Titel:
Bestellung eines Ergänzungspflegers
Normenkette:
§ 181, § 1629 Abs. 2, § 1824
Leitsätze:
1. Die mit der Bestellung eines Ergänzungspflegers verbundene Einschränkung des Rechts der elterlichen Sorge kann auch durch den Sorgeberechtigten gerügt werden. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Übertragung eines Kommanditanteils, dessen Einlage vollständig bezahlt ist, ist für den Erwerber nach herrschender Auffassung lediglich rechtlich vorteilhaft. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bestellung eines Ergänzungspflegers, Einschränkung der elterlichen Sorge, Übertragung eines Kommanditanteils
Vorinstanz:
AG Ebersberg, Beschluss vom 09.02.2023 – 054 F 884/22
Fundstellen:
FGPrax 2023, 266
ErbR 2024, 72
NWB 2024, 386
FamRZ 2024, 111
GmbHR 2024, 92
RNotZ 2024, 130
ZEV 2024, 477
LSK 2023, 22581
BeckRS 2023, 22581
Tenor
1. Der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Ebersberg vom 09.02.2023 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass es für die Übertragung eines Kommanditanteils von 194,00 € an der L. & F. Objekt: K. 7 + 13 GmbH & Co. KG durch Herrn L. L., geboren am …1961, an Herrn T. L., geboren am …2005, nicht der Bestellung eines Ergänzungspflegers bedarf.
3. Von der Erhebung der Gerichtskosten wird für beide Instanzen abgesehen. Die außergerichtlichen Auslagen der Beteiligten werden nicht erstattet.
4. Der Verfahrenswert wird für das Verfahren in beiden Instanzen auf 4.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Beschwerdeführerin ist die Mutter des Pfleglings. Sie ist Geschäftsführerin der K.str. Verwaltungs GmbH (vormals L. & F. GmbH). Sie ist einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Weiterhin ist sie Kommanditistin der L. & F. Objekt: K.straße 7 + 13 GmbH & Co. KG mit einer Einlage in Höhe von 400,00 €. Schließlich ist sie alleinige gesetzliche Vertreterin des Kindes T. L., geboren am …2005, dem Pflegling (im folgenden: betroffenes Kind).
2
Im Handelsregister des Amtsgerichts München Abteilung A ist unter der Handelsregister-Nr. ... die L. & F. Objekt: K.straße 7 + 13 GmbH & Co. KG eingetragen.
3
Kommanditisten dieser Gesellschaft sind Frau M. F. mit einer Einlage in Höhe von 400,00 €, Frau H. L., die Beschwerdeführerin, mit einer Einlage in Höhe von 400,00 € und Herr L. L., der Bruder der Beschwerdeführerin und Onkel des betroffenen Kindes ebenfalls mit einer Einlage in Höhe von 400,00 €. Komplementärin dieser Kommanditgesellschaft ist die K.str. Verwaltungs GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRB …69.
4
Bis 20.12.2022 war Komplementärin die M. F. Verwaltungs GmbH, ebenfalls eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter der Register-Nr. HRB …100.
5
Die Komplementärin ist an dem Kapital der Kommanditgesellschaft nicht beteiligt. Im Übrigen sind die Einlagen der Kommanditisten in voller Höhe eingezahlt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Versicherung der Beteiligten sowie den Kontoauszug der Kreissparkasse S./E. für das Geschäftsgirokonto …87 vom 1. Dezember 2022 verwiesen.
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Gegenstand der Gesellschaft ist die Vermietung und Verwaltung von Grundbesitz. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf § 2 des Gesellschaftsvertrags vom 1. Dezember 2022 verwiesen.
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Gemäß § 20 des Gesellschaftsvertrags ist die Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf Dritte zulässig. Erforderlich ist lediglich die dem Gesellschafter gegenüber zu erklärende Zustimmung der Gesellschafterversammlung durch mit Mehrheit gefassten Beschluss. § 20 des Gesellschaftsvertrags enthält folgende Regelung:
„§ 20 Verfügung über Gesellschaftsanteile Absatz 1
Jeder Gesellschafter kann seinen Gesellschaftsanteil ganz oder teilweise nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung abtreten oder belasten. Die Zustimmung bedarf eines mehrheitlichen Gesellschafterbeschlusses.
Ziffer 1 gilt entsprechend für die Bestellung eines Nießbrauchs (die Verpfändung, die Begründung von Treuhandverhältnissen sowie die Einräumung von Unterbeteiligungen, auch an Teilanteilen. Die Sicherungsübereignung des Geschäftsanteils bzw. Teilen hiervon sind untersagt.
Der über seinen Gesellschaftsanteil verfügende Gesellschafter muss denjenigen, der durch die Verfügung Gesellschafter wird, verpflichten, die Bestimmungen dieses Gesellschaftsvertrages zu akzeptieren.“
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Durch Erklärung vom 15.12.2022 teilte der Onkel des betroffenen Kindes, Herr L. L., seinen KG-Anteil in zwei Anteile zu je 194,00 € und einen Anteil zu 12,00 € auf.
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Den Anteil zu 12,00 € will der Onkel des betroffenen Kindes weiter halten.
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Hinsichtlich der Teilanteile zu je 194,00 € gab er auf den Abschluss eines Schenkungs- und Übertragungsvertrags gerichtete Erklärungen gegenüber seinem Neffen, Herrn M. F., geboren am … 2001 (volljährig) und T. L., geboren am …2005, dem betroffenen Kind, ab. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Übertragungs- und Schenkungserklärung vom 15.12.2022 nebst beigefügtem Schenkungsvertrag verwiesen.
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Die Schenkung soll unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs zu Gunsten des Veräußerers, Herrn L. L., erfolgen.
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Die Schenkung sieht weiterhin eine Anrechnung des Werts des Geschenks auf Pflichtteilsansprüche vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Ziffer 7 des Schenkungsvertrags verwiesen.
13
Die Gesellschafter erklärten ihre Zustimmung zu der Übertragung der T. KG-Anteile (Ziffer V des Übertragungsvertrags). Hinsichtlich der Bestellung des Nießbrauchs sollte die Übertragung vorbehaltlich der Zustimmung der Gesellschafter erfolgen. Mit Schriftsatz vom 21.12.2022 wurde für den Vollzug dieses Geschäftes die Erteilung eines Negativattestes beantragt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 21.12.2022 verwiesen.
14
Das Amtsgericht – Familiengericht – Ebersberg wies die Beteiligten durch Verfügung vom 27.01.2023 darauf hin, dass nach seiner vorläufigen Auffassung kein rein vorteilhaftes Rechtsgeschäft zu Gunsten des betroffenen Kindes vorliege. Der Erwerb eines Gesellschaftsanteils sei mit einem Bündel an Rechten und Pflichten verbunden.
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Bei der Anrechnung auf den Pflichtteil sei das Niederstwertprinzip nicht beachtet worden. Schließlich sei die Gesellschafterbestellung nicht unter der aufschiebenden Bedingung erfolgt, dass erst der Eintritt in die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird.
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Die Mutter des betroffenen Kindes beantragte mit Schriftsatz vom 07.02.2023 hilfsweise die Bestellung von Herrn Rechtsanwalt P. als Ergänzungspfleger. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 07.02.2023 verwiesen.
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Durch Beschluss vom 09.02.2023 ordnete das Amtsgericht – Familiengericht – Ebersberg für das Kind T. L. Ergänzungspflegschaft mit dem Wirkungskreis: Vertretung von T. L., geboren am …2005, hinsichtlich der Überlassung der Kommanditanteile von Herrn L. L., geboren am …1961, an der L. & F. Objekt: K.straße 7 und 13 GmbH & Co. KG an und bestellte Frau Rechtsanwältin D. als Ergänzungspflegerin.
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Zur Begründung führte das Amtsgericht – Familiengericht – Ebersberg aus, dass das Geschäft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sei, da die Übertragung des Gesellschaftsanteils nicht unter der Bedingung der Eintragung erfolgt sei. Die alleinige gesetzliche Vertreterin des betroffenen Kindes, Frau H. L., sei von der Vertretung gemäß §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1795 Abs. 2 i.V.m. § 181 Alternative 1 BGB ausgeschlossen. Rechtsanwältin D. sei bereit, die Ergänzungspflegschaft zu übernehmen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 09.02.2023 verwiesen. Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Mutter des betroffenen Kindes vom 17.02.2023, die zunächst darauf gestützt war, dass nicht Rechtsanwalt P. als Ergänzungspfleger bestellt wurde.
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Mit Schriftsatz vom 03.04.2023 führte Rechtsanwalt P. für die Beschwerdeführerin aus, dass an den Einwänden gegen die Bestellung von Rechtsanwältin D. nicht festgehalten werde, jedoch die Voraussetzungen für die Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht vorlägen.
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Das Geschäft sei für das betroffene Kind lediglich rechtlich vorteilhaft. Da die Hafteinlage vollständig bezahlt sei, sei das Geschäft nicht mit Haftungsrisiken verbunden. Durch das MoPeG sei § 176 HGB dahingehend geändert worden, dass im Fall der Übertragung eines KG-Anteils der Erwerber auch schon vor seiner Eintragung nicht unbeschränkt hafte, wenn die Einlage vollständig erbracht wurde. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 03.04.2023 verwiesen.
21
Die Ergänzungspflegerin wies darauf hin, dass das Geschäft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sei, da die Übertragung des Gesellschaftsanteils nicht unter die aufschiebende Bedingung der Eintragung ins Handelsregister gestellt worden sei und im Übrigen unter Verstoß gegen das Niederstwertprinzip eine Anrechnung des Werts der Zuwendung auf den Pflichtteil vorgesehen sei.
22
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
23
Die Beschwerdeführerin ist beschwerdebefugt. Sie wendet sich gegen den Eingriff in das ihr allein zustehende Recht der elterlichen Sorge und das daraus folgende Recht zur alleinigen Vertretung des Kindes durch die Bestellung eines Ergänzungspflegers. Die mit der Bestellung eines Ergänzungspflegers verbundene Einschränkung des Rechts der elterlichen Sorge kann auch durch den Sorgeberechtigten gerügt werden (BeckOK BGB/Veit Stand 01.01.2023, § 1629 BGB Rn. 75 m.w.N.).
24
Die Beschwerdeführerin ist gemäß §§ 1629 Abs. 2, 1824 Abs. 2, 181 BGB (§§ 1795 Abs. 2, 181 BGB a.F.) nicht davon ausgeschlossen, das betroffene Kind bei der Annahme des Angebots zum Abschluss eines Schenkungsvertrags zu vertreten.
25
Es liegt kein Insichgeschäft vor. Das Angebot zum Abschluss des Schenkungsvertrages wurde abgegeben durch den Bruder der Beschwerdeführerin, Herr L. L.
26
Die Beschwerdeführerin hat das Angebot angenommen als gesetzliche Vertreterin des Neffen von Herrn L. L., für das betroffene Kind und ihren Sohn T. L..
27
Die Beschwerdeführerin ist auch nicht gemäß § 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB von der Vertretung des Kindes bei dem Abschluss des Schenkungsvertrags ausgeschlossen.
28
Die Beschwerdeführerin ist mit dem Schenker, Herrn L. L., nicht in gerader Linie, sondern in der Seitenlinie verwandt, weil es sich bei Herrn L. L. um den Bruder der Beschwerdeführerin handelt (§ 1589 S. 2 BGB).
29
Die Beschwerdeführerin ist auch von der Vertretung ihres Kindes bei der dinglichen Übertragung des KG-Anteils nicht ausgeschlossen.
30
Die Übertragung des geschenkten Kommanditanteils richtet sich nach §§ 398, 413 BGB.
31
Durch § 20 des Gesellschaftsvertrags sind die Kommanditanteile veräußerlich gestellt.
32
Zur Übertragung eines solchen Gesellschaftsanteils bedarf es einer dinglichen Einigung zwischen Veräußerer (Gesellschafter) und Erwerber.
33
Auch bei diesem Geschäft ist die Beschwerdeführerin nicht gemäß §§ 1629 Abs. 2, 1824 Abs. 2, 181 BGB ausgeschlossen.
34
Es liegt kein Insichgeschäft vor. Auf Veräußererseite steht der Bruder der Beschwerdeführerin.
35
Die Beschwerdeführerin vertritt lediglich den Erwerber.
36
Aus den bereits genannten Gründen besteht auch kein Vertretungsausschluss gemäß §§ 1629 Abs. 2, 1824 Abs. Nr. 1 BGB, da die Beschwerdeführerin mit ihrem Bruder nicht in gerader Linie, sondern in der Seitenlinie verwandt ist.
37
Das Amtsgericht – Familiengericht – Ebersberg geht zwar zutreffend davon aus, dass der gesetzliche Vertreter eines Kindes beim Abschluss eines Gesellschaftsvertrags für eine Personengesellschaft gem. §§ 1629 Abs. 2, 1824 Abs,. 2, 181 BGB ausgeschlossen ist, wenn das Kind durch diesen Vertrag Gesellschafter werden oder als Gesellschafter in die Gesellschaft eintreten soll, sofern das Geschäft für den Minderjährigen nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist (vgl. hierzu Roth/Hopt HGB, 42. Auflage 2023, § 105 Rn. 26 m.w.N.).
38
Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. An dem Abschluss des Vertrags zur Gründung der Kommanditgesellschaft war das betroffene Kind nicht beteiligt.
39
Es bedarf auch keines Vertrags mit der Gesellschaft zum Eintritt des Kindes in die Gesellschaft; denn die Gesellschafterstellung wird im vorliegenden Fall nicht durch den Abschluss eines ändernden Gesellschaftsvertrags des Kindes mit den aufnehmenden Gesellschaftern geschlossen, sondern durch Veräußerung des bereits bestehenden Kommanditanteils durch den Onkel des betroffenen Kindes.
40
Ein Ausschluss der Vertretungsmacht ergibt sich auch nicht durch das Erfordernis der Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Veräußerung eines Anteils durch einen Gesellschafter.
41
Die Zustimmung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. § 181 BGB ist auf einseitige Rechtsgeschäfte anwendbar, wenn der Vertreter des Erklärenden gleichzeitig auch Erklärungsempfänger ist (Grüneberg/Ellenberger BGB, 82. Auflage 2023, § 181 BGB Rn. 8). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, da Erklärungsempfänger der Onkel des betroffenen Kindes ist bzw., sofern man auf die Mitwirkung des Gesellschafters an der Beschlussfassung abstellt, die Gesellschafterversammlung, an der das betroffene Kind (noch) nicht beteiligt ist.
42
Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass die Übertragung des Kommanditanteils für das betroffene Kind auch lediglich rechtlich vorteilhaft ist.
43
Ein Nachteil ergibt sich nicht aus der Bestimmung im Schenkungsvertrag, dass die Übertragung des Gesellschaftsanteils in Anrechnung auf den Pflichtteilsanspruch des Pfleglings erfolgen soll. Diese Bestimmung läuft im vorliegenden Fall leer, da das betroffene Kind hinsichtlich seines Onkels gemäß § 2303 Abs. 1 BGB nicht pflichtteilsberechtigt ist.
44
Nach Auffassung des Senats ergibt sich auch kein rechtlicher Nachteil daraus, dass mit der Übertragung des Gesellschaftsanteils auf den Pflegling gesellschaftsrechtliche Treue- und Nebenpflichten übergehen.
45
Entscheidend ist, ob durch die Übertragung des Gesellschaftsanteils unmittelbar persönliche Verpflichtungen des Erwerbers ausgelöst werden, die eine Haftung mit seinem über dem zugewendeten Anteil hinausgehenden Vermögen begründen könnten. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da die Hafteinlage vollständig bezahlt wurde und weitergehende persönliche Ansprüche des Pfleglings gegenüber der Gesellschaft nur durch Handlungen begründet werden können, bei denen der Pflegling durch seinen gesetzlichen Vertreter zu vertreten ist.
46
Es entspricht daher allgemeiner Auffassung, dass die Übertragung eines Kommanditanteils, dessen Einlage vollständig bezahlt ist, für den Erwerber lediglich rechtlich vorteilhaft ist (Grüneberg/Götz, 82. Auflage 2023, § 1824 Rn. 8 m.w.N.; OLG Köln ZEV 2018, 667; OLG Jena ZEV 2013, 521; a.A . OLG Oldenburg ZEV 2019, 726).
47
Schließlich erweist sich das Geschäft auch nicht deshalb als nicht nur rechtlich vorteilhaft, weil die Übertragung des Kommanditanteils nicht an die Bedingung der vorherigen Eintragung im Handelsregister geknüpft ist.
48
Es trifft zwar zu, dass es der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprach, dass der Erwerber eines Kommanditanteils vor Eintragung der Übertragung des Kommanditanteils im Handelsregister wie ein Komplementär unbeschränkt haftete (BGH NJW 1983, 2258).
49
Dieser Auffassung des BGH wurde überwiegend in der Wissenschaft und Praxis kritisiert.
50
Durch die Neufassung von § 176 Abs. 2 HGB durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) (BGBl 2021, 1, 3436) hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BGH nun dahingehend korrigiert, dass die unbeschränkte Haftung eines eintretenden Kommanditisten nur gelten soll, wenn dieser einen neuen Anteil erwirbt, nicht aber, wenn ihm ein bereits bestehender Anteil übertragen wird, für den die Einlage vollständig eingezahlt ist. Dies hat der Gesetzgeber dadurch klargestellt, dass in den Wortlaut des § 176 Abs. 2 HGB vor das Wort Kommanditist das Wort „weiterer“ eingefügt wird.
51
Der Gesetzgeber hat damit die Auslegung von § 176 Abs. 2 HGB durch den Bundesgerichtshof korrigiert. Gemäß Art. 137 des MoPeG treten die Änderungen durch das MoPeG zwar erst zum 01.01.2024 in Kraft. Es entspricht jedoch der eindeutigen Gesetzesbegründung und der Auffassung in der Literatur, dass die auslegungskorrigierende Neufassung von § 176 Abs. 2 HGB bereits jetzt anwendbar ist (vgl. hierzu Leo/John NZG 2021, 1195).
52
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84, 81 FamFG. Der Senat sieht davon ab, hinsichtlich beider Instanzen die Gerichtskosten zu erheben, da letztlich die Voraussetzungen für die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft nicht vorlagen.
53
Mit Rücksicht auf die Regelung zur Tragung der Vollzugskosten im Schenkungsvertrag hat der Senat davon abgesehen, eine Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.
54
Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf §§ 40, 45 FamGKG. Der Senat hat den Regelwert gemäß § 45 FamGKG von 4.000,00 € angesetzt.
55
Die Bestimmung des § 46 FamGKG findet im vorliegenden Fall keine Anwendung, da es um die Frage der Rechtmäßigkeit des „Obs“ der Notwendigkeit der Anordnung einer Ergänzungspflegschaft geht (vgl. zur Festsetzung des Verfahrenswerts in solchen Fällen OLG Brandenburg FamFR 2012, 237; Hk-FamGKG Schneider, 3. Auflage 2019, § 46 Rn. 9).