Titel:
Anspruch auf Coronahilfe (Dezemberhilfe)
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
Richtlinie für die Gewährung außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4, § 124a Abs. 4 S. 4
Leitsätze:
1. Die Richtlinie für die Gewährung außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Gewährung einer Billigkeitsleistung geht es nicht um einen schweren Grundrechtseingriff in Gestalt eines vorübergehenden Berufsverbots, sondern um eine Begünstigung, die lediglich an wettbewerbsrechtlichen und beihilferechtlichen Schranken zu messen ist, wobei die Wettbewerbsfreiheit beeinträchtigt sein kann, wenn die öffentliche Hand durch berufs- oder wirtschaftslenkende Maßnahmen den freien Wettbewerb behindert. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Selbst wenn sich infektionsschutzrechtliche Maßnahmen wie Betriebsschließungen wegen fehlender Billigkeitsleistungen als unverhältnismäßig erweisen würde, würde dies zur gerichtlichen Aufhebung der entsprechenden Maßnahme führen, hätte aber nicht zur Folge, dass das betroffene Unternehmen die rechtswidrige Maßnahme hinnehmen müsste und als Ausgleich einen Anspruch auf Schaffung einer Billigkeitsleistung hätte. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fehlende Darlegung der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, Dezemberhilfe, Hinreichende Differenzierung bei der Gewährung von Billigkeitsleistungen für Dienstleistungs- und Einzelhandelsunternehmen, Corona, Gleichheitsgrundsatz, Grundrechtseingriff, Betriebsschließung, Billigkeitsleistungen, Entschädigung, Verhältnismäßigkeit, Dienstleistungsunternehmen, Einzelhandelsunternehmen
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 08.05.2023 – M 31 K 21.4671
Fundstelle:
BeckRS 2023, 24493
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Mai 2023 – M 31 K 21.4671 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 138.422,30 € festgesetzt.
Gründe
1
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine vor dem Verwaltungsgericht erfolglose Klage auf Verpflichtung der Beklagten, ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 9. August 2021 die beantragte Dezemberhilfe in Höhe von 138.422,30 € zu gewähren, weiter. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte die Gewährung einer Dezemberhilfe abgelehnt, den unter Vorbehalt der vollständigen Prüfung ergangenen Bescheid vom 2. Mai 2021 über eine Abschlagszahlung in Höhe von 50.000 € aufgehoben und den zu erstattenden Betrag auf 50.000 € festgesetzt.
2
Mit der fristgerecht beantragten Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Mai 2023 und der fristgerecht eingereichten Begründung für den Zulassungsantrag macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie eine Abweichung des Urteils von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (§ 124 Abs. 4 Nr. 4 VwGO) geltend.
3
Die Beklagte ist dem Zulassungsantrag entgegengetreten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor bzw. sind bereits nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt.
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1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426.17 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 f.). Solche ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils legt der Kläger nicht dar.
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1.1 Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung des Urteils ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf die beantragte Dezemberhilfe habe, weil auf der Grundlage der sich aus der einschlägigen Zuwendungsrichtlinie ergebenden Verwaltungspraxis kein Anspruch bestehe. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf oder unter Ausweitung dieser Praxis. Der Richtliniengeber sei bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch die finanzielle Zuwendung des Staates gefördert werden solle, weitgehend frei. Der Staat dürfe seine Leistungen nicht willkürlich verteilen. Soweit der Kläger bereits eine strengere zuwendungsrechtliche Rechtfertigungsprüfung als maßstäblich ansehe, könne dem nicht gefolgt werden. Mit der Versagung der Dezemberhilfe gehe kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb einher. Nicht überzeugend sei der durch das in diesem Zusammenhang in Bezug genommene Rechtsgutachten für den Handelsverband Deutschland (HDE) verfolgte Ansatz, die Betroffenheit der Freiheitsgrundrechte auf der Ebene der Betriebsschließung unmittelbar für die Maßstabsbildung für eine Zuwendungsgewährung heranzuziehen. Die Ebenen der Betriebsschließung und Zuwendungsgewährung seien voneinander zu trennen. Es gehe darum, ob die Nichtgewährung der Zuwendung als solche eine Grundrechtsbetroffenheit bedinge. Es werde teilweise in dem Ausschluss von staatlichen Wirtschaftsfördermaßnahmen, der bei ausgeschlossenen Wettbewerbern einen erheblichen Konkurrenznachteil bewirke, ein Eingriff in die Berufsfreiheit gesehen. Hierfür sei in der vorliegenden Konstellation nichts ersichtlich. Es fehle an der für einen Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit im Grundsatz erforderlichen berufsregelnden Tendenz oder einer voraussehbaren und in Kauf genommenen schwerwiegenden Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit. Maßstäblich für die Zuwendungsgewährung sei angesichts der erheblichen Gestaltungsfreiheit des Zuwendungsgebers eine Willkürkontrolle. Es sei nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte in ständiger Vollzugpraxis zur Bestimmung des Kreises der direkt betroffenen antragsberechtigten Unternehmen auf Unternehmen abstelle, die auf der Grundlage der Beschlüsse vom 28. Oktober, 25. November und 2. Dezember 2020 den Geschäftsbetrieb hätten einstellen müssen. Bei der Dezemberhilfe handle es sich um ein Instrument, das spezifisch an eine Betroffenheit durch einen politischen Beschluss anknüpfe. Dies unterscheide die Dezemberhilfe von den anderen Programmen der Corona-Wirtschaftshilfen, die ohne Bezug auf bestimmte einschränkende Maßnahmen oder politische Beschlüsse an coronabedingte Einbußen anknüpften. Dies sei ein sachlicher Differenzierungsgrund, denn die Betroffenheit von bestimmten Schließungsanordnungen in formaler Hinsicht gehe auch mit einer tatsächlich unterschiedlichen Belastung einher. Dies sei ein ausreichend sachlicher Differenzierungsgrund. Unabhängig davon sei dem Zuwendungsgeber ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz ein bestimmtes Maß an Typisierung zuzugestehen. Ausgehend von der Zielbestimmung der November- bzw. Dezemberhilfe, die Betroffenheit von bestimmten Schließungsanordnungen teilweise auszugleichen, könne zur Differenzierung der Antragsberechtigung auf die coronabedingt angeordneten hoheitlichen Betriebsschließungen bzw. -beschränkungen im Sinne der Ziffern 5 bis 8 des Beschlusses vom 28. Oktober 2020 abgestellt werden. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Zuwendungsgeber eine über Umsätze pauschalierende Erstattung von Fixkosten über einen längeren Zeitraum für alle Betriebe aus finanziellen und inhaltlichen Gründen nicht für sachgerecht erachte und dabei auf die stark unterschiedlichen Kostenstrukturen der verschiedenen Branchen im Verhältnis zum erzielten Umsatz verweise und bei einer pauschalierten Kostenerstattung in einem branchenoffenen Programm von unverhältnismäßigen Überkompensationen ausgehe. Zudem stehe die Überbrückungshilfe III bereit, die zum zentralen Unterstützungsinstrument für betroffene Unternehmen ausgebaut worden sei und für betroffene Unternehmen im Förderzeitraum November 2020 bis Juni 2021 zur Verfügung stehe. Die gegenteilige Argumentation des vom Kläger vorgelegten und in Bezug genommenen HDE-Gutachtens überzeuge nicht. Es werde nicht auf die frühere Betroffenheit der für die November- und Dezemberhilfe antragsberechtigten Unternehmen abgestellt, sondern darauf, dass die über Umsätze pauschalierende Erstattung von Fixkosten über einen längeren Zeitraum als den von der November- und Dezemberhilfe umfassten Zeitraum hinaus und zudem auch branchenübergreifend aus finanziellen Gründen nicht sachgerecht gewesen wäre. Denn mit der Überbrückungshilfe III stehe auch eine Zuwendung für Unternehmen wie den Kläger zur Verfügung.
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Ein Anspruch ergebe bestehe aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Ausweitung der bestehenden Begünstigung vor dem Hintergrund einer Entschädigung oder eines Ausgleichs für Maßnahmen im Vollzug des Infektionsschutzrechts. Von der Dezemberhilfe als Billigkeitsleistung sei eine Entschädigung bzw. ein Ausgleich für infektionsschutzrechtliche Maßnahmen kategorisch zu unterscheiden. Aus dem Umstand, dass derartige Billigkeitsleistungen insbesondere im Rahmen der Verhältnismäßigkeit infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen eine Minderung des Eingriffsgewichts darstellen könnten, lasse sich keine maßstabsbildende Bedeutung für die Bemessung der Billigkeitsleistung entnehmen. Auch wenn sich eine infektionsschutzrechtliche Maßnahme unter Berücksichtigung einer Billigkeitsleistung als unverhältnismäßig darstellen würde, hätte dies nur Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Maßnahme, würde jedoch nicht zu einem Anspruch auf Billigkeitsleistung in ausreichendem Umfang führen. Vor diesem Hintergrund führe auch der Ansatz des HDE-Gutachtens, die Zuwendungsvergabe und insbesondere ihren inhaltlichen und zeitlichen Umfang mittelbar an einer ihr zugedachten Entschädigungsfunktion bzw. Verhältnismäßigkeitserwägungen mit Blick auf die zugrundeliegende Eingriffsmaßnahme zu messen, nicht weiter. Unabhängig davon bestehe auch keine Entschädigungspflicht, die zu einem entsprechend erweiterten Umfang der Billigkeitsleistung führen könnte. Es werde der Rechtsprechung des BGH (U.v. 17.3.2022 – III ZR 79/21 – juris Rn. 59) gefolgt. Auch unter dem Gesichtspunkt der sogenannten ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung des Eigentums könne dem Kläger keine Entschädigung zuerkannt werden. Der Staat komme seiner sozialstaatlichen Verpflichtung auch nach, wenn er haushaltsrechtlich durch Parlamente abgesicherte Ad-hoc-Hilfsprogramme auflege. Dem Richtlinien- bzw. Zuwendungsgeber stehe es auch mit Blick auf seine sozialstaatliche Verpflichtung frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden. Die Willkürgrenze sei selbst dann nicht überschritten, wenn es für eine alternative Förderpraxis gute oder bessere Gründe gebe. Eine Verletzung des Willkürverbots liege nicht vor. Deshalb bedürfe es auch keiner Erörterung, ob der durch eine gleichheitswidrige Förderung bewirkte Verstoß dadurch geheilt werden könne, dass die betreffende Leistung auch den zu Unrecht ausgeschlossenen Unternehmen gewährt werden müsse.
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1.2 Zur Darlegung der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bringt der Kläger vor, das die zugrundeliegende Richtlinie für die Gewährung außerordentlicher Wirtschaftshilfe des Bundes für Dezember 2020 ihrerseits bereits rechtswidrig sei, weil sie gleiche Sachverhalte in sachlich nicht gerechtfertigter Weise ungleich behandle. Die Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen, den Antrag des Klägers positiv zu verbescheiden. Die durch die Dezemberhilfe begünstigten Unternehmen (privilegierte Unternehmen) und die Unternehmen, die lediglich Überbrückungshilfe erhielten (nicht privilegierte Unternehmen), seien wesentlich gleich. Sie hätten die gleiche Relevanz für die Versorgung der Bevölkerung, seien in gleicher Weise durch Betriebsschließungen betroffen und die wirtschaftlichen Wirkungen der Betriebsschließungen auf die betroffenen Unternehmen seien wesentlich gleich. Auch den nicht privilegierten Unternehmen sei versagt worden, ihre Läden für den Publikumsverkehr zu öffnen. Dem Kläger sei es nicht möglich gewesen, durch den Online-Shop die Umsatzeinbußen aus der Schließung aufzufangen. Auch über den Zeitraum 16. bis 31. Dezember 2020 hinaus bestehe eine Ungleichbehandlung. Insofern werde das Gutachten des HDE zum Gegenstand der Klagebegründung gemacht (wird auszugsweise in die Begründung kopiert). Diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt. Das erstinstanzliche Gericht habe keine ausreichenden Vergleichskriterien herausgearbeitet. Jedenfalls sei das Grundrecht des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG in nicht unerheblicher Weise verletzt. Bei Betriebsschließungen handle es sich um besonders schwere Grundrechtseingriffe. Nichts anderes ergebe sich aus der Entscheidung des BayVGH (B.v. 8.4.2021 – 20 NE 21.478). Die staatliche Betriebsschließung ohne die Gewährung einer anteiligen Dezemberhilfe erweise sich als unverhältnismäßig. Die Tatsache, dass die privilegierten Unternehmen bereits sechs Wochen vorher schließen mussten, vermöge die Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen. Aus dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ergebe sich nichts anderes. Bezüglich der Rechtsfolgen würden die Ausführungen des HDE-Gutachtens zum Ausgangspunkt der Klagebegründung gemacht (Hinweis: Erstreckung der gleichheitswidrigen Regelung auf die zu Unrecht ausgeschlossenen Personengruppen). Es bestehe bereits ein Anspruch aus der Selbstbindung der Verwaltung. Hierzu würden ebenfalls die Ausführungen des HDE-Gutachtens zum Gegenstand der Klagebegründung gemacht. Weiterhin wäre der Kläger als antragsberechtigt einzustufen gewesen, weil eine rechtswidrige Richtlinie auch bei formal korrekter Anwendung die Ermessensfehlerhaftigkeit des behördlichen Handels nicht ausschließen könne. Auch das beihilferechtliche Durchführungsverbot aus Art. 108 Abs. 3 AEUV sowie Art. 3 VO (EU) 2015/1598 stehe dem Anspruch des Klägers nicht entgegen.
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1.3 Mit diesem Vorbringen zieht der Kläger die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht ernsthaft in Zweifel.
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1.3.1 Die Begründung des Zulassungsantrags zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genügt bereits nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO an die Darlegung der Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO geforderte Darlegung des Zulassungsgrundes gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert eine konkret fallbezogene und hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung; es muss konkret dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und / oder Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat. Eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen die Annahmen des Verwaltungsgerichts ernstlichen Zweifeln begegnen. Mit bloßer Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der schlichten Darstellung der eigenen Rechtsauffassung (BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris Rn. 10; B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 14 m.w.N.; B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 10 m.w.N.).
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Diesen Anforderungen wird die Begründung des Zulassungsantrags nicht gerecht. Sie entspricht nahezu wortgleich den Ausführungen des Klägers in der Klagebegründung vom 29. Oktober 2022 mit den Bezugnahmen auf das HDE-Gutachten. Sie setzt sich mit den Entscheidungsgründen des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht auseinander. In wesentlichen Teilen kopiert der Kläger die für seine Rechtsauffassung sprechenden Auszüge aus dem HDE-Gutachten in die Begründung des Zulassungsantrags, ohne auf die Argumentation des Verwaltungsgerichts einzugehen, das sich seinerseits mit dem HDE-Gutachten auseinandersetzt und unter Bezugnahme auf die obergerichtliche Rechtsprechung begründet, weshalb die im HDI-Gutachten geäußerte Rechtsauffassung nicht zutrifft. Ebenso wenig zeigt der Kläger auf, aus welchen anderen Gründen das Urteil des Verwaltungsgerichts unrichtig sein sollte.
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1.3.2 Unabhängig davon ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die vom Kläger unter Bezugnahme auf das HDE-Gutachten vertretene Rechtsauffassung unzutreffend ist. Soweit aus dem Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags ersichtlich, meint der Kläger einen Anspruch auf Dezemberhilfe zu haben, weil bereits die Richtlinie zur Gewährung von Dezemberhilfe gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Ausschluss, bei dem eine Begünstigung dem einen Personenkreis gewährt, dem anderen aber vorenthalten wird. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber/Richtliniengeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Richtlinie, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Richtlinienadressaten oder -betroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. dazu allgemein BVerfG, B. v. 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07- juris Rn. 63 f.). Gemessen daran ist die vom Kläger behauptete Vergleichbarkeit der „privilegierten“ und „nicht privilegierten“ Unternehmen nicht gegeben, da sich die Dezemberhilfe an Dienstleistungsunternehmen richtet, deren Kostenstruktur sich von den „nicht privilegierten“ Einzelhandelsunternehmen wie dem des Klägers unterscheidet. Es kommt also nicht darauf an – wie der Kläger meint –, dass es zwischen den verschiedenen Unternehmensbranchen Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Auswirkungen der Corona-Pandemie gibt. In rechtlicher Hinsicht geht es darum, ob es für die durch die Richtlinie bzw. die darauf beruhende Verwaltungspraxis hervorgerufene Ungleichbehandlung bei dem Bemessungsmaßstab für die Vergabe von Wirtschaftshilfen einen hinreichenden, nicht willkürlichen Differenzierungsgrund gibt. Als solche hat das Verwaltungsgericht das Anknüpfen an politische Beschlüsse (die auch tatsächlich mit einer unterschiedlichen Belastung einhergehen) anstelle von konkreten coronabedingten Einbußen und finanzielle Gründe (die mangelnde Sachgerechtigkeit bzw. die unverhältnismäßige Überkompensation einer über Umsätze pauschalierenden branchenübergreifenden Erstattung von Fixkosten über einen längeren Zeitraum als den von der November- und Dezemberhilfe umfassten Zeitraum hinaus) angeführt. Insoweit trifft der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe keine „Vergleichskriterien“ herausgearbeitet, schon nicht zu. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass die vom Verwaltungsgericht unter Berufung auf die Motivation des Zuwendungsgebers genannten Differenzierungsgründe willkürlich sind. Insbesondere hat er nicht substantiiert in Zweifel gezogen, dass dem Richtliniengeber auch im Rahmen des Willkürverbots ein gewisses Maß an Typisierung zuzugestehen ist (BVerfG, B.v. 7.12.2022 – 2 BvR 988/16 – juris Rn. 135 f.) und die vom Richtliniengeber vorgenommene Typisierung sachgerecht ist. Darauf, dass die vom Kläger so bezeichneten „privilegierten Unternehmen“ und die „nicht privilegierten Unternehmen“ für die Versorgung der Bevölkerung in gleicher Weise relevant und von den Betriebsschließungen in gleicher Weise getroffen sein mögen, kam es dem Richtliniengeber bei der Bestimmung des Adressatenkreises der Dezemberhilfe nicht an. Dies führt aber zu keinem Verstoß gegen das Willkürverbot, weil der Richtliniengeber sachgerechte Differenzierungsgründe für sich in Anspruch nehmen kann. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass ein willkürliches Handeln des Richtliniengebers auch dann nicht vorliegt, wenn es für eine andere Förderpraxis gute Gründe gegeben hätte.
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1.3.3 Auch der Einwand des Klägers, durch die Nichtgewährung der Dezemberhilfe sei in nicht unerheblicher Weise sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt, führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass in Bezug auf einen Eingriff in die Freiheitsgrundrechte die Ebene der Betriebsschließung (aufgrund von Anordnungen nach dem IfSG) von der Ebene der Zuwendungsgewährung zu trennen ist. Bei der Gewährung einer Billigkeitsleistung geht es nicht um einen schweren Grundrechtseingriff in Gestalt eines vorübergehenden Berufsverbots, sondern um eine Begünstigung, die lediglich an wettbewerbsrechtlichen und beihilferechtlichen Schranken zu messen ist. Die Wettbewerbsfreiheit kann beeinträchtigt sein, wenn die öffentliche Hand durch berufs- oder wirtschaftslenkende Maßnahmen den freien Wettbewerb behindert (BVerwG, U.v. 17.12.1991 – 1 C 5.88 – juris Rn. 16). Dies hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf die Dezemberhilfe mit überzeugender Begründung verneint und insbesondere auf die fehlende Wettbewerbssituation zwischen Einzelhandelsunternehmen und Dienstleistern abgestellt. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichts ist der Kläger im Zulassungsverfahren nicht entgegengetreten.
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1.3.4 Ein Anspruch des Klägers auf Dezemberhilfe ergibt sich auch nicht daraus, dass die Gewährung von Billigkeitsleistungen infektionsschutzrechtliche Maßnahmen wie Betriebsschließungen in wirtschaftlicher Hinsicht abfedert und dadurch unter Umständen erst verhältnismäßig macht (BVerfG, B.v. 23.2.2022 – 1 BvR 1295/21 – juris Rn. 28). Selbst wenn sich die infektionsschutzrechtliche Maßnahme wegen fehlender Billigkeitsleistungen als unverhältnismäßig erweisen würde, würde dies zur gerichtlichen Aufhebung der entsprechenden Maßnahme führen, hätte aber nicht zur Folge, dass das betroffene Unternehmen die rechtswidrige Maßnahme hinnehmen müsste und als Ausgleich einen Anspruch auf Schaffung einer Billigkeitsleistung hätte.
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1.3.5 Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt auch erfolglos, soweit sich der Kläger unter Bezugnahme auf das HDE-Gutachten darauf beruft, dass er einen Anspruch auf Dezemberhilfe habe, weil die seiner Ansicht nach gleichheitswidrige Regelung auf die zu Unrecht ausgeschlossenen Unternehmensgruppen erstreckt werden müsse. Dieser Anspruch scheitert schon daran – worauf auch das Verwaltungsgericht abgestellt hat –, dass die Richtlinie über die Gewährung von Dezemberhilfe nicht gleichheitswidrig ist, weil es sachliche Differenzierungsgründe dafür gibt, dass diese Billigkeitsleistung nur den von den Beschlüssen vom 28. Oktober, 25. November und 2. Dezember 2020 betroffenen Unternehmen zugutekommt. Ein derartiger Anspruch ergibt sich auch nicht aus der sog. ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung des Eigentums, weil es nach dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Entschädigung nicht zulässig ist, dem Kläger kraft Richterrechts einen Ausgleichsanspruch zu gewähren (BGH, U.v. 11.5.2023 – III ZR 41/22 – juris Rn. 48; U.v. 17.3.2022 – III ZR 79/21 – juris Rn. 59). Mit den entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt sich der Kläger in der Begründung des Zulassungsantrags nicht auseinander.
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1.3.6 Das sonstige Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren zum Zeitraum der Förderung, zur Antragsberechtigung, zum beihilferechtlichen Durchführungsverbot und zur (fehlenden) Selbstbindung des Beklagten führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, weil Voraussetzung hierfür wäre, dass die Richtlinie über die Gewährung von Dezemberhilfe gegen Art. 3 GG verstoßen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall.
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2. Die Berufung ist auch nicht wegen rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten zuzulassen. Der Kläger legt bereits den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht hinreichend dar. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes sind konkrete entscheidungserhebliche tatsächliche bzw. rechtliche Fragen in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu benennen. Es muss dargelegt werden, bei welchen Fragen und aus welchen Gründen die Rechtssache besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten aufweist. Das Vorbringen des Klägers beschränkt sich auf die Wiedergabe der Definition für „rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten“. Er legt aber nicht dar, weshalb diese Voraussetzungen im konkreten Fall vorliegen und in welcher Hinsicht das vorliegende Verfahren in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht das durchschnittliche Maß erheblich überschreitende Schwierigkeiten aufweist.
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3. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt ist und über den entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser auch bedürfen (BayVGH, B.v. 16.5.2023 – 22 ZB 22.1468 – juris Rn. 36).
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Vorliegend fehlt es schon an der Formulierung einer grundsätzlich klärungsbedürftigen Rechtsfrage. Die Formulierung „die Frage der Grundsatzentscheidung über die sog. Dezemberhilfe“ genügt insoweit nicht. Soweit die Frage dahingehend verstanden werden sollte, dass grundsätzlich zu klären ist, ob die Gewährung von Dezemberhilfe auch auf Einzelhandelsunternehmen, den Spielwarenhandel oder Sportartikelhandel auszudehnen sei, besteht jedenfalls keine Klärungsbedürftigkeit. Die Fragestellung lässt sich ohne weiteres aus der ergangenen und vom Verwaltungsgericht zitierten ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung beantworten. Auch liegt inzwischen eine obergerichtliche Entscheidung speziell zur Ausdehnung der Dezemberhilfe auf Einzelhandelsgeschäfte vor (OVG MV, B.v. 9.2.2023 – 2 LZ 598/22 OVG – juris). Eine grundsätzliche Bedeutung scheidet auch deshalb aus, weil Leistungen aus dem Hilfsprogramm der Dezemberhilfe nicht mehr beantragt werden können.
21
4. Die Berufung ist auch nicht wegen Divergenz zuzulassen, weil es an einer hinreichenden Darlegung der Voraussetzungen des Zulassungsgrunds des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO fehlt. Die Darlegung der Divergenz setzt das Aufzeigen des der ober- oder höchstrichterlichen Entscheidung zugrundeliegenden abstrakten Rechtssatzes und auch des vom Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung aufgestellten abstrakten Rechtssatzes sowie des Widerspruches zwischen den Rechtssätzen voraus. Der Kläger bringt lediglich vor, dass bei der Beurteilung der Eingriffsintensität und der Frage, ob eine Norm einen eigentumsrechtlichen Eingriff in die Substanz eines Gewerbebetriebs begründe, insbesondere die Dauer der Maßnahme und die Auswirkungen auf die betroffenen Betriebe zu beurteilen seien. Insoweit weiche das Urteil des Verwaltungsgerichts von der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 8.4.2021 – 20 NE 21.478) ab. Dies genügt den dargestellten Darlegungsanforderungen nicht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 GKG.
23
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).