Titel:
Besetzungsentscheidung aufgrund rechtwidriger Beurteilungen
Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2
LlbG Art. 16 Abs. 1, Art 58 Abs. 4 S. 1, Art 59 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
VwGO § 123
Leitsätze:
1. Ist für dienstliche Beurteilungen ein System von Punktwerten in ganzen Zahlen vorgegeben, so können Beurteilungen, die ein Gesamturteil mit Nachkommastellen aufweisen, einem Leistungsvergleich nicht zugrunde gelegt werden. (Rn. 95) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist für dienstliche Beurteilungen die Bildung eines Gesamturteils vorgesehen, mit dem die Einzelwertungen in einer nochmaligen eigenständigen Wertung zusammengefasst werden, so ist die rein rechnerische Ermittlung des Gesamturteils ohne eine entsprechende Rechtsgrundlage unzulässig. (Rn. 101) (redaktioneller Leitsatz)
3. Sind periodische Beurteilungen mit einer detaillierten Aussage zur Verwendungseignung abzuschließen, so ist für jeden Beurteilungszeitraum erneut zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen. (Rn. 111) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Stellenbesetzungsverfahren (Akademische, Direktorin / Akademischer, Direktor, A 15), Überprüfung einer dienstlichen periodischen Beurteilung in einem Stellenbesetzungsverfahren (materielle Mängel bejaht: Angabe des Gesamturteils mit Nachkommastellen), Beamter, Bewerbung, Stellenbesetzungsverfahren, Auswahlverfahren, dienstliche Beurteilung, Einzelbewertung, Gewichtung, Gesamturteil, Nachkommastellen, arithmetisches Mittel, Beurteilungszeitraum, Verwendungseignung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 22314
Tenor
1. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO untersagt, die beiden Beförderungsdienstposten im Department … „Akademische Direktorin / Akademischer Direktor“ mit einem Mitbewerber/einer Mitbewerberin zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine erneute Auswahlentscheidung getroffen worden ist.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
3. Der Streitwert wird auf 21.595,83 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Besetzung von zwei Stellen (Akademische Direktorin / Akademischer Direktor, Besoldungsgruppe A 15) mit den Beigeladenen.
2
1. Der Antragsteller ist als Akademischer Oberrat (Besoldungsgruppe A 14) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für …, beschäftigt.
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In seiner letzten dienstlichen periodischen Beurteilung vom 17. März 2022 erzielte er ein Gesamtergebnis von „14,9“ Punkten. In Ziffer 5 der Beurteilung (Eignungsmerkmale) wurden keine Eintragungen vorgenommen.
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Die Beigeladene zu 1) ist als Akademische Oberrätin (Besoldungsgruppe A 14) ebenfalls an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, … am Department …, beschäftigt.
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In ihrer letzten dienstlichen periodischen Beurteilung vom 9. Mai 2022 erzielte sie ein Gesamtergebnis von „14“ Punkten. In Ziffer 5 der Beurteilung (Eignungsmerkmale) wurden folgende Eintragungen vorgenommen:
„5.1 (ggf.) Führungseignung … ist für Führungsaufgaben ohne Einschränkung sehr gut geeignet.
5.2 Eignung für folgende Dienstposten (evtl. Einschränkungen)
Volle Eignung sowohl für den Posten einer Akademischen Oberrätin (A14) als auch für den Posten einer akademischen Direktorin (A15).“
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Auch die Beigeladene zu 2) ist als Akademische Oberrätin (Besoldungsgruppe A 14) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, …, beschäftigt.
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In ihrer letzten dienstlichen periodischen Beurteilung vom 31. März 2022 erzielte sie ein Gesamtergebnis von „15,70“ Punkten. In Ziffer 5 der Beurteilung (Eignungsmerkmale) wurden folgende Eintragungen vorgenommen:
„5.1 (ggf.) Führungseignung Frau … kann meines Erachtens sämtliche Führungsaufgaben in hervorragender Weise übernehmen.
5.2 Eignung für folgende Dienstposten (evtl. Einschränkungen)
Frau … kann alle Aufgaben im Bereich der … in hervorragender Weise übernehmen.“
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2. Die Universitätsleitung hat mit Beschluss vom 23. Januar 2019 allgemeine Regelungen für „… den Umgang mit A15-Stellen im wissenschaftlichen Dienst (Akad. Direktoren) …“ erlassen.
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Demnach sind derartige Stellen kontingentiert. Ziffer 5 des Beschlusses enthält u.a. folgende Regelung:
„Die Entscheidung über eine Beförderung nach A15 trifft die Kommission für Forschung und wiss. Nachwuchs (KFwN). Das Bewerbungs- bzw. Vorschlagsprocedere zur Auswahl geeigneter Personen für eine Beförderung nach A15 legt die KFwN fest. …“
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In den Behördenakten befindet sich ein undatiertes Schreiben, das einen Autor nicht erkennen lässt und mit „Kriterien für die Beförderung von Beamten und Beamtinnen im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit (Art. 20 und 24 BayHSchPG) in ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 (Akademischer Direktor / Akademische Direktorin)“ überschrieben ist (nachfolgend: Beförderungskriterienkatalog A 15).
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Dort wird u.a. ausgeführt:
„Ein Amt der BesGr. A 15 (Akademischer Direktor) kann verliehen werden, wenn eine entsprechende besetzbare Planstelle vorhanden ist und der Beamte oder die Beamtin
- in der letzten dienstlichen Beurteilung ein Gesamturteil von mindestens 14 Punkten erhalten hat,
- die gesetzlichen Wartezeiten von derzeit drei (Art. 17 LlbG) oder vier Jahren (Art. 18 LlbG) erfüllt,
- Aufgaben wahrnimmt, die einer oder mehrerer der nachstehend unter 1) bis 4) genannten Anforderungen entsprechen.“
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Im Weiteren werden unter Ziffer 1) bis 4) die Kriterien „Aufgaben mit besonderer Verantwortung“, „Vorgesetztentätigkeit“, „Forschungstätigkeit“ und „Lehrtätigkeit“ näher definiert.
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In einer weiteren Unterlage von „P2-KHS“ vom 10. Mai 2016 werden unter der Überschrift „Beförderungen von Beamtinnen und Beamten des wissenschaftlichen Dienstes an der FAU Beförderung zur Akademischen Direktorin bzw. zum Akademischen Direktor (BesGr. A15)“ (nachfolgend: Regelungen zum Beförderungsverfahren) Ausführungen zum Beförderungsverfahren gemacht. Auf deren Inhalt wird verwiesen.
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3. Nach Aktenlage wies der Antragsgegner mit Schreiben vom 3. und 9. Februar 2022 auf die Möglichkeit hin, sich auf die Stelle eines Akademischen Direktors bewerben zu können. Die Schreiben befinden sich nicht in der Behördenakte.
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Der Antragsteller sowie die Beigeladenen zu 1) und 2) stellten daraufhin jeweils mit Schreiben vom 20. April 2022, 18. April 2022 und 19. April 2022 einen Antrag auf Beförderung (Selbstbewerbung).
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Sämtliche Bewerbungen wurden mit Stellungnahmen von Professoren unterstützt. Auf die entsprechenden Schreiben in der Behördenakte wird verwiesen (Bl. 63, 98 ff. und 119 der Behördenakte).
17
In einer Sitzung der kollegialen Leitung des Departments … zur Beratung über die Beförderung zur Akademischen Direktorin bzw. zum Akademischen Direktor vom 27. April 2022 wurde eine aus fünf Personen bestehende Kommission zur Entscheidungsfindung eingerichtet. Eine Erörterung über die Bewerbungen wurde auf den 10. Mai 2022 vertagt.
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In der weiteren Sitzung vom 10. Mai 2022 wurde zunächst beschlossen, die Beigeladene zu 1) zur Beförderung zu empfehlen.
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Gemäß einer Umfeldanalyse und Prozessbeschreibung vom 1. Juni 2022 durch das Department für … (Bl. 26 der Behördenakte) wurde weiterhin eine Beförderung der Beigeladenen zu 1) empfohlen.
20
Der Antragsteller hat daher eine Gegendarstellung vom 5. Juni 2022 an die Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs gerichtet und seine Bewerbung aufrechterhalten.
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Mit Schreiben vom 14. August 2022 (Bl. 29 der Behördenakte) teilte das Department für … der Personalabteilung mit, dass nunmehr zwei Stellen der Besoldungsgruppe A 15 zur Verfügung stünden. Hierfür wurden die Bewerbungen der Beigeladenen zu 1) und 2) empfohlen.
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Mit jeweils einstimmigem Beschluss der Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs vom 19. Dezember 2022 (Bl. 8 der Behördenakte) wurde entschieden, die beiden Stellen für Akademische Direktorinnen mit den Beigeladenen zu 1) und 2) zu besetzen.
23
Die Beförderung des Antragstellers wurde einstimmig abgelehnt.
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Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom 20. Dezember 2022 mitgeteilt, dass sein Beförderungsantrag abgelehnt worden sei (Bl. 19 der Behördenakte).
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4. Mit Schreiben vom 27. Januar 2023, am selben Tag mittels besonderem elektronischen Anwaltspostfach bei Gericht eingegangen, ließ der Antragsteller beantragen,
Dem Antragsgegner wird vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die ausgeschriebene A 15-Stelle als Akademischen Direktor im Department … an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg mit einer Mitbewerberin/einem Mitbewerber zu besetzen, sie/ihn hierfür einzuweisen oder in sonstiger Art und Weise hierauf dienstlich zu verwenden oder zu befördern, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers im Rahmen eines erneut durchzuführenden Auswahlverfahrens entschieden worden ist.
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Der Antragsgegner sicherte daraufhin mit Schreiben vom 2. Februar 2023 zu, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens mit einer anderen Bewerberin vorgenommen werde.
27
Mit Beschluss vom 8. Februar 2023 erfolgte eine notwendige Beiladung der Beigeladenen zu 1) und 2).
28
Der Antragsgegner übermittelte mit weiterem Schreiben vom 17. Februar 2023 die den dienstlichen Beurteilungen zugrundeliegenden Beurteilungsrichtlinien sowie weitere Unterlagen, auf deren Inhalt verwiesen wird. Es wurde zudem darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zu 1) zum … in ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 befördert worden sei und man eine erste Beurteilung mit dem Punktwert „15“ im Gesamturteil nachträglich abgeändert habe.
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Der Antragsteller begründete seinen Antrag nach § 123 VwGO mit Schreiben vom 28. Februar 2023 und führte im Wesentlichen aus, dass der Anspruch des Antragstellers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung verletzt worden sei.
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Eine Auswahlentscheidung habe vorrangig nach dem Grundsatz der Bestenauslese zu erfolgen und damit vorrangig nach den dienstlichen Beurteilungen, Art. 33 Abs. 2 GG. Da der Antragsteller zumindest besser als die Beigeladene zu 1), die lediglich ein Gesamturteil von 13,97 Punkten erzielt habe, beurteilt worden sei, sei schon deshalb die Nichtberücksichtigung des Antragstellers ermessensfehlerhaft gewesen.
31
Selbst wenn man die Beförderungskriterien der Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs zugrunde legen würde, hätte der Antragsteller bei der Beförderung berücksichtigt werden müssen, da die Beigeladenen zu 1) und 2) den Anforderungen des Beförderungskriterienkatalogs A 15 nicht gerecht werden würden.
32
Die Beigeladene zu 1) habe lediglich 13,97 Punkte erreicht. Damit erfülle sie aber nicht die Mindestanforderungen von 14 Punkten, da für die Berechnung stets das arithmetische Mittel heranzuziehen sei.
33
Im Weiteren wurde dargelegt, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) auch die weiteren Kriterien des Beförderungskriterienkatalog A 15 nicht erfüllen würden.
34
Selbst wenn die Zuordnung der Kriteriengruppen in der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung zulässig gewesen wären, sei diesen im Rahmen der Abwägung gerade kein Vorrang einzuräumen. Werde ein Kriterium erfüllt, so müsse im Anschluss wieder eine Bestenauslese stattfinden. Es sei nicht zulässig, Ausführungen zu den einzelnen Kriterien im Wege einer „Sekundärbeurteilung“ erneut in das Verfahren einzubringen. Gleichzeitig würden Umstände berücksichtigt, die nach dem Beförderungskriterienkatalog A 15 keine Relevanz hätten, wie zum Beispiel eine Vertretungsprofessur oder ein Ruf auf eine Professur.
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Es erscheine auch fraglich, dass der Dienstvorgesetzte der Beigeladenen zu 2) ein Schreiben an die Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs gerichtet habe und ab diesem Zeitpunkt zwei Stellen der Besoldungsgruppe A 15 zur Verfügung gestanden hätten. Diese Entscheidung sei nicht kommuniziert worden, weshalb potentielle Bewerber abgeschreckt worden seien.
36
Es sei auch ein Anordnungsgrund gegeben, da eine Stellenbesetzung nicht mehr rückgängig gemacht werden könne.
37
Das Gericht gab den Beteiligten daraufhin Gelegenheit sich dazu zu äußern, auf welcher rechtlichen Grundlage das Gesamturteil in dienstlichen Beurteilungen mit bis zu zwei Nachkommastellen angegeben worden sei.
38
Auch wurde um nähere Darlegung gebeten, welche objektiven Kriterien für die Auswahlentscheidung maßgebend gewesen seien.
39
Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die dienstliche Beurteilung des Antragstellers keine Ausführungen zu Eignungsmerkmalen enthalte.
40
Die Beigeladene zu 2) führte mit Schreiben vom 6. März 2023 im Wesentlichen aus, dass sie ihre Lehrverpflichtungen übererfüllt habe. Ihre Lehre bewege sich zudem auf sehr hohem Niveau, was auch die Verleihung des Lehrpreises der … Fakultät zeige.
41
Der Antragsgegner trat dem Antrag mit Schreiben vom 15. März 2023 entgegen und beantragte,
42
Der Antrag wird abgelehnt.
43
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund eines Stellentausches die Möglichkeit eröffnet worden sei, eine weitere Stelle der Besoldungsgruppe A 15 zu besetzen.
44
Es wurde zudem klargestellt, dass die Beigeladene zu 1) bei der letzten dienstlichen Beurteilung einen Punktwert von 14 (Durchschnittswert von 13,97) erreicht habe. Es sei daher nicht infrage gestellt worden, weder vom Department noch von der Kommission, dass die Beigeladene zu 1) die erforderliche Punktzahl von 14 nicht erreicht habe. Deren Beurteilung sei nach Prüfung durch den Präsidenten korrigiert worden, da eine im Beurteilungszeitraum liegende Beförderung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei.
45
Zudem wurden weitere Ausführungen zu den Kriterien des Beförderungskriterienkatalogs A 15 gemacht.
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Anders als für die Beigeladenen seien hinsichtlich des Antragstellers unter „5. Eignungsmerkmale“ in der dienstlichen Beurteilung keine Ausführungen gemacht worden. Zudem sei der Antragsteller lediglich mit 13 Punkten bei dem Merkmal „Führungspotential“ bewertet worden.
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Der Antragsteller könne im Gegensatz zu den Beigeladenen keine Promotion vorweisen. Diese sei trotz Herabsetzung seines Lehrdeputats in den vergangenen zwei Jahren bis heute nicht abgeschlossen worden.
48
Die Entscheidung des Antragsgegners sei ermessensfehlerfrei.
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Es komme nicht alleine auf die letzte dienstliche Beurteilung an. Der Beamte müsse auch den Anforderungen des höherwertigen Dienstpostens gewachsen sein. Grundlage für die Auswahlentscheidung sei zum einen zwar die dienstliche Beurteilung. Zum anderen sei aber auch der Beförderungskriterienkatalog A 15 zu berücksichtigen. Dieser gewährleiste Beförderungen nach Leistung, Eignung und Befähigung.
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Es sei gerichtlich bestätigt (VG Ansbach, U.v. 18.2.2016 – AN 2 K 15.00360 – juris), dass der Beförderungskriterienkatalog A 15 zulässige Grundlage für eine Beförderungsentscheidung sei und die Entscheidung nicht ausschließlich auf das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung gestützt werden müsse. Es komme deshalb insgesamt auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung an.
51
Sowohl der Antragsteller als auch die Beigeladenen zu 1) und 2) würden zumindest eines der Kriterien des Beförderungskriterienkatalogs A 15 erfüllen.
52
Der Punktwert der letzten dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen zu 1) liege bei 14. Im Einklang mit dem Merkblatt für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten komme es nur auf ganze Punktwerte an. Der Wert von 13,97 ergebe sich lediglich aus der Errechnung des arithmetischen Mittels. Die Angabe der Nachkommastellen diene einer besseren Vergleichbarkeit der Kandidatinnen und Kandidaten, die oft sehr nah beieinander oder gar gleichauf lägen und sei gerichtlich nicht moniert worden. Das Verfahren des Antragsgegners gewährleiste, dass Beurteilungen sehr eng beieinander, d.h. im Nachkommabereich, liegender Kandidaten noch einmal objektiv bezüglich ihrer fachlichen Leistungen von einem neutralen Gremium bewertet würden.
53
Wenn die für die Beförderung erforderlichen Kriterien erfüllt seien, werde von der Kommission eine Gesamtbewertung der Kandidaten im Hinblick auf ihre Eignung, Befähigung und fachliche Leistung anhand der vorgegebenen Kriterien vorgenommen. Gerade auch um dem Anspruch der Bestenauslese gerecht zu werden, müsse die teilweise Erfüllung von Kriterien als Sekundäraspekt miteinfließen. Der Antragsteller hätte daher nach besten Wissen und Gewissen vollständige Angaben machen können, zumal die einschlägigen Vorschriften öffentlich einsehbar seien.
54
Im Wege der Gesamtbetrachtung müsse auch Eingang finden, dass bei der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers unter dem Punkt „5. Eignungsmerkmale“ keine Eintragungen gemacht worden seien.
55
Es müsse zudem berücksichtigt werden, dass der Antragsteller nicht promoviert sei. Eine erfolgreiche Promotion sei zumindest positiv zu werten.
56
Es sei festzuhalten, dass bei allen drei Beteiligten sowohl die Voraussetzung des erforderlichen Punktwertes als auch mindestens ein Kriterienpunkt erfüllt seien. Für das weitere Verfahren sei es daher erforderlich, die anderen Kriterien, auch wenn sie nicht vollumfänglich erfüllt seien, einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Der Antragsteller erfülle jedoch lediglich das Kriterium der Lehrtätigkeit. Demgegenüber könne die Beigeladene zu 1) in allen Kategorien des Beförderungskriterienkatalogs A 15 Erfolge vorweisen, die Beigeladene zu 2) in drei Bereichen.
57
Die Beigeladene zu 1) äußerte sich mit Schreiben vom 16. März 2023 und machte Ausführungen zu den Kriterien des Beförderungskriterienkatalogs A 15 und in welchem Umfang sie diese erfülle.
58
Der Antragsteller vertiefte sein Vorbringen mit Schreiben vom 27. März 2023 und führte im Wesentlichen aus, dass die fehlende Verwendungseignung nicht zu einem rechtlichen Nachteil führe. Vielmehr könne der Antragsteller Mängel seiner dienstlichen Beurteilung im Rahmen des hier streitgegenständlichen Verfahrens rügen. Es bestehe kein Rechtsanspruch, dass über die Führungsqualifikation grundsätzlich entschieden werde. Obwohl die dienstliche Beurteilung des Antragstellers keine Feststellungen zu Eignungsmerkmalen (Ziffer 5. der Beurteilung) enthalte, könne dennoch durch die Feststellung der Leistung, Eignung und Befähigung ein Gesamturteil des Antragstellers abgegeben werden.
59
Der Antragsgegner widerspreche sich selbst, wenn er einerseits ausführe, dass es auf ganze Punktwerte in den dienstlichen Beurteilungen ankomme, dann aber trotzdem Nachkommastellen berücksichtigt würden.
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Soweit der Antragsgegner ausführe, dass die teilweise Erfüllung von Kriteriengruppen des Beförderungskriterienkatalogs A 15 als „Sekundäraspekt“ miteinfließen würden, sei der Antragsgegner auch bei unterbliebenen Eintragungen dazu verpflichtet, sich über Sekundäraspekte des Antragstellers, gegebenenfalls durch weitere Ermittlungen, zu erkundigen.
61
Nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 BayHSchPG (siehe auch Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 b) ELbAV) müsse als Einstellungsvoraussetzung zum Akademischen Rat auf Lebenszeit in dem entsprechenden Fach ein Doktorgrad oder eine Zweite Staatsprüfung mit Erfolg abgelegt worden sein. Demnach könne eine Promotion kein positives Argument für die Beigeladenen sein. Auch die Kommission habe dies fehlerhaft berücksichtigt, wie es dem Sitzungsverlauf vom 19. Dezember 2022 entnommen werden könne.
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Der Antragsgegner erwiderte hierauf mit Schreiben vom 4. April 2023 und führte im Wesentlichen aus, dass der Antragsteller 14 Lehrveranstaltungsstunden gehalten habe.
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Er habe zudem selbst ausgeführt, dass er keine weiteren dem Beförderungskriterienkatalog A 15 zuordenbare Tätigkeiten vorweisen könne.
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Zudem habe der Antragsteller selbst ausgeführt, dass er sein Lehrdeputat im Sommersemester 2019 nicht voll ausgeschöpft habe, um an seiner Dissertation zu arbeiten.
65
Mit Verweis auf Art. 58 Abs. 4 Satz 2 LlbG ergebe sich aus einem Umkehrschluss aus dem Fehlen einer Aussage zu einer Verwendungseignung die Schlussfolgerung, dass beim Antragsteller die potentielle Eignung für eine Führungsposition nicht gegeben sei.
66
Zudem machte der Antragsgegner Ausführungen zur Anrechnung von Lehrveranstaltungsstunden.
67
Die Behauptung des Antragstellers, die Ausführungen hinsichtlich der Punktwerte würden sich widersprechen, werde zurückgewiesen. Die Ausführungen würden zum einen zwischen der Erfüllung der Voraussetzungen des Beförderungskriterienkatalogs A 15, bei dem es auf ganze Punktwerte ankomme, und zum anderen hinsichtlich der Sinnhaftigkeit der Angabe von Nachkommastellen dienstlicher Beurteilungen differenzieren. Lägen Kandidaten in ihren Beurteilungen nahe beieinander, führe die genauere Betrachtung dazu, dass nicht nur die dienstliche Beurteilung im ganzen Punktwert Berücksichtigung finde, sondern die Bewerber im Detail hinsichtlich ihrer fachlichen Leistung, Eignung und Befähigung beurteilt würden. Somit werde eine genauere Überprüfung ermöglicht, mit dem Ziel einer Auswahl nach Art. 33 Abs. 2 GG gerecht zu werden.
68
Eine Promotion sei keine Voraussetzung für eine Beförderung, sie hebe aber die fachliche Leistung besonders hervor.
69
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
70
Der Antrag ist zulässig und auch begründet.
71
1. Die Entscheidung über den hier streitgegenständlichen Antrag fällt in die Zuständigkeit der 1. Kammer, der u.a. Entscheidungen zu dem Recht der Beamten nach Landesrecht zugewiesen sind. Streitentscheidend sind vorliegend Normen aus dem Beamtenrecht, so dass eine Zuständigkeit der 2. Kammer, der u.a. Zuständigkeiten im Hochschulrecht zugewiesen sind, vorliegend nicht gegeben ist. Insbesondere steht eine nach dem Hochschulrecht zu beurteilende Einstellung (Art. 19 BayHSchPG a.F. bzw. jetzt Art. 71 BayHIG) nicht in Streit.
72
2. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch vor Klageerhebung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung).
73
Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind daher ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
74
3. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da die beiden Beförderungsdienstposten mit den Beigeladenen besetzt werden sollen.
75
Der um eine Beförderungsauswahl geführte Rechtsstreit erledigt sich mit der endgültigen Besetzung der Stelle (BVerwG, B.v. 15.5.2017 – 2 B 74/16 – juris Rn. 6; U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – juris Rn. 27).
76
Die streitgegenständlichen und mit A 15 bewerteten Stellen eines Akademischen Direktors stellen für den Antragsteller ein höherwertiges Statusamt dar. Unabhängig davon, ob das entsprechende statusrechtliche Amt gleichzeitig mit der Übertragung der streitgegenständlichen Stelle übertragen wird oder ob die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung schafft (BVerwG, B.v. 21.12.2016 – 2 VR 1/16 – juris Rn. 12 f.), liegt ein Anordnungsgrund vor, sodass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt (BayVGH, B.v. 4.2.2015 – 6 CE 14.2477 – juris Rn. 11).
77
4. Da hier effektiver Rechtsschutz letztlich nur im Wege einer einstweiligen Anordnung zu leisten ist, dürfen die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen des unterlegenen Bewerbers im Hauptsacheverfahren gefordert werden könnte (BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – juris Rn. 14).
78
Gemessen hieran hat der Antragsteller auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da die Auswahlentscheidung den Antragsteller in seinem aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt.
79
Im Ergebnis kann letztlich dahinstehen, ob bereits formelle Fehler bestehen, da insbesondere eine Beteiligung des Personalrates nicht dokumentiert wurde, Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayPVG.
80
Die Auswahlentscheidung ist jedenfalls materiell rechtswidrig.
81
Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus folgt der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – juris Rn. 21 ff.; BVerfG, B.v. 29.7.2003 – 2 BvR 311/03 – juris Rn. 11).
82
Die Geltung dieses Grundsatzes wird nach Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Die Vorschrift dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Bestenauslesegrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet.
83
Art. 33 Abs. 2 GG gibt somit die entscheidenden Beurteilungsgesichtspunkte für die Bewerberauswahl zur Besetzung von öffentlichen Ämtern abschließend vor. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen. Anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/11 – juris Rn. 10 ff.; BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – juris Rn. 20).
84
Aus der Verletzung dieses Anspruches folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung. Vielmehr ist es im Hinblick auf den Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris Rn. 17).
85
Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – juris Rn. 11). Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts und der Garantie von Art. 19 Abs. 4 GG sind die Verwaltungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen (BVerfG, B.v. 29.7.2003 – 2 BvR 311/03 – juris Rn. 12).
86
Über die Eignung des Bewerberfeldes kann in einem gestuften Auswahlverfahren befunden werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris Rn. 23). Bewerber, welche die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und müssen somit nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris Rn. 23; BVerwG, B.v. 6.4.2006 – 2 VR 2/05 – juris Rn. 7). Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris Rn. 23).
87
Vorliegend geht die Kammer davon aus, dass der Antragsgegner ein gestuftes Auswahlverfahren durchgeführt hat.
88
Der Beförderungskriterienkatalog A 15 gibt in einer ersten Stufe vor, welche Beamte für die Vergabe eines Amtes der Besoldungsgruppe A 15 in Betracht kommen. Die Kammer folgt insoweit der Entscheidung der 2. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach (VG Ansbach, U.v. 18.2.2016 – AN 2 K 15.00360 – juris Rn. 30), wonach die Kriterien, dass in der letzten dienstlichen Beurteilung ein Gesamturteil von mindestens 14 Punkten erzielt worden sein muss und gesetzlichen Wartezeiten von derzeit drei (Art. 17 LlbG) oder vier Jahren (Art. 18 LlbG) erfüllt worden sein müssen sowie Aufgaben wahrgenommen werden müssen, die näher definierten Kriterien genügen müssen (Aufgaben mit besonderer Verantwortung, Vorgesetztentätigkeit, Forschungstätigkeit und Lehrtätigkeit), kumulativ erfüllt sein müssen, um überhaupt in ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 befördert werden zu können.
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Hinsichtlich des letzten Aspektes ist es aber ausreichend, dass zumindest eines von den vier näher definierten Kriterien (Aufgaben mit besonderer Verantwortung, Vorgesetztentätigkeit, Forschungstätigkeit und Lehrtätigkeit) erfüllt wird.
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Der Beförderungskriterienkatalog A 15 verhält sich jedoch nicht dazu, wie eine Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern zu erfolgen hat. Demnach bestimmt sich dieses Vorgehen nach den allgemeinen rechtlichen Regelungen, insbesondere Art. 16 LlbG, wobei fraglich erscheint, ob der Antragsgegner, auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlich garantierten Wissenschaftsfreiheit, hiervon abweichende Regelungen erlassen könnte.
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Nach gefestigter Rechtsprechung ist bei der Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens unter mehreren Bewerbern in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen abzustellen (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 22.1.2018 – 3 CE 17.2440 – juris Rn. 20; BVerfG, B.v. 17.2.2017 – 2 BvR 1558/16 – juris Rn. 8). Maßgeblich hierfür ist primär das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5/12 – juris Rn. 25).
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Soll dem Gedanken der Bestenauslese bei der Auswahlentscheidung Rechnung getragen wer-den, so müssen darüber hinaus – jedenfalls in aller Regel – auch das gewählte Beurteilungssystem gleich sein und die bei der Beurteilung zur Anwendung kommenden Beurteilungsrichtlinien, -merkmale und -maßstäbe wie Punkteskalen gleichmäßig auf sämtliche Beamte angewendet werden, die bei beamtenrechtlichen Entscheidungen über ihre Verwendung und ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können (BVerwG U.v. 2.3.2000 – 2 C 7/99 – juris Rn. 18). Ihre wesentliche Aussagekraft erhalten dienstliche Beurteilungen nämlich erst in Relation zu den Bewertungen in anderen dienstlichen Beurteilungen. Um zu der erforderlichen objektiven Bewertung des einzelnen Beamten zu führen und um die Vergleichbarkeit der beurteilten Beamten zu gewährleisten, muss so weit wie möglich gleichmäßig verfahren werden. Die Beurteiler müssen ihrer Bewertung denselben Begriffsinhalt der Noten (Punktewerte) zugrunde legen und diese mit demselben Aussagegehalt verwenden. Das gilt insbesondere für das die Beurteilungen abschließende Gesamturteil (BVerwG, U.v. 27.2.2003 – 2 C 16/02 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 14.8.2014 – 3 CE 14.377 – juris Rn. 26).
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Ungeachtet des Wortlautes von Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG geht die Rechtsprechung unverändert vom Primat der dienstlichen Beurteilung aus. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass Art. 16 Abs. 1 Satz 5 LlbG zur Auswahlentscheidung dahingehend eine Abstufung trifft, dass dienstliche Beurteilungen stets verwendet werden müssen und weitere Auswahlmethoden (nur) zusätzlich gestattet sind (B.v. 31.1.2020 – 3 CE 19.2457 – juris Rn. 20; B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 8 und B.v. 5.8.2014 – 3 CE 14.771 – juris Rn. 45).
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Der Antragsgegner hat im vorliegenden Verfahren die Auswahlentscheidung nicht auf der Grundlage verwertbarer dienstlicher Beurteilungen getroffen.
95
Die Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen zu 2) können einem Leistungsvergleich nicht zugrunde gelegt werden, da diese ein rechtswidriges Gesamturteil aufweisen, das mit Nachkommastellen angegeben wurde und somit bereits in Widerspruch zu Art. 59 Abs. 1 Satz 1 LlbG steht.
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Auch die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (VV-BeamtR) sehen lediglich ganze Punktwerte von 1 bis 16 vor, Abschnitt 3, Nr. 3.2.2 Satz 1 und Abschnitt 3, Nr. 7.1 Satz 1 VV-BeamtR.
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Nichts Abweichendes wird in den Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst im Bereich Wissenschaft und Kunst (nachfolgend: Ergänzende Beurteilungsrichtlinien – Wissenschaft und Kunst) geregelt. Diese beinhalten keine spezielleren Regelungen, sondern erklären in Nr. 1.2 der Ergänzenden Beurteilungsrichtlinien – Wissenschaft und Kunst die Abschnitte 3 und 4 der VV-BeamtR für ergänzend anwendbar.
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Auch das Initialschreiben vom 29. März 2021 sowie das auf den 22. März 2019 datierte Merkblatt für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten (nachfolgend: Merkblatt) des Antragsgegners enthalten keine Modifikationen dieser Vorgaben. Vielmehr ist auch nach Nr. 4, 10. Textabsatz, Satz 2 des Merkblatts geregelt, dass das Gesamturteil in einem ganzen Punktwert anzugeben ist und sich schlüssig aus den Einzelbewertungen und den ergänzenden Bemerkungen ergeben muss.
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Entgegen diesen Vorgaben wurde in rechtlich nicht zulässiger Weise im Gesamturteil bei dem Antragsteller ein Punktwert von 14,9 und bei der Beigeladenen zu 2) ein Punktwert von 15,70 vergeben.
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Nach dem Vortrag des Antragsgegners sei das Gesamturteil aus dem arithmetischen Mittel der Einzelnoten gebildet worden. Vermutlich hat der Antragsgegner sich dabei auf Nr. 4, 10. Textabsatz, Satz 1 des Merkblatts bezogen, gemäß dem der Punktwert beim Gesamturteil in aller Regel dem arithmetischen Mittel der gewichteten Einzelpunktwerte entspreche.
101
Dies steht jedoch in Widerspruch zu der einschlägigen Rechtsprechung, wonach die rein rechnerische Ermittlung des Gesamturteils ohne eine entsprechenden Rechtsgrundlage unzulässig ist (BayVGH, B.v. 21.6.2020 – 6 CE 20.1191 – juris Rn. 16; VG Bayreuth, U.v. 21.12.2021 – B 5 K 20.1310 – juris Rn. 31; VG Ansbach, U.v. 4.5.2021 – AN 1 K 20.02814 – juris Rn. 81).
102
Nachdem der Antragsgegner ausführte, dass die Ermittlung des Gesamturteils anhand des arithmetischen Mittels gebildet werde, spricht viel dafür, dass auch die Beurteilung der Beigeladenen zu 1) unter Verstoß gegen Art. 59 Abs. 2 Satz 1 LlbG erstellt wurde.
103
Die Kammer setzt sich mit dieser Auffassung auch nicht in Widerspruch zu einer älteren Entscheidung der 2. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach, da in dem dort entschiedenen Fall der Kläger schon nicht die Kriterien des Beförderungskriterienkatalogs A 15 erfüllte (VG Ansbach, U.v. 18.2.2016 – AN 2 K 15.00360 – juris Rn. 31) und deshalb auf die Rechtmäßigkeit eines Leistungsvergleichs gar nicht eingegangen werden musste. Insoweit bestand kein Anlass, sich zu der Angabe von Nachkommastellen im Gesamturteil zu äußern.
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Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, so würden die Beurteilungen auch aufgrund des Umstandes, dass die Ermittlung des Gesamturteils nicht einheitlich erfolgte, keine geeignete Grundlage für eine Besetzungsentscheidung darstellen.
105
Der Antragsteller hat bei einem arithmetischen Mittel von 14,888 Punkten ein Gesamturteil von 14,9 Punkten erhalten. Demgegenüber erhielt die Beigeladene zu 2) bei einem arithmetischen Mittel von 15,7037 das Gesamturteil 15,70. Die Beigeladene zu 1) hat das Gesamturteil 14 Punkte erhalten, obwohl sie im arithmetischen Mittel lediglich einen Wert von 13,966 erzielte. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die Nachkommastellen der Gesamturteile angegeben und gerundet wurden.
106
Schon deshalb ist das Stellenbesetzungsverfahren erneut durchzuführen, wobei auch für die Beteiligten neue Beurteilungen unter Beachtung der Vorgaben von Art. 59 LlbG zu erstellen sind.
107
Eine Auswahl des Antragstellers in einer neuen Auswahlentscheidung erscheint auch möglich.
108
Bezüglich der Beigeladenen zu 1) hat der Antragsteller zumindest in den Einzelnoten bessere Ergebnisse erzielt, sodass schon deshalb seine Auswahl als möglich erscheint.
109
Auch hinsichtlich der Beigeladenen zu 2) erscheint eine Auswahl des Antragstellers als möglich, da auch deren dienstliche Beurteilung neu zu erstellen ist und nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass sowohl dem Antragsteller als auch der Beigeladenen zu 2) ein Gesamturteil von 15 Punkten zuerkannt wird, wobei die Entscheidung letztlich der erneuten Beurteilung vorbehalten bleiben wird. Selbst wenn die Beigeladene zu 2) ein um einen Punkt höheres Gesamturteil als der Antragsteller erzielen sollte, so erschiene gleichwohl eine Auswahl des Antragstellers als möglich, da erst bei einem Bewertungsvorsprung der Beigeladenen zu 2) von zwei Punkten eine mögliche Auswahl des Antragstellers nicht mehr in Betracht kommen dürfte (BayVGH, B.v. 8.4.2015 – 3 CE 14.1782 – juris Rn. 44).
110
Eine Auswahl des Antragstellers erscheint auch unter dem Gesichtspunkt möglich, dass ihm zumindest im Wege der erneut zu erstellenden Beurteilung die Verwendungseignung für ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 zuerkannt werden könnte.
111
Nach Art. 58 Abs. 4 Satz 1 LlbG ist die periodische Beurteilung mit einer detaillierten Aussage zur Verwendungseignung abzuschließen. Sofern dabei eine Verwendung in Führungspositionen in Betracht kommt, ist darin auch eine differenzierte Aussage zur Führungsqualifikation zu treffen (Art. 58 Abs. 4 Satz 2 LlbG). In den Feststellungen zur Verwendungseignung kommt die eigentliche Zweckbestimmung der dienstlichen Beurteilung zum Ausdruck, Grundlage für Auswahlentscheidungen zu sein. Dabei hat für jeden Beurteilungszeitraum erneut eine Prüfung zu erfolgen, ob die Voraussetzungen vorliegen (BayVGH, B.v. 8.4.2015 – 3 CE 14.1782 – juris Rn. 34 und 36). Ein Rechtsanspruch darauf, dass in der dienstlichen Beurteilung über die Führungsqualifikation entschieden wird, besteht aber nicht (VG Bayreuth, B.v. 29.1.2021 – B 5 E 20.1419 – juris Rn. 39).
112
Mit Blick auf die bisher erbrachten Leistungen des Antragstellers erscheint es zumindest nicht von vornherein als ausgeschlossen, dass ihm eine entsprechende Verwendungseignung zuerkannt wird, zumal auch der Antragsgegner – beispielsweise mit Schreiben vom 14. August 2022 (Bl. 18 der Behördenakte) – den Antragsteller als formal beförderungswürdig bezeichnet hat.
113
Zu beachten wird hier auch sein, dass der Antragsteller in seiner letzten dienstlichen periodischen Beurteilung 13 Punkte bei dem Merkmal „Führungspotential“ erhalten hat. Zwar wurde er gegenüber den beiden Beigeladenen, die bei diesem Merkmal 15 bzw. 16 Punkte erhielten, schlechter beurteilt, jedoch entspricht der vergebene Punktwert einer Leistung, bei der als Merkmal erheblich über den Anforderungen liegend oder besonders gut erfüllt wird. Demnach ist nicht ausgeschlossen, dass man dem Antragsteller eine entsprechende Verwendungseignung zuerkennen kann.
114
Der Antragsteller hat sich zumindest auch konkludent im Rahmen dieses Verfahrens darauf berufen, dass ihm eine entsprechende Verwendungseignung zuzuerkennen sei, so dass dies erneut durch den zuständigen Beurteiler zu beurteilen sein wird.
115
5. Um einen Folgerechtsstreit zu vermeiden, sieht sich die Kammer zudem veranlasst noch auf Folgendes hinzuweisen:
116
Grundsätzlich ist es möglich, dass die Bewerberauswahl in einem zweistufigen Verfahren durchgeführt wird.
117
Soweit der Antragsgegner eine Dissertation oder wissenschaftliche Veröffentlichungen in einem gewissen Umfang als zwingende Voraussetzung für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 berücksichtigen will, dürfte dies in erster Linie durch eine entsprechende Änderung der Kriterien des Beförderungskriterienkatalogs A 15 möglich sein, vorausgesetzt, dies lässt sich aus sachlichen Gründen rechtfertigen.
118
Zur Auswahlentscheidung selbst trifft insbesondere Art. 16 Abs. 1 Satz 5 LlbG dahingehend eine Abstufung, dass dienstliche Beurteilungen stets verwendet werden müssen und weitere Auswahlmethoden zusätzlich gestattet sind. Hinsichtlich der fachwissenschaftlichen Eignung ist zu berücksichtigen, dass einer Universität eine besondere, durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 108 i.V.m. Art. 138 BV verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz über die Qualifikation eines Bewerbers für eine Hochschullehrerstelle zusteht. Das modifiziert aber nicht den Grundsatz der Bestenauslese, an den alle Beteiligten inhaltlich gebunden sind. Die fachwissenschaftliche Eignung ist dabei jedoch nur als ein (Unter-)Kriterium der in Art. 33 Abs. 2 GG sowie die in Art. 16 Abs. 1 LlbG aufgestellten Kriterien „Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung“ anzusehen. Insofern ist auch bei Auswahlentscheidungen von Universitäten und Hochschulen grundsätzlich auf Art. 33 Abs. 2 GG sowie die in Art. 16 Abs. 1 LlbG aufgestellten Kriterien abzustellen (zu einer Einstellung als Akademischer Rat/Oberrat: VG München, B.v. 10.8.2021 – M 5 E 21.1670 – juris Rn. 35 f.).
119
Demnach wird in der erneut zu treffenden Auswahlentscheidung in erster Linie ein Vergleich der dienstlichen Beurteilungen zu erfolgen haben. Sollte beabsichtigt sein, daneben weiter Aspekte zu berücksichtigen, so sind in jedem Fall die Vorgaben von Art. 16 Abs. 1 LlbG zu beachten und objektiv nachvollziehbare Kriterien im Vorfeld zu definieren, damit diese ggf. einer gerichtlichen Prüfung zugänglich und v.a. nachvollziehbar sind.
120
Bei der hier vorliegenden Auswahlentscheidung ist bereits nicht nachvollziehbar, ob und in welchem Umfang die dienstlichen Beurteilungen der Beteiligten überhaupt bei der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt wurden. Zudem wurden in dem Stellenbesetzungsvermerk vom 19. Dezember 2022 zwar Aspekte genannt, die Eingang in die Entscheidungsfindung bei der Besetzung der streitgegenständlichen Stellen gefunden haben, jedoch kann nicht objektiv nachvollzogen werden, in welchem Umfang diese Aspekte Berücksichtigung fanden.
121
Außerdem erscheint die dokumentierte Auffassung, dass die Entscheidung über die Stellenbesetzung bei den Departments liegen solle, äußerst fragwürdig, da die Entscheidung nach den von dem Antragsgegner vorgelegten Regelungen zum Beförderungsverfahren vom 10. Mai 2016 letztendlich der Kommission für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs obliegt und schon deshalb keine Bindungswirkung durch Äußerungen des Departments bestehen kann.
122
Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
123
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten selbst, da sie sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
124
6. Der Streitwert beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG und beträgt danach 1/4 der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge zuzüglich der jährlichen Sonderzahlung (86.383,31 EUR) des von dem Antragsteller angestrebten Amtes der Besoldungsgruppe A 15, Stufe 10 (BayVGH, B.v. 7.11.2019 – 3 CE 19.1523 – juris Rn. 39; B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris Rn. 26).
125
Die Kammer hat dabei auch berücksichtigt, dass sich der Antragsteller mit seinem Antrag gegen die Besetzung von zwei Stellen wendet. Gleichwohl führt dies nicht dazu, dass eine Verdopplung des Streitwerts vorzunehmen wäre, da der Antragsteller lediglich eine der beiden Stellen erhalten könnte.