Titel:
Einstweiliger Rechtschutz, Eignungsverfahren, Keine Glaubhaftmachung eines qualifizierten Hochschulabschlusses
Normenketten:
VwGO § 123
BayHIG Art. 90 Abs. 1 und 2
Fachprüfungs- und Studienordnung für den Masterstudiengang Management and Technology (TUM-BWL) an der Technischen Universität M § 36
Schlagworte:
Einstweiliger Rechtschutz, Eignungsverfahren, Keine Glaubhaftmachung eines qualifizierten Hochschulabschlusses
Fundstelle:
BeckRS 2023, 21893
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller hat zwar aufgrund des unmittelbar bevorstehenden Wintersemesters 2023/2024 einen Anordnungsgrund, jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs des Antragstellers auf Zulassung für den Masterstudiengang Management and Technology, da der Antragsgegner voraussichtlich zu recht davon ausgegangen ist, dass der Antragsteller nicht über die für die Zulassung zum Studium erforderliche Qualifikation verfügt. Im Übrigen konnte der Antragsteller auch keinen Anspruch auf Wiederholung des Auswahlverfahrens glaubhaft machen.
2
Der Antragsteller begehrt die Zulassung für den Masterstudiengang Management and Technology zum Wintersemester 2023/2024 an der Technischen Universität M..
3
Der Antragsteller studierte vom Wintersemester 2018/2019 bis zum Sommersemester 2023 an der B… Universität in I. im Studiengang Tourism Administration (Bachelor of Arts) und schloss diesen am 19. Juni 2023 erfolgreich ab.
4
Unter dem 16. Mai 2023 bewarb sich der Antragsteller bei der Technischen Universität M. (im Folgenden: die Universität) für den Masterstudiengang Management and Technology, Wintersemester 2023/2024, Einstiegssemester 1.
5
In dem im elektronischen Bewerbungsprozess für diesen Studiengang auszufüllenden Formular zur Curricularanalyse gab der Antragsteller unter der Rubrik „Fundamental subjects in engineering or natural sciences“ folgende Module an:
„Information Systems for Tourism Industry“ (5 Credits),
„SP.TP Data Analytics, Business Intelligence & Process“ (5 Credits),
„Applied Statistics I“ (5 Credits),
„Applied Statistics II“ (5 Credits).
6
Unter der Rubrik „Fundamental subjects in empirical methods“ gab er unter anderem folgendes Modul an:
„Business Mathematics“ (5 Credits).
7
Mit Bescheid der Universität vom 14. Juni 2023 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass seine Qualifikationsvoraussetzungen für das beabsichtigte Studium nicht ausreichten und ihm daher bedauerlicherweise mitgeteilt werden müsse, dass ihm gemäß Art. 91 Nr. 1 und Art. 90 Absatz 1 des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes kein Studienplatz für den beantragten Studiengang angeboten werden könne.
8
Der Antragsteller wandte sich mit Email vom 15. Juni 2023 an die Universität und bat um Überdenkung der Ablehnungsentscheidung. Auf den Inhalt und den weiteren Verlauf des Email-Verkehrs zwischen den Antragsparteien wird Bezug genommen.
9
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 3. Juli 2023, eingegangen beim Verwaltungsgericht am gleichen Tag, ließ der Antragsteller Klage erheben (Verfahren M 3 K 23.3280).
10
Mit Schriftsatz vom gleichen Tag, der bei Gericht ebenfalls am 3. Juli 2023 eingegangen ist, sowie mit weiterem Schriftsatz vom 12. Juli 2023 ließ er beantragen,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig zum Masterstudiengang Management and Technology, 1. Fachsemester, zum Wintersemester 2023/2024 zuzulassen,
hilfsweise den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das Auswahlverfahren vorläufig zu wiederholen und den Antragsteller in das Auswahlverfahren wieder miteinzubeziehen.
11
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das Eignungsverfahren bereits formal nicht nachvollziehbar sei. Es sei nicht klar, wer die Eignung geprüft habe und welche Module des Antragstellers tatsächlich anerkannt worden seien.
12
Der Antragsteller sei aufgrund seiner bisherigen Qualifikation für das Masterstudium geeignet. Er habe mindestens 20 Credits im naturwissenschaftlichen Bereich erreicht, bei Berücksichtigung des Moduls „Business Mathematics“, das er nicht bei den Naturwissenschaften angegeben habe, seien es sogar 25 Credits. Kommilitonen des Antragstellers, die das gleiche Studium absolviert hätten, seien in den Vorjahren zum Masterstudium zugelassen worden, so etwa im Oktober 2021, im Oktober 2022 und im März 2023. Insbesondere seien bei diesen die auch vom Antragsteller angegebenen Module in Angewandter Statistik anerkannt worden. Hieraus habe sich eine auch nunmehr zu beachtende Verwaltungspraxis etabliert. Die Universität weise zudem auf ihrer eigenen Homepage darauf hin, dass Statistikmodule akzeptiert würden. Die vom Antragsteller erworbenen Fähigkeiten entsprächen dem Modul „MA9712. Statistik für BWL“. Herr Professor S. bestätige in seiner Stellungnahme selbst, dass das Modul „Applied Statistics I“ mathematisch-naturwissenschaftliche Grundlagen abdecke. Diese würden auch im Referenzmodul „MA9712. Statistik für BWL“ gelehrt. Wie sich aus der Fachprüfungs- und Studienordnung des Referenzbachelorstudiengangs „Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre“ ergebe, sei dieses Modul in der Liste der Module der mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagen enthalten. Das vom Antragsteller angegebene Modul „Applied Statistics I“ weise große Ähnlichkeiten zu dem Modul „MA9712. Statistik für BWL“ auf und müsse dem Antragsteller daher angerechnet werden.
13
Der Antragsgegner beantragt,
14
Die Voraussetzungen für die Zulassung zum Masterstudiengang Management and Technology seien zulässigerweise in § 36 der Fachprüfungs- und Studienordnung geregelt. Der Antragsteller erfülle diese kumulativ erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen nicht, da er bereits den Nachweis eines qualifizierten Bachelorabschlusses nicht erbringen habe können. Er könne im Bereich ingenieur- und naturwissenschaftlicher Grundlagen nicht mindestens 15 Credits, sondern durch die Module „Business Mathematics“ und „Applied Statistics II“ lediglich 10 Credits nachweisen. Die vom Antragsteller angegebenen Module „SP.TP Data Analytics, Business Intelligence & Progress“ und „Information Systems for Tourism Industry“ könnten bereits ihrem Schwerpunkt nach keinem der Referenzmodule aus dem Bachelorstudiengang „Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre“ zugeordnet werden und fielen nicht in den Bereich der ingenieur- und naturwissenschaftlichen Grundlagen. Auch das Modul „Applied Statistics I“ könne nicht für den Fachbereich anerkannt werden. Zwar würden zugunsten der Antragsteller auch mathematische Module anerkannt, sofern sie nach ihrem inhaltlichem Schwerpunkt, insbesondere die fortgeschrittenen statistischen Methoden, den Ingenieurwissenschaften zugeordnet werden könnten, so wie dies bei „Applied Statistics II“ zugunsten des Antragstellers der Fall gewesen sei. Für das Modul „Applied Statistics I“ könne jedoch eine solche Anerkennung mangels eines entsprechenden Schwerpunktes nicht erfolgen. Soweit antragstellerseits darauf hingewiesen werde, dass in früheren Semestern Absolventen des Studiengangs, den der Antragsteller abgeschlossen habe, zum Masterstudium zugelassen worden seien, verfange dies unter dem Aspekt einer Ungleichbehandlung schon deshalb nicht, weil es bei der Kommission zum Eignungsverfahren zu Beginn der laufenden Bewerbungsperiode einen Personalwechsel gegeben habe und eine evtl. bewerberfreundlichere Vorgehensweise der vormaligen Kommission die nunmehr zuständige Kommission nicht binde. Maßgeblich sei, dass die Vorgehensweise der Kommission den Satzungsregelungen entspreche. Sofern frühere Beurteilungen nicht rechtmäßig gewesen sein sollten, könne hieraus kein Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht abgeleitet werden. Damit bestehe kein Zugangsanspruch zum begehrten Masterstudium.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
16
Der zulässige Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO bleibt in der Sache ohne Erfolg.
17
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO ist eine Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Regelung nötig erscheint, um den Antragsteller vor bestimmten Nachteilen zu bewahren. Der Antrag ist somit begründet, wenn insbesondere der prozessuale Anspruch auf Sicherung des Hauptsacheanspruchs besteht. Das ist der Fall, wenn der zu sichernde Anspruch des Antragstellers nach den Vorschriften des materiellen Rechts (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO) gemacht wird. Trotzdem gilt auch in Verfahren nach § 123 VwGO der Amtsermittlungsgrundsatz; dieser kann die Anforderungen an die Glaubhaftmachung reduzieren, wenn sich nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen ein Anordnungsanspruch aufdrängt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 29. Auflage, 2023, Rn. 24 zu § 123). Für das Vorliegen eines Anordnungsgrunds ist grundsätzlich Voraussetzung, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen, ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar ist (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 26 zu § 123).
18
Hinsichtlich der Frage des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs hat das Gericht die widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Für diese Abwägung ist in erster Linie entscheidend, ob die Antragspartei mit einem Erfolg in einem Hauptsacheverfahren rechnen könnte. Insbesondere dann, wenn mit einer – sei es auch nur befristeten – Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hauptsache bereits vorweggenommen würde, muss der Erfolg in der Hauptsache jedoch nicht nur wahrscheinlich sein, sondern bejaht werden können.
19
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Abwehr schwerwiegender Nachteile kommt im Prüfungsrecht nur dann in Betracht, wenn entweder mit der Gefahr des Verlusts speziellen Prüfungswissens oder mit einem Hinausschieben der späteren Berufstätigkeit auf "ungewisse Zeit" zu rechnen ist (vgl. BVerfG, B.v. 14.3.1989 – 1 BvR 1308/92 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 16.3.2012 – 7 CE 12.295 – juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 22.1.2008 – 14 B 1888/07 – juris Rn. 6; HessVGH, B.v. 29.9.1992 – 6 TG 1517/92 – juris Rn. 3).
20
Gemäß Art. 90 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes (BayHIG) können die Hochschulen für den Zugang zu einem Masterstudiengang neben der allgemeinen Qualifikationsvoraussetzung (Hochschulabschluss oder einen aufgrund eines Hochschulabschlusses erworbener gleichwertiger Abschluss, vgl. Art. 90 Abs. 1 Satz 1 BayHIG) durch Satzung weitere Zugangsvoraussetzungen festlegen, insbesondere den Nachweis einer studiengangspezifischen Eignung (vgl. Leiher in v.Coelln/Lindner, Hochschulrecht Bayern, Stand 1.8.2021, zur Vorgängervorschrift Art. 43 BayHSchG Rn. 16). Sie dürfen im Rahmen von Eignungsverfahren Qualifikationsnachweise fordern, soweit diese sicherstellen, dass die Bewerberinnen und Bewerber den Anforderungen des von der Hochschule konzipierten Studiengangs gerecht werden und die hinreichende Aussicht besteht, dass sie das Studium im Hinblick auf diese Anforderungen erfolgreich abschließen können (stRspr vgl. BayVGH, B.v. 26.11.2020 – 7 CE 20.2216 – juris Rn. 16). Die Qualifikationsanforderungen, die die Hochschulen insoweit aufstellen dürfen, hängen dabei von den speziellen fachlichen Anforderungen des jeweiligen Masterstudiengangs ab. Dabei müssen die Hochschulen sowohl die verfahrensrechtlichen Vorgaben der Eignungsfeststellung als auch die inhaltlichen Kriterien, die für die Eignungsfeststellung maßgeblich sein sollen, sowie deren jeweilige Gewichtung hinreichend klar festlegen (stRspr vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2021 – 7 CE 20.3072 – juris Rn. 16 m.w.N.).
21
Diese Zugangsvoraussetzungen bestimmen die Hochschulen aufgrund ihrer Lehr- und Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG selbst, solange sie die Grenzen beachten, die verfassungsrechtlich wegen des Grundrechts auf Berufsfreiheit aus Art. 12 GG geboten sind. Sie können insbesondere die Voraussetzung eines inhaltlich gleichwertigen Erstabschlusses fordern (VG Bayreuth, U.v. 12.4.2023 – B 8 K 22.1060 – BeckRS 2023, 16394 Rn. 24; Leiher in v.Coelln/Lindner, a.a.O. Rn. 14 zu Art. 43 BayHSchG). Es obliegt zwar generell der Hochschule, auf der Grundlage von Art. 90 Abs. 1 Satz 2 BayHIG das Qualifikationsprofil eines Masterstudiengangs anhand der speziellen fachlichen Anforderungen des jeweiligen Masterstudiengangs zu definieren (vgl. Leiher in v.Coelln/Lindner, a.a.O., Rn. 19 zu Art. 43 BayHSchG). Welche besonderen Eignungsanforderungen für ein Masterstudium einschlägig sind, kann daher nur im Einzelfall anhand des Studiengangprofils bestimmt werden. Von anderen als fachspezifischen Anforderungen kann die Hochschule den Zugang zum Masterstudium dabei regelmäßig nicht abhängig machen.
22
Nach § 36 Abs. 1 der Fachprüfungs- und Studienordnung für den Masterstudiengang Mangement and Technology vom 27. April 2022 in der Fassung der Änderungssatzung vom 30. März 2023 (FPSO) sind die von der Universität geforderten weiteren Voraussetzungen für die Zulassung zum Masterstudiengang Management and Technology der Nachweis eines an einer in- oder ausländischen Hochschule erworbenen mindestens sechssemestrigen qualifizierten Bachelorabschlusses oder eines mindestens gleichwertigen Abschlusses in den Studiengängen Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre oder vergleichbaren Studiengängen (Nr. 1), adäquate Kenntnisse der englischen Sprache (Nr. 2), für die Absolventen bestimmter Hochschulen der Nachweis über Fachkenntnisse in Form eines „Graduate Management Admission Tests“ (GMAT) (Nr. 3) sowie das Bestehen des Eignungsverfahrens gemäß Anlage 2 zur FPSO (Nr. 4), wobei die o.a. Qualifikationsanforderungen kumulativ erfüllt sein müssen.
23
Zweifel an der Rechtsmäßigkeit dieser Regelungen der FPSO bestehen nicht, auch nicht im Hinblick auf eine formelle und/oder materielle Verfassungswidrigkeit, insbesondere wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 20 Abs. 1 und 3 GG, Art. 19 Abs. 4 GG sowie Art. 101 BV i.V.m. Art. 128 Abs. 1 und 2 BV, Art. 118 Abs. 1 BV, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV (VG München, B.v. 10.7.2019 – 4 E 19.1651).
24
Diese Regelungen für die Feststellung der studiengangspezifischen Eignung genügen auch inhaltlich voraussichtlich den Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz.
25
Nach Ziffer 1 der Anlage 2 zur FPSO sollen die besonderen Qualifikationen und Fähigkeiten der Bewerber dem Berufsfeld eines Wirtschaftswissenschaftlers mit ingenieur-/naturwissenschaftlicher Kompetenz entsprechen, wobei folgende Eignungsparameter aufgelistet sind:
- Fachkenntnisse (inkl. Erfolg) aus dem Erststudium auf dem Gebiet der Betriebswirtschaftslehre mit ingenieur- bzw. naturwissenschaftlichem Bezug in Anlehnung an den Bachelorstudiengang Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre der TUM
- Kenntnisse wirtschaftlich-technischer Sachverhalte,
- Fähigkeit zu wissenschaftlicher bzw. grundlagen- und methodenorientierter Arbeitsweise,
- ingenieur- bzw. natur- bzw. wirtschaftswissenschaftliche Fachsprachkompetenz (in Englisch).
26
Diese speziellen fachlichen Anforderungen des streitgegenständlichen Masterstudiengangs ergeben sich daraus, dass der Studiengang als konsekutiver Studiengang nach dem Bachelorstudiengang „Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre“ studiert wird, im Anschluss an einen primär wirtschaftswissenschaftlich ausgerichteten Bachelorstudiengang oder im Anschluss an einen Bachelor der Volkswirtschaftslehre. Somit baut er zum einen auf die bereits erworbenen Fach- und Methodenkenntnisse und Kompetenzen im Bereich der Wirtschaftswissenschaften auf, zum anderen aber auch auf Grundkenntnisse im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich beziehungsweise, je nach Ausrichtung des Bachelorstudiengangs, auch auf die grundlegenden, bereits erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen im Technologieschwerpunkt (vgl. Studiengangsdokumentation Masterstudiengang „Management and Technology“ der TUM School of Management vom 15.12.2021).
27
Die Orientierung am Bachelorstudiengang „Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre“ ist der Universität nicht verwehrt. Es steht den Hochschulen im Rahmen ihrer Lehr- und Wissenschaftsfreiheit frei, die Anforderungen des jeweiligen Masterstudiengangs zu bestimmen; diese Anforderungen müssen nicht so gehalten sein, dass die dafür erforderlichen Kompetenzen in jedem vorgängigen Bachelorstudiengang vermittelt werden, vielmehr dürfen die verschiedenen Hochschulen im Rahmen der ihnen zustehenden Lehr- und Wissenschaftsfreiheit bei der Ausgestaltung der von ihnen angebotenen Studiengänge unterschiedliche Schwerpunkte setzen und sich dabei auch an dem von ihnen selbst angebotenen vorgehenden Bachelorstudiengang orientieren (VG München, a.a.O.).
28
Gemessen daran sind die von der Universität geforderten speziellen fachlichen Qualifikationen nicht zu beanstanden.
29
Externe Bewerber, die ihr Erststudium nicht an der Universität absolviert haben, werden durch das Eignungsverfahren nicht unzulässig benachteiligt. Eine solche Benachteiligung ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Eignung vorhandene Fachkenntnisse (inkl. Erfolg) auf dem Gebiet der Betriebswirtschaftslehre mit ingenieur- bzw. naturwissenschaftlichem Bezug in Anlehnung an den Bachelorstudiengang „Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre“ voraussetzt (Ziffer 1.1 der Anlage 2 zur FPSO) und dass zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation im Rahmen der ersten Stufe des Eignungsverfahrens elementare Kernmodulgruppen dieses Bachelorstudiengangs herangezogen werden (Ziffer 5.1.1 a) der Anlage 2 zur FPSO).
30
Der Antragsteller als externer Bewerber hat vorliegend nicht glaubhaft gemacht, dass er die satzungsgemäße Voraussetzung des Abschlusses eines qualifizierten Hochschulabschlusses im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 1 FPSO erfüllt. Hierzu konkretisiert die Regelung in § 36 Abs. 2 FPSO, dass ein im Sinne von § 36 Abs. 1 FPSO qualifizierter Hochschulabschluss dann vorliegt, wenn keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der in wissenschaftlich orientierten, einschlägigen, in Abs. 1 Nr. 1 genannten Bachelorstudienrichtungen vorliegen und spätestens zum Zeitpunkt der Bewerbung mindestens 25 Credits in betriebswirtschaftlichen Modulen, mindestens 10 Credits im Bereich der Volkswirtschaftslehre sowie mindestens 15 Credits im Bereich ingenieur- oder naturwissenschaftlicher Grundlagen erbracht worden sind und diese den fachlichen Anforderungen des Masterstudiengangs entsprechen.
31
Die Bewertung der Universität, nach der der Antragsteller im Bereich der ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Grundlagen nur 10 statt der erforderlichen 15 Credits erbracht hat und die vom Antragsteller angegebenen Module „Information Systems for Tourism Industry“, „SP.TP.Data Analytics, Business Intelligence & Process“ und „Applied Statistics I“ nicht berücksichtigt werden konnten, ist nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat die Bewertung unter anderem anhand der Stellungnahme von Professor Dr. S. vom 20. Juli 2023 begründet und im Einzelnen dargelegt, welche Kompetenzen der Antragsteller in den von ihm in seinem Bachelorstudium abgelegten Modulen erworben hat, die die Eignungskommission im Rahmen der Ermittlung der fachlichen Qualifikation des Antragstellers nicht berücksichtigt hat, und weshalb diese nicht berücksichtigten Module den vom Antragsgegner geforderten Kompetenzen gerade nicht entsprechen.
32
Das Gericht folgt zunächst den zutreffenden, überzeugenden und ausführlichen Ausführungen des Antragsgegners in der Antragserwiderung vom 24. Juli 2023 unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Bewerters Professor Dr. S. vom 20. Juli 2023 (§ 117 Abs. 5 VwGO entsprechend) und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.
33
Ergänzend wird ausgeführt:
34
Soweit der Antragsteller Ähnlichkeiten des von ihm angegebenen Moduls „Applied Statistics I“ mit dem Modul „MA9712 Statistik BWL“ geltend macht, ist – worauf auch der Antragsgegner in seiner Stellungnahme hinweist – anzumerken, dass vorliegend nicht die Kompetenzen im Bereich der mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagen, sondern solche der ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Grundlagen (vgl. § 36 Abs. 2 FPSO) inmitten stehen. Diese Grundlagen werden im Referenzstudiengang „Technologie- und Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre“, wie sich aus der einschlägigen Fachprüfungs- und Studienordnung von 22. Juni 2020 dieses Bachelorstudiengangs in der Fassung der Änderungsatzung vom 20. Mai 2021 (FPSO-Bachelor) ergibt, durch die Wahl eines von sieben Fächern aus den Bereichen Chemie, Informatik, Elektro- und Informationstechnik, Maschinenwesen, Computer Engineering und Medizin vermittelt. Das vom Antragsteller angeführte Referenzmodul „MA9712 Statistik BWL“ ist nach der FPSO-Bachelor gerade nicht im Bereich der ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Module aufgeführt, sondern bei den – davon ausdrücklich zu unterscheidenden – betriebswirtschaftlichen, volkswirtschaftlichen, rechtswissenschaftlichen sowie mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagen. Dass die Aufzählung in § 36 Abs. 2 FPSO unter den dort aufgeführten ingenieur- und naturwissenschaftlichen Grundlagen auch mathematisch-naturwissenschaftliche Grundlagen des Referenzstudiengangs erfassen will, ist angesichts des klaren Wortlauts und der Unterscheidung dieser Grundlagen in der FPSO-Bachelor nicht ersichtlich. Hiergegen spricht insbesondere auch, dass in § 36 Abs. 2 FPSO – in Anlehnung an die Terminologie in der FPSO-Bachelor – auch auf betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Kenntnisse abgestellt wird.
35
Die Gewichtung der Universität, Kenntnisse im ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Bereich im Umfang von 15 Credits zu fordern, ist auch insofern nachvollziehbar, als nach der FPSO-Bachelor in diesem Bereich ein deutlich höherer Anteil von Credits erworben wird als im Bereich der mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagen.
36
Somit werden Module, die lediglich mathematisch-naturwissenschaftliche Grundlagen vermitteln, ohne dass Überschneidungen mit Modulen, die ingenieur- oder naturwissenschaftliche Grundlagen zum Gegenstand haben, vorliegen, gerade nicht bei der Überprüfung von ingenieur- oder naturwissenschaftliche Grundlagen herangezogen oder diesen Kenntnissen angerechnet.
37
Demzufolge ist die Stellungnahme von Professor Dr. S. vom 20. Juli 2023 auch nicht widersprüchlich. Aus dieser ergibt sich eindeutig, dass das Modul „Applied Statistics II“ dem Antragsteller im Bereich der ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Grundlagen, zu denen das Modul „MA9712 Statistik BWL“ gerade nicht gehört, angerechnet worden ist. Selbst wenn das Modul „Applied Statistics I“ mit dem Modul „MA9712 Statistik BWL“ inhaltlich deckungsgleich wäre, könnten hieraus keine Kenntnisse im ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Bereich abgeleitet werden, da das „MA9712 Statistik BWL“ solche im Referenzstudiengang nach dessen Aufbau gar nicht vermittelt.
38
Weitere Darlegungen, die zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich des Erwerbs von Kompetenzen im ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Bereich führen könnten und den Anordnungsanspruch glaubhaft machen könnten, können dem Vorbringen des Antragstellers nicht entnommen werden.
39
Soweit der Antragsteller auf die Ausführungen auf der Internetseite der Universität verweist, wonach Statistikmodule anerkannt würden, ist anzumerken, dass die Darstellungen der Informationen für Studieninteressierte notwendigerweise nur stichpunktartig sein können und weder erschöpfend die Regelungen der Studien- und Fachprüfungsordnungen wiedergeben noch darüber hinausgehende Erläuterungen zu atypischen Einzelfällen enthalten. Würde man dies voraussetzen, würde das Ziel der schnellen und verständlichen Information für Studieninteressierte beeinträchtigt werden. Für Bewerber, die nicht den Grundstudiengang absolviert haben, ist es geboten und auch zumutbar, auf die verwiesene Studien- und Fachprüfungsordnung zurückzugreifen bzw. die Auskunftsmöglichkeiten durch die Studierendenkanzlei, die Studienberatung oder den Studiengangsbeauftragten in Anspruch zu nehmen (VG Bayreuth U.v. 12.4.2023 – B 8 K 22.1060, BeckRS 2023, 16394 Rn. 30-32).
40
Ein Anspruch auf Zulassung folgt auch nicht aus dem in Art. 3 GG bzw. Art. 118 der Verfassung des Freistaates Bayern (BV) verankerten Recht auf Gleichbehandlung. Die Festsetzung und gleichförmige Anwendung der sachlich begründeten Kriterien stellt keine gegen Art. 3 GG bzw. Art. 118 BV verstoßende ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar. Soweit der Antragsteller auf in anderen Bewerbungszeiträumen erfolgte Zulassungen von Absolventen des gleichen Studiengangs abstellt, gehört er bereits nicht zu dieser Vergleichsgruppe, da es sich jeweils um unterschiedliche Semester gehandelt hat. Zudem ist nicht glaubhaft gemacht, dass seitens der angeblich zugelassenen Bewerber aus früheren Semestern exakt die gleichen Module angegeben worden sind oder diese nicht evtl. über weitergehende Kompetenzen im ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Bereich als der Antragsteller verfügten. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei der Ablehnung des Antragstellers durch die Universität keine Rechtsfehler ersichtlich sind. Soweit in der Vergangenheit möglicherweise entgegen der anzuwendenden Satzungsbestimmungen Bewerber zugelassen worden sind, bei denen die erforderliche Eignung nicht gegeben war, kann hieraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht abgeleitet werden.
41
Auch der Hilfsantrag auf vorläufige Wiederholung des Auswahlverfahrens bleibt erfolglos, da antragstellerseits nicht glaubhaft gemacht worden ist, dass Fehler im Verfahren vorliegen. Der diesbezügliche Vortrag beschränkt sich auf bloße Vermutungen. Es existiert auch kein Grundsatz, dass der Antragsgegner entsprechenden Vermutungen oder geäußerten Zweifeln substantiiert mit einer plausiblen Erklärung entgegenzutreten hat. Der Antragsteller hat auch ohne Glaubhaftmachung konkreter Anknüpfungstatsachen keinen Anspruch auf Vorlage der die ordnungsgemäße Bestellung der Eignungskommission, die ordnungsgemäße Prüferauswahl und die Qualifikation der Mitglieder betreffenden General- bzw. allgemeinen Sachakten, selbst wenn man berücksichtigt, dass sich der Antragsteller als abgelehnter Bewerber, der seinen Anspruch glaubhaft machen muss, in einer schwächeren Position befindet (VG München, B.v. 12.8.2019 – M 4 E 19.2949 – n.v., Rn. 35).
42
Der Antrag ist nach alldem aufgrund der voraussichtlich rechtmäßigen Ablehnung des Antragstellers mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
43
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs.