Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 23.05.2023 – Au 8 K 22.1261
Titel:

Erfolglose Klage gegen Haltungsverbot und Abgabeverpflichtung für mehrere Pyrenäenberghunde

Normenketten:
BayLStVG Art. 7 Abs. 2, Art. 8 Abs. 1, Art. 18 Abs. 2
VwGO § 82 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Mit Blick auf die hohe Eingriffsintensität insbesondere auch in das Grundrecht aus Art. 14 GG ist die umfassende Untersagung der Hundehaltung für den Betroffenen die einschneidendste denkbare Maßnahme zur Verhütung und Unterbindung einer von einer Hundehaltung ausgehenden Gefahr und daher in der Regel nur dann verhältnismäßig iSd Art. 8 Abs. 1 BayLStVG, wenn sich der Hundehalter dauerhaft und hartnäckig weigert, einer bestehenden sicherheitsbehördlichen Anordnung nachzukommen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Vor Erlass einer solchen Haltungsuntersagung muss die Behörde deshalb grundsätzlich zunächst erfolglos Zwangsmittel zur Durchsetzung von Anordnungen zur Haltung von Hunden eingesetzt haben. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Nur in Einzelfällen kann ausnahmsweise die Haltungsuntersagung als allein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr in Betracht kommen. Dies ist jedoch bei einer umfassenden Haltungsuntersagung nur dann der Fall, wenn von vornherein feststeht, dass der Halter nicht geeignet für die Haltung von Hunden ist. In einem solchen Fall ist jedoch im Bescheid genau zu begründen, weshalb die Haltungsuntersagung die einzig sinnvolle und erfolgversprechende Maßnahme ist und weshalb weniger einschneidende Maßnahmen nach Art. 18 Abs. 2 BayLStVG nicht ausreichen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ebenso ist genau zu prüfen, ob es ausreicht, nur die Haltung des auffällig gewordenen Hundes zu untersagen, ob die Untersagung der Haltung von Hunden bestimmter Rassen oder einer bestimmten Größe erforderlich, aber auch ausreichend ist, oder ob die Gefahrenlage eine generelle Untersagung der Hundehaltung erforderlich macht. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
5. Gerechtfertigt ist eine (umfassende) Haltungsuntersagung auch bei einem deutlichen Aggressions- oder Gewaltpotenzial des Hundehalters. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Haltungsverbot und Abgabeverpflichtung für mehrere Pyrenäenberghunde, Ruhestörung, freies Umherlaufen großer Hunde, ladungsfähige Anschrift der Klägerin, Geheimhaltungsinteresse (verneint), umfassende Haltungsuntersagung, Verhältnismäßigkeit, bestimmte Rassen, Gewaltpotenzial des Hundehalters
Fundstelle:
BeckRS 2023, 22627

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich u.a. gegen die ihr und ihrem Lebensgefährten gegenüber ergangenen sicherheitsrechtlichen Anordnungen der Haltungsuntersagung von Pyrenäenberghunden.
2
Auf dem Wohnanwesen der Klägerin und auf weiteren Flächen befinden sich mehrere Pyrenäenberghunde. Aus einem vorangegangenen gerichtlichen Verfahren (Au 8 S 21.907) ist bekannt, dass diese Hunde des Öfteren freilaufend und unbeaufsichtigt auf öffentlichen Plätzen, auf Anwesen von anderen Anwohnern oder an der Staatsstraße herumlaufen. Der Eilantrag der Klägerin und ihres Lebensgefährten gegen die deshalb mit Bescheid vom 11. März 2021 erfolgte sicherheitsrechtliche Anordnung, für eine lückenlose hohe Einfriedung und eine Sicherung des Eingangstors gegen unbefugtes Öffnen zu sorgen, wurde mit Beschluss der Kammer vom 14. Mai 2021 abgelehnt, die Klage dagegen in der mündlichen Verhandlung am 7. September 2021 zurückgenommen (Au 8 K 21.906).
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Am 30. März 2022 kam es zu einem (weiteren) Vorfall, bei dem auf dem Grundstück der Klägerin und ihres Lebensgefährten ein dort gehaltenes Pony, nach Angaben der Beklagten von einem Pyrenäenberghund, verletzt worden ist.
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Daraufhin untersagte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 2. Mai 2022 und ihrem Lebensgefährten mit (bis auf die Fristsetzung im Wesentlichen gleichlautendem) Bescheid vom 8. April 2022 ohne vorherige Anhörung das Halten der Pyrenäenberghunde (Nr. 1 des Bescheids) sowie das Halten von Hunden jeder Art (Nr. 2). Des Weiteren wurden sie verpflichtet, die Pyrenäenberghunde bis spätestens 25. Mai 2022, 10:00 Uhr, an eine zuverlässige Privatperson oder ein Tierheim abzugeben und einen schriftlichen Nachweis darüber vorzulegen (Nr. 3). Für den Fall der nicht rechtzeitigen Abgabe der Pyrenäenberghunde würden die Hunde im Zuge der Ersatzvornahme entweder einer geeigneten Privatperson oder einem Tierheim übergeben und übereignet (Nr. 4). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1, 2 und 3 wurde angeordnet (Nr. 5). In Nr. 6 des Bescheids wurde geregelt, dass die Klägerin und ihr Lebensgefährte die Kosten der Ersatzvornahme zu tragen haben. Die Höhe der Kosten wurde je Hund und Tag bei einer geeigneten Privatperson oder einem Tierheim auf 50,00 EUR veranschlagt. Die Klägerin würde zusammen mit ihrem Lebensgefährten in ihrem Wohnhaus mit Garten, auf einer eingezäunten Weidefläche, in einem Stall und auf weiteren gepachteten Weideflächen Pyrenäenberghunde halten. Nach Angaben der anwaltlichen Vertretung würde es sich um insgesamt 14 adulte Hunde und 15 Junghunde handeln. Seit August 2017 sei es immer wieder zu Beschwerden der Nachbarn wegen lautstarkem Hundegebell gekommen. Das Amtsgericht ... habe beide Hundehalter im Bußgeldverfahren mit Urteil vom 11. April 2019 wegen Erregung von Lärm schuldig gesprochen. Am 5. Februar 2020 sei ein weiterer Bußgeldbescheid vom Landratsamt ... erlassen worden. Am 24. August 2020 habe ein Jagdpächter gemeldet, dass die Hunde Wildtiere vertrieben hätten. Am 26. Januar 2022 habe der Pfarrer der gegenüber dem Stall befindlichen Kirche mitgeteilt, dass Gottesdienste und Beerdigungen durch das langanhaltende Hundegebell gestört würden. Bei einem Ortstermin an der Hofstelle mit Stall habe sich die Schwester des Verpächters ebenfalls über den Hundelärm beschwert. Das Veterinäramt habe am 7. April 2022 mitgeteilt, dass die Unterbringung der Hunde in einem Stall nicht den Anforderungen der Tierschutz-Hundeverordnung gerecht werde. Am 30. März 2022 habe sich ein weiterer Anwohner über den Lärmpegel der 20 bis 25 im Stall untergebrachten Hunde beschwert und ein Lärmprotokoll vom 6. April 2022 vorgelegt. Nachdem die Hunde zwischen September 2020 und Februar 2021 mehrfach ausgebrochen seien, sei mit Bescheid vom 11. Februar 2021 die Anordnung einer höheren Einfriedung erlassen worden. Die gerichtlichen Verfahren seien erfolglos gewesen. Am 10. Februar 2022 sei es zu einem weiteren Vorfall mit einer Radfahrerin, die sich von zwei Pyrenäenberghunden verfolgt gefühlt habe, gekommen. Am 14. Februar 2022 hätten sich wieder drei Herdenschutzhunde auf der Straße befunden. Der Jagdpächter habe mitgeteilt, dass am 25. März 2022 eine trächtige tote Geiß mit Kehlbisswunden und Risswunden gefunden worden sei. Die Wunden seien augenscheinlich von wildernden Hunden zugefügt worden. Da der Jagdpächter die Hunde schon mindestens dreimal streunend angetroffen habe, habe er bei dem Lebensgefährten eine sogenannte Gefährderansprache durchgeführt. Die Vorfälle würden zeigen, dass die Hundehalter nicht für eine ordnungsgemäße Unterbringung sorgen würden. Ihnen würde jegliches Verantwortungsbewusstsein gegenüber Rechten Dritter fehlen. Die Klägerin sei durch ein Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts zu einer empfindlichen Geldstrafe wegen Tiermisshandlung verurteilt worden. Der Lebensgefährte sei aufgrund von Tierquälerei zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Ihm sei mit Bescheid vom 26. August 2020 vom Landratsamt das Halten und Betreuen von Rindern und Schafen untersagt worden. Das Verfahren dagegen sei beim Verwaltungsgericht anhängig. Die Hundehalter hätten sich außerdem der Verpflichtung widersetzt, die Pyrenäenberghunde bei der Hundesteuerstelle anzumelden. Bei einer Kontrolle des Veterinäramts am 18. August 2021 habe sich der Lebensgefährte geweigert, die Hunde wegzusperren. Am 30. März 2022 sei ein von der Klägerin und ihr Lebensgefährte gehaltenes Pony von den Hunden verletzt worden. Nachbarn hätten die Polizei davon verständigt. Diese hätte den Tierarzt des Veterinäramtes verständigt. Erst nach mehrmaliger Aufforderung hätten die Klägerin und ihr Lebensgefährte die ca. 15 auf der Grundfläche freilaufenden Hunde eingesperrt. Nur unter Zuhilfenahme der Polizei habe der Tierarzt das Grundstück betreten können. Die Klägerin habe zuerst versucht, die Polizei an einer fotografischen Dokumentation zu hindern. Der Lebensgefährte habe auch damit gedroht, alle Hunde wieder rauszulassen. Von den Tierbesitzern sei ein Tierarzt verständigt worden. Am 1. April 2022 habe ein Anwohner mitgeteilt, dass die Hunde mit den Vorderbeinen auf dem Zaun stehen würden. Die Haltung von bis zu 29 Pyrenäenberghunden in einem Wohnhaus würde keine sachgerechte Unterbringung darstellen und nicht die Bedürfnisse und Ansprüche dieser Hunderasse erfüllen. Das gesamte Verhalten zeige, dass die Hundehalter weder die erforderliche Zuverlässigkeit noch die Geeignetheit zum Halten von Pyrenäenberghunden besitzen würden. Dies zeige sich auch noch einmal deutlich in dem Verhalten des Lebensgefährten mit seiner Drohung, die Pyrenäenberghunde auf Polizeibeamte zu hetzen. In unmittelbarer Nähe des Wohnhauses würden sich ein Kindergarten und eine Sportanlage befinden. In der Stellungnahme des Veterinäramts vom 7. April 2022 sei verdeutlicht, dass der Erwerb einer speziellen Sachkunde durch den Herdenschutzhunde-Halter und die Überprüfung der Hunde selbst auf Schutzfunktion und Ungefährlichkeit für Unbeteiligte (Zertifizierung durch ein sachkundiges Gremium) eine wichtige Voraussetzung für eine verantwortungsvolle und rechtssichere Haltung von Herdenschutzhunden sei. Nachdem beim Vorfall vom 30. März 2022 ein Pony schwer verletzt und Polizeibeamten gedroht worden sei, bestehe Gefahr im Verzug. Deshalb habe auf eine Anhörung verzichtet werden können. Von den Hunden gehe eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus, da zu befürchten sei, dass diese in naher Zukunft wieder Leben, Gesundheit und Eigentum gefährden würden. Es liege die Gefahr der Verwirklichung eines Bußgeldtatbestandes wegen Lärmbelästigung vor. Das Bellen gehe regelmäßig deutlich über die Zumutbarkeitsschwelle hinaus, v.a. in der Nacht. Auch nach Erhalt von zwei Bußgeldbescheiden wegen unzulässigen Lärms seien die Klägerin und ihr Lebensgefährte nicht bereit, an der untragbaren Situation etwas ändern zu wollen. Nachdem die rassetypischen Eigenschaften der Pyrenäenberghunde zu ausgeprägtem Bellverhalten führen würden und aufgrund der Tatsache, dass sich die Anzahl der gehaltenen Hunde immer weiter erhöhe, sei davon auszugehen, dass sich die Situation eher verschlechtern werde. Das Grundstück sei für die Haltung zudem nicht geeignet. Die Untersagung der Haltung eines Hundes bzw. überhaupt die Haltung von Hunden könne erfolgen, um konkrete Gefahren abzuwehren. Das Ausbrechen der Pyrenäenberghunde stelle eine konkrete Gefahr für die Rechtsgüter Leben und Gesundheit dar. Der Straßenverkehr werde gefährdet. Es könne auch zu Fehlreaktionen von Spaziergängern oder Radfahrern kommen. Auch die Verletzung des Ponys durch Beißattacken und das getötete Reh würden das steigende Gefahrenpotenzial zeigen. Die Halter seien aufgrund der geschilderten Vorkommnisse für die Haltung von Hunden nicht geeignet. Trotz einer bestandskräftigen Anordnung würden die Hunde wiederholt ausbrechen. Die Nichteignung sei belegt durch die Verurteilung der Halter wegen Tiermisshandlung und Tierquälerei. Zudem würde keine rechtzeitige Anmeldung der Tiere zur Hundesteuerstelle vorliegen. Der aktuelle Bestand an Pyrenäenberghunden sei nicht mitgeteilt worden. Insbesondere falle die Drohung der Hundehalter gegenüber den Polizisten ins Gewicht. Aufgrund des Opportunitätsprinzips stehe der Behörde ein Entschließungs- und ein Auswahlermessen zu. Ein Einschreiten im öffentlichen Interesse werde für notwendig gehalten. Nach Abwägung aller Belange erwiesen sich beim Auswahlermessen die Anordnungen als erforderlich und ermessensgerecht. Die Anordnungen würden geeignete Maßnahmen darstellen. Eine anderweitige Unterbringung der Pyrenäenberghunde sei nicht geeignet. Dies belege das häufige Ausbrechen der Hunde. Es sei nicht erkennbar, dass die Hundehalter gewillt seien, das Ausbrechen nachhaltig zu verhindern. Eine Unterbringung im Außenbereich würde den Lärm durch das Hundegebell nicht verbessern. Nach den Angaben des Jagdpächters würden die Wildtiere im Wald aufgeschreckt und vertrieben. Eine Unterbringung im Innenbereich während der sensiblen Zeiten stelle kein geeignetes Mittel dar. Die Hunde seien eine Haltung im Freien gewöhnt. Auch eine nur zeitweise Unterbringung im Haus sei aus Tierschutzsicht äußerst kritisch zu sehen. Trotz der verhängten Bußgelder sei keine Abhilfe geschaffen worden. Die Haltungsuntersagung von Hunden jeder Art sei geeignet, weil die zahlreichen Vorfälle die Ungeeignetheit der Halter belegen würden. Würde lediglich die Haltung von Pyrenäenberghunden untersagt werden, bestünde die Gefahr, dass sich die Halter andere Hunderassen anschaffen würden. Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Hunden und allgemein mit Tieren sei nicht ersichtlich. Dies zeige gerade der Vorfall am 30. März 2022. Die Anordnungen seien auch erforderlich und angemessen. Die Maßnahmen seien notwendig, da es dabei um den Schutz besonders hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit von Menschen gehe. Der Eingriff in das Grundrecht des Eigentums und der allgemeinen Handlungsfreiheit sei hinzunehmen. Den Anwohnern seien die zahlreichen bereits über Jahre andauernden Ruhestörungen nicht mehr zuzumuten. Das Recht der Allgemeinheit auf Ruhe und insbesondere auch das Recht darauf, nicht in Angst um die eigene Gesundheit und die der Kinder leben zu müssen, gehe dem Recht der Hundehalter vor. Hinsichtlich des Übergriffs durch Beutegreifer sei nichts substantiiert vorgetragen worden. Ein Schutz der Viehherde sei auch auf andere Art und Weise möglich. Die insgesamt 70 Schafe und 40 Rinder würden nicht eine so große Anzahl der gehaltenen Herdenschutzhunde erfordern. Aus Internetrecherchen sei vielmehr bekannt, dass ein Handel mit den gezüchteten Pyrenäenberghunden betrieben werde. Eine Erlaubnis zur Züchtung von Hunden und eine Gewerbeanzeige würden nicht vorliegen. Die Klägerin und ihr Lebensgefährte seien als Halter der Pyrenäenberghunde und als Inhaber der tatsächlichen Gewalt Zustandsstörer. Die sofortige Vollziehung werde im öffentlichen Interesse angeordnet. Würde die Anordnung unterbleiben, bestünde die Gefahr, dass in der Zeit zwischen dem Erlass des Bescheids und seiner Bestandskraft Menschen von den Pyrenäenberghunden gefährdet würden. Die Androhung der Ersatzvornahme sei erforderlich, weil bereits Anordnungen zur Hundehaltung getroffen und mit Zwangsgeldern bewehrt worden seien. Die Festsetzung des Zwangsgeldes sei nicht erfolgreich gewesen. Erst unter dem Eindruck des gerichtlichen Verfahrens sei die Erhöhung des Weidezauns vorgenommen worden. Da bereits ein anderes Tier durch die Pyrenäenberghunde schwer verletzt und ein weiteres Tier getötet worden sei, bestehe eine besondere Dringlichkeit bei der Durchsetzung der sicherheitsrechtlichen Anordnungen. Die Androhung eines Zwangsgeldes als milderes Vollstreckungsmittel sei nicht geeignet. Es bestünde die Gefahr, dass dadurch weitere erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstehen und Menschen durch Beißattacken der Pyrenäenberghunde verletzt würden. Die Tatsache, dass Bußgelder keinen Erfolg gehabt hätten, lasse darauf schließen, dass ein Zwangsgeld als Zwangsmittel ebenfalls keinen Erfolg verspreche.
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Gegen den Bescheid vom 2. Mai 2022 ließ die Klägerin Klage erheben und beantragen,
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1. den Bescheid vom 2. Mai 2022 aufzuheben und
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2. die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig zu erklären.
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Die gegen die Hundehaltung der Klägerin gerichteten Verfügungen der Beklagten seien rechtswidrig. Die Hunde hätten weder den Tatbestand der Gefährdung der Allgemeinheit oder auch nur einzelner Dritter verwirklicht. Es würde weder eine Gefahr noch ein Gefahrenverdacht vorliegen. Die Hunde hätten weder Menschen angefallen noch verfolgt noch erwiesenermaßen andere Tiere verletzt. Sowohl gegen die behaupteten Ausbrüche als auch gegen den Lärm durch Hundegebell seien weitaus mildere Mittel möglich. Es lägen keinerlei Hinweise vor, dass die Klägerin solchen Anordnungen nicht nachkommen würde. Die Beklagte habe weder die Interessen der Klägerin noch die Interessen der Allgemeinheit wegen des Forschungsprojekts der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt ... und damit auch nicht die Wissenschafts(ausübungs) freiheit gewürdigt. Es sei auch ein totaler Ermessensausfall zu konstatieren. Tierschutz wäre auch als Staatsziel zu berücksichtigen gewesen. Es werde insoweit auf eine Entscheidung des 4. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 19.1.2021 – 4 ZB 20.1217 – juris Rn. 25) verwiesen. Gerade im Hinblick auf die weggenommenen Welpen stehe zu befürchten, dass hier eine grundlegend falsche Sozialisation im Tierheim oder bei Weitergabe an Unkundige erfolgen würde. Es würde nicht nur das Grundrecht auf Eigentum der Klägerin, deren Berufsausübungsfreiheit und die Wissenschaftsfreiheit verletzt, sondern die Maßnahme würde sich zudem noch als zweckverfehlt darstellen. Eine artwidrige Haltung werde in Kauf genommen und dies sei auch mit einer erhöhten Gefährdung für die öffentliche Sicherheit verbunden, wenn die Tiere in unkundige Hände geraten bzw. die Ausbildung zum Herdenschutzhund nicht abgeschlossen werde. Ein Tierhaltungsverbot dürfe stets nur ultima ratio sein. Ebenso bedenklich sei die pauschale Festlegung der Kosten für eine anderweitige Unterbringung pro Hund und Tag. Die wissenschaftliche Forschung an der Hochschule sei von großem Interesse, gerade wegen der Ausbreitung großer Beutegreifer, wie beispielsweise des Wolfes. Zudem sei die Beklagte sachlich unzuständig, da es sich um keine örtlich begrenzte Gefahr handle und damit das Landratsamt zuständig sei. Es werde eine neue Anschrift der Klägerin angegeben, unter der sie erreichbar und auch ladungsfähig sei. Es werde ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse geltend gemacht, wofür die Beklagte dem Gericht die Gründe mitgeteilt habe. Ein Haftbefehl, gleich aus welchem Grund, stelle ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse dar. Würde nämlich der Aufenthaltsort der Klägerin preisgegeben, würde sie sich dem Risiko einer Verhaftung aussetzen. Zudem läge mit der Veräußerung der Hunde ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 des Grundgesetzes vor. Wenn diese gefährlich seien, würde auch eine Weiterveräußerung daran nichts ändern. Damit würde die Beklagte andere Hundebesitzer bevorzugen.
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Mit Beschluss vom 17. Oktober 2022 (Au 8 V 22.2010 und Au 8 V 22.2011) gestattete das Verwaltungsgericht Augsburg auf Antrag der Beklagten im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens u.a. die Betretung und die Durchsuchung der Wohnräume. Am 18. Oktober 2022 holte die Beklagte im Rahmen der Ersatzvornahme die Hunde ab und verbrachte sie in ein Tierheim. Alle Hunde wurden mittlerweile von der Beklagten an Dritte weiterveräußert.
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Mit Schriftsatz vom 7. November 2022 ließ die Klägerin einen Eilantrag (Au 8 S 22.2145) stellen und vortragen, dass Sachkundenachweise und Dokumente vorgelegt würden, aus denen sich die berufliche Komponente des Falles ergebe. Die Untersagung der Berufsausübung habe die Beklagte nicht gerade „sensibel“ begründet. Die Lärmbeeinträchtigung sei nach dem Ordnungswidrigkeitenverfahren im Jahr 2018 dadurch reduziert worden, dass die Klägerin die Hunde (zwölf Welpen und Muttertiere) nachts von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr ins Haus nehmen würde. Lärm durch Dezibelmessungen sei niemals festgestellt worden. Es habe nur ein Lärmprotokoll von Anwohnern gegeben. Der nördliche Nachbar verursache selbst permanent Lärm. Vorbeifahrender Autoverkehr sei störender. An der Weide in ... sei 2019 ein Weidetor bzw. eine Arbeitsschleuse eingerichtet und mehrfach ausbruchsicher nachgebessert worden. Nach der Einigung vor dem Verwaltungsgericht sei der 1,20 m hohe Zaun mit einem Elektrogitternetz versehen worden. Seither habe es keine Beanstandungen mehr gegeben. Damit könne zwar nicht verhindert werden, dass ein Fremder aus Versehen oder mit Absicht den Zugang zur Weide öffne. Die Hunde seien jedoch nachweislich nur einmal entwichen. Die Hunde seien mit einem GPS-Tracker ausgerüstet worden. Seit 2021 sei nichts mehr passiert. Es gäbe somit andere sichere Standorte und Maßnahmen als mildere Mittel. Die Tiere seien bei der Beschlagnahme in einem ausgezeichneten Zustand gewesen. Der Vorwurf der fehlenden Belichtung sei unrichtig. Die Klägerin führe die Haltung der Hunde seit 2018 und es habe bisher in züchterischer Hinsicht noch keine einzige Beanstandung gegeben. Ein Fehlverhalten der Klägerin hinsichtlich der Ponyhaltung sei nicht feststellbar. Es sei kein Gentest durchgeführt worden, um eventuelle Risseschäden feststellen zu können oder nachzuweisen, dass das Blut nicht etwa von der kurz zuvor stattgefundenen Fütterung mit blutigem Frischfleisch gestammt hätte. Die Klägerin und ihr Lebensgefährte hätten die Hunde im Rahmen der Berufsausübung in der von ihnen betriebenen Landwirtschaft sowie zur Verpachtung von Schutzhunden an Halter von Tierherden gehalten neben einer kleinen Rinderherde und dies ordnungsgemäß auch mit der entsprechenden landwirtschaftlichen Anmeldung zur Gewinnerzielung betrieben. Sie hätten auch die Beweidung einer PV-Anlage unterstützt. Die gezüchteten Schutzhunde würden mit Gewinn an Halter von Schafherden verkauft. Es werde auf die eidesstattliche Versicherung der Klägerin verwiesen. Es sei nicht klar, ob die Untersagung nur den Bereich des Hoheitsgebiets der Beklagten betreffe. Auch würde nicht zwischen den beiden Betriebsteilen differenziert. Zudem würde die Beklagte unter Verletzung von Art. 3 Abs. 2 GG große Hunde in einen Topf mit gefährlichen Hunden und Kampfhunden werfen. Bei der Haltung von Tieren im Herdenverbund seien gelegentliche Verletzungen von Tieren, wie im Pony-Fall, nicht zu vermeiden. Der Veterinäramtsleiter verfüge nicht über die erforderliche Sachkunde, was Herdenschutzhunde anbelange. Er müsse jedes Mal die Polizei mit schussbereiter Waffe hinzuziehen. Die Koppel würde mit Drohnen beflogen werden. Der Lebensgefährte der Klägerin habe Landwirt gelernt und sei Metzgermeister. Die Klägerin sei Reiterin. Es sei zu klären, ob ein Gatter durch Einwirkung Dritter aufgestanden habe. Das Entweichen von Tieren sei ein alltägliches Problem in der Tierhaltung. Es sei auch die Aussage eines Jagdpächters genau zu untersuchen, ob er nur Vermutungen geäußert habe. Die Rasse von Hunden zeige ein absolut aggressionsfreies und folgsames Wesen, vor allem bei guter Erziehung. Die Klägerin hätte sich stets kooperativ, allerdings auch widerwillig gegen überzogene Anforderungen gezeigt. Der Vollzug des Bescheids führe zu einer existenzvernichtenden Zahlungslast von 1.500,00 EUR je Hund im Monat als Kosten des beauftragten Tierheims für die Unterbringung, also bei 35 Hunden 52.500,00 EUR pro Monat. Wegen der nachbarlichen Belästigungen möchten die Klägerin und ihr Lebensgefährte selbst eine einvernehmliche Regelung hinsichtlich der Unterbringung der Hunde am Haus der Beiden finden.
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Der Eilantrag der Klägerin wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 22. November 2022 (Au 8 S 22.2145) abgelehnt. Die Beschwerde dagegen wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 2. Januar 2023 (...) zurückgewiesen.
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Die Beschwerde gegen den Beschluss hins. der Betretung der Wohnräume (Au 8 V 22.2010) verwarf der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. Januar 2023 (...) bzw. mit Beschluss vom 29. März 2023 (...) als unzulässig, weil keine ladungsfähige Anschrift mitgeteilt worden sei.
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Der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (B.v. 2.1.2023 – ...) (zurück-)verwiesene Eilantrag gem. § 80 Abs. 7 VwGO, u.a. auf Erlass eines Hängebeschlusses, wurde mit Beschluss der Kammer vom 21. Februar 2023 (Au 8 S 23.38) abgelehnt. Eine Beschwerde dagegen wurde, soweit ersichtlich, nicht erhoben.
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Die Beklagte beantragt im Klageverfahren,
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die Klage abzuweisen.
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Der streitgegenständliche Bescheid sei rechtmäßig. Die Ziffer 2 Satz 1 des Bescheides werde durch folgenden Satz 2 ergänzt: „Hiervon ausgenommen ist die Haltung von einzelnen, nicht gefährlichen, kleinen (Schulterhöhe bis 30 cm) Hunden.“ Des Weiteren werde auf die umfassende Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid sowie die ergangenen gerichtlichen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Augsburg sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in den Verfahren der Klägerin und deren Lebensgefährten verwiesen. Die Klage sei bereits unzulässig, nachdem die Klägerin trotz Aufforderung des Gerichts eine ladungsfähige Anschrift nicht mitgeteilt habe. Insbesondere könne sich die Klägerin wegen des Haftbefehls nicht auf ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse berufen. Die Angabe des tatsächlichen Aufenthaltsorts solle auch die Kostentragungspflicht und deren Durchsetzung sichern. So sei festzustellen, dass die Klägerin ihrer Pflicht zur Tragung der Kosten weder in dem Eilverfahren (Au 8 S 22.2145) noch im Beschwerdeverfahren (...) nachgekommen sei. In beiden Verfahren lägen Kostenfestsetzungsbeschlüsse vor, auf die die Klägerin keine Zahlung geleistet habe. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet. Die Beklagte sei als Sicherheitsbehörde für den Erlass sicherheitsrechtlicher Anordnungen sachlich zuständig. Es erschließe sich nicht, wie der Klägerbevollmächtigte zu der Behauptung gelange, dass mit der Weiterveräußerung dieselben Probleme in anderen Gemeindegebieten entstehen könnten, da es um die grundsätzliche Geeignetheit der Klägerin für die Hundehaltung gehe. Aus einem Aktenvermerk des Veterinäramts vom 10. Mai 2022 ergebe sich, dass die Klägerin bei einem Betriebsbesuch versucht habe, die Hunde gegen Polizisten zu hetzen. Nach Mitteilung der Polizeiinspektion ... gegenüber der Beklagten seien gegen die beiden Hundehalter noch mehrere strafrechtliche Verfahren u.a. wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte anhängig. Die Klägerin habe sich auch nach Erhalt des Bescheids vom 2. Mai 2022 nicht an die Beklagte gewandt und die Hunde abgegeben, vielmehr habe sie die Anzahl der gehaltenen Hunde weiterhin erhöht. Insgesamt hätten sich im Zeitpunkt der Ersatzvornahme 21 Hunde (im Gegensatz zu den Angaben der Klägerin mit lediglich zwölf Tieren) im Bereich des Wohnhauses der Klägerin aufgehalten. Aufgrund der hohen Anzahl der Hunde und der Verwahrung der Tiere innerhalb von Gebäuden lasse sich auch in der Nachtzeit ein lautes Bellen nicht verhindern. Aufgrund der vorliegenden Lärmbeschwerde sei der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt. Die aktenkundigen Vorfälle würden belegen, dass es im Zeitraum von Dezember 2018 bis einschließlich April 2022 zu wiederholten Fällen gekommen sei, in denen die Hunde zeitweise in Rudeln in der Ortschaft frei umhergelaufen seien. Trotz der Anordnung der Beklagten vom 11. März 2021 und trotz Bestandskraft dieser Anordnung durch Klagerücknahme (Au 8 K 21.906) in der mündlichen Verhandlung am 7. September 2021 sei es zu weiteren Ausbrüchen der Hunde gekommen. Auch wenn der Zaun an der Weide tatsächlich erhöht worden sei, sei die Maßnahme jedoch offensichtlich nicht geeignet gewesen, das wiederholte Ausbrechen der Tiere zu verhindern. Es seien weitere Gefahrensituationen zu befürchten. Der Vorfall mit dem Pony belege, dass eine Kooperationsbereitschaft nicht bestehe. Die Klägerin habe vielmehr versucht, staatliche Kontrollen zu verhindern, indem etwa die am Ort vorhandenen Hunde nicht weggesperrt worden seien. Bei dem Vorfall mit dem Pony hätten die Klägerin und ihr Lebensgefährte versucht, eine Dokumentation durch die Behörden zu verhindern. Auch bei der durchgeführten Ersatzvornahme habe die Polizei wegen des Verhaltens der Klägerin eingreifen müssen. Wie aus dem über den Einsatzverlauf der Ersatzvornahme gefertigten Aktenvermerk hervorgehe, sei seitens der Klägerin gewaltsam versucht worden, die Durchführung der Ersatzvornahme zu verhindern, so dass die Verwahrung im Polizeiwagen bzw. die Verbringung der Klägerin von der Polizei nach ... erforderlich gewesen sei. Bei der Haltungsuntersagung sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Die Klägerin sei für die Haltung der Hunde generell nicht geeignet. Es sei aufgrund des bisherigen Verhaltens auch nicht davon auszugehen, dass entsprechenden Anordnungen Folge geleistet würde. Verdeutlicht werde dies u.a. durch die Erhöhung des Bestands der gehaltenen Hunde nach Bescheidserlass. Im Rahmen der Ersatzvornahme sei festgestellt worden, dass sich fünf Hunde im Wohnhaus und der Rest im angrenzenden Schuppen befunden hätten. Der Einsatz sei gegen 6:00 Uhr erfolgt, sodass entgegen den Angaben der Klägerin die Hunde sich auch nicht vollständig nachts in der Zeit bis 6:00 Uhr im Haus befunden hätten. Aufgrund der aktenkundigen Vorfälle sei es auch abwegig, dass sich die Klägerin stets kooperativ verhalten hätte. Die Ausführungen in Bezug auf den „Sachkundenachweis“ seien im Hinblick auf die zugrundeliegenden Rechtsvorschriften nicht nachvollziehbar. Soweit eine Verletzung der Berufsfreiheit geltend gemacht werde, sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin und ihr Lebensgefährte keine Erlaubnis zum Züchten und Halten von Wirbeltieren nach dem Tierschutzgesetz hätten. Die Klägerin selbst habe stets bestätigt, dass sie Hunde nicht gewerbsmäßig züchte, sondern nur für den privaten Gebrauch. Eine entsprechende Gewerbeanmeldung liege ebenfalls nicht vor. Des Weiteren betreibe die Klägerin selbst keinen landwirtschaftlichen Betrieb und dem weiteren Bescheidsadressaten sei mit bestandskräftigem Bescheid vom 26. August 2020 die Rinder- und Schafsherdenhaltung untersagt worden. Soweit das Veterinäramt die Polizei hinzugezogen habe, sei dies darauf zurückzuführen, dass die Klägerin und ihr Lebensgefährte versucht hätten, Kontrollen zu verhindern, indem sie sich geweigert hätten, die Hunde wegzusperren. Teilweise sei sogar damit gedroht worden, die Hunde wieder rauszulassen, und es habe Äußerungen gegeben, dass „danach nicht mehr alle vom Grundstück gehen könnten“. Eine Zusammenarbeit mit der TU ... sei nicht belegt und ändere nichts am Verhalten der Klägerin. Die Beklagte habe zwischenzeitlich eine Kostenaufstellung gemacht, aus der sich Gesamtkosten aufgrund der Ersatzvornahme in Höhe von insgesamt 43.257,16 EUR ergäben. Hierin enthalten seien Tierheimkosten für die Unterbringung in Höhe von insgesamt 59.862,00 EUR im Zeitraum Oktober 2022 bis März 2023, Tierarztkosten in Höhe von insgesamt 6.288,89 EUR, sonstige Kosten sowie die bislang angefallenen Gerichtskosten. Die Verkaufserlöse von insgesamt 25.340,00 EUR seien in Abzug gebracht worden.
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Die Klage des Lebensgefährten der Klägerin gegen den Bescheid vom 8. April 2022 wurde mit Beschluss vom 17. März 2023 eingestellt (Au 8 K 22.1028). Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und der Prozesskostenhilfeantrag sind mit Beschluss der Kammer vom 2. Juni 2022 (Au 8 S 22.1029) abgelehnt worden. Die Beschwerde gegen den Beschluss im Eilverfahren wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. August 2022 verworfen (...). Die Beschwerde gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss wurde (als unbegründet) mit gleichem Beschluss zurückgewiesen (...).
18
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie in den Verfahren Au 8 S 22.2145 mit dem Beschwerdeverfahren, Au 8 S 23.38, Au 8 V 22.2010 mit den Beschwerdeverfahren ... und ... und die Akten im Verfahren des Lebensgefährten der Klägerin (Au 8 S 22.1029 mit den Beschwerdeverfahren ... und, Au 8 S 22.2146 und Au 8 K 22.1028, Au 8 V 22.2011) sowie auf die vorgelegten Behördenakte und auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 2. Mai 2022 ist bereits unzulässig.
20
1. Die Klage ist unzulässig, weil für die Klägerin keine ladungsfähige Anschrift vorliegt.
21
Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss die Klage den Kläger bezeichnen. Zur Bezeichnung des Rechtsschutzsuchenden im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO gehört nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO auch die Angabe seines Wohnortes. Die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift, unter der die Partei tatsächlich zu erreichen ist, ist erforderlich, um sie zu individualisieren und ihre Erreichbarkeit für das Gericht sicherzustellen. Es soll darüber hinaus dadurch auch gewährleistet werden, dass sie nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt werden kann und sich im Falle ihres Unterliegens ihrer Kostentragungspflicht nicht entziehen kann. Das gilt auch für ein verwaltungsgerichtliches Verfahren unter Mitwirkung eines Prozessbevollmächtigten oder wenn sich während des Verfahrens die ladungsfähige Anschrift ändert. Die Pflicht zur Angabe der Anschrift entfällt nur, wenn deren Erfüllung ausnahmsweise unmöglich oder unzumutbar ist. Solches wird etwa dann angenommen, wenn der Angabe der Anschrift unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse entgegenstehen (BVerwG, U.v. 13.4.1999 – 1 C 24/97 – juris; BayVGH, B.v. 7.12.2017 – 10 CE 17.2321 – juris Rn. 6 f.; B.v. 9.8.2016 – 10 CE 16.1145, 10 C 16.1146 – juris Rn. 15; B.v. 9.5.2016 – 10 ZB 15.677 – juris Rn. 4; B.v. 3.2.2016 – 10 ZB 15.1413 – juris Rn. 4). Entspricht die Klageschrift nicht den Anforderungen des § 82 Abs. 1 VwGO, hat das Gericht die Partei zu der erforderlichen Ergänzung aufzufordern (§ 82 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwGO). Wird auf diese Aufforderung hin eine ladungsfähige Anschrift nicht mitgeteilt, ist die Klage unzulässig.
22
Vorliegend ist die Klägerin seit mehreren Wochen unbekannten Aufenthalts. Zu einer Hauptverhandlung in einer Strafsache ist sie nicht erschienen. Das Amtsgericht ... hat deswegen Haftbefehl erlassen und sie zur Fahndung ausgeschrieben.
23
Auf Aufforderung des Gerichts hin hat zwar der Bevollmächtigte zu 1 der Klägerin eine neue Adresse in ... mitgeteilt. Dies entspricht jedoch nicht den Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO, da sich die Klägerin unter dieser Adresse offensichtlich nicht aufhält und auch nicht aufgehalten hat (so auch im Verfahren der Klägerin hinsichtlich der richterlichen Durchsuchungsanordnung: BayVGH, B.v. 29.3.2023 – 10 CS 23.239 – Rn. 5). Diese ergibt sich aus dem als Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 1. März 2023 übersandten Aktenvermerk des Polizeipräsidiums, Polizeidirektion S. (...) vom 7. Februar 2023, dem die Klägerin nicht widersprochen hat. Danach haben die eingesetzten Beamten vor Ort eine Person angetroffen, die angegeben hatte, dass er aktuell der Mieter des Hauses ist und dort alleine wohnt. Die mit Haftbefehl gesuchten Personen (die Klägerin und ihr Lebensgefährte) haben nie an der angegebenen Anschrift gewohnt, sondern sind dort nur gemeldet. Aktuell halten sich die gesuchten Personen wohl weiterhin in Bayern auf. Auch bei der Inaugenscheinnahme des Wohnbereiches und des Grundstücks haben die gesuchten Personen nicht aufgefunden werden können. Der Klägerbevollmächtigte zu 2 erklärte sowohl schriftlich als auch in der mündlichen Verhandlung, dass ihm der tatsächliche Aufenthalt der Klägerin nicht bekannt ist. Die Meldeadresse in ... entspricht nicht dem tatsächlichen Aufenthaltsort.
24
Ein Interesse an der Angabe der ladungsfähigen Anschrift liegt im vorliegenden Verfahren bereits deshalb vor, weil der Prozessgegner im Falle des Obsiegens wegen seiner außergerichtlichen Kosten regelmäßig einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Klägerin hat. Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat mitgeteilt, dass die Klägerin weder im Eilverfahren (Au 8 S 22.2145) noch im Beschwerdeverfahren (...) auf die Kostenfestsetzungsbeschlüsse hin bezahlt hat. Des Weiteren wäre die ladungsfähige Anschrift Voraussetzung gewesen, damit das Verwaltungsgericht hätte prüfen können, ob eine eventuelle Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin angemessen ist oder der Aufenthaltsort der Klägerin zu weit entfernt vom Gerichtsort liegt. Des Weiteren wäre diese Angabe erforderlich gewesen, um beispielsweise überprüfen zu können, ob aufgrund anderer örtlicher Verhältnisse die Haltung der Hunde zumindest hinsichtlich der Lärmproblematik anders zu beurteilen wäre.
25
Es ist für das Gericht auch nicht erkennbar, dass der Angaben der ladungsfähigen Anschrift unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen. An die Anerkennung der Geheimhaltungsinteressen sind strenge Anforderungen zu stellen (OLG München, U.v. 28.11.1996 – 1 U 3944/96 – juris Rn. 6). Gründe dafür wurden in der Rechtsprechung beispielsweise anerkannt, wenn ein Nachlasspfleger für unbekannte Erben klagt, in Verfahren einer sog. Inkognito-Adoption (BGH, U.v. 9.12.1987 – IVb ZR 4/87 – juris Rn. 9) oder im Fall eines Obdachlosen (BayVGH, B.v. 1.6.1992 – 12 CE 92.1201 – juris).
26
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass ein Haftbefehl vorliegt und sie sich bei Nennung ihrer Anschrift der konkreten Gefahr einer Verhaftung aussetzen würde, ist dies nach Auffassung des Gerichts nicht als schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse anzuerkennen. Zwar hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass bei der Gefahr einer Verhaftung es aus dem Gedanken des § 258 Abs. 5 des Strafgesetzbuches niemandem zugemutet wird, sich selbst der Strafvollziehung auszuliefern (BFH, U.v. 19.10.2000 – IV R25/00 – juris). Er hat daraus geschlossen, dass auch das Recht auf effektiven Rechtschutz nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes nicht davon abhängig gemacht werden könne, dass sich der Kläger der konkreten Gefahr der Verhaftung aussetze. Demgegenüber sei es von untergeordneter Bedeutung, dass eine mögliche Vollstreckung, die Betreibung der Gerichtskosten und die Durchsetzung des persönlichen Erscheinens erschwert würden. Das werde deutlich, wenn man unterstelle, dass sich der Kläger, um der Verhaftung aufgrund eines nationalen Haftbefehls zu entgehen, ins Ausland absetze. Es könne keinem Zweifel unterliegen, dass auch ein Steuerpflichtiger mit Wohnsitz im Ausland eine Klage vor dem Finanzgericht erheben könne. Auch wenn er seine Anschrift ordnungsgemäß angebe, wären Vollstreckung, Betreibung der Gerichtsgebühren und zwangsweise Durchsetzung des persönlichen Erscheinens unmöglich oder zumindest erheblich erschwert. Es könne unter dem Gesichtspunkt des Anspruchs auf effektiven Rechtschutz jedoch keinen Unterschied machen, ob es dem Kläger gelinge, seinen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen. Befinde er sich im Ausland, so könne es nach dem vorstehend Ausgeführten keinen Unterschied machen, ob er seinen Wohnort genau bezeichne oder etwa wegen Bestehens eines internationalen Haftbefehls verschweige. Eine ähnliche Auffassung hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW, B.v. 13.7.2007 – 16 B 224/07 – juris) vertreten. Im Rahmen der Interessensabwägung gelangte das OVG zu dem Ergebnis, dass das (alleinige) Interesse, den Antragsteller als Kostenschuldner zu den Gerichtskosten heranziehen zu können, geringer wiege, als die Gefahr der Verhaftung. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG BW, U.v. 9.6.2016 – L 7 SO 4619/15 – juris Rn. 24) hat in Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs offen gelassen, ob dieser Rechtsprechung unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung gefolgt werden könne.
27
Im Gegensatz zu dieser Rechtsprechung ist die Kammer der Auffassung, dass das Interesse der Klägerin, in Vollzug des bestehenden Haftbefehls nicht verhaftet zu werden, nicht als schutzwürdig von der Rechtsordnung anzuerkennen ist, auch wenn sich die Klägerin nicht von sich aus zu stellen braucht. Dies würde ansonsten einen unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung unlösbaren Widerspruch bedeuten (so auch OLG München, U.v. 28.11.1996 – 1 U 3944/96 – juris Rn. 7; Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 82 Rn. 4). Vergleichbar ist insoweit auch die Situation eines Ausländers, der eine Abschiebung befürchtet, und dem trotzdem nicht zugestanden wird, von der Angabe einer Wohnungsanschrift abzusehen (VGH BW, B.v. 25.10.2004 – 11 S 1992/04 – juris). Insoweit ist im vorliegenden Verfahren auch zu berücksichtigen, dass nach Mitteilung des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung die Klägerin sich nicht im Ausland aufhält und (im Gegensatz zu der oben zitierten Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19.10.2000) somit eine Vollstreckung der Forderungen des Prozessgegners möglich ist. Auch ist zu berücksichtigen, dass es sich hier nicht um die Betreibung der Gerichtsgebühren handelt, sondern um die Kosten der Gegenseite.
28
2. Im Übrigen wäre die Klage auch unbegründet, da sich der streitgegenständliche Bescheid nicht als rechtswidrig erweist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird insoweit gem. § 117 Abs. 5 VwGO auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen und ergänzend ausgeführt:
29
(a) Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
30
Zwar wurde die Klägerin vor Erlass des Bescheides nicht angehört. Die Beklagte konnte davon jedoch wegen Gefahr im Verzug gem. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG absehen. Im Hinblick auf die – im Zeitpunkt des Bescheidserlasses -aktuellen Vorfälle ist die Beklagte nachvollziehbar im Rahmen einer Ermessensentscheidung davon ausgegangen, dass ein schnelles Handeln erforderlich ist. Im Übrigen ist ein etwaiger Anhörungsmangel jedenfalls nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BayVwVfG unbeachtlich, da die Anhörung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit heilender Wirkung nachgeholt werden kann. Insbesondere ist dabei zu berücksichtigen, inwiefern zu erwarten ist, dass sich mit einer Nachholung der Anhörung der Tatsachenstoff mit Auswirkungen für die materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts verändern wird. Die Beklagte hat sich nicht nur auf die Verteidigung der getroffenen Verwaltungsentscheidung beschränkt, sondern ausführlich mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt und eindeutig, umfassend und klar zu erkennen gegeben, dass sie ihr Vorbringen unvoreingenommen zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat, aber dennoch zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Anordnungen aufrechterhalten bleiben (so auch im Beschwerdeverfahren der Klägerin: BayVGH, B.v. 2.1.2023 – 10 CS 22.1560 Rn. 12; in BeckOK VwVfG/Schemmer, 49. Ed. 1.10.2020, VwVfG, § 45 Rn. 42.1).
31
Ebenso wenig bestehen Bedenken, an der sachlichen Zuständigkeit der Beklagten als Sicherheitsbehörde nach Art. 6 LStVG (so auch im Beschwerdeverfahren der Klägerin: BayVGH, B.v. 2.1.2023 – 10 CS 22.1560 Rn. 11).
32
(b) Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
33
Die Beklagte hat die Anordnungen auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG sowie auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG gestützt. Nach diesen Vorschriften können die Sicherheitsbehörden, zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anordnungen für den Einzelfall treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden (Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG), oder um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen (Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG).
34
Ungeachtet der Begründung im streitgegenständlichen Bescheid unterliegt die von der Beklagten getroffene Einschätzung hinsichtlich der Gefahrenprognose in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris Rn. 22). Unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes ist die von der Beklagten getroffene Gefahrenprognose gerichtlich nicht zu beanstanden.
35
Die Klägerin hat im Zusammenhang mit der Haltung ihrer Hunde Ordnungswidrigkeiten im Sinne des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG begangen. Seit August 2017 gab es Lärmbeschwerden der Nachbarn. Mit Urteil des Amtsgerichts ... (Az. ...) vom 11. April 2019 wurde aufgrund Zeugeneinvernahme und eines Lärmprotokolls über den Zeitraum von April 2018 bis September 2018 festgestellt, dass sich die Klägerin und ihr Lebensgefährte der vorsätzlichen Lärmbelästigung gem. § 117 Abs. 1 OWiG schuldig gemacht haben. Es wurde jeweils eine Geldbuße in Höhe von 100,- EUR festgesetzt. Des Weiteren erließ das zuständige Landratsamt am 5. Februar 2020 einen Bußgeldbescheid mit einer Geldbuße in Höhe von 200,- EUR. Dem zugrunde lagen Lärmbeschwerden von Anwohnern protokolliert über einen Zeitraum vom 14. Juli 2019 bis zum 24. September 2019 und nach wie vor auch zur Nachtzeit (Bl. 110 der Behördenakte). Weitere aktuelle Lärmbeschwerden sind aktenkundig von der Schwester des Verpächters des Stalles, des Pfarrers von der Kirche in ... vom 26. Januar 2022, der sich in der Nachtruhe gestört fühlt und von Störungen der Gottesdienste und Beerdigungen berichtet, und eines weiteren Anwohners, der ein Lärmprotokoll vom 6. April 2022 vorgelegt hat. Soweit die Klägerin vorträgt, die Hunde in der Nachtzeit in dem Wohnanwesen innerhalb des Gebäudes zu verwahren, verhindert dies offensichtlich nicht lautes Bellen der Hunde, die sich im Nebengebäude (Holzschuppen) und im Stall in der ...straße aufhalten, auch in der Nachtzeit. Zudem hat sich bei der Durchführung der Ersatzvornahme gezeigt, dass sich entgegen den Angaben der Klägerin nicht alle Hunde nachts in der Zeit bis 6.00 Uhr im Haus befinden (vgl. Protokoll über den Einsatzablauf der Beklagten vom 27.10.2022).
36
Lautes Hundegebell ist bereits aufgrund seiner Eigenart als ungleichmäßiges, lautes Geräusch dazu geeignet, das körperliche und seelische Wohlbefinden eines verständigen Durchschnittsmenschen zu beeinträchtigen. Belästigungen sind zudem erheblich, also nicht mehr geringfügig, wenn sie das übliche und zumutbare Maß übersteigen. Dies richtet sich nach Stärke, Häufigkeit und Dauer des Lärms sowie nach dem konkreten Zeitpunkt der Lärmimmission und deren Ortsüblichkeit (VG Augsburg, B.v. 19.11.2020 – Au 8 S 20.2142 – juris Rn. 50, 51). Aufgrund der zahlreichen über Jahre andauernde Beschwerden und auch im Hinblick auf die hohe Anzahl der Hunde ist der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 117 Abs. 1 OWiG erfüllt und die Behörde konnte grundsätzlich entsprechende Anordnungen treffen, auch zur Verhütung zukünftiger Ordnungswidrigkeiten, da deren Eintritt hinreichend wahrscheinlich zu erwarten steht.
37
Auch Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG ist vorliegend erfüllt. Es ist zum einen bereits davon auszugehen, dass von großen Hunden, die auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei umherlaufen oder durch eine nicht ausbruchsichere Unterbringung dieser Hunde in der Regel eine konkrete Gefahr für Leib und Leben Dritter ausgeht (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 13.11.2018 – 10 CS 18.1780 – juris Rn. 10; B.v. 11.2.2015 – 10 ZB 14.2299 – juris Rn. 5; U.v. 9.11.2010 – 10 BV 06.3053 – juris Rn. 25; U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris). Die Pyrenäenberghunde wurden bereits mehrfach herrenlos streunend beobachtet (vgl. Vorfälle vom 4. Dezember 2018, 22. Januar 2019, 1. Februar 2019, 16. April 2020 und 11. September 2020, bei denen Hunde der Klägerin u.a. am Kindergarten, beim ...weiher und an der Ortsverbindungsstraße beim Kreisverkehr gesichtet wurden). Die Hunde wurden des Weiteren am 14. Februar 2021 (acht streunende Hunde in Richtung des Kreisverkehrs), am 20. Februar 2021 (vor dem Kindergarten, innerorts in einem Pferdestall sowie am Kreisverkehr) und am 22. Februar 2021 (fünf Hunde im Ort, beim Reitstall, in den Gärten von Anwohnern und im Bereich der Staatsstraße) gesichtet. Zu weiteren Vorfällen kam es u.a. am 10. Februar 2022, an dem sich eine Radfahrerin von zwei Hunden verfolgt fühlte, am 14. Februar 2022, an dem wiederum drei freilaufende Hunde auf der Straße gesichtet worden sind, und im März 2022, von denen der Jagdpächter berichtet hat. Des Weiteren kam es zu einem schweren Vorfall am 30. März 2022, bei dem das Pony der Klägerin bzw. ihres Lebensgefährten durch einen oder mehrere Hunde verletzt worden ist. Soweit die Klägerin den Hergang bestreitet und behauptet, dass die Verletzung des Ponys auf andere Art und Weise erfolgt sei, wird dies als reine Schutzbehauptung gewertet. Nach den Aussagen des Nachbarn, der den Vorfall beobachtet hat, und den Stellungnahmen der nach dem Beißvorfall eingetroffenen Polizeibeamten und des Leiters des Veterinäramtes geht das Gericht aufgrund der übereinstimmenden Schilderungen und der vorliegenden Tatsachen (wie blutverschmierte Hunde) davon aus, dass das Pony von den Hunden gebissen worden ist. Dagegen hat die Klägerin nichts substantiiert vorgetragen.
38
Vor allem aber zeigt das Verhalten der Klägerin, dass weitere Gefahrensituationen sehr wahrscheinlich sind. Auch wenn die Klägerin (vor Bescheidserlass) – im Gegensatz zu ihrem Lebensgefährten – nicht so weit ging, die Hunde u.a. dazu zu benutzen, andere Personen zu bedrohen, versuchte sie aber beispielsweise, Kontrollen staatlicher Behörden zu verhindern, indem sie z.B. nur zögerlich und erst nach mehrmaliger Aufforderung, die Hunde wegzusperren, um den Zugang zu ermöglichen, dieser Aufforderung nachkam (vgl. Bericht der Polizei über den Vorfall am 30.3.2022).
39
Wegen weiteren Vorfällen und Beobachtungen wird gem. § 117 Abs. 5 VwGO auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen. Darauf, ob die Hunde der Klägerin tatsächlich auch den Tod des Rehs verursacht haben, kommt es nicht an, da dieser Vorfall im Vergleich zu sonstigen Vorfällen nicht mehr entscheidend ins Gewicht fällt.
40
Davon ausgehend ist die von der Beklagten vorgenommene Gefahrenprognose, dass es bei der vorliegenden Halter-Hund-Konstellation mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der besonders schutzwürdigen Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder anderer Tiere kommen wird, gerichtlich nicht zu beanstanden. Diese Einschätzung deckt sich auch mit dem weiteren Verhalten der Klägerin nach Bescheidserlass, als sie am 10. Mai 2022 bei dem Betriebsbesuch des Veterinäramtes, bei der das Pony hätte weggebracht werden sollen, laut Aussage des Veterinäramtes vorsätzlich versucht habe, die Hunde auf die Polizisten zu hetzen (vgl. Aktenvermerk des Landratsamtes vom 10.5.2022).
41
Da es maßgeblich um Eignungsmängel der Klägerin bei der Haltung von Hunden geht, ist auch nicht davon auszugehen, dass die Hunde bei Dritten weiterhin eine Gefahr darstellen, da bei entsprechender Haltung durch geeignete Personen eine Gefahr ausgeschlossen werden kann. Insoweit kommt auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht.
42
(c) Die auf Grundlage von Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 LStVG getroffenen Entscheidungen in Form der Untersagung der Haltung der Pyrenäenberghunde sowie die Verpflichtung zur Abgabe dieser Hunde sind angesichts der Gesamtumstände des Einzelfalls ermessensgerecht und stehen im Einklang mit den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus Art. 8 Abs. 1 LStVG. Ein Hundehaltungsverbot nach dieser Regelung setzt voraus, dass der Halter nicht für die Haltung der Pyrenäenberghunde geeignet ist. Der Einschätzung der Beklagten, dass dies bei der Klägerin der Fall ist, ist gerichtlich nicht zu beanstanden.
43
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung, der sich das erkennende Gericht anschließt, davon aus, dass mit Blick auf die hohe Eingriffsintensität insbesondere auch in das Grundrecht aus Art. 14 GG die umfassende Untersagung der Hundehaltung für den Betroffenen die einschneidendste denkbare Maßnahme zur Verhütung und Unterbindung einer von einer Hundehaltung ausgehenden Gefahr und daher in der Regel nur dann verhältnismäßig i.S.d. Art. 8 Abs. 1 LStVG ist, wenn sich der Hundehalter dauerhaft und hartnäckig weigert, einer bestehenden sicherheitsbehördlichen Anordnung nachzukommen (vgl. BayVGH, B.v. 20.8.2021 – 10 CS 21.2097 – juris Rn. 19; B.v. 12.3.2018 – 10 ZB 18.103 – juris Rn. 8; B.v. 6.3.2015 – 10 ZB 14.2166 – juris Rn. 8; B.v. 26.2.2014 – 10 ZB 13.2476 – juris Rn. 4.; für ein Pferdehaltungsverbot: B.v. 21.3.2014 – 10 ZB 12.740 – juris Rn. 11 m.w.N.). Vor Erlass einer solchen Haltungsuntersagung muss die Behörde deshalb grundsätzlich zunächst erfolglos Zwangsmittel zur Durchsetzung von Anordnungen zur Haltung von Hunden eingesetzt haben. Nur in Einzelfällen kann ausnahmsweise die Haltungsuntersagung als allein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr in Betracht kommen. Dies ist jedoch bei einer umfassenden Haltungsuntersagung nur dann der Fall, wenn von vornherein feststeht, dass der Halter nicht geeignet für die Haltung von Hunden ist. In einem solchen Fall ist jedoch im Bescheid genau zu begründen, weshalb die Haltungsuntersagung die einzig sinnvolle und erfolgversprechende Maßnahme ist und weshalb weniger einschneidende Maßnahmen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht ausreichen (BayVGH, B.v. 6.3.2015 – 10 ZB 14.2166 – juris Rn. 8; B.v. 29.9.2011 – 10 ZB 10.2160 u.a. – juris Rn. 13). Ebenso ist genau zu prüfen, ob es ausreicht, nur die Haltung des auffällig gewordenen Hundes zu untersagen, ob die Untersagung der Haltung von Hunden bestimmter Rassen oder einer bestimmten Größe erforderlich, aber auch ausreichend ist, oder ob die Gefahrenlage eine generelle Untersagung der Hundehaltung erforderlich macht (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2018 – 10 ZB 18.103 – juris Rn. 8 ff.).
44
Die umfassende Haltungsuntersagung ist auch gerechtfertigt bei gravierenden Eignungsmängeln des Hundehalters (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand Oktober 2019, Art. 18 Rn. 81a m.w.N.). Entscheidend ist, dass das in der Vergangenheit gezeigte Verhalten des Hundehalters darauf schließen lässt, dass dieser seiner Verantwortung im Hinblick auf das mit der Haltung eines auffälligen, insbesondere gefährlichen Hundes verbundene Risiko nicht gerecht wird. Gerechtfertigt ist eine (umfassende) Haltungsuntersagung auch bei einem deutlichen Aggressions- oder Gewaltpotenzial des Hundehalters (vgl. Bengl/Berner/ Emmerig, LStVG, Art. 18 Rn. 81a m.w.N.).
45
In Anwendung dieser Grundsätze ist die von der Beklagten angeordnete Haltungsuntersagung gerichtlich nicht zu beanstanden. Dies wurde auch bereits vom Bayerischen Verwaltungsgerichthof im Beschwerdeverfahren der Klägerin (B.v. 2.1.2023 – ...) und auch im Beschwerdeverfahren des Lebensgefährten der Klägerin (Ablehnung der Prozesskostenhilfe, BayVGH, B.v. 8.8.2022 – ... – Rn. 9, den Beteiligten bekannt) bestätigt. Die Klägerin bietet nicht die nötige Gewähr für eine verantwortungsbewusste Haltung und Vorgehensweise im Umgang Hunden. Dies ergibt sich bereits aus den oben ausgeführten Vorfällen. Gerade der Einsatz des Hundes als Waffe oder als Mittel der Einschüchterung gegenüber anderen Menschen ist Ausdruck der Verantwortungslosigkeit des Halters und rechtfertigt die sofortige Haltungsuntersagung. Denn darin liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen die Pflichten als Hundehalter (VG München, U.v. 24.6.2014 – M 22 K 13.4848 – juris Rn. 29 f.). Auch die Klägerin hat einmal versucht, die Hunde zur Einschüchterung zu benutzen, indem sie sie nicht unmittelbar weggesperrt hat, als Kontrollen anstanden. Am 10. Mai 2022 bei dem Betriebsbesuch des Veterinäramtes, bei der das Pony hätte weggebracht werden sollen, hat sie laut Aussage des Veterinäramtes des Weiteren versucht, die Hunde auf die Polizisten zu hetzen (vgl. Aktenvermerk des Landratsamtes vom 10.5.2022).
46
Dies zeigt die Verantwortungslosigkeit der Klägerin und ihre charakterliche Ungeeignetheit, die Hunde so zu halten, dass diese keine Gefahr für andere darstellen. Hinzu kommt das Verhalten der Klägerin in verschiedensten Situationen, die zeigen, dass sie uneinsichtig und nicht belehrbar ist. So zeigen die neueren Lärmbeschwerden, dass die Klägerin trotz bereits erfolgter Verurteilung und eines Bußgeldbescheids nicht gewillt ist, für entsprechende Abhilfe zu sorgen. Auch hinsichtlich der sicherheitsrechtlichen Anordnung vom 11. März 2021, für eine ausbruchsichere Unterbringung der Hunde zu sorgen, ließ sie es trotz negativem Ausgangs eines Eilverfahrens (Au 8 S 21.907) auf die Fälligstellung des Zwangsgelds ankommen. Die in der mündlichen Verhandlung im Hauptsacheverfahren (Au 8 K 21.906) für ausreichend erachtete Erhöhung des Zaunes in Höhe von 1,20 m und eines stromführenden Gitternetzes oder einer sonstigen stromführenden Einzäunung, hat sie dann zwar wohl fristgerecht umgesetzt, wobei von der Beklagten nicht festgestellt werden konnte, ob die angebrachten Elektrodrähte tatsächlich stromführend sind. Aber obwohl es danach zu weiteren Ausbrüchen der Hunde gekommen ist, hat die Klägerin dies nicht zum Anlass genommen, weitere, effektivere Maßnahmen zu ergreifen. Die angebrachten GPS-Tracker verhindern nicht ein weiteres Ausbrechen. Mildere Mittel, die geeignet wären, die Gefahr abzuwehren, kommen somit nicht in Betracht.
47
Auch Eingriffe in die Berufsfreiheit der Klägerin nach Art. 12 GG sind nicht zu erkennen. So betreibt sie weder eine Landwirtschaft, noch liegt eine Gewerbeanmeldung bzw. eine tierschutzrechtliche Erlaubnis zum Züchten von Hunden (vgl. Bl. 2, 3 und 6 der Behördenakte) vor. Im Übrigen wären eventuelle Eingriffe aufgrund des Schutzes der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt. Dem Lebensgefährten der Klägerin wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 26. August 2020 die Rinder- und Schafsherdenhaltung untersagt. Ebenso wenig ist ersichtlich, inwieweit die Wissenschaftsfreiheit berührt sein soll. Dies gilt insbesondere für die Behauptung, die Tiere seien Gegenstand einer Feldstudie im Rahmen eines Hochschulprojekts gewesen, für die im Übrigen auch keine Belege vorgelegt wurden. Inwiefern eine Feldstudie für die angestellte Gefahrenprognose von Bedeutung sein soll, wird nicht dargelegt und erschließt sich auch sonst nicht (BayVGH, B.v. 2.2.2013 – 10 CS 22.2546 Rn. 7 des BA).
48
Des Weiteren hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 17. Mai 2023 den streitgegenständlichen Bescheid in Ziffer 2 entsprechend ergänzt hat und die Haltung von einzelnen, nicht gefährlichen, kleinen (Schulterhöhe bis 30 cm) Hunden von der Haltungsuntersagung ausgenommen hat, sodass auch insoweit der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist.
49
(d) Die Klägerin ist richtige Adressatin der Anordnung nach Art. 9 Abs. 2 LStVG. Da vorliegend das Verhalten eines Tieres Maßnahmen nach dem LStVG notwendig macht, sind diese gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten.
50
Der Halter trägt die Verantwortung dafür, dass die verfügten Maßnahmen umgesetzt und die Verpflichtungen eingehalten werden. Halter ist, wer ein eigennütziges Interesse an der Haltung des Hundes und die Befugnis hat, über dessen Betreuung und Existenz zu entscheiden. Eigentum bzw. Eigenbesitz sind für die Bejahung der Haltereigenschaft nicht Voraussetzung, belegen jedoch das eigennützige Interesse und das Vorliegen der Entscheidungsbefugnis über den Hund. Indizien hierfür sind, wer die Bestimmungsgewalt über den Hund hat, für seine Kosten aufkommt, seinen allgemeinen Wert und Nutzen für sich in Anspruch nimmt und das Risiko seines Verlustes trägt. Wer „Halter“ i.S.d. Steuerrechts ist, also die Hundesteuer bezahlt, hat keine Auswirkung auf die Frage, wer Halter i.S.d. Sicherheitsrechts und damit Adressat einer sicherheitsrechtlichen Anordnung ist (VG Würzburg, U.v. 13.10.2016 – W 5 K 15.1135 – juris Rn. 52). Gibt es mehrere Halter, ist (soweit die Gefahr nicht ausschließlich mit einem Halter verbunden ist) gegen alle Halter ein Bescheid zu richten, andernfalls ist eine Anordnung ungeeignet (VG Würzburg, B.v. 26.8.2010 – W 5 S 10.907 – juris Rn. 11).
51
Aus dem bisherigen Verlauf, dem Auftreten der Klägerin mit ihrem Lebensgefährten und den einzelnen Vorfällen ergibt sich, dass beide als Halter der Hunde anzusehen sind, unabhängig von den konkreten Eigentumsverhältnissen.
52
(e) Damit erweist sich auch die Ziffer 3 des Bescheides hinsichtlich der Abgabeverpflichtung als rechtmäßig. Wird die Haltung von (bestimmten) Hunden untersagt, ist zugleich auch nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG die Abgabe solcher Hunde innerhalb einer bestimmten Frist anzuordnen. Die Sicherheitsbehörde kann verfügen, dass der Halter die betreffenden Hunde an eine geeignete Person oder beispielsweise ein Tierheim übergeben muss (BayVGH, U.v. 18.9.2017 – 10 B 17.50 – juris). Die Behörde kann auch die Vorlage eines Nachweises der Abgabe fordern (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 18 Rn. 82 m.w.N). Auch die gesetzte Frist war angemessen.
53
(f) Die Androhung der Ersatzvornahme i.S.v. Art. 32 VwZVG ist ebenfalls nicht ermessensfehlerhaft. Hinsichtlich der Abgabe der Hunde als vertretbare Handlung ist die Ersatzvornahme das richtige Zwangsmittel (VG Würzburg, B.v. 8.8.2012 – W 5 S 12.660 – juris). Eine Übereignung an das Tierheim im sachenrechtlichen Sinne war offensichtlich nicht beabsichtigt. So hat die Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Hunde dem Tierheim nicht übereignet worden seien. Die spätere Übereignung der Hunde an Dritte erfolgte dann im Rahmen des Verwertungsverfahrens der sichergestellten Hunde. Das Verwaltungsgericht hat des Weiteren innerhalb der Grenzen des § 114 VwGO nur zu prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Beklagte hat insbesondere in nachvollziehbarer Weise begründet, dass als milderes Mittel eine Zwangsgeldandrohung (Art. 31, 36 VwZVG) nicht in Betracht kommt. Ein Zwangsgeld i.S.v. Art. 31 VwZVG hat keinen Erfolg erwarten lassen. Die Beklagte hat insoweit darauf abgestellt, dass bereits eine sicherheitsrechtliche Anordnung (Bescheid vom 11.3.2021) sowie die Fälligstellung eines entsprechenden Zwangsgelds erfolgten und nicht bewirken konnten, dass die Klägerin ihren Pflichten nachkommt. Auch weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass im Hinblick auf die anderenfalls für bedeutende Rechtsgüter drohende Gefahr eine weitere Verzögerung, die mit einem Versuch, den Willen des Verpflichteten zunächst durch ein milderes Zwangsmittel zu beugen, verbunden ist, nicht in Kauf genommen werden kann.
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3. Soweit die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid mit Schriftsatz vom 17. Mai 2023 in Ziffer 2 entsprechend ergänzt hat und die Haltung von einzelnen, nicht gefährlichen, kleinen (Schulterhöhe bis 30 cm) Hunden von der Haltungsuntersagung ausgenommen hat, hat sich das Verfahren erledigt und es besteht insofern kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.
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4. Da die Klage erfolglos ist, ist es auch nicht erforderlich, die Zuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig zu erklären.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.