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VG München, Beschluss v. 01.09.2023 – M 4 S 23.1602
Titel:

Erfolgloser Eilantrag wegen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für selbständige Tätigkeit (Künstler)

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
AufenthG § 21 Abs. 3, Abs. 5
Leitsatz:
Zur Vorbeugung der Gefahr einer Belastung des Sozialsystems ist auch bei der Erteilung bzw. Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen auf der Grundlage von § 21 Abs. 5 AufenthG nicht vom Erfordernis des Nachweises einer angemessenen Altersversorgung abzusehen. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Aufenthaltserlaubnis für selbständige Tätigkeit (abgelehnt), Künstler., Eilverfahren, Ausländerrecht, Aufenthaltserlaubnis, Verlängerung, selbständige Tätigkeit, Lebensalter, Altersversorgung, Sozialsystem
Fundstelle:
BeckRS 2023, 23450

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Februar 2023, mit dem diese die Verlängerung seines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit als Künstler abgelehnt hat.
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Der 56-jährige Antragsteller ist brasilianischer Staatsangehöriger.
3
Mit Schreiben vom 9. August 2018 erklärte die in … wohnhafte, italienische Staatsangehörige Frau D., dass sie den Antragsteller zu ihr auf ihre Kosten und Verantwortung eingeladen habe. Sie habe das Flugticket für den Hinflug nach … am … … … und den Rückflug nach … … … am … … … gekauft. Der Antragsteller werde während seines Aufenthalts bei ihr wohnen, und sie werde alle anfallenden Kosten des Antragstellers während seines Aufenthalts übernehmen. Sie erklärte, dass der Aufenthaltsgrund „Tourismus“ sei und sie für den gesamten Aufenthalt in Europa eine Krankenversicherung abgeschlossen habe. Sie verpflichtete sich formlos gegenüber allen Behörden zur Übernahme aller sonstigen Kosten, wie Unterhalt und Verpflegung.
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Am … … 2018 reiste der Antragsteller erstmals als Tourist ins Bundesgebiet ein und meldete im Anschluss seinen Wohnsitz unter der Anschrift von Frau D. an.
5
Mit an die Ausländerbehörde gerichtetem Schreiben vom … … 2018 erklärte Frau D. erneut, dass sie den Antragsteller eingeladen und die Flugtickets gekauft habe, er während seines Aufenthalts in Deutschland bei ihr wohnen und sie alle anfallenden Kosten für den Antragsteller während seines Aufenthalts übernehmen werde. Sie erklärte, dass der Grund des Aufenthalts in Deutschland „Deutsch-Sprachkurs“ sei. Frau D. gab am selben Tag eine Verpflichtungserklärung für den Antragsteller ab, wobei sie als Tag der voraussichtlichen Einreise den … … 2018 angab und als Aufenthaltszweck „§ 16b AufenthG Sprachkurs“ vermerkt war.
6
Am … … … erhielt der Antragsteller auf seinen Antrag vom selben Tag eine Aufenthaltserlaubnis für einen Deutsch-Intensivkurs gemäß § 16b Abs. 1 AufenthG, die bis zum … … 2019 befristet war und eine Erwerbstätigkeit nicht gestattete.
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Mit Antrag vom … … 2019 beantragte der Antragsteller unter Vorlage zahlreicher Unterlagen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit für den Zeitraum vom … … 2019 bis zum … … 2020. Der Lebensunterhalt werde durch Unterhaltszahlungen von Frau D. gesichert. Mit Schreiben vom … … 2019 bestätigte das … … …, dass der Antragsteller erfolgreich am Deutschkurs Stufe B1.1. Intensivkurs vom … … 2019 bis zum … … 2019 teilgenommen habe. Mit Schreiben vom … … 2019 erklärte Frau D. gegenüber der Ausländerbehörde formlos, dass sie sich gegenüber allen Behörden nach §§ 66 bis 68 AufenthG zur Übernahme aller anfallenden Kosten für den Antragsteller verpflichte und bestätigte weiter, dass dieser mietfrei bei ihr wohne.
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Mit Schreiben vom … … 2020 nahm die von der Ausländerbehörde beteiligte IHK München und Oberbayern Stellung zum Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit und erhob auf der Grundlage der ihr auf Anforderung weiteren, vorgelegten Unterlagen keine Einwände gegen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nach § 21 Abs. 5 AufenthG, sofern der Lebensunterhalt des Antragstellers gesichert sei und die Tätigkeit als solche als eine freiberufliche eingeordnet werden könne. Für den Fall der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis werde geraten, diese auf einen überschaubaren Zeitraum zu befristen, um die weitere wirtschaftliche Entwicklung besser nachvollziehen zu können.
9
Am 7. Juli 2020 erteilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller sodann eine bis zum … … 2021 befristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 21 Abs. 5 AufenthG für eine freiberufliche Tätigkeit als Komponist, Produzent und Tonmeister. Am … … 2020 beantragte der Antragsteller die Registrierung für eine geförderte Wohnung (Sozialwohnung) bei der Antragsgegnerin und gab an, über kein Einkommen zu verfügen.
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Ausweislich der vorgelegten Steuerbescheide betrug das zu versteuernde Einkommen des Antragstellers in den Jahren 2019 und 2020 jeweils -36,00 €.
11
Mit Email vom 5. Mai 2021 und mit Formblattantrag vom 3. Juni 2021 beantragte der Antragsteller die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und gab als Aufenthaltszweck „selbständige Tätigkeit“ und als beabsichtigte Aufenthaltsdauer „für immer“ an. Sein Lebensunterhalt sei durch Unterhaltszahlungen von Frau D. gesichert.
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Vom 5. Juli 2021 bis zum 31. Dezember 2021 war der Antragsteller in der Deutschen Rentenversicherung mit Pflichtbeiträgen bei einem Entgelt vom 2.213,00 € versichert (Versicherungsverlauf vom 8. August 2022). Seit dem … … 2022 ist der Antragsteller bei der … … privat kranken- und pflegeversichert und zahlt einen monatlichen Beitrag zur Künstlersozialkasse in Höhe von 34,88 €. Am … … 2022 erklärte der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin, über monatliche Nettoeinkünfte i.H.v. 330,00 € zu verfügen. Sein Kontostand betrug am selben Tag 4.240,44 €. Mit Schreiben vom … … 2022 nahm der Antragsteller seinen Antrag auf Registrierung für eine Sozialwohnung vom … … 2020 zurück. Mit Schreiben vom … … 2022 bestätigte die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, minijob-zentrale, dem Antragsteller dass Frau D. ihn als Minijobber in ihrem Privathaushalt angemeldet habe. Ausweislich der Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis vom … … 2022 sollte der Kläger ab dem … … 2022 unbefristet bei Frau D. als Helfer im privaten Haushalt in geringfügiger Beschäftigung für zehn Stunden pro Woche zu einem Entgelt von 450,00 € pro Monat beschäftigt werden. Am … … 2022 verweigerte die Bundesagentur für Arbeit die Zustimmung zur Beschäftigung, weil bei der beabsichtigten wöchentlichen Arbeitszeit der aktuelle Mindestlohn nicht erreicht werde.
13
Mit Schreiben vom … … 2023 teilte die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See dem Antragsteller mit, dass sie der Sozialversicherung gemeldet habe, dass der Antragsteller vom 1. Juni 2022 bis zum 31. Dezember 2022 geringfügig entlohnt beschäftigt gewesen ist.
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Im Anhörungsschreiben vom … … 2022 führte die Antragsgegnerin u.a. aus, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 21 Abs. 5 AufenthG für die Dauer eines Jahres erfolgt sei, weil der Antragsteller im Erteilungszeitpunkt ausreichenden Krankenversicherungsschutz und Barmittel zur Finanzierung des Lebensunterhalts für ein Jahr in ausreichender Höhe nachgewiesen hatte. Die Befristung auf ein Jahr habe ihm Gelegenheit geben sollen, einerseits die Tragfähigkeit seines Unternehmens innerhalb eines Jahres nachzuweisen und andererseits den Nachweis ausreichender Rentenanwartschaften zu erbringen. Unter Zugrundelegung des Musterrentners müsse der Antragsteller aktuell Rentenanwartschaften i.H.v. 1.260,70 € Monatsbruttorente oder ein entsprechendes Vermögen i.H.v. ca. 168.000 € nachweisen.
15
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 23. Februar 2023, dem Antragsteller gegen Postzustellungsurkunde am 1. März 2023 zugestellt, lehnte die Antragsgegnerin die Verlängerungsanträge vom 5. Mai 2021 und vom 3. Juni 2021 ab (Nr. 1), setzte eine Ausreisefrist bis zum 15. April 2023 (Nr. 2), wies auf die Möglichkeit der Anordnung eines für die Dauer von bis zu einem Jahr befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist hin (Nr. 3) und drohte die Abschiebung nach Brasilien oder einen anderen aufnahmebereiten oder zur Rückübernahme verpflichteten Staat an (Nr. 4). Die Ablehnung der im Ermessen stehenden Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wurde damit begründet, dass die Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts nicht erfüllt sei. Beim Antragsteller bestehe ein fiktiver Bedarf in Höhe des Regelsatzes nach dem SGB II (Bürgergeld) zuzüglich der Kosten der Kranken- und Rentenversicherung sowie der Miete. Dieser Bedarf belaufe sich beim Antragsteller auf mindestens 777,55 € monatlich (502,00 € plus 275,55 €). Der Antragsteller habe nicht nachgewiesen, welches Einkommen dem Bedarf gegengerechnet werden könne. Auch wenn zu sehen sei, dass er mietfrei wohne, habe das nachgewiesene zu versteuernde Jahreseinkommen 2019 und 2020 jeweils bei – 36,00 € gelegen. Weiter solle gemäß § 21 Abs. 3 AufenthG bei Ausländern, die – wie der Antragsteller – älter als 45 Jahre seien, die Aufenthaltserlaubnis nur verlängert werden, wenn der Ausländer über eine angemessene Altersversorgung verfüge. Dies sei beim Antragsteller nicht der Fall. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels lägen nicht vor. Der Antragsteller sei ledig und habe keine minderjährigen Kinder, mit denen er in familiärer Lebensgemeinschaft lebe. Besonders enge Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland in persönlicher, sozialer oder wirtschaftlicher Hinsicht seien beim Antragsteller nicht erkennbar; er halte sich erst seit August 2018 im Bundesgebiet auf und habe die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur freiberuflichen Tätigkeit erst im Juli 2020 erfüllt und nunmehr bereits nicht mehr. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
16
Am 30. März 2023 betrug der Kontostand des Antragstellers 10.030,30 €.
17
Mit Schriftsatz vom 31. März 2023 ließ der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage gegen den Bescheid vom 23. Februar 2023 auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 21 Abs. 5 AufenthG erheben (M 4 K …*) und zugleich beantragen,
18
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
19
Er begründete Klage und Antrag unter Ankündigung einer gesonderten Klagebegründung und unter Vorlage diverser Unterlagen im Wesentlichen damit, dass der Antragsteller nach der Erteilung eines Aufenthaltstitels am 7. Juli 2020 wegen der coronabedingten Schließung von Clubs und sonstigen Auftritts- und Arbeitsstätten bis Oktober 2022 den darin genehmigten Tätigkeiten nur in äußerst begrenztem Umfang habe nachgehen können, was sich auch auf seine derzeitige wirtschaftliche Lage ausgewirkt habe. Diesen Umstand hätte die Antragsgegnerin bei rechtmäßiger Ermessenausübung berücksichtigen müssen. Der Antragsteller sei auch in der Lage, die Kosten seines weiteren Aufenthalts aus eigenen Mitteln aufzubringen. Er wohne bis auf weiteres mietfrei bei der Familie M., verdiene seinen Unterhalt mittels eines Minijobs und verfüge über eine Krankenversicherung über die Künstlersozialkasse, so dass er nicht auf öffentliche Hilfe angewiesen sei.
20
Mit Schriftsatz vom 18. August 2023 legte die Antragsgegnerin nach mehrfacher Aufforderung die Behördenakte in elektronischer Form vor und beantragte unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 23. Februar 2023 und Hinweis darauf, dass der Antragsteller sich derzeit unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte,
21
den Eilantrag abzulehnen.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakte, auch des Hauptsacheverfahrens, und die vorgelegte Behördenakte.
II.
23
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
24
I. Der zulässige Antrag ist unbegründet, weil die Ermessensausübung des Gerichts ergibt, dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage überwiegt.
25
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, B.v. 2.12.2014 – 1 B 21/14 – juris Rn. 6).
26
Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat dabei abzuwägen zwischen dem gesetzlich bzw. behördlich angeordneten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage offensichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse eines Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei der Interessenabwägung.
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Das Gericht geht nach der gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung davon aus, dass die Klage des Antragstellers nach derzeitiger Einschätzung offensichtlich erfolglos bleiben wird. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, weder zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit als Freiberufler noch zu sonstigen Aufenthaltszwecken, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Auch die Abschiebungsandrohung ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Erlass und die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots wurde nicht verfügt, sondern lediglich auf die Möglichkeit einer solchen Verfügung hingewiesen. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
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1. Zugunsten des Antragstellers geht das Gericht zunächst davon aus, dass entgegen der Benennung durch den Prozessbevollmächtigten Antragsgegnerin und Beklagte nicht der Freistaat Bayern, sondern die Landeshauptstadt München sein sollen (§ 88 VwGO) und Antrag und Klage sich somit gegen den richtigen Passivlegitimierten richten.
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2. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis.
30
Unabhängig davon, dass das Vorliegen der erforderlichen allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegend fraglich ist, scheitert die Verlängerung der begehrten Aufenthaltserlaubnis daran, dass der Antragsteller entgegen § 21 Abs. 3 AufenthG eine angemessene Altersversorgung nicht nachgewiesen hat.
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2.1. Nach Aktenlage hat die Bundesagentur für Arbeit ihre Zustimmung zur Beschäftigung des Antragstellers bei Frau D. am 10. August 2022 verweigert; andererseits hat die Deutsche Rentenversicherung der Sozialversicherung die entsprechende Beschäftigung des Antragstellers gemeldet. Wie diese Beschäftigung und das daraus erzielte Einkommen aufenthaltsrechtlich zu bewerten sind, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen künstlerischen Tätigkeit scheitert unabhängig hiervon und von der Sicherung des Lebensunterhalts schon aus einem anderen Grund.
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2.2. Nach § 21 Abs. 3 AufenthG soll Ausländern, die älter als 45 Jahre sind, die Aufenthaltserlaubnis nur erteilt werden, wenn sie über eine angemessene Altersversorgung verfügen.
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2.2.1. Der 56-jährige Antragsteller hat eine solche nicht – auch nicht im Klage- und Antragsverfahren – nachgewiesen. Auf die zutreffenden Ausführungen der Antragsgegnerin im Bescheid wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO entsprechend). Besondere Umstände, aus denen sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ableiten lässt, dass die Gefahr einer Belastung des Sozialsystems durch den Antragsteller nicht droht, liegen nicht vor. Allein die Umstände, dass der Antragsteller bislang – innerhalb seines fast fünfjährigen Aufenthalts – noch keine öffentlichen Mittel in Anspruch genommen hat und sich sein Vermögen zum 30. März auf gut 10.000 € belaufen hat, genügen hierfür nicht.
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2.2.2. Die Vorschrift ist nach Auffassung des Gerichts aufgrund des eindeutigen Wortlauts und nach ihrem Sinn und Zweck trotz ihrer systematischen Stellung auch bei der Erteilung bzw. Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen auf der Grundlage von § 21 Abs. 5 AufenthG anzuwenden.
35
Nach dem eindeutigen Wortlaut suspendiert § 21 Abs. 5 AufenthG nur von den Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 AufenthG. Allein die dem § 21 Abs. 5 AufenthG vorangehende systematische Stellung in § 21 Abs. 3 AufenthG führt schon vor diesem Hintergrund nicht dazu, bei der Erteilung bzw. Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen auf der Grundlage von § 21 Abs. 5 AufenthG auch vom Erfordernis des Nachweises einer angemessenen Altersversorgung abzusehen. Aber auch Sinn und Zweck des Erfordernisses der angemessenen Altersversorgung sprechen dagegen, in den Fällen des § 21 Abs. 5 AufenthG anders als bei § 21 Abs. 1 AufenthG auf das Vorliegen einer angemessenen Altersversorgung zu verzichten. Sinn und Zweck der Sollregelung von § 21 Abs. 3 AufenthG ist es, der Gefahr einer Belastung des Sozialsystems vorzubeugen. Hierfür macht es keinen Unterschied, ob ein Ausländer als Selbstständiger gemäß § 21 Abs. 1 AufenthG oder als Freiberufler gemäß § 21 Abs. 5 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erhält. § 21 Abs. 5 AufenthG soll lediglich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an Freiberufler unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 21 Abs. 1 AufenthG ermöglichen, die für Freiberufler in aller Regel nicht erfüllbar sind.
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2.2.3. Aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller am 7. Juli 2020 ohne Berufung auf den – wohl bereits damals vorliegenden – Versagungsgrund des § 21 Abs. 3 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 21 Abs. 5 AufenthG für die Dauer eines Jahres nicht versagt, sondern erteilt hat, kann der Antragsteller keinen Anspruch auf Verlängerung herleiten. Die Antragsgegnerin hat mit dem damaligen, einmaligen Handeln bereits keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den hin der Antragsteller Vertrauen betätigt hätte.
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2.3. Eine Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit war wegen Vorliegens des Versagungsgrunds vor der Antragsablehnung nicht erforderlich.
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2.4. Im Hinblick auf die erforderliche Altersversorgung spielen die vom Prozessbevollmächtigten vorgetragenen Einwände hinsichtlich der coronabedingten Einschränkungen keine Rolle.
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3. Die Abschiebungsandrohung begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken, § 59 AufenthG. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde weder angeordnet noch befristet, sondern lediglich auf die Möglichkeit eines Erlasses hingewiesen.
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II. Der Antragsteller trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens, § 154 Abs. 1 VwGO.
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III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Nrn. 1.5 und 8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.