Titel:
Einstweiliger Rechtsschutz, Schulorganisatorische Maßnahme, Gymnasium, Wahl der 3. Fremdsprache, Spanisch
Normenketten:
VwGO § 123
BayEUG Art. 9
Gymnasialschulordnung (GSO) § 15
Schlagworte:
Einstweiliger Rechtsschutz, Schulorganisatorische Maßnahme, Gymnasium, Wahl der 3. Fremdsprache, Spanisch
Fundstelle:
BeckRS 2023, 21888
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.
Gründe
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Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Möglichkeit, ab dem Schuljahr 2023/2024 als 3. Fremdsprache die Sprache Spanisch zu wählen.
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Der Antragsteller besuchte im Schuljahr 2022/2023 die 7. Klasse des Ch.-Gymnasiums in Ingolstadt (im Folgenden: die Schule). Bisher hat der Antragsteller die Sprachenfolge Englisch (1. Fremdsprache) und Französisch (2. Fremdsprache) gewählt. Ab dem Schuljahr 2022/2023 hat die Schule für die Schüler, die die Sprachenfolge Englisch (1. Fremdsprache) und Latein (2. Fremdsprache) gewählt haben, als 3. Fremdsprache die Möglichkeit der Sprache Spanisch angeboten. Zuvor und nach wie vor auch für die Schüler, die die Sprachenfolge Englisch und Französisch gewählt haben, ist als 3. Fremdsprache Russisch vorgesehen.
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Die Schule hatte einen Antrag beim Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus gestellt, auch bei der Sprachenfolge Englisch – Französisch als 3. Fremdsprache die Sprache Spanisch anbieten zu dürfen. Dies wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt.
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Mit Schreiben vom 10. Juli 2023, am selben Tag bei Gericht eingegangen, beantragt der Bevollmächtigte des Antragstellers,
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den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller (vorläufig) ab dem Schuljahr 2023/2024 die Teilnahme am Spanischunterricht zu gestatten.
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Zur Begründung wird unter anderem vorgetragen, die Schule selbst habe bereits um Erlaubnis der Sprachenfolge Englisch – Französisch – Spanisch gebeten. Der Antragsgegner habe dies abgelehnt mit der Begründung, dass die Änderung des bestehenden Ausbildungsangebots an einem einzelnen Gymnasium nur dann in Betracht gezogen werden könne, wenn eine Beeinträchtigung anderer Gymnasien in der Region sowie des bisherigen Angebots an der Schule selbst ausgeschlossen werden könne. Eine weitere Begründung sei nicht erfolgt. Eine Beeinträchtigung sei jedoch nach jetzigem Sachstand nicht erkennbar. Allein ein Schulleiter eines benachbarten Gymnasiums habe sich ablehnend gegen die Kombination Englisch – Französisch – Spanisch geäußert. Dieses Gymnasium habe bereits ein anderes Einzugsgebiet als die Schule. Eine Abwanderung von Schülern sei daher nicht zu erwarten. Es sei eine Verletzung der Chancengleichheit gemäß Art. 3 GG gegeben. Dadurch, dass der Antragsgegner den Schülern mit Französisch als zweiter Fremdsprache das Wählen von Spanisch als dritter Fremdsprache nicht gestatte, hätten diese hinsichtlich der 3. Fremdsprache keine echte Wahl mehr und müssten Russisch als dritte Fremdsprache belegen. Auch der neben dem sprachlichen Zweig angebotene naturwissenschaftlich-technologische Zweig sei für den Antragsteller nicht relevant, da er sprachlich begabt und interessiert sei und somit den sprachlichen Zweig wählen möchte. Es sei weder dargelegt noch nachvollziehbar, welche Nachteile durch das Anbieten dieser Fremdsprachenfolge entstehen sollten. Die Versagung der streitgegenständlichen Fremdsprachenfolge sei nicht gerechtfertigt, mithin rechtswidrig. Es sei nicht nachvollziehbar, dass sich der Antragsgegner darauf beziehe, dass das Ausbildungsangebot nur dann in Betracht gezogen werden könne, wenn eine Beeinträchtigung anderer Gymnasien in der Region sowie des bisherigen Angebots an der Schule selbst ausgeschlossen werden könne. Es fehle im Anschluss an dieses Argument eine konkrete Begründung, weshalb das regional hier der Fall sein solle und welche Gymnasien betroffen sein sollten. Dabei sei besonders zu berücksichtigen, dass die Sprachenfolge Englisch – Latein – Spanisch ohne Genehmigung unterrichtet werden dürfe. Zum anderen sei es auch für Änderungen nicht notwendig, dass jegliche Beeinträchtigung anderer Gymnasien ausgeschlossen werden müsse. Die Schule des Antragstellers, deren geschlossener Elternbeirat, die Stadt und auch der Kulturreferent würden sich allesamt für die beantragte Sprachenfolge aussprechen. Alternativ hätte der Antragsgegner aufgrund der aktuellen politischen Lage auch vorübergehend eine Ausnahme- bzw. Härtefallregelung einführen können und müssen. Die Abweichung sei sogar bei gesetzlichen Regelungen möglich (vgl. § 45 BaySchO) und werde auch praktisch genutzt. Eine Eilbedürftigkeit sei gegeben, da das Schuljahr 2023/2024 unmittelbar bevorstehe. Die dritte Fremdsprache ziehe sich über mehrere Schuljahre und könne einmal eingeschlagen nicht mehr umgeändert werden.
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Der Antragsgegner beantragt,
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Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, der Antrag sei sowohl unzulässig, als auch unbegründet. Die plausible Darlegung eines Anordnungsanspruches sei vorliegend nicht gegeben. Voraussetzung für die Einrichtung, also für die Festsetzung bzw. Änderung einer bestimmten Sprachenfolge an einem staatlichen Gymnasium seien neben den schulinternen Entscheidungen (§ 2 Bayerische Schulordnung (BaySchO) – allgemeine Entscheidungsbefugnis der Schulleiterin bzw. des Schulleiters, Art. 65 Abs. 2 Satz 3 Nr. 13 Bayerisches Erziehungs- und Unterrichtsgesetz (BayEUG), Fußnote 6 zur Anlage 1 Gymnasialschulordenung (GSO) – Einvernehmenserfordernis des Elternbeirats) auch die Zustimmung durch das Staatsministerium. Das Staatsministerium habe hier nicht nur eine schulaufsichtliche Funktion, die sich mit Bezug auf die Gymnasien als unmittelbare Schulaufsicht darstelle (Art. 114 Abs. 1 Nr. 1 BayEUG). Das Staatsministerium übe darüber hinaus zugleich als staatliche Oberbehörde für den Bereich der staatlichen Schulen in Bayern die Organisationshoheit des Freistaats Bayern aus. Eine einzelne Schülerin oder ein einzelner Schüler habe demgegenüber keinen subjektiven Rechtsanspruch auf eine bestimmte Sprachfolge innerhalb einer gymnasialen Ausbildungsrichtung. Das Staatsministerium prüfe insbesondere die Belange der schulischen Versorgung in der Umgebung der betroffenen Schule und des bestehenden schulischen Angebots. Das Zustimmungserfordernis des Staatsministeriums beschränke sich nicht auf Änderungen der Ausbildungsrichtungen von staatlichen Gymnasien nach Art. 9 Abs. 3 Satz 1 BayEUG im Sinne der Neueinführung einer Ausbildungsrichtung als solcher, sondern erstrecke sich auch auf Änderungen bei Sprachenfolgen innerhalb einer bereits an der Schule bestehenden Ausbildungsrichtung. Im speziellen Fall der Einrichtung einer neuen Sprachenfolge mit drei modernen Fremdsprachen in der sprachlichen Ausbildungsrichtung eines Gymnasiums (Art. 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BayEUG) sei daher eine ausdrückliche Zustimmung des Staatsministeriums erforderlich. Hiervon zu unterscheiden seien alle anderen Fälle der Einrichtung oder Änderung von Sprachenfolgen innerhalb einer an der Schule bereits vorhandenen Ausbildungsrichtung. Im Verfahren für die Angliederung zusätzlicher Ausbildungsrichtungen bzw. der Einrichtung von Fremdsprachenfolgen mit drei modernen Fremdsprachen müsse die Schulleiterin bzw. der Schulleiter den begründeten Antrag zusammen mit einer Stellungnahme des Schulaufwandträgers dem zuständigen Ministerialbeauftragten bis spätestens zum 15. Juni eines Schuljahres für das übernächste Schuljahr vorlegen. Die Entscheidung werde der antragstellenden Schule in der Regel bis zum Ende des Kalenderjahres der Antragstellung mitgeteilt. Grundsätzlich sei bei der Entscheidung über den Antrag einer Schule abzuwägen zwischen den Argumenten der antragstellenden Schule und den möglichen Auswirkungen einer Genehmigung aus der übergreifenden Perspektive. Es sei festgehalten, dass sämtliche Schülerinnen und Schüler aus den angebotenen Ausbildungsrichtungen und Sprachenfolgen auswählen können und auch müssten, die an der jeweils von ihnen besuchten Schule angeboten würden. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG liege hierbei nicht vor. Eine Ausnahme nach § 45 BaySchO für den Antragsteller liege nicht vor, da keine unbillige Härte gegeben sei. Mit der bisherigen Sprachenfolge Englisch – Französisch in den bisher von ihm besuchten Jahrgangsstufen 5 bis 7 habe der Antragsteller die Option, mit Russisch als dritter Fremdsprache die sprachliche Ausbildungsrichtung weiter zu besuchen oder aber die naturwissenschaftlich-technologische Ausbildungsrichtung zu wählen. Erst seit dem Schuljahr 2022/2023 biete die Schule neben Russisch auch Spanisch als dritte Fremdsprache für diejenigen Schülerinnen und Schüler an, die zuvor die Fächerkombination Englisch – Latein besucht hätten. Bei der Wahl der zweiten Fremdsprache Französisch ab der Jahrgangstufe 6 habe der Antragsteller nicht davon ausgehen können, Spanisch als dritte Fremdsprache wählen zu dürfen. Eine Ausnahme hiervon durch einen subjektiven Rechtsanspruch zu Gunsten eines einzelnen Schülers wäre ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, denn alle anderen Schülerinnen und Schüler mit der Sprachenfolge Englisch – Französisch könnten als dritte Fremdsprache auch nicht Spanisch wählen, sondern eben nur Russisch.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
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Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Regelung nötig erscheint, um den Antragsteller vor bestimmten Nachteilen zu bewahren. Der Antrag ist somit begründet, wenn insbesondere der prozessuale Anspruch auf Sicherung des Hauptsacheanspruchs besteht. Das ist der Fall, wenn der zu sichernde Anspruch des Antragstellers nach den Vorschriften des materiellen Rechts (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO) gemacht wird. Trotzdem gilt auch in Verfahren nach § 123 VwGO der Amtsermittlungsgrundsatz; dieser kann die Anforderungen an die Glaubhaftmachung reduzieren, wenn sich nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen ein Anordnungsanspruch aufdrängt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 29. Auflage, 2023, Rn. 24 zu § 123). Für das Vorliegen eines Anordnungsgrunds ist grundsätzlich Voraussetzung, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen, ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar ist (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 26 zu § 123).
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Hinsichtlich der Frage des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs hat das Gericht die widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Für diese Abwägung ist in erster Linie entscheidend, ob die Antragspartei mit einem Erfolg in einem Hauptsacheverfahren rechnen könnte. Insbesondere dann, wenn mit einer – sei es auch nur befristeten – Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hauptsache bereits vorweggenommen würde, muss der Erfolg in der Hauptsache jedoch nicht nur wahrscheinlich sein, sondern bejaht werden können.
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Der Antragsteller hat die Dringlichkeit der begehrten Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht, da bis zum Beginn des neuen Schuljahres 2023/24 nicht mit einer Hauptsacheentscheidung zu rechnen wäre.
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Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es besteht für den Antragsteller keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anspruchs auf Belegung der Fremdsprache Spanisch als 3. Fremdsprache.
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1. Bei der Einrichtung der Möglichkeit einer weiteren Sprache hinsichtlich der Belegung der 3. Fremdsprache im Rahmen der sprachlichen Ausbildungsrichtung (Art. 9 Abs. 3 Nr. 2 BayEUG (SG)) eines Gymnasiums handelt es sich um eine schulorganisatorische Maßnahme. Im Bereich der Schulorganisation werden die Grundrechte der Schüler (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 101 und 128 Abs. 1 BV) und Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG, Art. 126 Abs. 1 BV) durch die staatliche Schulaufsicht (Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 130 BV) begrenzt; zu diesem staatlichen Gestaltungsbereich gehört nicht nur die organisatorische Gliederung der Schule, sondern auch die inhaltliche Festlegung der Ausbildungsgänge und Unterrichtsziele (BVerfG, U.v. 6.12.1972 – 1 BvR 230/70 u. 95/71 – NJW 1973, 133 (134), BeckOnline; OVG Hamburg, B.v. 30.11.2017 – 1 Bs 253/17 – NVwZ-RR 2018, 344, BeckOnline). Mangels Außenwirkung stellt eine diesbezügliche schulorganisatorische Maßnahme keinen Verwaltungsakt dar (BayVGH, B.v. 16.12.2021 – 7 CE 21.2926 – juris Rn. 7).
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Die spezifisch pädagogischen und schulorganisatorischen Erwägungen bei der Festlegung der Sprachenfolge und Möglichkeit der Sprachenwahl müssen daher der Letztentscheidungskompetenz der Schulverwaltung überlassen bleiben; es kann nicht Aufgabe des Gerichts sein, insoweit über die Rechtskontrolle hinaus eigene Zweckmäßigkeitserwägungen anzustellen und in allen Einzelheiten der Schulorganisation und Personalbewirtschaftung sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Schulverwaltung zu setzen (BayVGH, B.v. 7.12.1992 – 7 CE 92.3287 – juris Rn. 12). Das Gericht hat demnach die Sinnhaftigkeit oder Zweckmäßigkeit der von der Schulverwaltung getroffenen Entscheidung nicht zu prüfen.
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Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle dieser schulorganisatorischen Maßnahme ist aufgrund der dargelegten Gesichtspunkte begrenzt. Schüler und Eltern haben hinsichtlich derartiger schulorganisatorischer Maßnahmen daher grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Staat, solange dadurch ihre Rechte, insbesondere der Bildungsanspruch der Schüler, nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werden (vgl. BayVGH, U.v. 22.10.1979 – 7. B – 432/79 – BayVBl 1980, 244). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (z.B. BVerwG, B.v. 23.10.1978 – 7 CB 75/78 – DVBl 1979, 302; BayVGH, B.v. 7.12.1992 – 7 CE 92.3287 – BayVBl 1993, 185) ist mit der Verletzung von im Bereich der Schulorganisation grundsätzlich objektivem Recht eine Verletzung von subjektiven Rechten der Schüler oder ihrer Eltern nur dann verbunden, wenn sie dadurch unzumutbar beeinträchtigt werden. Das wäre nur dann der Fall, wenn die organisatorische Maßnahme unzumutbare Nachteile für die Schüler oder ihre Eltern zur Folge hätte oder aber eindeutig rechtswidrig und sachlich nicht gerechtfertigt oder gar willkürlich wäre (BayVGH, B.v. 10.9.2013 – 7 CS 13.1880 – juris Rn. 20). Wegen der Komplexität der vorliegend angegriffenen schulorganisatorischen Maßnahme, die nicht nur von pädagogischen und organisatorischen Erwägungen im Einzelfall, sondern auch und vor allem von landesweit anzuwendenden und zu beachtenden Überlegungen mit beträchtlichen personalwirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen bestimmt ist und letztlich nicht unerhebliche Auswirkungen auf den Staatshaushalt haben kann, muss der Schulverwaltung hier ohne Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze ein – wenn auch nicht unbegrenzter – Entscheidungsfreiraum zugebilligt werden. Das gilt hier auch unter dem Gesichtspunkt, dass den Schülern und Eltern, wie dargelegt, in diesem Bereich grundsätzlich keine gerichtlich durchsetzbaren Rechtsansprüche zur Seite stehen (vgl. insgesamt BayVGH, B.v. 7.12.1992 – 7 CE 92.3287 – juris Rn. 13).
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Es ist bei summarischer Prüfung im Eilverfahren nicht ersichtlich, dass durch die Entscheidung der Schulverwaltung, dem Antragsteller die Möglichkeit der Wahl der Sprache Spanisch als 3. Fremdsprache zu verwehren, für diesen ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Bei der Einräumung der Möglichkeit der Sprachenwahl Spanisch würde es sich um eine Erweiterung der Auswahlmöglichkeiten handeln, die der Antragsteller zur Verfügung hatte, als er das Gymnasium an sich gewählt hat. Er hat dabei die Schule bereits unter dem Gesichtspunkt für sich ausgesucht, dass er bei einer Wahl der Sprachenfolge Englisch – Französisch im sprachlichen Zweig gezwungen sein würde, die Fremdsprache Russisch als dritte Sprache zu wählen. Hieran hat sich auch nichts dadurch geändert, dass mittlerweile für die Sprachenfolge Englisch – Latein als dritte Fremdsprache neben Russisch die Sprache Spanisch wählbar ist. Es hat sich insofern für die Schüler dieser Sprachenwahl eine Erweiterung der möglichen Sprachen ergeben, jedoch keine Verschlechterung des vom Antragsteller in der 5. und 6. Klasse bewusst eingeschlagenen Bildungsweges, auch wenn der Antragsteller dies subjektiv so empfindet. Ein Einschnitt, der zu unzumutbaren Nachteilen des Antragstellers führen würden, ergibt sich hierdurch nicht.
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Unter Zugrundelegung des oben dargelegten gerichtlichen Prüfungsmaßstabes bei schulorganisatorischen Maßnahmen und der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung, kann eine eindeutige Rechtswidrigkeit oder Willkür der Entscheidung gerichtlicherseits nicht gesehen werden. Der Antragsgegner hat seine Entscheidung auf Rechtsvorschriften gestützt und sie sachlich begründet. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Elternwille oder Wille der Schüler nicht zu Ansprüchen auf bestimmte Fächer oder Inhalte des Schulstoffs führen kann. Die Festlegung der Sprachenfolge in der Schule gehört zum staatlichen Gestaltungsbereich (BVerfG, U.v. 6.12.1972 – 1 BvR 230/70 u. 95/71 – NJW 1973, 133 (136), BeckOnline). Ansprüche von Eltern oder Schülern auf Unterricht in einer bestimmten Fremdsprache gibt es deshalb nicht. Der stets vielfältige Elternwille ließe sich auch hinsichtlich der zu unterrichtenden Fremdsprachen nicht sinnvoll in einem Schulsystem mit begrenzten Ressourcen organisieren (vgl. insgesamt: Beaucamp: Rechtsfragen des Fremdsprachenunterrichts in der Schule, LKV 2013, 68 (69), BeckOnline; m.w.N.). Hält sich die Schule an das allgemeine Differenzierungsangebot für den Schulunterricht, trifft sie keine (verfassungsrechtliche) Verpflichtung zu weiteren Differenzierungen im Sprachenangebot nach den Wünschen einer Gruppe von Schülern und Eltern (Rux, Schulrecht, 6. Aufl, 2018, Rn. 931, m.w.N.). Auch hat das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf die Bremer Orientierungsstufe einen Anspruch aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG darauf, dass als Pflichtfremdsprache neben Englisch wahlweise auch Latein angeboten wird, verneint (BVerwG, U.v.13.01.1982 – 7 C 95/80 – NJW 1982, 1410 (1411), BeckOnline).
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2. Es besteht auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller einen Anspruch auf Belegung von Spanisch als 3. Fremdsprache im Rahmen einer Ausnahme nach § 45 Bayerische Schulordnung (BaySchO) vom 1. Juli 2016 (GVBl. S. 164, 2014 S. 639, BayRS 2230-1-1-1-K), die zuletzt durch die §§ 1, 2, 3 der Verordnung vom 6. April 2023 (GVBl. S. 161) geändert worden ist, hat.
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Nach § 45 BaySchO kann das Staatsministerium oder die vom ihm beauftragte Stelle von einzelnen Bestimmungen der Schulordnungen Ausnahmen gewähren, wenn die Anwendung der Bestimmung im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führen würde und die Abweichung auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung unbedenklich erscheint. Die Anwendung dieser Härtefallklausel wurde vorliegend voraussichtlich zu Recht abgelehnt.
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Denn es liegt schon keine unbillige Härte vor. Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen Härte in § 45 BaySchO sollen (nur) atypische, vom Gesetz- oder Verordnungsgeber nicht ausreichend berücksichtigte, besonders gelagerte Fallkonstellationen, in denen die Anwendung der gesetzlichen Vorgaben zu einer nicht intendierten Härte führen würde, einer die widerstreitenden Interessen abwägenden Einzelfallentscheidung zugeführt werden. Härten, die bei der Ausgestaltung des Tatbestands bewusst in Kauf genommen worden sind und die dem Gesetzeszweck entsprechen, können dementsprechend keinen Härtefall begründen, weil sonst die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge in der Regel nicht eintreten würde (Richter, BaySchO, Kommentar, 2. Aufl. 2021, Anm. zu § 45). Die Annahme einer unbilligen Härte muss daher auf wenige Ausnahmen in besonders atypischen Einzelfällen beschränkt bleiben.
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Auch wenn der Antragsteller die vorliegende Konstellation, bei der es maßgeblich darauf ankommt, ob die Wahl der 2. Fremdsprache auf Latein oder Französisch gefallen ist, als ungerecht empfindet, ist ein atypischer Ausnahmefall vorliegend nach summarischer Prüfung nicht glaubhaft gemacht. Die Folge, nur die Sprache Russisch wählen zu dürfen, trifft den Antragsteller, wie alle Schüler, die als 2. Fremdsprache Französisch gewählt haben, gleich. Besondere Alleinstellungsmerkmale des Antragstellers sind nicht ersichtlich.
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Selbst wenn man vorliegend von einer besonders gelagerten Fallkonstellation ausgehen sollte, stände die Entscheidung zur Anwendung des § 45 BaySchO im Ermessen des Staatsministeriums. Dieses hat sich entschieden, keine Ausnahme zu gewähren. Ermessensfehler bei dieser Entscheidung sind weder (explizit) vorgetragen noch ersichtlich.
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3. Das Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zum allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
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Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist auch von der Verwaltung bei Erlass untergesetzlicher Normen, bei Ermessensentscheidungen und bei Beurteilungsspielräumen zu beachten (Kirchhof in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 99. EL September 2022, Rn. 285 f.) und gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Welche Anforderungen an die Rechtfertigungsgründe für Ungleichbehandlungen zu stellen sind, hängt wesentlich davon ab, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (stRspr; BVerfG, B.v. 17.1.2012 – 2 BvL 4/09 – BVerfGE 130, 52/66 m.w.N.). Bei Überprüfung einer Vorschrift auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob die verfassungsmäßigen Grenzen der Gestaltungsfreiheit überschritten wurden (BVerfG, B.v. 11.11.2008 – 1 BvL 3/05 u.a. – BVerfGE 122, 151/174).
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Eine Ungleichbehandlung lässt die streitgegenständliche Entscheidung nicht erkennen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass anderen Schüler, die ebenfalls die Sprachenkombination Englisch – Französisch gewählt haben, eine Ausnahme insofern gewährt worden wäre, dass sie Spanisch statt Russisch wählen können. Vielmehr deutet der Vortrag des Antragsgegners daraufhin, diese Ungleichbehandlungen vermeiden zu wollen.
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Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG, § 52 Abs. 2 GKG, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 Nr. 1.5.