Titel:
Ausschluss der Mitbestimmung des Personalrats - Funktionszulage als Bestandteil des Festgehalts
Normenkette:
BayPVG Art. 75 Abs. 1, Art. 84 Nr. 8
Leitsätze:
Der Begriff „Festgehalt“ i.S.v. Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 der Satzung des Bayerischen Rundfunks (i.V.m. Art. 84 Nr. 8 BayPVG) ist nach dem im Arbeitsrecht allgemein etablierten Sprachgebrauch dahin zu interpretieren, dass unter einem „festen Gehalt“ oder „Festgehalt“ – im Gegensatz zu „variablen“ nach Erfolg, Leistung oder Arbeitszeit bemessenen Entgeltbestandteilen – dasjenige Gehalt zu verstehen ist, das dem Grunde und der Höhe nach am Beginn des Bezugszeitraums feststeht, und zwar unabhängig davon, ob es freiwillig oder widerruflich gezahlt wird (im Anschluss an BAG, U.v. 29.9.1987 – 3 AZR 87/86 – juris Rn. 23 m.w.N.; U.v. 19.1.2000 – 4 AZR 814/98 BAGE 93, 229 m.w.N.). (Rn. 30)
1. Es bestehen grundsätzliche Zweifel daran, ob ein Personalrat ein Mitbestimmungsrecht überhaupt verwirken kann. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Erhalten Beschäftige der Gehaltsgruppe 14 unter Berücksichtigung einer Funktionszulage ein Gehalt, dass dem Niveau der an sich für sie einschlägigen Gehaltsgruppe 16 und höher entspricht, werden sie vom Ausschlusstatbestand des Art. 84 Nr. 8 BayPVG iVm Art. 6 Nr. 3 der Satzung des Bayerischen Rundfunks erfasst, so dass ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats ausgeschlossen ist. (Rn. 35 – 37) (Rn. 40) (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zum Ausschluss personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmung beim Bayerischen, Rundfunk gemäß Art. 84 Nr. 8 BayPVG i.V.m. Art. 6 Nr. 3 der Satzung des Bayerischen, Rundfunks., Personalvertretungsrecht des Landes, Zuständigkeit und satzungsmäßige Aufgaben des Verwaltungsrats, Personalvertretungsrechtliche Mitbestimmung, Ausschluss der Mitbestimmung des Personalrats, Bayerischer Rundfunk, des Bayerischen Rundfunks, Funktionszulage als Bestandteil des Festgehalts
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 26.07.2022 – M 20 P 21.3170
Fundstellen:
BayVBl 2023, 770
LSK 2023, 21918
BeckRS 2023, 21918
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
1
Der Antragsteller ist der örtliche Personalrat M. des Bayerischen Rundfunks (BR), einer Anstalt des öffentlichen Rechts (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Rundfunkgesetz, BayRG). Beteiligte ist die Intendantin des Bayerischen Rundfunks als Dienststellenleiterin. Das personalvertretungsrechtliche Beschwerdeverfahren betrifft die Frage, ob eine Mitbestimmung des Antragstellers gemäß Art. 84 Nr. 8 BayPVG ausgeschlossen ist wegen eines in Art. 6 Nr. 3 der Satzung des Bayerischen Rundfunks (BR-Satzung) vorgeschriebenen Zustimmungsvorbehalts zugunsten des Verwaltungsrats des Bayerischen Rundfunks (BR-Verwaltungsrat).
2
Nach Art. 6 Nr. 3 BR-Satzung hat der BR-Verwaltungsrat zuzustimmen einerseits bei Abschluss, Änderung oder Aufhebung von Dienstverträgen für Festangestellte nach Gehaltstarif ab Gehaltsgruppe 16 aufwärts sowie andererseits bei sonstigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit mindestens vergleichbarem Festgehalt.
3
Für den BR gelten mehrere spezielle – jeweils mit mehreren Gewerkschaften abgeschlossene – Haustarifverträge, insbesondere der sog. Manteltarifvertrag (MTV), der sich unter anderem in Tarifziffern (TZ) 434 und 435 mit Funktionszulagen befasst, sowie der sog. Gehaltstarifvertrag (GTV). Unter TZ 741 GTV findet sich eine von 1a bis 18 reichende Gehaltstabelle, die die in Art. 6 Nr. 3 BR-Satzung genannte Gehaltsgruppe 16 enthält; daneben finden sich im Gehaltstarifvertrag unter anderen Tarifziffern weitere Gehaltsgruppen mit einer abweichenden Nomenklatur.
4
Anlass des vorliegenden personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens ist die seit dem Jahr 2004 bestehende Praxis der Dienststellenleitung des BR, bei Beschäftigten, die Erprobungs- oder Bewährungszeiten für die Ausübung höher bewerteter Tätigkeiten – insbesondere Leitungstätigkeiten – absolvieren, während dieser Zeiten keine Eingruppierung in eine entsprechend höhere Gehaltsgruppe vorzunehmen, sondern befristete „Funktionszulagen“ zu vereinbaren. Soweit die jeweils bestehende Gehaltsgruppe unter Gehaltsgruppe 16 liegt, jedoch zusammen mit der für die Bewährungszeit vereinbarten Funktionszulage eine faktische Gehaltshöhe erreicht, die in der Summe Gehaltsgruppe 16 mindestens entspricht, hält die Dienststellenleitung Art. 6 Nr. 3 BR-Satzung i.V.m. Art. 84 Nr. 8 BayPVG für einschlägig und holt die Zustimmung des BR-Verwaltungsrats, nicht aber die des Antragstellers ein.
5
Nachdem eine gegen diese Praxis von Gewerkschaftsseite im Hinblick auf die Frage einer Tarifwidrigkeit erhobene Klage auch unter Berücksichtigung von § 9 TVG (bereits auf der Zulässigkeitsebene) erfolglos geblieben war (LAG München, U.v. 6.10.2009 – 7 Sa 36/09 – juris; BAG, U.v. 18.4.2012 – 4 AZR 371/10 – BAGE 141, 188), reklamierte der Antragsteller mehrere Jahre später mit zwei Schreiben vom 1. August 2019 gegenüber der damaligen Dienststellenleitung und dem BR-Verwaltungsrat ein eigenes Mitbestimmungsrecht nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 3a und 4 BayPVG für Fälle, in denen die besagte Praxis zur Anwendung kommt.
6
Nachdem seitens des BR-Verwaltungsrats mit Schreiben vom 20. Dezember 2019 die bisherige Handhabung als sachgerecht eingeschätzt worden war und der Antragsteller gegenüber der damaligen Dienststellenleitung mit Schreiben vom 29. Januar 2020 erneut die Wahrung der Mitbestimmung gefordert hatte, schloss sich diese mit Schreiben vom 18. Dezember 2020 der Einschätzung des BR-Verwaltungsrats an, woraufhin der Antragsteller mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15. Juni 2021 ein personalvertretungsrechtliches Beschlussverfahren zum Verwaltungsgericht München einleiten ließ.
7
Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 26. Juli 2022 – dem Antragsteller zugestellt am 6. September 2022 – den erstinstanzlichen Antrag ab, der darauf abzielte, festzustellen, dass der Personalrat bei Einstellungen, Eingruppierungen, Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit für die Dauer von mehr als sechs Monaten und/oder Höhergruppierungen gemäß Art. 75 BayPVG zu beteiligen sei, wenn die Tätigkeit in Entgeltgruppen unterhalb der Entgeltgruppe 16 des Gehaltstarifvertrags des Bayerischen Rundfunks eingruppiert ist und das Gehalt durch Zahlung von Zulagen mindestens ein Gehalt in der Höhe der Entgeltgruppe 16 des Gehaltstarifvertrags erreicht.
8
Mit seiner gegen den verwaltungsgerichtlichen Ablehnungsbeschluss vom 26. Juli 2022 eingelegten Beschwerde beantragt der Antragsteller zuletzt, den verwaltungsgerichtlichen Beschluss dahingehend abzuändern, dass festgestellt wird,
9
dass der Personalrat bei Einstellungen, Eingruppierungen und Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit für die Dauer von mehr als sechs Monaten auch dann gemäß Art. 75 Abs. 1 BayPVG zu beteiligen ist, wenn die Tätigkeit in Entgeltgruppen unterhalb der Entgeltgruppe 16 des Gehaltstarifvertrags des Bayerischen Rundfunks eingruppiert ist und das Gehalt durch Zahlung von Zulagen ein Gehalt mindestens in der Höhe der Entgeltgruppe 16 des Gehaltstarifvertrags des Bayerischen Rundfunks erreicht.
10
Der Antragsteller bezieht sich dabei auf eine Vielzahl bereits erstinstanzlich namentlich benannter, sämtlich der Dienststelle München angehörender Personen, deren Gehalt jeweils erst in der Summe aus Gehaltstarif (Gehaltsgruppe 14 oder 15) und befristeter Funktionszulage mindestens eine Höhe wie Gehaltsgruppe 16 erreicht und bei denen anlässlich zugehöriger Einstellung, Vertragsänderung oder -verlängerung in den Jahren 2019 bis 2021 jeweils kein Mitbestimmungsverfahren nach Art. 75 Abs. 1 BayPVG durchgeführt worden ist. Weil in keinem der besagten Fälle vorhandene Beschäftigte gleichzeitig „höhergruppiert“ worden sind, erstreckt der Antragsteller seinen Feststellungsantrag, der erstinstanzlich auch die Mitbestimmungspflichtigkeit bei Höhergruppierungen einschloss, im Beschwerdeverfahren darauf nicht mehr.
11
Für die verbleibenden Fallgestaltungen des Feststellungsantrags meint der Antragsteller, eine Mitbestimmung nach Art. 75 Abs. 1 BayPVG sei nicht nach Art. 84 Nr. 8 BayPVG ausgeschlossen, weil die Funktionszulage nicht vom Begriff des Festgehalts in Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung umfasst, sondern ein gesonderter Lohnbestandteil sei. Unter die zweite Alternative des Art. 6 Nr. 3 BR-Satzung fielen nur außertariflich Beschäftigte, also Beschäftigte, die nicht der Gehaltstabelle TZ 741 GTV zugeordnet seien, sondern die entweder ein Fixum erhielten oder unter andere Gehaltstabellen (ab TZ 742 GTV) fielen. Sobald eine Eingruppierung nach der Gehaltstabelle TZ 741 GTV vorliege, sei diese Bestimmung nicht anwendbar. Außerdem könnten Funktionszulagen nach den Tarifbestimmungen auch wieder entfallen und dienten dazu, der Dienststellenleitung für eine außergewöhnlich lange Bewährungs- bzw. Erprobungszeit vergütungsrechtliche Flexibilität zu erhalten. Wortlaut sowie Sinn und Zweck von Art. 84 Nr. 8 BayPVG i.V.m. Art. 6 Nr. 3 BR-Satzung sprächen gegen einen Ausschluss der Mitbestimmung des Antragstellers. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung sei dabei nicht entscheidend, weil auch ein variables, leistungsabhängiges Gehalt arbeitsvertraglich fest vereinbart sei. Wegen der vom historischen Gesetzgeber mit Art. 84 Nr. 8 und 9 BayPVG gewollten Angleichung an die allgemeine Regelung außerhalb des BR, die eine Mitbestimmung für die Besoldungsgruppe A 16 und höher ausschlösse (Art. 78 Abs. 1 Nr. 1 BayPVG), müsse Anknüpfungspunkt eine nicht umkehrbare Eingruppierung oder ein fest vereinbartes Gehalt sein, dem nicht einzelne Bestandteile wieder entzogen werden könnten, wobei die Mitbestimmung der Entlohnungsgerechtigkeit und dem Schutz der betroffenen Beschäftigten diene und die Dienststellenleitung durch die Annahme eines „Festgehalts“ i.S.v. Art. 6 Nr. 3 BR-Satzung der Rechtsfolge einer andernfalls erforderlichen Zustimmungsverweigerung entgehe.
12
Die beteiligte Dienststellenleitung beantragt,
13
die Beschwerde zurückzuweisen.
14
Sie betont, Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung stelle einen Auffangtatbestand dar, dessen weite Formulierung für eine wirtschaftliche Betrachtung spreche, die nur auf die finanzielle Seite abstelle, sodass sämtliche Fälle erfasst seien, in denen ein so hohes Festgehalt gezahlt werde. Die besagten Funktionszulagen seien jeweils eine vertraglich festgelegte und versorgungswirksame Vergütung, zu deren monatlicher Zahlung als Festgehalt der BR verpflichtet sei; sie seien weder nach Belieben widerruflich noch variabel, sondern vielmehr unabhängig von besonderen Leistungen, Zielen oder anderen Umständen.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
16
Die zulässige – insbesondere fristgerecht eingelegte und nach Fristverlängerung rechtzeitig begründete – Beschwerde bleibt in der Sache erfolglos; das Verwaltungsgericht hat den Feststellungsantrag zurecht abgelehnt.
17
1. Der abstrakte Feststellungsantrag ist zulässig.
18
1.1. Dass der Feststellungsantrag in seiner Formulierung von den ihm zugrundeliegenden Einzelfällen abstrahiert, steht seiner Zulässigkeit als sog. Globalantrag zur allgemeingültigen Klärung von Mitbestimmungsrechten für eine bestimmte Gruppe von Fällen nicht entgegen (vgl. BVerwG, B.v. 8.2.2018 – 5 P 7.16 – BVerwGE 161, 164 Rn. 16 m.w.N.).
19
Er ist trotz seiner Abstraktheit hinreichend bestimmt, um ein Rechtsschutzbedürfnis für sich in Anspruch nehmen zu können, weil er in seinen Grundzügen den Sachverhalten anlassgebender konkreter Vorgänge thematisch entspricht und künftige Sachverhalte betrifft, die im Wesentlichen dieselben Rechtsfragen aufwerfen (BVerwG, B.v. 23.3.1999 – 6 P 10.97 – BVerwGE 108, 347/354 m.w.N.). Denn er ist in Verbindung mit den in der Antragsschrift aufgeführten konkreten Einzelfällen zu sehen, denen gemeinsam ist, dass zwar die jeweilige Eingruppierung nicht die Gehaltsgruppe 16 erreicht, wohl aber über eine befristet (für die Dauer der Erprobungs- bzw. Bewährungszeit) vereinbarte Funktionszulage im Befristungszeitraum ein Gehaltsanspruch erlangt wird, der in der Summe Gehaltsgruppe 16 mindestens entspricht. Soweit der Wortlaut des ursprünglichen Antrags Höhergruppierungen mit zusätzlicher Zulagengewährung einschloss, obwohl dies in keinem der konkret genannten Fälle erfolgt war, sodass die Zulässigkeit insoweit nicht gegeben gewesen wäre (vgl. BVerwG, B.v. 23.3.1999 a.a.O.; BayVGH, B.v. 9.5.2011 – 18 P 10.3002 – juris Rn. 35 m.w.N.), hat der Antragsteller in der Senatsverhandlung präzisiert, dass sich der Antrag auf diese Konstellation nicht bezieht; darin liegt keine Teilrücknahme des Feststellungsantrags, sondern eine bloße Klarstellung, weil der Streitgegenstand bereits in der erstinstanzlichen Antragsschrift durch die dort konkret benannten Fälle definiert war, die eine Höhergruppierung gerade nicht enthielten.
20
Das für die Zulässigkeit eines Globalantrags erforderliche Feststellungsinteresse (vgl. BVerwG, B.v. 8.2.2018 – 5 P 7.16 – BVerwGE 161, 164 Rn. 19 m.w.N.) liegt vor. Denn angesichts der von der Dienststellenleitung bestätigten und fortgeführten Verwaltungspraxis ist mit einer mehr als nur geringfügigen Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass sich die zu klärende Frage „künftig erneut“ stellen wird (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2011 – 18 P 10.3002 – juris Rn. 35 m.w.N.), sodass eine hinreichende Wiederholungsgefahr besteht, zumal die Beteiligte dem Antragsteller das Mitbestimmungsrecht grundsätzlich streitig macht (vgl. BVerwG, B.v. 8.2.2018 a.a.O.).
21
1.2. Dem Feststellungsantrag in seiner in der Senatsverhandlung präzisierten Form steht keine Verwirkung entgegen, und zwar auch nicht, soweit der Antragsteller an der umstrittenen Verfahrensweise der Dienststellenleitung lange Jahre nach deren Einführung und mehrere Jahre nach Ergehen der Urteile des Landesarbeitsgerichts München vom 6. Oktober 2009 – 7 Sa 36/09 – (juris) und des Bundesarbeitsgerichts vom 18. April 2012 – 4 AZR 371/10 – (BAGE 141, 188) keinen Anstoß genommen hat.
22
Zwar können prozessuale Befugnisse verwirkt werden, wenn die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt; jedoch führt nicht allein der Zeitablauf zur Verwirkung, vielmehr muss hinzukommen, dass der Antragsteller durch sein Verhalten beim Gegner die begründete Erwartung hervorruft, dass er von der Geltendmachung seiner Rechtsposition absieht (BayVGH, B.v. 28.2.2011 – 17 P 10.1065 – juris Rn. 17 m.w.N.). Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen darf, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und er sich derart darauf „eingerichtet“ hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung ein „unzumutbarer Nachteil“ entstünde (BayVGH, B.v. 7.10.2013 – 18 P 12.2639 – juris Rn. 17 m.w.N.).
23
Es bestehen schon grundsätzliche Zweifel daran, ob ein Personalrat ein Mitbestimmungsrecht überhaupt verwirken kann, zumal er darauf auch nicht verzichten kann, sondern vielmehr gehalten ist, es nach pflichtgemäßem Ermessen auszuüben (vgl. BAG, B.v. 14.12.1999 – 1 ABR 27/98 – BAGE 93, 75 unter B.I.2. zum Betriebsverfassungsrecht). Daher ist „materiellrechtlich“ die Verwirkung von Mitbestimmungsrechten ausgeschlossen, zumal der Personalrat die Mitbestimmungsgegenstände nicht der einseitigen Festlegung durch die Dienststellenleitung überlassen darf, die stets damit rechnen muss, dass der Personalrat seine Beteiligung in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit verlangt und auch gerichtlich durchzusetzen sucht (vgl. BAG, B.v. 28.8.2007 – 1 ABR 70/06 – juris Rn. 14 m.w.N. zum Betriebsverfassungsrecht). Selbst wenn dennoch eine „prozessrechtliche“ Verwirkung von Mitbestimmungsrechten ausnahmsweise möglich sein sollte, fehlt es hier jedenfalls an einem hinreichenden Vertrauenstatbestand – denn es ist nicht erkennbar, inwieweit sich die Beteiligte derart eingerichtet haben sollte, dass es ihr „unzumutbar“ wäre, sich nunmehr auf die Klärung des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts einzulassen.
24
Dahinstehen lässt der Senat angesichts der ohnehin zu verneinenden Verwirkung die weitere, vom Antragsteller aufgeworfene Frage, inwieweit die wechselnde Gremienbesetzung von Personalvertretungen bei der Frage der Verwirkung von Relevanz sein könnte.
25
2. Der abstrakte Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet, weil in der den konkret benannten Fällen gemeinsamen Konstellation (siehe 1.) der Verwaltungsrat des Bayerischen Rundfunks (BR-Verwaltungsrat) gemäß Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 der Satzung des Bayerischen Rundfunks (BR-Satzung) zuzustimmen hat (siehe 2.1. und 2.2.), sodass gemäß Art. 84 Nr. 8 BayPVG die in Art. 75 Abs. 1 BayPVG genannten Mitbestimmungsrechte des örtlichen Personalrats insoweit ausgeschlossen sind (siehe 2.3.).
26
2.1. Allerdings ergibt sich in der den konkret benannten Fällen gemeinsamen Konstellation einer für die Dauer einer Erprobungs- bzw. Bewährungszeit befristeten Funktionszulage (siehe 1.) ein Zustimmungsvorbehalt nicht schon aus Art. 6 Nr. 3 Alt. 1 BR-Satzung, weil die betreffenden Beschäftigten nur in die Gehaltsgruppen 14 oder 15 eingruppiert waren, also gerade nicht „nach Gehaltstarif“ in Gehaltsgruppe 16 oder höher im Sinne des Gehaltstarifvertrags (GTV) – dort Gehaltstabelle für die Gruppen 1a bis 18, TZ 740 und 741 GTV. Bereits die in Art. 6 Nr. 3 Alt. 1 BR-Satzung vorgenommene Wortwahl „Gehaltstarif“ sowie der diesbezüglich präzise Bezug zur „Gehaltsgruppe 16“ – einer Nomenklatur, die sich ganz spezifisch aus der Tabelle in TZ 741 GTV ergibt, nicht aber aus anderen Gehaltstabellen des Gehaltstarifvertrags wie etwa denjenigen für Orchestermitglieder (vgl. TZ 742.1 und 742.2 GTV) – spricht dafür, bei Art. 6 Nr. 3 Alt. 1 BR-Satzung auf die förmliche „Eingruppierung“ in Gehaltsgruppe 16 im Sinne von TZ 741 GTV abzustellen.
27
2.2. Wohl aber wird die den konkret benannten Fällen gemeinsame Konstellation von Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung erfasst.
28
2.2.1. Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung ist schon nach seinem Wortlaut weit formuliert und insbesondere nicht – ganz im Gegensatz zur Alternative 1 (siehe 2.1.) – auf spezielle Gehaltstabellen des Gehaltstarifvertrags bezogen.
29
2.2.1.1. Mit der Wendung „…bei sonstigen Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern…“ erfasst Alternative 2 des Art. 6 Nr. 3 BR-Satzung – im Gegensatz zu Alternative 1 (siehe 2.1.) – einen nicht näher eingegrenzten Personenkreis. Zwar ist dem Antragsteller zuzugeben, dass diese weite Formulierung durchaus auch diejenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließt, die nach anderen Gehaltstabellen (insbesondere TZ 742.1 und 742.2 GTV) oder mit einem von vornherein nicht tarifgebundenen „Fixum“ entlohnt werden. Jedoch bietet der Wortlaut der Bestimmung – entgegen der Einschätzung des Antragstellers – keinen Anhaltspunkt dafür, dass Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung „nur“ solche Personen erfasst; Alternative 2 des Art. 6 Nr. 3 BR-Satzung nimmt ihrem Wortlaut nach – anders als Alternative 1 – gerade nicht Bezug auf konkrete tarifvertragliche Bestimmungen mit tarifvertraglichem Fachsprachgebrauch (vgl. dazu BVerwG, B.v. 8.2.2018 – 5 P 7.16 – BVerwGE 161, 164 Rn. 39 ff.), was dagegen spricht, den von Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung angesprochenen Personenkreis („sonstige Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer mit mindestens vergleichbarem Festgehalt“) aus tarifvertraglichen Gründen einzugrenzen oder gar abschließend zu definieren. Vielmehr spricht der auch im Übrigen mit der Wendung „…mit vergleichbarem Festgehalt…“ weit gefasste Wortlaut gegen eine derartige Eingrenzung dieser Zuständigkeit des BR-Verwaltungsrats, sondern vielmehr für eine „weite“ Auslegung von dessen Zuständigkeit aus Alternative 2 dahingehend, dass „sonstige“ Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer „mit vergleichbarem Festgehalt“ alle diejenigen Personen einschließt, die zwar nicht im Sinne der engen Alternative 1 in Gehaltsgruppe 16 und höher „eingruppiert“ sind, aber ein „Festgehalt“ bekommen, das der Höhe dieser Entlohnung nach wirtschaftlich mindestens der Gehaltsgruppe 16 entspricht.
30
2.2.1.2. Davon ausgehend ist auch der Begriff „Festgehalt“ i.S.v. Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung (anders als bei Alternative 1, siehe 2.1.) nicht tarifvertraglich einzugrenzen, sondern vielmehr nach dem im Arbeitsrecht allgemein etablierten Sprachgebrauch zu interpretieren, zumal der arbeitsrechtliche Bezug mit der Wendung „…Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer…“ im Wortlaut von Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung verankert ist. Im Arbeitsrecht ist höchstgerichtlich geklärt, dass unter einem „festen Gehalt“ oder „Festgehalt“ – im Gegensatz zu „variablen“ nach Erfolg, Leistung oder Arbeitszeit bemessenen Entgeltbestandteilen – dasjenige Gehalt verstanden wird, das dem Grunde und der Höhe nach am Beginn des Bezugszeitraums feststeht (vgl. BAG, U.v. 29.9.1987 – 3 AZR 87/86 – juris Rn. 23 m.w.N.; U.v. 19.1.2000 – 4 AZR 814/98 BAGE 93, 229 m.w.N.). Entgelte, die leistungsabhängig und somit in der Höhe variabel sind, können nicht als „Fixum“ (im Sinne eines „festen Entgelts“) angesehen werden, und zwar unabhängig davon, ob sie freiwillig oder widerruflich gezahlt werden (BAG, U.v. 19.1.2000 a.a.O.).
31
2.2.1.3. Diese Auslegung wird nicht durch die These des Antragstellers infrage gestellt, bei Art. 84 Nr. 8 BayPVG müsse Anknüpfungspunkt eine nicht umkehrbare Eingruppierung oder ein fest vereinbartes Gehalt sein, dem nicht einzelne Bestandteile wieder entzogen werden könnten, weil Art. 84 Nr. 8 und 9 BayPVG der Angleichung an die allgemeinen Regelungen außerhalb des BR dienten (vgl. Art. 78 Abs. 1 Nr. 1 BayPVG), die eine Mitbestimmung ab A 16 und höher ausschlössen.
32
Der Wortlaut des Art. 84 Nr. 8 BayPVG stützt diese vom Antragsteller vertretene Eingrenzung des Mitbestimmungsausschlusses nach den Kriterien der „Unumkehrbarkeit“ oder der „Entziehungsfestigkeit“ der Vergütung nicht. Vielmehr verweist Art. 84 Nr. 8 BayPVG seinem Wortlaut nach einschränkungslos auf die BR-Satzung insgesamt, ohne zwischen den dortigen Alternativen zu unterscheiden oder gar die Alternative 2 des Art. 6 Nr. 3 BR-Satzung auszunehmen, deren weiter Fassung (siehe oben 2.2.1.1., 2.2.1.2.) ein Kriterium der „Unumkehrbarkeit“ oder der „Entziehungsfestigkeit“ nicht zu entnehmen ist (siehe 2.2.1.2.).
33
Auch die historische Auslegung gebietet keine Eingrenzung der vom Wortlaut her uneingeschränkten Bezugnahme des Art. 84 Nr. 8 BayPVG auf die BR-Satzung. Bei der seit dem Änderungsgesetz vom 16. Juli 1986 (GVBl. S. 128) geltenden Anbindung des Ausschlusstatbestands des Art. 84 Nr. 8 BayPVG an die Zustimmungsvorbehalte des BR-Verwaltungsrats nach der BR-Satzung (vgl. Art. 83 Nr. 8 BayPVG-1986 in der Fassung des § 1 Nr. 39 des Änderungsgesetzes vom 16.7.1986) ging es dem Gesetzgeber vor allem darum, die zuvor in Art. 83 Nr. 8 BayPVG-1974 – Bayerisches Personalvertretungsgesetz vom 30. April 1974 (GVBl. S. 157) – vorgesehene Regelung abzulösen: Nach Art. 83 Nr. 8 BayPVG-1974 hatte der Mitbestimmungsausschluss bei anderen BR-Beschäftigten noch daran angeknüpft, ob deren „Vergütung über dem höchsten Tarifgehalt liegt“, was der Änderungsgesetzgeber des Jahres 1986 als für eine Gleichbehandlung nicht hinreichend erachtete (Beschlussempfehlung des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes vom 15.4.1986, LT-Drs. 10/9926 Nr. 17 entsprechend dem Vorschlag in der Unterrichtung des Senats durch die Bayerische Staatsregierung vom 4.3.1986, Sen-Drs. 47/86 S. 4). Aus diesem historischen Kriterienwechsel – weg vom früheren quantitativen Kriterium der „Tarifspitzengehaltsüberschreitung“ hin zum Kriterium der „Verwaltungsratszustimmungspflichtigkeit“ – lassen sich die vom Antragsteller vertretenen Kriterien der „Unumkehrbarkeit“ oder der „Entziehungsfestigkeit“ nicht herleiten.
34
Schließlich gebieten weder die systematische noch die teleologische Auslegung die vom Antragsteller vertretene einschränkende, vom weiten Wortlaut der Verweisung in Art. 84 Nr. 8 BayPVG abweichende Auslegung. Während nämlich bei Art. 78 Abs. 1 Nr. 1 BayPVG die Mitbestimmung ersatzlos entfällt, ist bei Art. 84 Nr. 8 BayPVG i.V.m. Art. 6 Nr. 3 BR-Satzung immerhin „anstelle“ der Personalvertretung ein Zustimmungsvorbehalt des BR-Verwaltungsrats vorgeschrieben. Diese für den Bereich des BR bestehende Besonderheit führt zu einer im Vergleich zu anderen Verwaltungen höheren Kontrolle der Dienststellenleitung – und zwar durch den BR-Verwaltungsrat gemäß Art. 6 Nr. 3 BR-Satzung –, was dagegen spricht, die gerade daran anknüpfende Verweisung in Art. 84 Nr. 8 BayPVG abweichend von ihrem Wortlaut im Hinblick auf „Unumkehrbarkeit“ oder „Entziehungsfestigkeit“ systematisch oder teleologisch zu reduzieren.
35
2.2.2. Ausgehend von dieser Auslegung des Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung (siehe 2.2.1.) wird auch die den konkret benannten Fällen gemeinsame Konstellation von dieser Vorschrift erfasst.
36
In der den benannten Fällen gemeinsamen Konstellation handelt es sich begrifflich um „sonstige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ im Sinne der Alternative 2, weil jeweils keine Eingruppierung in Gehaltsgruppe 16 und höher im Sinne der Alternative 1 erfolgt ist (siehe 2.1. und 2.2.1.).
37
Diese „sonstigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ erhalten in den benannten Fällen ein „Festgehalt“ im Sinne der Alternative 2 in Gestalt der Summe aus dem jeweiligen Tarifgehalt und der jeweiligen Zulage. Eine „Variabilität“ ist insoweit nicht ersichtlich; vielmehr handelt es sich um eine für die Dauer der Erprobungs- bzw. Bewährungsfrist vertraglich festgelegte Vergütung, die unabhängig von besonderen Leistungen, Zielen oder anderen Umständen zu zahlen ist. Das nach der besagten arbeitsrechtlichen Definition entscheidende Kriterium – nämlich, dass das Entgelt dem Grunde und der Höhe nach am Beginn des Bezugszeitraums feststeht (siehe 2.2.1.2.) – ist deshalb zu bejahen.
38
Demgegenüber ist die vom Antragsteller betonte Frage einer etwaigen „Widerruflichkeit“ der Zulagen nach der für Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung maßgeblichen arbeitsrechtlichen Definition (siehe 2.2.1.2.) kein entscheidendes Kriterium für die Bejahung oder Verneinung eines „Festgehalts“ und schon deshalb nicht geeignet, den „Festgehalt“-Charakter in Zweifel zu ziehen. Entgegen der Einschätzung des Antragstellers ergibt sich insoweit nichts Anderes aus TZ 435 Satz 2 des Manteltarifvertrags (MTV), wonach eine Funktionszulage ohne Weiteres entfällt, sobald die Voraussetzung für ihre Gewährung nicht mehr gegeben ist (Alternative 1) oder eine vereinbarte Frist abläuft (Alternative 2). Selbst dann nämlich, wenn man TZ 435 Satz 2 MTV auf die vorliegenden Fälle anwenden wollte, würde dies nichts daran ändern, dass es nach der besagten arbeitsrechtlichen Definition für die Annahme eines „Festgehalts“ nicht auf die Widerruflichkeit ankommt, sondern darauf, dass das Gehalt am Beginn des Bezugszeitraums dem Grunde und der Höhe nach feststeht.
39
Weil die Zuständigkeit des BR-Verwaltungsrats nach Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung in den benannten Fällen schon aus der fehlenden „Variabilität“ der zu Beginn des Bezugszeitraums feststehenden Zulagen folgt, lässt der Senat offen, ob es sich bei den hier streitgegenständlichen Zulagen überhaupt um solche i.S.v. TZ 435, 434 MTV handelt und ob dagegen nicht schon der Umstand spricht, dass die Zulagen nach dem Vortrag der Dienststellenleitung vertraglich fest vereinbart sind, also gerade nicht an „zeitweilige oder dauernde Leistungen“ i.S.v. TZ 435 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. TZ 434 Satz 1 MTV anknüpfen, wobei allerdings zu sehen ist, dass TZ 435 Satz 2 Alt. 2 auch Fälle einer „vereinbarten Frist“ erfasst.
40
2.3. Weil der BR-Verwaltungsrat in den benannten Fällen nach Art. 6 Nr. 3 Alt. 2 BR-Satzung zuzustimmen hat (siehe 2.2.), geht es insoweit i.S.v. Art. 84 Nr. 8 BayPVG um „andere Beschäftigte“, zu deren Einstellung der BR-Verwaltungsrat gemäß der BR-Satzung seine Zustimmung zu erteilen hat. Dafür bestimmt Art. 84 Nr. 8 BayPVG als Rechtsfolge, dass unter anderem die in Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayPVG aufgeführten Mitbestimmungstatbestände nicht gelten, wovon auch die hier im Raum stehenden Nummern 1 (Einstellung), 3a (Eingruppierung) und 4 Alt. 2 (Übertragung höher zu bewertender Tätigkeit für eine Dauer von mehr als sechs Monaten) erfasst werden.
41
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich (Art. 82 Abs. 2 Satz 1 BayPVG i.V.m. § 2 Abs. 2 GKG).
42
4. Diese Entscheidung ist endgültig (Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayPVG).