Titel:
Klageänderung, Rechtsschutzbedürfnis, Klagebefugnis, Antragserfordernis, immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren, Drittschutz
Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 2, § 91 Abs. 1
BImSchG § 10 Abs. 1, § 20 Abs. 2, § 67 Abs. 2
UmwRG § 4 Abs. 1
Leitsätze:
1. Das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren setzt einen Antrag voraus, dem bestimmte Unterlagen beizufügen sind. Ohne einen entsprechenden Antrag darf die Genehmigungsbehörde kein Verfahren durchführen. Die Stellung eines Antrags kann selbst dann nicht erzwungen werden, wenn eine Anlage rechtswidrig ohne Genehmigung betrieben wird. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Anspruch des einzelnen Dritten auf Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens besteht regelmäßig nicht. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wer befürchtet, durch den nicht in einem regulären Verfahren genehmigten Betrieb einer Anlage in subjektiven Rechten verletzt zu sein, ist auf die Möglichkeit verwiesen, unter Geltendmachung einer eigenen Verletzung in materiellen, drittschützenden Rechtspositionen bau- bzw. immissionsschutzrechtliches aufsichtliches Einschreiten, insbes. ein solches nach §§ 22 ff. BImSchG zu beantragen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Immissionsschutzrecht, Anspruch eines Nachbarn auf Durchführung eines Genehmigungsverfahrens (verneint), absolutes Verfahrensrecht, Industrieemissionsrichtlinie, Klageänderung, Rechtsschutzbedürfnis, Klagebefugnis, Antragserfordernis, immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren, Drittschutz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 08.01.2025 – 22 ZB 23.1487
Fundstelle:
BeckRS 2023, 21887
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens in Bezug auf den Betrieb der Beigeladenen, zu dem sie wünscht hinzugezogen zu werden, hilfsweise die Feststellung, dass der Beklagte zur Durchführung eines solchen Verfahrens verpflichtet ist.
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Die Klägerin ist Miteigentümerin zweier Anwesen, die sich etwa 300 bis 400 m Luftlinie vom Betriebssitz der Beigeladenen, die Mineralwasser und Erfrischungsgetränke produziert, entfernt befinden. Die Betriebsgrundstücke befinden sich im Eigentum der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom … … … … …, M. (im Folgenden: „Kongregation“). Der Betriebsstandort besteht an dieser Stelle seit 1907. Seither sind für das Betriebsgelände durch die zwei Standortgemeinden verschiedene Bauleitpläne aufgestellt und Anlagenbestandteile baurechtlich genehmigt worden. Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Anlagenteile oder für den Gesamtbetrieb existiert nicht.
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Mit Schreiben vom 30. Juni 2021 wies die Klägerin den Beklagten auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2021 (Az. ...) hin, wonach Anlagen zur Herstellung von Süßgetränken unter Verwendung von Mineralwasser und pflanzlichen Zusatzstoffen mit einer Produktionskapazität von 300 Tonnen oder mehr je Tag nach § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang 1 Nr. 7.34.2 der 4. BImSchV nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftig sind, was auch für Altanlagen nach § 63 BImSchG gelte.
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Der Beklagte teilte der Klagepartei am 28. September 2021 mit, es seien inzwischen Gespräche zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit mit der Beigeladenen geführt worden. Mit E-Mail vom 29. September 2021 erklärte der Beklagte auf Nachfrage der Klagepartei, ein Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung werde nicht für zwingend gehalten und dass es sich bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit um eine reine Verfahrensfrage handle.
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Mit Schreiben vom 7. Oktober 2021 beantragte die Klägerin die Hinzuziehung zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren und erhob, nachdem eine entsprechende Reaktion des Beklagten nicht erfolgte, am 17. Dezember 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin zu dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren der Beigeladenen bzw. der Kongregation zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Betriebs der Getränkeproduktion der Beigeladenen als Beteiligte hinzuzuziehen.
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Den zugleich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verpflichtung des Beklagten, über einen eventuellen Genehmigungsantrag der Beigeladenen bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Klageantrag nicht zu entscheiden, hat die Klagepartei mit Erklärung vom 9. Februar 2022 zurückgenommen. Das Verfahren mit dem Aktenzeichen M 28 E 21.6526 wurde mit Beschluss vom 10. Februar 2022 eingestellt.
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Der Beklagte hat ein Anzeigeverfahren nach § 67 Abs. 2 BImSchG eingeleitet im Zuge dessen die Beigeladene am 21. Dezember 2021 Unterlagen vorgelegt hat.
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Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2022 führte der Beklagte aus, ein Neugenehmigungsverfahren sei nicht veranlasst, die Nachreichung von Unterlagen nach § 67 Abs. 2 Satz 1 BImSchG sei ausreichend, um „der Überleitung in die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit Rechnung zu tragen“. Selbst wenn eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit gegeben sein sollte, hätte die Klägerin keinen Anspruch darauf, dass ein solches Verfahren tatsächlich durchgeführt wird.
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In dem hier gegenständlichen Klageverfahren wurde mit Schriftsatz vom 9. Februar 2022 nunmehr beantragt,
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den Beklagten zu verpflichten, in Bezug auf den Betriebsstandort … … der Beigeladenen ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG durchzuführen.
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Hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf den Betriebsstandort … … der Beigeladenen ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG durchzuführen.
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Als schutzwürdige Belange der Klägerin werden die Denkmaleigenschaft des Anwesens und dessen Wechselwirkung mit der umgebenden Landschaft, das Landschaftsbild als solches, Umweltbelange, insbesondere Schutz vor Verkehrs- und Gewerbelärm benannt. Das bestehende Sondergebiet sei ein Etikettenschwindel. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht durchgeführt worden. Die immissionsschutzrechtliche Prognose sei unvollständig, insbesondere da die Hausmeisterwohnung nicht als Immissionsort berücksichtigt worden sei und die Aussage, dass die Anwesen der Klägerin keinen relevanten Zusatzlärmimmissionen ausgesetzt seien, nicht hinreichend belegt.
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Weiter verweist die Klagepartei auf den Erwägungsgrund Nr. 7 der Änderungsrichtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003, worin auf Art. 6 der Aarhus-Konvention Bezug genommen wird sowie auf die Erwägungsgründe Nrn. 6 und 9. Hierauf beruhe Art. 10a der geänderten UVP-Richtlinie, der in Art. 11 der aktuellen Richtlinienfassung übernommen wurde. Diese Norm verdeutliche die Funktionselemente der Verfahrensbeteiligung auf der Ebene des europäischen Umweltrechts und damit die bestehenden Direktiven für eine europarechtskonforme – dem Effektivitätsgrundsatz Rechnung tragende – Auslegung der innerstaatlichen Verfahrensvorschriften wie § 10 BImSchG in Verbindung mit den Bestimmungen des UVP-Gesetzes und der 4. BImSchV, wie sie der Umsetzung des europäischen Verfahrensrechts dienten. Auf die Entscheidungen „Gruber“ (Urteil vom 16.4.2015 – Aktenzeichen C-570/13) und „IL“ (Urteil vom 28.5.2020 – C-535/18) des EuGH wird Bezug genommen.
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Die Klägerin gehöre, ohne dass es einer näheren Abgrenzung bedürfe, zum Kreis der betroffenen Öffentlichkeit. Sie brauche die Errichtung und den Betrieb der Anlagen nicht hinzunehmen, bevor nicht das gebotene Verfahren durchgeführt ist, da in den bisher geführten Verfahren nicht geprüft wurde, ob sie in ihren Rechten betroffen sein kann. Der Grundsatz, dass Drittbetroffene sich nicht auf den Genehmigungsvorbehalt des § 4 BImSchG berufen können, sei vor diesem Zusammenhang eingeschränkt auszulegen.
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Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG seien Zulassungsentscheidungen aufzuheben, bei denen eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung i.S.v. § 18 UVPG oder § 10 BImSchG weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist. Eine unterlassene Öffentlichkeitsbeteiligung stelle – in Einklang mit Art. 9 Aarhus-Konvention und Art. 10 UVP-RL – ein Beteiligungsrecht dar, auf das sich die Klägerin als Teil der „Öffentlichkeit“ berufen könne und das nicht nur bei Wahl der falschen Verfahrensart. Die Frage, ob die Öffentlichkeitsbeteiligung „erforderlich“ ist, sei demgegenüber in der Begründetheitsprüfung zu beantworten. Die Anzeige nach § 67 Abs. 2 BImSchG sei eine rechtsgestaltende Erklärung, die keiner Anfechtung zugänglich sei, weshalb diese nicht vorrangig erhoben habe werden können.
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§ 67 Abs. 2 BImSchG sei auf die sich darbietende Fallkonstellation nicht anwendbar. Es liege eine Fallkonstellation vor, in der durch die zahlreichen Erweiterungen des Betriebs der Beigeladenen nach Ansicht der Klägerin während des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends, spätestens aber mit der in der Rechtsprechung in Bezug genommenen Gesetzesänderung im Jahr 2013 die Schwelle der genehmigungsbedürftigen Produktionskapazität überschritten worden sei und ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren erstmalig erforderlich gewesen sei. Auf diesen Fall sei § 67 BImSchG nicht anwendbar. Es sei auch dann von einer Neuerrichtung auszugehen, wenn man annähme, der bisherige Bestand sei baurechtlich genehmigt und bislang nach § 22 BImSchG behandelt worden. Wegen der fehlenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung liege auch kein Anwendungsfall der §§ 15, 16 BImSchG vor. Ferner lägen auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 67 BImSchG nicht vor. Die Beigeladene sei nicht Inhaberin einer baurechtlichen Genehmigung, sondern vielmehr die Kongregation. Von § 67 BImSchG sei die Konstellation nicht umfasst, dass ein Betreiber eine ihm nicht genehmigte Anlage betreibt. Das Vorliegen von Baugenehmigungen, welche den gesamten Nutzungsumfang der bisherigen Anlage abdeckten, werde mit Nichtwissen bestritten. Zudem sei die Drei-Monats-Frist des § 67 Abs. 2 BImSchG nicht eingehalten. Die Ziffer 7.34.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV sei seit der Urfassung nicht geändert worden. Die Anzeigepflicht nach § 67 Abs. 2 BImSchG sei auch inhaltlich nicht erfüllt, insbesondere da ein (repräsentatives) schalltechnisches Gutachten fehle. Die Belange der Klägerin seien auch in den bisherigen Verfahren nicht berücksichtigt worden. Sie sei jedenfalls Nachbarin im immissionsschutzrechtlichen Sinn. Sie sei in den Baugenehmigungsverfahren nicht beteiligt worden und es seien ihr auch die Baugenehmigungsbescheide nicht zugestellt worden. Die Beteiligung im Bauleitplanverfahren ersetze nicht die Beteiligung am Genehmigungsverfahren.
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Mit Schriftsatz vom 16. November 2022 nahm die Klagepartei gemäß Aufforderung des Gerichts weiter Stellung: Es handle sich um einen Fall, in dem es keine Zulassungsentscheidung gebe, sodass der Klägerin die Möglichkeit fehle, diese wegen unterbliebener Beteiligung im Verfahren anzugreifen. § 67 BImSchG werde fälschlich für anwendbar gehalten. § 67 Abs. 1 BImSchG betreffe nur Anlagen, die unter Geltung der §§ 16 ff. GewO vor 1974 genehmigt worden seien.
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Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 13. Januar 2023
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und widersetzte sich der Klageänderung. Es fehle bereits an der Klagebefugnis. Ein Anspruch auf Durchlaufen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe nicht. Ohnehin reiche in Ansehung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2021 ein Anzeigeverfahren nach § 67 Abs. 2 BImSchG aus. Ein Tatbestand, der die Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Anhang zum UVPG eröffnen würde, sei nicht einschlägig. Selbst das Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung verhelfe nicht zu einer anderweitig fehlenden Klagebefugnis. Zudem habe die planende Gemeinde in den bisherigen Bauleitplanverfahren die Rechtsgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung im Umweltbericht berücksichtigt und die Klägerin habe hinreichend Gelegenheit gehabt, sich als Einwendungsführern an diesen Bebauungsplanänderungsverfahren zu beteiligen. Weder aus Art. 11 UVP-RL und Art. 25 IE-RL noch aus Art. 9 Aarhus-Konvention könne ein Anspruch darauf hergeleitet werden, dass ein Einzelner, der offensichtlich und eindeutig nicht in materiellen Rechten verletzt sein kann, allein auf Grund eines Verfahrensverstoßes die Aufhebung der Genehmigungsentscheidung soll durchsetzen können. Im Übrigen erweise sich die Anwendung des § 67 Abs. 2 BImSchG als inhaltlich richtig. Die seit dem für die Genehmigungsbedürftigkeit geltenden Stichtag vorgenommenen baulichen Erweiterungen hätten kein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren erfordert.
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Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2022 hatte die Beigeladene
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beantragt. Sie hatte sich im Eilverfahren mit Schriftsatz vom 26. Januar 2022 zur Sach- und Rechtslage geäußert.
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Am 15. Mai 2023 hat eine mündliche Verhandlung vor der Kammer stattgefunden, in der das Gericht auf die seitens der Beigeladenen noch nicht erfolgte Stellung eines Antrags auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung hingewiesen hat.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten auch im Verfahren mit dem Aktenzeichen M 28 E 21.6526 und die vorgelegten Behördenakten sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der zulässigerweise geänderte Klageantrag war im Haupt- und Hilfsantrag als unzulässig abzuweisen.
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I. Die Klageänderung erweist sich als zulässig.
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Eine Änderung der Klage ist nach Eintritt der Rechtshängigkeit (vgl. BVerwG, B.v. 24.10.2006 – 6 B 47/06 – NVwZ 2007, 104/105) gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Nachdem sowohl der Beklagte als auch die Beigeladene sich der Klageänderung ausdrücklich widersetzt haben, hatte die Kammer eine Entscheidung über deren Sachdienlichkeit zu treffen (Riese in Schoch/Schneider, VwGO, Stand August 2022, § 91 Rn. 72; Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 91 Rn. 29).
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Sachdienlich ist eine Klageänderung, wenn diese der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streitstoffs zwischen den Parteien im laufenden Verfahren zu dienen geeignet ist (BVerwG, U.v. 27.2.1970 – IV C 28/6 – NJW 1970, 1564/1565), wobei der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleiben oder – bei neuem Streitstoff – das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden können sollte (BVerwG, U.v. 23.2.2017 – 7 C 31/15 – NVwZ 2017, 1775 Rn. 29). Bei gegebener Sachdienlichkeit liegt die Entscheidung über die Zulässigkeit im Ermessen des Gerichts (Riese in Schoch/Schneider, VwGO, Stand August 2022, § 91 Rn. 61 m.w.N.).
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Die Kammer hält die Klageänderung im konkreten Fall für sachdienlich, obwohl die geänderte Klage als unzulässig abgewiesen wird (vgl. Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022,, § 91 Rn. 31 m.w.N.), da das klägerische Begehren in der Sache und der der Klage zugrundeliegende entscheidungsrelevante Lebenssachverhalt im Wesentlichen unverändert bleiben, auch wenn infolge des Umstands, dass – anders als klägerseitig zunächst angenommen – aktuell kein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt wird, eine Reihe neuer Rechtsfragen zur Klärung gestellt wird.
31
Dem ursprünglichen und dem geänderten Klageantrag ist das Begehren zu entnehmen, an den Entscheidungsprozessen des Beklagten über die Zulässigkeit des Betriebs der Beigeladenen ggf. auch unabhängig von der Durchführung eines Genehmigungsverfahrens beteiligt zu werden. Eine gerichtliche Entscheidung (auch) über die Zulässigkeit einer darauf gerichteten Klage ist geeignet, den sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung darbietenden sachlichen Streitstoff insoweit auszuräumen, indem sie eine Bewertung zu den divergierenden Rechtsauffassungen der Parteien liefert.
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II. Für die nach zulässiger Klageänderung im Hauptantrag erhobene Leistungsklage fehlt bereits das Rechtsschutzbedürfnis (1.). Überdies hält die Kammer die Klägerin auch nicht für klagebefugt (2.).
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1. Das (allgemeine) Rechtsschutzbedürfnis, welches Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Klage ist und bei Erfüllung der übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen regelmäßig als indiziert gilt, ist gegeben, wenn der Rechtssuchende ein berechtigtes Interesse an der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe hat und sein angestrebtes Ziel nicht auf einfacherem oder kostengünstigerem Weg erreichen kann (Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, vor §§ 40-53 Rn. 12 u.V.a. BGH, U.v. 20.1.1971 – VIII ZR 251/69 NJW 1971, 656/657). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt insbesondere dann, wenn sich die Rechtsposition der Klagepartei selbst im Fall des Erfolgs seines Rechtsbehelfs nicht verbessern würde (Wöckel in Eyermann, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.).
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Die Klage ist hierzu nicht geeignet, da sie auf die Verpflichtung des Beklagten zu einer unmöglichen Leistung gerichtet ist, nämlich der Durchführung eines (förmlichen) Genehmigungsverfahrens ohne einen – dafür zwingend erforderlichen – Antrag.
35
Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 BImSchG setzt das Genehmigungsverfahren einen Antrag voraus, dem § 10 Abs. 1 Satz 2 BImSchG entsprechend insbesondere in § 4 9. BImSchV näher bezeichnete Unterlagen beizufügen sind. Ohne einen entsprechenden Antrag darf die Genehmigungsbehörde kein Verfahren durchführen (Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 10 Rn. 27; Dietlein in Landmann/Rohmer, UmweltR, Stand Januar 2023, § 10 BImSchG Rn. 39). Die Stellung eines Antrags kann selbst dann nicht erzwungen werden, wenn eine Anlage rechtswidrig ohne Genehmigung betrieben wird (Jarass, a.a.O. m.w.N.).
36
Somit könnte der Beklagte einem Verpflichtungsausspruch des Gerichts so lange nicht nachkommen, wie die Beigeladene weiterhin von der Stellung eines Antrags auf Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach § 10 Abs. 1 BImSchG absieht, sondern ist auf ein Vorgehen nach § 20 Abs. 2 BImSchG verwiesen (Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 10 Rn. 27).
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Die Kammer verkennt nicht, dass ein Antrag auf repressives Einschreiten im Erfolgsfalle ein anderes Verhalten der Behörde zur Folge hätte als das mit der Klage Begehrte. Da aber nach obigen Ausführungen gegebenenfalls nur dieser Anspruch erfüllt werden könnte, greift der Einwand der fehlenden Identität der Rechtsfolgen nicht (vgl. dazu BVerfG, B.v. 20.7.2016 – 2 BvR 1385/16 – Inf AuslR 2016, 390 Rn. 8 zu § 30 Abs. 5 AsylG).
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2. Überdies sieht die Kammer keinen Anlass, das nationale Verfahrens- und Prozessrecht für den Fall der Klägerin erweiternd dahingehend auszulegen, dass dieser als Nachbarin im immissionsschutzrechtlichen Sinn eine absolute Verfahrensposition zukäme, aus der sie eine Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO ableiten könnte.
39
In entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO ist nach überwiegender Auffassung (vgl. zum Streitstand bei Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 42 Rn. 371) auch für die allgemeine Leistungsklage eine Geltendmachung der Verletzung in eigenen Rechten wegen des Unterbleibens der begehrten Leistung, hier der Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens, erforderlich.
40
Die in der vorliegenden Konstellation anwendbare Schutznormtheorie verlangt die Existenz eines Rechtssatzes, der zumindest abstrakt geeignet ist, subjektive Rechte Einzelner zu begründen. Ein Anspruch des einzelnen Dritten auf Durchführung eines (bestimmten) Verfahrens besteht aber regelmäßig nicht (eine Ausnahme bilden die sog. absoluten Verfahrensrechte, vgl. dazu: Wahl/Schütz in Schoch/Schneider, VwGO, Stand August 2022, § 42 Abs. 2 Rn. 73). Im Regelfall führt die zuständige Behörde ein gesetzlich vorgeschriebenes Genehmigungsverfahren im öffentlichen Interesse durch.
41
Es ist nicht ersichtlich, welche Rechtsnorm die Klägerin mit einem absoluten Verfahrensrecht i.S. eines Anspruchs auf die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens überhaupt ausstatten könnte. Die Frage, ob eine verfahrensrechtliche Rechtsposition, die ein solches Recht einräumt, im Rahmen einer konkreten gesetzlichen Regelung anzunehmen ist, beantwortet sich dabei nicht nach der Art und Beschaffenheit desjenigen materiellen Rechts, auf das sich das vorgeschriebene Verwaltungsverfahren bezieht, sondern allein nach der Zielrichtung und dem Schutzzweck der Verfahrensvorschrift selbst. Aus ihrem Regelungsgehalt muss sich ergeben, dass die Regelung des Verwaltungsverfahrens mit einer eigenen Schutzfunktion zugunsten einzelner ausgestattet ist, und zwar in der Weise, dass der Begünstigte unter Berufung allein auf einen ihn betreffenden Verfahrensmangel, d. h. ohne Rücksicht auf das Entscheidungsergebnis in der Sache, die Aufhebung bzw. den Erlass einer verfahrensrechtlich gebotenen behördlichen Entscheidung gerichtlich soll durchsetzen können (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 22.2.1980 – 4 C 24/7 – NJW 1981, 239/240).
42
Nachdem das Bundesimmissionsschutzgesetz für die Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ein Antragserfordernis vorsieht (vgl. oben), scheidet ein solcher Anspruch eines Dritten in Bezug auf § 10 Abs. 1 BImSchG nach der Gesetzessystematik bereits von vornherein aus, zumal wenn ein Antrag – wie hier – nicht gestellt wurde. Ein Bestreben des Gesetzgebers, die Vorschrift antragsunabhängig mit Schutzfunktionen zugunsten Dritter auszustatten, ist nicht erkennbar.
43
Die Durchsetzung schutzwürdiger Rechtspositionen ist auf andere Weise sichergestellt: Wer befürchtet, durch den nicht in einem regulären Verfahren genehmigten Betrieb einer Anlage in subjektiven Rechten verletzt zu sein, ist auf die Möglichkeit verwiesen, unter Geltendmachung einer eigenen Verletzung in materiellen, drittschützenden Rechtspositionen bau- bzw. immissionsschutzrechtliches aufsichtliches Einschreiten insbesondere ein solches nach §§ 22 ff. BImSchG zu beantragen. Eine substantiierte Darlegung einer konkreten Betroffenheit der Klägerin in materiellen, drittschützenden Rechtspositionen ist dem klägerischen Vorbringen nicht zu entnehmen. Es beschränkt sich auf die schlichte Behauptung einer nicht näher bezeichneten Verletzung der Belange des Denkmalschutzes, des Landschaftsschutzes, des Lärmschutzes im Hinblick auf Verkehrs- und Gewerbelärm sowie des Umweltschutzes.
44
Eine davon losgelöste allein verfahrensrechtliche Position Dritter lässt sich dem Immissionsschutzrecht nicht entnehmen. Die Rechtsprechung und weit überwiegende Teile der Literatur gestehen sowohl Individual- als auch Verbandsklägern eine Klagebefugnis grundsätzlich nur aufgrund der Verletzung von drittschützenden Verfahrensrechten in einem tatsächlich durchgeführten Genehmigungsverfahren zu (BVerfG, B.v. 20.12.1979 – 1 BvR 385/77 – juris Rn. 67; VGH Kassel, B.v. 12.3.1996 – 14 TH 2775/94 – NVwZ-RR 1997, 404; Dietlein in Landmann/Rohmer UmweltR, Stand April 2022, § 10 BImSchG Rn. 6 m.w.N.; Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 10 BImschG Rn. 1 m.w.N. und Rn. 105). Aus der Wahl eines objektiv falschen Verfahrens wird nur für diejenigen Fälle eine Klagebefugnis abgeleitet, in denen das falsche Verfahren zu einer Zulässigkeitsentscheidung geführt hat (siehe dazu: Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 19 Rn. 33 m.w.N.).
45
Die Anzeige nach § 67 Abs. 2 BImSchG bewirkt aber – und so auch hier – lediglich, dass gegenüber dem Anlagenbetrieb keine einschränkenden Maßnahmen insbesondere nach § 20 Abs. 2 BImSchG allein aufgrund von dessen formeller Illegalität ergehen können (Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 20 BImSchG Rn. 26, 38).
46
Aus § 4 UmwRG ergibt sich nichts Abweichendes. § 4 Abs. 1 UmwRG setzt seinem Wortlaut nach bereits eine Entscheidung über die Zulässigkeit voraus. Da eine solche hier nicht getroffen wurde, ist der Frage, ob einer der in den Nrn. 1 bis 3 genannten Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte, nicht weiter nachzugehen.
47
Für eine analoge Anwendung der Vorschrift besteht kein Raum. Angesichts der Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Ausstattung von bestimmten Rechtspersönlichkeiten mit absoluten Verfahrensrechten (es existieren insoweit lediglich drei von der Rechtsprechung herausgebildete Fallgruppen, vgl. Wahl/Schütz in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand August 2022, § 42 Abs. 2 Rn. 73) ist bereits nicht von einer planwidrigen Regelungslücke auszugehen. Ob allein die (langjährige) Nachbarschaft der Klägerin eine vergleichbare Interessenlage, wie die in diesen Fallgruppen (enteignungsrechtliche Verfahrensvorschriften, Beteiligungsrechte von Gemeinden und Gemeindeverbänden im luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren und schließlich das Beteiligungsrecht des anerkannten Naturschutzverbandes bei Planfeststellungsverfahren) anerkannte, begründet, bedarf somit keiner Erörterung.
48
Das Prozessrecht begründet keine vom Fachrecht losgelöste Klagebefugnis. Die überwiegende Auffassung in der Literatur und Rechtsprechung geht dahin, dass auch § 4 Abs. 1 und 3 UmwRG keine eigenständige Klagebefugnis vermitteln, sondern diese vielmehr voraussetzen (Dietlein in Landmann/Rohmer UmweltR, Stand April 2022, § 10 BImSchG Rn. 285a m.w.N.; Keller, Drittanfechtungen im Umweltrecht durch Umweltvereinigungen und Individualkläger NVwZ 2017, 1080; BVerwG, U.v. 20.12.2011 – 9 A 30.10 – juris Rn. 20 ff.; B.v. 27.6.2013 – 4 B 37/12 – juris Rn. 10; U.v. 20.1.2016 – 6 A 2.14 – LKV 2016, 180; OVG Hamburg, B.v. 11.3.2016 – 2 Bs 33/16 – NVwZ-RR 2016, 492 Rn. 7; OVG Koblenz, U.v. 15.2.2017 – 8 A 10717/16.OVG – NVwZ-RR 2017, 563 Rn. 38; VGH Kassel, B.v. 4. 8. 2016 – 9 B 2744/15 – juris Rn. 12 ff.; BayVGH, B.v. 16.9.2016 – 22 ZB 16.304 – juris Rn. 15). Dieser Auffassung schließt sich die Kammer in Kenntnis der (im Hinblick auf die Umweltverträglichkeitsprüfung für Mitglieder der „betroffenen Öffentlichkeit“ angestellten) in eine andere Richtung weisenden Erwägungen in der Rechtsprechung (Kostenentscheidung nach Erledigterklärung des VG Aachen, B.v. 20. Januar 2016 – 3 K 2445/12 – juris Rn. 15 ff. m.w.N. und OVG NRW, U.v. 25.2.2015 – 8 A 959/10 – juris Rn. 78 ff.) und Literatur (Franzius in Schink/Reidt/Mitschang, UVPG/UmwRG, 2. Aufl. 2023, § 4 UmwRG Rn. 11-19) an.
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Das gefundene Ergebnis bedarf auch keiner Korrektur mit Blick auf das unionsrechtliche, sich aus Art. 4 Abs. 3 EUV ergebende Effizienzgebot. Allein aus dem zutreffenden aber allgemeinen Grundsatz, dass das Verfahrensrecht im Recht der Europäischen Union einen besonderen Stellenwert genießt, lässt sich keine individuelle Rechtsposition herleiten. Eine Pflicht zur richtlinienkonformen Rechtsfortbildung im Wege teleologischer Reduktion oder Extension einer Vorschrift des nationalen Rechts setzt jedenfalls eine hinreichend bestimmte, nämlich klare, genaue und unbedingte, im Grundsatz unmittelbar anwendbare unionsrechtliche Vorschrift voraus (BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 7 C 21/12 – NVwZ 2014, 64 Rn. 36 f.).
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Eine solche im Sinne der Klägerin auslegungsfähige Vorschrift ist im Unionsrecht nicht auszumachen. Weder die RL 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2020 über Industrieemissionen (ABl. L 334/17) – IE-Richtlinie – noch die RL 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 26/1) – UVP-Richtlinie – als Handlungen der Gesetzgebungsorgane der Union i.S.v. Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 EUV gebieten für den vorliegenden Fall die Annahme eines absoluten Verfahrensrechts der Klägerin.
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Der Betrieb der Beigeladenen unterfällt schon nicht dem sachlichen Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie, da der Betrieb der Beigeladenen weder ein Projekt i.S.v. Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang I der UVP-Richtlinie noch ein solches i.S.v. Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II der UVP-Richtlinie darstellt.
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Die Industrie-Emissionsrichtlinie ist zwar gem. deren Art. 10 i.V.m. Nr. 6.4 Buchst. b Unterbuchst. ii) Alt. 1 Anhang I einschlägig, enthält aber keine Vorschrift, aus der sich eine Verpflichtung zur Durchführung eines Genehmigungsverfahrens im Interesse Einzelner ergeben würde. Zwar zielt auch die IE-Richtlinie gem. Art. 4 Abs. 1 darauf ab, dass jede ihrem Anwendungsbereich unterfallende Anlage einer Genehmigungspflicht unterworfen wird. Allerdings ist Art. 4 Abs. 1 IE-Richtlinie schon nicht im Katalog der verbindlich umzusetzenden Vorschriften des Art. 80 IE-Richtlinie enthalten. Weiter trifft die IE-Richtlinie in Art. 11 auch Regelungen zu Allgemeinen Prinzipien der Grundpflichten der Betreiber, die unabhängig von einem Genehmigungsverfahren gelten dürften. Eine Beteiligung der Öffentlichkeit sieht Art. 24 IE-Richtlinie ausdrücklich nur „am Genehmigungsverfahren“ vor. Hinsichtlich der Regelung des Zugangs zu Gerichten räumt Art. 25 IE-Richtlinie den Mitgliedsstaaten einen gewissen Spielraum ein und erlaubt insbesondere die Geltendmachung einer Rechtsverletzung zur Zulässigkeitsvoraussetzung zu machen und privilegiert in Abs. 3 UAbs. 2 – wie auch im nationalen Recht – nur Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, sodass es auch unter Berücksichtigung des Unionsrechts bei den obigen Ausführungen sein Bewenden hat.
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Nichts Weitergehendes ergibt sich aus der Aarhus-Konvention (AK). Gemäß deren Art. 9 Abs. 2 UAbs. 1 Buchst. a können die Vertragsstaaten den Zugang zu Überprüfungsverfahren (für Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit) von dem Vorliegen eines ausreichenden Interesses abhängig machen. Nach Art. 9 Abs. 2 UAbs. 1 Buchst. b) AK dürfen die Mitgliedstaaten den Verfahrenszugang aber alternativ auch von der Geltendmachung einer Rechtsverletzung abhängig machen, wenn dies im Verwaltungsprozessrecht der jeweiligen Vertragspartei vorgesehen ist. Die Europäische Union hat Art. 9 Abs. 2 AK im Rahmen der RL 2011/92 (UVP-Richtlinie) und der RL 2010/75 (IVU- bzw. IE-Richtlinie) umgesetzt, die die Formulierungen der Konvention übernehmen, so dass die Präzisierung der Aktivlegitimation durch die Mitgliedstaaten zu erfolgen hat. Rechtsordnungen wie das deutsche System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes dürfen somit darauf abzielen, den Schutz von Rechten Einzelner sicherzustellen, so dass es in erster Linie oder gar ausschließlich darum geht, bestimmte, ggf. gesetzlich definierte Rechte oder Interessen der Bürger effektiv zu schützen. Der gerichtliche Zugang ist entsprechend eher eng ausgestaltet und setzt die Geltendmachung eines rechtlich geschützten und in der Regel eher eng definierten Rechts voraus (Epiney/Diezig/Pirker/Reitemeyer, Aarhus-Konvention, 1. Aufl. 2018, Art. 9 Rn. 20 f.)
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III. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage ist ebenfalls unzulässig, da auch ihr aus o.g. Gründen das Rechtsschutzbedürfnis fehlt und im Übrigen auch insoweit ein Feststellungsinteresse bestehen oder zumindest substantiiert geltend gemacht sein müsste. Jedoch fehlt – wie soeben dargestellt – jegliche normative Anknüpfung für das Bestehen der Rechtsposition, deren Feststellung begehrt wird.
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IV. Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht der Billigkeit, da diese sich durch die Stellung eines eigenen Sachantrags einem Kostenrisiko aussetzte (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.