Inhalt

VG München, Urteil v. 27.06.2023 – M 1 K 20.4551
Titel:

Baueinstellung wegen Bautätigkeit auf gepachtetem Grundstück im Außenbereich

Normenketten:
BayBO Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. c, Art. 75 Abs. 1 S. 1
BauGB § 35
Leitsätze:
1. Der Begriff des Dienens erfordert einerseits, dass das Vorhaben der Bodenbewirtschaftung und Bodennutzung des konkreten Betriebs nicht lediglich förderlich ist; andererseits erfordert es keine Notwendigkeit oder Unentbehrlichkeit, wobei darauf abzustellen ist, ob ein vernünftiger Landwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Verbot der Errichtung von landwirtschaftlichen Bauwerken auf Pachtgrund gibt es nicht. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Art. 75 Abs. 1 S. 1 BayBO räumt der Bauaufsichtsbehörde zwar bei der Einstellung von Bauarbeiten ein Ermessen ein, das aber entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben ist; das Landratsamt muss deshalb besonders darauf bedacht sein, bereits die Entstehung baurechtswidriger Zustände durch ein rechtzeitiges und wirksames Einschreiten zu verhindern. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Baueinstellung, Verfahrensfreiheit, Dienende Funktion für landwirtschaftlichen Betrieb, Gebäude auf gepachteter Fläche, Baugenehmigung, Außenbereich, Privilegierung, dienen, landwirtschaftlicher Betrieb, Gebäude, Pachtgrund, intendiertes Ermessen
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 25.07.2024 – 1 ZB 23.1821, 1 ZB 23.1823
Fundstelle:
BeckRS 2023, 25347

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer Baueinstellung, die der Beklagte mit Bescheid vom 26. August 2020 verfügt hat und die der Kläger dulden soll.
2
Der Kläger ist Pächter des Grundstückes FlNr. 1301 Gem. … Das Landratsamt … erhielt Ende Juli 2020 die Anzeige eines Bürgers, wonach auf dem genannten Grundstück Bautätigkeiten stattfänden. Bei einer daraufhin vorgenommenen Ortsbesichtigung verwies der Grundstückseigentümer auf den Pächter der Fläche, der Landwirt sei. Zu einer Baueinstellung kam es dabei nicht. Ende August 2020 wurde die Bautätigkeit neuerlich angezeigt und kontrolliert. Das zuständige Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (im Folgenden: AELF) teilte dem Landratsamt telefonisch mit, dass der Grundstückseigentümer nicht privilegiert sei. In der Folgezeit bestätigte das AELF eine Privilegierung der Bautätigkeit auch des Klägers nicht. Daraufhin erging am 25. August 2020 eine mündliche Baueinstellung gegenüber dem Eigentümer und dem Pächter als Bauherren.
3
Mit Bescheid vom 26. August 2020 wurde die Baueinstellung schriftlich verfügt. In diesem Bescheid werden die weiteren Bauarbeiten gegenüber dem Eigentümer des Grundstücks ab Zustellung dieses Bescheides eingestellt (Nr. 1). Die unter Ziffer 1) des Bescheides verfügte Baueinstellung habe der Kläger (Pächter) zu dulden (Nr. 2). Für den Fall, dass die Nummern 1) und 2) dieses Bescheids nicht befolgt werden sollten, wird je ein Zwangsgeld in Höhe von je 4.000 EUR angedroht, das bei unerlaubter Fortsetzung der Bauarbeiten fällig und eingezogen werde (Nr. 3). Unter Nummer 4) des Bescheides wird die sofortige Vollziehbarkeit der Nummern 1) und 2) angeordnet. Die Kosten des Verfahrens habe der Eigentümer des Bauvorhabengrundstückes zu tragen. Nr. 6) enthält die Festsetzung der für den Bescheid angefallenen Gebühren.
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Das Bauvorhaben sei nach Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig. Nach Art. 75 Satz 1 BayBO könne die Einstellung der Bauarbeiten angeordnet werden, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet würden. Die Entscheidung stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Landratsamtes. Die Einstellung der Bauarbeiten sei notwendig, da nur auf diese Weise verhindert werden könne, dass ohne ausreichende Prüfung der Vereinbarkeit mit den materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften baurechtswidrige Anlagen errichtet würden. Die sofortige Vollziehung werde im überwiegenden öffentlichen Interesse angeordnet. Die Abwägung der Interessen des Bauherrn am Weiterbau mit den Interessen des Staates ergebe, dass die öffentlichen Interessen überwögen. Nur durch die sofortige Einstellung der Bauarbeiten könne verhindert werden, dass rechtswidrige Bauvorhaben verwirklicht würden. Die Einhaltung der Baurechtsvorschriften sei von zentraler Bedeutung. Es könne nicht hingenommen werden, dass während eines laufenden Rechtsbehelfsverfahrens der Bauherr sein Vorhaben weiterbaue und vollende, sich aber am Ende herausstelle, dass das Vorhaben rechtswidrig und nicht genehmigungsfähig und wieder zu beseitigen sei.
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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schriftsatz vom … September 2020, bei Gericht eingegangen am 22. September 2020, Klage und stellte Antrag auf Eilrechtsschutz. Auch der im Bescheid zur Baueinstellung verpflichtete Eigentümer hat Klage erhoben und Antrag auf Eilrechtsschutz gestellt; das Klageverfahren wird beim Verwaltungsgericht unter dem Az. M 1 K 20.4552 geführt.
6
In einer Stellungnahme vom 13. Oktober 2020 führt das AELF aus, dass die Maßnahme nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB diene. Der Kläger wolle Hackgut für die Hackschnitzel in einem kleinen Waldstück gewinnen, das sich zwischen der Nordseite der geplanten Weidefläche und südlich der an dem Waldgrundstück vorbeiführenden Staatsstraße befinde. Der Bedarf zur Hackschnitzellagerung in dem fraglichen Gebäude begründe der Kläger damit, dass der Transport über die durch seinen Wald führende Staatsstraße (ein deutlich größerer Teil des Waldes befinde sich auf der Nordseite der Straße) aufgrund der unübersichtlichen Ausfahrt aus dem südlichen Waldstück zu gefährlich sei. Zusätzlich wolle er Heurundballen in dem Gebäude lagern, damit er sie bei der Ernte im Sommer nicht sofort von der zugepachteten Wiese zu seiner ca. 1,2 km entfernten Hofstelle bringen müsse. Ein Teil des Heus könnte dann auch im Herbst oder im zeitigen Frühjahr zusätzlich zur Weide an die Jungrinder gefüttert werden. Das Gebäude solle auch vor bzw. nach der Almsaison als Weideunterstand für die Jungrinder des Klägers genutzt werden. Bislang würden diese im Herbst und im Frühjahr auf Mähweiden gehalten, die in der Zone II eines Wasserschutzgebietes lägen. Er befürchte, dass die derzeit laufende Überprüfung der Wasserqualität der im Einzugsgebiet gespeisten Quelle ein Weideverbot nach sich ziehen könnte. Momentan werde die von dem Kläger gepachtete Grünlandfläche noch nicht als Weide genutzt. An der Hofstelle des Klägers befinde sich eine Halle, die im Jahr 2014 durch einen zweigeschossigen Anbau erweitert worden sei. In dieser Halle befänden sich neben einer PKW-Garage, einem Hackschnitzellager und einem Hackschnitzelbunker auch mehrere Abteile zur Unterbringung von Maschinen und Traktoren. Der vom AELF errechnete Bedarf zur Lagerung der Hackschnitzel, dem Raum für die Heizung mit Bunker und der Fläche zum Unterstellen der Maschinen liege bei 355 m². Der insgesamt verfügbare Unterstell- und Lagerflächenplatz betrage ca. 380 m². Somit bestehe derzeit kein Bedarf, zusätzliche Lagerfläche für Hackschnitzel oder Heu zu schaffen. In der befahrbaren Tenne, in der noch zwei Maschinen abgestellt waren, sei aus Sicht des AELF ausreichend Platz für die Lagerung des lose und in Rundballen gewonnenen Heus. Der Kläger verfüge über einen modernen Rückewagen, mit dem auch das Holz aus der wesentlich größeren Waldfläche, die nördlich der genannten Staatsstraße liege, zur Hofstelle transportiert werden könne. Es bestehe keine Notwendigkeit, einen Teil der Hackschnitzel in einem weiteren Gebäude zu lagern oder das Hackgut in dem südlich gelegenen Teil des Waldes des Klägers nicht zur Hofstelle oder einem Lagerplatz, der sich auf seinem eigenen Grund befinde, zu transportieren. Ein reines Zwischenlager, damit die Heuballen nicht sofort nach Ernte die ca. 1,2 km zur Hofstelle gefahren werden müssten, stehe in keinem Verhältnis zu den Investitionskosten des Gebäudes. Zur Fütterung der Jungrinder im Frühjahr und Herbst könne im Rahmen der notwendigen Fahrten zur Tierkontrolle ein Heuballen von der Hofstelle mitgenommen werden. Laut der bestehenden Satzung für das Einzugsgebiet der genannten Quelle sei in der Zone II des Wasserschutzgebietes bisher sowohl eine Beweidung als auch die Ausbringung von Gülle und Jauche auf Dauergrünland erlaubt. Nach telefonischer Auskunft im Landratsamt werde die Überprüfung des Wasserschutzgebiets noch mehrere Jahre dauern. Das Ergebnis sei derzeit völlig offen. Das auf dem Flurstück im Bau befindliche Gebäude sei als Weideunterstand deutlich überteuert; die bisher erfolgte Bauausführung sei sehr massiv und entspreche nicht der üblichen Bauweise eines Weideunterstandes.
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Mit Schriftsatz vom … März 2021 führte der Bevollmächtigte des Klägers aus, dass das Grundstück seit 1994 durchgängig vom Kläger gepachtet sei. Das Pachtverhältnis sei langfristig bis zum 30. September 2040 verlängert worden. Der Kläger bewirtschafte einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit einer Fläche von 48,21 ha. Der Betrieb halte 16 Kühe, 10 Rinder und 3 Kälber und benötige bereits jetzt dringend Platz für das Unterstellen landwirtschaftlicher Maschinen. Die Neuanschaffung weiterer Maschinen sei geplant. Unabhängig davon benötige der Betrieb eine Möglichkeit zur Aufbereitung von Holz-Hackschnitzeln. Diese Aufbereitung könne unmittelbar an der Hofstelle nicht erfolgen, da der Betrieb auch auf den Betriebszweig „Ferien auf dem Bauernhof“ angewiesen sei. Infolge der Staubentwicklung und der Gefährlichkeit der Arbeiten sei es nicht möglich, am Betriebssitz Hackschnitzel zu bereiten. Das streitgegenständliche Grundstück liege in unmittelbarem Anschluss an die vom Kläger bewirtschafteten Waldflächen. Neben der Nutzung als Gerätehalle und zur Aufbereitung von Hackschnitzel diene der streitgegenständliche Stadel auch dazu, im Frühjahr und im Herbst die Kälber anzubinden und zu versorgen. Durch die Lage im Anschluss an die Waldflächen könnten kostspielige und aufwendige Transportwege zur Hofstelle vermieden werden. Der Kläger habe seine Absicht zur Errichtung des Stadels im Vorfeld des Baubeginns mit den Behörden kommuniziert. Von dort sei ihm mitgeteilt worden, dass keinerlei Einwände gegen das Vorhaben bestünden und das Vorhaben wegen Unterschreitung der Flächenvorgaben des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1c BayBO auch verfahrensfrei sei. Auch seien von der unteren Naturschutzbehörde keine Einwände gegen das Vorhaben erhoben worden. Bei einer weiteren Vorsprache sei dem Kläger nochmals am 30. März 2020 von einer Mitarbeiterin der Bauaufsichtsbehörde mitgeteilt worden, dass keine Einwände bestünden, wenn eine Privilegierung vorliege. Es sei ihm vorgeschlagen worden, einen langfristigen Pachtvertrag abzuschließen. Nach Baubeginn sei dann erst nach mehrfacher Baukontrolle eine Baueinstellung erfolgt. Dies habe den Kläger überrascht, weil die Baueinstellung damit begründet worden sei, dass nach Aussage des AELF keine Privilegierung bejaht werden könne. Dies sei geschehen, obwohl das AELF im Vorfeld über die Maßnahme informiert worden sei und darüber hinaus keine weiteren Sachverhaltsermittlungen oder Rückfragen durch das AELF erfolgt seien. Zwischen der ersten Baukontrolle und der telefonischen Baueinstellung am 25. August 2020 seien nahezu vier Wochen vergangen und rund 25.000 EUR verbaut worden. Man habe einen landwirtschaftlichen Sachverständigen mit der Prüfung der Angelegenheit beauftragt. Dieser sei zu dem Ergebnis gekommen, dass das streitgegenständliche Bauvorhaben dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers diene. Bei einem Ortstermin am 5. Oktober 2020 mit Vertretern des AELF … sei die Hofstelle und das Baugrundstück in Augenschein genommen worden. Der Vertreter des AELF habe zunächst die Auffassung vertreten, dass auf Pachtflächen grundsätzlich keine Gebäude errichtet werden könnten. Diese Aussage sei für alle Beteiligten überraschend gewesen, für sie gebe es keine rechtliche Grundlage. Um eventuellen Befürchtungen einer späteren Entprivilegierung entgegenzutreten, habe sich der Grundstückseigentümer nach kurzer Rücksprache bereiterklärt, zugunsten des Freistaates Bayern eine Grunddienstbarkeit zu bestellen, um die landwirtschaftliche Zweckbestimmung des Gebäudes auf Dauer zu sichern. Diese Bereitschaft bestehe nach wie vor und werde ausdrücklich angeboten. Der angefochtene Bescheid sei bereits deshalb aufzuheben, weil er an einen falschen Adressaten gerichtet sei. Die Bauarbeiten seien in Nummer 1) des Bescheides gegenüber dem Eigentümer eingestellt worden. Bereits aus der Begründung ergebe sich, dass dieser erklärt habe, dass er nicht der Bauherr sei. Bauherr sei erkennbar der Kläger gewesen. Diesem gegenüber sei jedoch keine Baueinstellung verfügt worden, sondern lediglich eine Duldungsanordnung. Die Errichtung des Gebäudes sei verfahrensfrei, weil es eine Bruttogrundfläche von weniger als 100 m² und weniger als 140 m² überdachte Fläche habe. Es diene aus den gutachtlich belegten Gründen einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Die angegriffene Baueinstellungsverfügung sei auch deshalb rechtswidrig und aufzuheben, weil das in Art. 75 Abs. 1 BayBO vorausgesetzte und erforderliche Ermessen der Bauaufsichtsbehörde nicht ausgeübt worden sei. Die Bauaufsichtsbehörde müsse ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten. Die Begründung für die Beseitigungsanordnung bestehe offensichtlich aus zwei Textbausteinen, die unabhängig vom konkreten Fall in den Bescheid eingefügt worden seien. So sei schlichtweg die Behauptung aufgestellt worden, dass eine Genehmigungsfreiheit nach Art. 57, 58 BayBO nicht vorliege. Eine Begründung hierfür werde jedoch nicht gegeben. Der Bescheid lasse jegliche Ermittlung des Sachverhalts und damit verbunden jegliche Betätigung eines Ermessens vermissen. Er sei daher bereits aus diesem Grund aufzuheben.
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In der gutachtlichen Stellungnahme des Sachverständigen für Landwirtschaft O* … vom 8. Dezember 2020 (im Klageverfahren vorgelegt als Anlage K1) wird ausgeführt, dass ein wesentliches wirtschaftliches Standbein beim Kläger der Betriebszweig „Ferien auf dem Bauernhof“ sei. Dieser Betriebszweig sei saisonal geprägt. Wegen Lärm, immenser Staubentwicklung und der Gefährlichkeit der Arbeiten sei es deshalb nicht möglich, am Betrieb Hackschnitzel zu bereiten. Stammholz zum Hacken könne keinesfalls am Hof oder vor dem Hackschnitzellager gelagert werden, da das zu gefährlich wäre. Es komme auch immer wieder wegen stark schwankender Borkenkäferereignisse und Sturmschäden zu hohem Aufkommen von zu bereitenden Hackschnitzeln, die dann zwischengelagert werden müssten. Bei größeren Mengen würden diese auch verkauft. Dies sei technisch nicht mehr möglich, wenn die Hackschnitzel in den Bunker der Heizanlage eingebracht worden seien. Der Standort der streitgegenständlichen Halle sei insbesondere wegen der Lage an betrieblichen Forstflächen geradezu prädestiniert. Aktuell werde das zu hackende Holz am Waldrand zwischengelagert und dann mittels Lohnmaschine gehäckselt. Dabei komme es immer wieder zu Stillstandzeiten der Lohnmaschine, die bei Kosten von 300 EUR pro Stunde erheblich seien. Die Arbeitsabläufe seien am neuen Gebäude viel effektiver und kostengünstiger, da das Hackgut direkt vom Häcksler in das Gebäude befördert werde. Zudem würden im Hallenumgriff die dort befindlichen Grünlandflächen immer wieder beweidet. Diese Praxis solle intensiviert werden. Anfallendes Heu könnte geerntet und ortsnah für die spätere Zufütterung zwischengelagert werden. Es sei wegen der kurzen verfügbaren Zeitfenster für die Heubereitung durchaus sinnvoll, das Heu vor Ort einzulagern und in weniger arbeitsintensiven Zeiten oder bei direktem Bedarf auf die Hofstelle zu verbringen. Diese Praxis sei üblich und seit Jahrhunderten durchgeführt, wie eine Vielzahl von Feldscheunen im Voralpenraum belegten. Das neue Gebäude könne bei schlechteren Witterungsverhältnissen auch als Weideunterstand genutzt werden. Als Unterstellraum für vorhandene, noch zu beschaffene Technik inklusive Hackschnitzellager stünden in der bestehenden Halle 318 m² Stellfläche zuzüglich 16 m² Bunker und 20 m² für die Heizung zur Verfügung. So solle die neue Halle auch als Maschinenunterstand genutzt werden. Hinzu komme, dass zukünftig an der Hofstelle auch Brennholzschüttgut für den Verkauf gelagert werden müsse. Die beanstandete massive Bauweise sei zum einen der Nutzung und zum anderen den topographischen Verhältnissen geschuldet. Sie sei für das Umschlagen von Schüttgut mittels Frontlader unabdingbar, da ansonsten Gebäudewände beim Umschlagen beschädigt würden. Das Gebäude solle im Außenbereich möglichst unauffällig in die Landschaft integriert und im Randbereich des Grundstücks errichtet werden. Durch die Situierung im Hang müssten die Seitenwände stabil ausgeführt werden. Die Kosten seien angesichts der vielseitigen und flexiblen Nutzungsmöglichkeiten angemessen. Ein Großteil der Kosten sei bereits angefallen.
9
In einer weiteren Stellungnahme des Sachverständigen O* … vom 18. März 2021 (vorgelegt als Anlage K2) führt der Sachverständige aus, dass das AELF alternativ für die unterschiedlichen Nutzungen des Gebäudes herausstelle, dass eine Auslastung des Gebäudes nicht gegeben sei und damit wegen der massiven Bauausführung die Baukosten unangemessen hoch seien. Diese Sichtweise sei unzutreffend. Das Gebäude erfülle für den Betrieb des Klägers als Zwischenlager für Hackschnitzel und Heu, als Weideunterstand und als Maschinenunterstand kumulativ mehrere dem Betrieb dienende Funktionen. Hinsichtlich der monierten Baukosten werde auf einen Auszug aus dem Standardwerk „Faustzahlen für die Landwirtschaft“, Stand 2018, verwiesen. Bei einer Größe von 250 m² sei für 2018 bei mittlerem Ausstattungsstandard von 290 EUR pro m² auszugehen (Investitionsbedarf). Die Gebäudegröße und die Baukosten je Flächeneinheit seien indirekt proportional, das heiße, je kleiner ein Gebäude sei, desto höher seien die Kosten je m². Baukosten von rund 40.000 EUR, die durch den Einsatz von Eigenleistungen entstünden, seien deshalb weder als überhöht noch als unwirtschaftlich anzusehen. Hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeiten sei der Anfall von Holz zukünftig wegen schwankender Witterungsbedingungen weniger planbar und damit schwieriger in landwirtschaftliche Betriebsabläufe integrierbar. Die Ausführungen des AELF, dass der Betriebszweig „Urlaub auf dem Bauernhof“ einer Hackschnitzelbereitung am Hof nicht entgegenstehe, sei schon aus diesem Grund unzutreffend. Gerade beim Borkenkäfer müsse das Holz zeitnah aus dem Wald entfernt und aufgearbeitet, also zum Beispiel gehackt, werden. Das Hacken des Holzes an der Hofstelle sei schon aus diesem Grund mit der Belegung der Ferienwohnungen nicht synchronisierbar. Holz könne wegen des enormen Gefährdungspotentials nicht an der Hofstelle vor dem Hackvorgang zwischengelagert werden. Hacktechnik werde zudem nach Stunden abgerechnet. Dreh- und Angelpunkt für eine Wirtschaftlichkeit des gesamten Verfahrens sei somit eine effiziente Arbeitserledigung ohne Warte- und Stillstandzeiten. Dies könne dauerhaft optimal am streitgegenständlichen neuen Gebäude gewährleistet werden. Es sei darauf hinzuweisen, dass gerade für Futterzwischenlager im Alpenraum über Jahrhunderte hinweg eigene Gebäude bei den Grünlandflächen errichtet und genutzt würden. Der Stellplatz an der Hofstelle sei aus Sicht des Sachverständigen seitens des AELF zu optimistisch angegeben worden, wie nunmehr zumindest teilweise auch eingeräumt werde. Die Lage und Ausgestaltung des Gebäudes sei so gewählt, dass die offensichtlich befürchtete außerlandwirtschaftliche Nutzung erheblich erschwert wäre.
10
Mit Stellungnahme vom 22. Dezember 2020 nahm das AELF weiter Stellung zum streitgegenständlichen Bauvorhaben. Der Kläger biete im Rahmen des Programms „Urlaub auf dem Bauernhof“ zwei Ferienwohnungen zur Vermietung an. Bei einer sehr guten Auslastung dieser Wohnungen könne man von 200 Belegtagen im Jahr ausgehen. Demnach gebe es genügend Tage im Jahr, an denen keine Urlaubsgäste am Hof seien und die für das Hacken des Brennholzes genutzt werden könnten. In der Regel finde der Hackvorgang am Standort des Lagerplatzes statt, der sich nicht an der Hofstelle befinden müsse. Von dort würden dann die Hackschnitzel mit großen Anhängern in die Hackschnitzellager an den Hofstellen transportiert. Der Transport werde bei den Betrieben, die über keine groß dimensionierten Anhänger verfügten, überbetrieblich organisiert. Der Betriebszweig „Urlaub auf dem Bauernhof“ sei, wenn überhaupt, nur unwesentlich bei der Anlieferung und Einlagerung der Hackschnitzel berührt, wobei zudem das Holzhäckseln meistens nur ein- bis zweimal pro Jahr erforderlich sei. Bei einem über den eigenen Bedarf hinausgehenden Anfall von Schadholz, das in Form von Hackschnitzeln verkauft werden solle, müsse das Hackgut nicht zwingend in Gebäuden des Betriebes zwischengelagert werden, sondern könne beim Hacken gleich von den Abnehmern mitgenommen werden, wenn es in große Transportfahrzeuge gehäckselt werde. Auch hierbei könne bei Bedarf die Hilfe des Maschinenringes in Anspruch genommen werden. Es sei aus Sicht des AELF auch nicht sinnvoll, für den nicht planbaren Anfall von Schadholz weiteren Lagerraum zu schaffen. Sollte der Kläger trotzdem ein zusätzliches Gebäude als Hackschnitzellager zugestanden werden, werde kein Grund gesehen, dass dieses Gebäude auf einer zugepachteten Fläche anstatt auf Eigentumsgrund errichtet werden solle. Die massive Bauweise des Gebäudes für eine Nutzung als Weideunterstand sei nicht erforderlich und führe zu unverhältnismäßig hohen Kosten. Hinzu komme, dass die an die im Bau befindliche Halle angrenzende Wiese voraussichtlich nur wenige Wochen im Jahr zu Beginn und gegen Ende der Weidesaison genutzt werde, da sich die Jungrinder des Betriebes den größten Teil des Sommers auf der Alm befänden. Bei der angenommenen Größe der verfügbaren Unterstell- und Lagerfläche von 380 m² handele es sich um die nutzbare Fläche der gesamten hierfür nutzbaren Gebäude an der Hofstelle. Insofern sei die Angabe des Sachverständigen O* …, dass als reine Unterstell- und Lagerfläche für Hackschnitzel und Maschinen nur 318 m² zur Verfügung stünden, korrekt. Allerdings sei bei dem vom AELF berechneten Bedarf von 355 m² auch eine Fläche von 25 m² für den Hackschnitzelbunker im Erdgeschoss des Hallenanbaus berücksichtigt. Bei der Berechnung sei allerdings die Tatsache übersehen worden, dass die Heizanlage auch im Kellergeschoss eine Fläche von knapp 40 m² in Anspruch nehme. Damit würde der gesamte Flächenbedarf auf knapp 400 m² steigen und damit nur etwas über der für Maschinen, Hackschnitzel und Heizanlage zur Verfügung stehenden Fläche von 380 m² liegen. Bei der Berechnung der zum Unterstellen der Maschinen benötigten Fläche (200 m²) sei ein großzügiger Zuschlag von 40% für Verkehrs- und Rangierfläche gemacht worden, wodurch sich der Gesamtbedarf für die Maschinen auf 280 m² erhöhe. Der errechnete Gesamtbedarf an Unterstell- und Lagerfläche des Betriebes des Klägers liege demnach bei 395 m² (280 m² für Maschinen plus 50 m² zur Hackschnitzellagerung plus 65 m² für den Hackschnitzelbunker und die Heizanlage) und damit nur geringfügig über der an der Hofstelle hierfür verfügbaren Fläche. Die in der Stellungnahme vom 13. Oktober 2020 gemachten Aussagen und die abschließende Beurteilung blieben daher weiterhin gültig.
11
Mit Beschluss vom 30. Juni 2021 (M 1 S 21.1851) lehnte das Gericht den Antrag des Klägers auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage ab. Die Beschwerde hiergegen wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. Oktober 2021 (1 CS 21.1974 und 1 CS 21.1976) zurück. Die Störerauswahl sei nicht zu beanstanden. Der Bescheid sei hinreichend begründet und leide nicht unter Ermessensfehlern. Die Erfolgsaussichten der Klage seien offen. Die maßgebliche Frage des Dienens im Sinne von Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO könne nicht ohne weitere eingehende Prüfung im Hauptsacheverfahren beantwortet werden. Weiter sei zweifelhaft, ob die vorliegende massive Bauweise eine Verfahrensfreiheit begründen könne (1 B 16.2509; OVG 10 S 14.15). Hierfür sei es erforderlich, dass weitere Pläne und Unterlagen vorgelegt werden, die eine Bewertung der konkreten Ausführung des Stadels ermöglichten.
12
Mit Schreiben vom 1. August 2022 forderte das Gericht die Klägerseite auf, die vom VGH für notwendig erachteten Unterlagen und Pläne (Skizzen mit Maßen, Ansichten, Angaben zur Bauweise, Belegung/Ausstattung des Gebäudes mit konkreter Betriebsbeschreibung) vorzulegen. An die Erledigung dieses Schreibens wurde mit weiterem Schreiben vom 23. Januar 2023 erinnert.
13
Mit Schriftsatz vom … März 2023 legte die Klägerseite Skizzen mit Maßen und Ansichten vor. Der Sockel des Gebäudes sei betoniert, der Stadel sei im Übrigen in Holzständerbauweise errichtet worden. Das Dach mit einer Neigung von 22 Grad solle mit Ziegeln eingedeckt werden. Im Gebäude befinde sich lediglich eine betonierte Bodenplatte. Hinsichtlich der Betriebsbeschreibung werde auf die Stellungnahme des Sachverständigen vom 18. März 2021 verwiesen. Das Gebäude diene als Maschinenunterstand, Weideunterstand zum vorübergehenden Schutz der Weidetiere sowie als Zwischenlager für Hackschnitzel und Heu. Im Gebäude selbst würden keine Hackschnitzel aufbereitet oder sonstige Arbeitsabläufe durchgeführt werden.
14
Der Beklagte äußerte sich mit Schriftsatz vom 13. April 2023. Das Gebäude sei nicht privilegiert. In einer Stellungnahme des AELF vom 30. März 2023 wird hierzu ausgeführt, dass für die bisherige Einschätzung entscheidend gewesen sei, dass an der Hofstelle des Klägers ausreichend Lagermöglichkeiten für Futtermittel und Hackschnitzel vorhanden seien und kein „vernünftiger Landwirt“ ein massives Lagergebäude auf einem ca. 1,2 km von der Hofstelle entfernt gelegenen Grundstück, das nicht in seinem Eigentum sei, errichten würde. Die Frage einer möglichen Auslastung des Gebäudes und in Verbindung damit eventuell unangemessenen Baukosten bzw. die Frage der Wirtschaftlichkeit der Baumaßnahme sei in der Stellungnahme vom 13. Oktober 2020 letztlich nicht von Bedeutung gewesen. Das AELF könne daher auch aktuell nicht bestätigen, dass die Baumaßnahme dem Betrieb des Klägers und Grundstückspächters diene.
15
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts vom 26. August 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
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1. Die Baueinstellungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Nach dieser Vorschrift kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Arbeiten anordnen, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet werden. Eine Baueinstellung kommt dabei bei nicht genehmigungspflichtigen Vorhaben ebenso in Betracht wie bei genehmigungspflichtigen. Bei nicht genehmigungspflichtigen Vorhaben ist für die Baueinstellung im Regelfall die materielle Baurechtswidrigkeit erforderlich, bei genehmigungspflichtigen Vorhaben reicht für die Anordnung die formelle Baurechtswidrigkeit aus, also der Umstand, dass für das Vorhaben keine Genehmigung vorliegt.
18
a) Der mit der Klage angegriffene Bescheid ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden, insbesondere ist er hinreichend begründet worden. Auch ein Anhörungsmangel liegt nicht vor. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann insoweit auf den Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz (vom 30.6.2021, Az. M 1 S 21.1851, dort S. 16) verwiesen werden.
19
b) In materieller Hinsicht wurde im vorliegenden Fall das Bauvorhaben bereits ohne die nach Art. 55 Abs. 1 BayBO erforderliche Baugenehmigung errichtet. Anders als der Kläger meint, liegt insoweit keine Ausnahme von der Baugenehmigungspflicht vor und ist das Gebäude nicht nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO verfahrensfrei. Nach dieser Vorschrift besteht Verfahrensfreiheit für freistehende Gebäude ohne Feuerungsanlagen, die einem landwirtschaftlichen Betrieb i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB dienen, nur eingeschossig und nicht unterkellert sind, höchstens 100 qm Brutto-Grundfläche und höchstens 140 qm überdachte Fläche haben und nur zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sind. Das vom Kläger errichtete Gebäude hält mit seinen Außenmaßen zwar die höchstzulässige Brutto-Grundfläche von 100 qm ein. Es dient jedoch keinem landwirtschaftlichen Betrieb i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB:
20
aa) Der Eigentümer des Vorhabengrundstücks ist unstreitig nicht Landwirt und deswegen nicht privilegiert. Beim Kläger kann unterstellt werden, dass er Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs ist; hiervon geht auch das AELF in seinen Stellungnahmen aus. Jedenfalls aber dient das Vorhaben in seiner konkreten Ausgestaltung nicht i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Der Begriff des Dienens erfordert einerseits, dass das Vorhaben der Bodenbewirtschaftung und Bodennutzung des konkreten Betriebs nicht lediglich förderlich ist; andererseits erfordert es keine Notwendigkeit oder Unentbehrlichkeit. Es ist darauf abzustellen, ob ein vernünftiger Landwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (BVerwG, U.v. 3.11.1972 – IV C 9.70 – BVerwGE 41, 138).
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Nach diesem Maßstab dient das Gebäude nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Das AELF hat in seinen Stellungnahmen vom 22. Dezember 2020 und vom 30. März 2023 dezidiert zum Platzbedarf des klägerischen Betriebes Stellung genommen und kommt zum Ergebnis, dass ein zusätzlicher Platzbedarf für den klägerischen Hof nur in sehr kleinem Umfang (hier: ca. 15 qm) besteht, den ein vernünftiger Landwirt nicht in 1,2 km Entfernung von der Hofstelle entfernt anlegen würde. Dieser durch die Fachbehörde vorgenommenen Lagerflächenberechnung ist die Klägerseite nicht substantiiert entgegengetreten. Für einen derart geringen Zusatzbedarf ist die Errichtung eines sehr massiven Gebäudes dieser Größenordnung in Betonbauweise in den Hang hinein unwirtschaftlich und in der vorliegenden Bauweise überdimensioniert. Der Beklagte hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass mit Blick auf etwaigen zukünftigen stoßweisen Anfall von Schadholz nicht einfach Lagerkapazitäten gleichsam ins Blaue hinein angelegt werden können und üblicherweise aus Wirtschaftlichkeitserwägungen auch nicht angelegt werden. Das AELF hat hierzu die üblichen Arbeitsabläufe geschildert, die zur Bewältigung derartiger Szenarien erprobt sind.
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Einer konkreten und belastbaren Wirtschaftlichkeitsberechnung in Bezug auf die Betriebsabläufe will sich die Klägerseite hier zuletzt durch die Angabe multipler Nutzungszwecke der Halle nicht stellen, wobei auffällt, dass bis September 2020 in E-Mails des Klägers ausschließlich von einem Stadel zum Unterstellen von Gerätschaften die Rede war und nicht von der Lagerung von Hackschnitzeln, Heu und dem Unterstellen von Tieren. Auch mit der Behauptung multipler Nutzungszwecke kann der Kläger allerdings einer Bewertung der einzelnen angegebenen Nutzungszwecke nicht gänzlich entgehen, weil zur Beantwortung der Frage des Dienens dann eine Gesamtbetrachtung erforderlich ist, die bei den einzelnen angegebenen Nutzungszwecken anzusetzen hat. Die entgegenstehende Auffassung des Sachverständigen der Klägerseite hätte nämlich zur Folge, dass keinerlei Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und -berechnungen mehr möglich wären und sich der Kläger der Prüfung des „Dienens“ letztlich entzöge. Einige der Nutzungszwecke, wie etwa das Häckseln und Lagern von Hackschnitzeln, sind indes schon nicht auf diesen entfernten Standort angewiesen, worauf das AELF nachvollziehbar und plausibel hingewiesen hat. Insbesondere rechtfertigt das Vorhandensein von Ferienwohnungen auf dem Hof nicht die Verlagerung aller lärmenden oder staubenden Tätigkeiten, da „Ferien auf dem Bauernhof“ nur einen sogenannten mitgezogenen Betriebsteil darstellen, der sich den Betriebsabläufen einer aktiven Landwirtschaft unterzuordnen hat – und nicht umgekehrt. Auch das Argument der Gefährlichkeit der Lagerung des Hackgutes verfängt nach Ansicht der Kammer nicht, weil eine Verkehrssicherungspflicht auch bei Lagerung im (etwa für Kinder) frei zugänglichen Außenbereich vor der Halle besteht. Der Nutzungszweck eines vorübergehenden Schutzes von Tieren findet nicht seine Entsprechung in dem objektiv entsprechend der Ausgestaltung vorhandenen Nutzungspotential des massiven Gebäudes. Für die darüber hinaus angegebenen Lagerzwecke ist die Halle, wie oben bereits ausgeführt, überdimensioniert.
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Dass das fragliche Gebäude für den landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers auf Pachtgrund und nicht auf Eigengrund errichtet wurde, ist zwar kein allein tragendes Argument gegen die dienende Funktion des Bauwerkes. Denn ein Verbot der Errichtung von landwirtschaftlichen Bauwerken auf Pachtgrund gibt es nicht. Allerdings ist dieser Umstand ein gewichtiges Indiz, das ebenfalls gegen ein „Dienen“ im oben genannten Sinne spricht, denn ein vernünftiger Landwirt würde eine Investition erheblicher Größenordnung nicht ohne weiteres auf Fremdgrund errichten. Das ergibt sich aus einer Wirtschaftlichkeitsberechnung mit Blick auf die Zeitspanne der rechtlichen Sicherung, die ein wirtschaftlich Handelnder anstellen würde. Zwar weist die Klägerseite darauf hin, dass die fragliche Fläche schon seit vielen Jahren angepachtet sei und man den Pachtvertrag bis 2040 verlängert habe. Daraus ergibt sich aber auch, dass wirtschaftlich belastbare Planungs- und Investitionssicherheit (sogar ungeachtet etwaiger vorzeitiger Kündigungsrechte) nur für ca. 20 Jahre besteht, was weit unterhalb der anzunehmenden Nutzungsdauer eines derart massiven Gebäudes liegt. Das rückt die klägerseits angegebenen Kosten für das Gebäude in ein anderes wirtschaftliches Licht, weil sie nur für einen relativ kurzen Zeitraum rechtlich für den Betrieb gesichert und eine weitere Verlängerung von Pachtverhältnissen in ferner Zukunft reine Spekulation sind. Letztlich bewirkt auch dieser Umstand in der Gesamtschau die Bewertung, dass das Gebäude dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht dient. Daran ändert auch die Bereitschaft des Verpächters zu dinglicher Sicherung landwirtschaftlicher Nutzung nichts, weil letztere nicht stets zur Annahme einer dienenden Funktion führt.
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bb) Auch konnte der Eigentümer des Grundstücks als Handlungsstörer und der Kläger zur Duldung der Baueinstellung verpflichtet werden. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann auf den Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz (vom 30.6.2021, Az. M 1 S 21.1851, dort S. 17) verwiesen werden (bestätigt durch BayVGH, B.v. 14.10.2021 – 1 CS 21.1974 – Rn. 12).
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2. Das Vorhaben des Klägers ist auch nicht anderweitig genehmigungsfähig. Als nicht privilegiertes, sonstiges Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtigt es öffentliche Belange. Es widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der für das Grundstück eine Nutzung als landwirtschaftliche Fläche darstellt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Auch beeinträchtigt es die natürliche Eigenart der Landschaft; dieser Belang umfasst den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nutzung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) in Gestalt einer Bebauung. Schließlich ist mit dem Vorhaben auch die Entstehung einer Splittersiedlung verbunden (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) und geht von ihm Bezugsfallwirkung aus.
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3. Der Bescheid enthält auch die erforderliche Ermessensausübung und -begründung (vgl. Art. 39 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG). Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO räumt der Bauaufsichtsbehörde zwar bei der Einstellung von Bauarbeiten ein Ermessen ein, das aber entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben ist; das Landratsamt muss deshalb besonders darauf bedacht sein, bereits die Entstehung baurechtswidriger Zustände durch ein rechtzeitiges und wirksames Einschreiten zu verhindern. Dies bedeutet, dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen regelmäßig eine Baueinstellungsverfügung ergehen kann und soll (sogenanntes intendiertes oder Regelermessen). An die Ermessensausübung sind in solchen Fällen nur geringe Anforderungen zu stellen (BayVGH, B.v. 2.8.2000 – 1 ZB 97.2669 – juris Rn. 5). Das Landratsamt hat das intendierte Ermessen des Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO hier ausgeübt und beanstandungsfrei keine Ausnahme gesehen. Die Anordnung führt, wenn auch knapp, aus, dass nur mit der Einstellung der Bauarbeiten verhindert werden könne, dass ohne ausreichende Prüfung der Vereinbarkeit mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften eventuell baurechtswidrige Anlagen errichtet werden. Damit wird den Anforderungen an die Begründung von Ermessensentscheidungen gerade im Fall eines intendierten Ermessens genüge getan (BayVGH, B.v. 14.10.2021 – 1 CS 21.1974 – dort S. 6/7).
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4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).