Inhalt

OLG München, Beschluss v. 13.03.2023 – 8 U 4291/22
Titel:

Kriterien zur Beurteilung der Betreiberstellung eines Gas- und Daampfturbinenkraftwerks

Normenketten:
ZPO § 513, § 520, § 529, § 531, § 546, § 522
EEG 2009 § 3, § 37, § 45
EEG 2012 § 3, § 37, § 45, § 66
EEG 2014 § 3, § 60, § 61, § 74
EEG 2017 § 3, § 60, § 61, § 74
EEG 2021 § 60
BGB § 133, § 157, § 535, § 581, § 582
Leitsätze:
1. Die Betreiberstellung beurteilt sich anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung, bei der die Tragung des wirtschaftlichen Risikos für den Anlagenbetrieb, die Einflussnahme auf den Betriebsablauf sowie die Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft maßgeblich sind. (Rn. 54 – 55) (redaktioneller Leitsatz)
2. In Mehrpersonenkonstellationen kommt es vorrangig auf die bestehenden zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen den verschiedenen Personen an. Der Einsatz eines technischen Betriebsführers führt nicht zum Verlust der Eigenschaft als Anlagenbetreiber, solange den Anlagenbetreiber die überwiegenden wirtschaftlichen Risiken des Anlagenbetriebs treffen und der wesentliche Anlagenlauf in Abstimmung bzw. auf Geheiß des Anlagenbetreibers stattfindet. (Rn. 57 – 61) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Betreibereigenschaft setzt keine Mindestnutzungsdauer der Anlage voraus. Sie kann daher auch bei einem kurzen vertraglichen Nutzungsverhältnis gegeben sein. (Rn. 70 – 72) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es bestand seit jeher Einigkeit, dass keine Lieferung im Sinne des EEG vorliegt, wenn ein- und derselbe Rechtsträger sich selbst versorgt (Bezug von Eigenstrom). (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
5. Auch Mieter oder Pächter einer Anlage können Anlagenbetreiber sein, wenn die vertraglich eingeräumten Nutzungsrechte dies vorsehen. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anlagenbetrieb, Betreiberstellung, Mindestnutzungsdauer
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 15.06.2022 – 15 O 12711/20
Fundstellen:
RdE 2024, 149
BeckRS 2023, 23985
LSK 2023, 23985
EnWZ 2023, 365

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 15.06.2022, Az. 15 O 12711/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 24.04.2023.
3. Binnen der gleichen Frist können sich die Parteien zum Streitwert des Berufungsverfahrens äußern, den der Senat beabsichtigt auf 30.000.000,00 € festzusetzen.

Gründe

A.
1
Die Klägerin ist eine von vier Übertragungsnetzbetreibern im Sinne des § 3 Nr. 44 EEG 2017. Die Beklagte ist eine Gesellschaft des ...-Konzerns und Eigentümerin des Gas- und Dampfturbinenkraftwerks P., Niederbayern (nachfolgend: KW). Dieses liegt in der Regelzone des Übertragungsnetzbetreibers TenneT TSO GmbH und wurde am 20.04.2010 in kommerziellen Betrieb genommen. Es verfügt über eine installierte Nennleistung von 125 Megawatt und ist zu einer Dampferzeugung von ca. 200 t/h in der Lage. Die Beklagte hat das KW maßgeblich zur Deckung des Strom- und Dampfbedarfs von Papierfabriken der ...GmbH in P. errichtet. Die Streithelferin ist eine Pkw- und Nutzfahrzeugherstellerin mit mehreren Produktionsstätten deutschlandweit. In Sindelfingen betreibt sie seit 1960 ein eigenes Heizkraftwerk, das mit vergleichbarer Technik wie das KW arbeitet. Von 27.08.2011 bis 30.10.2019 hat sie 96,52% der erzeugten Strommengen aus dem KW selbst letztverbraucht, dies zumindest in einer ihrer Betriebsstätten in der Regelzone der Klägerin. Für den Transport der Strommengen beanspruchte sie das (Strom-)Netz für die allgemeine Versorgung.
2
Zwischen der Beklagten und der Streithelferin bestand vom 07.08.2011 bis 30.10.2019 ein Anlagenpachtvertrag (APV, K1) mit dem Ziel, dass die Streithelferin Betreiberin wird, um so eine Befreiung bezüglich der im KW erzeugten und von ihr verbrauchten Strommengen von der EEG-Umlage zu erreichen (§ 12 Abs. 1 APV). Am 15.12.2011 wurde ein Nachtrag (K2) vereinbart und später ein weiterer vom 02./17.03.2015, in dem die Umsetzung und Lastenverteilung im Zusammenhang mit einer Leistungserhöhung hinsichtlich der Gasturbine geregelt wurden. Zeitgleich mit dem APV wurde ein Vertrag über die Erbringung verschiedener Leistungen (LV, K3) geschlossen und am 15.12.2011 ein Nachtrag hierzu (K4).
3
Die Streithelferin hatte die tatsächliche (Sach-)Herrschaft über das KW und konnte dessen Arbeitsweise eigenverantwortlich bestimmen. Das Pachtentgelt betrug 1 Mio. €/Monat, der fixe Anteil des Betriebsführungsentgelts 291.700 €/Monat (zur Berechnung des Pachtentgelts vgl. Bl.72 d. A. und B7). Die Streithelferin erhielt für die Vorhaltung der zur Dampferzeugung notwendigen thermischen Leistung ein fixes Entgelt von 1,29 Mio. €. Alle Verträge wurden mit Wirkung zum 20.10.2019 einvernehmlich aufgehoben.
4
Am 27. und 29.05. sowie 01.06.2020 haben die anderen Übertragungsnetzbetreiber Auskunfts-, Testierungs- und EEG-Umlageansprüche, die ihnen gegen die Beklagte oder Streithelferin für Strommengen aus dem KW zustehen könnten, an die Klägerin abgetreten.
5
Die Klägerin behauptet, der Streithelferin habe das Knowhow für den Betrieb des KW gefehlt. Deshalb habe sie in einem weiteren Vertrag die Beklagte mit dessen tatsächlichen Betrieb beauftragt. Die Streithelferin habe das wirtschaftliche Risiko nicht getragen. Sie sei weder verpflichtet gewesen, die Kosten für Investitionen in das KW zu tragen, noch habe es deren Zustimmung hierzu bedurft. Die Klägerin bestreitet, dass die Kosten für einen Großschaden an der Gasturbine 2018 „vollumfänglich“ zu deren Lasten bei Umfassung der Kosten für die Schadensbehebung gegangen seien und der fixe Anteil des Betriebsführungsentgelts die fixen Betriebsführungskosten gedeckt und sogar um insg. 2,5 Mio. € überstiegen habe. Weiter wurden bestritten die von der Beklagten behaupteten von ihr vereinnahmten Betriebsführungsentgelte und von ihr getragenen Betriebsführungskosten, dass das Risiko des zufälligen Untergangs des KW durch Versicherungen abgedeckt gewesen sei, deren Kosten die Streithelferin getragen habe, und dass diese das Dampfabsatzrisiko übernommen habe, dass der Pachtzins zutreffend ermittelt und marktüblich gewesen sei, dass Besprechungen stattfanden, dass die Streithelferin die Kommunikation mit Behörden und Netzbetreibern übernommen habe, dass die Beklagte 3,1% Gewinn erwirtschaftet habe und der Aufschlag von 10% auf den Erdgaspreis marktüblich sei, sowie, dass vom 27.08.2011 bis 30.10.2019 je in derselben Viertelstunde die erzeugten Strommengen von der Streithelferin letztverbraucht worden seien.
6
Die Klägerin meint, sie habe gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung einer EEG-Umlage. Zu deren Berechnung benötige sie Auskunft über die Menge der von der Streithelferin aus dem KW bezogenen Strommenge. Eine Betreiberstellung setze voraus, dass die sich als Betreiber gerierende Person nachweislich kumulativ die tatsächliche Sachherrschaft über die Stromerzeugungsanlage ausübe, die Arbeitsweise derselben eigenverantwortlich bestimme und besagte Anlage auf eigene Rechnung nutze, also deren wirtschaftliches Risiko trage. Ansonsten verbleibe es bei der Betreiberstellung des letzten Betreibers. Die Streithelferin sei nicht als Betreiberin des KW anzusehen. Im Hinblick auf die kurze Vertragsmindestlaufzeit sei es ausgeschlossen, dass diese ein wirtschaftliches, mit dem Kraftwerksbetrieb verbundenes Risiko getragen habe. Eine Bindung von einem oder vier Monaten reiche nicht aus, damit sich ein substanzielles wirtschaftliches Risiko realisieren könne. Eine Eigenerzeugung liege daher nicht vor. Ein wirtschaftliches Risiko sei nur dann ein echtes Risiko, wenn sich der potentielle Betreiber dessen Realisierungsmöglichkeit nicht ohne weiteres entziehen könne.
7
Die Beklagte hat eingewandt, die Streithelferin habe den Anteil des nicht selbst genutzten Stroms veräußert und dabei ein Marktpreisrisiko getragen. Diese habe auch die wesentlichen wirtschaftlichen Risiken für den Betrieb der Stromerzeugungsanlagen und das gesamte KW getragen. Die Beklagte selbst habe eine durchschnittliche Marge von 3,1% erwirtschaftet. Eine Auskunft sei ihr nicht möglich, da sie keine Kenntnis darüber habe, wo die Streithelferin die Strommengen verbraucht habe. Sie sei nur Besitzdienerin, nicht Besitzerin der Stromerzeugungsanlagen gewesen.
8
Die Streithelferin bestreitet, dass sie nicht das Dampfabsatzrisiko getragen habe. Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei nicht als Elektrizitätsversorgungsunternehmen der Streithelferin tätig geworden. Es komme nach § 3 Nr. 43b EEG allein darauf an, wer Betreiber der beiden Strom erzeugenden Generatoren des KW und nicht wer Betreiber des gesamten KW gewesen sei. Wirtschaftliche Chancen und Risiken im Zusammenhang mit dem im KW erzeugten Dampf seien ohne Belang. Die Person des Betreibers bestimme sich nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien. Für die Bestimmung des Kriteriums der wirtschaftlichen Risikotragung seien die wirtschaftlichen Risiken der Stromproduktion auf Basis der Erzeugungskosten, Mengenabsatz- und Erlösrisiken maßgeblich. Das dem Pachtrecht immanente Risikogefälle zwischen Verpächter und Pächter dürfe durch die Anforderungen an die Betreiberstellung nicht überdehnt oder gar konterkariert werden. Dem Pächter dürften keine Risiken überbürdet werden, die er im Rahmen einer rein pachtrechtlichen Bewertung nicht tragen müsste.
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Die Klägerin, die eine Stufenklage erhoben hat, beantragte zuletzt auf der ersten Stufe:
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Die Beklagte wird verurteilt,
I. der Klägerin, aufgeteilt nach Regelzonen und bilanzkreisscharf Auskunft darüber zu erteilen, welche Strommengen (Angabe in Kilowattstunden) pro Kalenderjahr in dem Zeitraum vom 27.08.2011 bis 30.10.2019 in dem ...Kraftwerk in 9... P., Kraftwerksnr. der Bundesnetzagentur: BNA0805, erzeugt worden sind und von Letztverbrauchern verbraucht wurden,
II. der Klägerin den Prüfbericht eines Wirtschaftsprüfers, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eines genossenschaftlichen Prüfungsverbands, eines vereidigten Buchprüfers oder einer Buchprüfungsgesellschaft vorzulegen, in dem die gemäß vorstehendem Antrag zu I mitgeteilten Strommengen pro Kalenderjahr in der dort geforderten Aufteilung nach Regelzonen und bilanzkreisscharf bestätigt werden.
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Nach erteilter Auskunft auf der zweiten Stufe waren von der Klägerin diverse Leistungsanträge vorgesehen sowie die Beantragung der Feststellung, dass sie gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf die verauslagten Gerichtskosten sowie die im Laufe des Verfahrens weiter angeforderten Kostenvorschüsse für Zeugenanhörungen und Sachverständigengutachten, jeweils vom Zeitpunkt der Einzahlung bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags, nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote hat.
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Weiter stellte die Klägerin für den Fall, dass das Gericht die Abtretungen für den Zeitraum vom 27.08.2011 bis zum 31.12.2019 als ganz oder teilweise unwirksam erachten sollte, hilfsweise auf erster Stufe entsprechende Anträge auf Auskunft an die Klägerin, die A. GmbH, die 50Hertz Transmission GmbH und die TenneT TSO GmbH jeweils für deren Regelzone. Nach erteilter Auskunft waren auf der zweiten Stufe wiederum diverse Leistungsanträge nunmehr bezogen auf die verschiedenen Übertragungsnetzbetreiber vorgesehen sowie ein entsprechender Feststellungsantrag.
13
Die Beklagte und Streithelferin beantragten
Klageabweisung.
14
Weiter wurde eine Hilfswiderklage erhoben, falls das Gericht die Klage für begründet halten sollte Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
15
Ein Anspruch der Klägerin gem. § 45 EEG 2012 auf Auskunft betreffend die erzeugten und von Letztverbrauchern verbrauchten Strommengen sowie ein Anspruch gem. § 55 S. 1 EEG 2012 auf Vorlage eines Prüfberichts bestehe nicht, da die Beklagte weder Anlagenbetreiberin noch ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen im streitgegenständlichen Zeitraum gewesen sei. Nach § 45 S.1 EEG 2012 müssten nur Anlagensowie Netzbetreiber und Elektrizitätsversorgungsunternehmen einander die für den bundesweiten Ausgleich nach §§ 34 bis 39 jeweils erforderlichen Daten, insbesondere die in §§ 46 bis 50 genannten, unverzüglich zur Verfügung stellen. Nach dem bei Schluss der mündlichen Verhandlung geltenden § 100 Abs. 1 S.1 Nr.1 EEG 2021 seien grundsätzlich die Bestimmungen des EEG 2020 anzuwenden, da das KW vor dem 01.01.2021 in Betrieb genommen worden sei. Nach § 100 Abs. 2 S.1 Nr.10 EEG 2020 fänden für Strom aus Anlagen, die nach dem am 31.12.2011 geltenden Inbetriebnahmebegriff vor dem 01.01.2012 – wie hier – in Betrieb genommen worden seien, die Bestimmungen des EEG 2012 (in der am 31.07.2014 geltenden Fassung) Anwendung und nicht die in § 66 Abs. 1 1.HS EEG 2012 angeordnete allgemeine Anwendung der Bestimmungen des EEG in der am 31.12.2011 geltenden Fassung (vgl. § 100 Abs. 2 Nr.10 EEG 2020). Letztlich könne aber dahinstehen, ob das EEG in der jeweiligen Fassung für die hier streitigen Sachverhalte anwendbar bleibe oder die Anwendung sich nach dem EEG 2012 bestimme, da auch im erstgenannten Fall ein Anspruch aus demselben Gründen abzulehnen wäre.
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Anlagenbetreiber sei gem. § 3 Nr.2 EEG 2012, wer unabhängig vom Eigentum die Anlage für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas nutze. Bei einer konventionellen Anlage seien die Kriterien hierfür analog anzuwenden. Wirkten mehrere juristische Personen zusammen, sei Anlagenbetreiber, wer, ohne notwendig Eigentümer zu sein, die tatsächliche Herrschaft über die Anlage ausübe, ihre Arbeitsweise eigenverantwortlich bestimme und sie auf eigene Rechnung nutze, d.h. im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung das wirtschaftliche Risiko trage, wobei ein Kriterium vollständig zurücktreten könne. In diesen Konstellationen werde der Anlagenbetreiber insbesondere dadurch bestimmt, dass er nach den getroffenen Vereinbarungen das überwiegende, d.h. nicht zwingend das alleinige, wirtschaftliche Risiko des Anlagenbetriebs trage. Die tatsächliche Sachherrschaft über dauerhafte Betretungsrechte oder die Bestimmung des Anlagenlaufs der Gesamtanlage könne dann zurücktreten. Die Klägerin, die auf ihre insoweit bestehende Darlegungs- und Beweislast hingewiesen worden sei, habe nicht zur Überzeugung des Gerichts darlegen und beweisen können, dass die Beklagte Anlagenbetreiberin gewesen sei. Selbst bei Wahrunterstellung ihrer streitigen Tatsachenbehauptungen sei nicht vom Tragen eines überwiegenden wirtschaftlichen Risikos durch die Beklagte auszugehen.
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Wirtschaftliche Risiken einer Anlage seien Absatz- und Ausfallrisiken, die Kostentragung (u.a. für Brennstoffbeschaffung und Anlageninstandhaltung), Brennstoffqualitätssowie Qualitäts- und Preisrisiken. Wirtschaftliche Chancen ergäben sich vor allem durch die Stromverwertung. Maßgeblich sei, wer das Unternehmerrisiko des Anlagenbetriebs trage und die damit verbundenen Risiken übernommen habe. Wer die Fundamentalrisiken der Anlage und des Anlageneigentümers trage, sei irrelevant. In Pachtkonstellationen sei es unnötig, dass der Pächter den Eigentümer von allen Eigentümerrisiken freistelle. § 3 Nr. 2 EEG 2012 (wie auch § 3 Nr. 2 EEG 2021) sehe ausdrücklich vor, dass die Eigenschaft als Anlagenbetreiber unabhängig vom Eigentum sei. Die Bundesnetzagentur verlange daher auch nur, dass dem Pächter ein Nutzungsrecht eingeräumt sei (BNetzA, Leitfaden Eigenversorgung, Juli 2016, 22).
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Aus der Gesamtschau der Regelungen des APV und LV ergebe sich ohne vernünftige Zweifel, dass die Streithelferin das überwiegende wirtschaftliche Risiko des KW-Betriebs getroffen habe. Sie habe die wesentlichen Betriebskosten getragen sowie eine Pacht von 1.000.000 € zzgl. USt./Monat (§ 6 Abs. 1 APV), das Betriebsführungsentgelt gem. § 6 Abs. 1 LV und die Vergütung für die Lieferung des Erdgases gem. § 10 Abs. 1 LV gezahlt. Mit der Pacht habe sie die zeitanteilig zu ermittelnden Kapitalkosten bezogen auf die Nutzungszeit getragen, wobei sich das fixierte Pachtentgelt nicht nach dem Marktpreis gerichtet habe. Sie habe das Risiko eines Betriebsstillstandes und einer -störung aufgrund behördlicher Verfügungen getroffen. § 8 APV und § 35 LV träfen eine Regelung zur höheren Gewalt, erwähnten aber eine solche Betriebsstörung nicht, die außerdem nur zu einer fehlenden Vertragsverletzung, d.h. Befreiung von einer Leistungserbringung und Schadensersatzleistung geführt hätte. Die vereinbarte Vergütung hätte die Streithelferin gleichwohl geschuldet, weshalb sie das Risiko des Ausfalls der Anlage getragen habe wie auch das Risiko der Brennstoffverfügbarkeit und -qualität. Sie sei gem. § 8 Abs. 5 LV verpflichtet gewesen, die von der Beklagten gelieferten Erdgasmengen abzunehmen und zu vergüten, soweit und solange die Anlage verfügbar gewesen sei, und habe die Pacht unabhängig davon geschuldet. Sie habe zudem auf den Marktpreis einen Zuschlag von 10% bezahlt (§ 9 Abs. 1 LV, Formel „1,1!“). Weiter heiße es in § 1 Abs. 1 S.2 LV, dass die Streithelferin „den Pachtgegenstand zur Erzeugung von Strom und Dampf auf eigene Rechnung und eigenes wirtschaftliches Risiko“ betreibe. Etwas anderes folge nicht daraus, dass die Beklagte auch ein „Mengenabsatzrisiko“ getragen habe. Nach § 12 Abs. 2 LV habe die Streithelferin die im Pachtgegenstand erzeugten Strommengen, die von ihr nicht zeitgleich verbraucht werden konnten, sowie gem. § 15 Abs. 1 LV den gesamten mit dem Pachtgegenstand erzeugten Dampf zwar an die Beklagte verkauft, der die Weiterveräußerung oblegen habe. Nicht verkauft worden sei aber der von der Streithelferin verbrauchte Strom, der im streitgegenständlichen Zeitraum 96,52% der erzeugten Strommengen aus dem KW entsprochen habe, d.h. die Beklagte habe das Mengenabsatzrisiko nur zu 3,48% getragen.
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Dabei sei bei Abschluss der Pachtverträge bzgl. des Dampfes bereits eine Abnahme durch die ...GmbH vorhersehbar und gem. § 4 Abs. 1 LV vereinbart gewesen, dass das KW grundsätzlich entsprechend dem Wärmebedarf der ...GmbH zu betreiben sei. Die Fallgestaltung unterscheide sich damit maßgeblich von der, dem Urteil des BGH vom 13.02.2008, Az. VIII ZR 280/05, zugrundeliegenden. Dort seien die gesamten Kosten des Betriebes der Kraftwerke durch den Vertragspartner getragen worden, gleichgültig, welcher Anteil der erzeugten Energie abgenommen worden sei. Nichts anderes ergebe sich auch daraus, dass das Betriebsführungsentgelt die Instandhaltungs- und Wartungskosten bereits pauschal abgegolten habe. Ein Pauschbetrag bedeute nicht, dass die Kosten nicht durch die Streithelferin getragen worden wären. Er diene nur der Vereinfachung von Rechenflüssen, indem er eine gesonderte Abrechnung von Einzelbeträgen ersetze. Die möglichen Kosten würden i.d.R. bei Bestimmung des Betriebsführungsentgelts eingepreist. Außerdem sei der Verpächter ohnehin verpflichtet, den Pachtgegenstand in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten. Eine, zugunsten der Beklagten, abweichende vertragliche Regelung der Gewährleistungspflicht für den Pachtgegenstand gegenüber der gesetzlichen Verpflichtung, sei nicht getroffen worden (§ 1 Abs. 4 APV). Der Pachtgegenstand habe bei Rückgabe einen unter Berücksichtigung des Verschleißes durch einen vertragsgemäßen Gebrauch üblichen, altersgerechten Zustand aufweisen müssen (§ 4 Abs. 6 APV). Die Beklagte sei auch nicht Anlagenbetreiberin aufgrund der beiderseitigen Möglichkeit, den Vertrag zeitnah zu beenden, d.h. diesen mit einer Frist von 4 Monaten zum Ende eines Kalendermonats zu kündigen, oder aufgrund des Sonderkündigungsrechts der Streithelferin für den Fall, dass von der Beklagten nur noch so wenig Dampf abgenommen werde, dass kein wirtschaftlicher Betrieb mehr möglich sei (§ 4 APV). Nichts anderes gelte in Bezug auf das Rücktrittsrecht gem. § 12 APV für den Fall, dass für den von der Streithelferin erzeugten und selbst verbrauchten Strom die EEG Umlage gem. § 37 EEG anfallen sollte. Die Vertragslaufzeit habe nur dafür Bedeutung, wer das (finanzielle) Risiko im Hinblick auf die Errichtung der Anlage an sich trage, nicht aber für den Betrieb der Anlage im streitgegenständlichen Zeitraum. Auch für den Stromverbrauch im EEG spiele es keine Rolle, ob eine Stromverbrauchseinrichtung für einen bestimmten Zeitraum genutzt werde. Maßgeblich sei auch nicht, wer die Fundamentalrisiken, insb. das Risiko des plötzlichen Untergangs der Anlage oder des Anlageneigentümers trage, da maßgeblich allein das Unternehmensrisiko durch den Betrieb der Anlage und nicht der Anlage selbst sei.
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Ferner habe die Streithelferin und nicht die Beklagte die tatsächliche Herrschaft über das KW ausgeübt und die Arbeitsweise eigenverantwortlich bestimmt. Dies sei zwischen den Parteien unstreitig und ergebe sich aus den vorgelegten Verträgen. Mit Übergabe am 26.08.2011 sei der Streithelferin der dauerhafte Zugang zum KW ermöglicht worden. Zwar habe die Beklagte die Betriebsführung des Pachtgegenstandes übernommen, einschließlich der Besorgung aller mit der Betriebsführung zusammenhängenden Geschäfte und Verwaltungsaufgaben (§ 2 Abs. 1 LV) und Beistellung aller Betriebsstoffe (§ 2 Abs. 5 LV). Sie sei verpflichtet gewesen, alle Instandhaltungsarbeiten am Pachtgegenstand (Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Schwachstellenbeseitigung) durchzuführen und für diesen im angemessenen Umfang Versicherungen zu unterhalten (§ 2 Abs. 6, 9 LV). Zudem habe sie die notwendigen Beauftragten (§ 2 Abs. 10 LV) und das maßgebliche Personal gestellt. Jedoch habe der Streithelferin gem. § 3 LV im Zusammenhang mit sämtlichen Betriebsführungsleistungen der Beklagten jederzeit und vollumfänglich ein Weisungsrecht zugestanden. Zudem habe sie gem. § 2 Abs. 1 APV mit Vertragsabschluss die Entscheidungsgewalt über den Betrieb des Pachtgegenstandes erworben und sich zur Erfüllung der sich daraus ergebenden Pflicht verpflichtet. Sie habe den Nachweis der Angemessenheit des Versicherungsschutzes durch die Beklagte anfordern können (§ 2 Abs. 9 S.2 LV). Auch insoweit unterscheide sich die vorliegende Fallgestaltung von der o.g. Entscheidung des BGH, da dort die Vertragsgestaltung gerade keine Bestimmung – mit Ausnahme zur Regelung des Versicherungsumfangs – enthalten habe, wonach Weisungen Folge zu leisten sei. Weiter sei nach § 1 Abs. 3 APV der Streithelferin die Benutzung aller für den Betrieb des Pachtgegenstandes notwendigen Flächen und Zufahrtswege sowie den Betrieb des KW notwendigen Infrastruktureinrichtungen, der Kommunikations- und Informationsmedien und der Anlagen zur Eigenbedarfsversorgung gestattet gewesen. Die Beklagte sei dabei nicht berechtigt gewesen, die Erzeugung von Strom und Wärme nach ihren eigenen Bedürfnissen zu steuern. Weiter habe die Streithelferin die Kosten für den Betrieb selbst zu tragen gehabt und sei insoweit verpflichtet gewesen, das Betriebsführungsentgelt gem. § 6 LV als Gegenleistung zu zahlen, mit dem sämtliche Kosten der Beklagten im Zusammenhang mit der Betriebsführung abgegolten worden seien (§ 6 Abs. 6 LV). Auch seien Optimierungsmaßnahmen, die die Eigenstromerzeugung um mehr als 60 Gwh in einem Kalenderjahr minderten, nur mit vorheriger Zustimmung der Streithelferin möglich gewesen (§ 5 Abs. 3 LV). Auch habe ein Zustimmungserfordernis bei Investitionen bestanden, obwohl nach der gesetzlichen Konzeption dies der Pächter zu dulden habe. Die Beklagte habe damit zwar das KW möglicherweise technisch geführt, nicht aber insgesamt eigenständig. Die Beklagte habe ein im Vergleich dazu begrenztes wirtschaftliches Risiko getragen, das – trotz der Eigentümerstellung – nicht ausreichend sei, sie als Betreiberin des Kraftwerks anzusehen. So habe sie die Kosten des KW-Betriebs nicht tragen und die im KW erzeugte elektrische wie auch thermische Energie nicht vollständig abnehmen müssen.
21
Die Beklagte sei auch nicht Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne des EEG gewesen, da sie an die Streithelferin keine Elektrizität geliefert habe, deren Betreiberstellung gem. § 4 Abs. 1 APV am 27.08.2011 entstanden sei und bis 30.10.2019 bestanden habe. Der von der Streithelferin produzierte Strom sei stets von der EEG-Umlage befreit bzw. die EEG-Umlage auf null Prozent reduziert gewesen.
22
Der Begriff „Stromlieferung“ sei im hier anwendbaren EEG in der Fassung vom 31.07.2014 nicht legal definiert. Der Gesetzgeber habe zwar im Rahmen der Novelle 2014 eine Legaldefinition des Begriffs „Eigenversorgung“ aufgenommen, die sich in § 3 Nr. 19 EEG 2017 befinde. Diese gelte aber nur für Sachverhalte, die nach dem Inkrafttreten der Novelle 2014 zum 01.08.2014 begründet worden seien. Auf Altsachverhalte, die ggf. unter die Bestandsschutzregelungen in § 61 Abs. 3 und 4 EEG 2014 fielen, finde die Legaldefinition daher keine Anwendung. Der APV sei im zeitlichen Anwendungsbereich des EEG 2009 geschlossen worden, weshalb für die Eigenerzeugung die vom EEG 2012 eingeführten räumlichen Beschränkungen keine Anwendung finden würden, da eine Übergangsregelung in § 66 Abs. 15 EEG 2012 die Fortgeltung der ursprünglichen Rechtslage für alle Stromeigenerzeugungen angeordnet habe, die vor dem 01.09.2011 aufgenommen worden seien.
23
Die Streithelferin sei hier Anlagenbetreiberin gewesen. Eine Abgabe von Strom an sie sei gerade nicht erfolgt, vielmehr habe sie nicht verbrauchten Strom an die Beklagte abgegeben. Sie sei auch nicht deshalb als Elektrizitätsversorgungsunternehmen anzusehen, weil nun bestimmte Eigenstromsachverhalte unter die EEG-Umlage fallen könnten. Denn insoweit wäre der Anspruch ggfs. gegen die Streithelferin zu richten. Eine Lieferung setze voraus, dass ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Strom an einen personenverschiedenen Letztverbraucher abgebe, woran es fehle, wenn der Letztverbraucher die Strommengen selbst erzeuge und verbrauche. Eine solche Eigenerzeugung erfordere weder einen räumlichen Zusammenhang zwischen Erzeugungs- und Verbrauchsort noch die Nutzung einer Direktleitung. Keiner Entscheidung bedürfe es daher, ob der Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 104 Abs. 4 EEG 2017 zustehe.
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Auch stehe der Klägerin kein Anspruch auf Auskunft gem. § 242 BGB zu. Ein solcher setze einen Grund zur Verpflichtung voraus. Dafür genüge es nicht, dass eine Partei auf die Information angewiesen sei und jemand Informationen habe, die für sie von Bedeutung seien. Hier bestehe, wie sich aus obigen Ausführungen ergebe, bereits keine Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage nach § 60 EEG 2021 durch die Beklagte.
25
Ferner bestehe auch kein Anspruch der Klägerin gem. § 55 S. 1 EEG 2012 gegen die Beklagte auf Vorlage eines Prüfberichts in dem die mitgeteilten Strommengen bestätigt werden, da die Beklagte bereits keine Netzbetreiberin sei.
B.
26
Die Berufung ist offensichtlich unbegründet. Das angegriffene Urteil hält den von der Berufung erhobenen Einwendungen stand. Die Berufung konnte nicht aufzeigen, dass die Entscheidung des Landgerichts auf einer entscheidungserheblichen Rechtsverletzung gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO beruht oder dass nach § 529 ZPO zugrunde zulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen würden.
I.
27
Vorauszuschicken ist, dass der Senat bezüglich des Vorbringens in der Berufungsbegründung, das sich im Ersturteil so nicht findet, davon ausgehen muss, dass es im Berufungsverfahren neu ist und schon mangels entsprechender Berufungsrüge i.S.v. § 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO dort nicht mehr gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zugelassen werden kann und deshalb auch nicht mehr zugelassen wird.
28
Weiter sind pauschale Bezugnahmen auf erstinstanzlichen Vortrag – wie hier beispielsweise auf nicht weiter bezeichnete Beweisangebote zu nicht konkret dargelegten Behauptungen – bekanntermaßen unzulässig (vgl. z.B. BGHZ 35, 103; BGH NJW 1998, 155; Thomas/Putzo ZPO 25. Aufl., Rn.2 vor § 284 ZPO).
II.
29
Die Klagepartei kann ungeachtet dessen von der Beklagten nicht die begehrte Auskunft und die Vorlage eines Prüfberichtes fordern. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen und in Bezug auf die Rügen der Berufung ergänzend hierzu, wie folgt, ausgeführt:
30
1. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch steht der Klägerin gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
31
Insbesondere ergibt sich ein solcher nicht aus § 45 S.1 EEG 2012. Ein entsprechender Anspruch wäre zudem auch dann zu verneinen, wenn bezogen auf den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 07.08.2011 bis 30.10.2019 das EEG in seiner damals jeweils geltenden Fassung anzuwenden wäre.
32
Nach § 45 EEG 2009 und EEG 2012 sind Anlagenbetreiberinnen, Anlagenbetreiber, Netzbetreiber und Elektrizitätsversorgungsunternehmen verpflichtet, einander die für den bundesweiten Ausgleich nach den §§ 34 bis 39 jeweils erforderlichen Daten, insbesondere die in den §§ 46 bis 50 genannten, unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Nach § 74 EEG 2014 und 2017 haben Elektrizitätsversorgungsunternehmen Auskunft über die an Letztverbraucher gelieferten Energie- bzw. Strommengen zu geben.
33
Ist die Beklagte mithin bezogen auf den streitgegenständlichen Sachverhalt weder als Anlagenbetreiberin noch als Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne dieser Vorschriften zu qualifizieren, das einen Letztverbraucher mit Strom beliefert hat, kann die Klagepartei aus besagten Normen nichts für sich herleiten. Dass die Beklagte Netzbetreiberin wäre, behauptet ersichtlich auch die Berufung nicht.
34
1.1. Soweit die Berufung nunmehr allein entscheidend darauf abstellen will, dass die Beklagte als Elektrizitätsversorgungsunternehmen Strom an einen Letztverbraucher geliefert habe, hat das Landgericht dies zutreffend verneint.
35
a. Die Definition des Begriffs „Elektrizitätsversorgungsunternehmen“ fand durch die Novelle 2012 als damaliger § 3 Nr. 2d EEG 2012 Eingang ins Gesetz und wurde durch die Novellen 2014 und 2017 unverändert übernommen (BT-Drs. 18/1304, 113 sowie BT-Drs. 18/8860, 185). Ausweislich der Gesetzesbegründung entspricht die Definition im Wesentlichen der Definition des Begriffs „Energieversorgungsunternehmen“ in § 3 Nr.18 EnWG und umfasst jeden, der Elektrizität an Letztverbraucher liefert (BT-Drs. 17/6071, 60). Nach Auffassung des Gesetzgebers ist die Definition im Sinne einer breiten Verteilung der Kosten des EEG und der Vermeidung von Ungleichbehandlungen weit auszulegen. Mit Blick auf die Bezugnahme auf § 3 Nr.18 EnWG führt die Gesetzesbegründung aus, dass die einzige Abweichung von der Definition des EnWG der Bezug auf die Letztverbraucher sei (BT-Drs. 17/6071, 60).
36
Ausgenommen sind daher Unternehmen, die lediglich als Händler auftreten und Strom an andere Händler oder Elektrizitätsversorgungsunternehmen liefern, weil die Regelungen zum bundesweiten Ausgleichsmechanismus in den §§ 58 ff. EEG 2021 stets auf die Stromlieferung eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens an Letztverbraucher abstellen (vgl. § 60 Abs. 1 EEG 2021). Weiter stellt sich die – vorliegend insbesondere bedeutsame – Abgrenzungsfrage zwischen Stromlieferung an Letztverbraucher und Eigenerzeugungs- bzw. Eigenstromsachverhalt. Nur im erstgenannten Fall wäre nämlich die EEG-Umlage zu zahlen gewesen, d.h. der Gesetzgeber (BT-Drs. 15/2864, 49 sowie BT-Drs. 17/6071, 83) ging unzweifelhaft davon aus, dass Eigenstrom nicht vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst war (vgl. BeckOK EEG/Böhme, 12. Ed. 1.8.2021, EEG 2021 § 3 Nr. 20 Rn.1-3).
37
Der Begriff Lieferung ist weder im EEG noch im EnWG legaldefiniert.
38
(1) Vertreten wurde, dass eine Stromlieferung einer kaufrechtlichen Beziehung bedarf. Dem wurde entgegengehalten, dass es nach den Gesetzgebungsmaterialen zu einer weiten Auslegung kommen soll, auch um Umgehungen durch werk- oder dienstvertragliche Vertragsabwicklungen zu vermeiden. Auch wird der Begriff der Lieferung nicht zwangsläufig mit dem Verkauf von Strom gleichzusetzen sein, da der Verkauf den juristischen Vorgang umschreibt, die Lieferung sich aber allgemein auf die physikalische Vorhaltung bezieht (vgl. Prof. Dr. Christoph. Moench und Dr. André Lippert, Berlin, EnWZ 2014, 392).
39
Zwischenzeitlich ist – wie auch von der Berufung ausgeführt – höchstrichterlich geklärt, dass ein Liefern an Letztverbraucher (dort bezüglich § 60 Abs. 1 EEG 2014) nicht zwingend ein Vertragsverhältnis in Form eines Kaufvertrags zwischen dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen und dem den Strom verbrauchenden Abnehmer voraussetzt. Allgemein und im juristischen Sprachgebrauch würden nämlich auch rein tatsächliche Transport- und Übergabevorgänge als Lieferung bezeichnet. Auch zwinge die Gesetzessystematik nicht zu der Interpretation, dass Lieferant im Sinne des § 60 Abs. 1 EEG 2014 nur ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen sein könne, das mit dem Letztverbraucher einen entgeltlichen Stromlieferungsvertrag geschlossen habe (vgl. BGH, Teilurteil vom 03.03.2020, Az. XIII ZR 7/19, Rn.13 f.).
40
(2) Hingegen bestand – wie von der Berufung nicht hinreichend berücksichtigt – seit jeher Einigkeit, dass keine Lieferung vorliegt, wenn ein- und derselbe Rechtsträger sich selbst versorgt (vgl. Prof. Dr. Christoph Moench und Dr. André Lippert, Berlin, EnWZ 2014, 392). Der BGH hat bereits vor Jahren klargestellt, dass eine Lieferung voraussetzt, dass ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen seinen Strom an einen personenverschiedenen Letztverbraucher abgibt, indem er etwa darauf verwiesen hat, dass vom Belastungsausgleich (schon) nach § 14 Abs. 3 EEG 2004 der Strom ausgenommen ist, der nicht an andere abgegeben, sondern selbst erzeugt und verbraucht wird (vgl. BGH Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 35/09, BeckRS 2010, 1954 Rn.24).
41
Der Bezug von Eigenstrom stellt daher keine Lieferung dar.
42
Jedenfalls für Altfälle steht dem auch ein fehlender räumlicher Zusammenhang zwischen Erzeugungs- und Verbrauchsort nicht entgegen. Mit § 37 Abs. 3 Nr. 2b EEG 2012 wurde zwar eine umlagefreie Eigenversorgung an einen räumlichen Zusammenhang zwischen Erzeugung und Verbrauch geknüpft. Gleichzeitig wurde jedoch in § 66 Abs. 15 EEG 2012 eine Bestandsschutzregelung für bis zum 01.09.2011 umgesetzte Eigenversorgungen ohne räumlichen Zusammenhang getroffen, die mit § 61 Abs. 3, 4 EEG 2014 fortgeschrieben worden ist. Die in § 3 Nr.19 EEG 2017 aufgenommene Legaldefinition des Begriffs „Eigenversorgung“ gilt zudem nur für Sachverhalte, die nach dem Inkrafttreten der Novelle 2014 zum 01.08.2014 begründet worden sind.
43
Nach dem Grundprinzip der Beweislastverteilung hat jede Partei die Voraussetzungen einer, ihr günstigen Norm zu behaupten und zu beweisen. Auf der ersten Ebene ist demnach der Antragsteller für die rechtserzeugenden Tatsachen seines Anspruchs beweispflichtig. Auf einer zweiten Ebene trägt derjenige, welcher sich auf Nichteintritt, Hemmung oder Untergang des an sich bestehenden Anspruchs beruft, die Beweislast für die rechtshindernden, rechtshemmenden oder rechtsvernichtenden Tatsachen (vgl. BGH, NJW 1983, 2944; BGH, NJW 1986, 2426; BGH, NJW 1991, 1052; BGH, NJW 1999, 352).
44
Das Bestehen eines Auskunftsanspruchs gegen eine juristische oder natürliche Person als Elektrizitätsversorgungsunternehmen würde also voraussetzen, dass diese an einen von ihr personenverschiedenen Letztverbraucher Strom geliefert hat, der nicht von diesem selbst erzeugt worden ist. Der so in Anspruch Genommene muss sich mithin zu seiner Verteidigung bezüglich der Eigenerzeugung des Letztverbrauchers nicht erst auf eine Ausnahmevorschrift berufen. Die einschlägigen anspruchsbegründenden Normen finden vielmehr bei einer Eigenerzeugung keine Anwendung.
45
Dass eine Eigenerzeugung als rechtsvernichtende Einwendung darzulegen und zu beweisen wäre, ergibt sich – anders als die Berufung meint – auch nicht aus dem in Bezug genommenen Schrifttum (vgl. Wessling in Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.11.2021 – I-27 U 13/20, EnWZ 2022,28). Dort wird, das Urteil des OLG Düsseldorf betreffend, vielmehr die Auseinandersetzung mit näher bezeichneten Umlagebefreiungstatbeständen aufgrund privilegierter bzw. bestandsgeschützter Eigenerzeugung beanstandet. Diese Tatbestände könnten nur vom Letztverbraucher und nicht vom Elektrizitätsversorgungsunternehmen geltend gemacht werden. Zudem könnten sie im Rahmen von Auskunftsansprüchen gem. § 74 Abs. 1 EEG 2017, die eine Eigenerzeugung aufgrund der vorausgesetzten Lieferung, d.h. Abgabe des Stroms an einen personenverschiedenen Letztverbraucher, denklogisch ausschlössen, niemals zur Anwendung kommen. Das Vorliegen einer Eigenerzeugung ist danach – anders als von der Berufung vorgetragen – richtigerweise keine der Feststellung einer Stromlieferung nachgelagerte Frage. Eine einen Auskunftsanspruch rechtfertigende Lieferung liegt vielmehr bei einer Eigenerzeugung nicht vor. So führt die Berufung sogar selbst an anderer Stelle (BB Rn.79) aus, der Umstand, dass Strommengen aus dem KW von der Beklagten der Streithelferin zur Verfügung gestellt wurden, wäre dann nicht als Stromlieferung anzusehen, wenn die Streithelferin das KW selbst betrieben hätte und damit Eigenerzeugerin der verbrauchten Strommengen gewesen wäre.
46
Inwieweit die Auslegung der §§ 37 EEG 2009, 37 EEG 2012, 60, 61 EEG 2014 und 60, 61 EEG 2017 zu einem anderen Ergebnis führen sollte, erschließt sich letztlich nicht. Auch die dortigen Ansprüche richten sich gegen Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Strom an Letztverbraucher/innen liefern, wobei – wie dargelegt – der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass hiervon nicht der Eigenstrom des Letztverbrauchers erfasst ist. Weiter kann eine privilegierte bzw. bestandsgeschützte Eigenerzeugung nur vom Letztverbraucher geltend gemacht werden. Dieser hat eine solche gegebenenfalls einzuwenden und nicht das Elektrizitätsversorgungsunternehmen.
47
Wenn insoweit von Klägerseite noch angeführt wird, den Übertragungsnetzbetreibern sei es unmöglich das Nichtbestehen einer Eigenerzeugung darzulegen und zu beweisen, kann dies im Übrigen in gleicher Weise für ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen gelten, das nicht – wie keinesfalls nötig – in die Stromerzeugung eingebunden war. Auch muss ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen, wie von der Beklagten eingewandt, keine Kenntnis darüber besitzen, wo und wie der Strom letztlich verbraucht wird.
48
b. Vorliegend sind Beklagte und Streithelferin zwar unstreitig rechtlich verschiedene Personen. War aber die Streithelferin Betreiberin des KW, hätte sie ihren eigenen, d.h. nicht von der Beklagten erzeugten oder anderweitig erworbenen, Strom verbraucht sowie nicht von ihr zum Eigenverbrauch benötigten Strom an die Beklagte abgegeben und nicht die Beklagte solchen an sie. Nach § 2 Abs. 7 i.V.m. § 11 LV hätte es dann lediglich zu den von der Beklagten vertraglich übernommenen Betriebsführungsleistungen gehört, den Transfer der vom KW von der Streithelferin erzeugten Strommengen zu dem von dieser benannten Bilanzkreis abzuwickeln.
49
In Ermangelung einer schon deshalb einen Auskunftsanspruch auslösenden umlagepflichtigen Stromlieferung, käme es damit auch nicht mehr darauf an, ob für einen entsprechenden Anspruch auch ein Einstellen der Strommengen in einen Ausspeise-Bilanzkreis erforderlich gewesen wäre, womit die Beklagte nach ihrem Vortrag schon nichts zu tun gehabt haben soll, und ob die Beklagte die Dienstleistung nach § 2 Abs. 7 i.V.m. § 11 LV überhaupt tatsächlich erbracht hat. c.
50
Die Rügen der Berufung, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft mit der Eigenschaft „Anlagenbetreiber“ eine neue (Negativ-)Voraussetzung für das Vorliegen eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens aufgestellt und es sei allein das Vorliegen rein tatsächlicher Transport- und Übergabevorgänge zu prüfen gewesen, sind mithin verfehlt.
51
Auch wurden die Darlegungs- und Beweislasten nicht verkannt. Die Klagepartei hat auch dann, wenn sie die Beklagte als Elektrizitätsversorgungsunternehmen zur Auskunftserteilung heranziehen will, darzulegen und zu beweisen, dass diese und nicht die Streithelferin Anlagenbetreiberin war, also keine Eigenerzeugung letzterer vorgelegen hat. Dies ist ihr aber nicht gelungen (sh. nachfolgend).
52
1.2. Die Feststellung des Landgerichts, bei der Streithelferin und nicht der Beklagten habe es sich um die Betreiberin des KW gehandelt, weshalb hier eine Eigenerzeugung der Streithelferin vorgelegen habe, ist nicht zu beanstanden.
53
a. Anlagenbetreiber ist nach gesetzlicher Definition, wer unabhängig vom Eigentum die Anlage für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas nutzt (vgl. gleichlautend § 3 Nr. 2 EEG 2009, § 3 Nr. 2 EEG 2012, § 5 Nr. 2 EEG 2014, § 3 Nr.2 EEG 2021).
54
(1) Die Betreibereigenschaft bestimmt sich dabei anhand verschiedener tatsächlicher und wirtschaftlicher Kriterien (OLG Düsseldorf BeckRS 2018, 28574 Rn.60; vgl. auch zum EEG 2009, BT-Drs. 16/8148, 38).
55
Zunächst ist darauf abzustellen, wer das wirtschaftliche Risiko des Betriebs der Anlage trägt und wer das Recht hat, die Anlage auf eigene Rechnung und mit eigenen wirtschaftlichen Chancen zu nutzen (erstes Kriterium). Weitere Kriterien zur Beurteilung der Anlagenbetreibereigenschaft sind die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Betriebsablauf der Anlage (zweites Kriterium) und die tatsächliche Sachherrschaft an der Anlage (drittes Kriterium). Aus einer wertenden Gesamtbetrachtung dieser Kriterien ergibt sich, wer Anlagenbetreiber ist (vgl. u.a. KG BeckRS 2016, 108965, Leitfaden Eigenversorgung, Juli 2016, 22 f.).
56
Da sich bei der Bestimmung des Anlagenbetreibers einer konventionellen Stromerzeugungsanlage vergleichbare Fragen stellen, können diese Kriterien dort analog herangezogen werden (BeckOK EEG/Kindler, 12. Ed. 1.8.2021, EEG 2021 § 3 Nr. 2 Rn.4).
57
(2) Mit der Legaldefinition wird weiter klargestellt, dass es für die Ermittlung der Betreibereigenschaft nicht auf die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse an der Anlage ankommt. Die Person der Anlagebetreiberin oder des Anlagenbetreibers muss nicht notwendig mit dem Eigentümer der Anlage identisch sein. So können auch Mieter oder Pächter einer Anlage Anlagenbetreiber sein, wenn die vertraglich eingeräumten Nutzungsrechte dies vorsehen (Möhlenkamp/Milewski/Möhlenkamp, 2. Aufl. 2020, StromStG § 9 Rn.22; Altrock/Oschmann/Theobald/Oschmann, 4. Aufl. 2013, EEG § 3 Rn.45).
58
Möglich und üblich ist es außerdem, einen technischen Betriebsführer für die Anlage einzusetzen, ohne dadurch die Eigenschaft als Anlagenbetreiber zu verlieren. In diesen Fällen kommt es darauf an, dass den Anlagenbetreiber weiterhin die wirtschaftlichen Risiken des Anlagenbetriebs treffen und der wesentliche Anlagenlauf in Abstimmung bzw. auf Geheiß des Anlagenbetreibers stattfindet (BeckOK EEG/Kindler, 12. Ed. 1.8.2021, EEG 2021 § 3 Nr. 2 Rn.10). Die Rechtsprechung hält darüber hinaus die Nutzung einer Stromerzeugungsanlage durch mehrere juristische oder natürliche Personen zur Eigenversorgung für grundsätzlich möglich (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.6.2016 – 15 U 20/16; OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.11.2021 − I-27 U 13/20; EnWZ 2022, 28).
59
(3) In solchen Mehrpersonenkonstellationen sind die bestehenden zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen den Akteuren die maßgebliche Bewertungsgrundlage (KG BeckRS 2016, 108965). Das Vertragswerk ist darauf zu untersuchen, wen die anlagentechnischen Verantwortlichkeiten und die relevanten wirtschaftlichen Positionen (Risiken und Chancen) treffen, wobei die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind (BeckOK EEG/Kindler, 12. Ed. 1.8.2021, EEG 2021 § 3 Nr. 2 Rn.10).
60
Insbesondere wenn mehrere juristische oder natürliche Personen eine Anlage betreiben bzw. zur Stromerzeugung nutzen, kann ein Kriterium auch vollständig zurücktreten. Der Anlagebetreiber wird in diesen Fällen regelmäßig dadurch bestimmt, dass er das überwiegende wirtschaftliche Risiko des Anlagenbetriebs trägt (BeckOK EEG/Kindler, 12. Ed. 1.8.2021, EEG 2021 § 3 Nr. 2 Rn.6). Wäre die Stellung als Anlagenbetreiber an das Erfordernis der vollen Tragung des wirtschaftlichen Risikos geknüpft, wären für den Fall, dass die wirtschaftlichen Betriebs- und Erzeugungskriterien auf mehrere Personen verteilt sein sollten, Stromerzeugungsanlagen betreiber- und dort produzierte Strommengen erzeugerlos. Nur eine wertende Gesamtbetrachtung ermöglicht eine lückenfreie Zuordnung der Betreiber- und Erzeugerstellung. Nur im Rahmen einer solchen kann zudem den jeweiligen Umständen des Einzelfalls angemessen Rechnung getragen werden (vgl. Wessling in Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.11.2021 – I-27 U 13/20, EnWZ 2022,28).
61
Die Ansicht der Berufung, Anlagenbetreiber sei stets nur der, der das volle wirtschaftliche Risiko trage, findet weder im Gesetz noch in der einschlägigen Rechtsprechung eine Stütze. Nach § 3 Nr.2 EEG 2009 kommt es darauf an, wer die Anlage für die Stromerzeugung nutzt. Die Gesetzesbegründung benennt verschiedene Kriterien, auf die insoweit abzustellen ist, will also einen Beurteilungsrahmen aufzeigen. Dass die Anlagebetreibereigenschaft bereits dann entfallen und dementsprechend eine Eigenerzeugung verneint werden muss, wenn in untergeordnetem Umfang Kosten und Risiko auf einen Dritten entfallen, ist dem nicht zu entnehmen. Dem in Bezug genommenen Urteil des OLG Düsseldorf vom 17.11.2021, Az. I-27 U 13/20, liegt außerdem eine sog. Scheibenpacht, d.h. der Strombezug aus einer virtuellen „Kraftwerksscheibe“, zugrunde. Diesbezüglich mag es angezeigt erscheinen, zur Kompensation der nicht erfüllten Betreiberkriterien „tatsächliche Sachherrschaft“ und „Bestimmung der Arbeitsweise“, sollte deren Vorliegen verzichtbar sein, für die rein virtuelle Kraftwerksscheibe das Tragen eines umfassenden bzw. vollen wirtschaftlichen Risikos zu verlangen. Darum und somit die Zulässigkeit entsprechender Scheibenpachtmodelle geht es vorliegend aber nicht, d.h. es liegt – wie die Berufung selbst betont – eine sog. 100-Prozent-Pacht vor.
62
b. Die Beklagte hatte, wie vom Landgericht bei Bezugnahme auf dessen Darlegungen zutreffend festgestellt, jedenfalls nicht das überwiegende wirtschaftliche Risiko des Anlagebetriebs zu tragen. Dieses entfiel vielmehr auf die Streithelferin.
63
(1) Entscheidend ist insoweit, ob der Betreiber die Erzeugungsanlage auf eigene Rechnung nutzt. Das wirtschaftliche Risiko hat danach inne, wer die Errichtungs- und Betriebskosten trägt und diese Kosten durch Vermarktung der erzeugten Energien amortisieren muss (vgl. BGH, Urt. v. 13.02.2008, VIII ZR 280/05).
64
Die wirtschaftlichen Risiken und Chancen der Anlage betreffen demgemäß insbesondere die Absatz- und Ausfallrisiken einer Anlage, die Kostentragung, u.a. für die Brennstoffbeschaffung und die Instandhaltung der Anlage, Brennstoffqualitätsrisiken sowie Qualitäts- und Preisrisiken (KG BeckRS 2016, 108965). Die Finanzierung der Anlage allein spielt dagegen keine Rolle. Trägt ein Investor allein die Risiken des Finanzmarktes, d. h. z.B. für den Darlehensausfall oder das Insolvenzrisiko, wird er dadurch nicht Betreiber. Es müssen vielmehr noch energiewirtschaftliche Risiken im Zusammenhang mit der Anlage hinzutreten (Moench/Lippert EnWZ 2014, 392 (393)). Wirtschaftliche Chancen ergeben sich vor allem durch die Verwertung des Stroms. Maßgeblich ist insgesamt, wer das Unternehmerrisiko des Anlagenbetriebs trägt und damit die Risiken übernommen hat, die mit dem Anlagenbetrieb verbunden sind (BeckOK EEG/Kindler, 12. Ed. 1.8.2021, EEG 2021 § 3 Nr. 2 Rn.7 m.w.N.).
65
(2) In Pachtkonstellationen ist nicht erforderlich, dass der Pächter den Eigentümer von allen Eigentümerrisiken freistellt, d.h. etwa die Fundamentalrisiken der Anlage und des Anlageneigentümers trägt.
66
Nach der gesetzlichen Definition ist die Eigenschaft als Anlagebetreiber nämlich unabhängig vom Eigentum (vgl. gleichlautend in § 3 Nr. 2 EEG 2009, § 3 Nr. 2 EEG 2012, § 5 Nr. 2 EEG 2014, § 3 Nr.2 EEG 2021). Der Pächter, dem ein Nutzungsrecht eingeräumt ist, muss demgemäß nicht die Rolle eines wirtschaftlichen Eigentümers einnehmen, um Anlagenbetreiber zu sein (BeckOK EEG/Kindler, 12. Ed. 1.8.2021, EEG 2021 § 3 Nr. 2 Rn.7).
67
Soweit die Berufung darauf verweist, dass ein Anlagenbetreiber anerkanntermaßen u.a. notwendige Investitionssowie Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten der Erzeugungsanlage zu tragen habe, d.h. Risiken übernehmen müsse, die an sich gesetzlich dem Eigentümer zugeordnet sind, ergibt sich daraus nichts anderes. Das Eigentum als grundsätzlich unbeschränktes Herrschaftsrecht über eine Sache umfasst auch das Recht, die Sache zu nutzen. Hat der Eigentümer dieses Recht einer anderen Person eingeräumt, ist die Frage, auf wen nunmehr die Kosten, die unmittelbar an diese Nutzungsmöglichkeit knüpfen, entfallen, dementsprechend für die Frage, wer das wirtschaftliche Risiko für den Anlagenbetrieb trägt, von Bedeutung. Dieser Umstand hat danach in die gebotene Gesamtbetrachtung zur Ermittlung des Anlagenbetreibers einzufließen. Dass der Betreiber einer Stromerzeugungsanlage auch von der unmittelbaren Nutzung losgelöste, d.h. alle mit dem Eigentum an der Anlage verbundenen Verantwortlichkeiten bzw. wirtschaftlichen Risiken – wie z.B. für den zufälligen und zum Ende der Nutzung führenden Anlagenuntergang – zu tragen hätte, ergibt sich damit daraus nicht.
68
Nichts anderes gilt, soweit die Berufung darauf verweist, der Gesetzgeber halte den Entfall der EEG-Umlage nur ausnahmsweise für gerechtfertigt, wenn eine Person ihren Strom selbst erzeuge und verbrauche, und zwar als Ausgleich für die wirtschaftlichen Risiken, die mit dem eigenen Betrieb einhergingen und ein belieferter Stromkunde nicht tragen müsse. Auch dies rechtfertigt es nicht, die Eigenschaft des Anlagenbetreibers daran zu knüpfen, dass neben den mit der Nutzung der Anlage auf eigene Rechnung unmittelbar zusammenhängenden wirtschaftlichen Risiken, die einen belieferten Stromkunden gleichfalls nicht treffen, auch sonstige Eigentümerrisiken getragen werden. Ob jemanden die Rechtsstellung eines Eigentümers und damit eine diesbezügliche Risikotragung zukommt, ist vielmehr nach gesetzlicher Vorgabe unmaßgeblich.
69
Die Ausführungen der Berufung zu den Fundamentalrisiken sind danach nicht zielführend. Dies gilt im Übrigen selbst bei anderer Sichtweise. Nach Vortrag der Beklagten war das KW im streitgegenständlichen Zeitraum nämlich gegen Fundamentalrisiken wie einen zufälligen Anlagenuntergang versichert und wurden die Versicherungskosten über das Betriebsführungsentgelt von der Streithelferin getragen. Dies hat als unstreitig zu gelten, d.h. der Berufungsbegründung ist nicht zu entnehmen, dass und inwiefern die beweispflichtige Klagepartei für ihren gegenteiligen Vortrag Beweis angeboten hätte.
70
(3) Der gesetzlichen Definition des Anlagenbetreibers ist darüber hinaus nicht zu entnehmen, dass eine Person eine Anlage zur Stromerzeugung für eine bestimmte Zeit nutzen muss, um sie als Anlagenbetreiber qualifizieren zu können. Maßgeblich ist danach nur, dass eine tatsächliche Nutzung vorliegt, welche das Tragen des wirtschaftlichen Risikos für den Betrieb der Anlage beinhaltet sowie die Einflussnahme auf den Betriebsablauf und die tatsächliche Sachherrschaft an der Anlage.
71
Ein Abstellen auf eine Mindestnutzungszeit zur Bestimmung der Betreibereigenschaft entbehrt daher einer normativen Grundlage (vgl. auch Große/Lamy, Anm. zu LG Duisburg, Teilurteil v. 22.01.2021 − 7 O 107/19, EnWZ 2021, 374). Gegenteiliges lässt sich insbesondere nicht den in der amtlichen Begründung zu § 3 Nr.2 EEG 2009 (BT-Drs. 16/8148, S. 38) hierfür genannten Kriterien entnehmen. Diese setzen keine Mindestnutzungsdauer und dementsprechend auch keine längerfristige Bindung an ein vertragliches Nutzungsverhältnis voraus. Dies ersichtlich auch nicht deshalb, weil von einem wirtschaftlichen Risiko substanziellen Umfangs erst bei Vorliegen einer solchen auszugehen wäre.
72
Theoretisch kann auch für einen Tag das wirtschaftliche Risiko für den Anlagenbetrieb getragen, auf dessen Ablauf eingewirkt und die tatsächliche Sachherrschaft über die Anlage ausgeübt werden.
73
Zu welchen Belastungen das übernommene Risiko letztlich führt, ist zudem weder von der Nutzungsdauer der Anlage abhängig noch aufgrund derselben hinreichend sicher prognostizierbar. So mag das Risiko bei einer längerfristigen Nutzung der Anlage zwar höher zu bewerten sein. Unternehmerrisiken wie etwa Absatz-, Ausfall-, Qualitäts- und Preisrisiken können sich jedoch auch kurzfristig verwirklichen und Verantwortlichkeiten, z.B. bezogen auf das Energiesteuer- und Immissionsschutzrecht, über eine kurze Vertragslaufzeit hinaus nachwirken. Der Realisierungsmöglichkeit eines Risikos stehen daher kurze Zeiten der Nutzung und Kündigungsfristen, die es den Vertragspartnern ermöglichen, sich zeitnah von den diesbezüglich eingegangenen Verpflichtungen zu lösen, zweifelsfrei nicht entgegen. Zudem können Kündigungsrechte nur bewirken, dass diese Verpflichtungen in der Zukunft enden. Auf die Tragung des wirtschaftlichen Risikos während der Laufzeit entsprechender Verträge hat deren Beendigung keine Auswirkungen. Weiter ist die EEG-Umlage für die Zeit der Nutzung der Anlage zur Stromerzeugung zu zahlen. Hat der Nutzer auch nur die sich in dieser Zeit realisierenden wirtschaftlichen Risiken des Anlagenbetriebs zu tragen, um Betreiber und damit Eigenerzeuger zu sein, nimmt er schon deshalb nicht wie ein Letztverbraucher von Strom am Strommarkt teil, d.h. auch daraus ergibt sich nicht das Erfordernis auf die Nutzungsdauer abzustellen.
74
Das Weglassen der von der Berufung bezogen auf die Risikotragung geforderten zeitlichen Komponente führt auch nicht zur vollkommenen Beliebigkeit dieses Betreiberkriteriums. Sie ist hierfür im Gegenteil vielmehr ungeeignet.
75
So versteht sich bereits nicht, innerhalb welchen zeitlichen Rahmens noch oder nicht mehr von einer Betreibereigenschaft auszugehen sein sollte. Selbst bei kalkulierbaren Risiken besteht nur eine bestimmte Eintrittswahrscheinlichkeit, lässt sich also nicht sicher abschätzen, ob und wann diese eintreten und welche Folgen sie haben. Auch die Berufung (BB Rn.161) gibt in Bezug auf das Stromabsatzrisiko zu bedenken, ob sich ein solches während der Vertragslaufzeit realisiere, sei ex ante unbekannt und könne von verschiedensten, auch gerade zufällig eintretenden Umständen abhängen. Es ist deshalb völlig unerfindlich, anhand welcher Kriterien zu bestimmen sein sollte, wie lange eine Person eine Anlage genutzt haben bzw. wie lange sie sich an einen Nutzungsvertrag gebunden halten muss, um vom Tragen eines für eine Betreibereigenschaft relevanten Risikos ausgehen zu können. Solche Kriterien werden von der Berufung auch nicht aufgezeigt, die lediglich auf eine notwendige Einzelfallprüfung verweist.
76
Weiter ist die tatsächliche Nutzungsdauer bei Betriebsaufnahme regelmäßig ungewiss. Die Anlage kann untergehen, vom Eigentümer, dem es regelmäßig freistehen wird, wann er seine Nutzung einstellt, veräußert oder etwa verpachtet werden, dieser kann als Verpächter dem Pächter und der Pächter ihm kündigen oder ein befristeter Pachtvertrag einvernehmlich aufgehoben bzw. verlängert werden. Eine für den Anfall der EEG-Umlage erforderliche praktikable Bestimmung der Betreibereigenschaft ist damit bei Einfließen der von der Berufung geforderten zeitlichen Komponente ebenfalls nicht erkennbar. Letztlich erschließt sich nicht, weshalb etwa derjenige, der sich von seinen, seiner Anlagennutzung zugrundeliegenden vertraglichen Pflichten nach einem Jahr aufgrund eines sechsmonatigen Kündigungsrechts befreit, als Anlagenbetreiber zu qualifizieren sein sollte, derjenige, der sich von diesen trotz einmonatigen Kündigungsrechts erst nach zwei Jahren löst, aber nicht, obwohl er längerfristig den wirtschaftlichen Risiken des Anlagebetriebs ausgesetzt war. Auch ist unklar, inwieweit, der an keine Nutzungsdauer vertraglich gebundene Eigentümer, der seine Anlage selbst nutzt, noch als deren Betreiber gelten könnte.
77
Die tatsächliche Nutzungsdauer, d.h. unstreitig von 2011 bis 2019, könnte einer Qualifizierung der Streithelferin als Anlagebetreiberin, selbst bei Zuziehung einer zeitlichen Komponente, angesichts ihrer erheblichen Dauer, hier ohnehin nicht entgegenstehen.
78
Soweit die Klagepartei darauf abstellen will, die Streithelferin hätte sowohl den APV wie auch den LV innerhalb sehr kurzer Fristen voraussetzungslos beenden können, führt auch dies aus den dargelegten Gründen nicht dazu, dass die Beklagte an deren Stelle als Anlagenbetreiberin zu qualifizieren wäre. Maßgeblich ist allein, ob bzw. inwieweit die Streithelferin das wirtschaftliche Risiko des Anlagenbetriebs während der Vertragslaufzeit getragen hat. Die eingeräumten Kündigungsmöglichkeiten besitzen insoweit keine Relevanz. Sie waren nur geeignet, die Risikotragung für die Zukunft, d.h. mit Wirksamwerden der Kündigung zu beenden.
79
Im Übrigen wurden gem. § 4 Abs. 1 APV und § 33 Abs. 2 LV der APV und LV unbefristet geschlossen, bestanden beiderseits ausgestaltete Kündigungsrechte bei jedenfalls bereits seit Ende 2011 geltenden ordentlichen Kündigungsfristen von 4 Monaten. Davon, dass die Streithelferin kein wirtschaftliches Risiko substanziellen Umfangs getragen hätte, könnte vor diesem Hintergrund, selbst bei einer unterstellten Maßgeblichkeit vereinbarter Kündigungsfristen, nicht ausgegangen werden, zumal es gleichermaßen der Beklagten möglich war, sich entsprechend zeitnah von den Verträgen zu lösen, also gleichfalls etwa wirtschaftliche Abwägungen dazu vorzunehmen, ob sich die Fortsetzung der Vertragsverhältnisse aus ihrer Warte als günstig darstellt.
80
Soweit die Klagepartei der Streithelferin darüber hinaus die Möglichkeit absprechen will, das KW selbst betrieben und die Verantwortung getragen zu haben, weil aufgrund der Verknüpfung von APV und LV mit der Kündigung des LV die Pacht des KW geendet hätte (§ 4 Abs. 4 und 5 APV und § 33 Abs. 4 und 5 LV) und insoweit auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.11.2021, Az. I-27 U 13/20, verweist, ist auch dem nicht zu folgen.
81
Der in Bezug genommenen Entscheidung lag, wie bereits ausgeführt, eine sog. Scheibenpacht zugrunde. Die dortige Streitverkündete hatte keine tatsächliche Sachherrschaft über das Heizkraftwerk und konnte nicht eigenverantwortlich die Arbeitsweise der Anlage bestimmen. Hier hatte die Streithelferin hingegen, wie nachfolgend noch auszuführen, unstreitig ein vollumfängliches Weisungsrecht, d.h. sie konnte der Beklagten jederzeit diesbezügliche Vorgaben machen. Es ist also nicht ersichtlich, weshalb die Verknüpfung der Verträge vorliegend der Übernahme der Verantwortung durch die Streithelferin während bestehender Vertragslaufzeit – wie maßgeblich – entgegengestanden haben sollte. Diese konnte lediglich keinen anderen Betriebsführer auswählen, war aber nicht gehindert, den Betrieb des KW selbst zu gestalten.
82
(4) Dem Vertragswerk der Beklagten und der Streithelferin ist neben den aus dargelegten Gründen darin enthaltenen und insoweit unbeachtlichen Kündigungsfristen auch sonst nicht zu entnehmen, dass die relevanten wirtschaftlichen Positionen (Risiken und Chancen) erstere treffen sollten.
83
Das Landgericht hat bei Bezugnahme auf die verschiedenen vertraglichen Regelungen zutreffend dargelegt, dass danach die Streithelferin jedenfalls das überwiegende wirtschaftliche Risiko für den Betrieb der Anlage getragen hat.
84
Dass aufgrund der objektiven, tatsächlich vorliegenden Umstände rein vertragliche Zuordnungen, Fiktionen oder Umgehungsgeschäfte vorgelegen hätten, konnte die Klagepartei auch bei Abstellen auf die Ausführungen in der Berufungsbegründung nicht dartun, schon gar nicht hat sie dergleichen bewiesen.
85
(a) Das wirtschaftliche Risiko eines Anlagebetreibers besteht insbesondere darin, dass er grundsätzlich alle Kosten für die Errichtung und den Betrieb des Kraftwerks zu tragen hat und diese Kosten durch den Verkauf der elektrischen und/oder thermischen Energie, die in dem Kraftwerk erzeugt und von ihm abgenommen wird, wieder hereinholen muss (vgl. BGH, Urt. v. 13.02.2008 – VIII ZR 280/05, NVwZ 2008, 1154).
86
Eine gelungene Amortisation von Kosten durch Vermarktung der erzeugten Energien steht daher der Betreibereigenschaft nicht entgegen. Nichts anderes gilt bei Abschluss von Vermarktungsverträgen zur sicheren und langfristigen Refinanzierung von Kosten (vgl. BGH, Urt. v. 06.05.2015, III ZR 56/14).
87
(b) Aus den hier geschlossenen Verträgen ergibt sich bei der gebotenen Gesamtschau nicht, dass auf die Beklagte die wesentlichen Kosten für den Betrieb des KW im streitgegenständlichen Zeitraum entfallen wären.
88
Diese hat vielmehr die Streithelferin getragen, d.h. sie hatte hierfür gem. § 6 Abs. 1 APV eine monatliche Pacht zu entrichten, nach § 6 Abs. 1 LV ein Betriebsführungsentgelt zu zahlen sowie gem. § 10 Abs. 1 LV das gelieferte Erdgas zu vergüten.
89
(aa) Der von der Berufung angeführte Umstand, dass monatliche Pacht und Betriebsführungsentgelt in etwa dem nach § 17 Abs. 1 LV von der Beklagten der Streithelferin geschuldeten Entgelt der für die Vorhaltung der zur Dampferzeugung notwendigen thermischen Leistung entsprochen haben, also die Streithelferin damit ihre Kosten amortisieren konnte, ändert an deren Kostentragungspflicht für den Betrieb der Anlage nichts. Auch ist insoweit unerheblich, dass die Vermarktung nicht durch Abgabe an eine dritte Person, sondern die Beklagte erfolgt ist, die das Betriebsführungsentgelt zu beanspruchen hatte. Dass die Streithelferin kein Betriebsführungsentgelt an die Beklagte zu entrichten und die Beklagte von der Streithelferin kein Betriebsführungsentgelt zu beanspruchen gehabt hätte, ergibt sich daraus nämlich nicht, sondern allenfalls eine an der grundsätzlichen Kostentragung nichts ändernde Aufrechnungslage.
90
(bb) Weiter hatte nach dem Vertragswerk, anders als die Berufung meint, auch die Streithelferin für Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten aufzukommen.
91
Der Inhalt von Verträgen beurteilt sich danach, was die Parteien erklärt haben. Dies ist durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei ist gemäß §§ 133, 157 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen. Insoweit ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (BGH, Urteil vom 19.01.2000 – VIII ZR 247/98, NJW-RR 2000, 1002) und demgemäß in erster Linie dieser und der ihm zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen. Bei der Willenserforschung sind aber auch der mit der Erklärung verfolgte Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (BGH, Urteil vom 16.11.2007 – V ZR 208/06, NJW-RR 2008, 683). Empfangsbedürftige Willenserklärungen, bei deren Verständnis regelmäßig auch der Verkehrs- und Vertrauensschutz des Erklärungsempfängers maßgeblich ist, sind dabei so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen muss (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.1988 – VIII ZR 145/87, BGHZ 103, 275).
92
Selbst bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen ist jedoch eine Falschbezeichnung unschädlich und stattdessen allein das tatsächliche Wollen des Erklärenden maßgeblich, sofern der Erklärungsempfänger erkennt (oder zumindest erkennen kann), was der Erklärende in Wahrheit erklären wollte. Nicht die Codierung, sondern der innere Erklärungswille ist also maßgeblich. Steht ein übereinstimmender Wille der Parteien einer Vereinbarung fest, ist für eine Änderung desselben durch Auslegung seitens des Gerichts kein Raum (vgl. BGH NJW 1978, 1050; BGH NJW 1994, 850; BGH NJW 1998, 1480; BeckOGK/Möslein, 1.10.2020, BGB § 133).
93
Hier wurde in § 3 Abs. 1 APV entsprechend §§ 581 Abs. 2, 535 BGB bestimmt, dass Instandhaltung und Instandsetzung des Pachtgegenstands Sache des Verpächters auf seine Kosten sind, also der Beklagten. Die Erhaltung des Inventars sollte entgegen § 582 BGB im Rahmen des LV auf die Beklagte übertragen werden. Zur Durchführung der Bewirtschaftungsmaßnahmen auf eigene Kosten sollte die Beklagte nach § 3 Abs. 2 APV im Umfang der Regelungen des LV verpflichtet sein. Dieser regelt, ausweislich seiner Präambel zu dem geschlossenen APV, also die dortigen Vereinbarungen durch weitere Vereinbarungen ergänzend, u.a. die Betriebsführung, die nach § 2 Abs. 1 LV die Beklagte für die Streithelferin, wie in den nachfolgenden Absätzen umschrieben, übernehmen sollte. Gem. § 2 Abs. 6 LV sollte sich diese danach auch auf die Durchführung aller Instandhaltungsarbeiten am Pachtgegenstand bestehend aus Wartung, Inspektion, Instandsetzung und Schwachstellenbeseitigung gemäß § 2 Abs. 6 LV erstrecken. Nach § 6 Abs. 1 LV waren die Betriebsführungsleistungen gem. § 2 LV durch die Streithelferin mit einem Betriebsführungsentgelt zu vergüten. Dabei sah die Preisanpassungsformel für dieses auch eine Indexierung an einen Investitionsgüterindex vor.
94
Bei notwendiger Gesamtschau dieser miteinander verknüpften Verträge, aufgrund derer ausweislich der Präambel des APV der Streithelferin die Erzeugung von Strom und Dampf im KW ermöglicht werden sollte, sollte mithin, obwohl nach dem APV grundsätzlich der Beklagten obliegend, der dortigen Regelung nachfolgend die Instandhaltung und Instandsetzung in dem im LV genannten Umfang von der Beklagten im Rahmen ihrer, nach § 3 Abs. 1 LV weisungsgebundenen, Betriebsführung bei Einpreisen in das Betriebsführungsentgelt durchzuführen sein. Unwiderlegt entsprach dies auch dem Verständnis und Willen der Beklagten und Streithelferin und der von ihnen gelebten Vertragswirklichkeit, d.h. danach sollte die Streithelferin und nicht die Beklagte zu einer entsprechenden Kostentragung verpflichtet sein und hat sie auch die Kosten hierfür getragen.
95
Selbst wenn daher, wie die Berufung meint, das Vertragswerk bezogen auf seinen Wortlaut dahin auszulegen wäre, dass trotz der Regelungen im LV die Beklagte weiterhin für die Kosten der ihrer Verantwortung unterliegenden Instandhaltung und Instandsetzung aufzukommen hatte, weil eine Rückübertragung der ihr im APV insoweit zugewiesenen Zuständigkeit und Kostenlast nicht erfolgt bzw. jedenfalls den Verträgen nicht explizit zu entnehmen ist, stünde dies der übereinstimmend gewollten und damit verbindlich vereinbarten diesbezüglichen Kostentragungspflicht der Streithelferin nicht entgegen. Für eine hiervon abweichende Auslegung ist nämlich, wie dargelegt, dann kein Raum. Von der Streithelferin getragene Kosten konnte diese daher keineswegs von der Beklagten rückfordern, was im Übrigen auch bei einer insoweit gegebenen Freiwilligkeit im Hinblick auf § 814 BGB gegolten hätte.
96
Letztlich würde es sich insoweit nur um eine Kostenposition handeln, die in die wertende Gesamtbetrachtung zum Vorliegen der wirtschaftlichen Risikotragung und damit der Bestimmung der Betreibereigenschaft einzufließen hat, ohne dass diese bereits deshalb ersichtlich der Streithelferin zu versagen und der Beklagten zuzusprechen wäre.
97
(cc) Gleiches gilt für die gerügte vom Landgericht nicht erfolgte Berücksichtigung der eingeschränkten Tragung der emissionshandelsrechtlichen Risiken, weil von der Beklagten zusätzlich zum Dampfpreis die CO₂-Zertifikate nach Vortrag der Berufung bezahlt wurden, die hauptsächlich für die Stromerzeugung benötigt worden seien.
98
Dem Vortrag der Berufung ist insoweit schon nicht, zu entnehmen, von welchem Umfang die insoweit zu tragende Kostenlast gewesen sein soll.
99
(c) Die Streithelferin hat bei Verweis auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts nach dem Vertragswerk außerdem ein wesentliches Betriebsstillstandrisiko, getragen.
100
Nach § 1 Abs. 4 APV hatte die Beklagte der Streithelferin den Gebrauch des Pachtgegenstands während der Pachtzeit zu gewähren. Nach § 7 Abs. 1 APV hatte sie hierfür nach den gesetzlichen Vorschriften zu haften. Weiter haben die Parteien in § 8 Abs. 2 APV vereinbart, dass die von der höheren Gewalt betroffene Vertragspartei von der Leistung befreit wird und keinerlei Schadensersatzansprüche gegen sie bestehen. Zudem sah § 8 Abs. 4 APV im Falle höherer Gewalt unter bestimmten Voraussetzungen eine sofortige Kündigungsmöglichkeit vor.
101
Wie auch die Berufung nicht in Abrede stellt (BB Rn.158) waren bei einem Betriebsstillstand Schäden zu erwarten, wie etwa erhebliche Mehrkosten aus der dann notwendig werdenden kurzfristigen Beschaffung von Ersatzstrom. Zu deren Ersatz war die Beklagte im Falle höherer Gewalt nicht verpflichtet, d.h. das diesbezügliche Risiko trotz eines etwaig nicht zu entrichtenden Pachtentgelts hätte jedenfalls die Streithelferin getragen. Eine gegebenenfalls sofortige Kündigungsmöglichkeit nach § 8 Abs. 4 APV stand der Verwirklichung dieses Risikos nicht entgegen, hätte doch diese an der nötigen Ersatzbeschaffung absehbar teureren Stroms nichts geändert. Zudem wurde gerade bezogen auf den Vortrag der Klägerin, nach dem die Streithelferin sowohl bei einem von der Beklagten verschuldeten wie nicht verschuldeten Betriebsstillstand kein Pachtentgelt zahlen hätte müssen, mit § 8 Abs. 2 APV eine von §§ 275, 326 BGB abweichende Regelung getroffen, nach der die Streithelferin im Falle höherer Gewalt zur Fortzahlung des Pachtentgeltes verpflichtet gewesen wäre. Ein anderer Sinn ist der Aufnahme dieser Regelung in den Vertrag nämlich nicht zu entnehmen, es sei denn die Berufung meint – wie ersichtlich nicht – die Beklagte hätte andernfalls im Falle höherer Gewalt ihre Leistung erbringen und Schadensersatz leisten müssen.
102
(d) Das Landgericht hat entgegen der Darstellung der Berufung auch nicht festgestellt, dass das Strom- und Dampfabsatzrisiko bei der Beklagten lag. Es hat es lediglich und zutreffend für die Betreibereigenschaft der Beklagten als unschädlich erachtet, dass diese in untergeordnetem Umfang ebenfalls ein Mengenabsatzrisiko getroffen hat.
103
Nach den landgerichtlichen Feststellungen wurde der APV von der Beklagten und der Streithelferin unstreitig mit dem Ziel geschlossen, dass letztere Anlagenbetreiberin wird und dadurch eine Befreiung bezüglich der im KW erzeugten und von ihr verbrauchten Strommengen von der EEG-Umlage erreicht (vgl. auch § 12 Abs. 1 APV). Die Strommengen, die nicht zeitgleich von ihr verbraucht werden konnten sowie der erzeugte Dampf wurden hingegen gemäß 12 Abs. 2 LV bzw. § 15 Abs. 1 LV an die Beklagte verkauft.
104
§ 4 Abs. 3 APV und § 33 Abs. 3 LV sahen zudem beiderseitige Sonderkündigungsrechte für den Fall vor, dass die Beklagte dauerhaft keinen oder nur noch so wenig Dampf abnehmen sollte, dass ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr möglich ist.
105
Daraus folgt bezüglich des Stromabsatzrisikos zum einen, dass mit den wechselseitig eingegangenen Verpflichtungen primär und entscheidend gewährleistet sein sollte, dass der Streithelferin kostengünstiger Eigenstrom zum Verbrauch zur Verfügung steht. Der Verkauf von Strommengen sollte also die Ausnahme sein, was sich so letztlich auch bestätigt hat, indem die Streithelferin 96,52% der im KW erzeugten Strommengen verbraucht hat. Da dies bereits nach dem gesamten Vertragskonstrukt absehbar bzw. dieses explizit und nach den getroffenen Regelungen auf einen möglichst hohen Eigenverbrauch ausgerichtet war, sollte die Beklagte von Anfang an erkennbar nur untergeordnet mit der Vermarktung von Strom befasst sein, d.h. um eine unzulässige ex post-Betrachtung, wie die Klagepartei meint, handelt es sich hierbei nicht. Zum anderen ergibt sich daraus nicht, dass die Streithelferin bezüglich des nicht selbst verbrauchten Stroms kein Absatzrisiko getroffen hätte. Dazu, warum dem so gewesen sein sollte, d.h. insbesondere durch den Verkauf an die Beklagte gewährleistet gewesen wäre, dass die Streithelferin ihre Kosten amortisieren kann, verhält sich die Berufung nicht. Im Übrigen hat die Beklagte in der Berufungserwiderung darauf verwiesen, dass gem. § 14 LV das zu zahlende Entgelt für die Überschussstrommengen zu einem erheblichen Anteil an die Stromgroßhandelspreise gebunden war. Hierdurch hätten sich, wie nachvollziehbar, für die Beklagte die Risiken im Zuge der Weiterveräußerung reduziert, zugleich habe sich jedoch für die Beklagte die Gefahr ergeben, dass der erzielte Preis die auf die Überschussmengen entfallenden Produktionskosten nicht abdeckte.
106
Ein fehlendes oder dem der Beklagten untergeordnetes Stromabsatzrisiko seitens der Streithelferin bestand danach offensichtlich nicht.
107
Daraus ergibt sich weiter, dass die Beklagte nicht zur Abnahme des Dampfs verpflichtet war und noch kein Kündigungsrecht für den Fall bestand, dass sie nicht die gesamten produzierten Dampfmengen von der Streithelferin kaufen sollte. Ein solches sollte erst im Extremfall einer zur Gänze unterbleibenden oder betriebsrelevanten Reduzierung der Abnahme greifen. Die Streithelferin war daher dem fortwährenden Risiko ausgesetzt, hiervon nicht erfasste Mindermengen anderweitig vermarkten zu müssen, um so die anteilig auf die Dampferzeugung entfallenden Kosten wieder hereinzuholen.
108
Im Übrigen wird ergänzend auf die landgerichtlichen Ausführungen verwiesen.
109
(e) Was schließlich die Rüge einer unterbliebenen Beweisaufnahme betrifft, ist diese verfehlt, dies sogar unabhängig von der Frage der Tragung der Beweislast.
110
Entgegen der Ansicht der Berufung war eine solche nicht veranlasst, dies insbesondere auch nicht dazu, in welchem Maße die Streithelferin mit dem von ihr zu zahlenden Betriebsführungsentgelt die tatsächlichen Betriebsführungskosten getragen hat.
111
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (Urt. v. 13.07.2021 – VI ZR 128/20) darf zwar eine Partei selbst von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen hat. Ein auf Vermutungen gestützter Sachvortrag ist aber dann unbeachtlich, wenn ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufgestellt werden, wobei bei der Annahme von Willkür Zurückhaltung geboten ist und eine solche i.d.R. nur bei Fehlen jeglicher tatsächlichen Anhaltspunkte vorliegen wird (BGH, Urt. v. 18.05.2021 – VI ZR 401/19; v. 25.04.1995 – VI ZR 178/94).
112
Die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden hängen zudem davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner vorgetragen hat (z.B. BGH, NJW 1990, 45; NJW 1993, 528). In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Klägers das einfache Bestreiten des Beklagten. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (vgl. BGH, Urteil vom 03.02.1999 – VIII ZR 14-98, NJW 1999, 1404 m.w.N.).
113
Zutreffend ist, dass dem APV und LV nicht zu entnehmen sind, welche Betriebsführungskosten tatsächlich entstanden sind und inwieweit das Betriebsführungsentgelt diese gedeckt hat. Gleiches gilt für die Frage, ob das zu zahlende Pachtentgelt tatsächlich die zeitanteiligen Kapitalkosten abgebildet hat. Dass die Beklagte hierzu nicht weiter vorgetragen, also ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt hätte, ist der Berufungsbegründung indessen nicht zu entnehmen. Die Beklagte hat vielmehr in der Berufungserwiderung u.a. darauf verwiesen, dass sie ausführlich dargestellt und erläutert habe, dass das Pachtentgelt im Ergebnis so berechnet worden sei, dass es die annuitätischen Kosten für die Errichtung des KW einschließlich marktüblicher Kapitalkosten (Verzinsung) vollständig abdeckte. Hierzu habe sie sämtliche Kalkulationsgrundlagen offengelegt. Die Klägerin hat sich gleichwohl, dies auch ausweislich des landgerichtlichen Urteils, darauf beschränkt, die Umstände, welche die Beklagte zur Tragung des wirtschaftlichen Risikos vorgetragen hat, zu bestreiten.
114
Die Klägerin ist, wie ausgeführt, dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass die Beklagte Betreiberin der Anlage war und damit auch für das Vorliegen der Kriterien, die es in der gebotenen Gesamtbetrachtung rechtfertigen, diese als Anlagenbetreiberin zu qualifizieren. Wenn sie also behaupten will, tatsächlich habe die Beklagte und nicht die Streithelferin die Betriebsführungs- und Kapitalkosten zu tragen gehabt, handelt es sich schon ersichtlich um Vortrag ins Blaue hinein.
115
Welche Anhaltspunkte sie hierfür hat bzw. weshalb sie dazu, zumal als im Energiesektor tätiges Unternehmen und der von der Beklagten vorgetragenen Ausführungen, nicht näher vortragen konnte, ist ihrer Darlegung nicht zu entnehmen. Zudem ergibt sich aus der Berufungsbegründung nicht, dass und welche Beweismittel sie hierfür angeboten hätte, denen das Landgericht nachgehen hätte müssen. Die Klägerin erachtet sich vielmehr in Verkennung der Beweislast nicht für beweispflichtig.
116
Selbst wenn der Klägerin insoweit – wie nicht – beizupflichten wäre, hätte es außerdem gleichfalls keiner Beweisaufnahme bedurft. So ist ihren Darlegungen in der Berufungsbegründung auch nicht zu entnehmen, weshalb die Klägerin meint, sich weiterhin im Gegensatz zu dem Hinweis des Landgerichts, auf ein – wie ersichtlich durchgehend – bloßes Bestreiten der von der Beklagten zur Tragung des wirtschaftlichen Risikos vorgetragenen Umstände beschränken zu können. c.
117
Ungeachtet der Ausführungen zu b. war die Streithelferin und nicht die Beklagte hier aber bereits deshalb in der gebotenen Gesamtbetrachtung als Anlagenbetreiberin zu qualifizieren, weil der Beklagten – wie vorliegend unverzichtbar – die Möglichkeit gefehlt hat, selbstbestimmt auf den Betriebsablauf einwirken zu können.
118
(1) Nach der auch von der Berufung in Bezug genommenen amtlichen Begründung zu § 3 Nr. 2 EEG 2009 (BT-Drs. 16/8148, S. 38) ist für die Frage, ob jemand die Anlage nutzt und damit Anlagenbetreiber ist, darauf abzustellen, wer die Kosten und das wirtschaftliche Risiko des Anlagenbetriebes trägt und zusätzlich das Recht hat, die Anlage auf eigene Rechnung zur Stromerzeugung zu nutzen, also über den Einsatz der Anlage bestimmt bzw. zumindest bestimmenden Einfluss hat.
119
Für die Betreibereigenschaft maßgeblich und zwingend in die wertende Betrachtung einzubeziehen ist danach auch die Frage der möglichen Einflussnahme auf den Anlagenbetrieb. Wenngleich an erster Stelle zu berücksichtigen ist, wer die wirtschaftlichen Risiken und Chancen der Anlage trägt, muss dieses in der Gesetzesbegründung kumulativ genannte Kriterium, um eine Person als Anlagenbetreiber qualifizieren zu können, mithin grundsätzlich auch erfüllt sein. Dementsprechend hat sich etwa das OLG Düsseldorf gegen die Betreibereigenschaft eines stillen Gesellschafters trotz Zuordnung des alleinigen wirtschaftlichen Risikos ausgesprochen, dies mit Hinweis auf das mangelnde Stimmrecht des stillen Gesellschafters und der damit fehlenden Möglichkeit zur Einflussnahme auf den Betriebsablauf (OLG Düsseldorf Beschluss vom 05.09.2018 – 3 Kart 80/17 (V), BeckRS 2018, 28574, Rn.60; BeckOK EEG/Kindler, 12. Ed. 1.8.2021, EEG 2021 § 3 Nr. 2 Rn.8).
120
Auch nach Auffassung des Senats ist eine mögliche Einflussnahme in den Betriebsablauf zur Bejahung der Betreibereigenschaft zumindest in den Fällen unerlässlich, in denen es darum geht, ob ein eingesetzter technischer Betriebsführer Anlagenbetreiber ist. Zwar kann – wie ausgeführt – bei Mehrpersonenkonstellationen ein Kriterium vollständig zurücktreten. Dies mag auch bezüglich des hier diskutierten Kriteriums gelten, wenn etwa – falls nicht von vornherein einer Betreibereigenschaft entgegenstehend – keiner der mehreren das wirtschaftliche Risiko des Anlagenbetriebs Tragenden die Arbeitsweise der Anlage bestimmen kann oder wenn alle Risikotragenden auf den Anlagenbetrieb einwirken können. Im Verhältnis dieser Personen zueinander besitzt besagtes Kriterium dann nämlich keine bzw. jedenfalls keine maßgebliche Bedeutung.
121
Anders liegt es jedoch, wenn die beteiligten Akteure ihre Verantwortlichkeiten für den Betrieb der Anlage unterschiedlich und insbesondere dergestalt gewichtet haben, dass zwar der eine den Betrieb führen soll, er hierbei aber an die Weisungen des anderen gebunden ist, die Betriebsführung also in Abstimmung mit diesem und auf dessen Geheiß zu erfolgen hat.
122
Insbesondere mit Blick auf die amtliche Begründung zu § 3 Nr. 2 EEG 2009 ist danach ein Betriebsführer weder Anlagenbetreiber, wenn er zwar die technische Gewalt über die Anlage innehat und über deren konkreten Einsatz bestimmt, ihm aber nicht das wirtschaftliche Risiko des Anlagenbetriebs, z.B. durch einen Betriebsüberlassungsvertrag, übertragen wurde (Altrock/Oschmann/Theobald/Oschmann, 4. Aufl. 2013, EEG § 3 Rn.51), noch wenn er keinen selbstbestimmten Einfluss auf den Betriebsablauf nehmen kann. Dies muss bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nach Auffassung des Senats zumindest dann gelten, wenn auch wirtschaftliche Risiken des Anlagenbetriebs bei demjenigen verblieben sind, der den Betriebsführer eingesetzt hat bzw. zunächst Anlagebetreiber war.
123
(2) Hier konnte unstreitig die Streithelferin, welche auch die tatsächliche (Sach-)Herrschaft über das KW innehatte, und nicht die Beklagte die Arbeitsweise der Anlage eigenverantwortlich bestimmen.
124
Die Beklagte hat nämlich – wie von der Berufung nicht in Frage gestellt – zwar die Betriebsführung des Pachtgegenstandes übernommen, einschließlich der Besorgung aller mit der Betriebsführung zusammenhängenden Geschäfte und Verwaltungsaufgaben (§ 2 Abs. 1 LV) und Beistellung aller Betriebsstoffe (§ 2 Abs. 5 LV). Die Streithelferin hat aber gem. § 2 Abs. 1 APV mit Vertragsabschluss die Entscheidungsgewalt über den Betrieb des Pachtgegenstandes erworben und sich zur Erfüllung der sich daraus ergebenden Pflicht verpflichtet. Zudem stand ihr gem. § 3 Abs. 1 LV im Zusammenhang mit sämtlichen Betriebsführungsleistungen der Beklagten jederzeit und vollumfänglich ein Weisungsrecht zu. Die Beklagte hatte also den Weisungen der Streithelferin zu folgen. Sie war nicht berechtigt, die Erzeugung von Strom und Wärme nach ihren eigenen Bedürfnissen zu steuern. Auch war – wie im Urteil ausgeführt – für Optimierungsmaßnahmen und bei Investitionen die Zustimmung der Streithelferin erforderlich.
125
Weiter behauptet die Klagepartei bzw. Berufung schon nicht, die Beklagte habe sämtliche wirtschaftlichen Risiken des Anlagebetriebs getragen. Sie meint nur, wie dargelegt, die Streithelferin sei nicht als Anlagenbetreiberin zu qualifizieren, weil dies deren volle und nicht nur teilweise Risikotragung erfordert hätte. Eine umfassende Auseinandersetzung mit der wechselseitigen Risikotragung ist demgemäß nicht erfolgt. So wurde etwa den Feststellungen des Landgerichts, das für die Betreibereigenschaft ein überwiegendes Tragen des wirtschaftlichen Risikos für ausreichend erachtet hat, zu den Kosten und Risiken in Bezug auf Brennstoff- und Brennstoffbeschaffung nicht entgegengetreten. Danach war aber die Streithelferin gem. § 8 Abs. 5 LV verpflichtet, die von der Beklagten gelieferten Erdgasmengen abzunehmen und zu vergüten. Die vereinbarte Pacht schuldete sie unabhängig davon.
126
Lediglich soweit und solange der Pachtgegenstand nicht verfügbar war, entfiel die Pflicht zur Abnahme des Erdgases sowie zur Zahlung der Vergütung für die Erdgaslieferung. Die Streithelferin zahlte zudem auf den Marktpreis einen Zuschlag von 10%. Weiter ist etwa – wie in der Berufungserwiderung aufgezeigt – ein Eingehen auf an den Anlagebetrieb geknüpfte steuerliche und öffentlich-rechtliche Risiken unterblieben.
127
(3) Bei der gebotenen Gesamtschau war die Beklagte schon deshalb nicht Anlagenbetreiberin im streitgegenständlichen Zeitraum.
128
Bereits bei Abstellen auf den eigenen und unstreitigen Sachvortrag der Klagepartei erfüllte diese nicht das Betreiberkriterium, über den Betriebsablauf der Anlage bestimmen zu können. Dieses Recht fiel ausschließlich der Streithelferin zu, welche zudem ebenfalls unstreitig die tatsächliche Sachherrschaft über das KW ausübte und jedenfalls auch Risiken des Anlagenbetriebs, d.h. bei Abstellen auf die Ausführungen zu b. sogar die überwiegenden, zu tragen hatte, also sämtliche für die Betreibereigenschaft maßgeblichen Kriterien auf sich vereint hat.
129
2. Ein Anspruch auf Vorlage eines Prüfberichts besteht bei Verweis auf die Ausführungen des Landgerichts und obige Darlegungen gleichfalls nicht.
C.
130
1. Es ist beabsichtigt, den Streitwert entsprechend der Streitwertfestsetzung des Landgerichts auf 30.000.000,00 € festzusetzen.
131
2. Bei dieser Sachlage wird schon aus Kostengründen empfohlen, die Berufung zurückzunehmen. Im Fall der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren vorliegend von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
132
3. Zu diesen Hinweisen kann der Berufungsführer binnen der oben gesetzten Frist Stellung nehmen. Der Senat soll nach der gesetzlichen Regelung die Berufung unverzüglich durch Beschluss zurückweisen, wenn sich Änderungen nicht ergeben. Mit einer einmaligen Verlängerung dieser Frist um maximal 3 Wochen ist daher nur bei Glaubhaftmachung konkreter, triftiger Gründe zu rechnen (vgl. OLG Rostock, OLGR 2004, 127 ff.).