Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 18.07.2023 – AN 17 S 23.30555
Titel:

Abschiebungsandrohung bei als offensichtlich unbegründet abgelehntem Asylantrag wegen unsubstantiierten Vorbringens

Normenketten:
AsylG § 30 Abs. 3 Nr. 1, § 36
Asylverfahrens-RL Art. 31 Abs. 8 lit. e
Asylverfahrens-RL 2005 Art. 23 Abs. 4 lit. b, lit. g
Leitsatz:
Ein bloß unsubstantiiertes, oberflächliches Vorbringen rechtfertigt noch nicht die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet; die Formulierung „eindeutig unstimmige Abgaben“ nach Art. 31 Abs. 8 lit. e Richtlinie 2013/32/EU ist enger, nämlich i.S. einer aufgetretenen Widersprüchlichkeit auszulegen (Rn. 12)
Schlagworte:
Abschiebungsandrohung bei als offensichtlich unbegründet abgelehntem Asylantrag wegen unsubstantiierten Vorbringens, Europarechtskonforme Auslegung bzw. Anwendung von § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG, Asylantragstellerin aus Kuba, offensichtlich unbegründet, Widersprüchlichkeit, eindeutig unstimmige Angaben, Inkohärenz des Vortrags, Unschlüssigkeit des Vortrags, RL 2013/32/EU, RL 2005/85/EG
Fundstelle:
BeckRS 2023, 24980

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamts vom 9. Mai 2023 wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
1
Die 1976 geborene Antragstellerin ist kubanische Staatsangehörige. Sie reiste nach ihren Angaben am 22. Dezember 2020 aus ihrem Heimatland aus, verbrachte fast zwei Jahre in Russland und reist am 16. November 2022 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie äußerte am 29. Dezember 2022 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein Asylgesuch und legte einen vom 2. September 2021 bis 2. September 2027 gültigen kubanischen Reisepass (ausgestellt in Havanna) vor. Die förmliche Asylantragstellung erfolgte am 1. Februar 2023.
2
Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 23. Februar 2023 gab die Antragstellerin an, dass sie in Ku... als selbständige Kostümbildnerin in Hotels gearbeitet habe. In Russland habe sie schwarzgearbeitet. Zu ihren Asylgründen gab sie an, ihr ganzes Leben gegen das politische System in Ku... gewesen zu sein. Vor ihrer Ausreise sei es schlimmer geworden. Sie habe nicht sagen können, was sie wolle und denke. Wegen der Ideologie könne sie Probleme mit der Justiz haben. Deswegen habe sie sich entschlossen, das Land zu verlassen, als nach der Pandemie die Grenzen aufgemacht worden seien. Sie habe vier Kinder und habe es sich nicht leisten können, wegen ihrer Ideologie verhaftet zu werden. Auf Vorhalt, dass ihr Vortrag pauschal sei, verwies die Klägerin auf den Mangel an Essen und Medikamenten in Ku.... Wenn man sich beschwere, bekomme man Probleme. Man könne sich in Ku... nicht beschweren und demonstrieren. In der Covid-Zeit habe man ihnen nichts zu essen gegeben. Im Dezember 2020 habe sie wegen Covid nicht arbeiten können. Sie sei nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern wegen ihrer Meinung ausgereist. Sie habe sich wegen der wirtschaftlichen Situation und immer dann beschwert, wenn sie in der Schlange vor dem Supermarkt gewesen sei. Verschiedene politische Organisationen in Ku... würden Veranstaltungen organisieren. Sie sei dort nie hingegangen, was für die Leute dort schlimm gewesen sei. Sie wisse, dass es viele Leute ihrer Meinung gebe, ein besonderes Interesse an ihr habe man nicht gehabt. Andere haben sich die Ausreise aber nicht leisten können. Ihr aktueller Pass sei in der kubanischen Botschaft in Russland beantragt worden.
3
Mit Bescheid vom 9. Mai 2023, der Antragstellerin zugestellt am 17. Mai 2023, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab (Ziffer 1). Ebenso wurden der Antrag auf Asylanerkennung und der Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Ziffern 2 und 3). Weiter stellte das Bundesamt fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 4) und drohte der Antragstellerin die Abschiebung innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheides – in erster Linie – nach Kuba an, falls sie nicht freiwillig ausreise und setzte dabei den Lauf der Ausreisefrist bis zum Ablauf der einwöchigen Klagefrist aus und im Falle der fristgerechten Antragstellung darüber hinaus bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des gerichtlichen Eilantrags (Ziffer 5). Es ordnete ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristete dieses auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).
4
Zur Begründung wird ausgeführt, dass ein substantiierter und detaillierter Sachvortrag ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen seien und erhebliche Ungereimtheiten aufgetaucht seien. Eine herausgehobene regimekritische Position habe die Antragstellerin nicht vorgetragen und angegeben, dass andere Leute, die ihrer Meinung seien, sich die Ausreise nicht leisten könnten. Auch habe die Antragstellerin keine überzeugende Erklärung geben können, warum ihr Pass augenscheinlich in Ku... ausgestellt worden sei, obwohl sie sich zu dieser Zeit in Russland aufgehalten habe. Auch die problemlose Ausreise auf legalem Wege spreche gegen eine drohende Verfolgung. Der Asylantrag sei offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG, weil sich die Ablehnung des Antrags geradezu aufdränge; eine Verfolgung sei nicht substantiiert vorgetragen worden, durch den nach der Ausreise ausgestellten Reisepasse sei die Antragstellerin von ihrem Herkunftsland in ihrer Reisetätigkeit unterstützt worden.
5
Mit beim Verwaltungsgericht Ansbach am 24. Mai 2023 eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten erhob die Antragstellerin Klage (AN 17 K 23. 30556) und beantragte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
6
Die Antragstellerin habe bei ihrer Anhörung am 23. Februar 2023 ausdrücklich angegeben, dass sie in den letzten Jahren vor ihrer Ausreise öffentlich ihre Meinung kundgetan habe, was vom Bundesamt keinerlei Beachtung gefunden habe. Insbesondere habe sie angegeben, vom ortsansässigen Präsidenten der CDR, M. B., eine Einladung zum Beitritt bei der CDR erhalten zu haben, was sie abgelehnt habe. Dieser Vortrag sei vom Bundesamt ignoriert worden und nicht ins Protokoll aufgenommen worden.
7
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 30. Mai 2023,
den Antrag abzulehnen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Gerichtsakte und die Behördenakte Bezug genommen.
II.
9
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die – wegen der Ablehnung des Asylbegehrens als offensichtlich unbegründet – sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung ist zulässig und begründet.
10
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) im Bescheid des Bundesamts vom 9. Mai 2023 anzuordnen, ist zulässig. Der Antrag ist insbesondere binnen Wochenfrist nach Bekanntgabe (§§ 74 Abs. 1 Halbs. 2, 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) gestellt worden.
11
2. Der Antrag ist auch begründet, da ernstliche Zweifel im Sinne von § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG an der Rechtmäßigkeit der verfügten Abschiebungsandrohung bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn erhebliche Gründe dafürsprechen, dass die Ablehnung als offensichtlich unbegründet, einer rechtlichen Prüfung im Klageverfahren wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris). Zwar sind die Angaben der Antragstellerin im Hinblick auf ihr Asylbegehren bisher sehr oberflächlich und pauschal und rechtfertigt ihr Vorbringen derzeit weder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch den subsidiären Schutz, auch ist ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG für Kuba auf dieser Basis nicht zu erkennen. Jedoch trägt das Vorbringen und das Verhalten der Antragstellerin nicht die qualifizierte Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet mit der Konsequenz, dass der erhobenen Klage keine aufschiebende Wirkung zukommt und eine Ausreisefrist von einer Woche ab Bekanntgabe des Bescheides bzw. Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gesetzt worden ist. Wenn das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes zu Unrecht ergangen ist, ist dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stattzugeben und dadurch der Rechtsstand herzustellen, der bei richtigerweise veranlasster „einfacher“ Ablehnung bestanden hätte.
12
Der vom Bundesamt herangezogene Offensichtlichkeitstatbestand des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG greift nach Auffassung des Gerichts im Ergebnis nicht ein. Nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG kann ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, wenn in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird. Für die Anwendung des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG ist aber Art. 31 Abs. 8 lit. e) i.V.m. Art. 32 Abs. 2 der RL 2013/32/EU (Asylverfahrens-RL) zu berücksichtigen und – soweit dies möglich ist – eine europarechtskonforme Auslegung vorzunehmen (vgl. bereits VG Ansbach, B.v. 1.6.2023 – AN 17 S 23.50522) bzw. – soweit die Grenzen der Auslegung überschritten würden – die nationale Rechtsgrundlage nicht mehr anzuwenden (Anwendungsvorrang des Europarechts). Nach Art. 31 Abs. 8 lit. e) Asylverfahrens-RL, auf dem § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG beruht, können Asylanträge nur dann im beschleunigten Verfahren bzw. als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, wenn der Asylantragsteller eindeutig unstimmige und widersprüchliche, eindeutig falsche oder offensichtlich unwahrscheinliche Angaben gemacht hat, die zu hinreichend gesicherten Herkunftsinformationen im Widerspruch stehen. Ein unsubstantiiertes Vorbringen fällt hingegen nicht unter den Tatbestand des Art. 31 Abs. 8 lit. e) Asylverfahrens-RL und auch nicht unter eine anderen Tatbestandsalternative nach der Asylverfahrens-RL. Der Begriff „unstimmig“ in Art. 31 Abs. 8 lit. e) Asylverfahrens-RL ist mit dem Begriff „unsubstantiiert“ in § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG auch nicht gleichzusetzen. Als unsubstantiiert anzusehen sind oberflächliche und pauschale Angaben, die nicht ausreichend detailliert und konkretisiert sind, hingegen erfordert die Unstimmigkeit eine gewisse Widersprüchlichkeit, Inkohärenz oder Unschlüssigkeit des Vortrags. Ein Vortrag ist nur dann unstimmig, wenn er unvereinbare Gegensätze bzw. eine Widersprüchlichkeit in sich trägt, also entweder in sich oder mit anderen, objektiven Gegebenheiten nicht zusammenpasst. Diese Auslegung ergibt außer aus dem Wortsinn auch aus der verschärfenden Formulierung „eindeutig unstimmig“ in Art. 31 Abs. 8 lit. e) Asylverfahrens-RL und der Verbindung der „eindeutig unstimmige[n]“ mit den „widersprüchliche[n] Angaben durch ein „und“, während die anderen Alternativen des Art. 31 Abs. 8 lit. e) Asylverfahrens-RL durch ein „oder“ miteinander verbunden sind. Dass nur Widersprüchlichkeiten die qualifizierte Ablehnung rechtfertigen, nicht aber bloße Oberflächlichkeiten bzw. ein Fehlen von Genauigkeit, erklärt sich für das Gericht nachvollziehbar auch daraus, dass in Fällen von Widersprüchen in aller Regel auch eine nochmalige Anhörung durch das Gericht keine Änderung für das Asylverfahren mit sich bringt, weil ein widersprüchlicher Vortrag unglaubhaft ist und regelmäßig auch bleibt und auch durch ergänzende Angaben nicht glaubhaft wird. Hingegen kann bei bislang „nur“ zu oberflächlichen Angaben eine nochmalige Anhörung mit ergänzenden Angaben relevant sein und ein Vorbringen durch das Ausräumen von Unklarheiten noch glaubhaft werden lassen, so dass das weitere (Klage-)Verfahren nicht sinnlos, sondern zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit gerade wichtig ist. Eine weite Auslegung des Begriffs „unstimmig“ in Art. 31 Abs. 8 lit. e) Asylverfahrens-RL im Sinne von „unsubstantiiert“ ist auch deshalb nicht möglich, weil Art. 31 Abs. 8 lit. e) der RL 2013/32/EU (Asylverfahrens-RL) die Anforderungen im Vergleich zur Vorgängerregelung des Art. 23 Abs. 4 lit. g der RL 2005/85/EU (Asylverfahrens-RL 2005) ausdrücklich verschärft hat (Beck-OK MigR/Blechinger AsylG § 30 Rn. 25.1); nach Art. 23 Abs. 4 lit. g Asylverfahrens-RL 2005 hatten „inkohärente, widersprüchliche, unwahrscheinliche oder unvollständige Angaben“ noch ausgereicht, nunmehr werden „eindeutig unstimmige und widersprüchliche Angaben“ gefordert. Auch die Generalklausel des Art. 23 Abs. 4 lit. b Asylverfahrens-RL 2005 wurde in die aktuelle Asylverfahrens-RL nicht überführt (so auch VG Berlin, B.v. 18.3.2021 – 38 L 92/21 A).
13
Eindeutig unstimmige Angaben der Antragstellerin in diesem Sinne kann das Gericht nicht feststellen. Die Angaben der Antragstellerin sind zwar im Hinblick auf individuell drohende Gefahren dürftig, oberflächlich und ohne große Sachverhaltssubstanz, sie sind aber nicht zueinander widersprüchlich und stehen auch nicht zu objektiven Gegebenheiten im Widerspruch. Die Tatsache, dass die Antragstellerin bei der Ausreise am Flughafen keine Schwierigkeiten bekommen hat, steht für sich allein noch nicht in einen klaren Widerspruch zu einer Verfolgungsgefahr, zumal die Antragstellerin legal ins befreundete Bruderland Russland ausgereist ist. Auch der längere Aufenthalt in Russland schließt nicht per se die begründete Angst vor Verfolgung in Ku... aus. Der eigene Hinweis der Antragstellerin auf ihre schlechten finanziellen Verhältnisse widerspricht einer Ausreise aus politischen Gründen ebenso wenig von vorneherein. Auch die Haupterwägung des Bundesamtes, dass der Antragstellerin 2021 ein Reisepass durch Kuba ausgestellt worden ist, trägt das Offensichtlichkeitsurteil nicht. Es kann gerade nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin zur Ausstellung ihres Reisepasses nach Kuba zurückgekehrt ist. Sie hat vielmehr nachvollziehbar vorgetragen, dass sie von der kubanischen Botschaft in Russland aus, einen neuen kubanischen Reisepass beantragt hat. Dass der neue Pass trotz Auslandbeantragung in Havanna ausgestellt worden ist, erscheint ebenso plausibel. Dem Gericht sind aus zahlreichen weiteren Gerichtsverfahren ausschließlich in Havanna ausgestellte Reisepässe bekannt, was nahelegt, dass die Passausstellung in Ku... stets zentral in Havanna erfolgt. Der neue Pass weist auch keine Aus- oder Einreisestempel auf, die auf eine freiwillige Rückkehr nach Kuba hindeuten würde.
14
Auch ein sonstiger Tatbestand nach § 30 AsylG i.V.m. Art. 31 Abs. 8 Asylverfahrens-RL, gegen den die Begründung des Bundesamtes ausgetauscht werden könnte (zur Austauschbarkeit der Rechtsgrundlage vgl. VG Berlin, B.v. 27.4.2018 – 34 L 1592.17 A -juris Rn. 20; VG Ansbach, B.v. 28.3.2023 – AN 17 S 23.30327 – juris) ist nicht erkennbar. Die Generalklausel des § 30 Abs. 1 AsylG, nach der ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen, ist für sich genommen keine ausreichende Rechtsgrundlage; es wäre auch insofern eine europarechtskonforme Auslegung bzw. Anwendung vorzunehmen, die hier die Ablehnung als offensichtlich unbegründet nicht ermöglicht.
15
Da bereits der Verstoß gegen europäisches Recht zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage führt, kann dahinstehen, ob die durch das Bundesverfassungsgericht aufgestellten hohen Anforderungen für die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfG, B.v. 25.2.2019 – 2 BvR 1193/18 – juris) vorliegend erfüllt wären. Ebenso kann unentschieden bleiben, ob das Offensichtlichkeits-Urteil im Hinblick auf die Sanktionierungsfunktion der Tatbestände des § 30 Abs. 3 AsylG (Sanktionierung missbräuchlichen Verhaltens bzw. Sanktionierung der Verletzung einer Mitwirkungspflicht, vgl. BeckOK MitgR/Blechinger AsylG, 14. Ed. 15.1.2023, § 30 Rn. 39) rechtmäßig wäre.
16
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG.
17
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.