Inhalt

OLG Bamberg, Urteil v. 28.03.2023 – 5 U 122/22
Titel:

Unfallbedingter Verdienstausfall des Alleingesellschafters und Geschäftsführers einer Ein-Mann-GmbH

Normenketten:
StVG § 7 Abs. 1
BGB § 249, § 253 Abs. 2, § 843
ZPO § 287
Leitsätze:
1. Bei einer sog. Ein-Mann-GmbH kann der verletzte Alleingesellschafter und Geschäftsführer anstelle des entgangenen Gewinns der GmbH grundsätzlich Erstattung seines – angemessenen – Gehalts verlangen, ohne nachweisen zu müssen, dass infolge seines Ausfalls der Gewinn seines Unternehmens zurückgegangen ist. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Frustrierungsschäden, also Aufwendungen, die der Geschädigte vor dem Schadensereignis – und damit nicht kausal durch dieses bedingt – getätigt hat und die eben wegen des Schadensereignisses nutzlos geworden sind (hier: Geschäftsfahrzeug aufgrund der Verletzungen nicht benutzt; Kosten für Fitnessstudio), sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ist der Geschädigte durch einen Gipsverband an beiden Armen im Bereich des Oberarms, der über das Ellbogengelenk geht, in der Bewältigung des täglichen Lebens und zur Versorgung seiner Bedürfnisse sehr stark eingeschränkt, kann sein Haushaltsführungsschaden auf 8 Stunden pro Tag geschätzt werden, wobei der zum jeweiligen Zeitpunkt geltende Mindestlohn als Nettobetrag anzusetzen ist. (Rn. 31 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
4. Erleidet der Geschädigte Frakturen an beiden Armen, die zu einer sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit führen und ihn dauerhaft bei der Benutzung seiner Arme gegenüber dem Zustand vor dem Unfall einschränken (Mitarbeit in der Werkstatt bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten; sportliche Aktivitäten), ist ein Schmerzensgeld von 10.000 € angemessen; die Voraussetzungen für eine Schmerzensgeldrente liegen nicht vor. (Rn. 39 – 40 und 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verkehrsunfall, Schadensersatz, Haftpflichtversicherung, Verletzung, Ein-Mann-GmbH, Alleingesellschafter und Geschäftsführer, Frustrierungsschäden, Haushaltsführungsschaden, Schmerzensgeld, Schmerzensgeldrente
Vorinstanz:
LG Coburg, Endurteil vom 23.03.2022 – 13 O 807/18
Fundstelle:
BeckRS 2023, 23337

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 23.03.2022, Az. 13 O 807/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.856,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.02.2019 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.372,27 € nebst Zinsen aus 3.372,27 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.02.2019 und nebst Zinsen aus 1.000,00 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.12.2019 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen der Kläger 5/7 und die Beklagten als Gesamtschuldner 2/7.
Von den Kosten des Rechtsstreits des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 4/5 und die Beklagten als Gesamtschuldner 1/5.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

A.
1
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen, da weder die Revision gegen das Urteil zulässig ist, noch dagegen gemäß § 544 Abs. 2 ZPO die Nichtzulassungsbeschwerde – die Beschwer des Klägers beträgt 16.635,48 € und die Beschwer der Beklagten beträgt 3.920,28 € – erhoben werden kann.
B.
2
Der Senat hat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage die vom Landgericht in fehlerfreier Weise getroffenen Feststellungen zugrunde zu legen. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Richtigkeit oder der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.
3
1. Zweifel im Sinn des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen nur dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle der Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH NJW 22, 539; BGH NJW-RR 19, 1343; 18, 651; BGH NJW 14, 2797; 14, 74; jeweils m.w.N.). Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich aus Verfahrensfehlern ergeben, die bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. BGH NJW 22, 539; 14, 2797; 14, 74; BGH NJW-RR 09, 1193; jeweils m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn in der ersten Instanz Beweise fehlerhaft oder unzureichend erhoben oder gewürdigt wurden (vgl. BGH NJW-RR 09, 1193; BGH NJW 14, 74; 05, 1583).
4
Dabei genügt es jedoch nicht, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der Beweiswürdigung des Landgerichts zu setzen. Meint der Rechtsmittelführer lediglich, es sei den herangezogenen Beweismitteln eine andere Bedeutung beizumessen, kann dies die Beweiswürdigung des Erstgerichts nicht entkräften (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 19, 85; OLG Saarbrücken, Urteil vom 28.04.2016, Az.: 4 U 96/15; OLG Düsseldorf, BauR 16, 2092; OLG München Urteil vom 20.06.2012, Az.: 17 U 1392/12; jeweils m.w.N.).
5
2. Unter Heranziehung dieser Rechtsgrundsätze hat das Landgericht die Beweisaufnahme fehlerfrei durchgeführt und die Beweiswürdigung nachvollziehbar und zutreffend vorgenommen.
6
Die vom Kläger und den Beklagten gegen die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung erhobenen Einwendungen sind nicht geeignet, deren Richtigkeit in Zweifel zu ziehen. Das Landgericht hat ohne Verstoß gegen rechtliche Grundsätze seine Feststellungen aufgrund einer Würdigung der Aussagen der Zeugin, der Angaben des Klägers sowie der vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen mit einer schlüssigen und überzeugenden Begründung getroffen.
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a) Es ist nachvollziehbar und fehlerfrei aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen mm in seinem Gutachten vom 30.09.2019 zu dem Ergebnis gelangt, dass nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger, wie von ihm behauptet, noch an einer eingeschränkten Beugefähigkeit des Arms um 10% – 15% leidet. Wie sich aus dem Gutachten vom 30.09.2019 ergibt, hat der Sachverständige den Kläger untersucht und dabei u. a. festgestellt, dass gerade keine eingeschränkte Beugefähigkeit der Arme von 10% -15% vorliegt.
8
b) Auch die Angriffe der Beklagten gegen die Feststellung des Landgerichts, dass der Kläger mindestens 6 Wochen an beiden Armen einen Gipsverband hatte, greifen nicht durch. Das Landgericht hat ausführlich und schlüssig dargelegt, worauf es die von ihm getroffene Feststellung stützt. Es hat dabei die Aussage der Zeugin und die Angaben des Klägers bei seiner Anhörung nach § 141 Abs. 1 ZPO schlüssig und nachvollziehbar gewürdigt. Dabei hat es auch berücksichtigt, dass in dem Attest des den Kläger behandelnden Arztes (Anlage K3) hinsichtlich der Zeitangabe für das Entfernen der Schiene am linken Arm der 10.08.2015 genannt wird. Das Landgericht hat aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme dieses Datum als ein Schreibversehen gewürdigt. Die Beklagten haben weder in der ersten Instanz noch in dem Berufungsverfahren einen Beweis für ihren Vortrag, der sich auf die Angabe des Zeitpunkts im ärztlichen Attest stützt, angeboten. Nachdem das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme seine Feststellungen getroffen hat, oblag es den Beklagten den Gegenbeweis zu erbringen und diesbezügliche Beweise anzubieten, was jedoch nicht erfolgt ist. Soweit die Beklagten eine andere Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme vornehmen und diese an die Stelle der Beweiswürdigung des Gerichts setzen, genügt dies nicht, um die Beweiswürdigung des Landgerichts zu entkräften. Es ist kein Grund nicht ersichtlich, weshalb die Würdigung der Beklagten gegenüber der des Landgerichts vorzuziehen und an dessen Stelle zu setzen ist.
9
Der Senat hat daher gemäß § 529 ZPO die Feststellungen des Landgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
C.
10
Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Das Endurteil des Landgerichts ist daher entsprechend abzuändern und neu zu fassen.
C.1
11
Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldner als Ersatz für den ihm entstandenen materiellen Schaden die Zahlung von 2.856,00 € verlangen.
I.
12
Der Kläger kann von der Beklagten zu 2) gemäß § 7 Abs. 1 StVG und in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG von der Beklagten zu 1) als Haftpflichtversicherung des am Unfall beteiligten Fahrzeugs als Gesamtschuldner die Zahlung von 2.856,00 € verlangen.
13
1. Der Kläger wurde bei dem Betrieb des Fahrzeugs der Beklagten zu 2), das bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversichert ist, verletzt.
14
2. Die Beklagten haben unstreitig als Gesamtschuldner dem Kläger dessen gesamten bei dem Unfall entstandenen materiellen Schaden zu ersetzen.
15
3. Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldner auf den ihm entstandenen Schaden insgesamt noch einen Betrag in Höhe von 2.856,00 € ersetzt verlangen.
16
a) Ein Anspruch auf Ersatz eines weiteren Erwerbsschadens steht dem Kläger nicht zu.
17
Bei einer sog. Ein Mann GmbH kann der verletzte Alleingesellschafter und Geschäftsführer anstelle des entgangenen Gewinns der GmbH grundsätzlich Erstattung seines – angemessenen – Gehalts verlangen, ohne nachweisen zu müssen, dass infolge seines Ausfalls der Gewinn eines Unternehmens zurückgegangen ist. Erforderlich ist, dass es sich nachweislich um ein echtes Arbeitsentgelt für zu leistende Tätigkeiten und nicht um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt. Sind dem Geschäftsführer trotz unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit die Gehälter ausbezahlt worden, so kann er gleichwohl einen entsprechenden Schaden gegenüber dem Schädiger geltend machen, da letzterer durch die Leistung der Gesellschaft nicht entlastet werden darf (vgl. BGH VersR 92, 1410; BGH NJW 78, 40; 71, 1136). Dies liegt in dem allgemeinen Grundsatz des Schadensrechts begründet, dass freigiebige Leistungen Dritter, zu denen auch die GmbH eines alleinigen Geschäftsführers und Alleingesellschafters zählt, nicht anzurechnen sind, wenn sie, wie in der Regel, nicht den Schädiger entlasten sondern dem Geschädigten zugute kommen sollen (vgl. BGH NJW 00, 3638; Grüneberg, BGB, 82. Aufl., Vor § 249 Rdn. 82). Aufgrund dieses Umstandes ist dem Geschädigten der wegen der durch den Unfall verursachten Arbeitsunfähigkeit entstandene Schaden zu ersetzen, auch wenn er von der GmbH seine ihm zustehenden Leistungen erhalten hat, obwohl er unfallbedingt nicht in der Lage war, die geschuldeten Leistungen zu erbringen. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind z.B. auch Tantiemen, wenn sie als Vergütung gezahlt werden, ersatzpflichtig (vgl. BGH NJW 78, 40; Bremenkamp, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl., Kap. 33 Rdn. 41 m.w.N.).
18
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze kann der Kläger, der Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der GmbH ist, von den Beklagten Schadensersatz für den Zeitraum verlangen, in dem er wegen der bei dem Unfall erlittenen Verletzungen und ihre Folgen arbeitsunfähig war. Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen H. war dies unter der Zugrundelegung des Beweismaßes § 287 ZPO für einen Zeitraum von sechs Wochen der Fall. Der Sachverständige hat hierzu in seinem Ergänzungsgutachten vom 30.09.2021 ausgeführt, dass der Kläger bis zum Zeitpunkt der Abnahme der Gipsverbände nicht in der Lage war, seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH nachzugehen. Der Sachverständige hat dies, u. a. unter Berücksichtigung der Aussage der Zeugin den tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten des Klägers nach dem Unfall, festgestellt. Dass der Kläger nach dem Unfall nicht mehr alle Arbeiten, die vor dem Unfall in dem Betrieb der GmbH ausgeübt hat, weiter ausführen konnte, führt dabei nicht zu einer Minderung oder einem Ausfall der Erwerbsfähigkeit, da der Kläger, was auch geschehen ist, verpflichtet war, den Betriebsablauf so zu organisieren, dass einige, nicht mehr durch ihn ausführbare Arbeiten dann durch Angestellte ausgeführt werden.
19
aa) Dem Kläger steht daher zum einen das an ihm, trotz seiner vollständigen Arbeitsunfähigkeit bezahlte monatliche Nettogehalt für 6 Wochen in Höhe von 2.439,99 € als zu ersetzender Schaden zu.
20
In diesem Betrag ist auch der Teil der Vergütung enthalten, der darin besteht, dass der Kläger das Geschäftsfahrzeug für private Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Ort, an dem sich der Betrieb der GmbH befindet, nutzen durfte. Die dafür anzusetzende Höhe der Vergütung ergibt sich aus der als Anlage K5 vorgelegten Abrechnung der Bezüge des Klägers. Ein über diesen Umfang hinausgehende, weitere Nutzung des Geschäftsfahrzeugs der GmbH zur privaten Nutzung des Klägers ist nicht nachgewiesen und ausweislich der Abrechnung auch nicht erfolgt. Diesbezüglich erhielt der Kläger daher keine zusätzliche weitere Vergütung für seine Tätigkeit als Geschäftsführer in Form der Stellung des der GmbH gehörenden Firmenfahrzeugs zur weitergehenden privaten Nutzung.
21
bb) Ein Anspruch auf Ersatz von 6.967,85 €, die für die Finanzierung des Firmenfahrzeugs angefallen sind, besteht über den Umfang, wie er oben unter C. I. 3 a) aa) bereits berücksichtigt wurde nicht.
22
Auch aus abgetretenem Recht der GmbH besteht insoweit kein Anspruch, da es sich hierbei, selbst wenn das Fahrzeug aufgrund der Verletzungen des Klägers nicht benutzt wurde, um einen nicht vom Schädiger zu ersetzenden Schaden eines Dritten handelt.
23
Zudem würde allein aus dem Grund, dass das Fahrzeug während der Zeit, in der der Kläger als Geschäftsführer das Fahrzeug der GmbH nicht in deren Interesse nutzen konnte, kein zu erstattender Schaden entstehen, da ein sog. Frustrierungsschaden nicht vom Schädiger zu ersetzen ist. Dabei handelt es sich um Aufwendungen, die der Geschädigte vor dem Schadensereignis – also nicht kausal durch dieses bedingt – getätigt hat und die eben wegen des Schadensereignisses nutzlos geworden sind (vgl. OLG Köln SP 14, 339; Grüneberg, BGB, 82. Auflage, Vorb.v. § 249 Rdn. 19 und § 249 Rdn. 61 -jew. m. w. Nachw.). Frustrierungsschäden sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Der Vermögenswert einer Sache ergibt sich daraus, wie diese im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses gegen Geld hätte verwertet werden können und nicht anhand des Aufwands, den der Geschädigte erbringen musste, um an die Sache zu gelangen oder diese instand zu setzen (vgl. BGH NJW 00, 2342; OLG Köln SP 14, 339)
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cc) Als Verdienstschaden kann der Kläger die für den Zeitraum von 6 Wochen von der GmbH gezahlten Beiträge für die private Krankenkasse in Höhe von 932,28 € verlangen.
25
Dass die GmbH die monatlichen Prämien für die private Krankenversicherung des Klägers bezahlt hat, ergibt sich aus den als Anlage K6 vorgelegten Auszug des Kontos der GmbH. Diese Zahlungen sind Teil der Vergütung, die der Kläger von der GmbH für seine Tätigkeit als Geschäftsführer erhält. Der zu ersetzende Schaden berechnet sich aus der Höhe des monatlichen Beitrags in Höhe von 621,52 € multipliziert mit 1,5 Monate.
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Der Anspruch auf Ersatz des gesamten, dem Kläger entstandenen Verdienstschadens in Höhe von 3.372,27 € ist gern. § 362 Abs. 1 BGB durch die bereits erfolgte Vorschusszahlung der Beklagten zu 1) auf den entstandenen Verdienstausfall in Höhe von 5.000,00 € erloschen.
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b) Ein Anspruch auf Ersatz der monatlichen Beiträge für das Fitnessstudio besteht nicht.
28
Es handelt sich dabei um einen sogenannten Frustrierungsschaden, welchen der Schädiger nicht zu ersetzen hat. Zur Begründung wird auf die Ausführungen oben unter C.l. 3. a) bb) verwiesen. Bei den monatlichen Beiträgen aufgrund des geschlossenen Vertrages mit dem Betreiber des Fitnessstudios handelt es sich um Aufwendungen des Verletzten, die dieser bereits vor dem Unfall getätigt hatte und nachher nutzlos geworden sind. Sie sind durch das Unfallereignis nicht verursacht worden.
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c) Für die Pflege des Klägers und Vornahme von Haushaltstätigkeiten in dem Zeitraum von 6 Wochen, in dem der Kläger aufgrund des Umstands, dass beide Arme mit einem Gipsverband versehen waren, steht dem Kläger ein Anspruch in Höhe von 2.856,00 € zu.
30
Die vom Kläger vorgetragenen Beeinträchtigungen betreffen zum Teil erforderliche Pflegemaßnahmen aufgrund der erlittenen Verletzungen und ihrer Folgen sowie Tätigkeiten im Haushalt, die er während dieser Zeit nicht erbringen konnte. Werden Pflegeleistungen durch dem Verletzten nahestehende Personen, die hierfür keinen Verdienstausfall erleiden, erbracht, die auch ein Dritter gegen Entgelt erbringen könnte, ist der Betreuungsaufwand in Form der fiktiven Pflegekosten in Höhe des Nettolohns zu ersetzen (vgl. BGH NJW 99, 2819; 89,766). Weiter ist dem Geschädigten auch der ihm entstandene Haushaltsführungsschaden zu ersetzen. Der Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens gemäß § 843 Abs. 1 2. Alt. BGB besteht zum einen als Ersatz für verursachte vermehrte Bedürfnisse, soweit der Geschädigte die für sich selbst notwendigen Tätigkeiten nicht mehr erbringen konnte, und zum anderen als Erwerbsschaden für die Tätigkeiten, die er dabei als Beitrag zum Familienunterhalt geleistet hat (§ 843 Abs. 1 1 .Alt. BGB). Für die aufgrund der Unfallfolgen nicht mehr ausführbaren Leistungen steht ihm ein Ersatzanspruch zu (vgl. BGH NJW 09, 2060; 97, 256; 02, 292). Maßstab für den zu ersetzenden Haushaltsführungsschaden ist die konkrete haushaltspezifische Behinderung des Geschädigten (vgl. OLG Düsseldorf NJW 11, 1152; KG NZV 07, 43; OLG Celle SP 08, 7; OLG Hamm NZV 02, 571). Dabei ist darauf abzustellen, in welchem Umfang der Geschädigte bei der Ausübung der von ihm übernommenen Haushaltstätigkeiten durch die Verletzung gehindert ist (vgl. OLG Düsseldorf NJW 11, 1152).
31
Aufgrund der Feststellungen des Landgerichts ist zugrundezulegen, dass der Kläger für den Zeitraum von sechs Wochen in der Bewältigung des täglichen Lebens und zur Versorgung seiner Bedürfnisse sehr stark eingeschränkt war. Er hatte während dieser Zeitspanne an beiden Armen einen Gipsverband im Bereich des Oberarms, der über das Ellbogengelenk ging. Dies hatte zur Folge, dass er beide Arme nicht oder nur äußerst eingeschränkt bewegen und benutzen konnte. Er benötigte daher umfassende Hilfe und Pflege, zum Beispiel um nahezu sämtliche Verrichtungen des täglichen Lebens im Bereich der Körperpflege, Toilettengang, Zubereitung und Aufnahme der Nahrungsmittel, An- und Entkleiden, Wäschewaschen, Reinigen der Wohnung, Einkäufen und Versorgung des Haustieres vornehmen zu können. Dabei handelte es sich um Tätigkeiten, die im Bereich der Pflege des Klägers wegen der unfallbedingt vorliegenden Verletzungsfolgen und teilweise auch im Bereich der ihm wegen der Unfallfolgen nicht mehr möglichen Haushaltstätigkeiten liegen. In beiden Bereichen kann der Kläger den im dadurch entstandenen Schadenersatz verlangen.
32
Der Senat schätzt daher gemäß § 287 ZPO die dafür erforderliche Zeit pro Tag auf 8 Stunden, da eine über den ganzen Tag andauernde, ständige Hilfe für den Kläger nicht erforderlich war. Es war daher nicht erforderlich, dass insoweit eine ständig in Rufbereitschaft vor Ort vorhandene Kraft erforderlich war. Aufgrund der Verletzungen und ihrer Folgen kann durch organisatorische Maßnahmen (z.B. Vorbereiten und Bereitstellen der wichtigsten, erforderlichen Lebensmittel, so dass sie der Kläger trotz seiner Beeinträchtigung konsumieren kann; Verwendung von vorhandenen oder zu beschaffenden Hilfsmitteln im Zusammenhang mit der Befriedigung der körperlichen Bedürfnisse wie z.B. Vorrichtungen zur Aufnahme von Ausscheidungen usw.) eine ausreichend gesicherte Versorgung des Klägers erfolgen, die nicht die Anwesenheit einer den ganzen Tag über anwesenden Person bedarf. Für die Schätzung der Höhe des anzusetzenden Stundenlohns richtet sich der Senat nach dem zum jeweiligen Zeitpunkt geltenden Mindestlohn, wobei er diesen Betrag als anzusetzenden Nettobetrag heranzieht. Dies ergibt im vorliegenden Fall einen anzusetzenden Stundensatz von 8,50 €. Insgesamt errechnet sich daher der dem Kläger zu ersetzende Betrag wie folgt: 6 Wochen x 7 Tage x 8 Stunden x 8,50 € = 2.856,00 €.
II.
33
Nach § 823 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz steht dem Kläger kein höherer Schadensersatzanspruch zu, da die Berechnung des Schadens In gleicher Art und Weise wie bei dem Anspruch nach § 7 Abs. 1 StVG erfolgt.
34
Insgesamt ist dem Kläger noch ein materieller Schaden in Höhe von 2.856,00 € zu ersetzen.
C2.
35
Als Schmerzensgeld kann der Kläger von den Beklagten als Gesamtschuldner gern. § 253 Abs. 2 BGB hinsichtlich der Beklagten zu 1) i. V. m. § 115 Abs. 1 Nr. 2 VVG die Zahlung von weiteren 4.372,27 € beanspruchen.
36
1. Die Beklagten haben dem Kläger wegen der Verletzung des Körpers und der Gesundheit Schadensersatz zu leisten. Insoweit wird auf die Ausführungen oben unter C1. Bezug genommen.
37
2. Die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes nach § 287 ZPO steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, wobei alle für die Bemessung maßgeblichen Umstände umfassend berücksichtigt werden müssen. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren, künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (BGH NJW-RR 2018, 1426; BGH NJW 2015, 1252; jeweils m.w.N.).
38
Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers (vgl. BGH NJW 22, 1957; 22, 1443; BGH MDR 22, 561; BGH VersR 15, 590). Dabei geht es nicht um eine isolierte Schau auf einzelne Umstände des Falles, sondern um eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles. Diese hat der Tatrichter zunächst sämtlich in den Blick zu nehmen, dann die fallprägenden Umstände zu bestimmen und diese im Verhältnis zueinander zu gewichten. Dabei sind in erster Linie die Höhe und das Maß der entstandenen Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen; hier liegt das Schwergewicht (vgl. BGH NJW 22, 1957; BGHZ 212, 48). Auf der Grundlage dieser Gesamtbetrachtung ist eine einheitliche Entschädigung für das sich insgesamt darbietende Schadensbild festzusetzen (vgl. BGH NJW 22, 1957; BGH MDR 22, 561; BGHZ 138, 388), die sich jedoch nicht rein rechnerisch ermitteln lässt (vgl. BGH NJW 22, 1957; BGHZ 18, 149). Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Anspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren, künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. BGH MDR 22, 561; BGH NJW-RR 18,1426; BGH NJW 15, 1252; BGH VersR 06, 1090; jeweils m.w.N.). Dabei stehen die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung im Vordergrund (vgl. BGH MDR 22, 561; BGH NZV 17, 179; BGHZ 18, 149). Die in den Schmerzensgeldtabellen erfassten „Vergleichsfälle“ bilden „in der Regel den Ausgangspunkt für die tatrichterlichen Erwägungen zur Schmerzensgeldbemessung“(vgl. BGH VersR 70, 134; 70, 281; OLG München ZfS 18, 203; OLG München NZV 14, 577). Sie sind nur im Rahmen des zu beachtenden Gleichheitsgrundsatzes als Orientierungsrahmen zu berücksichtigen (vgl. OLG München NZV 14, 577; OLG Saarbrücken ZfS 99,101; OLG Karlsruhe VersR 01, 1175). Sie sind keine verbindlichen Präjudizien. Deshalb können aus der Existenz bestimmter ausgeurteilter Schmerzensgeldbeträge keine unmittelbaren Folgerungen abgeleitet werden (vgl. OLG München ZfS 18, 203; OLG München NZV 14, 577; OLG Hamm ZfS 05, 122).
39
Unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze ist bei der Bemessung der Höhe des dem Kläger zustehenden Schmerzensgeldes insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger Frakturen an beiden Armen erlitten hat, weshalb an beiden Armen im Bereich des Oberarms über den Ellbogen hinweg mindestens 6 Wochen in angewinkelter Stellung ein Gipsverband mit Schiene getragen werden musste. Eine kurze Behandlung im Krankenhaus war erforderlich. An beiden Armen ist weiterhin ein Druckschmerz über dem Radiusköpfchen sowie der Extensionsmuskulatur des rechten Unterarms vorhanden. Die Unterarmdrehung für das Auswärtsdrehen rechts ist noch um 10° eingeschränkt und es ist eine verminderte Belastbarkeit (Heben und Tragen von Gegenständen von mehr als 10 – 15 kg schmerzhaft und auf Dauer nicht möglich) vorhanden. Diese Beeinträchtigungen sind dauerhaft. Es kann daher zu weiteren Beeinträchtigungen und diesbezüglich erforderliche Behandlungen kommen. Aufgrund der 6 Wochen lang zu tragenden Gipsschienen war der Kläger in seinem täglichen Leben erheblich beeinträchtigt, da er ohne fremde Hilfe die meisten Dinge des täglichen Lebens nicht selbst vornehmen konnte. Dabei ist insbesondere als belastend zu berücksichtigen, dass er auch bei Tätigkeiten der körperlichen Hygiene auf fremde Hilfe angewiesen war. Der Kläger ist dauerhaft bei der Benutzung seiner Arme gegenüber dem Zustand vor dem Unfall eingeschränkt. Zu berücksichtigen ist, dass der Kläger 6 Wochen seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH nicht ausüben konnte und auch anschließend aufgrund der vorliegenden Dauerfolgen nicht mehr wie im vorherigen Umfang in der Werkstatt bei Vornahme von körperlich anstrengenden Tätigkeiten mitarbeiten kann. Der Unfall wurde allein durch die Beklagte zu 2) verursacht. Der Kläger kann nicht mehr gegenüber dem früheren Zustand seinen sportlichen Aktivitäten nachgehen.
40
Unter Berücksichtigung dieser Umstände hält der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 € für angemessen und ausreichend.
41
Der Anspruch ist in Höhe von 4.000,00 € durch Zahlung der Beklagten zu 1) gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen.
42
In Höhe von weiteren 1.627,73 € ist der Anspruch gemäß § 389 BGB aufgrund der erklärten Aufrechnung durch die Beklagte zu 1) erloschen. Die Beklagte zu 1) hat in dieser Höhe mit dem zur Erfüllung des entstandenen Verdienstausfallschadens nicht erforderlichen Betrag, der als Vorschuss bezahlt worden ist und hinsichtlich dessen ein Rückzahlungsanspruch der Beklagten zu 1) besteht, die Aufrechnung erklärt.
43
Dem Kläger steht daher noch ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 4.372,27 € zu.
C3.
44
Ein Anspruch auf Zahlung einer Schmerzensgeldrente in Höhe von 50,00 € pro Monat besteht nicht.
45
1. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 50,00 € sowohl in der ersten Instanz als auch im Berufungsverfahren begehrt, da er gegen die Festsetzung des Streitwerts durch das Landgericht Coburg im Beschluss vom 23.03.2022, die von einer geforderten, monatlichen Schmerzensgeldrente in Höhe von 50,00 € ausgeht, keine Einwände erhoben hat.
46
2. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Schmerzensgeldrente liegen nicht vor.
47
Eine Schmerzensgeldrente kann ausnahmsweise bei lebenslangen, schweren Dauerschäden angemessen sein, die der Verletzte immer wieder schmerzlich empfindet (vgl. BGH NJW 79, 1654; OLG Brandenburg NJW 11,2212 m.w.N.; Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 253 Rn. 21). Insbesondere bei Querschnittslähmungen ist eine Schmerzensgeldrente zu gewähren (vgl. OLG Hamm NZV 03, 192; OLG Naumburg VersR 03, 332). Ein Anspruch auf Schmerzensgeldrente setzt voraus, dass das die Haftung begründende Ereignis zu lebenslangen schweren Dauerschäden führen muss, deren sich die verletzte Person immer wieder neu und schmerzlich bewusst wird. Dazu gehören bspw. schwere Hirnschädigungen mit Verlust der Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit, Querschnittslähmung, Verlust eines der fünf Sinne oder schwersten Kopfverletzungen (vgl. OLG Hamm RuS 21,541 m.w.N.).
48
Die Verletzungen des Klägers und deren Dauerfolgen sind nicht von einer Schwere, die für die Gewährung einer Schmerzensgeldrente erforderlich sind. Die Dauerfolgen im Hinblick auf fortdauernde Beschwerden und daraus im Voraus als möglich ergebenden weiteren Verschlechterungen und damit verbundenen Behandlungen wurden bereits in der Höhe des zuerkannten Schmerzensgeldes ausreichend berücksichtigt
C4.
49
Die Zinsentscheidung beruht auf § 291, § 288 Abs. 1 BGB.
50
Das Urteil des Landgerichts ist daher teilweise abzuändern und neu zu fassen. Dabei ist die Berufung des Klägers teilweise zurückzuweisen, soweit kein Anspruch gegenüber den Beklagten besteht.
D.
51
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
52
Die Entscheidung über die voriäufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 Satz 1, § 713 ZPO.
53
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen.