Titel:
Baugenehmigung für Hengststall im Außenbereich
Normenkette:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4, Abs. 3 Nr. 5, Nr. 7, § 201
Leitsätze:
1. Der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs in § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB erfordert neben der persönlichen Eignung des Betreibers ein auf Dauer angelegtes, mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenes und auch zur Gewinnerzielung geeignetes Unternehmen. Denn der zu schonende Außenbereich darf grundsätzlich nur im Falle einer ernsthaften und in seiner Beständigkeit langfristig ausgerichteten, nachhaltigen landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Diesen Anforderungen kommt bei Betätigungen wie der Pensionspferdehaltung besonderes Gewicht zu; erforderlich ist eine kritische Prüfung, weil gerade die Pensionspferdehaltung dadurch gekennzeichnet ist, dass der unmittelbare Bezug zur Bodenertragsnutzung gelockert und der Übergang von der (noch) landwirtschaftlichen zur die Freizeitnutzung in den Vordergrund stellenden gewerblichen Betriebsweise fließend und nur schwer nachprüfbar ist. Betriebe der Pensionspferdehaltung tragen die Gefahr einer Umwandlung in überwiegend gewerblich tätige „Reiterhöfe“ gewissermaßen in sich. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Vorhaben dient nur dann einem landwirtschaftlichen Betrieb iSd § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, wenn ein vernünftiger Landwirt unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs dieses Vorhaben mit etwa dem gleichen Verwendungszweck und mit in etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung (verneint), Hengststall, Landwirtschaftlicher Betrieb, Pensionspferdehaltung, Gewinnerzielungsabsicht, Bodenertragsnutzung, Außenbereich
Fundstelle:
BeckRS 2023, 22541
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Hengststalls und Mistlager.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. 2198 Gem. … (Vorhabengrundstück). Mit Bauantrag vom 17. September 2019, geändert am 23. Januar 2020, beantragte der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für einen 10 m breiten und 17 m langen Hengststall bestehend aus fünf Boxen, einer Sattelkammer, einem Nassraum und einer Futterkammer auf dem Vorhabengrundstück. Unmittelbar südlich anschließend soll ein Mistlager von 80 m³ entstehen.
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Mit Beschluss vom 8. Oktober 2019 verweigerte die Beigeladene ihr Einvernehmen.
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Unter dem 26. Februar 2020 nahm das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) … Stellung. Mit den bewirtschafteten Flächen könne für den geplanten Pferdebestand von 23 Pferden das Futter auf überwiegend eigener Futtergrundlage erzeugt werden. Um die Mindestanforderungen der Leitlinien des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten zu erfüllen, müsse die Trennwand zwischen Box 1 und Box 2 so nach Norden verschoben werden, dass mindestens 12 m² Boxinnenfläche bei Box 2 erreicht würden. Damit Boxen 1 bis 3 und 8 zeitsparend und witterungsgeschützt mit Futter und Einstreu versorgt sowie entmistet werden können, solle ein ca. 1,2 m breiter Gang zwischen Box 3 und Box 8 sowie zwischen Box 1 und Box 2 eingebaut werden. Zur sinnvollen Nutzung der Futterkammer solle sie durch einen Hoftrac mit Heu- oder Strohrundballen oder anderen Futtermitteln bestückt werden können. Dies sei aufgrund der Türbreite von 1 m nicht möglich, sie sei sinnvollerweise auf 1,5 m zu verbreitern. Hinsichtlich des Mistlagers sei das Lagervolumen von 80 m³ nur möglich, wenn es auf drei Seiten mit mindestens 1,5 m hohen Wänden eingefasst werde. Der Stall solle für Hengste und Wallache genutzt werden. Für in den Stall eingestellte Pferde sei ein Pensionspreis von 350 €/Monat geplant. Diese Höhe sei aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes der Hofstelle unrealistisch. Die Erhöhung des ohnehin zu großen eigenen Pferdebestands mit Zuchthengsten sei aufgrund der fehlenden Erfahrung und der üblichen Preis- und Bedeckungslage unwirtschaftlich. Selbst bei Einstellen ausschließlich fremder Pferde lasse sich aufgrund des erzielbaren Pensionspreises und der hohen Baukosten nur ein geringer Gewinn erzielen. Der Kläger könne aufgrund seiner Behinderung kaum noch Arbeiten ausführen. Die anfallenden Arbeiten würden hauptsächlich von seiner Lebensgefährtin erledigt. Es sei beabsichtigt, den Betrieb an den auf dem Hof lebenden Herr K. zu übergeben, dessen Adoption sei geplant. Die Adoption habe jedoch noch nicht stattgefunden und Herr K. verfüge über keine land- und pferdewirtschaftliche Qualifikation. Zusammenfassend handle es sich um Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB. Das Vorhaben diene dem Betrieb wegen der nicht ausreichenden Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit nicht.
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Der Fachbereich Naturschutz des Landratsamts äußerte sich mit Schreiben vom 5. Mai 2020. Das Vorhaben beeinträchtige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Nördlich, südlich und westlich an das Vorhabengrundstück grenzten landwirtschaftliche Flächen. Nach Westen, Südwesten und Süden falle das Gelände stark ab, sodass das Vorhaben von der nordwestlich verlaufenden Straße weithin sichtbar sei. Das Vorhaben sei wie ein Blickfang deutlich über eine weite Entfernung sichtbar und entspreche keinem schonenden Übergang vom Ortsrand zur freien Landschaft. Dies werde als nicht ausgleichbare, erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes gewertet. Die Beeinträchtigungen könnten nicht durch Auflagen oder anderweitigen Ausgleich vermieden werden. Das Vorhaben sei zudem zentral auf dem Vorhabengrundstück geplant. Für den Stall werde daher eine Zufahrt mit einer Länge von ca. 30 m nötig. Die Einhaltung raumplanerischer Anforderungen, insbesondere, dass notwendige Flächen nur im notwendigen Umfang beansprucht würden, könne nicht erkannt werden.
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Unter dem … Juli 2020 und dem … Dezember 2020 nahm die Klagepartei Stellung zu den fachlichen Einschätzungen. Ein Hengststall müsse in der Mitte der Weide liegen. Der Stall müsse zudem entfernt von der Gemeindeverbindungsstraße liegen, weil die dort fahrenden Traktoren oder Lkws die Tiere erschrecken könnten. Es gebe keinen anderen vernünftigen Standort. Der Standort müsse für den Kläger zu Fuß erreichbar sein. Für einen landwirtschaftlichen Betrieb sei eine Gewinnerzielungsabsicht lediglich ein Indiz, jedoch keine Voraussetzung. Dieser komme zudem umso geringere Bedeutung zu, je größer die landwirtschaftliche Nutzfläche und je höher der Kapitaleinsatz und damit die Zahl der Tiere und landwirtschaftlichen Maschinen sowie Einrichtungen sei. Der Kläger sei auch persönlich als Betriebsinhaber geeignet. Hierfür seien keine großen Anforderungen zu stellen. Der Kläger sei studierter Diplom-Agraringenieur, seine Lebensgefährtin Biologin. Es handle sich nicht um bloße Liebhaberei. Das Vorhandensein von Gewinnerzielungsabsicht genüge. Es sei lediglich erforderlich, dass der landwirtschaftliche Betrieb eine Gewinnerzielung insoweit ausweise, als der zum Betrieb erforderliche Bestand auf Dauer gebildet werden könne. Dies erfülle der Kläger bereits angesichts der Tatsache, dass die Pferdepension über viele Jahre errichtet und erhalten worden sei. Der Betrieb sei auf Dauerhaftigkeit ausgerichtet, weil die Anlagen über einen längeren Zeitraum genutzt werden sollen und können. Das Vorhaben diene diesem landwirtschaftlichen Betrieb. Die Zweckbestimmung als Pferdepension sei objektiv gegeben. Das Vorhaben sei auch für den Betrieb der Pferdepension des Klägers förderlich; hierfür sei nicht erforderlich, dass es notwendig oder gar unentbehrlich sei. Schließlich sei auch die räumliche Nähe zu den Schwerpunkten der betrieblichen Abläufe gegeben. Die Baukosten für den geplanten Hengststall beliefen sich auf 63.000 €.
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Unter dem 11. Mai 2021 nahm das AELF … Stellung zu dem streitgegenständlichen Vorhaben. Der Kläger habe keine Erfahrung in der Hengsthaltung zur Zucht. Der Preis von 350 €/Monat werde nur bei einer Box erzielt. Aufgrund des unordentlichen äußeren Erscheinungsbildes der Hofstelle sei nicht davon auszugehen, dass dieser Preis für alle Boxen erzielt werden könne. Eine derart massive Bauweise werde bautechnisch für nicht erforderlich und wirtschaftlich für nicht vertretbar gehalten. Es bestehe keine rechtliche Bindung zwischen dem Kläger, seiner Lebensgefährtin und dem am Hof lebenden Herr K. Die Nachhaltigkeit der Arbeitserledigung sei deshalb nicht gesichert.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14. Juni 2021 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung ab. Das Vorhaben sei unzulässig, weil es einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht diene. Die Stellungnahmen des AELF …, des AELF … und des Fachbereichs Naturschutz wurden wiedergegeben. Das Vorhaben beeinträchtige u.a. die natürliche Eigenart der Landschaft. Ferner sei die Entstehung einer Splittersiedlung zu befürchten.
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Mit am … Juni 2021 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten hat der Kläger Klage erhoben und beantragt zuletzt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14.06.2021 zu verpflichten, den beantragten Hengststall mit Mistlager zu genehmigen.
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Der Kläger verzichte mittlerweile auf eigene Hengsthaltung und wolle die geplanten Boxen für Selbstversorger-Hengste zur Verfügung stellen. Daraus sollten 350 €/Monat pro Box erzielt werden.
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Der Beklagte beantragt,
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Das Vorhaben sei nicht privilegiert. Unabhängig von der Frage, ob ein landwirtschaftlicher Betrieb (noch) existiere, diene das Vorhaben diesem nicht. Ein vernünftiger Landwirt würde eine derartige Investition unter den vorgegebenen Voraussetzungen nicht tätigen. Zudem sei davon auszugehen, dass eine nachhaltige und dauerhafte Betriebsführung nicht gewährleistet sei und nicht gewährleistet werden könne. Das zur-Verfügung-Stellen von Pferdeboxen für Selbstversorger-Hengste stelle keine landwirtschaftliche Betätigung dar. Der angegebene Preis von 350 €/Monat pro H.platz sei nicht erzielbar. Der Kläger könne selbst kaum körperliche Arbeiten ausführen und sei darauf angewiesen, dass seine Lebensgefährtin und der am Hof lebende Herr K. die anfallenden Arbeiten weitgehend kostenfrei erledigten. Die geringen Einnahmen ließen keine Bezahlung von Fremdarbeitskräften zu. Eine rechtliche Bindung zwischen den drei Personen bestehe nicht.
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Die Beigeladene äußerte sich nicht im Verfahren.
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Am 8. August 2023 fand die mündliche Verhandlung statt. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift vom 8. August 2023, wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung zur Errichtung eines Hengststalls samt zugehörigem Mistlager. Die Ablehnung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
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1. Das Vorhaben ist genehmigungspflichtig, Art. 55 Abs. 1 BayBO. Insbesondere liegt kein Fall des Art. … Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO vor, wonach freistehende Gebäude, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen, nur eingeschossig und unterkellert sind, höchstens 100 m² Brutto-Grundfläche und höchstens 140 m² überdachte Flächen haben und nur zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sind, verfahrensfrei sind. Der geplante Stall soll Maße von 10 m x 17 m haben, sodass die Brutto-Grundfläche mehr als 100 m² beträgt. Der Kläger betreibt überdies keinen landwirtschaftlichen Betrieb (dazu sogleich I. 2. a)).
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2. Das Vorhaben ist nicht genehmigungsfähig, weil es nicht im Einklang mit den im Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO zu prüfenden Vorschriften steht.
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Das im planungsrechtlichen Außenbereich befindliche und daher nach § 35 BauGB zu beurteilende Vorhaben stimmt nicht mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB überein, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO. Es liegt kein Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB vor (a), b)). Als sonstiges Vorhaben beeinträchtigt es öffentliche Belange (c)).
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a) Das Vorhaben des Klägers – die Errichtung eines Hengststalls – ist nicht gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert, weil der Kläger keinen landwirtschaftlichen Betrieb betreibt.
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Zu Gunsten des Klägers wird im Folgenden davon ausgegangen, dass es sich bei dem von ihm geplanten Hengststall um einen Stall zur Pensionspferdehaltung handelt, wenngleich sein Bevollmächtigter zuletzt erklärt hat, dass die geplanten Boxen nur noch für Selbstversorger-Hengste zur Verfügung gestellt werden sollen und sich der rein gewerbliche (Vermietungs-)Charakter des Vorhabens bereits deshalb aufdrängt.
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aa) Nach § 201 BauGB ist Landwirtschaft im Sinne des Baugesetzbuches insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich u.a. die Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage. Auch die vom Kläger geplante Pensionspferdehaltung wird dabei grundsätzlich von dem Begriff der Landwirtschaft umfasst. Nach der Rechtsprechung wird für eine landwirtschaftliche Pferdehaltung pro gehaltenem Pferd 0,35 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche für erforderlich gehalten (BayVGH, B.v. 4.1.2005 – 1 CS 04.1598 – juris Rn. 25). Der Kläger plant nach den Angaben des AELF … im Verwaltungsverfahren einen Bestand von 23 Pferden, davon drei …ponys. Er bewirtschaftet eine Fläche von 12,4 ha, was als Futtergrundlage genügt. Dies hat auch das AELF bestätigt.
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bb) Der Kläger führt jedoch keinen für die Privilegierung notwendigen Betrieb.
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Der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs in §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB erfordert neben der persönlichen Eignung des Betreibers ein auf Dauer angelegtes, mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenes und auch zur Gewinnerzielung geeignetes Unternehmen. Denn der zu schonende Außenbereich darf grundsätzlich nur im Falle einer ernsthaften und in seiner Beständigkeit langfristig ausgerichteten, nachhaltigen landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden (BVerwG, U.v. 19.4.1985 – 4 C 13.82 – juris). Diesen Anforderungen kommt bei Betätigungen wie der Pensionspferdehaltung besonderes Gewicht zu; erforderlich ist eine kritische Prüfung, weil gerade die Pensionspferdehaltung dadurch gekennzeichnet ist, dass der unmittelbare Bezug zur Bodenertragsnutzung gelockert und der Übergang von der (noch) landwirtschaftlichen zur die Freizeitnutzung in den Vordergrund stellenden gewerblichen Betriebsweise fließend und nur schwer nachprüfbar ist. Betriebe der Pensionspferdehaltung tragen die Gefahr einer Umwandlung in überwiegend gewerblich tätige „Reiterhöfe“ gewissermaßen in sich (VGH BW, U.v. 7.8.1991 – 3 S 1075/90 – juris Rn. 21).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass der Kläger die Voraussetzungen eines privilegierten Landwirtschaftsbetriebs nicht erfüllt. Der Betrieb soll aus einer Hengstpferdehaltung mit geplanten 23 Pferdeplätzen bestehen. Das AELF ist in seinen Stellungnahmen zu der Einschätzung gelangt, dass der vom Kläger verlangte Pensionspreis von 350 €/Monat aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds der Hofstelle unrealistisch sei. Der genannte Preis könne nur für eine Box erzielt werden. Aufgrund der geringen Höhe des voraussichtlich erzielbaren Pensionspreises könne nur ein geringer Gewinn erzielt werden. Dieser Prognose stehen Baukosten für den in massiver Bauweise zu errichtenden Hengststall in Höhe von 63.000 € gegenüber. Dass das Vorhaben dauerhaft mit wirklichkeitsnaher Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden könnte, kann angesichts dieser Gegenüberstellung nicht angenommen werden. Dem Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht kommt hier als Indiz für die Dauerhaftigkeit des Betriebs zudem stärkeres Gewicht zu, weil es sich um die Neugründung eines (Pensionspferde-)Betriebs handelt (BVerwG, U.v. 16.12.2004 – 4 C 7/04 – juris Rn. 13); der Kläger befindet sich nach seinem Bevollmächtigten in der „neuralgischen Aufbauphase“ (Bl. 66 d. BA). Die für Pferde ansonsten genutzten Gebäude sind baurechtlich nicht genehmigt und Gegenstand von Beseitigungsverfügungen des Beklagten.
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Im Übrigen wäre es an dem Kläger gelegen, durch Vorlage eines schlüssigen Betriebskonzepts die beabsichtigte Betätigungsform detailliert darzustellen (vgl. dazu BayVGH, B.v. 18.2.2013 – 1 ZB 11.1389 – juris Rn. 17). Die Angaben des Klägers beschränken sich auf eine vage Beschreibung des Tierbestands und des verlangten Pensionspreises. Die in der Baubeschreibung gemachten Angaben zum Bauantrag (§ 9 BauVorlV) reichen nicht ansatzweise aus, auszuschließen, dass sich das zur Genehmigung gestellte Vorhaben in absehbarer Zeit in Richtung eines überwiegend gewerblich tätigen Reiterhofes ohne unmittelbare Bodenertragsnutzung entwickelt, zumal den geringen zu erwartenden Einnahmen bereits jetzt Baukosten in Höhe von 63.000 € alleine für den Hengststall gegenüberstehen. Zu berücksichtigen ist diesbezüglich ferner die Tatsache, dass die durch die Pensionspferdehaltung anfallenden Arbeiten im Wesentlichen von seiner Lebensgefährtin und zum Teil von dem auf dem Hof lebenden Herr K. übernommen werden (müssen). Die – eigentlich notwendige – Einstellung von Fremdarbeitskräften ist mangels ausreichenden Gewinns unmöglich. Dadurch entstehende Einsparungen durch Eigenleistungen (insb. Arbeitsleistung) sind bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung eines Betriebs indes anzurechnen. Die fehlende angemessene Vergütung der eigenen Arbeitsleistung ist Kennzeichen eines Hobbys und unterscheidet bei einer Neugründung eine Liebhaberei von einem dauerhaften Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.
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Weiterhin hat der Kläger weder eine Ausbildung hinsichtlich des Umgangs mit Hengsten noch kann davon ausgegangen werden, dass die Hof- und Betriebsnachfolge gewährleistet wäre. Es fehlen schon stichhaltige Angaben zur Eignung des Klägers als Betriebsinhaber. Der Kläger ist zwar Dipl.-Agraringenieur, kann aber eigene Arbeiten kaum ausführen. Seine Lebensgefährtin ist Biologin und Sozialpädagogin. Der ebenfalls auf dem Hof lebende Herr K. war als ausgebildeter Mechatroniker zuletzt in Vollzeit im Sicherheitsdienst tätig (Bl. 35 d. BA) und hat bislang rein außerlandwirtschaftliche, wechselnde Tätigkeiten mit Unterbrechungen ausgeübt (Bl. 37 d. BA). Eine besondere pferde- und landwirtschaftliche Sachkunde dieser Personen ist nicht ersichtlich. Ebenfalls fehlen glaubhafte und plausible Aussagen über die Hofnachfolge. Die drei auf dem Hof lebenden Personen stehen in keiner rechtlichen bindenden Beziehung zueinander. Ob jemand, und wenn ja, wer, den Hof übernehmen wird, wurde vom Kläger nicht vorgetragen, obgleich der Renteneintritt des …-jährigen schwerbehinderten Klägers – von einer möglichen früher entstehenden Erwerbsunfähigkeit ganz abgesehen – in nicht allzu weiter Ferne liegen dürfte. Unter diesen Umständen kann nicht von einer auf besonderer Sachkunde beruhender und auf Generationen ausgelegten Landwirtschaft ausgegangen werden.
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cc) Überdies dient das streitgegenständliche Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb – der ohnehin nicht besteht, s.o. – nicht.
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Ein Vorhaben dient nur dann einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, wenn ein vernünftiger Landwirt unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs dieses Vorhaben mit etwa dem gleichen Verwendungszweck und mit in etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (st. Rspr seit BVerfG, U.v. 3.11.1972 – 4 C 9.70 – juris).
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Der geplante Stall ist für den vorgesehenen Verwendungszweck, der Pensionspferdehaltung, nicht zweckmäßig konzipiert. Zwar hat der Kläger einen Großteil der Bedenken des AELF in Bezug auf die Bauausführung durch Umplanung beseitigen können. Den fachlichen Stellungnahmen des AELF im Verwaltungsverfahren war zunächst zu entnehmen, dass die Trennwand zwischen Box 1 und Box 2 sinnvollerweise so nach Norden verschoben werden solle, dass mindestens 12 m² Boxinnenfläche bei Box 2 erreicht würden. Diese Beurteilung erfolgt auf Basis der Mindestanforderungen, die in den Leitlinien des BMEL zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten vorgegeben sind. Danach soll die Boxenfläche für ein einzeln gehaltenes Pferd mindestens das 2-fache der Widerristhöhe zum Quadrat (2 x Wh)² betragen (4.3.1 der Leitlinien). Das AELF geht offenbar von einer Widerristhöhe von 1,70 m aus und gelangt zu dem Ergebnis, dass mindestens 12 m² einzuhalten sind. Ferner sei ein ca. 1,2 m breiter Gang zwischen Box 3 und Box 8 sowie Box 1 und Box 2 einzubauen, damit die Boxen 1 bis 3 und 8 zeitsparend und witterungsgeschützt mit Futter und Einstreu versorgt sowie entmistet werden können. Die nach Umplanung unter dem 23. Januar 2020 zur Genehmigung gestellten Eingabepläne berücksichtigen nunmehr die o.g. Änderungen. Gleichwohl hat das AELF darüber hinaus angemerkt, dass die Futterkammer mit einem Hoftrac mit Heu- oder Strohrundballen oder anderen Futtermitteln bestückt werden solle, damit sie arbeitswirtschaftlich sinnvoll genutzt werden kann. Dies sei aufgrund der geplanten Türbreite von 1 m jedoch nicht möglich, die Tür müsse auf mindestens 1,5 m verbreitert werden. Die nördliche Tür zur Futterkammer beträgt weiterhin lediglich 1 m, der zur Futterkammer führende Gang misst 1,2 m (s.o.). Der Hengststall ist damit auch nach Umplanung nicht mit einem Hoftrac befahrbar. Insoweit fehlt es daran, dass diese baulichen Anlagen einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen. Die Ausführungen des AELF überzeugen und sind vor allem deshalb nachvollziehbar, weil die nunmehr für den Hengststall dienende Bodenplatte ursprünglich als Bodenplatte für ein Austragshaus verwendet werden sollte und damit ursprünglich gar nicht für die Pensionspferdehaltung, sondern für einen völlig anderen Zweck konzipiert war. Das gilt auch für die Verwendung eines früher angeschafften Bausatzes für ein (Wohn-)Blockhaus als Hengststall, das deswegen auch optisch eher an ein Wohnhaus erinnert.
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Das Vorhaben dient einem landwirtschaftlichen Betrieb auch insoweit nicht, als in den Eingabeplänen eine geplante Mistlagerfläche von 80 m³ beschrieben ist. Die in den Plänen neben der textlichen Beschreibung zeichnerisch dargestellte Fläche misst bei einem Maßstab von 1:1.000 ca. 1,6 cm x 0,5 cm. Ausgewiesen ist somit eine Fläche von ca. 80 m². Anhand der Eingabepläne ist nicht erkennbar, wie sich aus der Fläche von ca. 80 m² eine Mistlagerfläche von 80 m³ ergeben soll. Das AELF weist zurecht darauf hin, dass das Mistlager mit einer Wand (mit ca. 1 m Höhe) eingelassen sein müsste, um das beschriebene Lagervolumen zu erreichen. Eine solche Wand ist in den Bauvorlagen weder eingezeichnet noch erwähnt.
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b) Eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, wonach ein Vorhaben, das wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll (…), zulässig ist, scheidet ebenfalls aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind nach dieser Vorschrift nur solche Vorhaben privilegiert, die über eine individuelle und die Allgemeinheit ausschließende Nutzung des Außenbereichs hinausgehen. Am Merkmal des „Sollens“ fehlt es immer dann, wenn gegenüber dem allgemeinen Bedürfnis nach Erholung in der freien Natur, dem der Außenbereich dient, individuelle Freizeitwünsche bevorzugt werden sollen. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ist deshalb nach ständiger Rechtsprechung nicht anwendbar, wenn ein Vorhaben aus Liebhaberei errichtet und betrieben wird (BVerwG, B.v. 9.9.2004 – 4 B 58/04 – juris Rn. 6 m.w.N.). So liegt es hier, der Kläger betreibt nach dem Gesagten lediglich Hobbypensionspferdehaltung.
35
c) Als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtigt das Vorhaben des Klägers öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB, weil es die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt und die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt, § 35 Abs. 3 Nr. 5, 7 BauGB.
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Der öffentliche Belang der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswertes dient dem Schutz der naturgegebenen Bodennutzung und Erholungsfunktion des Außenbereichs vor einer der freien Landschaft grundsätzlich wesensfremden Bebauung. Dieser öffentliche Belang wird bereits dann beeinträchtigt, wenn das Vorhaben dieser Funktion des Außenbereichs widerspricht. Alleine die Tatsache, dass der Kläger die errichteten Bauten nicht für einen landwirtschaftlichen Betrieb nutzt, qualifiziert sie daher als wesensfremd in der natürlichen Landschaft.
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Die Entstehung einer Splittersiedlung ist ebenso zu befürchten, weil das Bauvorhaben – auch wenn es Wohnzwecken nicht dienen soll – jedenfalls für den gelegentlichen Aufenthalt von Menschen geeignet ist und damit eine Vorbildwirkung besitzt, die Anlass für eine weitere im Außenbereich unerwünschte bauliche Entwicklung sein kann.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entsprach es der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil diese keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat.
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III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.