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VG München, Urteil v. 03.07.2023 – M 28 K 21.5673
Titel:

kein Verstoß gegen das Gebot der kostengünstigen Herstellung einer Erschließungsanlage

Normenketten:
BayKAG Art. 5a
BauGB § 123 Abs. 2, § 128 Abs. 1, § 129 Abs. 1
Leitsätze:
1. Durch das Merkmal der Erforderlichkeit einer Erschließungsanlage im Sinn von § 129 Abs. 1 S. 1 BauGB wird lediglich eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde im Einzelfall gewählte Lösung sachlich schlechthin unvertretbar ist. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist dem Gericht verwehrt, im Nachhinein die Sinnhaftigkeit von gemeindlichen Planungsentscheidungen zu überprüfen und zu bewerten und sich an die Stelle der gewählten Mandatsträger zu setzen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erschließungsbeitragsrecht, anlagen- und kostenbezogene Erforderlichkeit, behaupteter planerischer Fehlgriff und sinnfreie Bauausführung bei gepflastertem verkehrsberuhigtem „Angerbereich“ als Begegnungs- und Aufenthaltsbereichs (verneint), Erschließungsvorteil, Gemeinvorteil, beitragsfähiger Aufwand, Erschließungsbeitrag, kommunale Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen (EBS), kommunale Planungshoheit, planerische Gestaltungsfreiheit, weiter Ermessensspielraum
Fundstelle:
BeckRS 2023, 23443

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag.
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Sie sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. 283/14 (nachfolgend stets: Gemarkung Forstinning), …Weg 5, im Gebiet der Beklagten.
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Die Beklagte überplante die vormals landwirtschaftlich genutzten Flächen im Umfeld des klägerischen Grundstücks im Jahr 2015 (Bebauungsplan Nr. 26 „…-Straße Nord“) und stellte auf dieser Grundlage durch Straßenbaumaßnahmen zwischen 2016 und 2019 die streitgegenständliche Erschließungsanlage her.
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Mit Bescheid vom 29. September 2021 setzte die Beklagte für das klägerische Grundstück FlNr. 283/14 für die erstmalige und endgültige Herstellung der Erschließungsanlage „…Weg“ einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 40.422,56 € fest und forderte die Kläger zur Zahlung auf.
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Am 29. Oktober 2021 erhoben die Kläger gegen diesen Bescheid Klage zum Verwaltungsgericht München. Sie beantragten zuletzt,
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den Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 29. September 2021 für die Erschließungsanlage „…Weg“ für das Grundstück FlNr. 283/14 in Höhe von 40.098,24 aufzuheben.
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Zur Begründung wurde in der Klageschrift und mit Schriftsätzen vom 26. Januar 2022 und 20. März 2023 im Kern ausgeführt: Die Anwohner des …Wegs hätten sich von Anfang an gegen die planerischen Vorstellungen der Gemeinde gewandt. Der als Ort der Begegnung vorgesehene Platz sei in seiner Dimensionierung in der konkreten Ortsrandlage vollkommen übertrieben und überdies mit seiner Pflasterung unangemessen aufwändig und unpraktisch ausgeführt worden. Es liege ein offensichtlicher planerischer Fehlgriff vor. Die angefallenen Kosten würden übliche Erschließungskosten weit übersteigen und jeden vernünftigen und sinnvollen Rahmen sprengen. Es liege ein Verstoß gegen das Gebot kostengünstiger Herstellung der Erschließungsanlagen, § 123 Abs. 2 BauGB, vor. Im Übrigen wurden einzelne Kostenpositionen des beitragsfähigen Aufwands (Planungskosten, Kosten für Ausgleichsflächen, Kosten für archäologische Maßnahmen) gerügt und ferner beanstandet, dass sich aus den Rechnungen der bauausführenden Firmen nicht hinreichend klar ergebe, ob die Aufwendungen für die Erschließungsanlage „…Weg“ oder andere Erschließungsmaßnahmen, insbesondere die „…-Straße“ angefallen seien. Auch sei wegen eines fehlenden Plans des Abrechnungsgebiets an der Bestimmtheit des Beitragsbescheids zu zweifeln.
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Mit Schriftsatz vom 11. November 2021 beantragte die Beklagte,
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die Klage abzuweisen
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und erwiderte mit Schriftsätzen vom 26. Januar 2022, 5. Januar und 6. Juni 2023 auf die Klage. Ausgeführt wurde insbesondere, die Beklagte habe die Grenze der Erforderlichkeit, die erst bei einer schlechthin unvertretbaren Lösung überschritten werde, nicht überschritten. Von einer „Luxus-Erschließung“ könne nicht gesprochen werden. Eine Trennung und genaue Zuordnung des Erschließungsaufwands zu den einzelnen Erschließungsmaßnahmen sei vorgenommen worden. Die anteiligen Kosten für den Bebauungsplan würden nicht mehr umgelegt, was zu einer Reduzierung des Erschließungsbeitrags führe. Aufwendungen für Grunderwerb im Zusammenhang mit dem naturschutzrechtlichen Ausgleich seien nur insoweit und zu Recht in den beitragsfähigen Aufwand einbezogen worden, als sie sich anteilig auf die Verkehrsflächen bezogen hätten. Die beanstandeten Kosten für archäologische Maßnahmen bezögen sich nicht, wie die Kläger wohl befürchten, auf die Bauparzellen, welche von den Grundstückskäufern vertraglich erhoben worden seien.
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Am 16. Dezember 2022 erging ein gerichtliches Hinweisschreiben an die Beteiligten. Eine von den Klägern außergerichtlich angestrebte Einigung mit der Beklagten kam nicht zu Stande.
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Mit Beschluss vom 22. März 2023 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Am 30. Juni 2023 fand mit den Beteiligten eine mündliche Verhandlung statt. Die Vertreter der Beklagten erklärten darin, die streitgegenständliche Beitragsfestsetzung auf 40.098,24 € zu reduzieren.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Der auf Art. 5a KAG i.V.m. der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 11. November 1992 (EBS) beruhende Bescheid der Beklagten vom 29. September 2021 in der Fassung der Erklärung vom 30. Juni 2023, d.h. mit einer Beitragsfestsetzung in Höhe von 40.098,24 €, ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Bedenken gegen die Bestimmtheit des Beitragsbescheids wegen fehlender Kenntlichmachung des Abrechnungsgebiets bestehen nicht (vgl. etwa auch: VG München, U.v. 15. 12.2021 – M 28 K 18.2650 – juris Rn. 42).
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2. Die von den Klägern erhobenen Einwendungen hinsichtlich der anlagen- und kostenbezogenen Erforderlichkeit des durch Planung und Baumaßnahmen ausgelösten Erschließungsaufwands für die Herstellung des „…Wegs“ greifen nicht durch.
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a) Die in Art. 5a Abs. 2 KAG i.V.m. § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB normierte anlagenbezogene Erforderlichkeit als „Filter“ (Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 9 Rn. 1) für die Beitragsfähigkeit des Erschließungsaufwands meint nicht die Unverzichtbarkeit oder verkehrstechnische Notwendigkeit einer Straßenplanung und - ausführung. Die Beitragsfähigkeit beschränkt sich nicht auf die billigste, ihre Funktion gerade noch erfüllende Herstellungsvariante. Durch die Begrenzung auf das Erforderliche soll vielmehr alles das, aber auch nur das, vom beitragsfähigen Erschließungsaufwand ferngehalten werden, was nicht einen beitragsfähigen Sondervorteil, sondern einen beitragsfreien Gemeinvorteil verschafft. Sachlicher Bezugspunkt ist dabei die Nutzbarkeit der Bauflächen in einem Erschließungs-/Baugebiet und nicht etwa die Nutzung eines einzelnen Grundstücks (Schmitz, a.a.O., § 9 Rn. 3). Dabei vertritt der Bayer. Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Erschließungsbeitragsbescheiden durch die Beitragspflichtigen in ständiger Rechtsprechung, dass insoweit durch das Merkmal der Erforderlichkeit „lediglich eine äußerste Grenze markiert [wird], die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde im Einzelfall gewählte Lösung sachlich schlechthin unvertretbar ist (BayVGH, B.v. 27.11.2014 – 6 ZB 12.2446 – juris Rn. 12 m.w.N.; ebenso in der Literatur, vgl. nur: Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 11. Auflage 2022, § 15 Rn. 8 f.; Schmitz, a.a.O., § 9 Rn. 4). Dabei ist der Gemeinde auf Grund ihrer kommunalen Planungshoheit und ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit ein weiter Entscheidungsspielraum auch hinsichtlich der Frage zuzubilligen, inwieweit eine Straße – sowohl anlagen- als auch kostenbezogen – nach Art und Umfang erforderlich ist (BayVGH, B.v. 27.2.2012 – 6 ZB 09.1573 – juris Rn. 9). Die gerichtliche Überprüfung der Erforderlichkeit einer Erschließungsmaßnahe ist deshalb beschränkt, insbesondere hat das Gericht nicht im Nachhinein die Sinnhaftigkeit der gemeindlichen Planungsentscheidungen zu überprüfen und zu bewerten und sich an die Stelle der gewählten Mandatsträger zu setzen.
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Gemessen hieran vermag der Einzelrichter zwar nachzuvollziehen, dass die Kläger und möglicherweise weitere Anlieger des …Wegs die gemeindliche Straßenplanung hinsichtlich der platzartigen Öffnung, der dadurch bedingten flächenmäßigen Ausdehnung und der verkehrsberuhigten Gestaltung eines wesentlichen Teils der Erschließungsanlage als „Angerbereich“ in Frage stellten. Gleichwohl ist festzustellen, dass der Ausgangspunkt hierfür nicht erst durch das gemeindliche Bauprogramm der Erschließungsmaßnahme mit der konkreten Festlegung von Art und Weise der Herstellung der Erschließungsanlage gelegt wurde. Vielmehr spricht schon die – wegen der Bindung der Beklagten nach Art. 5a Abs. 2 i.V.m. § 125 BauGB – in die Herstellung der Erschließungsanlage einfließende Begründung des einschlägigen Bebauungsplans u.a. davon, dass es eine planungsrelevante Zielsetzung der Gemeinde sei, einen „kleinen Anger im Zentrum des Areals, mit der Möglichkeit von gesellschaftlichen Begegnungen, Ortsteilfesten, etc., in einem verkehrsberuhigten Bereich“ zu schaffen.
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Hierbei und dem auf dieser Planung aufbauenden gemeindlichen Bauprogramm handelt es sich anlagenbezogen um sachliche und nachvollziehbare, auf mutmaßliche Belange des konkreten, kleinräumigen Erschließungs-/Baugebiets und seiner künftigen Anlieger abstellende Erwägungen, die sich zweifellos noch vertretbar innerhalb der planerischen Gestaltungsfreiheit der Beklagten halten. Aus der für das Gericht gebotenen objektiven Sicht kann von einem „offensichtlichen planerischen Fehlgriff“, wie die Kläger meinen, nicht die Rede sein.
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b) Auch die kostenbezogene Erforderlichkeit, für die in entsprechender Anwendung von Art. 5a Abs. 2 KAG i.V.m. § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB ebenfalls die o.g. Grundsätze gelten (vgl. nur: Driehaus/Raden, a.a.O., § 13 Rn. 19), ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
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Zweifelsfrei hätte die von den Klägern erwünschte Ausführung des „Angerbereichs“ als asphaltierte Fläche statt mit der ausgeführten Pflasterung zu einer nicht unwesentlichen Reduzierung des Erschließungsaufwands geführt. Die Beklagte hat auf entsprechende Eingabe der Anwohner hin ausweislich der Behördenakte insoweit auch Kostenvergleiche angestellt und ausdrücklich eine Beschlussfassung des Gemeinderats herbeigeführt (vgl. Bl. 51 der Behördenakte). Die insoweit beschlossene und ausgeführte Gestaltung des „Angerbereichs“ mit Pflasterung knüpft schlüssig an die bereits o.g. anlagenbezogenen Planungsziele an und findet darin ebenfalls bereits einen Anhaltspunkt. So wird in der bereits oben zitierten Begründung des einschlägigen Bebauungsplans zur Verkehrserschließung u.a. ausgeführt, dass „der Verkehr über einen Anger geführt [wird], der eine andere Oberflächenbefestigung erhält, als die Zu- und Abfahrten von diesem Anger. Der Angerbereich dient auch als Begegnungsstätte und kann für Versammlungen aller Art genutzt werden.“ Dass durch diese mindestens vertretbaren Planungsziele – wie es erforderlich wäre – schlechthin unvertretbare Kosten von grob unangemessener Höhe entstanden wären, ist für das Gericht nicht ersichtlich und lässt sich auch dem von Klägerseite insoweit in Bezug genommenen Beitragssatz von ca. 54 € je Quadratmeter beitragspflichtiger Fläche nicht entnehmen, da dieser Beitragssatz, worauf der Beklagtenbevollmächtigte zutreffend hinweist, vor allem auch von Faktoren der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands auf die angrenzenden Grundstücke (deren Zahl, Fläche, Nutzungsfaktoren, etc.) abhängt. Beispielsweise hat auch der Bayer. Verwaltungsgerichtshof schon davon gesprochen, dass bei Ausführung einer Straße in Klinkerstein in einem Kurgebiet „keine Rede davon sein [kann], dass diese gestalterische Entscheidung der Gemeinde in keiner Weise mit den Erfordernissen und Ansprüchen des Baugebiets korrespondiert“ (BayVGH, B.v. 20.6.2001 – 6 ZB 98.347 – juris Rn. 6).
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Die Darstellung der Kläger, dass der gewählte Plattenbelag schon jetzt Schäden aufweise und für den Fahrzeugverkehr ungeeignet sei, wurde von Klägerseite schon nicht näher substantiiert. Selbst wenn man diesen Vortrag aber als zutreffend unterstellt, wären hierdurch – da keinesfalls die Entstehung der sachlichen Beitragspflichten in Frage steht (hierzu: Schmitz, a.a.O., § 5 Rn. 24) – nur Gewährleistungsfragen berührt, die keine Korrektur der Ermittlung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands veranlassen und bezüglich deren „Ob“ und „Wie“ der Geltendmachung und Durchsetzung den Gemeinden ebenfalls ein weiter und gemessen an den Erkenntnissen des Gerichts vorliegend nicht überschrittener Entscheidungsspielraum zukommt (vgl. im Einzelnen: Driehaus/Raden, a.a.O., § 15 Rn. 22; Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand April 2023, Rn. 601 a.E.).
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c) Auch dem von Klägerseite vor allem in Bezug genommenen § 123 Abs. 2 BauGB, wonach Erschließungsanlagen entsprechend den Erfordernissen der Bebauung und des Verkehrs kostengünstig hergestellt werden sollen, lassen sich – unbeschadet der fehlenden Bezugnahme in Art. 5a KAG – insoweit keine über die vorgenannten Grundsätze hinausgehende Rechtfertigung für die von Klägerseite begehrte gerichtliche Korrektur des beitragsfähigen Aufwands und erst recht keine unmittelbaren Ansprüche des Beitragspflichtigen entnehmen (vgl. Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 601: „Die gesetzliche Bestimmung des § 123 Abs. 2 stellt das Gebot der kostengünstigen Herstellung lediglich auf eine neue gesetzliche Grundlage und hat für eine verantwortungsbewusste gemeindliche Praxis daher eher Appellcharakter. […] Hiernach muss die Höhe der tatsächlichen Kosten von den Beitragspflichtigen grundsätzlich hingenommen werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird in Bezug auf Art und Umfang der verursachten Baukosten durch den Erforderlichkeitsgrundsatz lediglich eine äußerste Grenze gezogen“; vgl. ferner: Jaeger in BeckOK, BauGB, Stand 1.6.2023, § 123 BauGB Rn. 16; Ernst/Grziwotz in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Februar 2023, § 123 BauGB Rn. 18b).
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d) Die Notwendigkeit und Rechtfertigung einer gerichtlichen Korrektur der Beitragsabrechnung der Beklagten ergibt sich schließlich auch nicht, gleichsam als „letzter gedanklicher Korrekturansatz“ unter dem Gesichtspunkt des für die Kläger notwendigen Erschließungsvorteils. Der Erschließungsvorteil ist als maßgebendes Rechtfertigungs- und Differenzierungsmerkmal Dreh- und Angelpunkt des Erschließungsbeitragsrechts, begrenzt den beitragsfähigen Erschließungsaufwand und schließt – bei geboten typisierend-pauschalierender Betrachtung – solche Aufwendungen aus, die lediglich einen beitragsfreien Gemeinvorteil verschaffen (Schmitz, a.a.O., § 3 Rn. 8; Driehaus/Raden, a.a.O., § 9 Rn. 13).
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Die von den Klägern beanstandete großflächige und kostenintensive Ausführung des „Angers“ als verkehrsberuhigter Begegnungs- und Aufenthaltsbereich mit Bäumen, Sitzgelegenheiten u.ä. lässt zwar im Ansatz Elemente erkennen, angesichts derer angedacht werden könnte, ob die Erschließungsanlage einen Zweck erfüllen soll, der den Erschließungsvorteil – die auf die Bebaubarkeit und Nutzung der Anliegergrundstücke ausgerichtete, objektiv zu betrachtende qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit durch die Grundstückseigentümer – überlagert. Dies ist indes nicht der Fall, wie der Vortrag der Kläger selbst zeigt: Sie weisen zutreffend auf die Ortsrandlage des Baugebiets hin, das jedenfalls an seiner Nord- und Ostseite nur von landwirtschaftlichen Flächen umgeben und rund 600 m von der Ortsmitte der relativ kleinen Gemeinde Forstinning entfernt ist. Diese tatsächlichen Verhältnisse bestätigen die bereits o.g. Planungsziele der Gemeinde, wonach die mit dem Anger verbundenen Funktionen mindestens vorrangig den Bewohnern des neu ausgewiesenen Baugebiets zu Gute kommen sollen.
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3. Auch die übrigen Rügen hinsichtlich Einzelpositionen des beitragsfähigen Aufwands verhelfen der Klage nicht zum Erfolg.
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a) Der Rüge der Kläger hinsichtlich des Ansatzes anteiliger Kosten für den maßgeblichen Bebauungsplan wurde durch die seitens der Beklagten vorgenommene Reduzierung der Beitragsfestsetzung (Schriftsatz der Beklagten vom 5.1.2023 und Erklärung in der mündlichen Verhandlung) Rechnung getragen.
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b) Der Ansatz von 3.945,96 € im beitragsfähigen Aufwand für anteilig auf die Straßenfläche entfallende Kosten des Grunderwerbs einer Ausgleichsfläche ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
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Die betreffende Ausgleichsfläche war im maßgeblichen Bebauungsplan als Teil der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung vorgeschrieben und kann im Hinblick auf Umgriff und Festsetzungen dieses Bebauungsplans dem Baugebiet und (wie geschehen anteilig) der herzustellenden Erschließungsanlage konkret zugeordnet werden. Es handelt sich deshalb um beitragsfähigen Aufwand i.S.v. Art. 5a Abs. 2 KAG i.V.m. § 128 Abs. 1 Nr. 2 BauGB i.V.m. § 2 Abs. 2 EBS (ebenso: Schmitz, a.a.O., § 8 Rn. 35; Driehaus/Raden, a.a.O., § 13 Rn. 63; Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 192a; OVG NRW, B.v. 31.8.2012 – 15 A 1489/12 – juris Rn. 8)
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c) Soweit die Kläger (im Schriftsatz vom 19.1.2023) befürchteten, die Beklagte habe Kosten für archäologisch veranlasste Untersuchungen i.H.v. 10.045,88 € doppelt – nämlich im privatrechtlichen Grundstückskaufvertrag und in der Beitragsabrechnung – in Ansatz gebracht, ist dem die Beklagte (im Schriftsatz vom 6.6.2023) schlüssig und ohne weiteren substantiierten Vortrag der Klägerseite entgegengetreten. Bezüglich der Beitragsfähigkeit entsprechender Aufwendungen bestehen keine Zweifel (vgl. Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 170; VG Greifswald, U.v. 3.4.2014 – 3 A 134/12 – juris).
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d) Auch die Rüge der Kläger, die Kostenermittlung und -aufteilung bezüglich der Aufwendungen der bauausführenden Firmen sei intransparent und lasse angesichts der Benennung der jeweiligen Bauvorhaben in den vorgelegten Rechnungen befürchten, dass in die Beitragsabrechnung Aufwandspositionen eingeflossen seien, die nicht der Erschließungsanlage „…Weg“, sondern anderen Maßnahmen, insbesondere der Erschließungsanlage „…-Straße“, zuzurechnen seien, verhilft der Klage nicht zum Erfolg.
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Die Beklagte hat hierzu im gerichtlichen Verfahren (u.a. im Schriftsatz vom 5.1.2023 mit Anlage B1) schlüssig und im Einklang mit den vorgelegten Abrechnungsunterlagen Stellung genommen. Zweifel an der Plausibilität der Kostenermittlung und -trennung haben sich für den Einzelrichter nicht ergeben. Ein weiterführender substantiierter und zunächst der Klägerseite obliegender Vortrag erfolgte insoweit auch nicht mehr, insbesondere wurden keine konkreten Kostenpositionen mehr in Frage gestellt. Der Vortrag (im Schriftsatz vom 20.3.2023) eines insoweit gebotenen Abschlags von 30% erfolgte vor dem Hintergrund der außergerichtlichen Vergleichsbemühungen ersichtlich „ins Blaue hinein“.
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Weitere Aspekte, welche die – ggf. teilweise – Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids begründen könnten, waren dem Einzelrichter nicht ersichtlich. Sie ergaben sich insbesondere nicht hinsichtlich der Abgrenzung der maßgeblichen Erschließungsanlage, der unterbliebenen Zusammenfassungsentscheidung i.S.v. § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB, der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands oder der Entstehung der sachlichen Beitragspflichten.
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Der Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO abzuweisen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).