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VG München, Urteil v. 27.04.2023 – M 11 K 20.810
Titel:

Rohrleitungen einer Hackschnitzelheizungsanlage als keine untergeordneten Bauteile im Sinne des Abstandsflächenrechts

Normenkette:
BayBO Art. 6 Abs. 6
Leitsätze:
1. Innerhalb der Mindestabstandsfläche genehmigte Rohrleitungen einer Hackschnitzelanlage (vorliegend: die beiden Rohrleitungen erreichten eine Höhe von rund 6,5 m sowie – zusammengenommen – eine Breite von ca. 0,6 m) sind nicht mehr "untergeordnet" iSd Art. 6 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 BayBO; dies gilt insbesondere, wenn die bis unter das Dach des Gebäudes reichenden Rohre sowohl nach ihrem äußeren Erscheinungsbild (Durchmesser) als auch nach ihrer Funktion (Zuleitung von Hackschnitzeln unter Zuhilfenahme eines Beförderungsmechanismus – hier: Schneckenförderung) nicht mit abstandflächenrechtlich irrelevanten Regenrinnen vergleichbar sind. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auf die Frage einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Kläger infolge des Abstandsflächenverstoßes etwa durch Lärmimmissionen, die bei der Befüllung des Hackschnitzelbunkers entstehen bzw. eine etwaige Abschirmungswirkung der Grenzgarage, kommt es insoweit nicht an. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarklage, Tektur zur Verlegung der Schüttgosse eines Hackschnitzelbunkers samt Rohrleitungen, Rohrleitungen einer Hackschnitzelheizungsanlage kein nur unbedeutendes Bauteil i.S.d. Art. 6 Abs. 6 Nr. 1 BayBO, Rohrleitung, Hackschnitzelanlage, Hackschnitzelheitzungsanlage, Abstandsfläche, Abstandsflächenrecht, Tektur, Mindestabstandsfläche, untergeordnetes Bauteil, Beeinträchtigung, Lärm, Hackschnitzelbunker
Fundstelle:
BeckRS 2023, 22545

Tenor

I. Der Bescheid des Landratsamts … … vom 23. Januar 2020 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte und der Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen, ausgenommen die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

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Die Kläger wenden sich im Wege einer Nachbarklage gegen eine dem Beigeladenen erteilte Tekturgenehmigung für Änderungen an einer unter Abweichung von den Abstandsflächen genehmigten Hackschnitzelheizungsanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … (Vorhabengrundstück).
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Das Vorhabengrundstück ist im Wesentlichen mit einem Wohn- und Wirtschaftsgebäude bebaut, dessen Wohnteil (…str. 8) sich im östlichen Gebäudeteil befindet. Die westliche Außenwand des Wirtschaftstrakts des Gebäudes liegt im Bereich der nordwestlichen Gebäudeecke ca. 1,40 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit den westlich angrenzenden Grundstücken der Kläger (Fl.Nrn. … und …) entfernt, wobei sich der Grenzabstand zur südwestlichen Gebäudeecke auf ca. 0,47 m verjüngt. Die Fl.Nr. … ist mit einem Wohn- und Wirtschaftsgebäude (Anwesen …weg 3) und einem zum Vorhabengrundstück grenzständigen Garagengebäude bebaut, die Fl.Nr. … mit zwei Wohngebäuden (Anwesen …weg 5 und 7).
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Mit bestandskräftigem Bescheid vom 14. März 2019 erteilte das Landratsamt … … (im Folgenden: Landratsamt) dem Beigeladenen eine Baugenehmigung für den Einbau eines Heizraums mit Hackschnitzelbunker in die bestehende Tenne sowie für die Erneuerung der westlichen Außenwand als Brandwand unter Abweichung von den Abstandsflächen zu den klägerischen Grundstücken Fl.Nr. … und …
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Auf dessen Antrag vom 19. November 2019 hin, erteilte das Landratsamt dem Beigeladenen mit Bescheid vom 23. Januar 2020 eine Tekturgenehmigung für die Änderung der Lage der Schüttgosse des Hackschnitzelbunkers. Die genehmigten Tekturpläne sehen im Wesentlichen die Verbreiterung des Behälters einer in einem Grenzabstand von ca. 0,835 m im Wesentlichen unterirdischen Schüttgosse mit Schneckenförderer und Blechabdeckung vor, wobei auch die zum Hackschnitzelbunker in der Tenne führende Rohrleitung gegenüber der Ausgangsgenehmigung näher an die westliche Grundstücksgrenze verlegt wird (Grenzabstand ca. 1,8 m statt ursprünglich ca. 3,5 m); ferner beinhaltet die Tekturplanung eine zweite Rohrleitung geringeren Durchmessers. Eine Abweichung von den Abstandsflächen wurde im Rahmen des Tekturverfahrens weder beantragt noch erteilt. Der Bescheid wurde den Klägern am 28. Januar 2020 zugestellt.
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Die Kläger ließen durch ihren damaligen Bevollmächtigten am 26. Februar 2020 Klage erheben. Sie beantragen,
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die Tekturgenehmigung vom 23. Januar 2020 aufzuheben.
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Zur Begründung der Klage wurde vorgetragen, dass die Genehmigung die Abstandsflächen zum Grundstück der Kläger verletze und der Betrieb der Schüttgosse zu einer Überschreitung der Lärmgrenzwerte am Wohngebäude …weg 3 führe. Unabhängig davon wirke eine erhöhte Staub- und Lärmbelastung auf das Grundstück der Kläger ein.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Es sei nicht erkennbar, dass die Kläger in einer nachbarrechtsrelevanten Schutzposition verletzt seien.
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Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
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die Klage abzuweisen.
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Hierzu wurde mit Schriftsatz des Bevollmächtigten des Beigeladenen vom 8. April 2021 im Wesentlichen vorgetragen, dass vorliegend nicht das Gesamtvorhaben, sondern lediglich die Tektur angefochten worden sei. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet, da durch die Tekturgenehmigung keine drittschützenden Vorschriften verletzt würden. Der Gebietserhaltungsanspruch werde nicht verletzt, da in dem vorliegenden Dorfgebiet Wohngebäude und in diese integrierte Heizungsanlagen zulässig seien. Ebenso liege kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor. In einem faktischen Dorfgebiet seien im Ausgangspunkt bereits höhere Geräusch- und Geruchsbelastungen zu dulden als in einem reinen Wohngebiet. Zudem sei zu berücksichtigen, dass keine dauerhafte Lärmbelastung erfolge, sondern lediglich der Nachfüllvorgang zur Befüllung des Hackschnitzelbunkers mit einer erhöhten Geräuschbelastung verbunden sei. Aufgrund der Größe des Hackschnitzelbunkers sei davon auszugehen, dass die Befüllung nicht öfter als einmal im Monat erfolge. Da die zulässigen Immissionsrichtwerte der TA Lärm in einem Dorfgebiet ohnehin höher seien, sei nicht davon auszugehen, dass diese Werte überschritten würden. Unabhängig davon, ob ein seltenes Ereignis im Sinne der TA Lärm angenommen werden könne, sei jedenfalls zu berücksichtigen, dass die Lärmbelastung sich auf wenige Tage im Jahr und dabei nur auf einen Zeitraum von wenigen Stunden tagsüber beschränke. Ebenso wenig überschreite der mit dem Nachfüllvorgang einhergehende Zu- und Abfahrtsverkehr die Schwelle der Unzumutbarkeit. In Bezug auf die Staubbelastung sei davon auszugehen, dass die Grenzwerte der TA Luft eingehalten würden. Auch insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Staubbelastung nur beim Nachfüllvorgang erhöht sei, der sich auf wenige Tage im Jahr und dabei jeweils nur wenige Stunden beschränke. Dauer, Häufigkeit, Zeitpunkt und Intensität der Störungen würden damit nicht das nach der Eigenart eines Dorfgebiets zumutbare Maß überschreiten. Ferner handele es sich bei einer Hackschnitzelheizung um eine ökologisch sinnvolle Variante des Heizens mit Holz, weshalb ein gesteigertes Interesse des Bauherrn am Betrieb der Hackschnitzelheizungsanlage mit zugehöriger Schüttgosse bestehe. Der Betrieb einer Hackschnitzelheizanlage und die damit einhergehende Geräuschbelastung überschreite nicht das Maß des Sozialadäquaten, vielmehr sei der Betrieb einer Hackschnitzelheizung in der Bevölkerung allgemein akzeptiert. Gegen eine Unzumutbarkeit der von der Schüttgosse ausgehenden Belästigungen und Störungen spreche zudem, dass sich das Wohnhaus auf der Fl.Nr. … in einigem Abstand zur Grundstücksgrenze befinde und durch das grenznah errichtete Garagengebäude nicht unerheblich abgeschirmt werde. Schließlich verletze die Tekturgenehmigung auch keine Abstandsflächenvorschriften. Die erteilte Abweichung von den gesetzlich einzuhaltenden Abstandsflächen sei rechtmäßig. Da das klägerische Grundstück auf Höhe der geplanten Schüttgose direkt an der Grenze zum Vorhabengrundstück mit einer Garage bebaut sei, liege eine besondere Grundstücksituation vor. Die Schüttgosse führe nicht zu einer Verschlechterung der Belüftungs-, Belichtungs- und Besonnungssituation, da dieser Garage eine abschirmende Wirkung zukomme und die Schüttgosse in den Boden eingelassen sei. Eine Beeinträchtigung weiterer öffentlicher Belange sei weder ersichtlich noch vorgetragen; für eine Verletzung nachbarlicher Belange lägen keine Anhaltspunkte vor. Insbesondere dann, wenn die Abweichung, wie vorliegend, keine nennenswerten Einbußen mit sich bringe, stehe dieser unter dem Aspekt der Würdigung nachbarlicher Belange nichts entgegen.
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Die Kammer hat am 27. April 2023 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend die mündliche Verhandlung durchgeführt. Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Augenscheins- und Sitzungsniederschrift verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die Klage ist zulässig und begründet.
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Die angefochtene Tekturgenehmigung ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Zu berücksichtigen ist, dass im Rahmen der Nachbarklage eine Aufhebung der Baugenehmigung nicht allein wegen objektiver Rechtswidrigkeit in Betracht kommt, sondern nur, wenn dritt- oder nachbarschützende Normen verletzt sind. Dementsprechend findet im gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (zur sog. Schutznormtheorie vgl. etwa Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 42, Rn. 89 ff.).
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1. Vorliegend hält das mit dem angefochtenen Tekturbescheid genehmigte Vorhaben die erforderlichen Abstandsflächen zum klägerischen Grundstück nicht ein und verletzt diese damit in ihren Nachbarrechten.
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1.1 Das Gebäude, in dem das bereits mit dem Ausgangsbescheid vom 14. März 2019 genehmigte Gesamtvorhaben verwirklicht werden sollte und in dem die Hackschnitzelanlage zwischenzeitlich auch errichtet wurde, hält unstrittig die erforderliche Mindestabstandsfläche von 3 m (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO bzw. § 2 der Abstandsflächensatzung der Gemeinde ...) zu den klägerischen Grundstücken Fl.Nr. … und 938/1 nicht ein, weshalb im Ausgangsbescheid auf entsprechenden Antrag des Beigeladenen – für das ursprünglich genehmigte Vorhaben – eine entsprechende Abweichung von den einzuhaltenden Abstandsflächen erteilt wurde.
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Durch die angefochtene Tekturgenehmigung wurde das Vorhaben dahingehend abgeändert, dass die Schüttgosse – samt der ins Oberschoss des Gebäudes führenden Rohrleitung – näher an die westliche Grenze des Vorhabengrundstücks verlegt wurde. Eine Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächen wurde dabei – entgegen der Ausführungen von Seiten des Beigeladenen – im Rahmen des Tekturverfahrens weder beantragt noch erteilt, obwohl dies aufgrund der offensichtlichen Abstandsflächenrelevanz der streitgegenständlichen Tektur erforderlich gewesen wäre.
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Dies folgt zwar nicht aus der Verlegung der (verbreiterten) Schüttgosse als solcher, welche – anders als noch in der Ausgangsgenehmigung – über den Bereich der Westfassade des Gebäudes hinaus bis auf einen Grenzabstand von 0,83 m an die westliche Grenze des Vorhabengrundstücks gerückt wird. Denn dieser Anlagenteil wird nach den Ansichtsdarstellungen der genehmigten Tekturplanung – von einer ca. 15 cm hohen Abdeckung abgesehen – unterirdisch errichtet und ist damit nicht abstandsflächenrelevant.
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Anders stellt sich die abstandsflächenrechtliche Bewertung nach Auffassung der Kammer jedoch in Bezug auf die ebenfalls verlegte(n) Rohrleitung(en) zur Befüllung des in der Tenne befindlichen Hackschnitzelbunkers dar. Bei einer Messung mit dem Lineal anhand der eingereichten Tekturpläne erreichen die beiden Rohrleitungen eine Höhe von rund 6,5 m sowie – zusammengenommen – eine Breite von ca. 0,6 m. Die westliche Rohrleitung (mit dem größeren Durchmesser) befindet sich dabei in einem Grenzabstand von nunmehr ca. 1,8 m. Der sowohl gesetzlich als auch nach der gemeindlichen Abstandsflächensatzung vorgesehene Mindestabstand von 3 m wird durch dieses Bauteil im Rahmen der genehmigten Tekturplanung damit erstmals deutlich unterschritten – während der entsprechende Grenzabstand der Rohrleitung im Ausgangsbescheid mit 3,5 m noch deutlich eingehalten war.
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1.2 Bei den Rohrleitungen der Hackschnitzelanlage handelt es sich auch nicht um bloß untergeordnete Bauteile i.S.d. Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayBO, die als abstandsflächenrechtlich unbeachtliche Bestandteile der nördlichen Außenwand des Gebäudes qualifiziert werden könnten.
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Die Ausnahmeregelung des Art. 6 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 BayBO nimmt vor die Außenwand tretende Bauteile wie Gesimse und Dachüberstände von der Abstandsflächenpflicht aus. Der Gesetzeswortlaut enthält dabei keine weiteren Maßbegrenzungen, weil die von Art. 6 Abs. 6 Nr. 1 BayBO erfassten Bauteile schon vom Begriff her „untergeordnet“ sein müssen (vgl. Kraus in Busse/ Kraus, BayBO, Stand Januar 2023, Art. 6, Rn. 407; Schönfeld in BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, Stand 1.12.2022, Art. 6, Rn. 186). Ein Bauteil i.S.d. Art. 6 Abs. 6 Nr. 1 BayBO ist dadurch gekennzeichnet, dass es sich nur um ein Teil einer baulichen Anlage handelt, dem neben einer gestalterischen Wirkung jegliche Einbeziehung in die Nutzung des Gebäudes fehlt (vgl. Schönfeld, a.a.O; Kraus, a.a.O., Rn. 408; VG München, B.v. 11.7.2022 – M 11 SN 22.2871 – n.v.). Die Aufzählung des Art. 6 Abs. 6 S. 1 Nr. 1 BayBO ist nicht abschließend, sodass weitere Bauteile denkbar sind, die diese Anforderungen erfüllen (z.B. Dachrinnen, Sichtblenden, Pfeiler oder Simse als rein gestalterische Elemente, vgl. dazu auch Schönfeld, a.a.O., m.w.N. zur Rspr.). Als Ausnahmevorschrift ist Art. 6 Abs. 1 Satz Nr. 1 BayBO dabei tendenziell eng auszulegen (vgl. BayVGH, B.v. 13.9.2002 – 2 ZB 01.3131 – juris Rn. 3 zur Vorgängerregelung).
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Daran gemessen erscheinen die beiden mit dem angefochtenen Tekturbescheid innerhalb der Mindestabstandsfläche genehmigten Rohrleitungen der Hackschnitzelanlage nicht mehr als nur „untergeordnet“. Die bis unter das Dach des Gebäudes reichenden Rohre sind sowohl nach ihrem äußeren Erscheinungsbild (Durchmesser) als auch nach ihrer Funktion (Zuleitung von Hackschnitzeln unter Zuhilfenahme eines Beförderungsmechanismus – hier: Schneckenförderung) insbesondere nicht mit abstandflächenrechtlich irrelevanten Regenrinnen vergleichbar. Anders als die von Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayBO erfassten Sachverhaltskonstellationen haben die streitgegenständlichen Rohrleitungen zudem gerade keine ausschließlich „gestalterische“, sondern eine originär anlagenbezogene Funktion; ohne sie wäre der Betrieb der Hackschnitzelanlage in der Tenne nicht möglich. Bereits zur Vorgängerregelung des Art. 6 Abs. 3 Satz 7 BayBO a.F. hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zudem in Bezug auf die Rohrleitung eines Außenkamins eine Qualifizierung als nur untergeordnetes Bauteil abgelehnt (vgl. BayVGH, B.v. 13.9.2002 – 2 ZB 01.3131 – juris).
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Auf die Frage einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Kläger infolge des Abstandsflächenverstoßes etwa durch Lärmimmissionen, die bei der Befüllung des Hackschnitzelbunkers entstehen bzw. eine etwaige Abschirmungswirkung der Grenzgarage, kommt es insoweit nicht an. Vielmehr haben Nachbarn grundsätzlich Anspruch auf eine zentimetergenaue Einhaltung der Abstandsflächen (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2021 – 1 ZB 21.735; B.v. 23.2.2021 – 15 CS 21.403 – juris Rn. 100; B.v. 13.1.1993 -1 CS 92.3651 – juris Rn 3). Ob dagegen vorliegend (auch) ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme anzunehmen wäre, ist eine andere – hier nicht entscheidungserhebliche – Frage (s.a. nachfolgend).
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2. Auf die Frage der Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch Lärm- und Staubimmissionen kommt es vorliegend nicht mehr streitentscheidend an. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung allerdings deutlich gemacht haben, dass sie sich v.a. auch an der konkreten Art der Befüllung durch ein Gebläse gestört fühlen, wird angemerkt, dass es sich insoweit um eine planabweichende Errichtung der genehmigten Anlage handelt, da in der Eingabeplanung sowohl des Ausgangs-, als auch des Tekturbescheids ausdrücklich von einer Schneckenbeförderung die Rede ist. Diese planabweichende Ausführung kann nicht im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen die erteilte Baugenehmigung geltend gemacht werden, sondern allenfalls Gegenstand eines bauaufsichtlichen Verfahrens sein.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 und § 154 Abs. 3 VwGO).
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III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.