Titel:
Erfolgloser Berufungszulassungsantrag - Asylfolgeverfahren Myanmar/Bangladesch
Normenketten:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1
AufenthG § 60 Abs. 5
Leitsatz:
Ob aufgrund der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation in Bangladesch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG für alleinstehende, ältere Frauen aus Myanmar, die ohne die Unterstützung durch die traditionellen Großfamilien sind, vorliegt, entzieht sich einer generellen, fallübergreifenden Klärung und kann nicht losgelöst von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls beantwortet werden. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht (Bangladesch), Berufungszulassungsverfahren, rechtsgrundsätzliche Bedeutung, Asylverfahren, Myanmar, Bangladesh, Abschiebeschutz, Abschiebungsverbot
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 12.04.2023 – M 7 K 18.30105
Fundstelle:
BeckRS 2023, 24474
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
1
Die Klägerin ist nach ihren eigenen Angaben Staatsangehörige Myanmars, lebte aber überwiegend in Bangladesch. Mit Bescheid vom 20. Dezember 2017 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ihren Folgeantrag als unzulässig sowie ihren Antrag auf Abänderung des Ursprungsbescheids vom 20. März 2015 bezüglich der Feststellung von Abschiebungshindernissen ab. Im Klageverfahren begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheids vom 20. Dezember 2017 und hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten, Abschiebungsverbote hinsichtlich der Klägerin nach Bangladesch festzustellen. Mit Urteil vom 12. April 2023 wies das Verwaltungsgericht München ihre Klage ab. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
3
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.
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Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2023 – 15 ZB 23.30316 – juris Rn. 3). Dem wird das Zulassungsvorbringen hier nicht gerecht.
5
Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, „ob aufgrund der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation in Bangladesch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG für alleinstehende, ältere Frauen, welche ohne die Unterstützung durch die traditionellen Großfamilien sind, vorliegt“, entzieht sich einer generellen, fallübergreifenden Klärung. Die Frage kann nicht losgelöst von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls beantwortet werden (vgl. BVerwG, B.v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 – juris Rn. 9 ff., 11; BayVGH, B.v. 24.1.2023 – 15 ZB 23.30057 – juris Rn. 4).
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Darüber hinaus lassen sich dem Zulassungsvorbringen keine vom Verwaltungsgericht unberücksichtigten Tatsachen- oder Erkenntnisquellen entnehmen, wonach die Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf. Das Verwaltungsgericht hat unter Würdigung der aktuellen Erkenntnismittel die gegenwärtige Situation in Bangladesch ausführlich gewürdigt und in seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass die gesunde und über diverse Arbeitserfahrungen u.a. als Schneiderin verfügende Klägerin in der Lage sein werde, bei einer Rückkehr nach Bangladesch ihre Existenz sichern zu können (UA S. 14). Dem im Zulassungsvorbringen angeführten Zitat aus einem Bericht von Terre des Femmes zur Situation von Frauen in Bangladesch mit Stand Mai 2021 lässt sich nicht entnehmen, dass es nicht der Auskunftslage entspricht, wie sie auch vom Verwaltungsgericht auf Basis der eingeführten Erkenntnismittelliste mit Stand 5. Januar 2023 zur Beurteilung der schwierigen Situation in Bangladesch zugrunde gelegt wurde. Soweit damit sinngemäß die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung gerügt werden soll, kommt die Annahme eines möglichen Verstoßes gegen das rechtliche Gehör (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) regelmäßig nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 23.5.2023 – 15 ZB 23.30325 – juris Rn. 7)
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
9
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).