Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 31.01.2023 – W 3 K 20.1975
Titel:

Keine PKH für Rückforderung von Unterhaltsvorschussleistungen wegen Zusammenlebens

Normenketten:
VwGO § 166
ZPO § 114
UVG § 1 Abs. 1, Abs. 3, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 4
SGB X § 24 Abs. 1, § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 44 Abs. 2
Leitsatz:
Hat der Vater eines Kindes, für das Unterhaltsvorschussleistungen gezahlt werden, den Mietvertrag für die Wohnung unterschrieben, in der Kind und Mutter wohnen, und sind dort persönliche Gegenstände von ihm zu finden, so ist mit Beginn der Mietdauer ein Zusammenleben, zumindest aber kein Getrenntleben der Eltern iSv § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG anzunehmen. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Prozesskostenhilfe, Unterhaltsleistungen, Ersatzpflicht, Überprüfungsantrag, Statthafte Klageart, Unterhaltsvorschuss, Rückforderung, Zusammenleben, Getrenntleben
Fundstelle:
BeckRS 2023, 24418

Tenor

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten wird abgelehnt.

Gründe

I.
1
In dem Verfahren, für das Prozesskostenhilfe begehrt wird, streiten die Beteiligten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, die ihr vom Beklagten für ihre Kinder J. und N. in dem Zeitraum vom 1. Juni 2017 bis zum 30. Juni 2018 nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) ausbezahlten Leistungen zu ersetzen.
2
Mit Bescheid der Beklagten vom 1. März 2016 wurden für das am … … 2015 geborene Kind J. der Klägerin Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gewährt. Aufgrund gesetzlicher Änderungen hob die Beklagte diesen Bescheid mit Bescheid vom 11. Januar 2017 auf und gewährte betragsmäßig höhere Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
3
Mit weiterem Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2017 wurden die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für J. rückwirkend zum 3. Januar 2017 eingestellt und die für die Zeit vom 3. Januar 2017 bis 31. Januar 2017 ausgezahlten Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von insgesamt 145,00 EUR zurückgefordert. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin entgegen ihren Angaben seit 2. Januar 2017 mit dem Kindsvater A* … A** S. in einem gemeinsamen Haushalt lebe. Die Klägerin habe gewusst oder hätte wissen müssen, dass die Anspruchsvoraussetzungen seit dem Zusammenziehen mit dem anderen Elternteil nicht mehr vorlägen.
4
Dem hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin half die Beklagte auf Aufforderung der Regierung von Unterfranken mit Bescheid vom 12. April 2017 ab. Mit weiteren Bescheiden vom 24. August 2017 und vom 18. Dezember 2017 hob die Beklagte den jeweils bisher geltenden Bewilligungsbescheid auf und regelte die Leistungsgewährung unter Berücksichtigung gesetzlicher Änderungen neu.
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Mit Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2018 wurden die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für J. zum 30. Juni 2018 eingestellt und die für die Zeit vom 1. Februar 2016 bis 30. Juni 2018 ausgezahlten Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von insgesamt 4.319,00 EUR zurückgefordert. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Kindsmutter und der Kindesvater mindestens seit 1. Februar 2016 im Sinne von § 1 Abs. 3 UVG zusammenlebten und daher die Voraussetzungen zur Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht vorlägen.
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Im weiteren Verlauf beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überprüfung des Bescheides vom 12. Juli 2018.
7
Mit an J., vertreten durch die Klägerin, gerichteten Bescheid vom 18. Mai 2020 hob die Beklagte den zuletzt ergangenen Bewilligungsbescheid vom 18. Dezember 2017 gestützt auf § 48 SGB X zum 31. Mai 2017 auf, stellte die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für J. zum 31. Mai 2017 ein, hob den Bescheid vom 12. Juli 2018 nach § 44 Abs. 2 SGB X auf und ersetzte ihn durch den Bescheid vom 18. Mai 2020.
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Des Weiteren erließ die Beklagte einen an die Klägerin gerichteten, als Ersatzzahlungsbescheid überschriebenen Bescheid vom 18. Mai 2020 mit folgendem Tenor:
„1. Die Voraussetzungen für die Zahlungen der Unterhaltsvorschussleistungen an das minderjährige Kind, J* … S* …, geb. am …2015, haben in der Zeit vom 01.06.2017 bis 30.06.2018 nicht vorgelegen.
2. Sie sind als Elternteil bzw. als gesetzlicher Vertreter gemäß § 5 Abs. 1 UVG deshalb verpflichtet, den Betrag in Höhe von 1.974,00 EUR im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Schadensersatzes zu ersetzen.
3. Der Bescheid vom 12.07.2018 wird nach erneuter Prüfung des Sachverhaltes hiermit nach § 44 Abs. 2 SGB X aufgehoben und durch diesen ersetzt.
4. Dieser Bescheid ergeht kostenfrei. Die Kosten einer eventuellen Zwangsvollstreckung haben Sie zu tragen.“
9
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aufgrund von Ermittlungen durch das Jugendamt der Beklagten und die Polizei Aschaffenburg davon auszugehen sei, dass die Klägerin mit dem Vater ihrer beiden Söhne eine Beziehung und einen gemeinsamen Haushalt führe. Die Voraussetzungen zur Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz seien daher nicht mehr erfüllt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG). Die Zahlungen seit 1. Juni 2017 für das Kind J. seien zu Unrecht gewährt worden. Folglich sei eine Überzahlung eingetreten, die von der Klägerin gemäß § 5 Abs. 1 UVG zu ersetzen sei.
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Neben den dargestellten Leistungen für das Kind J. gewährte die Beklagte auch Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für das am … … 2017 geborene Kind N. der Klägerin. Nachdem mit Bescheid der Beklagten vom 12. April 2017 erstmals für N. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gewährt worden waren, erfolgte mit Bescheiden der Beklagten vom 24. August 2017 und vom 18. Dezember 2017 jeweils eine Neuregelung unter Anpassung der Leistungsgewährung an gesetzliche Änderungen und gleichzeitiger Aufhebung des jeweiligen vorherigen Bewilligungsbescheids.
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Mit Bescheid vom 12. Juli 2018 wurden die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für N. zum 30. Juni 2018 eingestellt und die für die Zeit vom 1. März 2017 bis 30. Juni 2018 ausgezahlten Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von insgesamt 2.424,00 EUR zurückgefordert.
12
Im weiteren Verlauf beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überprüfung des Bescheides vom 12. Juli 2018.
13
Mit an N., vertreten durch die Klägerin, gerichtetem Bescheid vom 18. Mai 2020 hob die Beklagte den Bescheid vom 18. Dezember 2017 gestützt auf § 48 SGB X zum 31. Mai 2017 auf, stellte die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für N. zum 31. Mai 2017 ein, hob den Bescheid vom 12. Juli 2018 nach § 44 Abs. 2 SGB X auf und ersetzte ihn durch den Bescheid vom 18. Mai 2020.
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Ferner erließ die Beklagte einen an die Klägerin gerichteten, als Ersatzzahlungsbescheid überschriebenen Bescheid vom 18. Mai 2020 mit folgendem Tenor:
„1. Die Voraussetzungen für die Zahlungen der Unterhaltsvorschussleistungen an das minderjährige Kind, Noah E* … S* …, geb. am …2017, haben in der Zeit vom 01.06.2017 bis 30.06.2018 nicht vorgelegen.
2. Sie sind als Elternteil bzw. als gesetzlicher Vertreter gemäß § 5 Abs. 1 UVG deshalb verpflichtet, den Betrag in Höhe von 1.974,00 EUR im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Schadensersatzes zu ersetzen.
3. Der Bescheid vom 12.07.2018 wird nach erneuter Prüfung des Sachverhaltes hiermit nach § 44 Abs. 2 SGB X aufgehoben und durch diesen ersetzt.
4. Dieser Bescheid ergeht kostenfrei. Die Kosten einer eventuellen Zwangsvollstreckung haben Sie zu tragen.“
15
Die Begründung dieses Bescheids entspricht im Wesentlichen der Begründung des Ersatzzahlungsbescheids vom 18. Mai 2020, welcher Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz für das Kind J. betrifft.
16
U.a. die Widersprüche der Klägerin vom 15. Juni 2020 gegen die an sie selbst gerichteten Bescheide vom 18. Mai 2020 wurden mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 20. November 2020, zugestellt am 7. Dezember 2020, zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Widersprüche seien nicht begründet, weil die Schadensersatzforderungen hinsichtlich der vom 1. Juni 2017 bis 30. Juni 2018 ausgezahlten Leistungen rechtmäßig seien. Die Regierung von Unterfranken teile die diesbezüglich vertretene Rechtsauffassung der Stadt Aschaffenburg und folge dieser in den getroffenen Schlussfolgerungen. Der gegen den Elternteil gerichtete Ersatzanspruch setze die Aufhebung des bewilligenden, an das Kind als Berechtigten gerichteten Verwaltungsaktes nicht voraus, weil für diese Rückabwicklung nicht das berechtigte Kind, sondern der Elternteil in Anspruch genommen werden solle, dem die objektiv rechtswidrige Zahlung der Unterhaltsleistung zuzurechnen sei. Die Klägerin habe die zum Wegfall der Leistungsvoraussetzungen führende Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht mitgeteilt, obwohl sie aufgrund entsprechender Hinweise in u.a. den Bescheiden auch gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass der Anspruch kraft Gesetzes weggefallen sei. Auch könne die Rücknahme des Bescheides vom 12. Juli 2018 auf § 44 SGB X gestützt werden. Es erschließe sich nicht, weshalb die Klägerin gegen die Aufhebung der Bescheide vom 12. Juli 2018 Widerspruch erhebe, da diese Aufhebung für sie nicht nachteilig gewesen sei. Ein Rechtsschutzbedürfnis sei daher insoweit nicht zu erkennen.
17
Die Klägerin und ihre Kinder J. und N. haben am 7. Dezember 2020 noch vor Zugang des Widerspruchbescheids der Regierung von Unterfranken vom 20. November 2020 Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Würzburg erhoben.
18
Mit Beschluss vom 7. Dezember 2020 wurde vom vorliegenden Verfahren das Begehren des Klägers N., den Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger N. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ab dem 1. Juni 2017 weiter zu gewähren, abgetrennt und unter dem neuen Aktenzeichen W 3 K 20.1976 fortgeführt. Weiterhin wurde vom vorliegenden Verfahren das Begehren des Klägers J., den Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger J. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ab dem 1. Juni 2017 weiter zu gewähren, abgetrennt und unter dem neuen Aktenzeichen W 3 K 20.1977 fortgeführt.
19
Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin zunächst beantragt, die Ersatzzahlungsbescheide vom 18. Mai 2020 aufzuheben. Zugleich hat sie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten beantragt. Mit Schriftsatz vom 26. Januar 2021 hat sie die Einbeziehung des ihr nach Klageerhebung zugestellten Widerspruchbescheids vom 20. November 2020 erklärt.
20
Zur Begründung ihres Begehrens führt sie aus, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig und verletzten sie in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bescheide vom 18. Dezember 2017 ab dem 31. Mai 2017 lägen nicht vor. Die Aufhebung und Ersetzung des Bescheides vom 12. Juli 2018 durch den Bescheid vom 18. Mai 2020 sei rechtswidrig, da § 44 Abs. 2 SGB X offensichtlich nicht einschlägig sei. Die Ersatzzahlungsbescheide könnten ebenfalls keinen Bestand haben. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 UVG lägen nicht vor.
21
Die Beklagte beantragt unter Verweis auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 20. November 2020, die Klage abzuweisen und Prozesskostenhilfe zu versagen.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und in den Verfahren W 3 K 20.1976 und W 3 K 20.1977 sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.
II.
23
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die dabei anzustellende Prognose über die hinreichenden Erfolgsaussichten verlangt keine Gewissheit, sondern lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Tatsächliche und rechtliche Streitfragen können auf der Grundlage des bisherigen Vortrags nur summarisch beurteilt und deshalb nicht abschließend entschieden werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 166 Rn. 8).
24
Hiervon ausgehend ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, B.v. 10.8.2001 – 2 BvR 569/01 – DVBl 2001, 1748) abzulehnen. Denn die Klage hat keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Sie ist voraussichtlich teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
25
Streitgegenstand des Verfahrens, für welches die Klägerin Prozesskostenhilfe begehrt, ist das Begehren der Klägerin, den Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 20. November 2020, mit dem die Klägerin verpflichtet wird, den Betrag in Höhe von 1.974,00 EUR wegen Unterhaltsleistungen an N. in der Zeit vom 1. Juni 2017 bis 30. Juni 2018 zu ersetzen, sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 20. November 2020, mit dem die Klägerin verpflichtet wird, den Betrag in Höhe von 1.974,00 EUR wegen Unterhaltsleistungen an J. in der Zeit vom 1. Juni 2017 bis 30. Juni 2018 zu ersetzen, aufzuheben.
26
Damit hat die Klägerin Anfechtungsklagen (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) gegen die Ersatzzahlungsbescheide vom 18. Mai 2020 erhoben und diese Bescheide vollumfänglich angegriffen.
27
Der so verstandenen Klage fehlt es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, soweit sie sich gegen die jeweiligen Ziffern 1, 3 und 4 der Bescheide vom 18. Mai 2020 richtet.
28
Das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses ist anzunehmen, wenn sich die Rechtsstellung des Klägers selbst bei einem Erfolg der Klage nicht verbessern würde, die Klage mithin nutzlos wäre (BVerwG, U.v. 18.12.2014 – 7 C 22.12 – juris; B.v. 20.7.1993 – 4 B 110.93 – juris). Beim Fehlen eines solches Interesses ist das prozessuale Begehren als unzulässig abzuweisen (vgl. Kopp/ Schenke, 28. Aufl. 2022, Vorb § 40 Rn. 30).
29
Gemessen hieran fehlt der Klage gegen die Ziffern 1, 3 und 4 Satz 1 der Bescheide das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die begehrte Aufhebung dieser Regelungen die Situation der Klägerin nicht verbessern würde:
30
Die Ziffern 1 der streitgegenständlichen Bescheide benennen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 UVG und haben keinen eigenen Regelungsgehalt, sondern enthalten letztlich lediglich Ausführungen zur Begründung der Regelung in der jeweiligen Ziffer 2 der Bescheide, welche die Ersatzzahlungspflicht der Klägerin nach § 5 Abs. 1 UVG regeln. Daher beschweren die Ziffern 1 die Klägerin nicht. Ebenso wenig beschwert die Kostenentscheidung (jeweils Ziffer 4 Satz 1) die Klägerin, da diese danach keine Kosten tragen muss. Die jeweilige Ziffer 3 der Bescheide vom 18. Mai 2020 hebt jeweils den die Klägerin belastenden Bescheid vom 12. Juli 2018 auf. Die Klägerin ist auch insoweit nicht beschwert. Vielmehr wurde insoweit ihrem Antrag auf Überprüfung der Bescheide vom 18. Mai 2020 nach § 44 Abs. 2 SGB X gefolgt. Die klägerseits begehrte gerichtliche Aufhebung der behördlichen Aufhebung der Ersatzzahlungsbescheide vom 12. Juli 2018 (jeweils Ziffer 3 der angefochtenen Bescheide) würde die Klägerin schlechterstellen, weil dann die Bescheide vom 12. Juli 2018, welche (höhere) Ersatzzahlungspflichten der Klägerin festsetzen, wiederaufleben würden. Nur soweit die Bescheide vom 18. Mai 2020 Ersatzzahlungen neu regeln, kann ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen. Von einem solchen ist daher insoweit auszugehen, als die Klägerin jeweils Ziffer 2 der Bescheide vom 18. Mai 2020 angreift.
31
Soweit ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, sind die Klagen nur dann statthaft, wenn die Klägerin ihr Begehren mittels einer Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO verfolgen kann. Dies ist zu bejahen, auch wenn mit den streitgegenständlichen Bescheiden über einen Antrag der Klägerin nach § 44 SGB X entschieden wurde. Denn die Beklagte hat nicht lediglich dem Antrag nach § 44 SGB X stattgegeben, soweit mit Bescheid vom 12. Juli 2018 eine Ersatzzahlung von mehr als 1.974,00 EUR festgesetzt wurde, und den Antrag im Übrigen (ggf. konkludent) abgelehnt mit der Folge, dass eine Verpflichtungsklage zu erheben gewesen wäre, gerichtet auf die Verpflichtung des Beklagten, die Bescheide vom 12. Juli 2018 aufzuheben. Vielmehr hat sie die Bescheide vom 12. Juli 2018 vollumfänglich aufgehoben (jeweils Ziffer 3 der Bescheide vom 18. Mai 2020) und zugleich Ersatzzahlungspflichten in Höhe von jeweils 1.974,00 EUR neu festgesetzt (jeweils Ziffer 2 der Bescheide). Die Ziffern 2 und 3 der streitgegenständlichen Bescheide enthalten jeweils eigenständige Verwaltungsakte, welche lediglich jeweils in einem Bescheid zusammengefasst wurden. Den streitgegenständlichen Bescheiden lassen sich auch keine Bestimmungen entnehmen, wonach der Bestand der einen Regelung von dem Bestand der anderen Regelung abhängen soll. Statthafte Klageart bei einer (Neu-) Festsetzung von Ersatzzahlungspflichten ist – anders als bei Versagung einer Neubescheidung nach § 44 SGB X – eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO gegen die Bescheide vom 18. Mai 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. November 2020.
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Dass es im Zeitpunkt der Klageerhebung an einem ordnungsgemäßen Vorverfahren nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO fehlte, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.
33
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig (§ 75 Satz 1 VwGO). Nach den unwidersprochenen Angaben der Klägerbevollmächtigten ist der Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 20. November 2020 erst nach Klageerhebung am gleichen Tag zugestellt worden. Über den Widerspruch ist nicht binnen drei Monaten (§ 75 Satz 2 VwGO) und damit nicht in angemessener Frist entschieden worden.
34
Das Ergehen des Widerspruchsbescheids berührt die Zulässigkeit der Klage nicht mehr, soweit die Klage zulässig erhoben worden ist (Kopp/ Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 75 Rn. 2, 21, 26). Mit Schriftsatz vom 26. Januar 2021 ist der Widerspruchsbescheid wirksam in das Verfahren einbezogen worden. Die wie ausgeführt in zulässiger Weise erhobene Untätigkeitsklage wird in diesem Fall unter Einbeziehung des ablehnenden Widerspruchbescheids ohne Beachtung der Klagefrist des § 74 VwGO fortgeführt, ohne dass es einer weiteren Verfahrenshandlung der Klägerseite bedarf (vgl. BVerwG, B.v. 27.9.2021 – 10 B 4/20 – NVwZ 2022, 82 Rn. 7 f. m.w.N.).
35
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie voraussichtlich unbegründet. Denn die Ziffern 2 der an die Klägerin gerichteten Bescheide vom 18. Mai 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. November 2020 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
36
Rechtsgrundlage für die Regelung in Ziffer 2 der Bescheide ist § 5 Abs. 1 UVG. Die Ersatzpflicht ist eine eigenständige, von dem Leistungsverhältnis zu dem Kind unabhängige Pflicht schadenersatzrechtlicher Art. Die Ersatzpflicht kann nach ständiger Rechtsprechung durch Verwaltungsakt gegenüber dem betroffenen Elternteil durchgesetzt werden (BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 5 C 20/11 – juris Rn. 10 ff.). Dieser Ersatzanspruch setzt die Aufhebung des bewilligenden, an das jeweilige Kind gerichteten Verwaltungsakts nicht voraus, weil für die Rückabwicklung nicht das Kind, sondern der Elternteil bzw. gesetzliche Vertreter in Anspruch genommen werden soll, dem die objektiv rechtswidrige Zahlung der Unterhaltsleistung zuzurechnen ist (VG Saarlouis, B.v. 18.10.2010 – 11 K 294/10 – BeckRS 2010, 55179, beck-online; Conradis in Rancke/Pepping (Hrsg.), HK-MuSchG, 6. Aufl. 2022, § 5 UVG Rn. 3).
37
Gegen die formelle Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids vom 18. Mai 2020 bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere ist die ursprünglich unterbliebene, nach § 24 Abs. 1 SGB X vorgeschriebene Anhörung der Klägerin vor Bescheiderlass im Widerspruchsverfahren nachgeholt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X; vgl. BVerwG, U.v. 18.8.1977 – V C 8/77 – BeckRS 2010, 51208 – Rn. 14, U.v. 17.8.1982 – 1 C 22/81 – NVwZ 1983, 284; B.v. 18.2.1991 – 7 B 15/91 – NVwZ-RR 1991, 337). Die Verwaltung hat die Äußerungen der Klägerin im Widerspruchsverfahren zur Kenntnis genommen und erwogen, wie das Vorlageschreiben der Beklagten an die Widerspruchsbehörde vom 7. August 2020, dort ab S. 4 unten, und die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 20. November 2020, dort insbesondere S. 9 unten und S. 11, zeigen.
38
Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 UVG. Haben die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung in dem Kalendermonat, für die sie gezahlt worden ist, nicht oder nicht durchgehend vorgelegen, so hat der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, den geleisteten Betrag nach § 5 Abs. 1 UVG insoweit zu ersetzen, als er die Zahlung der Unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt hat, dass er vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 6 unterlassen hat oder gewusst oder in Folge Fahrlässigkeit nicht gewusst hat, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung nicht erfüllt waren.
39
Diese Voraussetzungen sind im streitgegenständlichen Fall erfüllt. Da die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung in dem Zeitraum 1. Juni 2017 bis 30. Juni 2018 nicht vorgelegen haben und die Klägerin die Zahlung der Unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt hat, dass sie eine Anzeige nach § 6 Abs. 4 UVG mindestens fahrlässig unterlassen hat, hat sie als der Elternteil, bei dem der jeweils Berechtigte lebt, den geleisteten Betrag nach § 5 Abs. 1 UVG zu ersetzen.
40
Im Einzelnen:
41
Die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung lagen im Zeitraum 1. Juni 2017 bis 31. Juni 2018 nicht vor. Denn Anspruch auf Unterhaltsvorschuss oder -ausfallleistung hat nur, wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten oder Lebenspartner dauernd getrennt lebt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG), und die weiteren Anspruchsvoraussetzungen erfüllt.
42
Ein Kind lebt dann in diesem Sinne bei einem seiner Elternteile, wenn es mit ihm eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft unterhält, in der es auch betreut wird. Dem Sinn und Zweck des Unterhaltsvorschussgesetzes entsprechend ist das Merkmal nur dann erfüllt, wenn der alleinstehende leibliche Elternteil wegen des Ausfalls des anderen Elternteils die doppelte Belastung mit Erziehung und Unterhaltsgewährung in seiner Person zu tragen hat. Um dies zu beurteilen, ist entscheidend auf die persönliche Betreuung und Versorgung, die das Kind bei dem anderen Elternteil erfährt, und die damit einhergehende Entlastung des alleinerziehenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes abzuheben. Trägt der den Unterhaltsvorschuss beantragende Elternteil trotz der Betreuungsleistungen des anderen Elternteils tatsächlich die alleinige Verantwortung für die Sorge und Erziehung des Kindes, weil der Schwerpunkt der Betreuung und Fürsorge des Kindes ganz überwiegend bei ihm liegt, so erfordert es die Zielrichtung des Unterhaltsvorschussgesetzes, das Merkmal „bei einem seiner Elternteile lebt“ als erfüllt anzusehen und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu gewähren. Wird das Kind hingegen weiterhin auch durch den anderen Elternteil in einer Weise betreut, die eine wesentliche Entlastung des den Unterhaltsvorschuss beantragenden Elternteils bei der Pflege und Erziehung des Kindes zur Folge hat, ist das Merkmal zu verneinen (st.Rspr., z.B. BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 5 C 20/11 – NJW 2013, 405 Rn. 20 m.w.N.).
43
Der Anspruch auf Unterhaltsleistung ist zudem nach § 1 Abs. 3 Alt. 1 UVG ausgeschlossen, wenn der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichnete Elternteil mit dem anderen Elternteil zusammenlebt. Diese Regelung gehört systematisch zum Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 UVG; leben beide Elternteile zusammen, lebt das Kind nicht bei einem seiner Elternteile im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG (Grube, UVG, 2. Aufl. 2020, § 1 Rn. 67). Der Familienstand der Eltern ist insofern unbeachtlich, wenn beide Elternteile zusammenleben. Ein Zusammenleben der Elternteile liegt vor, wenn sie in gemeinsamer häuslicher Gemeinschaft leben; dies ist grundsätzlich wie bei Eheleuten zu beurteilen. Dabei ist entscheidend darauf abzustellen, ob die Eltern des Kindes nur in einer Weise Kontakt haben, die eher der Situation eines allein stehenden Elternteils entspricht oder ob unter Berücksichtigung der vielfältig möglichen – und nicht nur idealtypischen – Formen familiären Zusammenlebens eher von einer faktisch vollständigen Familie auszugehen ist. Hierzu genügt, dass in der Wohnung, in der das Kind mit einem Elternteil lebt, der andere Elternteil einen, wenn auch nicht notwendig seinen einzigen Lebensmittelpunkt hat (BayVGH, B.v. 18.2.2013 – 12 C 12.2105 – juris m.w.N.).
44
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist mit für die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags hinreichender Sicherheit nicht von einem Getrenntleben der Kindseltern im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG auszugehen. Vielmehr dürften sie sogar im Sinne von § 1 Abs. 3 UVG zusammenleben. Zur Begründung wird insoweit auf die Begründung der Bescheide vom 18. Mai 2020 und des Widerspruchsbescheids vom 20. November 2020 verwiesen, der das Gericht insoweit folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO). Es wird insofern insbesondere auf die bei der Durchsuchung vorgefundenen persönlichen Gegenstände des Vaters und die Ergebnisse der Vernehmung des Vermieters durch die Polizei verwiesen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass statt des Kindsvaters dessen Bruder im streitgegenständlichen Zeitraum in der Wohnung der Klägerin gewohnt hätte. Der Mietvertrag vom 1. Mai 2017 wurde nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen durch den Vater der Kinder unterschrieben. Dem ist die Klägerseite nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten. Sie beschränkt sich im Wesentlichen auf bloßes Negieren des Zusammenlebens von Klägerin und Kindsvater und die pauschale Behauptung, der Mietvertrag sei vom Bruder des Kindsvaters unterzeichnet worden, ohne dies zu konkretisieren, etwa die Umstände des Vertragsabschlusses und/oder des Zusammenlebens in der Wohnung und der Gründe hierfür auch nur ansatzweise näher darzulegen. Die Beklagte ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass mit Beginn des Mietvertrags ab dem 1. Juni 2017 ein Zusammenleben, zumindest aber kein Getrenntleben im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG anzunehmen sei.
45
Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage im Rahmen der Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe kommt es nicht auf den Ausgang des Strafverfahrens gegen die Klägerin an, der im Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den Prozesskostenhilfeantrag (noch) nicht bekannt war.
46
Die weiteren Voraussetzungen der Ersatzpflicht nach § 5 Abs. 1 UVG, die sich auf das Verhalten des alleinerziehenden Elternteils oder gesetzlichen Vertreters beziehen, liegen ebenfalls vor.
47
Der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, hat den geleisteten Betrag nach § 5 Abs. 1 UVG insoweit zu ersetzen, als er die Zahlung der Unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt hat, dass er vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 6 unterlassen hat oder gewusst oder in Folge Fahrlässigkeit nicht gewusst hat, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung nicht erfüllt waren.
48
Die Klägerin hat die Zahlung der Unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt, dass sie nicht angezeigt hat, dass der Vater des Kindes bei der Klägerin und den gemeinsamen Kindern lebt (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 UVG).
49
Die Klägerin war nach § 6 Abs. 4 UVG verpflichtet, der zuständigen Stelle die Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen. Die Klägerin hatte anlässlich der Antragstellungen und regelmäßigen Abfragen erklärt, dass die Kinder bei einem Elternteil leben. Dies war nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG auch für die Leistung erheblich. Der Berechtigte ist unabhängig von regelmäßigen Abfragen von sich aus gehalten, entsprechende Mitteilungen zu machen (Grube, UVG, 2. Aufl. 2020, § 6 Rn. 12).
50
Fahrlässigkeit heißt, die übliche Sorgfalt außer Acht gelassen zu haben (§ 276 BGB). Es reicht insofern einfache Fahrlässigkeit (BVerwG, B.v. 22.6.2006 – 5 B 42/06 – BeckRS 2006, 24493 Rn. 7; BayVGH, B.v. 19.12.2008 – 12 ZB 07.2401 – BeckRS 2008, 28719 Rn. 6). Wenn eine entsprechende Aufklärung stattgefunden hat, liegt in aller Regel wenigstens Fahrlässigkeit vor, wenn insoweit fehlerhafte Angaben gemacht oder Anzeigen unterlassen worden sind. Auf Unkenntnis kann sich die betreffende Person dann nicht berufen (Grube, UVG, 2. Aufl. 2020, § 5 Rn. 22).
51
Die Klägerin hat nach diesem Maßstab mindestens fahrlässig gehandelt. Sie wurde bereits bei der Antragstellung und während der Gewährung von Unterhaltsleistungen wiederholt auf ihre Anzeigepflichten hingewiesen. Die Klägerin erklärte bei der Antragstellung für J. am 17. Februar 2016, dass die Unterhaltsvorschussstelle von ihr unverzüglich unterrichtet werde, wenn u.a. der alleinstehende Elternteil mit dem anderen Elternteil zusammenziehe und sich der Betreuungsumfang des Kindes durch den anderen Elternteil nicht nur geringfügig erhöhe. Die Klägerin bestätigte mit Vordruck vom 17. Februar 2016, dass sie das Merkblatt zum Antrag auf Unterhaltsvorschuss ausgehändigt bekommen habe, das Merkblatt beachten und jede Änderung in Familien-, Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnissen unverzüglich und unaufgefordert der Unterhaltsvorschussstelle melden werde. Die Klägerin erklärte ebenso bei der Antragstellung für N. am 15. März 2017, dass die Unterhaltsvorschussstelle von ihr unverzüglich unterrichtet werde, wenn u.a. der alleinstehende Elternteil mit dem anderen Elternteil zusammenziehe und sich der Betreuungsumfang des Kindes durch den anderen Elternteil nicht nur geringfügig erhöhe. Die Klägerin bestätigte mit Vordruck vom 15. März 2017, dass sie das Merkblatt zum Antrag zum Unterhaltsvorschussgesetz ausgehändigt bekommen und erhalten habe. Sie werde das Merkblatt beachten und jede Änderung in Familien-, Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnissen unverzüglich und unaufgefordert der Unterhaltsvorschussstelle melden.
52
Es kann daher offenbleiben, ob die Klägerin die Zahlung der Unterhaltsleistung im Zeitraum vom 1. Juni 2017 bis 30. Juni 2018 auch dadurch herbeigeführt hat, dass sie zumindest fahrlässig falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 UVG), ebenso ob die Klägerin daneben auch gewusst oder in Folge Fahrlässigkeit nicht gewusst hat, dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsleistung nicht erfüllt waren (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 UVG).
53
Es stand auch nicht im Ermessen der Beklagten, die Erstattungsforderung geltend zu machen, sondern der Erstattungsbescheid musste aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG erfolgen (vgl. VG München, U.v. 25.7.2012 – M 18 K 10.5055 – BeckRS 2012, 59227; Conradis in Rancke/Pepping (Hrsg.), HK-MuSchG, 6. Aufl. 2022, § 5 UVG Rn. 3).
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Auch gegen die Regelung in Ziffer 4 Satz 2 der streitgegenständlichen Bescheide bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie entspricht der gesetzlichen Kostentragungsregelung des Art. 41 Abs. 1 Satz 2 VwZVG.
55
Aufgrund der fehlenden Erfolgsaussichten der Klagen war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin abzulehnen, ohne dass es auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ankommt.