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AG Coburg, Endurteil v. 06.03.2023 – 15 C 5088/22
Titel:

Kein Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten nach einem Verkehrsunfall

Normenketten:
EFZG § 1, § 6
BGB § 249, § 286, § 823 Abs. 1
Leitsatz:
Führt erst die Beauftragung eines Rechtsanwalts nach einem zur Entgeltfortzahlung führenden Verdienstausfallschaden zur Verzugsbegründung, so entsteht kein auf den Arbeitgeber übergehender Anspruch auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verkehrsunfall, Verdienstausfall, Entgeltfortzahlung, Rechtsverfolgungskosten, Verzug, Beauftragung Rechtsanwalt
Fundstelle:
BeckRS 2023, 22782

Tenor

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 242,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

1
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
2
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten für die Inanspruchnahme einer Anwaltskanzlei bei der Bezifferung eines Schadenersatzanspruches aus übergegangenem Recht nach dem Lohnfortzahlungsgesetz zu.
3
Unstrittig ist die Beklagte dem Grunde nach umfassend eintrittspflichtig für den Schaden anlässlich eines Verkehrsunfalls vom 16.09.2022. Dabei wurde die Arbeitnehmerin der Klägerin verletzt, diese hat den Schaden erlitten, weil sie ohne Arbeitsfähigkeit eigentlich keinen Lohn erarbeiten konnte. Hier setzt das Lohnfortszahlungsgesetz an, wonach aufgrund dieser unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit die Klägerin Lohn fortzahlen musste und kraft dieser weiteren gesetzlichen Regelung einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Schädiger oder der eintrittspflichtigen Versicherung erlangt. Insoweit ist infolge Legalzession ein eigentlich beim Arbeitnehmer eingetretener Schaden auf die Klägerin als Arbeitgeberin übergegangen. Dies ist vergleichbar mit einem Anspruch, den jemand infolge eines schuldrechtlichen Abtretungsvertrags erlangt. Auch dabei besteht kein Rechtsgrund des Zessionars, neben dem eigentlichen Anspruch bei der Geltendmachung gegenüber dem Schuldner Anwaltskosten erstattet zu erhalten. Mithin ist die Ausgangssituation identisch, wenn entweder infolge schuldrechtlicher Abtretung oder infolge Legalzession ein fremder Anspruch erlangt wird. Denn ein eigener bei der Klägerin originär entstandener Schadenersatzanspruch war nicht gegeben, sondern erst durch die „cessio legis“ kraft gesetzlichem Forderungsübergang erlangt.
4
Mithin bedarf es zur Erstattungsfähigkeit von vorgerichtlichen Anwaltskosten des Rechtsgrunds des Verzugs nach §§ 286 ff. BGB. Der Klägerin waren jedoch bereits bei Mandatierung der Anwaltskanzlei Anwaltskosten entstanden, als das Mandat am 08.06.2020 erteilt wurde. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beklagte nicht in Verzug. Vielmehr war die Tätigkeit der Anwaltskanzlei erst verzugsbegründend, so dass die zeitlich zuvor entstandenen Anwaltskosten keinen Verzugsschaden darstellen können. Dieses einheitliche Mandat kann auch nicht aufgespalten werden auf unterschiedliche Regulierungsbeträge, welche die Beklagte erst im Laufe des Anwaltsmandats ausglich. Denn bereits mit der Anmeldung seitens der Anwaltskanzlei einer Schadenssumme von 2.475,70 € im Anschreiben vom 05.08.2022 (Anlage Kl) bildete dieser Betrag den Gegenstandswert, aus dem die Klägerin gegenüber der Anwaltskanzlei der Höhe nach Anwaltsgebühren schuldete, die sie nun mit dieser Klage geltend macht.
Kosten: § 91 Abs. 1 ZPO
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11,713 ZPO
Streitwertfestsetzung: § 48 Abs. 1 GKG