Wochenendhauses an. Am 4. Mai 1970 stellte die Landespolizei fest, dass ein Freisitz auf dem Grundstück errichtet wurde. Im Anschluss ordnete das damals zuständige Landratsamt … durch Bescheid vom 16. September 1970 die Beseitigung des Freisitzes an.
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Mit notariellem Kaufvertrag vom 10. Dezember 2018 kauften die Kläger das Grundstück. Mit Schreiben an den Notar vom 4. Januar 2019 teilte die Gemeinde … mit, dass sie ihr gesetzliches Vorkaufsrecht nicht ausüben werde und dass die sich auf dem Grundstück befindlichen Gebäude nicht genehmigt seien und auch nicht genehmigt werden können, da sie sich im Außenbereich befänden. Die Kläger wurden am 8. März 2019 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
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Bei einer Baukontrolle am 25. Juli 2019 stellte das Landratsamt … fest, dass auf dem Grundstück folgende bauliche Anlagen vorhanden waren:
1. Ein Geräteschuppen mit Trapezblecheindeckung, ca. 6,40 m x 3,25 m x 2,10 m.
2. Ein Pool, Durchmesser 4,00 m; südwestlich daran angrenzend: Ein kleinerer Unterstand/Sichtschutz, Höhe ca. 1,70 m.
3. Eine Pflasterfläche, ca. 6,20 m x 7,50 m.
4. Eine Holzhütte mit Stromaggregat und einem Satteldach mit Trapezblecheindeckung, ca. 4,50 m x 3,30 m x 2,20 m.
5. Ein Pavillon mit Pyramidendach, ca. 3,0 m x 3,00 m, anschließend daran Pflasterfläche ca. 1,50 m x 3,00 m.
6. Ein gemauertes Gebäude mit Feuerstelle (Wochenendhaus) und mit Satteldach, ca. 6,50 m x 6,00 m mit einem Anbau (Werkstatt) mit Pultdach, ca. 4,00 m x 2,50 m.
7. Mehrere Hütten für die Holzlagerung.
8. Eine Einfriedung aus Maschendraht und ein Metalltor.
6
Zum Zeitpunkt der Baukontrolle wurden außerdem Pflasterarbeiten von einem Landschaftsgärtner durchgeführt. Auf dem Grundstück befanden sich außerdem ein Wohnwagen und Spielgeräte.
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Mit Bescheid vom 26. Juli 2019 verpflichtete der Beklagte die Kläger zunächst zur Einstellung der Bauarbeiten auf dem Grundstück. Mit Schreiben vom 30. Juli 2019 wurde den Klägern die Beseitigung der baulichen Anlage angedroht und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die damalige Bevollmächtigte der Kläger führte gegenüber dem Beklagten aus, dass die heute bestehenden Gebäude allesamt vom einem der Voreigentümer in den 1950er und 1960er Jahren errichtet worden seien und legte zum Beweis dieser Tatsache Luftaufnahmen des Grundstücks aus den Jahren 1953 und 1963 vor.
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Die Gemeinde … setzte mit Gemeinderatsbeschluss vom 8. September 2020 die Neuaufstellung eines Flächennutzungsplans fest. Der Flächennutzungsplan wurde mit Schreiben vom 21. April 2021 vom Landratsamt … genehmigt, jedoch mit der Einschränkung, dass der Teil des Planes, der das klagegegenständliche Grundstück umfasst, von der Genehmigung ausgeschlossen ist.
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Am 25. Februar 2021 führte das Landratsamt … eine weitere Baukontrolle durch. Dabei wurde festgestellt, dass die beiden Bauwerke im Süden des Grundstücks (gemeint sind wohl die bei der Baukontrolle am 25. Juli 2019 als Wochenendhaus mit Anbau bezeichneten Gebäude) einen älteren Eindruck erweckten. An den Gebäuden befände sich auch ein freistehender Kamin, der mit der Jahreszahl 1997 versehen worden sei. Am 28. April 2021 führte das Landratsamt mit den Klägern einen gemeinsamen Ortstermin durch.
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Am 28. Juni 2021, dem damaligen Bevollmächtigten der Kläger am 1. Juli 2021 zugestellt, erließ der Beklagte den klagegegenständlichen Bescheid, der die Kläger dazu verpflichtet, alle baulichen Anlagen, einschließlich der Einfriedung, auf dem streitgegenständlichen Grundstück vollständig zu beseitigen (Ziffer 1), im Fall des Nicht-Nachkommens der unter Ziffer 1 genannten Verpflichtung binnen 6 Monaten nach Bestandskraft des Bescheids ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 EUR androht (Ziffer 2) und in Ziffer 3 festlegt, dass die Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen haben. Dabei wurde für den Bescheid eine Gebühr in Höhe von 100,00 EUR festgesetzt, die Auslagen betrugen 4,11 EUR.
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In der Begründung des Bescheids wurden jene Anlagen aufgezählt und als bauliche Anlagen bezeichnet, die das Landratsamt bei seiner Baukontrolle vom 25. Juli 2019 festgestellt hatte. Es wurde aufgeführt, dass die Anlagen ohne Baugenehmigung und damit im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Normen errichtet worden seien. Die Herstellung rechtmäßiger Zustände sei nicht möglich. Die im Außenbereich liegenden Vorhaben würden öffentliche Belange verletzen, § 35 Abs. 2 BauGB. Die Nutzung des Grundstücks widerspreche den Festsetzungen des Flächennutzungsplans, der das Grundstück als landwirtschaftliche Nutzfläche darstelle. Außerdem seien Belange des Naturschutzes beeinträchtigt und die Freizeitanlagen würden einen Eingriff in die Natur i.S.d. § 14 Abs. 1 BNatSchG darstellen. Durch das Vorhaben werde die Gestalt und Nutzung von Grundflächen verändert, der biologisch aktive Boden versiegelt, die Landschaft zersiedelt und die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts und des Landschaftsbilds beeinträchtigt. Außerdem berühre das Vorhaben städtebauliche Belange. Bei dem Grundstück handele es sich um keine Baufläche, die Bebauung sei dort deswegen deplatziert. Das Vorhaben stelle auch eine Splitterbebauung dar, der Weiterbestand des Vorhabens lasse eine Verfestigung des Zustands befürchten. Die Anordnung der Beseitigung sei notwendig, geeignet und erforderlich, um den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Zwangsgeldandrohung beruhe auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG.
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Hiergegen erhoben die Kläger durch ihren Bevollmächtigten am 30. Juli 2021 umfassend Anfechtungsklage.
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Im Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2023 erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend zum einen für erledigt, soweit er sich auf die in Ziffer 2 und Ziffer 5 der Begründung des Bescheids des Landratsamts … vom 28. Juni 2021 genannten baulichen Anlagen bezieht, nachdem die Kläger angegeben hatten, die entsprechenden baulichen Anlagen bereits beseitigt zu haben. Zum anderen wurde das Verfahren hinsichtlich Ziffer 8 teilweise für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte den Bescheid insoweit aufhob, als die Einfriedung an der östlichen Seite betroffen war, wo eine Verflechtung mit der Hecke besteht.
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Die Kläger beantragten zuletzt sinngemäß:
Der Bescheid des Landratsamts … vom 28. Juni 2021 wird aufgehoben, soweit er sich nicht auf die in Ziffer 2 und Ziffer 5 seiner Begründung genannten baulichen Anlagen bezieht und soweit das Landratsamt … den Bescheid nicht zurückgenommen hat.
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Die Kläger meinen, das Grundstück sei bereits seit langer Zeit, jedenfalls seit dem Jahr 1953, bebaut gewesen. Die Gebäude, die auf dem Luftbild aus dem Jahr 1963 erkennbar seien, würden mit den heutigen Gebäuden übereinstimmen. Die Jahreszahl „1997“ im freistehenden Kamin in einem der Gebäude sei durch die Vorbesitzer der Kläger nachträglich im Rahmen von Reparaturarbeiten angebracht worden. Nach Aussage der unmittelbaren Vorbesitzerin des Grundstücks seien 1994 bereits die Hütte, die Nebengebäude, der Keller, Wege, Waschbetonplatten, die Einfriedung und Stellplätze vorhanden gewesen. Die Kläger sind außerdem der Meinung, dass Landratsämter in Bayern bereits seit 2003 Zugriff auf digitalisierte Luftaufnahmen gehabt hätten und daher Kenntnis von der Bebauung des Grundstücks gehabt haben mussten, ohne jedoch dagegen vorzugehen. Die Abrissverfügung sei materiell rechtswidrig, da die Tatbestandsvoraussetzungen der Befugnisnorm nicht vorliegen würden. Zum Zeitpunkt der Errichtung seien die Anlagen genehmigungsfrei errichtet worden, dies ergebe sich aus § 6 der Bayerischen Bauordnung vom 17. Februar 1901 in der Fassung der Verordnung vom 29. September 1937. Ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften sei nicht gegeben. Der Beklagte habe außerdem ermessensfehlerhaft gehandelt. 1970 habe der Beklagte lediglich die Beseitigung des Freisitzes auf dem Grundstück angeordnet jedoch keine Beseitigung der übrigen Gebäude. Bei baulichen Anlagen, die vor sehr langer Zeit ohne Genehmigung errichtet worden sind, solle im Regelfall von einer Beseitigungsanordnung abgesehen werden. Bei einer Duldung von 50 Jahren sei von einem Vertrauenstatbestand auszugehen. Die bereits seit den 1950ern und 1960ern bestehenden baulichen Anlagen würden zu einer Vertrauensgrundlage führen. Durch die fehlende Beseitigungsanordnung des Landratsamt … im Jahr 1970 hinsichtlich der damals bestehenden Gebäude sei weiterer Vertrauenstatbestand geschaffen worden.
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Der Beklagte beantragt,
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Der Beklagte meint, die Anlagen seien formell und materiell illegal errichtet worden. Dabei sei unerheblich, wann die Anlagen tatsächlich errichtet worden seien. Selbst wenn die Anlagen vor oder um 1957 gebaut worden wären, hätten diese nach § 6 Abs. 1 der Bayerischen Bauordnung von 1901 genehmigt werden müssen. Würde man hingegen einen Errichtungszeitpunkt um 1963 annehmen, ergebe sich die Genehmigungspflicht aus Art. 82 BayBO 1962. Das Vorhaben sei im Außenbereich außerdem nicht zulässig gewesen, da das Vorhaben als sonstiges Vorhaben öffentlich-rechtliche Belange beeinträchtige, da die Befürchtung der Entstehung einer Splittersiedlung bestehe, § 35 Abs. 2 und 3 Bundesbaugesetz 1960. Die Gebäude seien nicht als land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb einzustufen, da der damalige Eigentümer des Grundstücks Gemüsehändler gewesen sei. Jedenfalls stelle die heutige Nutzung der Gebäude zu Freizeitzwecken eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar, welche mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen § 35 Abs. 2 und 3 BauGB nicht genehmigt werden können. Es schützenswertes Vertrauen der Kläger in den Bestand der baulichen Anlagen durch ein positives Tun des Beklagten sei nicht ersichtlich. Es sei bereits in der Vergangenheit gegen Schwarzbauten auf dem Grundstück vorgegangen worden. Außerdem zeige bereits die Angabe der Kläger aus der Klagebegründung, wonach die Vorbesitzer des Grundstücks bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags „auf Nachfrage“ ihnen gegenüber angegeben hätten, niemals von einer Behörde zur Abgabe einer Baugenehmigung aufgefordert worden zu sein, dass die Kläger bereits zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses Zweifel an der grundsätzlichen Zulässigkeit von Anlagen im Außenbereich gehabt haben.
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Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Behördenakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2023 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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I. Soweit die ursprünglich den Bescheid vom 28. Juni 2021 vollständig umfassende Klage in der mündlichen Verhandlung für erledigt erklärt wurde, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Die Erledigung bezieht sich zum einen auf Ziffer 2 (Pool und angrenzender Unterstand) und die Ziffer 5 (Pavillon mit Pyramidendach und anschließender Pflasterfläche) der in der Bescheidsbegründung genannten baulichen Anlagen, die von den Klägern nach eigenen Angaben bereits beseitigt wurden und zum anderen auf die Einfriedung des Grundstücks (Ziffer 8 der Bescheidsbegründung), soweit die Einfriedung an der östlichen Seite betroffen war, wo eine Verflechtung mit der Hecke besteht.
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II. Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet.
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Die Klage bezieht sich nach der teilweisen beidseitigen Erledigungserklärung der Parteien nur noch auf die in Ziffern 1, 3 bis 4 und 6, 7 und 8 der in der Begründung des Bescheids genannten baulichen Anlagen, hinsichtlich Ziffer 8 nur soweit nicht die Einfriedung an der östlichen Seite betroffen ist, wo eine Verflechtung mit der Hecke besteht. Der Bescheid des Landratsamts … vom 28. Juni 2021 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Der Beklagte hat die Beseitigungsanordnung zu Recht auf die Ermächtigungsgrundlage des Art. 76 Satz 1 BayBO gestützt.
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Nach Art. 76 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die vollständige oder teilweise Beseitigung von Anlagen anordnen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert worden sind, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Erforderlich ist demnach zum einen, dass im Fall einer genehmigungsbedürftigen Anlage, diese formell baurechtswidrig, d.h. ohne von der erforderlichen Baugenehmigung gedeckt zu sein, errichtet oder geändert wurde, und darüber hinaus materiell baurechtswidrig ist, d.h. sie auch nicht (nachträglich) genehmigt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2003 – 20 ZB 99.3616 – juris Rn. 3). Bei verfahrensfreien (Art. 57 BayBO) oder genehmigungsfreigestellten Vorhaben (Art. 58 BayBO), die keiner Baugenehmigung bedürfen, genügt die materielle Illegalität (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 150. EL Februar 2023, Art. 76 Rn. 89 f.), denn auch verfahrensfreie Vorhaben müssen das materielle Recht einhalten (vgl. BayVGH B.v. 20.01.2003 – 20 ZB 99.3616 – juris Rn. 3). Nach Art. 55 Abs. 2 BayBO entbindet eine etwaige Genehmigungsfreiheit nach Art. 57 BayBO nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt werden.
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Der Begriff der Anlage, auf den Art. 76 Satz 1 BayBO abstellt, ist in Art. 2 Abs. 1 Satz 4 BayBO legaldefiniert. Gegenstand der Beseitigungsanordnung können damit bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen i.S.d. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 BayBO sein. Bei den noch klagegegenständlichen Anlagen, dem Geräteschuppen, der Pflasterfläche, der Holzhütte, dem gemauerten Gebäude, den Hütten zur Holzlagerung und der Einfriedung samt Metalltor (soweit keine Verflechtung mit der Hecke im östlichen Teil des Grundstücks besteht) handelt es sich jeweils um bauliche Anlagen i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO, nämlich um mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen.
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Auf die Frage der Genehmigungsfreiheit der hier streitgegenständlichen baulichen Anlagen gemäß Art. 57 BayBO kommt es vorliegend aufgrund von Art. 55 Abs. 2 BayBO nicht entscheidungserheblich an. Nachdem die Anlagen gegen materielles Recht verstoßen, den Anlagen kein Bestandsschutz zukommt und der Bescheid ermessensfehlfrei ist, ist der angegriffene Bescheid rechtmäßig.
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aa) Die Vorhaben sind materiell rechtwidrig. Materiell rechtswidrig ist eine bauliche Anlage, wenn sie mit dem materiellen Recht nicht übereinstimmt und auch nicht nachträglich in Einklang gebracht werden kann (VG Würzburg, U.v. 22.6.2022 – W 4 K 22.1026 – juris m.w.N.). Die Vereinbarkeit der Anlage mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften beurteilt sich grundsätzlich nach der Rechtslage, die im Zeitpunkt der Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde über die Beseitigungsanordnung gilt (BayVGH, U.v. 17.10.2006 – 1 B 05.1429 – juris Rn. 22).
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Unstreitig und unzweifelhaft befinden sich die genannten Anlagen im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gemäß § 35 BauGB. Sie sind auch angesichts ihrer Außenbereichslage und ihrer nicht völlig unerheblichen Größe städtebaulich relevante Vorhaben i.S.v. § 29 BauGB.
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Die Kläger können sich nicht auf eine Privilegierung der streitgegenständlichen Anlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB berufen, denn die Anlagen dienen nicht einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb. Dass die Kläger selbst einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb führen, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Die Kläger benutzen das Grundstück vielmehr im Sommer als Gartenanlage und damit für ihre Freizeitgestaltung.
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Daher stellen die streitgegenständlichen Anlagen ein sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB dar. Diese sonstige Vorhaben beeinträchtigen öffentliche Belange i.S.v. § 35 Abs. 3 BauGB, was zu dessen Unzulässigkeit und im Hinblick auf Art. 76 Satz 1 BayBO zu einem Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Normen führt.
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Mit den streitgegenständlichen Anlagen ist die Entstehung einer Splittersiedlung zu befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Eine Zersiedelung ist dabei nicht nur durch Wohnbauten möglich, sondern auch durch bauliche Anlagen, die nur dem gelegentlichen Aufenthalt von Menschen dienen bzw. mit dem Aufenthalt von Menschen verbunden sind (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 C 10/11 – juris Rn. 19, U.v. 16.9.2010 – 4 C 7/10 – juris; BayVGH, B.v. 24.4.2017 – 15 ZB 16.1598/99 – juris Rn. 12; Söfker in EZBK, BauGB, 149. EL Februar 2023, § 35 Rn. 104). „Zu befürchten“ i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB ist die Entstehung, Erweiterung oder Verfestigung einer Splittersiedlung nur, wenn das Vorhaben zu einer „unerwünschten“ Splittersiedlung führt. Unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedelung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Dies ist etwa anzunehmen, wenn unter Auffüllen von Freiflächen zwischen Splittersiedlungen erst ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil entsteht oder ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil durch Bebauung eines Zwischenraums zu einer vorhandenen Splittersiedlung erweitert würde (vgl. Söfker in EZBK, BauGB, 149. EL Februar 2023, § 35 Rn. 107). Die Unerwünschtheit ergibt sich regelmäßig aus der negativen Vorbildwirkung der Bebauung für eine weitere Bebauung in den Außenbereich hinein (vgl. BVerwG, B.v. 8.4.2014 – 4 B 5/14 – juris Rn. 6). In solchen Fällen reicht es für den Tatbestand des Befürchtens aus, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. Bezugsfall geschaffen würde (vgl. BVerwG, B.v. 8.4.2014 a.a.O. – juris Rn. 8). So liegt der Fall hier. Die baulichen Anlagen dienen dem Zweck, den Klägern das Grundstück als jedenfalls vorrübergehenden Aufenthaltsort in der Freizeit zugänglich zu machen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dies eine negative Vorbildwirkung dahingehend entfalten wird, dass sich weitere Bauherren dazu ermutigt fühlen, im Außenbereich Anlagen zur ähnlichen Nutzung zu errichten. Insoweit ist die Entstehung einer Splittersiedlung tatsächlich zu befürchten (vgl. auch: VG Ansbach, U.v. 20.5.2021 – AN 17 K 18.02451 – juris; U.v. 8.8.2018 – AN 17 K 17.00104 – juris).
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Es kommt nicht mehr darauf an, ob das Vorhaben weitere öffentliche Belange verletzt. Der im Bescheid genannte Verstoß gegen die Festsetzungen des Flächennutzungsplans dürfte nicht gegeben sein, nachdem der aktuelle Flächennutzungsplan nur genehmigt wurde, soweit das klägerische Grundstück nicht umfasst ist und für das streitgegenständliche Grundstück nicht relevant ist.
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bb) Der Einwand der Kläger, die baulichen Anlagen würden schon seit sehr langer Zeit bestehen und seien ursprünglich rechtmäßig errichtet worden, greift nicht durch. In Betracht kommt insoweit lediglich ein Verbleib der baulichen Anlagen nach dem Gedanken des Bestandsschutzes. Bestandsschutz kommt baulichen Anlagen zu, wenn sie in ihrem Bestand und ihrer Funktion in der Vergangenheit so genehmigt worden sind oder bei genehmigungsfreien Anlagen, wenn sie bei Errichtung oder irgendwann in Laufe ihres Bestehens Rechtmäßigkeit erlangt haben, insbesondere wenn eine Genehmigungspflicht bei ihrer Errichtung nicht bestanden hat oder später, z.B. durch bauliche Veränderungen, entfallen ist, und der erlangte Bestandsschutz im Laufe der Zeit auch nicht wieder eingebüßt worden ist (Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 76 Rn. 116 ff.).
33
Eine baurechtliche Genehmigung für die baulichen Anlagen konnte nicht nachgewiesen werden. Eine solche ist bei der Bauaufsichtsbehörde nicht aktenkundig. Eine Baugenehmigung wurde von den Klägern, die im Fall der Nichtaufklärung dieser Frage trotz Ausschöpfung aller Erkenntnismittel im Amtsermittlungswege hierfür die materielle Beweislast tragen (VG Ansbach, U.v. 2.7.2020 – AN 17 K 19.01745 – juris Rn. 39), auch nicht nachgewiesen.
34
Die Kläger berufen sich darauf, dass die Anlagen ursprünglich einem landwirtschaftlichen Betrieb gedient hätten und genehmigungsfrei errichtet worden seien. Dabei stellen sie im Wesentlichen darauf ab, dass das Grundstück zwischen den Jahren 1957 und 1974 einem Gemüsehändler gehört habe und die Anlagen in dieser Zeit errichtet worden seien bzw. bereits, jedenfalls teilweise, bestanden hätten. Die Frage des Errichtungszeitpunkt und damit einhergehend die Frage der ursprünglichen Nutzung der Anlagen lässt sich allerdings auch unter Ausschöpfung aller Erkenntnismittel im Amtsermittlungswege nicht nachweisen, wofür die Kläger die materielle Beweislast tragen, weil sie sich auf diesen Umstand berufen (vgl. BVerwG, B.v. 23.12.1994 – 4 B 262/94 – juris). Weder aus den Behördenakten noch aus anderen Quellen lassen sich sichere Erkenntnisse zum Errichtungszeitpunkt der Anlagen entnehmen. Auf dem Gericht vorgelegten Luftbild aus 1953 lassen sich auf dem Grundstück keine Gebäude erkennen. Lediglich im Südwesten des Grundstücks sind zwischen den Bäumen zwei hellere rechteckige Flecken zu erkennen. Ob es sich dabei allerdings um die Dächer der in Nr. 6 der Begründung genannten baulichen Anlagen handelt, die sich heute an dieser Stelle befinden, lässt sich nicht feststellen. Auf dem Luftbild aus dem Jahr 1963 lassen sich auf dem Grundstück hingegen mehrere Gebäude deutlich erkennen. Ob diese Gebäude (teilweise) mit den heute bestehenden Gebäuden übereinstimmen, lässt sich nach Einschätzung des Gerichts aber nicht beurteilen. Auch unter Heranziehung aktuellerer Luftaufnahmen wie etwa aus dem Jahr 2020 (Blatt 233 der Behördenakte) und aus dem „BayernAtlas“ ist eine solche Einschätzung nicht möglich. Selbst der von den Klägern beauftragte Fotograf konnte bei Analyse der Luftaufnahme aus dem Jahr 1963 nicht sicher die Identität der zu sehenden Gebäude mit dem heutigen Bestand feststellen. So kam er zwar zu dem Ergebnis, dass die Hofeinfahrt im Vergleich zu heute bestehen geblieben sei, hinsichtlich der Gebäude berichtet er in seiner schriftlichen Stellungnahme (Blatt 25 ff. der Gerichtsakte) aber nur, dass ein Gebäude vorhanden sei, welches seiner Größe nach „Gebäude 3“ (gemeint ist die heutige Holzhütte mit Stromaggregat) entspreche und sich unter dem Baumbewuchs ein Gebäude befinden könnte, welches „Gebäude 4“ sein könnte. Dass die baulichen Anlagen ursprünglich von dem Gemüsehändler für seinen landwirtschaftlichen Betrieb errichtet wurden und damit genehmigungsfrei waren und materiell-rechtlich nicht im Widerspruch zu den baurechtlichen Gesetzen errichtet wurden, kann ebenfalls nicht angenommen werden. Da der Errichtungszeitpunkt der Anlagen unklar ist, kann eine Prüfung letztlich nicht stattfinden. Selbst wenn der Errichtungszeitpunkt geklärt wäre, wäre außerdem weiterhin unklar, ob der Gemüsehändler die Anlagen tatsächlich für einen im Außenbereich privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb errichtet hätte. Dagegen spricht jedenfalls, dass 1960 die Beseitigung eines Wochenendhauses und 1970 die Beseitigung eines Freisitzes angeordnet wurde, weil das Grundstück bereits damals wohl zu Freizeitzwecken genutzt wurde.
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Abgesehen davon hätten die Anlagen ihren Bestandsschutz jedenfalls durch die zwischenzeitlich erfolgte Nutzungsänderung von einem landwirtschaftlichen Betrieb in eine Freizeitanlage ihren Bestandsschutz verloren. Im Rahmen des Bestandsschutzes wird eine Anlage nur im Umfang ihres vorhandenen baulichen Bestandes und ihrer Funktion geschützt. Vorausgesetzt wird somit eine im Wesentlichen vorhandene Bausubstanz, die funktionsgerecht genutzt wurde. (HessVGH, B.v. 3.11.2022 – 3 A 2346/21.Z – juris Rn. 18 m.w.N.). Eine bauliche Anlage genießt Bestandschutz in ihrer durch die Nutzung bestimmten Funktion (BVerwG, B.v. vom 9.9.2002 – 4 B 52/02 – juris). Entfällt die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB, weil die privilegierte Nutzung aufgegeben wurde, führt dies auch zum Verlust des Bestandsschutzes für das Gebäude (OVG Berlin-Bbg, B.v. 18.7.2017 – OVG 2 N 28.17 – juris mit Verweis auf BVerwG, B.v. 21.11.2000 – 4 B 36.00 – juris Rn. 10 und SächsOVG, B.v. 29.6.2012 – 1 A 68/11 – juris Rn. 9 ff.). Damit entfällt nach dieser Auffassung, der sich das Gericht anschließt, auch der Rechtfertigungsgrund für das Fortbestehen der Bausubstanz, innerhalb der die ursprüngliche privilegierte Nutzung ausgeübt wurde (OVG Berlin-Bbg a.a.O. Rn. 12, SächsOVG a.a.O. Rn. 9 ff.; a.A. Molodovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Stand: 148. AL, Art. 76 BayBO Rn. 32). Es wird Bezug genommen auf das Sächsische Oberverwaltungsgericht, das in seinem Beschluss vom 29. Juni 2012 (a.a.O.) ausführt:
„Die Bausubstanz sowie deren Nutzung sind insoweit in einem Zusammenhang zu betrachten, als sie sich im Regelfall aufeinander beziehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Bausubstanz und Nutzung schon deswegen stets das gleiche rechtliche Schicksal teilen, was die Übereinstimmung mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften anbetrifft. Stehen Bausubstanz sowie deren Nutzung jedoch in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang, so wirkt sich die Aufgabe der Nutzung freilich auch auf die Zulässigkeit der Bausubstanz aus. Von einem solchen untrennbaren Zusammenhang zwischen Bausubstanz und deren Nutzung ist jedenfalls dann auszugehen, wenn durch die Aufgabe der Nutzung auch die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB entfällt. Anders als innerhalb des Geltungsbereichs eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 und 2 BauGB) oder eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB) geht von einer ungenutzten Anlage im Außenbereich im Regelfall eine Störung der Rechtsordnung aus, die nur durch die Beseitigung (auch) der Bausubstanz behoben werden kann. Abgesehen von den eher seltenen Fällen, in denen ein sonstiges Vorhaben i. S. v. § 35 Abs. 2 BauGB zulässig ist oder sich die Zulässigkeit eines Außenbereichsvorhabens aus § 35 Abs. 4 BauGB oder einer Satzung der Gemeinde nach § 35 Abs. 6 BauGB ergibt, setzt die Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich bauplanungsrechtlich stets voraus, dass die Anlage eine der in § 35 Abs. 1 BauGB abschließend aufgezählten legitimierenden Funktionen erfüllt. Fällt diese Funktion endgültig weg oder wird eine privilegierte Anlage jenseits dieses rechtlichen Rahmens umgenutzt, so entfällt auch die Legitimation für den Erhalt der Bausubstanz. Greift der Wegfall der Privilegierung auf die Zulässigkeit der Anlage durch, so liegt in der Aufgabe der die Privilegierung bewirkenden Nutzung bzw. in der Änderung dieser Nutzung in eine nicht von § 35 BauGB gedeckte Nutzung zugleich auch eine Änderung der Anlage (…) mit der Folge, dass die Beseitigung der Anlage angeordnet werden kann.“
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So liegt der Fall hier. Selbst wenn die Anlagen ursprünglich als nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte Anlage errichtet worden wäre, so wäre diese Privilegierung mit der Nutzungsänderung zu einer Freizeitanlage erloschen.
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cc) Gegen die Ermessensausübung bestehen keine Bedenken. In der Regel entspricht es pflichtgemäßem Ermessen gegen nicht bestandsgeschützte materiell rechtswidrige Baulichkeiten einzuschreiten, ohne dass es einer besonderen Rechtfertigung bedarf. Denn dem Baurecht ist grundsätzlich Geltung zu verschaffen. Ausnahmen davon sind ebenso wenig ersichtlich wie mildere und gleich effektive Mittel wie die Beseitigung der Schwarzbauten. Reicht eine Nutzungsuntersagung aus, um einen rechtmäßigen Zustand herbeizuführen, so hat die Bauordnungsbehörde es hiermit grundsätzlich bewenden zu lassen. Dies setzt jedoch voraus, dass eine rechtmäßige Nutzung überhaupt noch in Betracht kommt und auch konkret angestrebt wird. Lässt das geltende materielle Baurecht hierfür keinen Raum, so schließt das öffentliche Interesse an einer Durchsetzung der bebauungsrechtlichen Ordnung auch das Mittel der Beseitigungsanordnung ein. Dabei müssen aber nur vage Vorstellungen über eine Rückkehr zu einer privilegierten Nutzung nicht berücksichtigt werden (vgl. BVerfG,B.v. 15.12.1995 – 1 BvR 1713/92 – juris). Von den Klägern wurde nicht vorgetragen, eine konkrete und im Außenbereich ausnahmsweise zulässige Nutzung der Anlagen zu planen.
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Der Beklagte hat sich auch nicht durch sein früheres Verhalten in einer solchen Art und Weise gebunden, dass eine Beseitigung nicht mehr in Betracht käme. Die Kläger berufen sich darauf, dass der Beklagte in der Vergangenheit nicht gegen die baulichen Anlagen auf dem Vorhabengrundstück vorgegangen sei, obwohl er von ihnen Kenntnis gehabt habe. Abgesehen davon, dass die Befugnis zum Erlass einer Beseitigungsanordnung nicht verwirkt werden kann (vgl. BayVGH B.v. 22.12.2005 – 15 ZB 05.1119 – juris), begründet die bloße Untätigkeit einer Bauaufsichtsbehörde, wie hier, kein für die Ausübung des Verwaltungsermessens beachtliches Vertrauen dergestalt, dass gegen eine im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtete Anlage auch künftig nicht eingeschritten wird (BayVGH, B.v. 18.7.2008 – 9 ZB 05.365 – juris Rn. 10). Die Kläger konnten außerdem als Eigentümer und damit als Zustandsstörer entsprechend § 9 Abs. 2 LStvG in Anspruch genommen werden.
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Demzufolge ist die Beseitigungsanordnung in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids rechtmäßig.
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2. Gleiches gilt für die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 des angegriffenen Bescheids. Die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen liegt vor, indem die Vollstreckung der Beseitigungsanordnung auf deren Bestandskraft abstellt (Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG).
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Ebenso sind die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben. Das Zwangsgeld stellt ein Zwangsmittel i.S.v. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1 VwZVG dar, das an eine Handlungspflicht gemäß Art. 29 Abs. 1 VwZVG anknüpft. Die Zwangsgeldhöhe bewegt sich mit 2.500,00 EUR innerhalb des Rahmens von Art. 31 Abs. 2 VwZVG und es ist nicht ersichtlich, dass damit das wirtschaftliche Interesse an der vorzunehmenden Handlung überschritten wird.
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Die Zwangsgeldandrohung stellt sich auch als hinreichend bestimmt dar. Es wird durch die Formulierung im Tenor des Bescheids deutlich, dass nur bei vollständiger Erfüllung der Verpflichtung in Ziffer 1 des Bescheids, also bei Beseitigung aller baulichen Anlagen, das Zwangsgeld von 2.500 EUR abgewendet werden kann. Nachdem die errichteten baulichen Anlagen als zusammengehörig anzusehen sind und in ihrer Gesamtheit die Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB im Besonderen berühren, musste das Landratsamt auch nicht zwischen den einzelnen Anlagen differenzieren und abgestuft nach den baulichen Anlagen einzelne Zwangsgelder anordnen. Dies widerspricht auch nicht dem Verhältnismäßigkeitsgebot, zumal die Zwangsgeldhöhe ohnehin im unteren Bereich liegt und an der Gesamtbeseitigung ein besonderes öffentliches Interesse besteht.
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3. Ebenso wenig bestehen Bedenken, dass dem Kläger die Verwaltungskosten auferlegt und diese auf 100,00 EUR festgesetzt wurden, vgl. Art. 1, Art. 2 KG i.V.m. Lfd. Nr. 2.I.1, Tarifstelle 1.45 der Anlage des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz. Die Auslagen in Höhe von 4,11 EUR für die Postzustellung konnte nach Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG erhoben werden.
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Die Klage war damit insgesamt abzuweisen.
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III. Nach § 161 Abs. 1 VwGO entscheidet das Gericht im Urteil über die Kosten. Die Kläger haben die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.
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Soweit die Kläger dem Beklagten unterlegen sind, ergibt sich ihre Kostentragungspflicht aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Soweit das Verfahren beidseitig für erledigt erklärt wurde, hat das Gericht gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es in der Regel, demjenigen Verfahrensbeteiligten die Verfahrenskosten aufzuerlegen, der das erledigende Ereignis aus eigenem Willensentschluss beigefügt hat oder der ohne die Erledigung bei summarischer Prüfung des Sach- und Rechtslage voraussichtlich unterlegen wäre (BVerwG, B. v. 3.4.2017 – 1 C 9.16 – juris Rn. 7). Die Kläger wären vermutlich auch unterlegen, soweit die Klage bezüglich einiger Anlagen für erledigt erklärt wurde. Es gelten die unter II. dargelegten Erwägungen entsprechend. Insbesondere bestanden auch hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung keine Bedenken, soweit sie sich auch auf die mit der Hecke verwachsenen Einfriedung bezog. Die festgesetzte Frist von sechs Monaten nach Unanfechtbarkeit der Beseitigungsanordnung der Verpflichtung aus Ziffer 1 des Bescheids nachzukommen (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG) war rechtmäßig. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Zeitspanne für die Pflichterfüllung nicht ausreichend war. Zwar haben die Kläger ein als K 13 bezeichnetes Schreiben eines Gartenbaubetriebs vorgelegt, auf welches Bezug genommen wurde und laut dem nach § 39 BNatSchG die Entfernung des Zaunes in der Zeit vom 1. März bis 30. September verboten sei, da die bestehende Hecke mit dem Zaun verwachsen sei. Allerdings gelten die Verbote des § 39 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG nach § 39 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BNatschG nicht für behördlich angeordnete Maßnahmen und waren vorliegend nicht anwendbar.