Titel:
Vorlage der für die Eheschließung erforderlichen Unterlagen
Normenketten:
GG Art. 6
AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1
PStG § 12 Abs. 2, § 13 Abs. 1, Abs. 4 S. 1
Leitsatz:
Es reicht allein die Vorlage der für die Eheschließung erforderlichen Unterlagen (im Sinne von § 12 Abs. 2 PStG) regelmäßig nicht aus, um eine unmittelbar bevorstehende Eheschließung anzunehmen, weil sich an die Urkundenvorlage noch die inhaltliche Prüfung der Voraussetzungen und damit des Fehlens von Ehehindernissen nach § 13 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 S. 1 PStG anschließt (st. Rspr. BayVGH BeckRS 2022, 18954; BeckRS 2021, 12493). (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Duldung wegen Eheschließung, unmittelbar bevorstehende Eheschließung im Bundesgebiet (hier: verneint), vorübergehende Aussetzung der Abschiebung, Urkundenvorlage, Eheschließungstermin, Anmeldung der Eheschließung
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 12.07.2023 – M 27 E 23.3147
Fundstelle:
BeckRS 2023, 22038
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, der Antragstellerin zu 1. wegen bevorstehender Eheschließung eine Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise eine Duldung, zu erteilen, weiter.
2
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt keine Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. Juli 2023.
3
Soweit die Antragsteller im Eilverfahren nach wie vor die Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin zu 1. eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, begehren, hat das Erstgericht den Antrag als unzulässig abgelehnt, weil er die Hauptsache vorwegnehme. Damit setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht auseinander.
4
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht einen Anordnungsanspruch der Antragstellerin auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen der unter den Schutz des Art. 6 GG fallenden Eheschließungsfreiheit zu Recht verneint. Es hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend festgestellt, dass dies voraussetzen würde, dass die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht und dies im Einzelfall verneint. Der im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Umstand, die Antragsteller hätten alles ihnen Mögliche für die Eheschließung getan und alle erforderlichen Unterlagen beim Standesamt eingereicht, sodass die Eheschließung „dem Grunde nach angelegt“ und ein Termin in drei bis vier Wochen „hinreichend bestimmbar“ sei, greift nicht durch. Nach der Rechtsprechung des Senats reicht allein die Vorlage der für die Eheschließung erforderlichen Unterlagen (im Sinne von § 12 Abs. 2 PStG) regelmäßig nicht aus, um eine unmittelbar bevorstehende Eheschließung anzunehmen, weil sich an die Urkundenvorlage noch die inhaltliche Prüfung der Voraussetzungen und damit des Fehlens von Ehehindernissen nach § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 PStG anschließt (BayVGH, B.v. 14.7.2022 – 10 CE 22.844 – juris Rn. 5; B.v. 5.5.2021 – 10 CE 21.1228 – juris Rn. 26). Die erforderliche Urkundenprüfung ist unstreitig noch nicht abgeschlossen. Auch der Termin beim zuständigen Standesamt für die Anmeldung der Eheschließung (§ 13 Abs. 1 PStG) hat soweit ersichtlich noch nicht stattgefunden.
5
Dass die Antragsteller in besonderem Maße aufeinander angewiesen wären, wird von ihnen zwar behauptet, aber nicht nachvollziehbar und substantiiert dargelegt. Die von der Beschwerde weiter aufgeworfene Frage, ob den (künftigen) Ehegatten die Nachholung des Visumverfahrens zugemutet werden kann, stellt sich zu diesem Zeitpunkt nicht.
6
Entsprechendes gilt für die von der Beschwerde angeführten Motive des Gesetzgebers bei der Förderung der Einwanderung von Fachkräften. Die Antragstellerin zu 1. beabsichtigt nach eigenem Bekunden, sich ab September 2023 zur Fachkraft (Erzieherin) ausbilden zu lassen und ist demnach noch keine Fachkraft. Dass sie bereits jetzt einen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte hätte, der wiederum unter bestimmten Umständen einen Anspruch auf eine Verfahrensduldung auslösen oder die Entscheidung über das Bestehen eines ehe(schließungs) bezogenen Duldungsgrundes entscheidungserheblich beeinflussen könnte, ist daher nicht glaubhaft gemacht.
7
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
8
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.
9
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).