Inhalt

VGH München, Urteil v. 21.04.2023 – 8 A 20.40017
Titel:

Unzulässiger Normenkontrollantrag gegen Planfeststellungsbeschluss für  Ortsumfahrung

Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 2, § 47
GG Art. 12, Art. 14
FStrG § 17 Abs. 1 S. 4
Leitsätze:
1. Klagebefugnis nach VwGO ist nur anzunehmen, wenn auf der Grundlage des Vorbringens eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten möglich erscheint und auszuschließen ist, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können, was in jedem Einzelfall anhand des Klagebegehrens und des hierauf bezogenen Vortrags zu prüfen ist. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Unter den Schutz der Eigentumsgarantie im Bereich des Privatrechts fallen grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die ihrem Inhaber von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
3. Enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet der Planfeststellungsbeschluss nicht nur für betroffene Grundeigentümer, sondern in gleicher Weise für Personen, denen ein dingliches oder obligatorisches Recht mit Eigentumsqualität an einem Grundstück zusteht, auf das sich der Planungsträger den Zugriff sichert. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Eigentumsgarantie gewährt kein subjektives verfassungsmäßiges Recht auf in Zukunft liegende Verdienstmöglichkeiten oder Gewinnchancen wie zB Gewinnausschüttungen oder der bloße Vermögenswert eines Geschäftsanteils. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
5. Das Grundrecht der Berufsfreiheit schützt vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind, indem sie eine Berufstätigkeit unmittelbar unterbinden oder beschränken, oder vor Regelungen, die mittelbar zumindest objektiv berufsregelnde Tendenz haben. (Rn. 63) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Planfeststellungsbeschluss für die Ortsumfahrung L (B 20), Klagebefugnis des Verpächters bei Unterpachtverhältnis (verneint), Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb, Klagebefugnis von Gesellschaftern und Geschäftsführern einer GmbH (verneint), Normenkontrollverfahren, Planfeststellungsbeschluss, Klagebefugnis, Ortsumfahrung, Pacht, Unterverpachtung, Eigentum, eingerichteter u. ausgeübter Gewerbebetrieb, Verdienstmöglichkeit, Gewinnchance, Berufsfreiheit, Abwägungsgebot
Rechtsmittelinstanzen:
VGH München, Beschluss vom 19.12.2023 – 8 A 20.40017
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 26.06.2024 – 9 B 1.24
Fundstelle:
BeckRS 2023, 24519

Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.
II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens im Verhältnis der Anteile ihrer Verfahren am Gesamtstreitwert.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Klägerinnen wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 9. Oktober 2020 für die Ortsumfahrung L … im Zuge der Bundesstraße 20 Freilassing – Burghausen.
2
Mit dem planfestgestellten Vorhaben wird die Bundesstraße 20 aus dem innerstädtischen Bereich der Stadt L … auf einer Länge von rund 4,8 km nach Westen verlegt. Die Ortsumfahrung beginnt östlich von Letten und endet südlich von L … bei Niederheining. Es ist ein zweispuriger Neubau der Bundesstraße 20 mit wechselseitiger Überholspur geplant. Weitere Bestandteile sind die Verknüpfungen der Ortsumfahrung mit der Bundesstraße 20 alt im Norden und im Süden, mit der Gemeindeverbindungsstraße (GVS) B … – H …, der Staats straße (St) 2013 sowie der Kreisstraße (Kr) BGL 2 und BGL 3.
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Die Klägerin zu 1, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), betreibt nach Angabe der Klägerinnen zu 2 und 3 ein Dressursportzentrum in B …, einem Ortsteil der Stadt L … Das Vorhaben nimmt Teilflächen der Grundstücke FlNr. … und … Gemarkung L … in Anspruch, die die Klägerin zu 1 zunächst von einem Familienangehörigen der Klägerinnen zu 2 und 3 gepachtet hat. Mit Vertrag vom 1. Dezember 2018 hat die Klägerin zu 1 unbefristet die Liegenschaft B …, … L … bestehend aus Reithalle mit Aufenthaltsraum und sanitären Anlagen, Stallungen mit Seminarraum, Koppeln, Reitplatz, Rundlauf, Kinderspielplatz, Teich, Freiflächen und Landwirtschaftsflächen verpachtet. Die Klägerinnen zu 2 und 3 sind Gesellschafterinnen und Geschäftsführerinnen der Klägerin zu 1.
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Mit Schreiben vom 7. August 2014 beantragte das Staatliche Bauamt Traustein für die Bundesrepublik Deutschland die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für das Vorhaben. Die Planunterlagen lagen in der Zeit vom 24. September 2014 bis 24. Oktober 2014 aus. Aufgrund zahlreicher Einwendungen insbesondere zur Trassenwahl entschied sich das Staatliche Bauamt Traunstein für eine bessere Vergleichbarkeit der Plantrasse mit der bahnparallelen Variante 2a zur Ausplanung dieser Variante und wegen anderer kleinerer Änderungen zu einer Tektur der eingereichten Unterlagen. Die geänderten Planunterlagen lagen in der Zeit vom 2. November 2017 bis 1. Dezember 2017 aus. Die Klägerinnen erhoben im Verwaltungsverfahren Einwendungen. Am 9. Oktober 2020 stellte die Regierung von Oberbayern den Planfeststellungsbeschluss fest. Die öffentliche Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses erfolgte durch Bekanntmachung vom 30. Oktober 2020 im Oberbayerischen Amtsblatt (Nr. 25/2020) sowie durch Auslegung des Beschlusses und der Planunterlagen auf der Internetseite der Regierung von Oberbayern in der Zeit von 4. November 2020 bis 17. November 2020.
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Am 15. Dezember 2020 haben die Klägerinnen Klage erhoben. In der Klagebegründung vom 22. Februar 2021 machen die Klägerinnen neben zahlreichen formellen und materiellen Einwänden, die sich insbesondere auf die Alternativenprüfung beziehen, geltend, dass sie durch die Inanspruchnahme ihrer Pachtflächen unmittelbar und mittelbar betroffen seien und ihre Existenz gefährdet sei. Die Klägerin zu 1 betreibe auf den gepachteten Flächen ein Dressursportzentrum für erstklassige und hochwertige Pferde. Gegenstand des Betriebs seien u.a. die Ausbildung von Jungpferden zu Spitzenpferden für den Dressurreitsport, die Betreuung von Spitzenpferden, die Veranstaltung von Kursen für Elitereiter aus Deutschland, der Schweiz, Italien und Österreich sowie die Zusammenarbeit mit angesehenen Pferdeagenturen, die dort Pferde und Personal ausbildeten. Der Betriebsstandort sei im Jahr 2010 nach langer Planungsphase sehr bewusst ausgewählt worden. Denn die Kunden des Betriebs stellten sehr wertvolle Pferde ein und legten Wert auf eine absolut perfekte Lage. Eine solche Ausbildung sei nach Bau der Plantrasse auf Grund der Lärm- und Lichtimmissionen in den Ställen und der Reitsporthalle nicht mehr möglich. Die Pferde und Reiter würden in der notwendigen hohen Konzentration gestört. Bei den Pferden handle es sich um hochsensible Tiere, die bei ihrer Ausbildung auf einen ruhigen Standort angewiesen seien. Wegen der Immissionen auch in den Ställen und Koppeln seien die Tiere in steter Anspannung, weil sie auf Grund ihrer Eigenschaft als Fluchttiere extrem anfällig für optische und akustische Reize seien. Niemand stelle ein Spitzenpferd an einem Standort ein, an dem die optimale Versorgung, Haltung und vor allem Ausbildung der Pferde nicht zweifelsfrei gewährleistet sei.
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Die Klägerinnen beantragen,
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1. Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 09.10.2020 wird aufgehoben.
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Hilfsweise:
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Es wird festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 09.10.2020 rechtswidrig und bis zur Behebung des Mangels nicht vollziehbar ist.
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2. Hilfsweise zu 1.:
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Der Beklagte wird unter Abänderung des Planfeststellungsbeschlusses der Regierung von Oberbayern vom 09.10.2020 verpflichtet, den Betrieb der Klägerinnen auf deren Antrag hin gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung vollständig zu übernehmen, wobei die Klägerinnen erst dann verbindlich über die Ausübung des Übernahmeverlangens entscheiden müssen, wenn zuvor die Entschädigungshöhe feststeht.
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Hilfsweise hierzu:
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Der Beklagte wird verpflichtet, den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 09.10.2020 durch Auflagen dahingehend zu ergänzen, dass er den Vorhabenträger zu Schutzvorkehrungen verpflichtet, die die Existenzgefährdung des Betriebs der Klägerinnen verhindern.
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3. Zudem hilfsweise zu 1.:
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Der Beklagte wird verpflichtet, seinen Planfeststellungsbeschluss vom 09.10.2020 durch Auflagen dahingehend zu ergänzen, dass auf den Grundbesitz und die weiteren Rechte der Klägerinnen durch das planfestgestellte Vorhaben keine unzumutbaren Beeinträchtigungen einwirken, hilfsweise eine angemessene Entschädigung dafür angeordnet wird.
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Insbesondere zugunsten der Klägerinnen
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(1.) Die Auflage in Ziffer 6.1 des Planfeststellungsbeschlusses wird dahingehend abgeändert,
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a. dass die Ausübungsfrist von sechs Monaten ersatzlos gestrichen wird, hilfsweise durch eine angemessene Frist ersetzt wird, wie beispielsweise zwei Jahre nach Bestandskraft und Beginn der Bauarbeiten, und
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b. dass konkret bezeichnete, wirksame Maßnahmen, die zuvor sachverständig ermittelt wurden, bereits in der Auflage festgesetzt werden, ferner,
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c. dass jährlich innerhalb von 10 Jahren ab Umsetzung der Auflagen und des Vorhabens auf Kosten des Vorhabenträgers die Existenzfähigkeit des Betriebs ermittelt wird und dieser auf Antrag der Klägerinnen wahlweise
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i. abgelöst oder
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ii. die Umsatzeinbußen vom Vorhabenträger entschädigt werden, wenn und soweit der Vorhabenträger nicht nachweisen kann, dass die Einbußen nicht vom Vorhaben herrühren.
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(2.) Der Vorhabenträger wird zu aktiven, hilfsweise passiven geeigneten Schutzmaßnahmen auf seine Kosten verpflichtet, die auch die Außenbereichsanlagen und Außenwohnbereiche der Klägerinnen hinreichend vor Schall, Erschütterungen und Lichtimmissionen schützen.
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(3.) Der Zaun auf FINr. … ist vom Vorhabenträger auf seine Kosten vollständig zu ersetzen und auch während der Bauphase ist ununterbrochen eine Umzäunung des Grundstücks sicherzustellen. Hilfsweise ist eine angemessene Entschädigung festzusetzen.
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(4.) Die Strom- und Wasserversorgung ist vom Vorhabenträger auch während der Bauphase uneingeschränkt aufrecht zu erhalten, insbesondere mit Blick auf die Verteileinrichtung im Bereich gegenüber von FINr. …, die zerstört bzw. beeinträchtigt wird.
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(5.) Auf Kosten des Vorhabenträgers ist eine Beweissicherung der Grundwassersituation durch Einholung eines hydrogeologischen Gutachtens zur Grundwassersituation und zur Ermittlung der mit der geplanten Maßnahme verbundenen Beeinträchtigungen vorzunehmen, ferner sind Grundwassermessstellen vom Vorhabenträger einzurichten. Der Vorhabenträger hat bei Veränderungen der Grundwassersituation auf Verlangen der Klägerinnen Abhilfe zu schaffen, hilfsweise eine angemessene Entschädigung zu leisten.
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(6.) Der Vorhabenträger wird verpflichtet, einen finanziellen Ausgleich der Heizmehrkosten zu erstatten, der dadurch entsteht, dass das auf dem Grundstück FINr. … befindliche Kleinheizkraftwerk, welches Teile des Ortes B … mit Wärme versorgt, wegen Verlusts des zugehörigen Privatwalds teurer Holz für das Kleinheizkraftwerk kaufen muss.
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(7.) Der Vorhabenträger wird zu geeigneten Schutzauflagen verpflichtet, die vermeiden, dass sich im Bereich des östlich des Anwesens der Klägerinnen geschaffenen Auffahrtskreisels an der B 20 eine Kloake entwickelt mit erheblicher Geruchsbelästigung sowie einer Belästigung durch vermehrten Insektenflug wie Mücken etc. Hilfsweise ist eine angemessene Entschädigung festzusetzen.
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(8.) Der Vorhabenträger wird zu geeigneten Schutzauflagen, hilfsweise Entschädigung verpflichtet, um die unterbrochene Wasserversorgung auf den Grundstücken FINr. … und FINr. … sicherzustellen.
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4. Höchst hilfsweise hierzu:
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Der Beklagte wird verpflichtet, unter Abänderung und Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses vom 09.10.2020 über die Schutzansprüche der Klägerinnen jeweils erneut zu entscheiden.
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5. Höchst hilfsweise hierzu:
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Der Beklagte wird verpflichtet, den Planfeststellungsbeschluss vom 09.10.2020 dahingehend abzuändern, dass Auflagen zugunsten der Klägerinnen vorbehalten bleiben.
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Der Beklagte beantragte,
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die Klagen abzuweisen.
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Er bestreitet die Klagebefugnis der Klägerinnen. Der Dressursportbetrieb der Klägerin zu 1 sei inklusive des Betriebsvermögens und der wesentlichen Betriebsgrundlagen seit 2018 verpachtet. Die Klägerin zu 1 erhalte hierfür einen Pachtzins; das unmittelbare betriebliche Risiko trage der Pächter. Die Weiterverpachtung sei der Planfeststellungsbehörde bislang nicht mitgeteilt worden. Im Hinblick auf die Klägerinnen zu 2 und 3 zeige die Klagebegründung nicht auf, inwiefern sie durch den Planfeststellungbeschluss in ihren Rechten im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO verletzt sein könnten.
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Mit Schreiben vom 16. September 2021 erwiderten die Klägerinnen, dass die Klägerinnen zu 2 und 3 klagebefugt seien, weil durch den Planfeststellungsbeschluss in ihre GmbH-Anteile und damit in ihr Eigentum eingegriffen werde. Außerdem würden ihre Existenz und Einnahmen an dem Betrieb hängen. Mietminderungen könnten vom Verpächter als eigener Belang geltend gemacht werden. Die derzeitige Betriebsstruktur sei nur eine Zwischenlösung, bis die derzeit erkrankte Klägerin zu 3 den Betrieb wieder übernehmen könne. Es bestehe ein beiderseitiges sechsmonatiges Kündigungsrecht. Außerdem nehme die Finanzverwaltung keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb an.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung, die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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A. Die Klagen sind unzulässig.
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Die Klägerinnen sind nicht klagebefugt. Sie können nicht im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, durch den Planfeststellungsbeschluss in ihren Rechten verletzt zu sein. Das gilt für die mit dem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Beschlusses (Antrag Nr. 1) ebenso wie für die Hilfsanträge Nr. 2-5 (Schutzauflagen nach Art. 74 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BayVwVfG, Auflagenvorbehalt nach Art. 74 Abs. 3 BayVwVfG).
41
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO nur anzunehmen ist, wenn auf der Grundlage des Vorbringens eine Verletzung des Klägers in eigenen Rechten möglich erscheint. Dies ist auszuschließen, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (stRspr, z.B. BVerwG, U.v. 1.5.1996 – 1 C 10.95 – BVerwGE 101, 157 = juris Rn. 22; U.v. 12.12.2018 – 10 C 10.17 – BVerwGE 164, 53 = juris Rn. 17; U.v. 10.5.2021 – 8 B 59.20 – juris Rn. 5). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist in jedem Einzelfall anhand des Klagebegehrens und des hierauf bezogenen Vortrags des Klägers zu prüfen (vgl. BVerwG, B.v. 10.5.2021 – 8 B 59.20 – juris Rn. 5; BayVGH, U.v. 6.12.2022 – 8 A 20.40015 – juris Rn. 12). Bei der Prüfung ist auf die objektiv gegebene materielle Rechtslage zurückzugreifen, denn ohne diese lässt sich nicht beurteilen, ob eine Verletzung klägerischer Rechte immerhin möglich ist, wenn nicht die bloße Behauptung einer derartigen Rechtsverletzung genügend sein soll (vgl. BVerwG, B.v. 21.1.1993 – 4 B 206.92 – BayVBl 1994, 90 = juris Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, U.v. 6.12.2022 – 8 A 20.40015 – juris Rn. 17; HessVGH, B.v. 17.8.2022 – 4 A 2197/20.Z – juris Rn. 37). Die an den Sachvortrag des Klägers zu stellenden Anforderungen dürfen mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht überspannt werden (BVerwG, U.v. 18.12.2014 – 4 C 36.13 – BVerwGE 151, 138 = juris Rn. 14; B.v. 5.3.2019 – 7 B 3.18 – ZfB 2019, 181 = juris Rn. 8).
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Auf der Grundlage des Klagevorbringens ist eine Verletzung einer subjektiv-rechtlichen Rechtsposition der Klägerinnen offensichtlich und eindeutig auszuschließen. Maßgeblich für die Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. BVerwG, U.v. 10.11.2022 – 4 A 15.20 – juris Rn. 11).
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1. Die Klägerin zu 1 kann ihre Klagebefugnis offensichtlich weder auf Grundrechte noch auf eine fehlerhafte Abwägung ihrer Belange stützen.
44
a. Aus dem Vortrag der Klägerin zu 1 ergibt sich keine mögliche Verletzung ihrer subjektiven Rechte aus Art. 14 Abs. 1 GG.
45
(1) Die Klägerin zu 1 ist nicht in ihrem Eigentum betroffen, weil die Grundstücke FlNr. … und … Gemarkung L … ausweislich des Grundbuchs und nach eigenen Angaben der Klägerinnen (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021 S. 188 f.) im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses nicht im Eigentum der Klägerin zu 1, sondern im Eigentum eines Familienangehörigen der Klägerinnen zu 2 und 3 stand.
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(2) Eine Klagebefugnis ergibt sich auch nicht aufgrund der von ihr ausschließlich geltend gemachten Rechtsstellung als (Haupt-)Pächterin dieser Grundstücke (vgl. Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 155-170, 188-199). Denn sie hat die Flächen bereits mit Vertrag vom 1. Dezember 2018 weiterverpachtet.
47
Durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das Besitzrecht des Pächters Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist (BVerwG, U.v. 1.9.1997 – 4 A 36.96 – BVerwGE 105, 178 = juris Rn. 26; U.v. 29.1.2009 – 9 C 3.08 – NVwZ 2009, 1047 = juris Rn. 15; U.v. 16.3.2021 – 4 A 12.19 – juris Rn. 17). Unter den Schutz der Eigentumsgarantie im Bereich des Privatrechts fallen grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die ihrem Inhaber von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf (BVerfG, B.v. 26.5.1993 – 1 BvR 208/93 – BVerfGE 89, 1 = juris Rn. 20 ff. zum Besitzrecht des Mieters). Diese Voraussetzung erfüllt – im Hinblick auf die eingeräumte (tatsächliche) Nutzungs- und Verfügungsbefugnis und die damit verbundenen Abwehrrechte – auch das Besitzrecht des Pächters, das durch Schutzrechte gegenüber jedermann abgesichert ist und dem Rechtsträger einen Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich verschafft, den er zum eigenen Vorteil ausnutzen kann. Der Anerkennung des Pachtbesitzes als verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum steht auch nicht entgegen, dass die Verfügungsbefugnis des Pächters weitgehend eingeschränkt ist (BVerwG, U.v. 1.9.1997 – 4 A 36.96 – BVerwGE 105, 178 = juris Rn. 26; vgl. auch BVerfG, B.v. 26.5.1993 – 1 BvR 208/93 – BVerfGE 89, 1 = juris Rn. 23; StGH BW, U.v. 17.6. 2014 – 15/13, 1 VB 15/13 – juris Rn. 417).
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Enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet der Planfeststellungsbeschluss nicht nur für betroffene Grundeigentümer, sondern in gleicher Weise für Personen, denen ein dingliches oder obligatorisches Recht mit Eigentumsqualität an einem Grundstück zusteht, auf das sich der Planungsträger den Zugriff sichert (vgl. BVerwG, U.v. 1.9.1997 – 4 A 36.96 – BVerwGE 105, 178 = juris Rn. 28; U.v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – NVwZ 2013, 649 = juris Rn. 13; U.v. 22.11.2016 – 9 A 23.15 – juris Rn. 10).
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Ein von Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Besitzrecht des Pächters steht vorliegend der Klägerin zu 1 nicht (mehr) zu. Mit der Unterverpachtung der von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung betroffenen Flächen durch Vertrag vom 1. Dezember 2018 an Herrn St., die jedenfalls mit stillschweigender Erlaubnis des Eigentümers erfolgt ist (vgl. aber auch BGH, U.v. 15.12.1976 – VIII ZR 97/75 – DB 1977, 538 = juris Rn. 16 zur Wirksamkeit eines ohne Erlaubnis des Verpächters abgeschlossenen Unterpachtvertrags), hat sie die Nutzungsbefugnis für die Grundstücke vollständig einem Dritten überlassen (vgl. § 581 Abs. 2 i.V.m. § 540 Abs. 1 Satz 1 BGB). Pachtgegenstand ist laut Vertrag vom 1. Dezember 2018 die Liegenschaft B …, … L … bestehend aus u.a. den Freiflächen und Landwirtschaftsflächen. Aufgrund dieses Unterpachtvertrags stehen die Nutzungs- und Schutzrechte, die eine Anerkennung des Besitzrechts des Pächters als Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG rechtfertigen (vgl. BVerfG, B.v. 26.5.1993 – 1 BvR 208/93 – BVerfGE 89, 1 = juris Rn. 22), nur noch dem Unterpächter (Herrn St.) zu. Der klagebefugte Unterpächter hat den Planfeststellungsbeschluss nicht angefochten.
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(3) Eine Klagebefugnis ergibt sich nicht aus einer möglichen Verletzung ihres Rechts am eingerichteten und ausgebübten Gewerbebetrieb. Selbst wenn das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterfiele (vgl. BVerfG, B.v. – 1 BvR 558/91 – BVerfGE 105, 252 = juris Rn. 79; B.v. 8.9.2010 – 1 BvR 1890/08 – NJW 2010, 3501 = juris Rn. 25; U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 u.a. – BVerfGE 143, 246 = juris Rn. 240; BVerwG, U.v. 21.3.2019 – 7 C 26.17 – BVerwGE 165, 82 = juris Rn. 48), scheidet vorliegend eine Verletzung dieses Rechts von vornherein aus, da die Klägerin zu 1 im maßgeblichen Zeitpunkt nicht Inhaberin des Gewerbebetriebs „Gut B …“ war.
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Sie verfügte im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses weder über die wesentlichen Betriebsmittel zur Führung des Dressursportzentrums „Gut B …“, noch übte sie eine entsprechende Geschäftstätigkeit aus. Sie hat mit Vertrag vom 1. Dezember 2018 unbefristet die „Liegenschaft B …, … L … bestehend aus: Reithalle mit Aufenthaltsraum und sanitäre Anlagen, Stallungen mit Seminarraum, Koppeln, Reitplatz, Rundlauf, Kinderspielplatz, Teich, Freiflächen und Landwirtschaftsflächen“ nebst Inventar (Nr. 4 des Vertrages), einen Traktor sowie einen Aufsitzmäher (Nr. 4 des Vertrages) an Herrn St. verpachtet. Sie hat sich damit ihrer Nutzungs- und Verfügungsbefugnis an den wesentlichen Betriebsmitteln des Betriebs „Gut B …“ entledigt. Diese liegen beim Pächter. Als Gegenleistung erhält die Klägerin zu 1 den in Nr. 1 des Vertrages vereinbarten Pachtzins. Inhaber des Gewerbebetriebs ist allein Herr St., der im Übrigen auch das wirtschaftliche Risiko des Betriebs „Gut B …“ trägt.
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Es mag sein, dass die Verpachtung des Betriebs als Zwischenlösung geplant und Herr St. als Ersatz für die erkrankte Klägerin zu 3 gedacht war. Maßgeblich ist jedoch, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses rechtlich die Beteiligten den Weg über eine Betriebspacht gewählt haben, infolge dessen sich die Klägerin zu 1 des Betriebsrisikos entledigt hat und dafür Pachteinnahmen erhält. Der alternative Weg, das Dressursportzentrum selbst weiterzuführen und Herrn St. als Geschäftsführer oder sportlichen Direktor anzustellen, wurde nicht gewählt. Dafür, dass die tatsächlich „gelebte“ Praxis von den zwischen den Parteien abgeschlossenen rechtlichen Vereinbarungen abweichen würde, haben sich auch in der mündlichen Verhandlung keine Anhaltspunkte ergeben. Vielmehr hat die Klägerin zu 3 bestätigt, dass Herr St. den Lohn für den Mitarbeiter trägt und nicht die Klägerin zu 1. Insoweit ist auch stimmig, dass sich Herr St. im eigenen Namen wegen einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Freilaufführanlage an die Stadt L … gewandt hat (vgl. GA Bl. 228) und ihm das Nutzungsrecht am Logo „Gut B … … …“ vertraglich eingeräumt wurde. Ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine abweichende Praxis ergeben sich aus dem Instagramausdruck betreffend „Gut B …“ (GA Anlage zum Protokoll über die mündliche Verhandlung am 21. April 2023). Dass der Eintrag „Gut B … – Einstellbetrieb, Ausbildung und Beritt von Dressurpferden bis Klasse 1“ lautet und Herrn St. als Ansprechpartner nennt, bedeutet nicht, dass der Betrieb von der Klägerin zu 1 geführt wird. Denn die Klägerin zu 1 wird in dem Instagramauftritt überhaupt nicht erwähnt. Mit dem Auftritt wird allein der Betrieb bzw. die Firma „Gut B …“ beworben, ohne Hinweis darauf, wer Betriebsinhaber ist.
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b. Eine Verletzung des sich hier aus § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG abzuleitenden Abwägungsgebots scheidet ebenfalls offensichtlich aus. Das Abwägungsgebot verlangt, dass bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind. Das Abwägungsgebot hat drittschützenden Charakter hinsichtlich solcher privater Belange, die für die Abwägung erheblich sind (stRspr BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 13.19 – BVerwGE 170, 262 = juris Rn. 13). Einzustellen sind daher alle mehr als nur geringfügigen schutzwürdigen rechtlichen oder tatsächlichen Interessen, die von der Planung in beachtlicher Weise betroffen werden. Nicht erforderlich ist, dass die relevanten privaten Belange subjektive Rechte darstellen (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.1996 – 11 A 100.95 – UPR 1997, 149 = juris Rn. 36; U.v. 5.11.1999 – 4 CN 3.99 – BVerwGE 110, 36 = juris Rn. 17; U.v. 3.11.2020 – 9 A 13.19 – BVerwGE 170, 262 = juris Rn. 13).
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Befürchtete Miet- oder Pachtminderungen bzw. eine schlechtere Vermietbarkeit oder Verpachtbarkeit wegen Lärmimmissionen, die vom geplanten Vorhaben ausgehen, können zwar grundsätzlich einen abwägungserheblichen Belang darstellen (vgl. in Bezug auf die Dauer einer Baustelle BayVGH, U.v. 24.1.2011 – 22 A 09.40045 u.a. – DVBl 2011, 377 = juris Rn. 109).
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Eine fehlerhafte Abwägung dieses Belangs hat die Klägerin zu 1 aber nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG geltend gemacht. Insoweit reicht aus, dass ein Kläger Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung seiner Belange in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 13.19 – BVerwGE 170, 262 = juris Rn. 13). Solche Tatsachen hat die Klägerin zu 1 im Hinblick auf mögliche Einschränkungen der Verpachtbarkeit des Betriebs bzw. im Hinblick auf ihre Rechtsstellung als Verpächterin nicht vorgebracht. In der fristgemäß eingegangenen Klagebegründung vom 22. Februar 2021 hat sie lediglich die „unmittelbare und mittelbare Betroffenheit“ der Pachtflächen FlNr. … und … (Klagebegründung vom 22.2.2021, S. 155), eine Beeinträchtigung der optimalen Ausreitmöglichkeiten (Klagebegründung vom 22.2.2021 S. 156), eine Existenzgefährdung bzw. -vernichtung „ihres“ Dressursportbetriebs wegen unzumutbarer Lärm- und Lichtimmissionen, die u.a. eine Dressurausbildung von hochwertigen Turnierpferden unmöglich machen würden (Klagebegründung vom 22.2.2021 S. 157 ff., 279), sowie ein Abwägungsdefizit in Bezug auf fehlende funktionierende Schutzmaßnahmen (vgl. Klagebegründung v. 22.2.2021 S. 172) gerügt, ohne offenzulegen, dass der Betrieb bereits im Jahr 2018 an Herrn St. unterverpachtet wurde. Dass sie Pachteinbußen befürchtet, hat sie erstmals nach Ablauf der Klagebegründungfrist im Schriftsatz vom 16. September 2021 vorgetragen.
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Im Übrigen scheidet eine Verletzung des Abwägungsgebots von vornherein deswegen aus, weil die Planfeststellungsbehörde den Belang in ihre Abwägung nicht einstellen musste. Was die planende Stelle nicht „sieht“, und was sie nach den gegebenen Umständen auch nicht zu „sehen“ braucht, kann von ihr bei der Abwägung und braucht von ihr auch nicht berücksichtigt zu werden (vgl. BVerwG, B.v. 9.11.1979 – 4 N 1.78 u.a. – BVerwGE 59, 87 = juris Rn. 52). Hat es ein Betroffener unterlassen, seine Betroffenheit im Verwaltungsverfahren vorzutragen, dann ist die Betroffenheit abwägungsbeachtlich nur dann, wenn sich der planenden Stelle die Tatsache dieser Betroffenheit aufdrängen musste (vgl. BVerwG, B.v. 9.11.1979 – 4 N 1.78 u.a. – BVerwGE 59, 87 = juris Rn. 52; B.v. 11.1.2001 – 4 B 37.00 – NVwZ 2001, 1398 = juris Rn. 16; U.v. 3.11.2020 – 9 A 11.19 – juris Rn. 61). Vorliegend hat es die Klägerin zu 1 versäumt, ihren Belang der Verpachtbarkeit des Guts B … im Verwaltungsverfahren der Planfeststellungsbehörde darzulegen. Da keine Anhaltspunkte für eine Betriebsübertragung bestanden, musste sich der Belang der Planfeststellungsbehörde auch nicht als abwägungsbeachtlich aufdrängen.
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2. Den Klägerinnen zu 2 und 3 steht in ihren Funktionen als Gesellschafterinnen und Geschäftsführerinnen der Klägerin zu 1 eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ebenfalls nicht zu.
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a. Eine Verletzung ihrer Grundrechte nach Art. 14 GG ist scheidet offensichtlich aus.
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(1) Die Klägerinnen zu 2 und 3 sind weder grundeigentumsbetroffen noch in einem Besitzrecht betroffen. Sie sind auch nicht Inhaberinnen eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. Denn das Halten von GmbH-Anteilen ist keine gewerbliche Tätigkeit, sondern reine Vermögensverwaltung (vgl. BGH, 8.1.2005 – XI ZR 34/05 – BGHZ 165, 43 = juris Rn.15; U.v. 24.1.2006 – XI ZR 384/03 – NJW 2006, 830 = juris Rn. 91). Geschäftsführer einer GmbH handeln ebenfalls nicht in Ausübung einer eigenen gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit, sondern in Ausübung einer angestellten beruflichen Tätigkeit (vgl. BGH, U.v. 15.7.2004 – III ZR 315/03 – NJW 2004, 3039 = juris Rn. 40; U.v. 24.1.2006 – XI ZR 384/03 – NJW 2006, 830 = juris Rn. 91). Auf eine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb könnte sich vielmehr nur die GmbH selbst berufen (vgl. BGH, U.v. 24.1.2006 – XI ZR 384/03 – NJW 2006, 830 juris Rn. 91; s.o. Rn. 50).
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(2) In ihrem Geschäftsanteil an der GmbH sind die Klägerinnen zu 2 und 3 durch das Vorhaben ebenfalls nicht betroffen. Zwar gehören zu den schutzfähigen Rechtspositionen im Sinne des Art. 14 GG grundsätzlich alle vermögenswerten Rechte, die das bürgerliche Recht einem privaten Rechtsträger als Eigentum zuordnet (vgl. BVerfG, B.v. 21.7.2010 – 1 BvL 8/07 – BVerfGE 126, 331 = juris Rn. 84; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Kommentar, 17. Aufl. 2022, Art. 14 Rn. 6). Den Schutz von Art. 14 GG genießt daher auch das gesellschaftsrechtlich vermittelte Anteilseigentum (vgl. BVerfG, U.v. 11.7.2012 – 1 BvR 3142/07 – BVerfGE 132,99 = juris Rn. 52; Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand Jan. 2023, Art. 14 GG Rn. 310). Mithin unterfällt auch ein Geschäftsanteil an einer GmbH im Sinne des § 5 Abs. 2 GmbHG dem Schutz des Art. 14 GG (vgl. zur Aktie BVerfG, B.v. 9.1.2014 – 1 BvR 2344/11 – WM 2014, 464 = juris Rn. 18; zum Kommanditanteil vgl. BVerfG, U.v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96 – BVerfGE 102 197 = juris Rn. 60). Der Schutzbereich ist jedoch nur betroffen, wenn der Gesellschafter seine im Geschäftsanteil liegende Rechtsposition verliert oder diese in seiner Substanz verändert wird (vgl. BVerfG, U.v. 11.7.2012 – 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08 – BVerfGE 132, 99 = juris Rn. 52; BVerwG, U.v. 14.3.2023 – 8 A 2.22 – Rn. 15 f.). Dies ist vorliegend auszuschließen, da der Planfeststellungsbeschluss keinerlei Regelungen in Bezug auf die Rechtsposition des Geschäftsanteils trifft.
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(3) Soweit die Klägerinnen zu 2 und 3 geltend machen, dass ihre Einnahmen an der Klägerin zu 1 hingen, erfolgte dieses Vorbringen bereits nicht innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG.
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Unabhängig davon gewährt Art. 14 GG kein subjektives verfassungsmäßiges Recht auf in Zukunft liegende Verdienstmöglichkeiten oder Gewinnchancen wie z.B. Gewinnausschüttungen (vgl. BVerfG, B.v. 31.10.1984 – 1 BvR 35/82 – BVerfGE 68, 193 = juris Rn. 77; B.v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96 – BVerfGE 102, 197 = juris Rn. 60). Der bloße Vermögenswert eines Geschäftsanteils unterfällt ebenfalls nicht dem Schutz des Art. 14 GG (vgl. zur Aktie BVerfG, U.v. 11.7.2012 – 1 BvR 3142/07, BvR 1569/08 – BVerfGE 132, 99 = juris Rn. 53; Bryde/Wallrabenstein in von Münch/Kunig, GG, Stand 2021, Art. 14 Rn. 43).
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b. Auch eine Verletzung von Art. 12 GG im Hinblick auf die geschäftsführende Tätigkeit der Klägerinnen zu 2 und 3 scheidet aus. Das Grundrecht der Berufsfreiheit schützt vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind, indem sie eine Berufstätigkeit unmittelbar unterbinden oder beschränken (stRspr BVerfG, B.v. 12.04.2005 – 2 BvR 1027/02 – BVerfGE 113, 29 = juris Rn. 91; B.v. 30.6.2020 – 1 BvR 1679/17 – BVerfGE 155, 238 = juris Rn. 95 ff.), oder vor Regelungen, die mittelbar zumindest objektiv berufsregelnde Tendenz haben (vgl. etwa BVerfG, B.v. 30.6.2020 – 1 BvR 1679/17 – juris Rn. 96 f.; BVerwG, U.v. 18.3.2021 – 7 CN 1.20 – BVerwGE 172, 37 = juris Rn. 23). In diesem Sinne führt der – grundstücksbezogene – straßenrechtliche Planfeststellungsbeschluss weder zu unmittelbaren noch zu mittelbaren Beeinträchtigungen betreffend die Tätigkeit der Klägerinnen als Geschäftsführerinnen. Er ändert allenfalls die tatsächlichen Rahmenbedingungen für eine berufliche Tätigkeit der Klägerinnen zu 2 und 3 (vgl. BVerwG, U.v. 28.11.2017 – 7 A 1.17 u.a. – Buchholz 445.5 § 12 WaStrG Nr. 4 = juris Rn. 55; zum Bebauungsplan OVG RhPf, U.v. 7.12.2022 – 8 C 10123/22 – ZfBR 2023, 277 = juris Rn. 67). Gegen Veränderung der Marktbedingungen schützt das Grundrecht der Berufsfreiheit jedoch nicht, selbst wenn sie vom Staat ausgehen (vgl. BVerfG, U.v. 14.7.1998 – 1 BvR 1640/97 – BVerfGE 98, 218 = juris Rn. 150; B.v. 4.2.2004 – 1 BvR 1103/03 – BVerfGK 2, 283 = juris Rn. 15).
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c. Eine Verletzung des aus dem Abwägungsgebot (§ 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG) folgenden Rechts auf gerechte Abwägung schutzwürdiger und mehr als nur geringfügig berührter privater Belange ist ebenfalls nicht möglich. Die Klägerinnen zu 2 und 3 haben die von ihnen befürchteten Gewinneinbußen erst im Schriftsatz vom 16. September 2021 geltend gemacht und somit nach Ablauf der Klagebegründungsfrist nach § 17 Abs. 5 Satz 1 FStrG. Überdies haben sie diese Befürchtungen nicht im Verwaltungsverfahren vorgetragen, sodass diese schon nicht abwägungsbeachtlich waren (vgl. oben Rn. 53).
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B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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C. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
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D. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.