Titel:
Weinrecht, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Zwangsgeld, Androhung, Weinreben, Wiederbepflanzungsrechte, naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, Bedingung, Auflage, Rechtsnachfolge, dinglicher Verwaltungsakt
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
VwZVG Art. 21a
BNatSchG § 19 in der ab 4. April 2002 gültigen Fassung
BNatSchG § 15 in der ab 1. März 2010 gültigen Fassung
Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 1493/1999
Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 1493/1999
WeinG 2000 § 6
BayWeinRAV § 4
Schlagworte:
Weinrecht, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Zwangsgeld, Androhung, Weinreben, Wiederbepflanzungsrechte, naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, Bedingung, Auflage, Rechtsnachfolge, dinglicher Verwaltungsakt
Fundstelle:
BeckRS 2023, 21840
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 6. Februar 2023 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 17. Januar 2023 wird angeordnet.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller hat auf den Grundstücken Fl.Nrn. …15, …25 und …89 der Gemarkung W… … … Rebpflanzungen vorgenommen. Die Parteien streiten im Rahmen der gegenüber dem Antragsteller geforderten Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die Rebpflanzungen um die Androhung eines Zwangsgelds zur Erzwingung der Pflicht zur Benennung geeigneter Grundstücke zur Umsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.
2
Zu Beginn dieses Jahrtausends beabsichtigte die Stadt W… … … die Wiederbelebung des Weinbaus am in ihrem Stadtgebiet gelegenen S… Zu diesem Zweck erwarb die Stadt W… … … Wiederbepflanzungsrechte im Umfang von 20.961 qm für zuvor andernorts gerodete Rebflächen. Auf entsprechende Anträge hin genehmigte die damals hierfür zuständige Regierung von Unterfranken die Übertragung des Rechts auf Wiederbepflanzung von Weinreben mit
- Bescheid vom 30. September 2003, 1.933 qm aus der Gemarkung A…
- Bescheid vom 30. September 2003, 1. 000 qm aus der Gemarkung S…
- Bescheid vom 30. September 2003, 800 qm aus der Gemarkung … …
- Bescheid vom 7. Oktober 2003, 15.300 qm aus der Gemarkung N…
- Bescheid vom 8. Oktober 2003, 1.878 qm aus der Gemarkung N…
3
Weil aufgrund des am S… in W… laufenden Flurbereinigungsverfahrens die für die Wiederbepflanzung vorgesehenen Flächen noch nicht konkret mit ihren Flurstücksnummern benannt werden konnten, wurde in dieser Hinsicht in den Bescheiden auf einen als Bestandteil des jeweiligen Bescheides beigefügten Plan der Direktion für ländliche Entwicklung Bezug genommen. Den Bescheiden ist im Tenor jeweils folgende ausdrücklich als solche bezeichnete Bedingung als Regelungsziffer 2. beigefügt: „Die Trägerschaft für die Umsetzung, insbesondere auch der Ersatzmaßnahmen, übernimmt die Stadt W… … … Der Umfang der für Ersatzmaßnahmen bereitzustellenden Flächen errechnet sich im Umfang des 1,5-fachen der genehmigten Übertragung des Wiederbepflanzungsrechtes (Optimierungsmaßnahmen sind anrechenbar). Die einvernehmlich festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind spätestens ein Jahr nach Neuverteilung der Flächen im Verfahrensgebiet W… … … umzusetzen. Die erteilte Genehmigung zur Übertragung des Wiederbepflanzungsrechtes wird nur bei Erfüllung der oben genannten Bedingungen wirksam. Sie gilt ansonsten als nicht erteilt.“ Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, bei der vorgesehenen Bepflanzung mit Reben handele es sich um einen Eingriff im Sinne des Art. 6a BayNatSchG, der durch Ersatzmaßnahmen ausgleichbar sei. Die Neuanpflanzungsgenehmigung gelte nur bei Einhaltung der naturschutzfachlichen Bedingungen als erteilt.
4
Zudem wurden 15 Privatpersonen jeweils die Neuanpflanzung von Weinreben nach der Zweiten Neuanpflanzungsverordnung vom 20. November 2001 (GVBl. S. 745) auf einer Fläche von jeweils bis zu 0,3 ha genehmigt. Die entsprechenden Bescheide erhalten dieselben Bedingungen wie die an die Stadt W… gerichteten Bescheide.
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Im Rahmen eines Bürgerentscheides am 11. Juli 2004 wurde die Stadt W… … … unter anderem dazu verpflichtet, für die Dauer einer einjährigen Bindungswirkung keinen Weinbau am S… in W… … … zu betreiben oder zu unterstützen.
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Daraufhin änderte die Regierung von Unterfranken die an die Stadt W… … … gerichteten Bescheide vom 30. September 2003, 30. September 2003, 30. September 2003, 7. Oktober 2003 und 8. Oktober 2003 jeweils mit Bescheid vom 20. Dezember 2004 dahingehend, dass jeweils in Nummer 1 des Tenors das Wort „Bedingungen“ durch das Wort „Auflagen“ ersetzt wird. Zugleich wurde Nummer 2 des Tenors jeweils wie folgt neu gefasst: „[…] Der Umfang der für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bereitzustellenden Flächen errechnet sich im Umfang des 1,5-fachen der genehmigten Übertragung des Wiederbepflanzungsrechts (Optimierungsmaßnahmen sind anrechenbar). Die festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind spätestens ein Jahr nach der Neuverteilung der Flächen im Verfahrensgebiet W… … … der Flurbereinigung umzusetzen.“ Die jeweilige Begründung der Bescheide wurde dahingehend geändert, dass der Satz „Die Neuanpflanzungsgenehmigung gilt nur bei Einhaltung der naturschutzfachlichen Bedingungen als erteilt.“ gestrichen wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, durch den Bürgerentscheid vom 11. Juli 2004 sei die Stadt W… … … daran gehindert worden, den Verpflichtungen aus dem jeweiligen Ausgangsbescheid nachzukommen. Daher seien die Bescheide nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG zu ändern. Nachträglich eingetretene Tatsachen lägen in Gestalt des genannten Bürgerentscheides vor, der die in Vorverhandlungen mit der Stadt W… … … ursprünglich vereinbarte Trägerschaft für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen als Kernpunkt der Nebenbestimmungen des Bescheides ausschließe. Es bestehe keine Notwendigkeit, die Situation neu zu bewerten. Es sei sachgerecht, dem Antragsteller als Verursacher des Eingriffs die Erfüllung der naturschutzrechtlichen Auflagen aufzuerlegen. Die Bescheide sind bestandskräftig.
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Parallel hierzu erließ die Regierung von Unterfranken am 20. Dezember 2004 Bescheide an die 15 Privatpersonen, denen jeweils bis zu 0,3 ha Neuanpflanzungen genehmigt worden waren. Die Bescheide sind im Wesentlichen inhaltlich identisch mit den gegenüber der Stadt W… … … erlassenen Bescheiden, ermöglichen jedoch im Falle der nicht fristgerechten Umsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen Ersatzzahlungen zu Gunsten des Bayerischen Naturschutzfonds.
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Ausweislich eines Aktenvermerks vom 28. Oktober 2005 fand zwischen den Vertretern der Flurbereinigung W… … …, der Stadt W… … … und dem Landkreis M… am 15. September 2005 ein Ortstermin zur Abstimmung bezüglich möglicher Ausgleichsmaßnahmen für den geplanten Weinberg statt. In dessen Rahmen wurden einzelne Flächen für mögliche Pflegekonzepte besprochen und die damit für die Pflanzberechtigten entstehenden Kosten abgeschätzt.
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Mit Kaufvertrag vom 30. März 2007 verkaufte die Stadt W… … … dem Antragsteller des vorliegenden Verfahrens verschiedene im Einzelnen benannte Einlagegrundstücke, die nach Abschluss des Flurbereinigungsverfahrens in die Abfindungsgrundstücke Fl.Nrn. …15, …25 und …89 der Gemarkung W… … … mit einer Gesamtfläche von 20.866 qm übergingen, für einen Kaufpreisanteil von 78.000,00 EUR. Zugleich wurden Weinpflanzrechte für einen Kaufpreisanteil in Höhe von 107.000,00 EUR verkauft. Im Vertrag ist unter Ziffer V., Nutzungsübergang, geregelt, dass die Besitzübergabe mit Wirkung zum heutigen Tage erfolgt und mit dem Tage der Besitzübergabe auch die Nutzungen, die öffentlichen und privaten Lasten, die Gefahr eines zufälligen Untergangs und einer zufälligen Verschlechterung sowie die Verkehrssicherungspflicht auf den Antragsteller übergehen. Im Rahmen von Ziffer VI., Mängelhaftung, wurde vereinbart, dass der Verkäufer für den ungehinderten Besitz- und Eigentumsübergang sowie für die Freiheit von rückständigen öffentlichen und privaten Lasten und im Grundbuch eingetragenen Rechten haftet. Die Stadt W… … … hat weiterhin erklärt, dass ihr nicht bekannt ist, dass altrechtliche Dienstbarkeiten am Vertragsgrundstück bestehen. Zudem wurde vereinbart, dass jede weitere Gewährleistung ausgeschlossen wird, insbesondere für Sachmängel aller Art, Ertragsfähigkeit, Bebaubarkeit und das Flächenmaß; dies gilt auch für Schadensersatzansprüche, es sei denn der Käufer handelt vorsätzlich.
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In den Jahren 2007 und 2008 nahm der Antragsteller auf den von ihm erworbenen Flächen Rebpflanzungen vor. Zugleich machten weitere Winzer von Weinanbaugenehmigungen im Umfang von 22.602 qm Gebrauch, sodass insgesamt 43.468 qm Rebfläche gepflanzt wurde.
11
Im Dezember 2011 warf das Landratsamt M… als Untere Naturschutzbehörde das Problem auf, es seien keine naturschutzrechtlichen Auflagen als Ausgleich für die Rebpflanzungen umgesetzt worden. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2014 wandte sich das Landratsamt M… diesbezüglich an den Antragsteller.
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In zwei Telefonaten am 13. Januar 2015 und am 3. Februar 2015 vertrat die Stadt W… … … gegenüber dem Landratsamt M… die Auffassung, der Antragsteller sei für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zuständig; zumindest sei diese Frage unklar.
13
Auf der Grundlage einer Anfrage der Stadt W… … … vom 2. März 2015 nahm das Amt für ländliche Entwicklung Unterfranken für die Teilnehmergemeinschaft W… … … mit Schreiben vom 26. März 2015 dahingehend Stellung, inwieweit die mit dem Konzept vom 18. Januar 2005 (Ergebnisvermerk vom 15. September 2005) vorgeschlagenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen umgesetzt worden seien, habe nicht abschließend geklärt werden können.
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Mit Schreiben vom 26. September 2019 bat das Landratsamt M… als Untere Naturschutzbehörde die Regierung von Unterfranken als Höhere Naturschutzbehörde um Durchsetzung der in den gegenüber der Stadt W… … … erlassenen Bescheiden geforderten Auflagen zum naturschutzrechtlichen Ausgleich. Dies wurde damit begründet, die Stadt W… … … und der Bewirtschafter der Flächen (der Antragsteller im vorliegenden Verfahren) sähen den jeweils anderen in der Verpflichtung. Unter dem 16. Juli 2020 gab die Regierung von Unterfranken den Vorgang an die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau zuständigkeitshalber ab.
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Mit Schreiben vom 3. August 2022, dem Antragsteller per Postzustellungsurkunde am 8. August 2022 zugestellt, leitete die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau dem Antragsteller die fünf Genehmigungsbescheide der Regierung von Unterfranken vom 30. September 2003, 30. September 2003, 30. September 2003, 7. Oktober 2003 und 8. Oktober 2003 samt den Änderungsbescheiden vom 4. Dezember 2004 zu und vertrat die Rechtsauffassung, der Antragsteller sei der Umsetzungspflichtige für die Naturschutzauflagen. Dies ergebe sich daraus, dass er nach Abschluss des Flurbereinigungsverfahrens der weinrechtliche Bewirtschafter und Nutznießer der erteilten Übertragungsgenehmigungen auf den neu gebildeten Grundstücken sei. Mit den Änderungsbescheiden vom 20. Dezember 2004 liege die Erfüllungslast der Naturschutzauflagen nicht mehr bei der Stadt W… … …, sondern beim jeweiligen Antragsteller. Die Verwaltungsakte seien auch gegenüber dem Rechtsnachfolger wirksam, wenn- wie vorliegend – eine Regelung mit einem nachfolgefähigen Inhalt und ein gesetzlicher Nachfolgetatbestand vorliege. § 15 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG bestimme, dass für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen neben dem Verursacher auch dessen Rechtsnachfolger verantwortlich sei. Damit sei es sachgerecht, den Antragsteller als Käufer der Grundstücke mit der Durchführung der naturschutzrechtlichen Auflagen zu betrauen.
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Die Regierung von Unterfranken vertrat mit Schreiben vom 11. November 2022 an die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau die Auffassung, der von der Direktion für ländliche Entwicklung am 10. Dezember 2004 vorgegebene Nutzungsplan sei als erfüllt anzusehen. Zusätzlich sei ein 1,5-facher naturschutzfachlicher Flächenausgleich zu erbringen. Die konkreten Ausgleichsmaßnahmen seien mit der Unteren Naturschutzbehörde abzustimmen.
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Am 17. Januar 2023 erließ der Antragsgegner, vertreten durch die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, einen Bescheid mit folgendem Tenor:
Falls die gegenüber Herrn H…-P… … H…, … O…, wirkende und in den Bescheiden der Regierung von Unterfranken vom 20.12.04 […] genannte Pflicht zur Nennung geeigneter Grundstücke aus seiner Verfügungsmacht, auf denen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Naturschutzrecht umgesetzt werden können, dem Landratsamt M … […] als Unterer Naturschutzbehörde nicht bis zum 28.02.23 erfüllt wird, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR zur Zahlung fällig und kann im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, mit fünf Bescheiden aus dem Jahr 2003 habe die Regierung von Unterfranken der Stadt W… … … die Übertragung von Wiederbepflanzungsrechten für Weinreben mit insgesamt 20.961 qm auf diverse Grundstücke in der Gemarkung W… … … genehmigt. Die ursprünglichen Nebenbestimmungen hätten mit den Bescheiden vom 20. Dezember 2004 geändert werden müssen, weil die Stadt W… … … entgegen ihrer ursprünglichen Absicht und Zusicherung durch einen Bürgerentscheid daran gehindert worden sei, die Naturschutzauflagen für alle genehmigten Flächen zu übernehmen. Mit den Änderungsbescheiden vom 20. Dezember 2004 liege die Erfüllungslast der Naturschutzauflagen nicht mehr bei der Stadt W… … …, sondern beim jeweiligen Antragsteller. Durch Kaufvertrag vom 30. März 2007 seien die Rebflächen der Stadt W… … … aus den fünf Übertragungsverfahren für Weinreben auf den Antragsteller übergegangen. Die Rebflächen seien in den Jahren 2007 und 2008 gepflanzt worden. Die Flurbereinigung sei gegen Ende 2010 abgeschlossen worden, die Grundstücke Fl.Nrn. …25, …89 und …15 der Gemarkung W… seien dem Antragsteller als Abfindung zugeteilt worden. Gemäß einer Konkretisierung der Regierung von Unterfranken vom 10. Juni 2020 weise die tatsächlich mit Reben bepflanzte Fläche eine Größe von 20.426 qm auf. Die Bemühungen des Landratsamtes M…, sich mit dem Antragsteller über Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einig zu werden, seien abgelehnt worden.
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Die Pflicht zu angemessenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sei Bestandteil der fünf bestandskräftigen Genehmigungsbescheide in der Fassung jeweils vom 20. Dezember 2004. Mit der Zurverfügungstellung mit Schreiben vom 3. August 2022 gelte deren Inhalt auch gegenüber dem Antragsteller als Rechtsnachfolger der Stadt W… … … im Grundstückseigentum. Dem Kaufvertrag vom 30. März 2007 sei nicht zu entnehmen, dass die Stadt W… … … die naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzpflichten übernähme. Vielmehr gingen nach Abschnitt V Nr. 1 des Vertrages die Nutzungen und öffentlichen und privaten Lasten mit Kaufvertragsdatum auf den Antragsteller über. Damit seien die Verwaltungsakte auch gegenüber dem Antragsteller wirksam, da eine Regelung mit einem nachfolgefähigen Inhalt und ein gesetzlicher Nachfolgetatbestand vorlägen, nämlich der rechtsgeschäftliche Erwerb der Nutzungsberechtigung der betroffenen Rebflächen durch Kaufvertrag vom 30. März 2007. Im Übrigen bestimme auch § 15 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG, dass für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen neben dem Verursacher auch dessen Rechtsnachfolger verantwortlich sei. Damit sei es sachgerecht, nicht die Stadt W… … …, sondern den Antragsteller als Käufer der Grundstücke mit der Durchführung der naturschutzrechtlichen Auflagen zu betrauen. Auch die anderen Genehmigungsinhaber müssten die entsprechenden Auflagen umsetzen. Der Antragsteller sei der Pflicht zum Angebot geeigneter Grundstücke nicht nachgekommen, sodass nur die Androhung eines Zwangsgeldes bleibe. Die Kosten für die Vornahme der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien auf einen Geldwert von 61.278,00 EUR zu schätzen, sodass die Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 4.000,00 EUR in einem angemessenen Verhältnis hierzu stehe. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 21. Januar 2023 zugestellt.
20
Mit Schreiben vom 2. Februar 2023, beim Antragsgegner eingegangen am 6. Februar 2023, erhob der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. Januar 2023. Über den Widerspruch ist bislang nicht entschieden worden.
21
Am 28. Februar 2023 ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Würzburg im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragen,
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 2. Februar 2023 gegen den Bescheid vom 17. Januar 2023 wird angeordnet.
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Zur Begründung wurde vorgetragen, die in der Androhung vom 17. Januar 2023 gesetzte Frist bis zum 28. Februar 2023 sei unangemessen kurz, dies auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Behörde die Sache nun fast 20 Jahre lang nicht betrieben habe.
23
Die Bescheide aus dem Jahr 2003 in der Fassung aus dem Jahr 2004 hätten in der Nebenbestimmung keinen vollstreckbaren Inhalt. Es werde nicht zwischen Ausgleichsmaßnahme und Ersatzmaßnahme unterschieden. Die Umwandlung der Bedingung in eine Nebenbestimmung mit den Bescheiden vom 20. Dezember 2004 sei fehlerhaft, womit sich die Nichtigkeit der neuen Nebenbestimmungen als Auflage ergebe. Man habe die Hauptregelung, die Genehmigungen der Weinaufrebung, zu Gunsten der Stadt W… … … um jeden Preis aufrechterhalten wollen. Dies sei rechtsmissbräuchlich, da es dem Bürgerentscheid widerspreche.
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Es sei weder Art noch Umfang der Ersatz- und/oder Ausgleichsmaßnahmen hinreichend bestimmt noch ein hinreichend bestimmtes Zeitfenster zur Erfüllung der Auflage aus den Bescheiden ersichtlich. Die Vollstreckung eines angedrohten Zwangsgeldes setze jedoch eine inhaltlich hinreichend bestimmte Handlungsverpflichtung im Verwaltungsakt voraus. Entgegen den Ausführungen im Bescheid vom 17. Januar 2023 habe es keine weiteren „Konkretisierungen“ dieser Pflicht gegeben.
25
§ 15 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG in der aktuellen Fassung habe im Jahr 2003/2004 nicht existiert. Diese Vorschrift habe keine Rückwirkung. Zum maßgeblichen Zeitpunkt sei der alte § 19 BNatSchG einschlägig gewesen, welcher keine Rechtsnachfolgerhaftung beinhalte. Auf dessen Grundlage habe der Antragsteller im Jahr 2007 nicht damit rechnen müssen, dass die Verpflichtungen aus Auflagen in alten Bescheiden auf ihn übergehen könnten. Im Notarvertrag sei dem Antragsteller bei den Pflanzrechten und den Grundstücken die Freiheit von beschränkenden Rechten Dritter vom Verkäufer zugesichert worden. Hierauf habe er schutzwürdig vertrauen dürfen. Zudem seien im Grundbuch an den verkauften Flächen keine Sicherungseinträge vorhanden.
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Der Antragsteller sei auch deshalb schutzwürdig, weil von 2007, dem Zeitpunkt des Kaufvertrages, bis zum Jahr 2014, dem Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung von Ansprüchen auf Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gegenüber dem Antragsteller, sieben Jahre vergangen seien. Damit sei Verwirkung eingetreten. Zudem werde die Einrede der Verjährung erhoben.
27
Eine Rechtsnachfolge des Antragstellers hinsichtlich der Verpflichtungen der Stadt W… … … zur Vornahme von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen könne nicht aus dem Vergleich mit baurechtlichen Vorschriften abgeleitet werden. Im Baurecht seien solche Rechtsnachfolgeregelungen gesetzlich geregelt. Eine „automatische“ Rechtsnachfolgebindung ohne gesetzliche Normierung verstoße gegen den Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes.
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Im Übrigen sei für die Erfüllung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nur der Verursacher des Eingriffs verantwortlich, im vorliegenden Fall die Stadt W… … … und nicht der Antragsteller.
29
Der Antragsgegner beantragte,
30
Zur Begründung wurde vorgetragen, zum Vollzug der Bescheide habe der Ausgang des Flurbereinigungsverfahrens abgewartet werden müssen, weshalb die Stadt W… … … nicht habe in die Pflicht genommen werden können. Bei der Festlegung der Umsetzungsfrist im angegriffenen Bescheid seien die seit dem Jahr 2014 laufenden langjährigen Verhandlungen berücksichtigt worden.
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Hätte die Regierung von Unterfranken nicht die Änderungsbescheide vom 20. Dezember 2004 mit der Veränderung der Bedingungen in Auflagen erlassen, wären die weinrechtlichen Genehmigungen unwirksam gewesen. In diesem Falle hätten keine neuen Reben gepflanzt bzw. neu gepflanzte Reben wieder gerodet werden müssen. Zudem komme den genehmigten Rebflächen der Stadt W… … … wegen der Herstellung des bis 2015 erforderlichen weinrechtlichen „unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs“ zu den benachbarten Rebflächengenehmigungen eine besondere Bedeutung zu. In keinem Fall habe eine Genehmigung erlassen werden sollen, ohne eine Kompensation hierfür zu erhalten. Deshalb sei die Auflage nicht nichtig.
32
Da der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit habe beachtet werden müssen, habe man in Verhandlungen mit dem Antragsteller die konkreten Maßnahmen mit einer Ersatzpflicht von 30.639 qm festlegen wollen. Deshalb sei das Ziel des Tenors des Zwangsgeldbescheides die Nennung von Grundstücken aus dem Einflussbereich des Antragstellers, auf denen die Maßnahmen verwirklicht werden sollten.
33
Zwar habe § 15 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG zum damaligen Zeitpunkt nicht gegolten; im Fachrecht werde aber auch ohne besondere gesetzliche Grundlage bei grundstücksbezogenen Verwaltungsakten angenommen, dass die Rechte und Pflichten aus dem Verwaltungsakt auf den jeweils dinglich Berechtigten übergingen. Die weinrechtlichen Übertragungsgenehmigungen und die damit jeweils verbundenen Verpflichtungen zum Ausgleich seien übergangsfähig.
34
Nach Ablauf der Bindungswirkung des Bürgerentscheides habe man sich behördenseits entschieden, alle Antragsteller gleich zu behandeln, indem jeder die auf seinen Antrag entfallenden naturschutzrechtlichen Verpflichtungen übernehme. Da eine Bedingung gegenüber einer Auflage das stärker eingreifende Mittel sei, welches vorliegend nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit so nicht erforderlich gewesen sei, habe eine Auflage ebenfalls genügt. Die Auflage sei hinreichend bestimmt, denn bei Bereitstellung von Grundstücken für die Umsetzung unter Festlegung weiterer Details ließen sich die Auflagen umsetzen.
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Im Kaufvertrag vom 30. März 2007 sei kein Versprechen der Freiheit von öffentlich-rechtlichen Belastungen enthalten. Allenfalls ergäben sich hier zivilrechtliche Ausgleichsansprüche gegenüber der Stadt W… … … Von einer Verwirkung könne keine Rede sein, da sich das Landratsamt M… bereits am 23. Oktober 2014 an den Antragsteller gewendet habe. Damit fehle es bereits am Verstreichen einer längeren Zeitspanne. Auch seien keine besonderen Umstände erkennbar, aufgrund welcher der Antragsteller habe darauf vertrauen dürfen, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde.
36
Die Bescheide aus dem Jahr 2003 in der Fassung vom 20. Dezember 2004 seien dem Antragsteller mit Schreiben vom 3. August 2022 übermittelt worden, sodass sie ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme auch für den Antragsteller Geltung entfalteten.
37
Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, der Regierung von Unterfranken und des Landratsamtes M…, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.
38
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid des Antragsgegners vom 17. Januar 2023. Regelungsinhalt dieses Bescheides ist die isolierte Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 4.000,00 EUR für den Fall, dass der Antragsteller nicht bis zum 28. Februar 2023 die in den an die Stadt W… … … gerichteten bestandskräftigen Bescheiden vom 20. Dezember 2004 festgelegte Pflicht zur Nennung geeigneter Grundstücke aus seiner Verfügungsmacht nachkommt, auf denen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach dem Naturschutzrecht umgesetzt werden können. Der Antragsgegner ist hierbei der Auffassung, dass die aus den Bescheiden vom 20. Dezember 2004 fließende Pflicht gegenüber dem Antragsteller Wirkung entfaltet. Hieraus ergibt sich, dass der Antragsgegner mit dem streitgegenständlichen Bescheid dem Antragsteller gegenüber keinerlei eigenständige Pflicht zur Benennung von im oben genannten Sinn geeigneten Grundstücken geschaffen hat, sodass sich der Regelungsgehalt in der genannten Androhung eines Zwangsgeldes erschöpft. Dieser Verwaltungsakt ist gemäß Art. 21a VwZVG sofort vollziehbar; der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 6. Februar 2023 entfaltet somit keine aufschiebende Wirkung. Der Antragsteller begehrt auf dieser Grundlage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches.
39
Der zulässige Antrag ist begründet.
40
Nach § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch in für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, etwa wenn – wie im vorliegenden Fall – der Widerspruch des Antragstellers aufgrund der Regelung des Art. 21a VwZVG von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Allerdings kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen.
41
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO ist im Rahmen eines Stufensystems zunächst darauf abzustellen, ob der zu vollziehende Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist. Lässt sich schon bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgesehenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, so dass ein Widerspruch oder eine Hauptsacheklage mit Sicherheit Erfolg haben wird, besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 90). Gegenläufige Interessen können die offensichtliche Rechtswidrigkeit nicht überwinden. Umgekehrt kann der Adressat des Bescheides kein schutzwürdiges privates Interesse daran haben, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben, ohne dass es darauf ankommt, ob der Vollzug dringlich ist oder nicht. Kann keine eindeutige Aussage zu der Erfolgsaussicht des Widerspruchsverfahrens oder der Klage gemacht werden, können die tendenziellen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, berücksichtigt werden. Gegebenenfalls folgt auf einer dritten Stufe eine reine Interessenabwägung (vgl. Hoppe, a.a.O., § 80 Rn. 92 bis 93). Hierbei ist allerdings die generalisierende Interessenabwägung des Gesetzgebers zu beachten, der für bestimmte Arten von Entscheidungen zunächst den Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses statuiert hat (vgl. Hoppe, a.a.O., § 80 Rn. 87; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 28. Aufl. 2022, § 80 Rn. 166).
42
Im vorliegenden Fall ist dem in Art. 21a VwZVG enthaltenen Interesse die gesetzliche Wertung zu entnehmen, Zwangsgelder, alsbald, umgehend und effektiv eintreiben zu können, um damit dem Zwangscharakter zur Durchsetzung von Verwaltungsakten Rechnung zu tragen.
43
Das Gericht darf daher, soweit eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides und dem privaten Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs geboten ist, die aufschiebende Wirkung grundsätzlich nur dann anordnen, wenn und soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO analog).
44
In diesem Zusammenhang ist auf den Zeitpunkt der derzeit letzten Behördenentscheidung, hier also auf den Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides vom 17. Januar 2023 abzustellen, soweit die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs geprüft werden. Denn in dieser Hinsicht muss sich der Prüfungs- und Entscheidungszeitpunkt mit dem des Hauptsacheverfahrens decken. Da gegen den streitgegenständlichen Bescheid Widerspruch und Anfechtungsklage zulässig sind, ist also insoweit auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen. Soweit das Gericht wegen möglicher offener Erfolgsaussichten des Rechtsmittels gegen den angegriffenen Bescheid allerdings eine eigene Interessenabwägung in den Vordergrund stellen muss, ist diesbezüglich auf die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen, das darüber zu befinden hat, ob jetzt ein öffentliches oder überwiegend privates Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht und nicht etwa, ob es früher einmal bestanden hat (vgl. zur gesamten Problematik: Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 105 f.).
45
Im vorliegenden Fall bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides.
46
Der Antragsgegner stützt seinen Bescheid vom 17. Januar 2023 auf die Vorschriften des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes. Nach dessen Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 können Verwaltungsakte vollstreckt werden, wenn der förmliche Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Nach Art. 19 Abs. 2 VwZVG setzt die Vollstreckung voraus, dass der zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung Verpflichtete, der Vollstreckungsschuldner, seine Verpflichtung nicht rechtzeitig erfüllt. Einwendungen im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens, die den zu vollstreckenden Anspruch selbst betreffen, sind nach Art. 21 VwZVG nur zulässig, soweit die geltend gemachten Gründe erst nach Erlass des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes entstanden sind und mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht mehr geltend gemacht werden können. Als Zwangsmittel sieht Art. 29 Abs. 2 Nr. 1 VwZVG für die Vollstreckung von Verwaltungsakten, mit denen unter anderem die Vornahme einer sonstigen Handlung gefordert wird, das Zwangsgeld vor. Nach Art. 31 Abs. 1 VwZVG kann die Vollstreckungsbehörde den Pflichtigen durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten, wenn die Pflicht zu einer Handlung nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird. Dies bedeutet, dass eine entsprechende Handlungspflicht des Verpflichteten – hier des Antragstellers – bestehen muss, die bislang nicht vollständig und rechtzeitig erfüllt worden ist. Liegen diese Tatbestandsvoraussetzungen vor, so hat die Vollstreckungsbehörde einen Ermessensspielraum zur Anhaltung des Pflichtigen durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung seiner Pflicht. Allerdings muss nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG das Zwangsgeld schriftlich angedroht werden. Hierbei ist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG für die Erfüllung der Pflicht eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Nach Art. 36 Abs. 5 der Vorschrift ist der Betrag des Zwangsgeldes in bestimmter Höhe anzudrohen. Ist die Androhung des Zwangsgeldes nicht mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt verbunden und ist dieser unanfechtbar geworden, kann die Androhung nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird.
47
Im vorliegenden Fall bestehen ernstliche Zweifel daran, dass der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 17. Januar 2023 alle oben genannten erforderlichen Voraussetzungen für die Androhung des Zwangsgeldes beachtet hat.
48
Zwar hat im vorliegenden Fall der Antragsgegner ein für die Erfüllung einer nicht in einer Geldleistung bestehenden Handlungspflicht zulässiges Zwangsmittel, nämlich das Zwangsgeld, ausgewählt. Allerdings bestehen ernstliche Zweifel, dass eine für die Androhung eines Zwangsgeldes erforderliche Voraussetzung erfüllt ist, nämlich dass eine Pflicht des Antragstellers zu der genannten Handlung vorliegt. Hierbei geht es nicht um die Frage, ob eine dem Antragsteller gegenüber bestandskräftig festgesetzte Pflicht rechtsfehlerhaft festgesetzt worden ist, sondern darum, ob der Antragsteller überhaupt eine Handlungspflicht aus den Bescheiden vom 20. Dezember 2004 hat.
49
Der Antragsgegner behauptet in seinem Bescheid vom 17. Januar 2023, der Antragsteller habe eine Pflicht zur Nennung geeigneter Grundstücke aus seiner Verfügungsmacht, auf denen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Naturschutzrecht umgesetzt werden können. Diese Pflicht ergibt sich nach der Meinung des Antragsgegners aus den Bescheiden vom 30. September 2003, 30. September 2003, 30. September 2003, 7. Oktober 2003 und 8. Oktober 2003, jeweils in der Fassung des Bescheides vom 20. Dezember 2004, die der Stadt W… … … gegenüber erlassen worden sind und deren daraus fließende Pflichten nach Meinung des Antragsgegners auf den Antragsteller übergegangen sind. Maßgeblich ist nicht die Frage nach der Rechtsfehlerhaftigkeit dieser Bescheide, sondern die Frage, ob sie gegenüber dem Antragsteller Wirkung entfalten und die hierin festgelegten Pflichten dem Antragsteller gegenüber gelten.
50
Fraglich ist in diesem Zusammenhang zunächst die Auffassung des Antragsgegners, aus den Bescheiden vom 20. Dezember 2004 lasse sich eine Pflicht zur Nennung geeigneter Grundstücke ableiten. In den Bescheiden vom 20. Dezember 2004 ist lediglich von einer Pflicht der Stadt W… … … die Rede, Flächen für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bereitzustellen, dies im Umfang des 1,5-fachen der genehmigten Übertragung des Wiederpflanzungsrechts. Zugleich ist die Pflicht enthalten, diese Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist umzusetzen. In der Begründung der Bescheide ist ausgeführt, die nähere Ausgestaltung und Umsetzung der naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werde zwischen „den Antragstellern“, der Direktion für ländliche Entwicklung Würzburg und den Naturschutzbehörden am Landratsamt M… und der Regierung von Unterfranken im Rahmen des laufenden Flurbereinigungsverfahrens vorgenommen. Ob hieraus eine isolierte Pflicht abgeleitet werden kann, allein der Unteren Naturschutzbehörde außerhalb des – in der Zwischenzeit abgeschlossenen – Flurbereinigungsverfahrens entsprechende Flächen zu benennen, ist zweifelhaft. Vielmehr ist den Bescheiden vom 20. Dezember 2004 die Intention zu entnehmen, die geeigneten Flächen und die hierauf geeigneten Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens zu bestimmen und sie sodann dem Verpflichteten im Rahmen des Verteilungsverfahrens zur Umsetzung dieser Maßnahmen zuzuweisen. Dieses ist so nun nicht mehr möglich. Die Widerspruchsbehörde wird sich mit dieser Frage auseinandersetzen müssen.
51
Unabhängig von dieser Frage ist es zudem ernstlich zweifelhaft, ob zu Lasten der Stadt W… … … tatsächlich eine Pflicht zur Vornahme von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen entstanden ist. Diesbezüglich galt zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 20. Dezember 2004 § 19 BNatSchG in der ab 4. April 2002 gültigen Fassung (G. v. 25.03.2002 BGBl I, S. 1193). Nach dessen Abs. 2 Satz 1 war der Verursacher eines Eingriffs in Natur und Landschaft zu verpflichten, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorrangig auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder in sonstiger Weise zu kompensieren (Ersatzmaßnahmen). Allerdings hat die Stadt W… … … von den ihr übertragenen Wiederbepflanzungsrechten keinen Gebrauch gemacht und gerade keinen Eingriff in die Natur und Landschaft vorgenommen. Demgegenüber ist der Verursacher eines naturschutzrechtlichen Eingriffs im Sinne des § 19 BNatSchG in der ab 4. April 2002 gültigen Fassung (ebenso wie im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG in der ab 1. März 2010 gültigen Fassung [Art. 1 vom 29.07.2009 BGBl I, S. 2542]) derjenige, der die Maßnahme, die zum Eingriff führt, verantwortlich durchführt oder durchführen lässt. Unerheblich ist hierbei, wer im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise von dem Eingriff profitiert. Pflichtig ist demnach allein der „Verursacher“ (Guckelberger in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Auflage, § 15 Rn. 25). Dies geht auch aus den Gesetzesmaterialien hervor. In BT-Drs. 16/12274, Seite 58 ist festgehalten, dass sich die zuständige Behörde sowohl an den Verursacher, der für die Erfüllung der Kompensationsverpflichtungen verantwortlich ist, als auch an dessen Rechtsnachfolger halten kann, wenn die Kompensationsmaßnahmen nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden sind. Damit sollen Schwierigkeiten, die im Rahmen der bisherigen Verwaltungspraxis aufgetaucht sind, durch die Neuregelung vermieden werden. Dies bringt zum Ausdruck, dass die zuständige Behörde erst dann, wenn ein zu kompensierender Eingriff in Natur und Landschaft vorgenommen worden ist, den Verursacher bzw. dessen Rechtsnachfolger anhalten kann, die Kompensationsmaßnahmen umzusetzen. Damit bestehen ernstliche Zweifel daran, dass die Stadt W… … … die konkret umzusetzende Pflicht hatte bzw. hat, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den Eingriff in die Natur und Landschaft aufgrund der Anpflanzung der Rebflächen im Rahmen der Ausübung des Wiederbepflanzungsrechts vorzunehmen, weil sie diesen Eingriff gar nicht vorgenommen hat. Denn wegen der Abhängigkeit der Auflage vom Hauptverwaltungsakt kann die Erfüllung der Auflage nicht verlangt werden, wenn der Begünstigte vom Hauptverwaltungsakt keinen Gebrauch macht (U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 36 Rn. 84). Ist dies aber so, können entgegen der Meinung des Antragsgegners derartige von der Stadt W… … … abgeleiteten – nicht entstandene – Pflichten auch nicht auf den Antragsteller als Rechtsnachfolger übergehen.
52
Unabhängig hiervon bestehen zudem ernstliche Zweifel daran, dass derartige Pflichten der Stadt W… … … zur Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen – sollten sie entgegen den obigen Ausführungen tatsächlich entstanden sein – auf deren Rechtsnachfolger, den Antragsteller, übergehen konnten.
53
Nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekanntzugeben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Dies war im vorliegenden Fall die Stadt W… … …, welcher die Bescheide vom 20. Dezember 2004 bekanntgegeben worden sind. Damit konnten die in den Bescheiden enthaltenen Rechte und die auferlegten Pflichten ausschließlich der Stadt W… … … gegenüber entstehen. Zu Unrecht vertritt der Antragsgegner die Auffassung, die aus den Bescheiden fließenden Pflichten seien auf den Antragsteller übergegangen, weil die Verwaltungsakte vom 20. Dezember 2004 auch dem Antragsteller als Käufer der Grundstücke und Wiederbepflanzungsrechte gegenüber wirksam geworden seien. Der Antragsgegner stützt dies auf die Argumentation, mit dem rechtsgeschäftlichen Übergang der Grundstücke und Wiederbepflanzungsrechte von der Stadt W … … auf den Antragsteller seien auch die diesbezüglichen Pflichten zur Schaffung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Antragsteller übergegangen.
54
Festzuhalten ist zunächst, dass die Stadt W… … … dem Antragsteller mit notariellem Vertrag vom 30. März 2007 Flächen im Umfang von 20.866 m² verkauft hat. Der Verkauf erfolgte „mit allen Rechten, insbesondere den Weinanpflanzungsrechten…“ (vgl. Ziff. II. des Vertrages), welche bei der Bestimmung des Kaufpreises als Gegenleistung mit einem separaten Kostenanteil ausgewiesen worden sind. Demgegenüber sind die Pflichten aus den Verwaltungsakten vom 20. Dezember 2004 nicht als Folge aus diesem Kaufvertrag kraft Gesetzes auf den Antragsteller übergegangen. Voraussetzung hierfür wäre eine gesetzliche Regelung (wie z. B. bei bauaufsichtlichen Genehmigungen in Art. 54 Abs. 2 Satz 3 BayBO), die vorliegend jedoch nicht gegeben ist. Diesbezüglich beruft sich der Antragsgegner zunächst auf § 15 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG in der ab 1. März 2010 gültigen Fassung. Hiernach ist verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger. Allerdings kann diese Vorschrift schon deshalb im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen, weil der Vertrag zwischen der Stadt W… … … und dem Antragsteller bereits am 30. März 2007 geschlossen worden ist und damit vor dem Inkrafttreten des § 15 BNatSchG am 1. März 2010. Eine Rückwirkung dieser Vorschrift in die Vergangenheit kann der Gesetzesfassung vom 1. März 2010 nicht entnommen werden. Demgegenüber war im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages am 30. März 2007 § 19 BNatSchG in der ab dem 4. April 2002 gültigen Fassung maßgeblich; diese Vorschrift begründet keinerlei Pflichten für Rechtsnachfolger des Verursachers eines Eingriffs in Natur und Landschaft.
55
Weiterhin beruft sich der Antragsgegner darauf, die mit den weinrechtlichen Übertragungsgenehmigungen verbundenen Verpflichtungen zum Ausgleich seien übergangsfähig, denn es handele sich um Sachgenehmigungen, die nicht an die Person des Genehmigungsadressaten gebunden seien. Der Rechtsnachfolgetatbestand ergebe sich aus dem rechtsgeschäftlichen Erwerb der Nutzungsberechtigung der betroffenen Rebflächen, dies selbst dann, wenn es keine gesetzliche Rechtsnachfolgeregelung gebe. Dabei stellt der Antragsgegner der Sache nach auf die Rechtsfigur des sogenannten dinglichen Verwaltungsaktes ab, welcher nicht primär das Verhalten von Personen regelt, sondern die Rechte, die eine Person an einer Sache haben kann bzw. die Pflichten, die einer Person im Hinblick auf eine Sache obliegen. Betroffen ist dabei derjenige Personenkreis, dem die durch die Regelung begründeten öffentlich-sachenrechtlichen Rechte zustehen bzw. den die durch die Regelung begründeten öffentlich-sachenrechtlichen Pflichten verpflichten sollen. Zu derartigen dinglichen Verwaltungsakten gehören alle diejenigen Verwaltungsakte, die zwar konkret die Rechte und Pflichten einer bestimmten Person im Hinblick auf eine konkrete Sache festschreiben, die nach dem gesetzlichen Prüfprogramm jedoch ohne Ansehen der Person des Verfügungsbefugten, sondern nur im Hinblick auf den Zustand der Sache ergehen. Dabei erschöpft sich der Regelungsgehalt eines dinglichen Verwaltungsaktes in der ausschließlich gegenstandsbezogenen Rechtsfolge, denn er regelt ausschließlich den öffentlich-rechtlichen Zustand einer Sache und enthält damit nur intransitive Wirkungen für die jeweils verfügungsberechtigte Person. Die gegenstandsbezogene Rechtsfolge tritt ungeachtet der Tatsache ein, ob die mittelbar von ihr berührten – intransitiv getroffenen – Personen wechseln oder nicht (Henneke/Berger in Knack/Henneke, VwVfG, 11. Auflage 2020, § 35 Rn. 146 m.w.N.). Daher gehören diejenigen sachbezogenen Verwaltungsakte, die Wirkung nicht nur gegenüber ihrem Adressaten, sondern auch gegenüber dessen Rechtsnachfolger entfalten, zu den dinglichen Verwaltungsakten. Die Dinglichkeit eines Verwaltungsaktes kann sich also aus der Rechtsnachfolgefähigkeit einer sachbezogenen Regelung ergeben, nicht aber aus dem bloßen Sachbezug bereits die Rechtsnachfolgefähigkeit. Ob Rechtsnachfolge möglich ist, entscheidet sich als materielle Frage nach dem Fachrecht, das die Rechtsnachfolgefähigkeit der Rechtsposition und den Nachfolgetatbestand zu bestimmen hat. Maßgeblich für den Zeitpunkt der Rechtsnachfolge ist das Zivilrecht. Ist ein dinglich belastender Verwaltungsakt rechtsnachfolgefähig, kann die Belastung nicht gutgläubig hinwegerworben werden. Ist Rechtsnachfolge eingetreten, umfasst dies auch die mit dem Verwaltungsakt verknüpften Auflagen. Nach Eintritt der Rechtsnachfolge ist die Inanspruchnahme des neuen Eigentümers aus dem an den früheren Eigentümer gerichteten Verwaltungsakt grundsätzlich möglich. Die Rechtsfigur des dinglichen Verwaltungsaktes ist jedoch umstritten (vgl. zu allem U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 35 Rn. 259 bis 262 m.w.N.). Umstritten ist, ob bei sachbezogenen bzw. dinglichen Regelungen auch ohne besondere gesetzliche Nachfolgeregelung eine Einzelrechtsnachfolge angenommen werden kann. Dies wird von der noch herrschenden Meinung angenommen. Eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Verhaltensverantwortlichkeit ist im Grundsatz ausgeschlossen (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2022, § 13 Rn. 65). Teilweise wird hier von einer nach wie vor wohl herrschenden Meinung auch ohne besondere gesetzliche Grundlage bei sachbezogenen Verwaltungsakten, insbesondere auch bei grundstücksbezogenen Verwaltungsakten angenommen, dass die Rechte und Pflichten aus dem Verwaltungsakt auf den jeweils dinglich Berechtigten übergehen (kritisch hierzu: Ramsauer a.a.O., § 43, Rn. 29).
56
Die Sachbezogenheit der Regelung ergibt sich aus der Anknüpfung an die Sache selbst bzw. an deren Zustand; die personale Determinierung ergibt sich dann, wenn ein unmittelbares personales Verhalten verlangt wird, das an die Sachbezogenheit der Regelung anknüpft (Henneke/Berger in Knack/Henneke, VwVfG, 11. Auflage 2020, § 35 Rn. 146).
57
Entgegen der Meinung des Antragsgegners kann diese Rechtsfigur keine Grundlage für den Übergang von der Stadt W… … … obliegenden Pflichten auf den Antragsteller sein. Denn das Recht auf Wiederbepflanzung mit Weinreben ist nicht in einer Art und Weise untrennbar mit dem zur Bepflanzung vorgesehenen Grundstück verbunden, dass die damit zusammenhängenden Rechte und Pflichten kraft Natur der Sache mit dem Recht am Grundstück übergehen müssten.
58
Dies ergibt sich aus Folgendem:
59
Das Weinrecht ist innerhalb der Europäischen Union im Wesentlichen europarechtlich geregelt. Grundlage der im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 30. März 2007 gültigen Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl EG Nr. L179) – Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 – ist das Ziel, den Weinmarkt zu stabilisieren (Erwägung 2), das Angebot der Nachfrage anzupassen (Erwägung 7) und Weinüberproduktion zu verhindern (Erwägung 3). Deshalb schränkt die genannte Verordnung die Neuanpflanzung von Rebflächen ebenso wie die Wiederbepflanzung gerodeter Flächen ein. Nach Erwägung 17 der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 ist die Wiederbepflanzung mit Reben notwendig, um die normale Erneuerung ausgedienter Altrebflächen zu ermöglichen. Die bestehende Regelung sollte daher vorbehaltlich der notwendigen Kontrollen beibehalten werden. Der größeren Flexibilität halber sollte die Regelung vorbehaltlich der notwendigen Kontrollen aber auch die Möglichkeit bieten, Wiederbepflanzungsrechte zu erwerben und auszuüben, bevor die betreffende Rodung durchgeführt wird. Des Weiteren sollte es vorbehaltlich strenger Kontrollen möglich sein, Wiederbepflanzungsrechte einem anderen Betrieb zu übertragen, sofern diese Übertragung mit der Qualitätspolitik im Einklang steht oder durch die Übertragung von Betriebsteilen bedingt ist. Nach den Erwägungen 18 und 19 soll zur weiteren Abmilderung der Auswirkungen der Pflanzbeschränkungen ein System nationaler und/oder regionaler Reserven geschaffen werden, wobei den Mitgliedstaaten ein breiter Ermessensspielraum eingeräumt werden soll, um die Ausübung der Pflanzungsrechte aus diesen Reserven besser an den lokalen Bedarf anpassen zu können. Dabei kann auch der Verkauf von Pflanzungsrechten aus der Reserve vorgesehen werden.
60
Auf der Grundlage dieser Erwägungen verbietet Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 die Bepflanzung von Rebflächen bis zum 31. Juli 2010, sofern dafür kein Neuanpflanzungsrecht gemäß Art. 3, kein Wiederbepflanzungsrecht gemäß Art. 4 oder kein Pflanzrecht aus der Reserve gemäß Art. 6 Abs. 1 erteilt worden ist. Dabei werden nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Wiederbepflanzungsrechte von den Mitgliedstaaten Erzeugern gewährt, die eine Rebfläche gerodet haben. Nach Art. 4 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 werden die Wiederbepflanzungsrechte in dem Betrieb ausgeübt, für den sie erteilt wurden. Nach Abs. 4 der Vorschrift dürfen abweichend von Abs. 3 Wiederbepflanzungsrechte ganz oder teilweise einem anderen Betrieb in demselben Mitgliedsstaat übertragen werden, sofern ein Teil des betreffenden Betriebes diesem anderen Betrieb übertragen wurde. In diesem Fall darf das Wiederbepflanzungsrecht auf einer Fläche des letztgenannten Betriebes ausgeübt werden, die nicht größer sein darf als die übertragene Fläche. Alternativ müssen die Flächen des anderen Betriebes zur Erzeugung von Qualitätswein bestimmt sein; auch dann dürfen Wiederbepflanzungsrechte auf einen anderen Betrieb übertragen werden.
61
Im Zusammenhang mit dieser Regelung gewährt Art. 6 der Verordnung der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 1.534 ha Neuanpflanzungsrechte als nationale oder regionale Reserve.
62
Auf der Grundlage dieser Verordnung hat der Deutsche Bundestag das Weingesetz in der ab dem 1. August 2000 gültigen Fassung (BGBl. 2000, 710) – WeinG 2000 – erlassen und in § 6 Abs. 2 einschränkende Regelungen zur Übertragung von Wiederbepflanzungsrechten geschaffen. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) WeinG 2000 bestimmt, dass die Landesregierungen durch Rechtsverordnung die Voraussetzungen und das Verfahren für die Übertragung eines Wiederbepflanzungsrechtes auf einen anderen Betrieb festlegen können. Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/2566, S. 8) äußert sich hierzu dahingehend, dass das Gemeinschaftsrecht von dem Grundsatz ausgeht, dass ein Recht auf Wiederbepflanzung unter den dort näher bestimmten Voraussetzungen auf einen anderen Betrieb im selben Mitgliedsstaat übertragen werden darf. Auf der Grundlage der genannten Ermächtigung in § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) WeinG 2000 hat der Freistaat Bayern in § 4 Abs. 1 Verordnung zur Ausführung weinrechtlicher Vorschriften vom 31. August 1995 (GVBl. 667) – BayWeinRAV – zuletzt geändert durch Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Ausführung weinrechtlicher Vorschriften vom 16. November 2001 (GVBl. 760), geregelt, dass ein Recht auf Wiederbepflanzung innerhalb eines Betriebes auf eine andere Fläche oder auf einen anderen Betrieb übertragen werden kann, sofern die Anbaufläche, auf die das Wiederbepflanzungsrecht übertragen wird, die Voraussetzungen für eine Neuanpflanzung nach § 7 WeinG erfüllt, darüber hinaus mindestens eine gleich gute weinbauliche Eignung wie die gerodete Fläche aufweist und damit kein Gesamtanstieg des Produktionspotenzials verbunden ist.
63
Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass Wiederbepflanzungsrechte mit Weinreben nicht so eng mit dem zu bepflanzenden Grundstück verbunden sind, dass man der Übertragungsgenehmigung in Verbindung mit den naturschutzrechtlichen Auflagen den Charakter eines dinglichen Verwaltungsaktes zuordnen könnte. Dies ergibt sich daraus, dass die oben genannten Gesetze und Verordnungen keine strikte Bindung eines Pflanzrechtes an ein bestimmtes Grundstück vorsehen. Dies wird schon aus der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 erkennbar, die ein Wiederbepflanzungsrecht in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 auf der Grundlage der 17. Erwägung auch dann zulässt, wenn die zu rodende Fläche noch nicht gerodet ist; das Wiederbepflanzungsrecht kann in diesem Fall schon vorab auf einer anderen geeigneten Fläche ausgeübt werden. Gleiches gilt bei der Übertragung eines Betriebsteiles auf einen anderen Betrieb; auch in diesem Fall darf gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Buchst. a) Satz 2 Nr. 1 Verordnung (EG) Nr. 1943/1999 das Wiederbepflanzungsrecht auf einer anderen Fläche des neuen Betriebs ausgeübt werden. In diesem Zusammenhang erwähnt die 17. Erwägung der Verordnung den Vorbehalt einer strengen Kontrolle, was deutlich macht, dass der Verordnungsgeber gerade keinen unmittelbaren, sozusagen automatischen Übergang der Pflanzrechte vorgesehen hat. Dies gilt auch bei der Übertragung von Betriebsteilen; demgegenüber macht das Kontrollerfordernis deutlich, dass eine individuelle und konkrete Entscheidung hinsichtlich der Übertragung gewollt ist, die mit einem unmittelbaren Übergang im Rahmen eines dinglichen Verwaltungsaktes nicht in Einklang zu bringen ist.
64
Dies nimmt auf der Grundlage von § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WeinG die Vorschrift des § 4 BayWeinRAV auf, die – unter Berücksichtigung der oben genannten Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 – deutlich macht, dass unter anderem die Übertragung eines Wiederbepflanzungsrechtes von einem Betrieb auf einen anderen einer entsprechenden Genehmigung bedarf, die einen Ermessens-Verwaltungsakt darstellt.
65
All dies macht deutlich, dass Wiederbepflanzungsrechte betriebsbezogen ausgestaltet sind; für die Bindung an eine bestimmte Fläche gibt es keine Anhaltspunkte. Selbst wenn wie im vorliegenden Fall mit der gleichzeitigen Übertragung von zur Wiederanpflanzung vorgesehenem Grund und Boden und von Wiederbepflanzungsrechten ein Teil eines Betriebes übertragen wird, führt dies nicht unmittelbar zum Übergang der Wiederbepflanzungsrechte auf den anderen Betrieb (OVG RhPf, U. v. 26.11.2008 – 8 A 10676/08 – juris Rn. 35). Demgegenüber bezieht sich die Bindung des Wiederbepflanzungsrechts an eine bestimmte Fläche nur auf dessen Ausübung. Denn das auf einen anderen Betrieb übergegangene Pflanzrecht darf dort nur auf einer bestimmten geeigneten Fläche ausgeübt werden, die jedoch nicht zuvor mitübertragen worden sein muss. Vielmehr kommt jede beliebige andere geeignete Fläche in der Verfügungsmacht des anderen Betriebes in Betracht (OVG RhPf, aaO., Rn. 36).
66
Demzufolge muss unterschieden werden zwischen der – zivilrechtlichen – Übertragung der Wiederbepflanzungsgenehmigung durch den bisherigen Rechtsinhaber auf den Erwerber und deren behördlicher Genehmigung als Wirksamkeitsvoraussetzung. Bei der Genehmigung handelt es sich jedoch nicht um die Übertragung selbst (OVG RhPf, aaO., Rn. 37).
67
Gerade umgekehrt dienen die Wiederbepflanzungsrechte lediglich als rechtliches Instrument, um die von einem bestimmten Grundstück abspaltbare Nutzungsbefugnis „Erzeugung von Keltertrauben“ in identischem und nicht (nutzungswert-) gemindertem Umfang auf demselben oder einem anderen Grundstück zu sichern (FG RhPf, U.v. 19.05.2015 – 5 K 2429/12 – juris Rn. 31). Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass ein mit Reben bestocktes Grundstück selbst kein Wiederbepflanzungsrecht vermittelt; ein solches entsteht erst mit der Rodung der Weinstöcke, also mit der Trennung der Reben von Grund und Boden (OVG RhPf – U.v. 18.09.2001 – 7 A 12010/00 – juris Rn. 27). Das Wiederbepflanzungsrecht entsteht dabei als immaterielles Wirtschaftsgut, das dem Inhaber das Recht verleiht, die gerodete oder eine andere geeignete Fläche erneut mit Reben zu bepflanzen; mit der Bepflanzung selbst erlischt dieses Recht wieder (FG RhPf, a.a.O., Rn. 25; vgl. auch BFH, U.v. 6.12.2017 – VI R 65/15 – juris LS 1 und Rn. 18; FG Nürnberg, U.v. 6.12.2001 – IV 324/2000 – juris Rn. 18f).
68
Auf dieser Grundlage ist festzuhalten, dass die Stadt W… … … dem Antragsteller das Recht zur Wiederbepflanzung von 20.866 m² Fläche mit Reben auf privatrechtlicher Ebene verkauft hat. Entgegen den Vorgaben in § 4 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BayWeinRAV ist die Übertragung jedoch nicht mittels einer behördlichen Genehmigung zugelassen worden, woraus sich die derzeitige – möglicherweise schwebende – Unwirksamkeit der Übertragung ergibt. Ist aber die Übertragung der Wiederbepflanzungsrechte selbst nicht wirksam erfolgt, kann auch eine hiermit im Zusammenhang stehende naturschutzrechtliche Auflage nicht auf den Antragsteller übergegangen sein. Vielmehr hätte die damals zuständige Behörde auf einen entsprechenden Antrag des Antragstellers hin gemäß § 4 Abs. 1 BayWeinRAV über die Genehmigung der Übertragung des Rechts auf Wiederbepflanzung entscheiden müssen und in diesem Zusammenhang dem Antragsteller originär naturschutzrechtliche Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen auferlegen müssen, um den vom Antragsteller vorzunehmenden Eingriff in Natur und Landschaft mittels Pflanzung von 20.866 m² Reben zu kompensieren.
69
Weiterhin ist auch dem Vertrag zwischen der Stadt W… … … und dem Antragsteller vom 30. März 2007 nichts zu entnehmen, was für einen Übergang von Pflichten der Stadt W… … … auf den Antragsteller spräche, welche der Stadt W… … … mit den Bescheiden vom 20. Dezember 2004 auferlegt worden wären.
70
Hieraus ergibt sich, dass dem Antragsteller – möglicherweise zumindest derzeit – wohl keine Pflicht zur Nennung geeigneter Grundstücke aus seiner Verfügungsmacht, auf denen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Naturschutzrecht umgesetzt werden können, obliegt, sodass der Antragsgegner den Antragsteller nicht auf der Grundlage von § 31 Abs. 1 VwZVG durch ein Zwangsgeld zu einer entsprechenden Handlung anhalten kann. Damit erweist sich nicht nur die Anwendung des Zwangsmittels Zwangsgeld, sondern schon dessen Androhung nach Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG voraussichtlich als rechtswidrig. Ob die vom Antragsgegner bestimmte Frist zur Nennung geeigneter Grundstücke im Bescheid vom 17. Januar 2023 bis zum 28. Februar 2023 entsprechend der Meinung des Antragstellers zu kurz bemessen ist, muss vorliegend nicht mehr entschieden werden. Denn hierauf kommt es nicht mehr an.
71
Da sich demnach der angegriffene Bescheid zwar nicht als offensichtlich, aber doch mit hoher Wahrscheinlichkeit voraussichtlich als rechtswidrig erweist, hat das Gericht eine eigene Interessenabwägung unter Berücksichtigung der hohen, jedoch nicht zu 100% bestehenden Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens vorzunehmen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 90 bis 93 m.w.N.).
72
Zunächst ist die gesetzliche Wertung aus Art. 21a Abs. 1 VwZVG zu berücksichtigen, wonach Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden. Dies gibt eine Tendenz in der Abwägungsentscheidung vor. Weiterhin sind die privaten Interessen des Antragstellers daran, von einer vorläufigen Vollstreckung des Verwaltungsaktes verschont zu bleiben, in den Blick zu nehmen. Hierbei geht es um den Aufwand, den der Antragsteller damit hat, die für die Vornahme von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen geeigneten Flächen zu lokalisieren und diese zu benennen. Dies umfasst auch die Planung, welche der vom Antragsteller bewirtschafteten Flächen aus wirtschaftlicher Sicht am ehesten hierfür in Betracht kommen. Dies ist mit erheblichem Aufwand verbunden und schafft wirtschaftliche Unsicherheiten hinsichtlich der wirtschaftlichen Ertragsfähigkeit der zu benennenden Flächen, die unmittelbar eintreten. Demgegenüber sind die öffentlichen Interessen daran zu berücksichtigen, dass ein Eingriff in die Natur und Landschaft alsbald angemessen kompensiert wird, sei es im Rahmen einer Ausgleichs- oder einer Ersatzmaßnahme.
73
Auch wenn Art. 21a Satz 1 VwZVG eine Tendenz zugunsten des Antragsgegners in der Abwägung vorgibt, ergibt die Abwägung des Gerichts im vorliegenden Fall jedoch den Vorrang des privaten Interesses des Antragstellers vor den öffentlichen Interessen an wirksamem Naturschutz. Maßgeblich hierfür sind zum einen die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes und zum anderen die Belastungen und kurzfristigen wirtschaftlichen Unsicherheiten, die auf den Antragsteller mit der Pflicht zur Benennung von geeigneten Flächen zukommen. Demgegenüber ist zu berücksichtigen, dass die Rebflächen bereits in den Jahren 2007 und 2008 gepflanzt worden sind und der Eingriff in Natur und Landschaft bereits seit etwa 15 Jahren gegeben ist. Unter diesem Gesichtspunkt ist es hinnehmbar, mit der Umsetzung von erforderlichen Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen noch weiter zuzuwarten, bis über den Widerspruch des Antragstellers sachgemäß entschieden worden ist. Es ist nicht erkennbar, welche Rechtsgüter im Bereich des Natur- und Landschaftsschutzes allein durch den weiteren Zeitablauf unwiederbringlich beeinträchtigt werden könnten.
74
Damit überwiegt das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Bescheides vom 17. Januar 2023 das öffentliche Interesse an dessen Vollziehung, sodass dem Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben ist.
75
Die Höhe des Streitwertes ergibt sich aus Nr. 1.6 und nach Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31.05./01.06.2012 und 18.07.2013 beschlossenen Änderungen. Hieraus errechnet sich der Streitwert für das vorliegende Verfahren in Höhe von 1.000,00 EUR.