Titel:
Anerkennung einer in einem anderen Bundesland erworbenen Lehramtsbefähigung
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
BV Art. 101
BayLBG Art. 6, Art. 7 Abs. 2, Abs. 3
BayLPO II § 38
Leitsätze:
1. Die Anerkennung außerbayerischer lehramtsbezogener Masterabschlüsse nach § 38 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 LPO II bezieht sich nur auf unter Mitwirkung der obersten Landesbehörde akkreditierte Studiengänge. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit ist es gerechtfertigt, wenn der bayerische Normgeber für die Anerkennung außerbayerischer Lehramtsbefähigungen grundsätzlich eine Erste Lehramtsprüfung voraussetzt, mithin also grundsätzlich am Staatsexamen festhält, und lediglich zur Mobilitiätssicherung innerhalb Deutschlands ausnahmsweise außerbayerisch erworbene Masterabschlüsse, die im Land des Erwerbs den Zugang zum Vorbereitungsdienst ermöglichen, zulässt. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine unterschiedliche Behandlung von In- und Ausländern bezogen auf Abschlüsse des Gymnasiallehramtsstudiums ist gerechtfertigt, da anderenfalls die europarechtliche Harmonisierungspflicht zu einer Absenkung inländischer Qualitätsstandards führen könnte. (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anerkennung einer in Sachsen erworbenen Lehramtsbefähigung für Gymnasien als Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in Bayern, Bayerischer Master of Education, Mobilitätsbeschluss der Kultusministerkonferenz, Lehramt, Gymnasien, Bayern, Befähigung, Staatsprüfung, Master, Berufsfreiheit, Gleichbehandlung, Inländerdiskriminierung, Bundesland, Sachsen, Mobilitätsbeschluss, Europarecht, Harmonisierungspflicht
Fundstelle:
BeckRS 2023, 24981
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung der von der Klägerin in Sachsen erworbenen Lehramtsbefähigung für Gymnasien als Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in Bayern.
2
Die Klägerin legte im Frühjahr 2018 im Wiederholungsversuch die Erste Lehramtsprüfung für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern der Fächerverbindung Biologie und Chemie ab. Die Prüfung ist laut einer Bescheinigung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (im Folgenden: Staatsministerium) vom 31. Juli 2018 gem. § 6 LPO I nicht bestanden und kann gem. § 14 Abs. 1 LPO I nicht mehr wiederholt werden. Gemäß Prüfungszeugnis der … (im Folgenden: …) vom 13. November 2018 hat sie dagegen sämtliche für den Erwerb des Mastergrades im Studiengang Lehramtsbezogener Masterstudiengang Gymnasium mit der Fächerkombination Biologie/Chemie erforderlichen Leistungen erbracht. Das Prüfungszeugnis weist insoweit die Gesamtnote „gut (1,7)“ aus.
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Unter dem 17. April 2020 reichte die Klägerin beim Staatsministerium eine digitale Bewerbung um Verwendung im staatlichen Gymnasialdienst in Bayern als „Freier Bewerber“ zum September 2020 ein. Sie wies darauf hin, dass sie derzeit ihren Vorbereitungsdienst für das gymnasiale Lehramt mit der Fächerkombination Biologie und Chemie im Freistaat Sachsen absolviere, jedoch kein Erstes Staatsexamen in Bayern abgelegt habe, sondern 2018 den Master of Education. Dieser sei als Zulassungsvoraussetzung für das Referendariat (in Sachsen) anerkannt worden.
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Mit Schreiben des Staatsministeriums vom 28. Mai 2020 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die Übernahme in den staatlichen bayerischen Schuldienst grundsätzlich die Befähigung für das Lehramt der jeweiligen Schulart in Bayern voraussetze. Diese werde gemäß Art. 7 Abs. 1 des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes durch das Bestehen der Ersten und Zweiten Staatsprüfung für dieses Lehramt erworben. In welchem Umfang Studienzeiten und Leistungsnachweise aus einem früheren Studium als Ersatz für die fachlichen Zulassungsvoraussetzungen zur Ersten Staatsprüfung angerechnet werden könnten, müsste ggf. an einer Außenstelle des Prüfungsamts an einer bayerischen Universität geklärt werden. Aufgrund ihrer derzeitigen Qualifikation sei an staatlichen Gymnasien für sie nur eine zeitlich befristete Aushilfstätigkeit möglich.
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Mit weiterem Schreiben des Staatsministeriums vom 1. Juli 2020 wurde der Klägerin nach deren Hinweis auf den Beschluss der Kultusministerkonferenz „Regelung und Verfahren zur Erhöhung der Mobilität und Qualität von Lehrkräften“ mitgeteilt, dass die Anerkennung des von der … verliehenen Mastergrades im Studiengang Lehramtsbezogener Masterstudiengang Gymnasium als gleichwertig der Ersten Staatsprüfung eine Maßnahme nach dem Landesrecht des Landes Sachsen darstelle, die in Bayern nicht nachvollzogen werde. Im Bayerischen Lehrerbildungsgesetz sei festgelegt, dass das für ein Lehramt an öffentlichen Schulen erforderliche Studium mit der Ersten Lehramtsprüfung abschließe. Nachdem sie nicht den Nachweis einer erfolgreichen Ersten Lehramtsprüfung in Bayern führen könne, scheide unabhängig von der Art des Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung die Anerkennung der in Sachsen erworbenen Lehramtsbefähigung gemäß Art. 7 Abs. 2 BayLBG aus. Der Beschluss „Regelungen und Verfahren zur Erhöhung der Mobilität und Qualität von Lehrkräften“ der Kultusministerkonferenz vom 7. März 2013 i. d. F. vom 27. Dezember 2013 regele im Sinne einer Erhöhung der Mobilität die gegenseitige Anerkennung von Lehramtsprüfungen und -befähigungen, jedoch unter der Voraussetzung, dass im jeweiligen Land nach geltendem Landesrecht die Prüfungen erfolgreich absolviert worden seien und eine Zulassung zum Vorbereitungsdienst in diesem Land zu eröffnen gewesen wäre, was jedoch in ihrem Fall durch das endgültige Nichtbestehen der Ersten Lehramtsprüfung nicht angezeigt gewesen sei. Gemäß Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5. Dezember 2013 zur Gestaltung von Sondermaßnahmen zur Gewinnung von Lehrkräften zur Unterrichtsversorgung könnten Länder, sofern Bedarfe bestehen, landesspezifische Sondermaßnahmen u.a. bei der Zulassung zum Vorbereitungsdienst ergreifen, die jedoch ausschließlich nach Landesrecht außerhalb der verbindlichen Vereinbarungen zur gegenseitigen Anerkennung von Lehramtsprüfungen und Lehramtsbefähigungen eingerichtet würden.
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Unter dem 9. April 2021 teilte das Staatsministerium im Wesentlichen mit, dass die Klägerin gemäß den Unterlagen des Prüfungsamtes des Staatsministeriums die Erste Lehramtsprüfung in Bayern endgültig nicht bestanden habe und sie somit nicht eine der wesentlichen Zulassungsvoraussetzungen für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst in Bayern erfülle. Laut Beschluss der Kultusministerkonferenz von 22. Oktober 1999 würden „die Ersten Staatsprüfungen für die Lehrämter […] im Rahmen der durch die Stellungnahme der Kultusministerkonferenz zur „Studienstrukturreform für die Lehrerausbildung“ vom 12. Mai 1995 definierten und durch die Rahmenvereinbarungen vom 6. Mai 1994, 12. Mai 1995 und 28. Februar 1997 konkretisierten Lehramtstypen anerkannt. Die Anerkennung bezieht sich auf die Zulassung zum Vorbereitungsdienst in Ausbildungsgängen des gleichen Lehramtstyps sowie auf die laufbahngerechte Einstellung für Lehrämter des gleichen Lehramtstyps.“ Die Anerkennung des von der … verliehenen Mastergrades im Studiengang Lehramtsbezogener Masterstudiengang Gymnasium als gleichwertig der Ersten Staatsprüfung in Sachsen stelle somit eine Maßnahme nach Landesrecht des Landes Sachsen außerhalb des vorstehenden Beschlusses dar. Eine Renostrifizierung scheide aus, nachdem ein endgültiges Nichtbestehen der Ersten Lehramtsprüfung und das damit verwirkte Recht der Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt in Bayern gerade nicht geheilt werden könne über landesrechtliche Sondermaßnahmen anderer Länder wie hier im Land Sachsen, das ggf. bedarfsbedingt trotz des in Bayern verwirkten Rechtes der Zulassung zum Vorbereitungsdienst nach landeseigener Gesetzgebung eine Zugangsberechtigung im Einzelfall eröffnet habe, um für das dortige Schulwesen Personal zu gewinnen. Nach den ländergemeinsamen Umsetzungsrichtlinien für die Anpassung von Regelungen und Verfahren bei der Einstellung in Vorbereitungs- und Schuldienst sowie für die Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen in Studiengängen der Lehramtsausbildung hätten sich die Länder verpflichtet, Bewerberinnen und Bewerber, die ein Lehramtsstudium gemäß den Vorgaben der Kultusministerkonferenz absolviert hätten, unabhängig vom Land, in dem der Abschluss erworben worden sei, über die formale Anerkennung von Abschlüssen hinaus auch gleichberechtigten Zugang zum Vorbereitungsdienst für den ihrem Abschluss entsprechenden Lehramtstyp zu ermöglichen, und Absolventinnen und Absolventen eines Vorbereitungsdienstes für ein Lehramt, das den Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz entspreche, in allen Ländern gleichermaßen den Berufszugang für den ihrem Abschluss entsprechenden Lehramtstyp zu ermöglichen. Eben diesen Anforderungen entspreche die in Sachsen erworbene Qualifikation der Klägerin nicht, nachdem trotz in Bayern nicht bestandener Erster Lehramtsprüfung und verwirkter Zulassung zum Vorbereitungsdienst in Sachsen ersatzweise ein außerhalb der in Bayern geltenden Ausbildungsordnung für das Lehramt an Gymnasien universitär erworbenes Zeugnis (hier: Master of Education) für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst anerkannt worden sei. Nach Art. 11 Leistungslaufbahngesetz (LlbG) könne in ein Beamtenverhältnis nach Art. 1 Abs. 1 BayBG übernommen werden, wer auf Grund einer Qualifikation entsprechend den Laufbahnvorschriften des Bundes oder eines anderen Landes sowie seines individuellen Berufsweges einen Stand an Wissen und Fertigkeiten aufweise, der der nach bayerischen Vorschriften erforderlichen Qualifikation gleichwertig sei. Die Erste Lehramtsprüfung sei Einstellungsprüfung im Sinn des Leistungslaufbahngesetzes und Hochschulabschlussprüfung. Sie diene der Feststellung, ob auf Grund des Studiums die fachliche Eignung für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien erworben worden sei. In der Ersten Lehramtsprüfung solle nachgewiesen werden, dass die durch das Studium zu erwerbenden Voraussetzungen für das Lehramt an Gymnasien vorliegen. Mit dem endgültigen Nichtbestehen der Ersten Lehramtsprüfung bleibe die Klägerin diesen Nachweis schuldig. Mit dem endgültigen Nichtbestehen scheide ein Nachqualifikation gemäß §§ 119 f. LPO I für das Lehramt in Gymnasium in Bayern aus. Inwiefern die Klägerin trotz Nichtbestehens der Ersten Lehramtsprüfung in Bayern im Land Sachsen zur Ersten Staatsprüfung gemäß der dortigen Lehramtsprüfungsordnung zugelassen werden könnte, sei von ihr im Land Sachsen prüfen zu lassen.
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Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 28. Mai 2021, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, hat die Klägerin Klage erhoben.
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Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen und sinngemäß vor, ihr stehe ein subjektiv-öffentlicher Anspruch aus Art. 11 Abs. 2 LlbG und Art. 7 Abs. 2 und 3 BayLBG darauf zu, dass die von ihr erworbene sächsische Lehramtsbefähigung für Gymnasiallehrer als Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in Bayern anerkannt werde. Der Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. März 2013 sei in Art. 11 LlbG umgesetzt worden. Sie habe den sächsischen Vorbereitungsdienst mit der Staatsprüfung abgeschlossen und die sächsische Lehrbefähigung für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern Biologie und Chemie erworben, verbunden mit der Berechtigung zum Führen der Berufsbezeichnung „Lehrerin für das Lehramt an Gymnasien“. Sie weise damit auf Grund einer Qualifikation entsprechend den Laufbahnvorschriften des Landes Sachsen und ihres individuellen Berufswegs einen Stand an Wissen und Fertigkeiten auf, der der nach bayerischen Vorschriften erforderlichen Qualifikation gleichwertig sei. Demgegenüber könne sich das frühere endgültige Nichtbestehen der bayerischen Ersten Lehramtsprüfung nicht auswirken, da Art. 11 LlbG auf den aktuellen Stand an Wissen und Fertigkeiten rekurriere und nicht auf einen früheren Stand. Art. 11 LlbG sei bei der Auslegung von Art. 7 Abs. 2 und 3 BayLBG zu berücksichtigen. In jedem Fall könne keine Ablehnung erfolgen, sondern allenfalls eine Nachqualifikation angeordnet werden. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass eine solche erforderlich wäre. Im Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 22. Oktober 1999 (i. d. F. vom 7.3.2013) seien die vom Ministerium erwähnten landesspezifischen Sondermaßnahmen nicht enthalten. Es sei lediglich in Nr. 3 des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 22. Oktober 1999 geregelt: „Die Auswahl an Bewerberinnen und Bewerber im Hinblick auf die Bedarfssituation in den Unterrichtsfächern sowie im Hinblick auf besondere Qualifikationsprofile bleibt Sache des einstellenden bzw. aufnehmenden Landes.“ Zu berücksichtigen seien aber insbesondere Nr. 1 Satz 2 zur Anerkennung der Lehramtsbefähigung nach Nr. 1 Satz 1: „Die Anerkennung bezieht sich auf […] die laufbahngerechte Einstellung für Lehrämter des Lehramtstyps.“ und auf Nr. 4: „Die Mitglieder der Kultusministerkonferenz werden alle Spielräume des geltenden Laufbahnrechts nutzen, um den Gesichtspunkten dieses Beschlusses bestmöglich Rechnung zu tragen.“ Soweit der Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5. Dezember 2013 mit Sondermaßnahmen angesprochen werde, sei dieser vorliegend nicht anzuwenden, denn es gehe darin um Sondermaßnahmen, die von Nr. 1 Satz 1 abwichen. Sie habe aber gerade ein auf ein Lehramt bezogenes Studium (Bachelor Lehramt an Gymnasien Biologie/Chemie nebst Lehramtsbezogenem Masterstudiengang Gymnasium mit der Fächerkombination Biologie/Chemie) und den sich daran anschließenden Vorbereitungsdienst, der mit einer Staatsprüfung abschließe, im Sinne von Nr. 1 Satz 1 des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 5. Dezember 2013 abgeschlossen. Insofern seien auch die Ausführungen im Schreiben vom 9. April 2021 nicht nachvollziehbar, dass von ihr prüfen zu lassen sei, inwiefern sie trotz Nichtbestehens der Ersten Lehramtsprüfung in Bayern im Land Sachsen zur Ersten Staatsprüfung zugelassen werden könnte. In Sachsen sei für den Vorbereitungsdienst und das darauffolgende Staatsexamen, welches zu der von ihr erworbenen sächsischen Berufsbezeichnung führe, nicht zwingend ein Erstes Staatsexamen erforderlich, sondern gemäß § 3 Nr. 2 LAPO II (Sachsen) gebe es die Staatsprüfung für Absolventen, die einen Abschluss gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 LAPO II (Sachsen) oder einen entsprechenden Abschluss gemäß § 4 Abs. 2 oder Abs. 3 LAPO II (Sachsen) nachwiesen. Diesen Abschluss habe sie mit dem Bachelor Lehramt an Gymnasien Biologie/Chemie nebst Lehramtsbezogenem Masterstudiengang Gymnasium mit der Fächerkombination Biologie/Chemie nachgewiesen, sonst wäre sie nicht zum Vorbereitungsdienst und zur Staatsprüfung in Sachsen zugelassen worden. Abschließend werde darauf hingewiesen, dass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch eine unsachliche Ungleichbehandlung gegenüber EU-Ausländern vorliege, da ein EUausländischer Gymnasiallehrerabschluss nach Art. 7 Abs. 4 BayLBG anzuerkennen wäre. Sie werde nämlich trotz ihres in der Bundesrepublik erworbenen Abschlusses der sächsischen Lehramtsbefähigung für Gymnasiallehrer schlechter gestellt als ein Angestellter mit einem im EU-Ausland erworbenen Gymnasiallehrerabschluss, was eine sog. Inländerdiskriminierung darstelle.
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Die Klägerin beantragt wörtlich,
- 1.
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den Beklagten unter Aufhebung bzw. Abänderung der Ablehnungsbescheide vom 28.05.2020 (Az.: … – Anlage 2), 01.07.2020 (Az.: …; … – Anlage 3) und 09.04.2021 (Az.: … – Anlage 4) zu verurteilen, die von der Klägerin erworbene sächsische „Lehramtsbefähigung für Gymnasiallehrer“ als Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in Bayern anzuerkennen,
- 2.
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hilfsweise:
den Beklagten unter Aufhebung bzw. Abänderung der Ablehnungsbescheide vom 28.05.2020, 01.07.2020 und 09.04.2021 zu verurteilen, über den Antrag der Klägerin auf Anerkennung der von der Klägerin erworbene sächsische „Lehramtsbefähigung für Gymnasiallehrer“ als Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in Bayern unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, und stellt klar, dass in den Anträgen sowohl die Anerkennung ohne Nachqualifizierung als auch die Anerkennung mit Nachqualifizierung enthalten ist.
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Der Beklagte beantragt,
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Er trägt über sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren hinaus sinngemäß im Wesentlichen vor, der Bescheid vom 28. Mai 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. April 2021 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach Art. 4 Abs. 1 LlbG könnten Bewerber und Bewerberinnen in das Beamtenverhältnis berufen werden, wenn sie die erforderliche Vorbildung besäßen. Diese notwendige Qualifikation werde durch eine entsprechende Vorbildung sowie das Ableisten des Vorbereitungsdienstes und das Bestehen der Qualifikationsprüfung erworben, vgl. Art. 6 f. LlbG. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LlbG sei für die 4. Qualifikationsebene mindestens folgende Vorbildung erforderlich: die Erste Staatsprüfung, die Erste Juristische Prüfung, ein Diplom- oder Magisterabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation an einer Universität oder Kunsthochschule oder ein Masterabschluss. Die Ersten Staatsprüfungen würden gem. Art. 22 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 LlbG als Einstellungsprüfung, die wiederum Voraussetzung für die Einstellung in den Staatsdienst und damit auch für das Ableisten des Vorbereitungsdienstes sei, gelten. Die Erste Staatsprüfung habe somit eine doppelte Funktion, nämlich als Abschlussprüfung für ein Universitätsstudium und als Einstellungsprüfung für die 4. Qualifikationsebene. Die Masterstudiengänge, vgl. Art. 7 Abs. 1 Nr. 4 LlbG, gingen zurück auf die Erklärung von Bologna. Durch das Änderungsgesetz vom 8. Februar 2002 sei § 19 HRG dahingehend geändert worden, dass Bachelor- und Masterabschlüsse als regelmäßige Abschlüsse eingerichtet werden könnten. In Bayern erfolge diese Umsetzung durch Änderung des BayHSchG. Unberührt von dieser Regelung seien geblieben und blieben jedoch Studiengänge, die ganz oder teilweise mit einer Staatsprüfung abgeschlossen würden. Für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst einer Fachlaufbahn für Beamte in der 4. Qualifikationsebene bilde der Masterabschluss nur dann die Regelvoraussetzung, wenn der Vorbereitungsdienst auf einem Studiengang mit Masterabschluss aufbaue. Für Studienabschlüsse, die mit einer Staatsprüfung abgeschlossen würden, bilde die Aufteilung in Bachelor- und Masterstudium nach Art. 57 Abs. 4 BayHSchG nicht die Regel. Zum Erwerb der Befähigung für ein Lehramt in Bayern sei grundsätzlich erforderlich, dass ein Studium mit erfolgreicher Erster Lehramtsprüfung abgeschlossen werde. Die Klägerin habe diese Erste Lehramtsprüfung in Bayern endgültig nicht bestanden. Ein Masterabschluss sei nicht ausreichend, da Lehramtsstudiengänge mit einer Staatsprüfung abgeschlossen würden. Die Voraussetzungen für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis seien somit nicht gegeben.
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Mit dem endgültigen Nichtbestehen der Ersten Lehramtsprüfung verwirke die Klägerin auch das Recht der Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien in Bayern. Die in Sachsen erworbene Lehramtsbefähigung könne nicht anerkannt werden. Der jeweilige Landesgesetzgeber könne im Rahmen seiner Gesetzgebungszuständigkeit – wie im Schul- und Hochschulwesen – von der Gesetzgebung anderer Länder abweichende Regelungen über Prüfungen und Versetzungen treffen. In einem Land erzielte Abschlüsse oder sonstige Berechtigungen begründeten in einem anderen Land nur dann einen Anspruch, wenn sie anerkannt worden seien. Würden auf Grund dessen in einem Bundesland weniger schwere Anforderungen gestellt, seien die anderen Bundesländer nicht etwa wegen des Gleichheitssatzes verpflichtet, die weniger qualifizierten Abschlüsse oder sonstigen Prüfungsentscheidungen anzuerkennen.
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In ein Beamtenverhältnis könne gem. Art. 11 Abs. 1 LlbG auch übernommen werden, wer auf Grund seiner Qualifikation entsprechend den Laufbahnvorschriften eines anderen Landes sowie seines individuellen Berufsweges einen Stand an Wissen und Fertigkeiten aufweise, welcher der nach bayerischen Vorschriften erforderlichen Qualifikation gleichwertig sei. Eine Gleichwertigkeit der Laufbahnen im Sinne von Art. 11 Abs. 1 LlbG setze voraus, dass der Erwerb der Qualifikation für die bisherige Laufbahn und der Erwerb der für eine Übernahme nach bayerischem Recht erforderlichen Qualifikation entweder eine im Wesentlichen gleiche Vor- und Ausbildung voraussetzten oder die Qualifikation für die neue Laufbahn auf Grund der Vorbildung, Ausbildung und Tätigkeit in der bisherigen Laufbahn durch Unterweisung erhoben werden könne. Nach Art. 7 Abs. 2 BayLBG stelle das Staatsministerium fest, ob eine außerhalb des Geltungsbereichs des BayLBG erworbene Befähigung der Befähigung für ein Lehramt im Sinne des BayLBG entspreche. Aus den Abkommen der Kultusministerkonferenz könnten Anhaltspunkte dafür gewonnen werden, ob eine grundsätzliche Übereinstimmung in den wesentlichen Punkten bestehe. Sie hätten zwar grundsätzlich keinen bindenden Charakter, da Beschlüsse der Kultusministerkonferenz keine Rechtsnormen darstellten, es handele sich aber um antizipierte Sachverständigengutachten. Nach den ländergemeinsamen Umsetzungsrichtlinien für die Anpassung von Regelungen und Verfahren bei der Einstellung in Vorbereitungs- und Schuldienst sowie für die Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen in Studiengängen der Lehramtsausbildung hätten sich die Länder verpflichtet, Bewerberinnen und Bewerbern, die ein Lehramtsstudium gemäß den Vorgaben der Kultusministerkonferenz absolviert hätten, unabhängig vom Land, in dem der Abschluss erworben worden sei, über die formale Anerkennung von Abschlüssen hinaus auch gleichberechtigten Zugang zum Vorbereitungsdienst für den ihrem Abschluss entsprechenden Lehramtstyp zu ermöglichen sowie Absolventinnen und Absolventen eines Vorbereitungsdienstes für ein Lehramt, das den Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz entspreche, in allen Ländern gleichermaßen den Berufszugang für den ihrem Abschluss entsprechenden Lehramtstyp zu ermöglichen. Hierfür sei daher eine Regelung in § 39 Abs. 1 LPO II getroffen worden. Die von der Klägerin bestandene Zweite Staatsprüfung im Land Sachsen möge zwar gleichwertig im Vergleich zum bayerischen Zweiten Staatsexamen sein, jedenfalls stelle aber der mit dem Mastergrad abgeschlossene Masterstudiengang keine gleichwertige Vor- und Ausbildung im Vergleich zum mit der Ersten Lehramtsprüfung abgeschlossenen Lehramtsstudium in Bayern dar, so dass die erworbene sächsische Lehramtsbefähigung nicht anerkannt werden könne. Voraussetzung für die Anerkennung sei, dass die nachgewiesene Ausbildung und die abgelegte Zweite Staatsprüfung der nach dem BayLBG und der einschlägigen Prüfungsordnung für das betreffende Lehramt geforderten Ausbildung und Prüfungen gleichwertig seien. Der von der … verliehene Mastergrad im Studiengang Lehramtsbezogener Masterstudiengang Gymnasium sei nicht gleichwertig mit der Ersten Staatsprüfung in Bayern. In Bayern sei das Lehramtsstudium für Gymnasien zwar modular aufgebaut, als Abschluss sei aber die Erste Staatsprüfung vorgesehen, ohne die eine Zulassung zum Vorbereitungsdienst in Bayern in keinem Fall erfolgen könne. Die Erste Lehramtsprüfung diene gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 LPO I der Feststellung, ob auf Grund des Studiums die fachliche Eignung für die Einstellung in Vorbereitungsdienst für ein Lehramt an öffentlichen Schulen erworben worden sei, und mir ihr könne gem. § 1 Abs. 2 Satz 3 LPO I nachgewiesen werden, dass die durch das Studium zu erwerbenden Voraussetzungen für das angestrebte Lehramt vorlägen. Der lehramtsbezogene Masterstudiengang Gymnasium sei hingegen ein Angebot für Studierende des Lehramtsstudiengangs Gymnasium, die einen zusätzlichen bzw. alternativen Studienabschluss anstrebten. Die Erste Lehramtsprüfung und der lehramtsbezogene Masterstudiengang verfolgten somit unterschiedliche Zwecke und seien nicht vergleichbar.
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Außerdem sei der Beklagte gerade nicht verpflichtet, wie vorliegend den Absolventinnen und Absolventen von Sondermaßnahmen zur Personalgewinnung in anderen Ländern den Berufszugang für den ihrem Abschluss entsprechenden Lehramtstyp zu ermöglichen, solange in Bayern kein fachspezifischer Mangel bestehe. Insoweit verweist der Beklagte auf Nr. 4 des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 7. März 2013 (gemeint ist wohl der Beschluss vom 5. Dezember 2013). In den Fächern Chemie und Biologie bestehe derzeit in Bayern kein fachspezifischer Mangel.
15
Die Anerkennung der Lehramtsbefähigung könne auch nicht durch eine entsprechende Nachqualifikation ermöglicht werden. Wenn eine in einem anderen Land erworbene Lehramtsbefähigung nicht der Befähigung für ein Lehramt im Sinne des BayLBG entspreche, so setze die Feststellung der Lehramtsbefähigung eine entsprechende Nachqualifikation im Freistaat Bayern voraus. Mit dem endgültigen Nichtbestehen der Ersten Lehramtsprüfung in Bayern scheide für die Klägerin jedoch eine Nachqualifikation gemäß §§ 119 f. LPO I für das Lehramt an Gymnasien in Bayern aus. Die Nachqualifikation bestehe gem. § 121 Abs. 1 Satz 1 LPO I in der Ablegung einer oder mehrerer der nach Kapitel II Zweiter Teil (§§ 32 bis 118) der LPO I für das betreffende Lehramt und das betreffende Fach vorgesehenen Einzelprüfungen oder im Nachweis bestimmter für das betreffende Lehramt und das betreffende Fach nach Kapitel II Zweiter Teil (§§ 32 bis 118) der LPO I zu erbringender Zulassungsvoraussetzungen. Aufgrund des endgültigen Nichtbestehens der Ersten Lehramtsprüfung im Fach Chemie sei die Prüfung gem. § 6 LPO I nicht bestanden. Sie könne auch gem. § 14 Abs. 1 LPO I nicht mehr wiederholt werden. Es sei somit nicht möglich, eine oder mehrere vorgesehene Einzelprüfungen im Fach Chemie zu wiederholen; ebenso könnten auch die Zulassungsvoraussetzungen gem. § 62 LPO I nicht mehr erbracht werden. Diese Regelungen könnten nicht dadurch umgangen werden, dass in einem anderen Bundesland auf Grund des dort bestehenden Lehrermangels eine andersartige Hochschulqualifikation (hier: der Mastergrad der Klägerin) anerkannt und auf dieser Basis ein Zugang zum dortigen Vorbereitungsdienst eröffnet worden sei.
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Es liege kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG wegen einer sog. Inländerdiskriminierung vor. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LlbG sei die Einstellung in das Beamtenverhältnis Bayern bei Anerkennung eines in einem Mitgliedstaat im Sinn des Art. 42 Abs. 2 LlbG erworbenen Qualifikationsnachweises gemäß Art. 41 bis 51 LlbG möglich. Ergänzend hierzu regele Art. 7 Abs. 4 BayLBG die Anerkennung von im Ausland erworbenen Lehramtsbefähigungen. Auch nach diesen Vorschriften wäre eine Anerkennung nicht möglich, wenn die Klägerin ihren Vorbereitungsdienst nicht in Sachsen, sondern stattdessen beispielsweise im EU-Ausland eine schulpraktisch vertiefende Ausbildungsphase bzw. pädagogische Eignungsprüfung abgelegt hätte. Laut Bundesverwaltungsgericht sei die Gleichwertigkeit der Qualifikation zu verneinen, wenn jemand in Deutschland eine Ausbildung (z.B. ein Studium) endgültig nicht bestanden habe, dann aber im Ausland nach einem verhältnismäßig kurzen Ergänzungslehrgang eine Berufsqualifikation zuerkannt erhalte, und dann die Anerkennung dieser Qualifikation in Deutschland beantrage (BVerwG, U.v. 27.4.1995 – 3 C 23/93). Die in Deutschland nach dem endgültigen Scheitern der Ausbildung nicht mehr berücksichtigungsfähigen Ausbildungsabschnitte könnten nicht als Teil einer Ausbildung nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats berücksichtigt werden.
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In der mündlichen Verhandlung vom 15. September 2022 ist nach Erörterung der Sach- und Rechtslage den Beteiligten Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme gegeben und die Verhandlung vertagt worden.
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Anschließend hat die Klägerin das Anschreiben betreffend die Einstellungszusage für ihre Übernahme in den Schuldienst des Freistaates Sachsen vom 19. November 2018, den entsprechenden Zulassungsbescheid vom 26. November 2018 sowie ihre Annahmeerklärung vom 6. Dezember 2018 vorlegen lassen. Es sei offenkundig eine reguläre Zulassung zum Vorbereitungsdienst in Sachsen erfolgt. Lediglich für die Zeit nach dem Vorbereitungsdienst werde wegen des absehbaren Bedarfes zugesagt, dass eine unbefristete Einstellung wahrscheinlich möglich sein werde.
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Die Beklagtenseite führt über ihr bisheriges Vorbringen hinaus aus, eine Verwirkung in dem Sinne, dass es der Klägerin nicht mehr möglich sein werde, in Bayern als Lehrerin zu arbeiten, sei nicht eingetreten. Die Klägerin habe zwar die Erste Lehramtsprüfung im Freistaat Bayern endgültig nicht bestanden, es sei ihr jedoch weiterhin möglich, durch das Bestehen der Ersten Staatsprüfung im Freistaat Sachsen diesen Mangel zu heilen. Daneben bestehe die Möglichkeit, durch einen entsprechenden Master of Science, welcher formal an die Stelle der Ersten Staatsprüfung im Rahmen einer Sondermaßnahme treten könnte, im Falle eines Lehrermangels in Bayern im Fach Chemie einen der Ersten Lehramtsprüfung im Rahmen der Sondermaßnahme als gleichwertig anzunehmenden Abschluss zu erzielen, der den Zugang zum Vorbereitungsdienst in Bayern für das Lehramt Gymnasien eröffnen könnte. Derzeit gebe es allerdings in Bayern keine derartige Sondermaßnahme, so dass aktuell nur die erstgenannte Möglichkeit (Bestehen der Ersten Staatsprüfung im Freistaat Sachsen) bestehe. § 4 Abs. 3 LAPO II (Sachsen) regele den Zugang zum sächsischen Vorbereitungsdienst mit einem nicht in Sachsen erworbenen Nachweis. Nachdem der Master of Education gerade nicht in Inhalt und Umfang den Vorgaben der Kultusministerkonferenz für das betreffende Lehramt entspreche, wäre eine Zulassung zum Vorbereitungsdienst in Sachsen außerhalb einer Sondermaßnahme zu verwehren gewesen. Die Zuständigkeit für die Lehrkräfteausbildung obliege den Kultus- und Wissenschaftsministerien der Länder. Diese regelten die Ausbildung durch Studien-, Ausbildungs- und Prüfungsordnungen bzw. entsprechende rechtliche Vorgaben. Die Erste und die Zweite Staatsprüfung würden durch staatliche Prüfungsämter oder -kommissionen der Länder abgenommen. Für Bachelor- und Masterstudiengänge, die den Zugang zum Vorbereitungsdienst ermöglichten, würden die Studien- und Prüfungsordnungen auf Basis staatlicher Vorgaben von den Hochschulen erstellt. Nachdem in Bayern ausschließlich eine Erste Lehramtsprüfung den Zugang zum Vorbereitungsdienst eröffne, die lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengänge der bayerischen Universitäten dagegen nicht im Einvernehmen mit dem Staatsministerium eingerichtet, sondern hochschulindividuelle (Zusatz-)Angebote mit ausschließlichem universitären Abschlusscharakter seien, hätten letztere keine eine Erste Lehramtsprüfung ersetzende Bedeutung.
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Eine Ungleichbehandlung eines außerbayerischen Masters of Education mit einem in Bayern erworbenen liege nicht vor, da der Prüfungscharakter des in Bayern von der … ausgestellten Masters of Education nicht vergleichbar sei. In Bayern lägen die lehramtsbezogenen Modul- und die Abschlussprüfungen im ausschließlichen Verantwortungsbereich der jeweiligen Hochschule. Art und Umfang der Modulprüfungen seien damit bereits semesterübergreifend innerhalb der einzelnen Universität nicht miteinander vergleichbar im Sinne eines leistungsbezogenen Bewertungs- und späteren Einstellungskriteriums in den öffentlichen Schuldienst. Universitäre Modulprüfungen wie die vorliegenden unterlägen nicht der staatlichen Aufsicht, weder der Prozentrang noch eine damit erreichte bayernweite Platzziffer seien feststellbar. Die Kultusministerien der anderen Länder würden bei landesspezifischen lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengängen in die Prüfungsstruktur der Hochschule unmittelbar eingebunden. Für landeseigene lehramtsbezogene Bachelor- und Masterstudiengänge, die den Zugang zum Vorbereitungsdienst im jeweilig ausbildenden Land eröffneten, würden die Studien- und Prüfungsordnungen auf der Basis staatlicher (landesinterner, den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz folgender) Vorgaben von den Hochschulen erstellt. Hier werde die staatliche Verantwortung für die inhaltlichen Anforderungen der Lehrkräfteausbildung durch die Mitwirkung eines Vertreters der für das Schulwesen zuständigen obersten Landesbehörde (Kultusministerium) im Akkreditierungsverfahren gesichert. Die Akkreditierung des jeweiligen Studienganges als Lehramtsstudiengang mit abschließender Prüfung unter staatlicher Beteiligung bedürfe der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde der Kultusseite. Die Kultusministerkonferenz habe in den „Ländergemeinsamen inhaltlichen Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerbildung“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.10.2008 i. d. F. vom 16.05.2019) diejenigen Kompetenzen beschrieben, die in der Ausbildung für die Lehrämter erworben werden müssten. In den „Eckpunkten für die gegenseitige Anerkennung von Bachelor- und Masterabschlüssen in Studiengängen, mit denen die Bildungsvoraussetzungen für ein Lehramt vermittelt werden“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 2.6.2005) hätten die Länder miteinander verabredet, dass das integrative, lehramtsbezogene (landesseitig akkreditierte) Studium an Universitäten oder gleichgestellten Hochschulen (Pädagogische Hochschulen) zwei Fachwissenschaften und die Bildungswissenschaften in der Bachelorphase sowie in der Masterphase umfasse. Damit seien zwischen den Absolventen der Ersten Lehramtsprüfung und den Absolventen eines Masters of Education einheitliche und vergleichbare Qualitätsstandards gegeben. Die Anerkennung außerbayerischer Masterabschlüsse nach § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LPO II Bayern beziehe sich nur auf im o.g. Verfahren unter Mitwirkung der obersten Landesbehörde (Kultusministerium) akkreditierte Studiengänge und stelle daher keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar. Vielmehr handele es sich um unterschiedliche Sachverhalte, die entsprechend unterschiedlich zu behandeln seien. Eine seitens der Klägerin angestrebte ausschließliche Anerkennung der durch den Freistaat Sachsen verliehenen Lehramtsbefähigung auch im Freistaat Bayern sei nicht möglich. Art. 7 Abs. 3 BayLBG regele den Fall, dass eine in einem anderen Land erworbene Lehramtsbefähigung nicht der Befähigung für ein Lehramt im Sinn dieses Gesetzes entspreche, die Unterschiede hinsichtlich Vorbildung, Ausbildung und Prüfungen aber durch die Erbringung zusätzlicher Leistungen ausgleichbar seien, so dass die Feststellung der Lehramtsbefähigung eine entsprechende Nachqualifikation im Freistaat Bayern voraussetze. Bedingt im endgültigen Nichtbestehen sei in Bayern eine erneute Ablage der Ersten Lehramtsprüfung im Fach Chemie ausgeschlossen, jedoch über Sachsen möglich. Nachdem das Land Sachsen sich am endgültigen Nichtbestehen nicht gestört habe, dürfte eine großzügige Anerkennung der erworbenen Leistungspunkte für die Zulassung zur Ersten Staatsprüfung möglich sein. Art. 7 Abs. 3 BayLBG sehe als Bezugsebene die außerbayerische Qualifikation als Erste und/oder Zweite Staatsprüfung vor, nicht aber die in Bayern endgültig nicht bestandene Erste Lehramtsprüfung, die als Drittäquivalenz (nicht bestandene Erste Lehramtsprüfung, dann universitäre Prüfung an der …, dann Master of Education als Zulassungsvoraussetzung zum Vorbereitungsdienst in Sachsen) mit der Absolvierung des Vorbereitungsdienstes in einem anderen Bundesland anerkennungsfähig werden solle, nachdem in Bayern die Zulassung zum Vorbereitungsdienst zu versagen gewesen sei. Nach dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. März 2013 i. d. F. vom 27. Dezember 2013 „Ländergemeinsame Umsetzungsrichtlinien für die Anpassung von Regelungen und Verfahren bei der Einstellung in Vorbereitungs- und Schuldienst sowie für die Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen in Studiengängen der Lehramtsausbildung“ seien die fachlichen Zugangsvoraussetzungen zum Vorbereitungsdienst für ein Lehramt erfüllt, wenn für das betreffende Lehramt das nach den Vorgaben der Kultusministerkonferenz vorgesehene Studium mit einer Ersten Staatsprüfung bzw. einer gleichgestellten lehramtsbezogenen Hochschulprüfung (Master of Education) abgeschlossen worden sei. Diese Gleichstellung sei aufgrund des endgültigen Nichtbestehens der Ersten Lehramtsprüfung einerseits und der fehlenden Akkreditierung des bestandenen, an der FAU erworbenen Masterabschlusses andererseits jedoch zu versagen, so dass diese Bedingung vorliegend nicht erfüllt gewesen sei. In der nunmehr vorgelegten Berechtigung zum Vorbereitungsdienst im Freistaat Sachsen werde nicht ersichtlich, aufgrund welcher Norm (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 LAPO II (Sachsen) oder § 4 Abs. 2 Nr. 1 LAPO II (Sachsen) die Klägerin 2018 in den Vorbereitungsdienst in Sachsen aufgenommen worden sei. An den bisher vorgebrachten Einwänden werde daher festgehalten. Selbst wenn der Freistaat Sachsen in Unkenntnis der bayerischen Lehrerbildungsstrukturen irrtümlich davon ausgegangen wäre, dass es sich bei dem Masterabschluss der … um einen (als Lehramtsstudiengang mit abschließender Prüfung unter staatlicher Beteiligung) akkreditierten Studiengang handeln würde, und deshalb eine Zulassung auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Nr. 2 LAPO II (Sachsen) ausgesprochen hätte, würde es sich hierbei um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt handeln, der nicht bindend sein könne.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Sitzungsniederschriften vom 15. September 2022 und 11. Mai 2023, sowie auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Bescheide des Beklagten vom 28. Mai 2020 und 1. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. April 2021 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht weder der im Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Anerkennung der von ihr erworbenen sächsischen Lehramtsbefähigung für Gymnasiallehrer als Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in Bayern (I.) noch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf erneute Verbescheidung durch den Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (II.) zu, § 113 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 VwGO.
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I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung der von ihr erworbenen sächsischen Lehramtsbefähigung als Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in Bayern, weder ohne noch mit Nachqualifizierung.
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1. Rechtsgrundlage für die Anerkennung außerhalb Bayerns erworbener Lehramtsbefähigungen ist § 7 Abs. 2 des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes (BayLBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 1995 (GVBl. 1996 S. 16, 40, BayRS 2238-1-K). Danach stellt das Staatsministerium fest, ob eine außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes erworbene Befähigung der Befähigung für ein Lehramt im Sinn dieses Gesetzes entspricht. § 7 Abs. 2 BayLBG wird wiederum ausgefüllt durch § 38 der Ordnung der Zweiten Staatsprüfung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen (Lehramtsprüfungsordnung II – LPO II) vom 28. Oktober 2004 (GVBl. S. 428, BayRS 2038-3-4-8-11-K). Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LPO II wird eine außerhalb des Geltungsbereichs des BayLBG erworbene Lehramtsbefähigung als Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen im Sinn des BayLBG anerkannt, wenn
1. die Erste Lehramtsprüfung ohne Nachqualifikation anerkennbar ist oder die für die Anerkennung erforderliche Nachqualifikation erfolgreich abgeschlossen wurde; im Einzelnen gelten die §§ 119 bis 121 LPO I und
2. die Zweite Staatsprüfung ohne Nachqualifikation anerkennbar ist oder die für die Anerkennung erforderliche Nachqualifikation erfolgreich abgeschlossen wurde; im Einzelnen gelten die §§ 39 und 40.
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Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LPO II entsprechen darüber hinaus außerhalb des Geltungsbereichs des BayLBG erworbene lehramtsspezifische Masterabschlüsse, die dort den Zugang zum entsprechenden Vorbereitungsdienst ermöglichen, der Ersten Lehramtsprüfung, und gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LPO II außerhalb des Geltungsbereichs des BayLBG den Vorbereitungsdienst abschließende Staatsprüfungen einer Zweiten Staatsprüfung im Sinn der LPO II.
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a. Die Klägerin kann sich zunächst weder auf § 38 Abs. 1 Satz 1 LPO II noch auf § 38 Abs. 1 Satz 2 LPO II berufen.
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(1) § 38 Abs. 1 Satz 1 LPO II setzt in Nr. 1 eine Erste Lehramtsprüfung voraus. Die Erste Lehramtsprüfung besteht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BayLBG aus der Ersten Staatsprüfung und einer universitären Prüfung, die die Prüfungsleistungen der Modulprüfungen beinhaltet. Über eine Erste Lehramtsprüfung verfügt die Klägerin unstreitig nicht. Sie legte eine solche zwar im Frühjahr 2018 für das Lehramt an Gymnasien in Bayern in den Fächern der Fächerverbindung Biologie und Chemie ab, bestand diese laut einer Bescheinigung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (im Folgenden: Staatsministerium) vom 31. Juli 2018 jedoch nicht. Die Erste Lehramtsprüfung kann nach der genannten Bescheinigung von der Klägerin zudem auch nicht mehr gemäß § 14 Abs. 1 LPO I wiederholt werden. Insoweit ist unstreitig, dass die Klägerin die Erste Lehramtsprüfung in Bayern endgültig nicht bestanden hat. Außerhalb Bayerns legte die Klägerin ebenso keine Erste Lehramtsprüfung ab.
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(2) Auch aus § 38 Abs. 1 Satz 2 LPO II kann die Klägerin keine Rechte herleiten. § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LPO II setzt für die Annahme des Entsprechens zur Ersten Lehramtsprüfung einen außerbayerischen Masterabschluss voraus, der im jeweiligen Land des Abschlusses den Zugang zum Vorbereitungsdienst ermöglicht. Über einen außerbayerischen Masterabschluss verfügt die Klägerin unstreitig nicht, sondern vielmehr allein über den 2018 in Bayern an der … (***) absolvierten Master of Education.
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(3) Eine ggf. analoge Anwendung des § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LPO II auf Fälle sog. bayerischer lehramtsbezogener Master of Education scheitert bereits am Vorliegen einer Regelungslücke. Insoweit fallen nämlich Fälle, die die LPO II nicht regelt, unter das BayLBG, konkret § 7 Abs. 2 BayLBG, der die allgemeinere Vorschrift darstellt und dessen gesetzlicher Anwendungsbereich ohne entsprechende Ermächtigung nicht durch den Verordnungsgeber eingeschränkt werden kann. Eine solche Ermächtigung ist hier nicht ersichtlich. Im Übrigen setzt § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LPO II einen Masterabschluss voraus, der den Zugang zum Vorbereitungsdienst im Land des erworbenen Masterabschlusses ermöglicht, was nach der Systematik von § 38 Abs. 1 Satz 2 LPO II und dem daraus erkennbaren Willen des Verordnungsgebers, wonach lediglich den Zugang zum Vorbereitungsdienst ermöglichende Masterabschlüsse gleichgestellt werden sollen, genauso bei innerbayerischen lehramtsbezogenen Masterabschlüssen zu fordern wäre, sodass insoweit auch keine vergleichbare Interessenlage gegeben wäre. Denn der von der Klägerin erworbene Masterabschluss ermöglicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Zulassungs- und Ausbildungsordnung für das Lehramt an Gymnasien (ZALG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1992 (GVBl. S. 477, BayRS 2038-3-4-6-1-K) gerade nicht den Zugang zum Vorbereitungsdienst in Bayern.
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Auch unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Kultusministerkonferenz), die keine Rechtsqualität besitzen, sondern als Empfehlungen für eine einheitliche Verwaltungspraxis Auslegungshilfen bereithalten können (vgl. VGH Mannheim, B.v. 11.12.2015 – 4 S 1652/15 – BeckRS 2016, 40955), ergibt sich nichts anderes. § 38 Abs. 1 Satz 2 LPO II geht zurück auf die Verordnung zur Änderung der Lehramtsprüfungsordnung II vom 16. August 2016 (GVBl. S. 268, BayRS 2038-3-4-8-11-K). Ziel war die Anpassung der Anerkennungsregelungen für außerhalb Bayerns erworbene Masterabschlüsse an die jüngste Beschlussfassung der Kultusministerkonferenz, zu deren vorrangigen Aufgaben insbesondere die Sicherung der gegenseitigen Anerkennung von Lehramtsabschlüssen und der Mobilität der Lehramtsanwärterinnen und -anwärter gehört. Hierzu hatte die Kultusministerkonferenz bereits 1999 die maßgebliche Grundlage im Beschluss „Gegenseitige Anerkennung von Lehramtsprüfungen und Lehramtsbefähigungen“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 22.10.1999) geschaffen. Mit den „Regelungen und Verfahren zur Erhöhung der Mobilität und Qualität von Lehrkräften – Ländergemeinsame Umsetzungsrichtlinien für die Anpassung von Regelungen und Verfahren bei der Einstellung in Vorbereitungs- und Schuldienst sowie für die Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen in Studiengängen der Lehramtsausbildung“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7.3.3013 i. d. F. vom 27.12.2013, sog. Mobilitätsbeschluss) haben sich die Länder dann verpflichtet, die gegenseitige Anerkennung noch verbindlicher zu gestalten und Lehramtsabsolventinnen und -absolventen den gleichberechtigten Zugang zum Vorbereitungsdienst für den ihrem Abschluss entsprechenden Lehramtstyp zu ermöglichen, unabhängig vom Land, in dem der Abschluss erworben wurde. Gleiches gilt für Absolventen des Vorbereitungsdienstes. Auch hier soll in allen Ländern gleichermaßen der Berufszugang für den dem Abschluss entsprechenden Lehramtstyp ermöglicht werden. Bereits im Jahre 2005 hatte die Kultusministerkonferenz zusätzlich als Konsequenz des Bologna-Prozesses „Eckpunkte für die gegenseitige Anerkennung von Bachelor- und Masterabschlüssen in Studiengängen, mit denen die Bildungsvoraussetzungen für ein Lehramt vermittelt werden“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 2.6.2005; sog. „Quedlinburger Beschluss“) herausgearbeitet. Aus alldem ergibt sich zwar zum einen, dass die Kultusministerkonferenz Studiengänge, die Bachelor-/Masterstrukturen in der Lehrerausbildung vorsehen, akzeptiert, und deren Abschluss beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen anerkennt (vgl. Ziff. 1 des Beschlusses vom 2.6.2005), zum anderen aber auch, dass Bachelor- und Masterstudiengänge, die die Befähigung für die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst für ein Lehramt vermitteln, zu akkreditieren sind, und hierbei zur Sicherung der staatlichen Verantwortung für die inhaltlichen Anforderungen der Lehrerausbildung ein Vertreter der für das Schulwesen zuständigen obersten Landesbehörde im Akkreditierungsverfahren mitwirkt, wobei die Akkreditierung des jeweiligen Studiengangs seiner Zustimmung bedarf (vgl. Ziff. 2 des Beschlusses vom 2.6.2005).
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Unter Berücksichtigung der genannten Beschlüsse der Kultusministerkonferenz wird erkennbar, dass sich die Anerkennung außerbayerischer lehramtsbezogener Masterabschlüsse nach § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LPO II nur auf unter Mitwirkung der obersten Landesbehörde (Kultusministerium) akkreditierte Studiengänge bezieht, und dass dies genauso im Falle bayerischer Masterabschlüsse zu fordern wäre. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengänge in Bayern im Einvernehmen mit dem Staatsministerium eingerichtet sind und somit den Vorgaben der Kultusministerkonferenz in o.g. Beschlüssen entsprechen. Denn hierfür ist schon kein Anlass ersichtlich, da nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ZALG grundsätzlich lediglich die Erste Lehramtsprüfung den Zugang zum Vorbereitungsdienst vermittelt. Im Übrigen entscheiden Hochschulen im Rahmen ihrer eigenen Angelegenheiten insbesondere über Einführung und Ausgestaltung der angebotenen Studiengänge (vgl. Art. 12 Bayerisches Hochschulgesetz (BayHSchG) vom 23. Mai 2006 (GVBl. S. 245, BayRS 2210-1-1-WK) bzw. Art. 5 Abs. 5 Satz 1 Bayerisches Hochschulinnovationsgesetz (BayHIG) vom 5. August 2022 (GVBl. S. 414, BayRS 2210-1-3-WK)). Entsprechend ist es allein die …, die über die Ausgestaltung des lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengangs entscheidet. Insoweit unterliegt die … nach Art. 74 Abs. 1 BayHSchG bzw. Art. 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayHIG allein der Rechtsaufsicht, also insbesondere nicht dem Einvernehmen des Staatsministeriums. Auch aus dem Umstand, dass aktuell alles dafür spricht, dass das Lehramtsstudium auf der einen und die lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengänge auf der anderen Seite an der … inhaltsgleich ausgestaltet sind, ergibt sich nichts anderes. Denn auch diese aktuelle inhaltliche Übereinstimmung ersetzt nicht das Einvernehmen des Staatsministeriums im Sinne der Beschlüsse der Kultusministerkonferenz.
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b. Auch aus § 7 Abs. 2 BayLBG steht der Klägerin kein Anspruch auf Anerkennung der von ihr erworbenen sächsischen Lehramtsbefähigung als Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in Bayern zu.
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Gemäß § 7 Abs. 2 BayLBG stellt das Staatsministerium fest, ob eine außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes erworbene Befähigung der Befähigung für ein Lehramt im Sinn dieses Gesetzes entspricht. Einen Maßstab der Entsprechensprüfung enthält § 7 Abs. 2 BayLBG nicht. Jedoch bieten die Kriterien aus § 7 Abs. 3 BayLBG Anhaltspunkte dafür, was Gegenstand der Entsprechensprüfung nach § 7 Abs. 2 BayLBG ist. Gemäß § 7 Abs. 3 BayLBG setzt die Feststellung der Lehramtsbefähigung eine entsprechende Nachqualifikation im Freistaat Bayern voraus, wenn die in einem anderen Land erworbene Lehramtsbefähigung nicht der Befähigung für ein Lehramt im Sinn dieses Gesetzes entspricht, die Unterschiede hinsichtlich Vorbildung, Ausbildung und Prüfungen aber durch die Erbringung zusätzlicher Leistungen ausgleichbar sind. Eine Nachqualifikation ist mithin hinsichtlich Vorbildung, Ausbildung und Prüfung denkbar, sofern diesbezüglich Unterschiede bestehen. Um denselben Qualitätsstandard aller in Bayern tätigen Lehrer sicherstellen zu können, ist es insofern nur sachgerecht, wenn der Maßstab der Nachqualifikation mit dem Maßstab des Entsprechens übereinstimmt. Als Maßstab der Entsprechensprüfung gemäß § 7 Abs. 2 BayLBG sind daher Vorbildung, Ausbildung und Prüfungen heranzuziehen.
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Vorbildung und Ausbildung für ein Lehramt werden gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 und 2 BayLBG durch ein erziehungswissenschaftliches Studium, ein fachwissenschaftliches oder künstlerisches Studium, fachdidaktische Studien und entsprechende Schul- bzw. Betriebspraktika erworben, wobei die erziehungswissenschaftlichen, fachwissenschaftlichen oder künstlerischen, fachdidaktischen und berufspraktischen Studien so miteinander zu verbinden sind, dass sie sich gegenseitig ergänzen und vertiefen. Gewichtung und Umfang der einzelnen Studienanteile richten sich nach den Erfordernissen des jeweiligen Lehramts und der einzelnen Schularten. Schulpraktische Veranstaltungen sind bereits in das Studium einzubeziehen. Dazu gehört mindestens ein studienbegleitendes Praktikum. Das Studium der Didaktik der Grundschule oder das Studium der Didaktiken einer Fächergruppe der Mittelschule ist dem Studium eines Unterrichtsfachs gleichwertig. Das Studium für das Lehramt an Gymnasien und das Studium für das Lehramt an beruflichen Schulen sind gleichwertig. Das vertiefte Studium eines künstlerischen Fachs kann als das vertiefte Studium von zwei Unterrichtsfächern gewertet werden (so zum Ganzen Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 3 bis 8 BayLBG). Nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayLBG werden Vorbildung und Ausbildung für ein Lehramt zusätzlich erworben durch den Vorbereitungsdienst.
35
Es ist nicht ersichtlich, dass die genannten Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 1 BayLBG hinsichtlich Vorbildung und Ausbildung bei der Klägerin nicht erfüllt wären.
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Die von der Klägerin erworbene sächsische Lehramtsbefähigung entspricht jedoch nicht den Anforderungen an die erforderlichen Prüfungen betreffend das Studium für ein Lehramt im Sinn des Art. 6 BayLBG. Wie bereits ausgeführt, fehlt der Klägerin eine Erste Lehramtsprüfung im Sinn des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayLBG. Eine solche hat sie weder in Bayern noch in Sachsen erfolgreich abgelegt. Die von ihr abgelegte Prüfung zum Erwerb des Masters of Education kann nicht als eine der Ersten Lehramtsprüfung entsprechende Prüfung angesehen werden. Dies folgt aus einem Umkehrschluss zu Art. 6 Abs. 1 Satz 5 BayLBG. Danach entspricht der Ersten Lehramtsprüfung für berufliche Schulen auch eine im Geltungsbereich dieses Gesetzes abgelegte Diplom- oder Masterprüfung für Berufs- oder Wirtschaftspädagogen, wenn sie den Anforderungen des Lehramts genügt und daneben ein mindestens einjähriges einschlägiges berufliches Praktikum oder eine abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung nachgewiesen wird. Aus dieser Regelung kann geschlossen werden, dass nach dem Gesetz und dem Willen des bayerischen Gesetzgebers eine Masterprüfung der Ersten Lehramtsprüfung unter bestimmten weiteren Voraussetzungen nur im Bereich der beruflichen Schulen für Berufs- oder Wirtschaftspädagogen entsprechen kann, in anderen Fällen, also insbesondere wie hier außerhalb beruflicher Schulen, ein (lehramtsspezifisches) Masterstudium dagegen nicht ausreicht, um eine der Ersten Lehramtsprüfung entsprechende Prüfung nachzuweisen.
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c. Schließlich besitzt die Klägerin auch aus § 11 Gesetz über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlbG) vom 5. August 2010 (GVBl. S. 410, 571, BayRS 2030-1-4-F) keinen Anspruch auf Anerkennung ihrer sächsischen Lehramtsbefähigung als entsprechende Lehramtsbefähigung in Bayern. Dies ergibt sich bereits daraus, dass § 11 LlbG die Übernahme in ein (bayerisches) Beamtenverhältnis regelt, eine solche Übernahme hier aber nicht streitgegenständlich ist. Vielmehr begehrt die Klägerin allein die Anerkennung ihrer sächsischen Lehramtsbefähigung. Darüber hinaus würde es aus den bereits genannten Gründen auch an einer Gleichwertigkeit im Sinne von § 11 Abs. 1 LlbG fehlen.
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2. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Anerkennung der von ihr erworbenen sächsischen Lehramtsbefähigung als Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in Bayern mit entsprechender Nachqualifikation zu.
39
Ausgangspunkt für die Frage der Anerkennung einer außerhalb Bayerns erworbenen Lehramtsbefähigung mit entsprechender Nachqualifikation im Freistaat Bayern ist § 7 Abs. 3 BayLBG. Danach kommt – wie bereits ausgeführt – eine Nachqualifikation zur Feststellung der Lehramtsbefähigung nur in Betracht, wenn die Unterschiede hinsichtlich Vorbildung, Ausbildung und Prüfungen durch die Erbringung zusätzlicher Leistungen ausgleichbar sind. Dies ist vorliegend hinsichtlich des Maßstabes „Prüfung“ nicht der Fall. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in Bayern die Erste Lehramtsprüfung nicht erfolgreich abgeschlossen hat und eine Wiederholung gemäß § 14 Abs. 1 der Ordnung der Ersten Prüfung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen (Lehramtsprüfungsordnung I – LPO I) vom 13. März 2008 (GVBl. S. 180, BayRS 2038-3-4-1-1-K) nicht mehr möglich ist und sie zudem auch außerhalb Bayerns keine Erste Staatsprüfung absolviert hat. Die Tatsache des endgültigen Nichtbestehens der Ersten Lehramtsprüfung in Bayern führt indes nicht zu einer Verwirkung in dem Sinne, dass es der Klägerin überhaupt und auf Dauer nicht mehr möglich wäre, in Bayern als Lehrerin zu arbeiten, sodass unter diesem Gesichtspunkt keine rechtlichen Bedenken gegen eine Nachqualifikation bestehen. Der Klägerin bleibt es unbenommen, z.B. durch das Bestehen der Ersten Staatsprüfung im Freistaat Sachsen den Mangel hinsichtlich des Maßstabes „Prüfung“ im Rahmen des § 7 Abs. 3 BayLBG zu heilen. Zudem hat der Beklagte sinngemäß mitgeteilt, es bestehe im Fall etwaiger künftiger Sondermaßnahmen im Fall des Lehrermangels die Möglichkeit, durch einen entsprechenden Master of Science, welcher formal an die Stelle der Ersten Staatsprüfung im Rahmen einer Sondermaßnahme treten könnte, im Fach Chemie einen der Ersten Lehramtsprüfung als gleichwertig anzunehmenden Abschluss zu erzielen, der den Zugang zum Vorbereitungsdienst in Bayern für das Lehramt Gymnasien eröffnen könnte.
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3. Dass der Klägerin auf Grundlage der bayerischen Normen eine Anerkennung ihrer in Sachsen erworbenen Lehramtsbefähigung als gleichwertig mit der Befähigung zum Lehramt an Gymnasien in Bayern sowohl ohne als auch mit Nachqualifikation verwehrt bleibt, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, insbesondere nicht gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG (a) und auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (b.).
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a. Im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 101 BV ist es gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig, wenn der bayerische Normgeber für die Anerkennung außerbayerischer Lehramtsbefähigungen nach Maßgabe von § 38 LPO II, Art. 7 Abs. 2 und Abs. 3 BayLBG sowie Art. 6 BayLBG grundsätzlich eine Erste Lehramtsprüfung voraussetzt, mithin also grundsätzlich am Staatsexamen festhält, und lediglich zur Mobilitiätssicherung innerhalb Deutschlands ausnahmsweise außerbayerisch erworbene Masterabschlüsse, die im Land des Erwerbs den Zugang zum Vorbereitungsdienst ermöglichen, zulässt.
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Ziel der bayerischen Regelungen ist es, eine gleichbleibend hohe Qualität des Unterrichts für alle Schüler in Bayern dadurch sicherzustellen, dass nur solche Lehrer unterrichten, die – unabhängig davon, wo sie studiert und ihren Vorbereitungsdienst geleistet haben – eine gleichwertige Ausbildung inklusive gleichwertiger Abschlussprüfungen absolviert haben. Bereits bei dieser Qualitätssicherung des Unterrichts handelt es sich um ein legitimes öffentliches Ziel. Dasselbe gilt, soweit mit der Qualitätssicherung eine bestmögliche Ausbildung von Schülerinnen und Schülern und möglichst gleiche Bildungschancen bezweckt werden.
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An dem Mittel zur Erreichung dieses Ziels, nämlich das grundsätzliche Festhalten an Prüfungen in Gestalt von Staatsexamen mit Ausnahmen zur Mobilitätssicherung innerhalb Deutschlands, ist nichts zu erinnern. Insbesondere ist das Mittel geeignet, um das angestrebte Ziel einer möglichst gleichbleibenden Qualität des Unterrichts und damit möglichst gleicher Bildungschancen für alle Schüler zu erreichen. Insoweit dringt der Bevollmächtigte mit seinem Einwand, unter Bezugnahme auf den Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5. Dezember 2013 liege aus seiner Sicht eine Eignung mit Blick auf die Beschlusslage der Kultusministerkonferenz nicht vor, nicht durch. Eine Eignung ist gegeben, wenn die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass der angestrebte Erfolg eintritt, mithin der Erfolg gefördert wird (Sachs in Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 20 Rn. 150). Dem Gesetz- bzw. Normgeber kommt dabei ein Gestaltungs- oder Einschätzungsspielraum zu (Sachs a.a.O. Rn. 151). Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass eine abschließende Prüfung in Form eines Staatsexamens Studierenden ganz anderes abverlangt als Prüfungen im Rahmen eines Bachelor- und Masterstudiengangs, die über das gesamte Studium verteilt und gerade nicht – wie bei Staatsexamensstudiengängen – am Ende des Studiums gehäuft stattfinden. Ein bestandenes Staatsexamen zeigt, dass Prüflinge und – im Fall von Lehramtsstudierenden – angehende Lehrerinnen und Lehrer mit Druck und Stress umgehen können und steht daher neben der Fachkompetenz, den gesamten Prüfungsstoff zum Prüfungszeitpunkt am Ende des Studiums zu beherrschen, auch für Stressresistenz und Belastbarkeit. Stressresistenz und Belastbarkeit sind neben fachlicher Kompetenz Eigenschaften, die im Alltag eines Lehrers von großer Bedeutung sind, sodass das Bestehen eines Staatsexamens entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht des Bevollmächtigten der Klägerin durchaus eine Aussage zur Qualifikation eines Lehrers trifft. Mithin ist es nicht zu beanstanden, wenn der bayerische Normgeber aufgrund seines Gestaltungs- und Einschätzungsspielraums grundsätzlich am Staatsexamen im Lehramtsstudium festhält. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem klägerseits angesprochenen Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5. Dezember 2013. Zwar ist der Klägerseite insoweit zuzugestehen, dass dort unter Ziff. 1 lediglich von einer abschließenden Staatsprüfung betreffend den Vorbereitungsdienst die Rede ist, und im Übrigen festgestellt wird, dass die Ausbildung der Lehrkräfte – abgesehen von der abschließenden Staatsprüfung – grundsätzlich (lediglich) in einem universitären, auf ein Lehramt bezogenen Studium erfolgt. Dieser Beschluss betrifft jedoch konkret die Gestaltung von Sondermaßnahmen zur Gewinnung von Lehrkräften zur Unterrichtsversorgung und kann darüber hinaus nicht losgelöst von den anderen o.g. Beschlüssen der Kultusministerkonferenz, insbesondere dem Quedlinburger Beschluss vom 2. Juni 2005, gesehen werden. Anhaltspunkte dafür, dass insbesondere dieser Beschluss durch den Beschluss vom 5. Dezember 2013 überholt sein sollte, sind nicht ersichtlich. Daher ist weiter davon auszugehen, dass das universitäre, auf ein Lehramt bezogene Studium entweder mit einer Ersten Staatsprüfung oder einem Masterabschluss, der den Vorgaben der Kultusministerkonferenz entspricht, abzuschließen ist. Insofern bestehen an der Geeignetheit des Mittels „Festhalten am Staatsexamensprinzip“ auch mit Blick auf den Beschluss vom 5. Dezember 2013 keine Bedenken.
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Das Festhalten am Staatsexamen ist auch erforderlich, um die damit genannten Zwecke zu erreichen. Es ist kein milderes, vergleichbar wirksames Mittel ersichtlich, auch nicht im vorliegenden Einzelfall, da die Klägerin die Erste Lehramtsprüfung – wie bereits ausgeführt – endgültig nicht bestanden hat.
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Schließlich ist das Festhalten am Staatsexamen mit Blick auf die verfolgten Zwecke auch angemessen. Dies gilt jedenfalls aktuell mit vergleichsweise geringem zeitlichen Abstand zur (endgültig nicht bestandenen) Ersten Lehramtsprüfung in der beruflichen Laufbahn der Klägerin. Die Frage, ob im Fall eines erheblichen zeitlichen Abstands zur Ersten Lehramtsprüfung etwas anderes gelten würde, bedarf hier keiner Entscheidung. Angemessen ist das Festhalten am Staatsexamen, wenn die damit verbundenen Beeinträchtigungen nicht außer Verhältnis zu den verfolgten Zwecken stehen und deshalb für den Betroffenen zumutbar sind (Sachs in Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 20, Rn. 154). Hier ist der Klägerin, die die Erste Lehramtsprüfung in Bayern endgültig nicht bestanden hat und allein über einen bayerischen Master of Education verfügt, die Versagung der Anerkennung ihrer sächsischen Lehramtsbefähigung als Befähigung zum Lehramt in Bayern zumutbar. Zunächst ist insofern zu berücksichtigen, dass gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 LPO I eine Erste Staatsprüfung, die nicht bestanden ist oder als nicht bestanden gilt, einmal wiederholt werden kann und ein solcher Wiederholungsversuch von der Klägerin auch wahrgenommen worden ist. Die Beschränkung auf zwei Prüfungsversuche ist im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 101 BV gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. Dass Prüfungen innerhalb eines Studiums nicht endlos wiederholt werden können, dient zum einen dazu, die Eignung der Studierenden für einen bestimmten Beruf feststellen zu können, und zum anderen dem Interesse der Allgemeinheit, dass begrenzte Ausbildungsressourcen für solche Studierende genutzt werden sollen, die ihre Qualifikation in den von der Prüfungsordnung vorgesehenen Prüfungen bzw. Prüfungswiederholungen nachweisen können (vgl. zu letzterem Gesichtspunkt Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 769). Zwar stellen Prüfungen zwangsläufig lediglich Stichproben der Fähigkeiten eines Prüflings zu einem bestimmten Zeitpunkt – dem der Prüfungsleistung – dar. Dabei ist die Aussagekraft einer einzelnen Stichprobe begrenzt (vgl. zum Ganzen OVG Münster a.a.O.; BVerfG, B.v. 14.3.1989 – 1 BvR 1033/82, 1 BvR 174/84 – NVwZ 1989, 850, 853). So mag die Stichprobe zufällig gerade einen Zeitpunkt erfassen, der nicht die durchschnittliche Leistungsfähigkeit des Prüflings widerspiegelt, sondern „Ausreißer“ des Leistungsvermögens nach oben oder unten abbildet. Aus diesem Grund ist die einmalige Wiederholungsmöglichkeit einer Prüfung verfassungsrechtlich geboten, aber auch ausreichend (vgl. BVerwG, B.v. 12.11.1998 - 6 PKH 11.98 – juris Rn. 6; BVerwG, B.v. 7.3.1991 – 7 B 178.90 – juris Rn. 14; Fischer/ Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 766, 769). Der Grund für das verfassungsrechtliche Gebot lediglich einer Wiederholungsmöglichkeit liegt letztlich darin begründet, dass die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass sogar zwei – zeitlich zufällige – Stichproben in das Leistungsvermögen des Prüflings jeweils nicht nur „Ausreißer“, sondern zudem noch „Ausreißer nach unten“ abbilden.
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Außerdem liegt in den Fällen wie vorliegend – in denen zwar eine außerbayerische Lehramtsbefähigung, jedoch weder eine Erste Lehramtsprüfung noch ein außerbayerischer Masterabschluss, der im Land des jeweiligen Abschlusses den Zugang zum Vorbereitungsdienst eröffnet, sondern allein ein bayerischer Master of Education nachgewiesen werden kann – kein Mobilitätsproblem vor, dem der bayerische Normgeber mit § 38 Abs. 1 Satz 2 LPO II in Umsetzung des Mobilitätsbeschlusses der Kultusministerkonferenz entgegenwirken möchte, sondern eher eine Umgehung der bayerischen Normsetzung nach endgültigem Nichtbestehen. Insoweit verweist auch der neunte Bericht über die Umsetzung der „Regelungen und Verfahren zur Erhöhung der Mobilität und Qualität von Lehrkräften – Ländergemeinsame Umsetzungsrichtlinien für die Anpassung von Regelungen und Verfahren bei der Einstellung in Vorbereitungs- und Schuldienst sowie für die Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen in Studiengängen der Lehramtsausbildung“, also der bereits oben erwähnte sog. Mobilitätsbeschluss darauf, dass die Nicht-Anerkennung von Masterabschlüssen aus Studiengängen, die nicht am sog. Quedlinburger Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 2. Juni 2005 („Eckpunkte für die gegenseitige Anerkennung von Bachelor- und Masterabschlüssen in Studiengängen, mit denen die Bildungsvoraussetzungen für ein Lehramt vermittelt werden“) ausgerichtet, also nicht mit Zustimmung des für Schulen zuständigen Ministeriums akkreditiert worden sind und im Land des Abschlusserwerbs selbst keinen Zugang zum Vorbereitungsdienst eröffnen, weil dies dort einer Ersten Staatsprüfung vorbehalten ist, keinen Verstoß gegen den Mobilitätsbeschluss darstellt (S. 3 2. Absatz des bezeichneten neunten Berichts). Darüber hinaus kann dem Bericht die Empfehlung entnommen werden, dass die Abschlussbezeichnung Master of Education (Ziff. B 2. der „Ländergemeinsamen Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen“, Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.10.2013 i. d. F. vom 4.2.2010) im Interesse der Transparenz, zur Vermeidung falscher Mobilitätserwartungen, künftig solchen Abschlüssen vorbehalten werden soll, die – in der Regel bundesweit – Zugang zu einem Vorbereitungsdienst für ein Lehramt gemäß Landesrecht eröffnen (S. 7 letzter Absatz des bezeichneten neunten Berichts).
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b. Auch verstoßen die hier einschlägigen Regelungen nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV.
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(1) Nach der Grundstruktur des allgemeinen Gleichheitssatzes gemäß Art. 3 Abs. 1 GG dürfen gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, eine Ungleich- bzw. Gleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt (Kischel in Beckscher Online-Kommentar GG, 55. Edition Stand 1.5.2023, Art. 3, Rn. 14). Zur Rechtfertigung von Ungleich- bzw. Gleichbehandlungen ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein stufenloser Prüfungsmaßstab anerkannt (vgl. Kischel a.a.O. Rn. 29). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich hinsichtlich Ungleich- bzw. Gleichbehandlungen unterschiedliche Maßstäbe, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen aber stets einer sachlichen Rechtfertigung, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen ist. Verletzt ist der Gleichheitssatz, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (so zum Ganzen BVerfG, B.v. 21.6.2011 − 1 BvR 2035/07 – NvwZ 2011, 1316 Rn. 77).
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(2) Danach liegt hier auch dann kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 118 Abs. 1 BV vor, sofern der strenge Prüfungsmaßstab einer Verhältnismäßigkeitsprüfung angelegt wird.
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Vorliegend sind strukturell drei Ungleichbehandlungen denkbar.
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Zum einen besteht eine Ungleichbehandlung zwischen solchen Personen, die einen lehramtsspezifischen Master of Education in Bayern absolviert und hierauf aufbauend eine außerbayerische Lehramtsbefähigung erworben haben, und solchen Personen, die im Rahmen ihrer außerbayerischen Lehramtsbefähigung einen außerhalb Bayerns erworbenen lehramtsspezifischen Master, der im jeweiligen Abschlussland den Zugang zum Vorbereitungsdienst ermöglicht, vorweisen können. Während letztere die Möglichkeit haben, ihre außerbayerische Lehramtsbefähigung als Befähigung zum Lehramt in Bayern gemäß Art. 7 Abs. 2 BayLBG i.V.m. § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LPO II anerkennen zu lassen, besteht diese Möglichkeit für Absolventen mit lediglich bayerischem lehramtsspezifischen Master of Education auf Basis der einschlägigen bayerischen Normen – wie oben bereits ausgeführt – nicht.
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Weiter erfolgt eine Ungleichbehandlung – trotz gleicher Ausbildungsinhalte – zwischen Personen, die als Abschluss allein einen bayerischen lehramtsspezifischen Master of Education erworben haben, und Personen, die in Bayern die Erste Lehramtsprüfung, mithin ein Staatsexamen, abgeschlossen haben. Insoweit ist es lediglich Absolventen der Ersten Lehramtsprüfung möglich, eine Zulassung zum Vorbereitungsdienst in Bayern und damit ggf. eine Lehramtsbefähigung in Bayern zu erlangen.
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Schließlich besteht im Gegensatz zu Absolventen eines bayerischen lehramtsbezogenen Master of Education für Personen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ein Diplom erworben haben, das eine Ausbildung für den Beruf des Lehrers abschließt, oder die die Berechtigung erworben haben, den Beruf des Lehrers auszuüben, die Möglichkeit der Anerkennung ihrer Befähigung als Befähigung für das Lehramt in Bayern gemäß Art. 7 Abs. 4 BayLBG.
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Die genannten Ungleichbehandlungen einerseits zwischen Personen mit lehramtsspezifischen Master of Education in Bayern und Absolventen eines außerbayerischen lehramtsspezifischen Masters, der dort den Zugang zum Vorbereitungsdienst eröffnet, sowie andererseits zwischen Personen mit lehramtsspezifischen Master of Education in Bayern und Absolventen eines bayerischen Staatsexamens bei denselben Ausbildungsinhalten, beruhen darauf, dass der bayerische Normgeber mit dem Ziel der Qualitätssicherung grundsätzlich an der Prüfungsform des Staatsexamens festhält und lediglich Ausnahmen zur Mobilitätssicherung innerhalb Deutschlands zulässt. Hieran ist – wie unter Punkt 3. a. bereits ausführlich dargelegt – nichts zu erinnern. Vielmehr ist die Entscheidung des bayerischen Gesetz- und Verordnungsgebers mit Blick auf das legitime Ziel der Qualitätssicherung angehender Lehrerinnen und Lehrer gerechtfertigt und auch verhältnismäßig.
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Auch soweit der Bevollmächtigte der Kläger rügt, die Klägerin werde als Erwerberin des in der Bundesrepublik erworbenen Abschlusses der sächsischen „Lehramtsbefähigung für Gymnasiallehrer“ schlechter gestellt als ein Angestellter mit einem im EU-Ausland erworbenen Gymnasiallehrerabschluss, was eine sog. Inländerdiskriminierung darstelle, dringt er damit nicht durch. Auch insoweit ist ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht erkennbar. Zwar ist nicht davon auszugehen, dass – wie teilweise vertreten wird – der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG in den Fällen einer Inländerdiskriminierung bereits tatbestandlich nicht einschlägig wäre, weil ein Widerspruch zwischen Normen verschiedener Normgeber keine Ungleichbehandlung darstellen könne (vgl. hierzu Boysen in von Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 3 GG Rn. 100 m.w.N.; Riese, Noll, Europarechtliche und verfassungsrechtliche Aspekte der Inländerdiskriminierung, NVwZ 2007, 516, 520 m.w.N.). Jedenfalls ist die Ungleichbehandlung inländischer und ausländischer Personen mit Blick auf die europarechtliche Harmonisierungspflicht, die nicht in einem „Wettrennen“ oder Unterbietungswettlauf zu der Annahme der jeweils niedrigsten Standards zwingen soll (kein „race to the bottom“), gerechtfertigt. Nähme man im Falle einer Inländerdiskriminierung in jedem Fall einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz an, würde dem nationalen Gesetzgeber ein großer Teil seiner Regelungshoheit für innerstaatliche Angelegenheiten genommen. Sobald es in einem anderen Mitgliedsstaat einen niedrigeren Standard gäbe, wäre der deutsche Staat gezwungen, diesen auch auf anderenfalls benachteiligte Inländer anzuwenden. In Einzelfällen muss daher die Möglichkeit verbleiben, eine solche Ungleichbehandlung zu rechtfertigen (so zum Ganzen Riese, Noll, Europarechtliche und verfassungsrechtliche Aspekte der Inländerdiskriminierung, NVwZ 2007, 516. 521). Insoweit ist mit Blick auf das vorliegend bereits genannte Ziel der einschlägigen bayerischen Gesetzes- und Verordnungslage, nämlich die grundsätzliche Aufrechterhaltung hoher Qualitätsstandards bei der Ausbildung der Lehrkräfte, ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung in- und ausländischer Personen gegeben. Die Fälle unterscheiden sich bereits strukturell. Ausländische Absolventen eines Lehramtsstudiums verfügen typischerweise in der Regel über kein Erstes und Zweites Staatsexamen. Müsste der inländische Gesetzgeber immer das nachvollziehen, was in anderen EU-Mitgliedsstaaten bzw. Staaten im Sinne von § 7 Abs. 4 BayLBG geltendes Recht ist, würde dies möglicherweise dazu führen, dass inländische Qualitätsstandards abgesenkt werden. Die inländische Rechtslage müsste also immer an den niedrigsten Standard angepasst werden. Um dies zu verhindern, ist eine unterschiedliche Behandlung von In- und Ausländern bezogen auf Abschlüsse des Gymnasiallehramtsstudiums gerechtfertigt.
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II. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die mit dem Hilfsantrag begehrte erneute Verbescheidung ihres Antrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Ein Beurteilungs- oder Ermessenspielraum, der eine Verpflichtung zur Verbescheidung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zur Folge haben könnte, ist nicht eröffnet. Die Frage der Gleichwertigkeit von Ausbildungsabschlüssen ist insoweit vom Gericht voll zu überprüfen.
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III. Die Klage war nach alledem abzuweisen.
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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, §§ 711, 713 ZPO.