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OLG München, Hinweisbeschluss v. 30.08.2023 – 27 U 1464/23 e
Titel:

Kein Differenzschaden, wenn die Summe von Nutzungsvorteil und Restwert den Kaufpreis übersteigt (hier: Opel)

Normenketten:
BGB § 823 Abs. 2
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
Leitsätze:
1. Vgl. zu Diesel-Fahrzeugen von Opel: OLG München BeckRS 2021, 52557; BeckRS 2021, 52562; BeckRS 2022, 20001; BeckRS 2022, 29314; BeckRS 2022, 29413; BeckRS 2023, 3004; BeckRS 2023, 10351; BeckRS 2023, 10352; BeckRS 2023, 14670; OLG Bamberg BeckRS 2021, 52538; BeckRS 2022, 19980; BeckRS 2023, 3040; BeckRS 2023, 3006; OLG Schleswig BeckRS 2022, 8917; OLG Frankfurt BeckRS 2022, 10556; OLG Koblenz BeckRS 2022, 10605; OLG Köln BeckRS 2022, 12858; OLG Nürnberg BeckRS 2022, 29322; OLG Jena BeckRS 2022, 38597; OLG Zweibrücken BeckRS 2023, 3009; LG Landshut BeckRS 2021, 53844; BeckRS 2022, 20735; BeckRS 2022, 22852; LG Memmingen BeckRS 2022, 12853; LG Nürnberg-Fürth BeckRS 2022, 29316; BeckRS 2022, 29310; LG Kempten BeckRS 2022, 29315. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Differenzschaden scheidet immer dann aus, wenn die Summe von Verkaufserlös und Nutzungsvorteilen den Kaufpreis übersteigt. (redaktioneller Leitsatz)
3. Dabei entspricht bei einem nicht weiterveräußerten Fahrzeug der geschätzte Restwert dem Verkaufserlös. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, Opel, unzulässige Abschalteinrichtung, sittenwidrig, Thermofenster, Differenzschaden, Kaufpreis, Nutzungsvorteil, Verkaufserlös, Restwert
Vorinstanz:
LG Augsburg, Urteil vom 05.12.2022 – 125 O 3361/21
Fundstelle:
BeckRS 2023, 22490

Tenor

Auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 26.06.2023, VIa ZR 335/21, VIa ZR 522/21 und VIa ZR 1031/22 beabsichtigt der Senat weiterhin, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 05.12.2022, Az. 125 O 3361/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, sieht sich aber im Hinblick auf die darin enthaltenen Ausführungen zu den Voraussetzungen eines möglichen Anspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu folgendem ergänzendem Hinweis veranlasst:
Unter den Umständen des vorliegenden Falles scheitert ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV in Anwendung der vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze am Vorliegen eines „Differenzschadens“.
So schließen Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs einen Differenzschaden gerade auch dann aus, wenn man diese - mit dem Bundesgerichtshof - nur insoweit schadensmindernd anrechnet, als sie den Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags übersteigen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21 –, Rn. 44, juris). In Anwendung dieser Grundsätze scheidet ein Differenzschaden (im Umkehrschluss) immer dann aus, wenn die Summe von Verkaufserlös und Nutzungsvorteilen den Kaufpreis übersteigt.
Die vom Kläger gezogenen Nutzungsvorteile schätzt der Senat - ausgehend von einem Kilometerstand von 10 km bei Erwerb des Fahrzeugs am 01.02.2017 sowie von dem Kilometerstand von 243.169 km im Zeitpunkt des Schriftsatzes vom 24.08.2023 gemäß § 287 ZPO auf 29.569,34 €. Dieser Betrag ergibt sich aus der von der Rechtsprechung als zutreffend erachteten Formel, wonach der vom Kläger gezahlte (Brutto-)Kaufpreis in Höhe von 30.398,77 € für das Fahrzeug durch die voraussichtliche Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt geteilt und dieser Wert mit der gefahrenen Strecke seit Erwerb multipliziert wird (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 354/19 –, BGHZ 226, 322-329, Rn. 12). Hierbei hat der Senat im Wege der Schätzung eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km zugrunde gelegt. Eine solche scheint dem Senat regelmäßig realistisch und nicht ermessensfehlerhaft.
Den aktuellen Wert des Fahrzeugs schätzt der Senat auf mindestens 5.000 €, wobei er sich an der DAT- Schätzung, einem im Internet kostenfrei verfügbaren Schätzportal orientiert hat
Die Summe des Werts der Nutzungsvorteile über 29.569,34 € und des aktuellen Restwerts i.H.v. 5.000 € übersteigt mit 34.569,34 € den Kaufpreis von 30.298,77 € deutlich.
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 12.09.2023. 
Aus Kostengründen wird die Rücknahme der Berufung angeregt.