Inhalt

VG München, Urteil v. 31.03.2023 – M 31 K 22.3604
Titel:

Zuwendungsrecht, Überbrückungshilfe III, Isolierte Anfechtung der Rückforderung einer Abschlagszahlung, Ausschluss der Zuwendungsvergabe bei Einstellung der Geschäftstätigkeit

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Überbrückungshilfe III, Isolierte Anfechtung der Rückforderung einer Abschlagszahlung, Ausschluss der Zuwendungsvergabe bei Einstellung der Geschäftstätigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 21898

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Der Kläger, der nach seinen Angaben im Förderverfahren eine Fahrschule betreibt bzw. betrieben hat, begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Zuwendung im Rahmen der Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III).
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Mit am 10. Mai 2021 bei der Beklagten eingegangenem Antrag (vom 27.4.2021) beantragte der Kläger eine Gewährung der Überbrückungshilfe III, wobei das automatisierte Online-Antragsverfahren auf Grundlage der Angaben des Klägers einen Gesamtbetrag der Überbrückungshilfe III von 63.519,02 EUR errechnete. Mit Bescheid vom 10. Mai 2021, per E-Mail übermittelt am 13. Mai 2021, gewährte die Beklagte eine Abschlagszahlung für die Überbrückungshilfe in Höhe von 31.759,51 EUR. Die Bewilligung der Höhe der Abschlagszahlung für die Überbrückungshilfe und die Auszahlung des Abschlags der Überbrückungshilfe erging dabei unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid.
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Auf eine Reihe von Rückfragen durch die Beklagte über das Antragsportal, u.a. hinsichtlich einer unvollständigen Unterschrift der Antragsformulare und der Errechnung des Umsatzeinbruchs, übermittelte der prüfende Dritte etwa 150 Seiten Kontoblätter aus der Buchführung des Jahres 2021, teilte indes im Übrigen mit, dass der Aufenthaltsort des Antragstellers nicht bekannt sei und man das Mandat beendet habe. Auch im Nachgang hierzu bemühte sich der prüfende Dritte nach Aktenlage offenbar erfolglos, den Antragsteller zu erreichen.
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Nach Übermittlung einer vorläufigen Gewährung einer Billigkeitsleistung dem Grunde nach zur Sicherung der beihilferechtlichen Zulässigkeit mit Bescheid vom 14. Juni 2022 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Juni 2022 den Antrag auf Gewährung einer Überbrückungshilfe III ab (1.), hob den unter Vorbehalt der vollständigen Prüfung ergangenen Bescheid vom 10. Mai 2021 über eine Abschlagszahlung auf die Überbrückungshilfe auf (2.), setzte den erstattenden Betrag auf 31.759,51 EUR fest und ordnete unter Fristsetzung für die Rückzahlung die Verzinslichkeit des Erstattungsbetrags an (3. und 4.). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Kläger nicht mehr erreichbar sei und den Geschäftsbetrieb aufgegeben habe.
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Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21. Juli 2022 ließ der Kläger Klage erheben.
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Er ließ zuletzt ausdrücklich beantragen,
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Ziff. 2 bis 4 des Bescheids vom 21. Juni 2022 aufzuheben.
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Zur Begründung wird zunächst darauf hingewiesen, dass der Kläger seinen Fahrschulbetrieb erst im August 2021 eingestellt habe. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides am 10. Mai 2021 und zum Zeitpunkt der Auszahlung der Überbrückungshilfe III sei der Fahrschulbetrieb des Klägers noch nicht eingestellt gewesen. Der Kläger habe die Fahrschule zu diesem Zeitpunkt noch betrieben. Ferner beruhe der Bescheid nicht auf unrichtigen Angaben; die Aufgabe des Fahrschulbetriebs sei für den Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht absehbar und noch nicht geplant gewesen. Klargestellt wird weiter, dass der Kläger keine über den gewährten Abschlag hinausgehende Förderleistung beanspruche, seine Klage richte sich lediglich gegen die geforderte Rückzahlung. In der Sache habe der Kläger entgegen der Aussage der Beklagten im behördlichen Verfahren den Antrag durchaus unterschrieben, jedenfalls alle Angaben und Erklärungen in seinem Antrag der Sache nach bestätigt. Weiter habe der Kläger auf den Bestand des Verwaltungsakts vom 10. Mai 2021 vertraut, der Vorbehalt der endgültigen Festsetzung stehe dem nicht entgegen. Denn im Bewilligungsbescheid sei ausdrücklich geregelt, unter welchen Voraussetzungen der Kläger mit einer Aufhebung des Bescheids über eine Abschlagszahlung zu rechnen habe. Diese Konstellationen lägen hier nicht vor. Im Übrigen habe der Kläger die gewährte Leistung vollständig für die Aufrechterhaltung seines Fahrschulbetriebs verbraucht.
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Die Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Sie verteidigt den streitbefangenen Bescheid unter Verweis darauf, dass nach der auch aus der Zuwendungsrichtlinie und den im Internet abrufbaren FAQs ersichtlichen, ständigen Zuwendungspraxis eine Auszahlung der Wirtschaftshilfen an Unternehmen ausgeschlossen sei, die ihre Geschäftstätigkeit vor Auszahlung der Zuschüsse dauerhaft einstellten. In diesem Zusammenhang liege in einer Abschlagszahlung – wie hier geschehen – gerade keine vollständige Auszahlung der Zuschüsse, sodass auch in dieser Konstellation eine Auszahlung der Überbrückungshilfe nicht möglich sei. Hinsichtlich der Aufhebung des Bescheids über die Abschlagszahlung weist die Beklagte ferner darauf hin, dass der Bescheid ausdrücklich unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid erging. Der Kläger könne sich daher nicht auf Vertrauensschutz berufen. Mit Blick auf den klägerseits vorgetragenen Verbrauch der Abschlagszahlung für den Betrieb der Fahrschule weist die Beklagte schließlich darauf hin, dass unter dem Gesichtspunkt einer Entreicherung damit keine Luxusaufwendungen oder dergleichen getätigt worden seien.
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Mit Beschluss vom 16. Februar 2023 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist bereits unzulässig.
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1. Der durch den Kläger ausdrücklich nur als solche erhobenen (isolierten) Anfechtungsklage gegen die Aufhebung des Bescheids über eine Abschlagszahlung, sowie die Festsetzung und Verzinsung des zu erstattenden Betrags der Abschlagszahlung fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Denn es handelt sich vorliegend um die Konstellation einer lediglich vorläufigen bzw. vorbehaltlichen Bewilligung der Abschlagszahlung (vgl. hierzu grundsätzlich BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8/82 – juris Rn. 33; ferner etwa VG Bayreuth, GB v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 59 ff.; VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 58 m.w.N.). Diese hat sich mit der durch den – anwaltlich vertretenen – Kläger ausdrücklich nicht angegriffenen (endgültigen) Ablehnung des Antrags auf Gewährung einer Überbrückungshilfe III erledigt und stellt damit keine Rechtsgrundlage für das Behaltendürfen der Zuwendung dar. Durch die (isolierte) Anfechtung der Aufhebung und Rückforderung der Abschlagszahlung kann der Kläger mithin sein Rechtsschutzziel, namentlich die gewährte Abschlagszahlung behalten zu dürfen, nicht erreichen.
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1.1 Gemäß Ziff. 2 des die Abschlagszahlung gewährenden Bescheids vom 10. Mai 2021 erging die Bewilligung der Höhe der Abschlagszahlung für die Überbrückungshilfe und die Auszahlung des Abschlags der Überbrückungshilfe ausdrücklich unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid. Hierauf nimmt ferner der Tenor des streitgegenständlichen Bescheids vom 21. Juni 2022 in Nr. 2 ausdrücklich Bezug. Grundsätzlich ist nach den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB zu erforschen, wie der Adressat einen Verwaltungsakt unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers stellt sich der Bescheid über eine Abschlagszahlung als vorläufiger Zuwendungsbescheid dar (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 14 f.). Die durch die Klägerbevollmächtigte schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung hiergegen vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass der Bescheid über eine Abschlagszahlung vom 10. Mai 2021 in den Nebenbestimmungen unter den Nrn. 1 und 12 ausdrücklich regle, unter welchen Umständen mit einer Verpflichtung zur Rückzahlung oder Rückerstattung der gewährten Abschlagszahlung zu rechnen sei. Vor diesem Hintergrund könne der Vorbehalt der vollständigen Prüfung und der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid nicht isoliert betrachtet werden, sondern sei entsprechend der vorgenannten Nebenbestimmungen auf bestimmte Konstellationen eingeschränkt.
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Dem ist nicht zu folgen. Zwar ist es grundsätzlich zutreffend, dass sich die Vorläufigkeit nicht auf den Bescheid insgesamt beziehen muss, sondern auch auf einzelne Aspekte beschränkt sein kann (BVerwG, U.v. 19.11.2009 – 3 C 7/09 – juris Rn. 17; vgl. auch jüngst etwa OVG NRW, U.v. 17.3.2023 – 4 A 1986/22 – juris Rn. 138). Gerade Nr. 12 der Nebenbestimmungen weist hier jedoch explizit darauf hin, dass die Überbrückungshilfe zu erstatten sei, soweit im Rahmen der Schlussabrechnung im Schlussbescheid eine abweichende Feststellung der Höhe der Billigkeitsleistung getroffen werde oder der Bescheid sonst unwirksam geworden sei. Der weiter erläuternde Passus hinsichtlich der Einstellung der Geschäftstätigkeit wird ausdrücklich mit „insbesondere“ eingeleitet, so dass sich bereits dem Wortlaut der Nebenbestimmung nach keine Einschränkung der Erstattungspflicht für den Fall ergibt, dass eine Unwirksamkeit des Bescheids über die Gewährung einer Abschlagszahlung eintritt. In Bezug auf Nr. 1 der Nebenbestimmungen ist ferner – wie bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert – festzustellen, dass darin ausdrücklich lediglich Anzeigepflichten festgelegt werden, nicht aber eine Aufzählung von Konstellationen, auf die sich eine mögliche Rückforderung der Abschlagszahlung beschränken würde. Daher stellt der Bescheid über eine Abschlagszahlung vom 10. Mai 2021 zur Überzeugung des Gerichts auch aus Sicht eines objektiven Empfängers einen (insgesamt) vorläufigen Zuwendungsbescheid dar.
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1.2 Durch die – ausdrücklich nicht angegriffene – Ablehnung des klägerischen Antrags auf Gewährung einer Überbrückungshilfe III in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 21. Juni 2022 hat sich hier die Gewährung einer Abschlagszahlung mit Bescheid vom 10. Mai 2021 indes erledigt. Im Fall eines vorläufigen Zuwendungsbescheids besteht der Regelungsinhalt des Verwaltungsakts – hier der Bewilligung eine Abschlagszahlung – letztlich darin, dass der Begünstigte die empfangene Zuwendung nur vorläufig bis zum Erlass der endgültigen Entscheidung behalten darf. Ein vorläufiger Verwaltungsakt wird grundsätzlich durch die endgültige Entscheidung erledigt; er wird durch die endgültige Entscheidung ersetzt, ohne dass es dafür einer förmlichen Aufhebung bedarf. Es handelt sich dabei um eine Erledigung „auf andere Weise“ i.S.d. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG (vgl. hierzu aktuell etwa OVG NRW, U.v. 17.3.2023 – 4 A 1986/22 – juris Rn. 136; OVG Hamburg, U.v. 20.9.2022 – 3 Bf 199/21 – juris Rn. 49, jeweils m.w.N; Schemmer, in: BeckOK VwVfG, 59. Ed. 1.4.2023, VwVfG § 43 Rn. 55.1). Deshalb geht die Bindungswirkung eines solchen Verwaltungsakts nicht dahin, dass er eine Rechtsgrundlage für das endgültige Behalten der Zuwendung bildet. Der Anspruch des Begünstigten auf das endgültige Behalten der Zuwendung hängt vielmehr davon ab, welchen abschließenden Bewilligungsbescheid – oder Ablehnungsbescheid – die Behörde aufgrund des Ergebnisses der noch durchzuführenden Betriebsprüfung erlässt. Das bedeutet, dass es bei der späteren Entscheidung über das endgültige Behalten der Zuwendung keiner Aufhebung der unter Vorbehalt ergangenen Bewilligungen bedarf, da deren andersartiger Regelungsinhalt nicht entgegensteht (BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8/82 – juris Rn. 33). Die unter Nr. 2 des Bescheids vom 21. Juni 2022 ausgesprochene – und hier u.a. angegriffene – Aufhebung des Bescheids vom 10. Mai 2021 wäre mithin nicht erforderlich gewesen; ihr mag angesichts der ausdrücklich tenorierten Bezugnahme auf die nur vorbehaltliche Gewährung der Abschlagszahlung (auch) klarstellender Charakter zukommen (vgl. auch VG Bayreuth, GB v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 57, 61, 63).
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1.3 Angesichts der mithin erledigten, bzw. durch die endgültige Ablehnung im Bescheid vom 21. Juni 2022 ersetzten Gewährung der Abschlagszahlung kann der Kläger sein Rechtsschutzziel, namentlich die gewährte Abschlagszahlung behalten zu dürfen, mit einer Anfechtung der Aufhebungs- und Erstattungsanordnung nicht erreichen. Ein dauerhafter Rechtsgrund für das Behaltendürfen der bereits ausgezahlten Abschlagszahlung würde erst durch die positive Entscheidung der Beklagten über den jeweiligen Förderantrag geschaffen. Für eine isolierte Anfechtungsklage besteht prinzipiell kein Rechtsschutzbedürfnis, solange das Interesse an der Gewährung fortbesteht (BVerwG, U.v. 21.11.2006 – 1 C 10/06 – juris Rn. 16, U.v. 7.9.1987 – 6 C 30/86 – juris Rn. 9; SächsOVG, U.v. 2.12.2022 – 4 A 566/20 – juris Rn. 15; vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 42 Rn. 30). So liegt der Fall hier: Das Begehren des Klägers ist der Sache nach weiterhin auf die (teilweise) Gewährung der beantragten Überbrückungshilfe III gerichtet. Hierüber hat die Beklagte jeweils durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Dem Rechtschutzbegehren des Klägers kann daher – jedenfalls im Grundsatz – nur mit entsprechenden Verpflichtungsanträgen, die im Rahmen einer Versagungsgegenklage zu verfolgen sind, entsprochen werden.
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1.4 Ergänzend ist mit Blick auf die ursprünglich in der Klageschrift vom 21. Juli 2022 angekündigten Anträge darauf hinzuweisen, dass selbst eine – erneut: hier nach der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung explizit nicht (mehr) erfolgte – Anfechtung auch der Ablehnung der begehrten Zuwendung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides letztlich nicht weiterführen würde (vgl. zu einer entsprechenden Konstellation VG München, U.v. 7.3.2023 – M 31 K 22.1300, BeckRS 2023, 18272, Rn. 18 ff.). Denn die vorläufige Bewilligung der Überbrückungshilfe vom 10. Mai 2021 erging wie ausgeführt unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid. Erst die endgültige Entscheidung in einem Schlussbescheid schafft einen das Zuwendungsverfahren abschließenden, dauerhaften Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Förderung. Vor diesem Hintergrund stünde auch eine vollständige Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids vom 21. Juni 2022 – selbst im Falle ihrer Rechtskraft – einer erneuten (endgültigen) Ablehnung des Förderantrags – unter Aufhebung der bisher lediglich vorläufigen Bewilligung – in einem künftigen Schlussbescheid nicht entgegen. Daher würde auch einem solchen Vorgehen im Ergebnis das Rechtsschutzbedürfnis fehlen (vgl. VG München, aaO.).
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2. Darüber hinaus wäre die Klage auch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der Rücknahme- und Rückforderungsanordnungen in Nrn. 2 bis 4 des streitbefangenen Bescheids vom 21. Juni 2022, da sich diese als rechtmäßig erweisen und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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2.1 Es kann offenbleiben, ob als Rechtsgrundlage für die Rücknahme der mit Bescheid vom einen 20. Juni 2022 gewährten Abschlagszahlung Art. 48 BayVwVfG herangezogen werden kann, wovon die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids ausgeht. Denn es handelt sich vorliegend – wie ausgeführt – offensichtlich um die Konstellation einer lediglich vorläufigen bzw. vorbehaltlichen Bewilligung einer Abschlagszahlung (vgl. hierzu grundsätzlich BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 33; ferner etwa VG Bayreuth, GB v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 59 ff.; VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 58 m.w.N.). In diesem Fall einer vorbehaltlichen Regelung bzw. eines Schlussbescheids ist eine Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG nicht erforderlich bzw. findet diese Vorschrift keine Anwendung. Vielmehr wird die vorläufige Gewährung der Abschlagszahlung durch die endgültige, hier im Übrigen nicht angegriffene Ablehnung der Zuwendungsgewährung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 20. Juni 2022 ersetzt und erledigt. Der Bewilligungsbescheid ist lediglich die Grundlage für die vorläufig geleistete Abschlagszahlung; hierin erschöpft sich seine Rechtswirkung. Demgegenüber kommt dem angefochtenen Bescheid in dieser Hinsicht der Charakter eines Schlussbescheids mit dem Regelungsgehalt zu, die beantragte Überbrückungshilfe III (endgültig) abzulehnen und die sich hieraus angesichts der erfolgten Abschlagszahlung ergebende Überzahlung nebst Zinsen zurückzufordern (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 34; U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 16; ferner etwa VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 58; VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2014 – 13 K 430/13 – juris Rn. 42).
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Kommt ein Gericht zu dem Ergebnis, ein Bescheid sei zu Unrecht auf eine nicht tragfähige – oder wie hier: weniger nahe liegende – Rechtsgrundlage gestützt worden, ist es gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch verpflichtet zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Bescheid mit Blick auf sonstige Rechtsgrundlagen aufrechterhalten werden kann (vgl. rechtsgrundsätzlich BVerwG, B.v. 29.7.2019 – 2 B 19/18 – juris Rn. 24; U.v. 19.8.1988 – 8 C 29/87 – juris; U.v. 31.3.2010 – 8 C 12/09 – juris Rn. 16; ebenso BayVGH, U.v. 23.7.2020 – 14 B 18.1472 – juris Rn. 29; VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 56; U.v. 3.8.2017 – M 2 K 16.3853 – juris Rn. 18; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, Rn. 7a zu § 47). Bei einer solchen Konstellation bedarf es keiner (richterlichen) Umdeutung, so dass die Aufrechterhaltung des Bescheides auch nicht davon abhängt, ob die Voraussetzungen für eine Umdeutung nach Art. 47 BayVwVfG erfüllt sind. So liegt der Fall hier. Der Regelungsgehalt des angegriffenen Bescheids bleibt unverändert, wenn die Aufhebung der gewährten Abschlagszahlung in zutreffender Weise als Schlussbescheid unter endgültiger Ablehnung der Dezemberhilfe anstelle einer Rücknahme des Bescheids über eine Abschlagszahlung angesehen wird, zumal der Tenor des streitgegenständlichen (Aufhebungs-)Bescheids, wie ausgeführt, ohnehin auf den Vorbehalt der vollständigen Prüfung im gewährenden Bescheid Bezug nimmt.
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Erforderlich sind zudem auch keine anderen oder zusätzlichen als die im streitgegenständlichen Bescheid vorgenommen Ermessenserwägungen, zumal das Verständnis als lediglich die vorläufige Gewährung der Abschlagszahlung ersetzender Schlussbescheid zu deutlich weniger anspruchsvollen Voraussetzungen für die getroffene Regelung führt. Schließlich entspricht dies auch der Absicht der Beklagten; auch die Rechtsfolgen erweisen sich für den Kläger endlich nicht als ungünstiger (vgl. in ähnlicher Konstellation VG München, U.v. 21.9.2022 – M 31 K 21.5244 – juris Rn. 37 ff.; U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 56).
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2.2 Selbst wenn – unabhängig davon – die Aufhebung der Gewährung der Abschlagszahlung, wie durch die Klagepartei angenommen, an Art. 48 BayVwVfG zu messen wäre, ergäbe sich im Ergebnis nichts anderes. Insbesondere stellt sich die Zuwendungsgewährung – und mithin auch die Bewilligung einer Abschlagszahlung – als rechtswidrig dar und es bestünde kein Vertrauensschutz im Sinne des Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG.
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2.2.1 Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
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Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 – 7 C 24.85 – juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 – juris Rn. 61; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).
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Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 ZB 22.1151 – juris Rn. 17; B.v. 31.3.2022 – 6 ZB 21.2933 – juris Rn. 7; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; VG München U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris Rn. 21; U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 23).
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Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. Im Vorwort der hier einschlägigen Richtlinie des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III – BayMBl. 2021, Nr. 132 vom 19.2.2021, zuletzt geändert mit Bekanntmachung vom 21.12.2021, BayMBl. 2022 Nr. 25; im Folgenden: Zuwendungsrichtlinie) wird im Übrigen auch ausdrücklich klargestellt, dass die Überbrückungshilfe im Rahmen der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch nach pflichtgemäßem Ermessen gewährt wird.
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Zuwendung (und mithin auch die entsprechende Abschlagszahlung), da jedenfalls eine Auszahlung der Überbrückungshilfe III an den Kläger aufgrund der Einstellung des Geschäftsbetriebs nach der ständigen Zuwendungspraxis der Beklagten ausgeschlossen ist.
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Gemäß Nr. 3.1 der Zuwendungsrichtlinie kann Antragstellern Überbrückungshilfe III für bestimmte fortlaufende, im Förderzeitraum anfallende vertraglich begründete oder behördlich festgesetzte und nicht einseitig veränderbare betriebliche Fixkosten gewährt werden. Dies wird nach dem Wortlaut der Zuwendungsrichtlinie u.a. dadurch eingeschränkt, dass eine Überbrückungshilfe III zurückzuzahlen ist, wenn der Antragsteller seine Geschäftstätigkeit vor dem 30. Juni 2021 dauerhaft einstellt. Weiter darf die Bewilligungsstelle keine Überbrückungshilfe III auszahlen, wenn sie Kenntnis davon hat, dass der Antragsteller seinen Geschäftsbetrieb dauerhaft eingestellt oder die Insolvenz angemeldet hat; dies gilt auch, wenn ein Unternehmen seine Geschäftstätigkeit zwar nach dem 30. Juni 2021, jedoch vor Auszahlung der Zuschüsse dauerhaft einstellt (Nr. 3.6 Satz 1 und 2 der Zuwendungsrichtlinie). Ihre richtliniengeleitete Zuwendungspraxis hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung weiter dahingehend konkretisiert, dass eine Abschlagszahlung keine vollständige Auszahlung der Zuschüsse in diesem Sinne darstelle. Eine Förderung ist mithin nach der ständigen Zuwendungspraxis der Beklagten dann nicht möglich, wenn der Geschäftsbetrieb des jeweiligen Antragstellers vor vollständiger Auszahlung der Überbrückungshilfe III eingestellt wird.
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Diese Zuwendungspraxis ist vor dem Hintergrund der Zielsetzung der Überbrückungshilfe, die in einer Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Unternehmen liegt (Nr. 1 Satz 4 und 5 der Zuwendungsrichtlinie) nicht zu beanstanden. Zu Recht weist die Beklagte insoweit darauf hin, dass dieses Ziel bei Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb (vor vollständiger Auszahlung der Überbrückungshilfe) eingestellt haben, letztlich nicht mehr erreicht werden kann. Die entsprechende Einschränkung der Gewährung der Überbrückungshilfe III auf Grundlage der Zuwendungsrichtlinie und im Rahmen der der Beklagten als Zuwendungsgeberin zustehenden Interpretationshoheit über dieselbe erfolgt mithin jedenfalls nicht willkürlich und ohne Sachgrund.
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Im konkreten Fall hat der Kläger unbestritten bzw. nach eigenem Vortrag den Geschäftsbetrieb seiner Fahrschule im August 2021 und damit vor vollständige Auszahlung der Überbrückungshilfe III eingestellt. Nach der dargelegten Zuwendungspraxis greift mithin der Ausschlussgrund nach Nr. 3.6 Satz 2 der Zuwendungsrichtlinie, so dass dem Kläger kein Anspruch auf die beantragte Zuwendung zusteht und sich die Zuwendungsgewährung – bzw. die Gewährung der Abschlagszahlung – als rechtswidrig darstellt.
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2.2.2 Der Kläger könnte sich bereits ausgehend von den oben ausgeführten Erwägungen zu einer lediglich vorläufigen Gewährung der Abschlagszahlung weiterhin nicht auf einen bestehenden Vertrauensschutz berufen (vgl. in vergleichbarer Konstellation auch VG Bayreuth, GB v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 64). Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass in Nr. 12 der Nebenbestimmungen im die Abschlagszahlung gewährenden Bescheid vom 10. Mai 2021 ausdrücklich auf den hier relevanten Ausschluss nach Nr. 3.6 Satz 1 und 2 der Zuwendungsrichtlinie hingewiesen wird: Explizit wird darin auf eine Erstattungspflicht verwiesen, wenn der Antragsteller seine Geschäftstätigkeit vor dem 30. Juni 2021 dauerhaft eingestellt bzw. nach dem 30. Juni 2021 und vor Auszahlung der Überbrückungshilfe eingestellt hat oder ein Insolvenzverfahren beantragt oder eröffnet wurde. Somit wäre im Sinne des Art. 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 BayVwVfG davon auszugehen, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit der Gewährung der Abschlagszahlung im Fall der Einstellung der Geschäftstätigkeit kannte oder jedenfalls angesichts des ausdrücklichen schriftlichen Hinweises infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, worauf sich im Übrigen die Beklagte auch schriftsätzlich jedenfalls der Sache nach beruft.
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2.3 Die Verpflichtung zur Erstattung der nach endgültiger Ablehnung der Überbrückungshilfe III durch den streitgegenständlichen Bescheid rechtsgrundlos erfolgten Abschlagszahlung i.H.v. 31.759,51 Euro folgt aus Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG (analog). Der in Form einer vorläufigen Regelung ergangene Bescheid über eine Abschlagszahlung vom 10. Mai 2021 hat wie ausgeführt gemäß Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG seine Rechtswirkung dadurch verloren, dass er durch die endgültige Ablehnung im Bescheid vom 21. Juni 2022 ersetzt wurde. Wird ein Verwaltungsakt, der eine Zuwendung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt, der die Zuwendung in geringerer Höhe festsetzt, oder wie hier gänzlich ablehnt, so gelten nach herrschender Auffassung die Erstattungsvorschriften des Art. 49a Abs. 1 und 3 BayVwVfG entsprechend (BayVGH, U.v. 10.11.2021 – 4 B 20.1961 – juris Rn. 18, 28; unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 11.5.2016 – 10 C 8/15 – juris Rn. 11; U.v. 19.11.2009 – 3 C 7/09 – juris Rn. 24; vgl. jüngst etwa auch VG Bayreuth, GB v. 20.6.2022 – B 8 K 21.1024 – juris Rn. 69). Gegen die ferner angeordnete Verzinsung bei Zahlungsverzug bestehen keine Bedenken, zumal mit dieser Regelung ohnehin von der auf Grundlage des Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG möglichen Verzinsung zum Teil abgesehen wurde.
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.