Inhalt

VG München, Urteil v. 25.07.2023 – M 1 K 20.1063
Titel:

Genehmigungsfähigkeit eines Rinderlaufstalles

Normenkette:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1
Leitsätze:
1. Ein in massiver Betonbauweise errichtetes Gebäude, das jedem beliebigen Zweck zugeführt werden kann und als Stall nicht geeignet ist, weil ein Stallgebäude keine Ausführung mit fünf Meter hohen Wänden und mit kleinen Fenstern sowie eine Aufteilung in zwei Räume mit einer Trennwand ebenfalls aus Beton, die einer variablen Stallnutzung entgegensteht, erfordert, dient nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb. (Rn. 18 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein "Dienen" für den landwirtschaftlichen Betrieb kann nicht festgestellt werden, wenn es an einem überzeugenden, hinreichend konkreten Betriebskonzept und damit an einer funktionalen Zuordnung zur Hofstelle fehlt. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Genehmigungsfähigkeit eines Rinderlaufstalles (verneint), Betriebskonzept, Funktionale Beziehung zur Hofstelle, Landwirtschaft, Dienen, Privilegierung, Hofstelle, Rinderlaufstall
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 12.06.2024 – 1 ZB 23.1806
Fundstelle:
BeckRS 2023, 25346

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die Parteien streiten um die Genehmigungsfähigkeit eines Rinderlaufstalles, dessen Genehmigung der Kläger unter dem 23. Juni 2017 beantragte. Im Bauantrag gab der Kläger mit seinem Architekten hierfür Baukosten in Höhe von 82.000 Euro an.
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Als Rinderlaufstall will der Kläger ein Gebäude benutzen, das er einige Jahre vorher in 5 km Fahrentfernung von seiner Hofstelle als Unterstand gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 c) BayBO verfahrensfrei in Betonbauweise errichten wollte. Hierzu erging Baueinstellung und Beseitigungsverfügung. Die Rechtsbehelfe des Klägers gegen diese Verfügungen blieben sämtlich erfolglos. Hinsichtlich der Baueinstellung wurde die Klage abgewiesen mit Urteil vom 15. September 2015 (M 1 K 15.2604). Die zugelassene Berufung wurde zurückgewiesen (BayVGH U.v. 11.4.2017 – 1 B 16.2510 – juris). Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen beim Bundesverwaltungsgericht blieb erfolglos. Hinsichtlich der Beseitigungsverfügung wurde die Klage abgewiesen mit Urteil vom 15. September 2015 (M 1 K 15.2382). Die zugelassene Berufung wurde zurückgewiesen (BayVGH, U.v. 11.4.2017 – 1 B 16.2509 – juris). Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen beim Bundesverwaltungsgericht blieb erfolglos.
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Am 31. Juli 2017 versagte die Beigeladene ihr Einvernehmen zu dem Bauantrag. Es fehle an einem Betriebskonzept. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe bereits klar festgestellt, dass das Gebäude nicht als Stall geeignet sei.
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Mit Schreiben vom 8. August 2017 forderte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (im Folgenden: AELF) beim Kläger ein Betriebskonzept an, das der Kläger unter dem 15. Februar 2018 schließlich vorlegte. Mit Stellungnahme vom 23. April 2018 kommt das AELF zum Ergebnis, dass das Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht diene. Für eine geplante Vermarktung von 8-10 Schlachttieren pro Jahr wäre der Bestand auf mindestens 10 Mutterkühe aufzustocken. Bei dieser Herdengröße werde zusammen mit den Tieren der Ausmastphase die Stallfläche von 100 qm nicht ausreichen. Der Standort des Stalles mit den zugehörigen Flächen lasse eine permanente Beweidung aufgrund des hohen Tierbesatzes nicht zu. Die Futtergrundlage reiche an dem Standort für insgesamt drei Wochen pro Jahr, d.h. nach einer Woche seien die gesamten 1,36 ha abgeweidet. Es fehle ein räumlich-funktionaler Zusammenhang zur Hofstelle, der die Betreuung erheblich erschwere.
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Mit Bescheid vom 5. Februar 2020 lehnte der Beklagte den Antrag auf Baugenehmigung ab. Das Vorhaben liege im Außenbereich und sei nicht privilegiert, da es an der beantragten Stelle nicht notwendig sei. Es beeinträchtige das Landschaftsbild; gegen das Vorhaben sprächen vor allem seine Errichtung auf einer Aufschüttung und die massive Betonbauweise. Die Fläche sei für eine dauerhafte Beweidung aufgrund des geplanten Tierbesatzes zu klein. Zudem gebe es in der näheren Umgebung der Hofstelle Flächen, die aufgrund der Nähe zur Hofstelle gute Alternativen zur geplanten Fläche böten.
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Am ... März 2020 erhob der Kläger hiergegen Klage und beantragt,
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den Bescheid vom 5. Februar 2020 aufzuheben und die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung eines Rinderlaufstalles zu erteilen.
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Die grundsätzliche Lage des Vorhabens sei 2014 mit den Behörden besprochen worden. Eine exponierte Lage bestehe nicht. Im September 2014 sei das AELF noch zu einer Bejahung der Privilegierung gekommen. In der Folge sei es während der Bauarbeiten zu mehreren Baukontrollen gekommen, eine Baueinstellung sei jedoch nicht verfügt worden. Im Laufe des streitgegenständlichen Genehmigungsverfahrens habe der Kläger ein umfassendes Betriebskonzept vorgelegt.
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Der Kläger wolle extensive Weidewirtschaft betreiben und dort ein Gebäude in Form einer Almstallung errichten, um die Rinder dann dort saisonabhängig von ca. Mai bis November zu halten. Zur Bauweise sei auszuführen, dass es dem Kläger möglich sei, den Bau zu äußerst günstigen Konditionen zu realisieren. Ein Holzbau wäre nicht günstiger gekommen. Auch sei die Bauweise besser geeignet, die erheblichen Schneelasten auszuhalten. Es werde zudem auf die Stellungnahmen des AELF vom Juni 2014 und vom April 2015 verwiesen. Danach habe das Vorhaben dienenden Charakter. Dem Vorhaben stünden auch keine öffentlichen Belange entgegen. Es treffe nicht zu, dass die Fläche zu klein sei. Sie eigne sich ohne weiteres, um dort 10-20 Tiere zu halten. Es solle auch zugefüttert werden. Die Hofstelle liege nur wenige Minuten entfernt vom streitgegenständlichen Grundstück. Für eine Zertifizierung als Bio-Betrieb sei ein Auslaufstall notwendig, was bei dem vorhandenen Stall nicht umsetzbar sei. Durch die Tierhaltung erspare sich der Kläger auch regelmäßiges Mähen in Hanglage. Die Bauweise schütze im Sommer vor Hitze und Nässe und im Winter vor Kälte. Die Ausführungen des AELF zum Wert der Tiere entsprächen nicht den Tatsachen. Demzufolge sei das Vorhaben des Klägers auch wirtschaftlich rentabel. Die Kosten für das Gebäude beliefen sich auf insgesamt rund 50.000 EUR. Schließlich entspreche auch die Dimensionierung unter Berücksichtigung der Größe der landwirtschaftlichen Maschinen und des Umstands, dass auch Heu gelagert werden solle, der guten fachlichen Praxis.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Vorhaben sei planungsrechtlich unzulässig, insbesondere sei es nicht privilegiert. Auf die Stellungnahme des Landratsamtes … vom 4. November 2020 und die Stellungnahme des AELF vom 10. November 2020 werde verwiesen.
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Das Landratsamt verweist dabei darauf, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eindeutig festgestellt habe, dass das Gebäude nicht als Stall geeignet sei. Die Planung sei bisher nicht geändert worden. Eine Privilegierung sei somit nicht gegeben.
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Das AELF verweist in seiner Stellungnahme vom 10. November 2020 darauf, dass das Betriebskonzept des Klägers von 2018 von einer Unterbringung von Tieren von Mai bis November ausgeht. Vor Ort habe der Kläger demgegenüber von der Planung einer ganzjährigen Unterbringung von Tieren gesprochen. Die in der Klagebegründung angegebenen 16 Kühe und 4 Ochsen entsprächen weder dem aktuellen Tierbestand, noch den Angaben des Klägers vor Ort. Der Kläger bewirtschafte insgesamt 10,83 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Bei einer ganzjährigen Nutzung seien mit dem Gebäude alle Anforderungen an die Rinderhaltung zu erfüllen. Für die nach Angaben des Klägers 20-30 Mastrinder würde der Platz im Gebäude nicht reichen. Auch seien die Fressplätze wegen des für einen Stall ungünstigen Gebäudegrundrisses nicht ausreichend. Es fehle an einer frostfreien Tränke im Winter. Auch sei eine Wasserversorgung für beide Stallhälften nicht ersichtlich. Eine Einfassung der Bodenplatte sei absolut notwendig, um Nährstoffeintrag in die umliegenden Flächen zu verhindern. Belüftung und Belichtung entsprächen nicht der praxisüblichen Bauweise eines Stalles. Es fehle im Übrigen im Umfeld an notwendigen Verkehrsflächen und Lagerflächen für Maschinen. Insgesamt fehle es an einem schlüssigen individuellen Gesamtkonzept mit detaillierter Wirtschaftlichkeitsberechnung aller notwendigen Gebäude inklusive der Erschließungskosten und der Hofbefestigung. Auch die Weidefläche sei für die gewünschte Anzahl an Kühen nicht ausreichend. Zu den genannten Alternativflächen sei auf einen vorhandenen genehmigten Stallbereich hinzuweisen, der vom Kläger nicht als Stall genutzt werde. Hinsichtlich der Angaben zur Gewinnerwartung fehle es an einer nachvollziehbaren Kostenaufstellung des Bauherrn. Bei den vom Kläger genannten Kosten von 50.000 EUR sei zu berücksichtigen, dass dies nur Kosten für einen 100 m² großen Stadel seien und nicht die Kosten für eine neue Bauausführung eines dauerhaft belegten Kuhstalles mit Jauchegrube und allen Folgekosten. Zusammengefasst diene das Vorhaben somit nicht dem Betrieb, es sei an diesem Standort nicht sinnvoll.
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Die Akten des Verwaltungsgerichtshofs Az. 1 B 16.2509 und 1 B 16.2510 wurden beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

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1. Die Klage ist zulässig. Zwar steht mit einer rechtskräftigen Bestätigung einer Beseitigungsanordnung ohne Änderung der Sach- oder Rechtslage die Unzulässigkeit eines Vorhabens fest (BayVGH, B.v. 12.5.2022 – 1 ZB 22.370 – juris). Mit Ergänzung des Vorhabens durch die Planzeichnungen (u.a. Ergänzung durch die Dachform mit Überstand und Lagerbereich sowie eine 12 Kubikmeter Jauchegrube) nebst später eingereichtem Betriebskonzept liegt jedoch eine Änderung der Sachlage vor.
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet, die Ablehnung des Bauantrags ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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a) Das zur Genehmigung gestellte Vorhaben des Klägers, der unstreitig Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs ist, dient nicht seinem landwirtschaftlichen (privilegierten) Betrieb im Sinn von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals des „Dienens“ ist der Grundgedanke des § 35 BauGB, dass der Außenbereich grundsätzlich nicht bebaut werden soll, zu beachten; durch ihn wird die Privilegierung eingeschränkt. Es reicht daher nicht aus, dass das Vorhaben nach den Vorstellungen des Landwirts für seinen Betrieb lediglich förderlich ist. Andererseits kann nicht verlangt werden, dass das Vorhaben für den Betrieb schlechthin unentbehrlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 – 4 C 11.89 – BauR 1991, 579). Dabei ist darauf abzustellen, ob ein vernünftiger Landwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde, wobei hinzukommen muss, dass das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 a.a.O.). Mit dem Tatbestandsmerkmal des „Dienens“ soll sichergestellt werden, dass das Bauvorhaben zu dem privilegierten Betrieb tatsächlich in einer funktionalen Beziehung steht. Die eigentliche Zweckbestimmung besteht darin, Missbrauchsversuchen begegnen zu können.
19
aa) Der Kläger hat in massiver Betonbauweise ein Gebäude errichtet, das jedem beliebigen Zweck zugeführt werden kann (BayVGH, U.v. 11.4.2017 – 1 B 16.2509 – juris Rn. 16) und als Stall nicht geeignet ist, weil ein Stallgebäude keine Ausführung mit fünf Meter hohen Wänden und mit kleinen Fenstern sowie eine Aufteilung in zwei Räume mit einer Trennwand ebenfalls aus Beton, die einer variablen Stallnutzung entgegensteht, erfordert (BayVGH, U.v. 11.4.2017, a.a.O. Rn. 17). Die Bevollmächtigten des Klägers haben ausweislich des Protokolls zum Augenschein des BayVGH vom 6. April 2017 (dort Seite 6) angegeben, dass das Gebäude auf eine nur vorübergehende Unterbringung von Rindern abgestellt sei und eine Stallnutzung in Abrede gestellt: „Hätte der Kläger eine Stallnutzung geplant, hätte er völlig anders gebaut“. Damit setzt sich der Kläger nun mit seinem Bauantrag für einen Rinderlaufstall unter kompletter Beibehaltung der unrechtmäßig errichteten Bausubstanz in Widerspruch. Das Gericht ist zu dem Eindruck gekommen, dass dem unpassenden Gebäude ein Nutzungszweck untergeschoben werden soll, um der bestandskräftigen Beseitigungsverpflichtung zu entgehen. Das ergibt sich auch daraus, dass die nach den Angaben des Klägers dann im Bestand anzunehmenden Tierzahlen (Stellungnahme des AELF vom 10.11.2020, dort unter 2.) nicht in den Stall passen und die erforderliche Anzahl der Fressplätze fehlt. Den nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen der landwirtschaftlichen Fachbehörde ist die Klägerseite insoweit nicht substantiiert entgegengetreten.
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bb) Unabhängig davon kann ein „Dienen“ für den landwirtschaftlichen Betrieb auch deswegen nicht festgestellt werden, weil es – unabhängig von fehlenden baulichen Änderungen – an einem überzeugenden, hinreichend konkreten Betriebskonzept (gefordert von BayVGH, U.v. 11.4.2017, a.a.O. Rn. 19) und damit an einer funktionalen Zuordnung zur Hofstelle fehlt.
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Anlagen, deren Kosten (Kosten aus der Investition und Betriebskosten) in keinem angemessenen Verhältnis zu den damit erzielbaren Einnahmen stehen, sind nicht privilegiert; ein vernünftiger Landwirt würde sie nicht errichten. Zwar sind die Anforderungen an die Darlegung der Gewinnerzielungsabsichten bei einem bereits etablierten landwirtschaftlichen Betrieb geringer als etwa bei einer Neugründung eines derartigen Betriebes. Allerdings zwingen die Besonderheiten des vorliegenden Falles (vgl. unter aa)) zu einer genaueren Betrachtung, zumal hier zudem ein wesentlicher Bestandteil des Betriebes weitab von der Hofstelle entfernt gleichsam ausgegliedert werden soll. Im Fall der Neuerrichtung eines privilegierten Vorhabens im Außenbereich ist in diesem Rahmen ein Betriebskonzept vorzulegen, das sämtliche beabsichtigte Betätigungsformen des Betriebs detailliert darstellt (BayVGH, B.v. 18.2.2013 – 1 ZB 11.1389 – juris Rn. 17 zur Abgrenzung von privilegierter Pensionspferdehaltung und gewerblichen Reiterhof; VG München, Urt. v. 5. 11. 2014 – M 9 K 14.1664 zu Erwerbsgärtnerei im Außenbereich; Busse/Kraus/Gaßner/Reuber, 150. EL Februar 2023, BayBO Art. 64 Rn. 100 a.E.). Dazu gehört auch eine substantiierte und plausible Darstellung der Kostenseite einer Maßnahme. An einer solchen detaillierten Wirtschaftlichkeitsberechnung fehlt es. Die in der mündlichen Verhandlung übergebenen losen Aufstellungen zu Einnahmen sind diesbezüglich unbehelflich. Das AELF hat schon in seiner Stellungnahme vom 10. November 2020 nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die hier zur Genehmigung gestellte Maßnahme – anders als etwa nur ein einfacher Feldstadel nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 c) BayBO – noch weitere Kosten und Maßnahmen der Erschließung für ihr Umfeld aufwirft, die bislang völlig unberücksichtigt geblieben sind und auf der Kostenseite einzurechnen und plausibel darzustellen wären. Das klägerseits erst während des Genehmigungsverfahrens eingereichte „Wirtschaftliche Konzept“ vom Februar 2018 enthält auf den Seiten 10 bis 12 keine derartige plausible Berechnung, sondern vielmehr nur rudimentäre Kostenangaben, die schon mit den eigenen im Bauantrag gemachten Angaben in Widerspruch stehen und eigene Materialien und Arbeitskraft sowie weiter erforderliche Anlagen nicht kapitalisieren. Auch dieser Umstand verstärkt den Eindruck, dass hier dem vorhandenen Betongebäude lediglich ein anderer Nutzungszweck untergeschoben werden soll, um der bestandskräftigen Beseitigungsverfügung zu entgehen.
22
cc) Auf die weitere Frage, ob überhaupt ein sachlicher Betriebsgrund für die Errichtung eines solchen Gebäudes fernab der eigentlichen Hofstelle besteht, ohne den ein vernünftiger Landwirt mit Rücksicht auf seine Betriebsabläufe kein derartiges Gebäude errichten würde, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an. Erhebliche Zweifel daran bestünden jedenfalls schon deshalb, weil auf der das Gebäude umliegenden Fläche eine nach Klägerangaben nötige Tierzahl nur sehr kurze Zeit weiden kann und es wohl nähere Flächen des klägerischen Betriebs gibt, auf denen zudem bereits Gebäude stehen. Den hierzu gemachten fachkundigen Angaben des AELF in seiner Stellungnahme vom 10. November 2020 ist die Klägerseite nicht substantiiert entgegengetreten. Die Frage kann jedoch, weil nicht mehr entscheidungserheblich, dahinstehen.
23
b) Das mangels Vorliegens einer Privilegierung als sonstiges Vorhaben im Sinn des § 35 Abs. 2 BauGB anzusehende Vorhaben ist bauplanungsrechtlich unzulässig, da es öffentliche Belange beeinträchtigt. Denn es widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans, der für das Grundstück eine Nutzung als landwirtschaftliche Fläche darstellt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Darüber hinaus beeinträchtigt es die natürliche Eigenart der Landschaft, weil es von der freien Landschaft aus wahrgenommen werden kann (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Der darin zum Ausdruck kommende funktionale Landschaftsschutz, der angesichts des gesondert geschützten Landschaftsbilds keinen ästhetischen Landschaftsschutz beinhaltet (vgl. Weyreuther, Bauen im Außenbereich, 1979, S. 81), verfolgt den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung durch die Land- und Forstwirtschaft und als Erholungsraum zu erhalten. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Aus diesem Grund sollen bauliche Anlagen abgewehrt werden, die dem Außenbereich wesensfremd sind. Dabei ist unerheblich, ob das Bauvorhaben sich – gegebenenfalls nach Verschalung des Gebäudes mit Holz – unauffällig in die Umgebung einfügt (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1969 – IV C 63.68 – NJW 1970, 346). Schließlich lässt das Vorhaben auch befürchten, dass weitere Bauwünsche im näheren Umfeld des Baugrundstücks aufkommen und damit die Erweiterung einer Splittersiedlung (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1976 – 4 C 42.74 – BauR 1976, 344; U.v. 18.2.1983 – 4 C 19.81 – BVerwGE 67, 33 zum Begriff der Splittersiedlung bei nicht dem Wohnen von Menschen dienenden Gebäuden) droht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) (so schon BayVGH, U.v. 11.4.2017 – 1 B 16.2509 – juris Rn. 18).
24
3. Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 154 Abs. 3 VwGO.
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4. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.