Titel:
Voraussetzungen für einen land- und/oder forstwirtschaftlichen Betrieb
Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Nr. 5, Nr. 7, § 201
BayBO Art. 68 Abs. 2
BayVwVfG Art. 42a Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Es obliegt dem Kläger als Bauherrn darzulegen, dass nicht nur die Betriebsführung als solche, sondern auch ihre landwirtschaftliche Ausprägung zur Überzeugung von Behörden und Gericht verlässlich gewährleistet ist (vgl. VGH München BeckRS 2019, 34634 Rn. 8). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, ohne hinreichende Anknüpfungspunkte, die vom Kläger vorzutragen wären, die relevanten Aspekte des klägerischen Betriebs zusammenzutragen, aufzuarbeiten und dann einer betriebswirtschaftlichen Beurteilung zu unterziehen. (Rn. 75) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorbescheid, Abgrenzung Innenbereich/Außenbereich, privilegiertes Vorhaben (verneint), Beeinträchtigung öffentlicher Belange, Genehmigungsfiktion, Außenbereich, Landwirtschaft, landwirtschaftlicher Betrieb, Forstwirtschaft, forstwirtschaftlicher Betrieb, Darlegungslast, Innenbereich
Fundstelle:
BeckRS 2023, 21577
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Verfahren mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheides über die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einer landwirtschaftlichen Maschinenhalle sowie die Feststellung, dass der Vorbescheid aufgrund des Eintritts der Genehmigungsfiktion als erteilt gilt.
2
Der Kläger ist Eigentümer unter anderem der Grundstücke FlNr. …, …, … und ... der Gemarkung … in der Stadt … (nachfolgend wird auf die Angabe der Gemarkung verzichtet; alle Grundstücke beziehen sich auf die Gemarkung …).
3
Er streitet mit dem Beklagten auch über eine Beseitigungsanordnung mit Bescheid vom 9. März 2021 bezüglich einer Vielzahl auf dem Grundstück FlNr. … abgestellter Gegenstände. Auf das diesbezügliche Klageverfahren unter dem Aktenzeichen AN 3 K 21.00651 wird ausdrücklich Bezug genommen.
4
Mit Antragsformular vom 1. Dezember 2020, beim Landratsamt eingegangen am 8. Dezember 2020, beantragte der Kläger einen Vorbescheid für die Errichtung einer landwirtschaftlichen Maschinenhalle mit ca. 300 m² überdachter Fläche mit südlicher Dachausrichtung und einer eventuell nachträglich zu errichtenden Solaranlage auf dem Grundstück FlNr. … Als zu klärende Fragen gab der Kläger an:
- „privilegiertes Vorhaben, § 35 Abs. 1 BauGB
- naturschutzbezogene Ausgleichsflächen sind schon geschaffen
- Fernwasserleitung mit Bemaßung und Abstandsgrenzen wurden von mir schon angefragt und schriftlich erwidert“
5
Beigefügt war eine (unvollständige und undatierte) Mitteilung an das AELF … über einen Betriebsinhaberwechsel, wonach statt dem bisherigen Betriebsinhaber, Herrn …, der Kläger ab 8. Dezember 1998 Betriebsinhaber sei.
6
Das Landratsamt forderte mit Schreiben vom 13. Januar 2021 die Stadt … zu einer Erklärung über das gemeindliche Einvernehmen auf, woraufhin die Stadt … mit Stellungnahme vom 19. Februar 2021 erklärte, dass das gemeindliche Einvernehmen aufgrund Beschlusses des Stadtrates vom 15. Februar 2021 nicht erteilt werde.
7
Die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt erklärte mit Schreiben vom 18. Januar 2021, dass durch das Vorhaben zwar keine Schutzgebiete oder gesetzlich geschützten Biotope bzw. Landschaftsbestandteile betroffen seien, aufgrund der Neuversiegelung sowie der Lage im Außenbereich das Vorhaben aber einen Eingriff in Natur und Landschaft darstelle, der zu erheblichen Beeinträchtigungen der Leistung und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes führen könne. Unvermeidbare Eingriffe seien durch geeignete Maßnahmen zu kompensieren. Zur Ermittlung des Kompensationsbedarfs sei eine Eingriffs-/Ausgleichsbilanzierung nach Maßgabe der Bayerischen Kompensationsverordnung einschließlich Flächen- und Maßnahmenvorschlägen in Text- und Planform anzufertigen. Ergänzend sei ein qualifizierter Freiflächengestaltungsplan einschließlich eines Pflanzplans sowie Unterlagen zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vorzulegen. Erst anschließend könne eine abschließende Bewertung erfolgen.
8
Das Sachgebiet Gewässerschutz – Abfallrecht des Landratsamtes erklärte aus wasserwirtschaftlicher Sicht Einverständnis mit dem Vorhaben dem Grunde nach. Nach Einreichung mehrere E-Mails wies der Kläger mit E-Mail vom 26. März 2021 das Landratsamt auf die Genehmigungsfiktion des Art. 42a BayVwVfG i.V.m. Art. 68 BayBO hin.
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Das AELF … nahm mit Schreiben vom 16. März 2021 dahingehend Stellung, dass der Kläger nach seinen Angaben aktuell ca. 0,8 ha Grünland, umgerechnet 2,5 ha Rechtlerwald, 0,8 ha eigenen Wald, 0,5 ha Wald des Vaters sowie 0,4 ha Teichfläche bewirtschafte. Ein Mehrfachantrag sei beim AELF nicht gestellt. Tierhaltung erfolge nicht. Aufgrund des Umfangs und der Art der Nutzung liege kein landwirtschaftlicher Betrieb bzw. forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vor. Einwände gegen das geplante Bauvorhaben bestünden nicht.
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Mit weiterer E-Mail vom 6. April 2021 verwies der Kläger auf mehrere Anträge an die Stadt … zum Erlass einer Einbeziehungs- bzw. Abrundungssatzung für das Grundstück FlNr. … Das Landratsamt informierte den Kläger mit Schreiben vom 12. April 2021 über die Absicht, den Antrag auf Vorbescheid abzulehnen. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, den Antrag bis 30. April 2021 freiwillig zurückzuziehen. Das Vorhaben liege im Außenbereich und sei daher nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Entsprechend der Stellungnahme des AELF liege ein landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht vor. Das Vorhaben beeinträchtige verschiedene öffentliche Belange. So stehe es im Widerspruch zum Flächennutzungsplan, beeinträchtige die natürliche Eigenheit der Landschaft sowie das Orts- und Landschaftsbild und lasse die Entstehung bzw. Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten.
11
Nach Vorlage weiterer Landpachtverträge vom 30. Oktober 2012 über 1,78 ha und vom 1. April 2021 über 5,82 ha teilte das AELF … mit Schriftsatz vom 22. April 2021 mit, dass der Kläger keinen Mehrfachantrag, der als Nachweis für die bewirtschaftete Fläche dienen könne, gestellt habe. Daher habe der Kläger als Nachweis für die bewirtschaftete Fläche den Beitragsbescheid der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft vorgelegt, den dieser bei der Berufsgenossenschaft angefordert habe. Das Schreiben der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sei vom 9. März 2021. Jeder sei verpflichtet, Änderungen innerhalb von vier Wochen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zu melden. Da die Flächen laut Pachtvertrag bereits seit 2016 mündlich gepachtet seien, hätten diese bereits auf dem vorgelegten Beitragsbescheid enthalten sein müssen. Dem AELF lägen somit keine Nachweise vor, dass der Kläger die in den Pachtverträgen genannten Flächen selbst bewirtschafte. Ein landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB liege nicht vor.
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Mit Schreiben vom 18. Mai 2021 informierte das Landratsamt den Kläger über die Stellungnahme des AELF vom 22. April 2021. Es lägen keine Nachweise vor, dass die in den Pachtverträgen genannten Flächen vom Kläger selbst bewirtschaftet würden. Des Weiteren möge in geeigneter Form Aufwand und Ertrag der land- bzw. forstwirtschaftlichen Tätigkeit der letzten beiden Jahre sowie die konkrete Nutzung der Halle und die Kosten der geplanten Halle dargelegt werden. Dem Kläger wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 11. Juni 2021 gegeben.
13
Der Kläger nahm mit E-Mail vom 21. Mai 2021 dahingehend Stellung, dass für den landwirtschaftlichen Betrieb zukünftig mit 20 ha Eigentumsfläche geplant werde, ohne die Flächen, welche sich schon in Pacht befänden und auch definitiv verlängert würden. Hinsichtlich einer dauerhaften Sicherung dieser nutzbaren Fläche werde auf das Eigentumsackerland und die jetzt schon zum Teil bewirtschafteten Flächen des Paten verwiesen. Auch seien für die Zukunft weitere Flächen zur Pacht angeboten. Als Pächter sei er nicht selbst verpflichtet, BG-Beiträge zu entrichten, wenn diese Pachtflächen in Unterverpachtung lägen und mit den Verpächtern oder den Eigentümern vereinbart sei, dass die Beitragspflicht der Verpächter oder Eigentümer trage. Wichtig sei, dass Beiträge an die BG entrichtet wurden, wobei noch festzustellen sei, dass zum Teil die Eigentümer bzw. die Verpächter der Unterpachtflächen als Lohnunternehmer beauftragt würden, diese Ertragskultur teilweise mit zu bearbeiten. Selbstverständlich soll sein, dass das Bauvorhaben für landwirtschaftliche Produkte und hauptsächlich für landwirtschaftliche Maschinen genutzt werde.
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Mit Schreiben vom 28. Mai 2021, erließ das Landratsamt folgenden Bescheid:
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1. Der Antrag des Herrn […] zur Erteilung eines Vorbescheides über die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Errichtung einer landwirtschaftlichen Maschinenhalle mit 300 m² überdachter Fläche, südlicher Dachausrichtung und einer eventuellen Solaranlage auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, vom 1. Dezember 2020 wird abgelehnt.
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2. Die Kosten des Verfahrens hat Herr […] als Veranlasser zu tragen.
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3. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 150,00 EUR festgesetzt und Auslagen in Höhe von 4,11 EUR erhoben.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Vorhaben im Außenbereich liege und nicht privilegiert sei. Es beeinträchtige verschiedene öffentliche Belange.
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Eine Rechtsbehelfsbelehrungwar dem Bescheid nicht beigefügt. Der Entwurf des Bescheides wurde am 2. Juli 2021 unterzeichnet. Zugestellt wurde der Bescheid dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am 3. Juli 2021.
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Mit E-Mail vom 5. Juli 2021 erklärte der Kläger gegenüber den geltend gemachten Kosten die Aufrechnung mit zu erwartenden Gerichtskosten. Er verwies auf die aufgrund einer verzögerten und fehlerhaften Bearbeitung seines Antrages entstandenen Kosten.
21
Mit Schreiben vom 1. September 2021, dem Kläger zugestellt mittels Postzustellungsurkunde am 3. September 2021, wurde dem Kläger nachträglich die Rechtsbehelfsbelehrungzum Bescheid vom 28. Mai 2021 übermittelt.
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Der Kläger erhob mit Schreiben vom 2. Oktober 2021, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen per Telefax am 4. Oktober 2021 Klage. Er erbat „Akteneinsicht des Flächennutzungsplanes der Gemarkung …, sowie aller damit zusammenhängenden Akten, sowie die von mir im Original, unter Zeugen, an Bgm. … abgegebenen Originalunterlagen seit 2015“. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass vorrangig ein Verfahrenshindernis gerügt werde. Bereits seit dem Jahre 2015 seien mit dem Bürgermeister, Herrn …, Gespräche über die Errichtung einer landwirtschaftlichen Maschinenhalle auf dem klägerischen Grundstück geführt worden. Die hierzu erforderlichen Unterlagen seien bereits damals vorgelegt worden. Im August 2020 habe der Antragsteller Akteneinsicht erbeten. Ihm gegenüber sei geäußert worden, dass seine Bauvoranfragen nebst Unterlagen nicht mehr auffindbar seien und dass sein Grundstück, welches sich seit den 1970er Jahren im Innenbereich befinde und landwirtschaftlich privilegiert sowie als gewerbliches Sonderbauerwartungsland ausgewiesen sei, nunmehr plötzlich im Außenbereich liegen solle. Im Rahmen der Akteneinsicht im Jahre 2020 habe Herr … ihm mitgeteilt, dass an dem Flächennutzungsplan zu keinem Zeitpunkt Änderungen vorgenommen worden seien. Herr … betreibe eine Taktik des Hinhaltens sowie öffentliche Stimmungsmache. Auf Anfragen betreffend die klägerseits eingereichten Unterlagen sowie den originären Flächennutzungsplan habe Herr … weitere Akteneinsichtsgesuche abgelehnt und auf den Klageweg verwiesen. Bei einer Besichtigung des streitgegenständlichen Grundstückes im Dezember 2020 habe der zuständige Sachgebietsleiter im Landratsamt das Bauvorhaben betreffend weder ein Veto noch Hindernisse zum Ausspruch gebracht.
23
Die begehrte Akteneinsicht sei ihm weiterhin verwehrt worden. Daher sei eine qualifizierte Klagebegründung nicht möglich, mithin ein Verfahrenshindernis gegeben.
24
Die Stadt … wurde mit Beschluss vom 4. Oktober 2021 notwendig beigeladen.
25
Der gleichzeitig mit Klageerhebung gestellte „Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz“ (AN 3 S 21.01784) wurde mit Beschluss vom 28. Oktober 2021 abgelehnt.
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Im Folgenden trug der Kläger im Wesentlichen vor, dass die dem Gericht vorliegenden Unterlagen unvollständig seien. Er wies vorsorglich auf den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 24 VwVfG hin. Ohne Einsicht in den vollständigen Aktenbestand, insbesondere auch zur Aufstellung des Flächennutzungsplanes 2005/2006, könne eine Klagebegründung nicht erfolgen. Sein rechtliches Gehör nach Art. 103 GG werde umgangen. Der Bescheid des Landratsamtes vom 28. Mai 2021 sei in mehreren Punkten formell nichtig und werde als rechtsfehlerhaft und daher rechtswidrig eingestuft. Durch Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 42a VwVfG sollte diese Klage gegenstandslos sein und rechtlichen Vorrang gegenüber den Klagen AN 3 K 21.00651 und AN 3 K 21.01785 genießen.
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Mit E-Mails vom 21. Oktober 2021 kündigte der Kläger eine Verpflichtungsklage gegen die Stadt … sowie eine Verpflichtungsklage gegen das Landratsamt an. Entsprechende Anschreiben jeweils vom 20. Oktober 2021 waren den E-Mails als Anhang beigefügt.
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Mit eigenhändig unterschriebenem Schreiben vom 20. Oktober 2021, als einfacher Brief am 27. Oktober 2021 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen, erhob der Kläger Verpflichtungsklage gegen das Landratsamt zur Bestätigung der eingetretenen Genehmigungsfiktion gemäß § 42a VwVfG, die unter dem Aktenzeichen AN 3 K 21.01914 geführt wird. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass dem Landratsamt am 1. Dezember 2020 alle für das beantragte Bauvorhaben erforderlichen Unterlagen übersandt worden seien. Am 8. Dezember 2020 habe ein Ortstermin zur Inaugenscheinnahme seiner Grundstücke stattgefunden. Im Januar 2021 habe er ein Schreiben der unteren Bauaufsichtsbehörde zur Bestätigung des Eingangs seiner Unterlagen erhalten. Bis einschließlich 8. März 2021 habe er keinerlei Rückmeldungen oder Reaktionen, geschweige denn Einwände gegen das Bauvorhaben, erhalten. Nach den allgemeinen Regelungen der BayBO und der allgemeinen Rechtsgrundlage der Genehmigungsfiktion gemäß § 42a VwVfG sei nunmehr diese Genehmigungsfiktion eingetreten, unter anderem auch geregelt in § 6a GewO, § 6 Abs. 4 Satz 1 BauGB. Telefonisch habe er am 8. März 2021 überraschend erfahren, dass seitens des Landratsamtes nicht über seine Bauvoranfrage entschieden werde, da kein landwirtschaftlich privilegiertes Vorhaben vorliege und sein Grundstück im Außenbereich liege – was definitiv nicht stimme – und daher nicht genehmigungsfähig sei. Nach mehreren Aufforderungen, die Genehmigungsfiktion zu bestätigen, habe er am 28. Mai 2021 einen Ablehnungsbescheid erhalten.
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Mit Beschluss vom 28. Oktober 2021 wurde die Stadt … notwendig zum Verfahren beigeladen.
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Ebenfalls mit Schreiben vom 20. Oktober 2021, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach als Zweitschrift gekennzeichnet per Telefax am 26. November 2021 eingegangen, erhob der Kläger „Verpflichtungsklage gegen die Stadt … bzw. VG …, vertreten durch Bgm. … zur Herausgabe der Akten im Gesamten, bei Überplanung und Neuerstellung des Flächennutzungsplanes 2005/2006 der Gemarkung …Stadt …“, die unter dem Aktenzeichen AN 3 K 21.02082 geführt wird. Er trug im Wesentlichen vor, dass ihm weiterhin eine wesentliche Akteneinsicht verwehrt werde und ihm daher die Abgabe einer qualitativen Klagebegründung nicht möglich sei.
31
Mit E-Mail vom 15. Dezember 2021 führte der Kläger aus, dass die Verpflichtungsklage gegen die Stadt … zur Herausgabe des gesamten Aktenbestandes bei Aufstellung des Flächennutzungsplanes 2005/2006 vorrangig vor den anderen Klagen (Klage gegen die Beseitigungsanordnung; Klage auf Erteilung eines Bau Vorbescheides; Verpflichtungsklage hinsichtlich der Genehmigungsfiktion) sei, da ansonsten keine Ausarbeitung einer Klagebegründung erfolgen könne. Des Weiteren wurden hinsichtlich des Bescheides vom 28. Mai 2021 Fehler hinsichtlich der verneinten Privilegierung seines Vorhabens und hinsichtlich der Annahme eines Außenbereichsvorhabens thematisiert. Das Grundstück FlNr. … sei durch einen Anschluss an das Kanalnetz und zwei Zufahrtsstraßen erschlossen. Im Übrigen sei der Bescheid vom 28. Mai 2021 vor Ablauf der eingeräumten Frist zur Stellungnahme bis 11. Juni 2021 ergangen.
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Der Flächennutzungsplan sei fehlerhaft, da 2005/2006 Veränderungen hinsichtlich des Grundstücks FlNr. … erfolgt sein. Er verweise auf die Gleichbehandlung nach AGG. Aufgrund überlanger behördlicher und gerichtlicher Verfahren stünden Schadensersatzansprüche im Raum. Es existiere eine Vielzahl baurechtlicher Zuwiderhandlungen im Einzugsbereich … Trotzdem habe es keine Beseitigungsanordnungen durch das Landratsamt gegenüber anderen Betreibern baurechtswidriger Anlagen gegeben, was wiederum gegen das AGG verstoße. So sei auch eine Einbeziehungssatzung an anderer Stelle der Gemarkung … aus reiner Gefälligkeit erlassen worden. Dies führe zur Rechtswidrigkeit dieser Satzung.
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34
Die Stadt … übermittelte mit Schriftsatz vom 27. Januar 2022 die vollständig durchnummerierten Originalakten zum Verfahren „Aufstellung eines Flächennutzungsplanes der Stadt … 2005/2006“. Daraufhin fand am 17. Mai 2022 in der Zeit von 9:00 Uhr bis 12:30 Uhr in den Räumen des Amtsgerichts … durch den Kläger eine Akteneinsicht in folgende, durch das Verwaltungsgericht beigezogene Behördenakten statt: Originalakte Az. …, Aktenkopie Az. …, Aktenkopie Az. …, Heftung mit Schriftverkehr, zwei Ordner zur Aufstellung eines FNP in … Teil I und II. Auf die erstmals mit E-Mail vom 8. April 2022 beantragte Beiziehung der Akten über die Flurbereinigung … und Akteneinsicht wurde mit gerichtlichem Schreiben vom 19. April 2022 mitgeteilt, dass eine Relevanz dieser Akten für die anhängigen Verfahren nicht gesehen werde und daher auf eine Beiziehung verzichtet werde.
35
Der Kläger thematisierte im Folgenden ausführlich, dass den Behördenakten aus dem Flurbereinigungsverfahren … eine sehr hohe Relevanz für das gerichtliche Verfahren zukomme. Insbesondere für die Frage, ob das streitgegenständliche Grundstück im Außenbereich liege, werde auf den Amtsermittlungsgrundsatz hingewiesen, wonach die Flurbereinigungsakten zu beschaffen seien. Die Flurbereinigungsakten würden den weiteren Verfahrensverlauf dahingehend beeinflussen, um das Verhalten im Nachgang des Flurbereinigungsverfahrens bei erstmaliger Aufstellung des Flächennutzungsplanes durch die Stadt … in den Jahren 2005 und 2006 gerichtlich feststellen zu können.
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Mit beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach am 11. Juli 2022 eingegangenen Schreiben stellte der Kläger einen „weiteren förmlichen Antrag zu erneuten Beweisbeibringung durch Beiziehung der Akten aus dem rechtsverbindlichen Flurbereinigungsverfahren …“. Zwar sehe das Gericht keine Relevanz für das vorliegende Verfahren, trotzdem seien die Unterlagen beizubringen. Das Flurbereinigungsverfahren sei in Rechtskraft erwachsen. Einem anschließend ausgearbeiteten Flächennutzungsplan komme für sich alleine keine Rechtsverbindlichkeit zu. 2005/2006 sei die Flurbereinigungsdirektion … bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes wiederholt um Stellungnahme gebeten worden. Es stehe fest, dass ihm trotz der damaligen Einsicht bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes keine Hinweise gegeben worden seien, dass das Grundstück FlNr. … Behandlung finde. Die Gemeinde müsse für Wertausgleich sorgen, wenn sie Liegenschaften, welche in der Vergangenheit in Rechtskraft erwachsen seien, verändern wolle. Mangels Vorliegen eines Bebauungsplanes bzw. Bauleitplanung könne nicht von einer Rechtssicherheit/Rechtsverbindlichkeit des Flächennutzungsplanes gesprochen werden. Deshalb könne ein erschlossenes und mit rechtmäßiger Bebauung versehenes Grundstück nicht dem Außenbereich zugeführt werden. Es sei unmöglich bzw. rechtsfehlerhaft, dass Liegenschaften, welche rechtsverbindliche Verfahren – vorliegend das Flurbereinigungsverfahren … i.V.m. Sonderbauerwartungsland – durchlaufen hätten, plötzlich keine Rechtskraft mehr haben sollten. Derartige Enteignungsmodalitäten sehe das demokratische Rechtssystem nicht vor.
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Ein förmlicher Antrag an die Stadt …, den aus den Flurbereinigungsverfahren … ersichtlichen Zustand wiederherzustellen, sei nicht an den Stadtrat weitergegeben worden. Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes sei das Gericht gehalten, hinsichtlich des Antrages auf Erlass einer Einbeziehungssatzung/Abrundungssatzung mit Schreiben vom 11. Mai 2020 disziplinarische Maßnahmen einzuleiten. Es fehle weiterhin an einem förmlichen Bescheid. Hierzu sei mittlerweile die Genehmigungsfiktion ausgesprochen und eine Bestätigung verlangt worden.
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Im Übrigen seien die Unterlagen zum Flächennutzungsplan der Stadt …, Änderung 2005/2006, unvollständig und fehlerhaft nummeriert. So sei eine erhebliche Anzahl von Schreiben aus dem Aktenkonvolut entnommen worden. Es gebe weder Bestandslisten mit Anfrageprotokollierung noch fänden sich viele Stellungnahmen beteiligter Einrichtungen. Original-Schriftstücke seien mit neongelben Leuchtmarkern gekennzeichnet, möglicherweise damit vom wesentlichen Inhalt abgelenkt werde. Tackerklammern seien entfernt und wieder angebracht worden, ohne auf die Nummerierungen zu achten. Das Grundstück FlNr. … sei keinerlei Prüfung unterzogen worden, da ansonsten die Unterlagen des Flurbereinigungsverfahrens … in den Akten des Flächennutzungsplanes zu finden sein müssten.
39
Das Verwaltungsgericht werde aufgefordert, sich im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes um die Vollständigkeit der fehlenden Unterlagen zu bemühen.
40
In der Folge findet sich in der Gerichtsakte eine Vielzahl von E-Mails an unterschiedliche Behörden – dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach zur Kenntnis übersandt – über das Erfordernis der Akteneinsicht in diverse Verwaltungsvorgänge. Mit Schreiben vom 26. Juli 2022 bot das Amt für ländliche Entwicklung … dem Kläger Akteneinsicht in die seine Liegenschaften betreffenden Unterlagen des Flurneuordnungs- und Dorferneuerungsverfahrens … an. Mangels Darlegung eines berechtigten Interesses könne eine umfassende Einsicht in alle Unterlagen nicht gewährt werden. Mit E-Mail gleichen Datums teilte der Kläger mit, dass ein Vorort-Termin unter den im Schreiben des Amtes für ländliche Entwicklung … vom 26. Juli 2022 genannten Bedingungen nicht zielführend sei.
41
Der Kläger beantragt im Verfahren AN 3 K 21.01785 zuletzt:
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Mai 2021 verpflichtet, dem Kläger den mit Antrag vom 1. Dezember 2020 beantragten Bauvorbescheid für die Errichtung einer landwirtschaftlichen Maschinenhalle mit 300 qm überdachter Fläche, südlicher Dachausrichtung und einer eventuellen Solaranlage zu erteilen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
42
Der Kläger beantragt im Verfahren AN 3 K 21.01914 zuletzt:
1. Es wird festgestellt, dass der Vorbescheid auf Antrag vom 1. Dezember 2020 hin als erteilt gilt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
43
Der Beklagte beantragt jeweils,
44
Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2022 führte das Landratsamt zu den Verwaltungsstreitsachen AN 3 K 21.00651, AN 3 K 21.01785 und AN 3 K 21.01914 aus, dass das bereits mit einer landwirtschaftlichen Halle bebaute Grundstück FlNr. … – durch einen Weg getrennt – südlich des mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebauten Anwesens … (FlNr. **) liege. Westlich des Grundstücks seien – durch den … getrennt – ausschließlich landwirtschaftliche Stallanlagen und Hallen situiert. Südlich und östlich des Grundstücks FlNr. … liege die freie Landschaft. Ein Bebauungsplan bestehe im (Alt-)Ort … nicht. Der Bebauungszusammenhang finde im betroffenen südlichen Bereich des Ortes seine Begrenzung mit dem Anwesen Haus Nr. … Die südlich und südwestlich davon gelegenen Gebäude dienten nicht dem ständigen Aufenthalt von Personen und seien nicht dazu geeignet, den Bebauungszusammenhang zu prägen. Das streitgegenständliche Grundstück liege folglich weder im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes noch innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles und damit im Außenbereich. Gemäß der Stellungnahme des AELF liege ein landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht vor. Es lägen weder hinreichend konkrete Nachweise für die eigene (Land-) Bewirtschaftung ausreichend großer Flächen noch für das Führen eines Betriebes im Sinne eines nachhaltigen, ernsthaften, auf Dauer angelegten und lebensfähigen Unternehmens mit gewisser Organisation vor. Die Zulässigkeit des Vorhabens sei damit nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Das Vorhaben beeinträchtige aber verschiedene öffentliche Belange, insbesondere § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Nr. 5 und Nr. 7 BauGB.
45
Soweit der Kläger in seinen Schriftsätzen Bezug auf das Flurbereinigungsverfahren … sowie das Aufstellung-/Änderungsverfahren des Flächennutzungsplanes der Stadt … nehme und die Beiziehung der entsprechenden Verfahrensakten zum Nachweis, dass das streitgegenständliche Grundstück dort als Baugrundstück behandelt worden sei, beantrage, so komme es hierauf nicht an, da weder mit dem Flurbereinigungsverfahren noch dem Flächennutzungsplan die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die streitgegenständlichen Vorhaben hätten geschaffen werden können. Hierfür wäre ein rechtsverbindlicher Bebauungsplan erforderlich.
46
Die Errichtung einer weiteren Lagerhalle und die Ablagerungen auf dem streitgegenständlichen Grundstück seien seit dem Jahr 2004 Gegenstand bauaufsichtlicher Schritte gegenüber dem Kläger gewesen. Da die Schaffung der bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen durch die Stadt … auf der Grundlage eines Betriebskonzepts bis zum Jahre 2020 nie kategorisch ausgeschlossen worden sei, sei der Erlass einer Beseitigungsanordnung stets zurückgestellt worden. Der „Anschein“ der Rechtmäßigkeit sei allerdings nicht gesetzt worden. Vielmehr sei in einer Vielzahl von Telefonaten mit dem Kläger klargestellt worden, dass die derzeitige Lagerhaltung den öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspreche und die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssten.
47
Mit diversen Schriftsätzen und E-Mails bringe der Kläger dem Landratsamt bauliche Anlagen auf verschiedenen Grundstücken in … und Umgebung mit der Begründung zur Anzeige, diese seien ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung errichtet worden. Er fordere die Anlagen zu beseitigen und führe aus, das Landratsamt unterlasse rechtswidrig entsprechende bauaufsichtliche Schritte. Die vom Kläger zur Anzeige gebrachten Grundstücke seien im Rahmen von Baukontrollen überprüft worden. Dabei handle es sich um zwei Gartengrundstücke und ein Grundstück mit landwirtschaftlichen Gebäuden. Die Garten- und Freizeitnutzung im bauplanungsrechtlichen Außenbereich überpräge die natürliche Eigenheit der Landschaft nicht in dem Maße wie beim streitgegenständlichen Grundstück. Bauaufsichtliches Einschreiten habe daher zunächst zurückgestellt werden können. Die Rechtmäßigkeit der baulichen Anlagen auf weiteren Grundstücken werde noch überprüft. Unter Berücksichtigung der Voraussetzungen eines Anspruchs des Nachbarn auf bauordnungsrechtliches Einschreiten, könne ein Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften nicht erkannt werden, die allgemein oder im Einzelfall dem Schutz des Klägers dienten. Ein Anspruch werde auch unter Ermessenserwägungen nicht gesehen. Es liege kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bzw. das Willkürverbot vor.
48
Die Stadt … teilte mit Schreiben vom 3. August 2022 mit, dass dem Schreiben des Klägers vom 11. Mai 2020 mehrere telefonische und persönliche Gespräche gefolgt seien. Aus dem Schreiben vom 11. Mai 2020 gehe nicht eindeutig hervor, ob der Kläger den Erlass einer Einbeziehungssatzung, die Änderung des Flächennutzungsplanes oder die Aufstellung eines Bebauungsplanes beantragen wolle. Erst aus einer E-Mail vom 26. März 2021 lasse sich schließen, dass der Kläger den Erlass einer Einbeziehungs- bzw. Abrundungssatzung herbeiführen wolle. Mit Schreiben vom 15. April 2021 sei daraufhin schriftlich festgehalten worden, dass für eine konkrete Antragstellung noch ergänzende Angaben fehlten. Als Antwort darauf sei am 18. April 2021 eine mehrseitige E-Mail des Klägers bei der Stadt … eingegangen, die als Rücknahme des Antrages gewertet worden sei.
49
Der Kläger thematisiert im Folgenden die Verpflichtung zum bauaufsichtlichen Einschreiten bei baurechtswidrigen Vorhaben im Außenbereich, die Genehmigungsfiktion nach § 42a VwVfG, die aufgrund einer seit 30 Jahren betriebenen Land- und Teichwirtschaft bestehenden Privilegierung, das Erfordernis der Beiziehung diverser Behördenakten, die Manipulation der Behördenakten über den Flächennutzungsplan sowie ein aus Sicht des Klägers strafbares Verhalten verschiedener Mitarbeiter der beteiligten Behörden. Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach wurde aufgefordert, im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht Strafanzeige zu stellen.
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In der mündlichen Verhandlung am 25. April 2023 wurden die Verfahren AN 3 K 21.01785 und AN 3 K 21.01914 mittels Beschluss zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Ein nach Beendigung der mündlichen Verhandlung und nach Niederlegung des Urteilstenors gestellter Antrag auf Ablehnung der Vorsitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit wurde mit Beschluss vom 16. August 2023 abgelehnt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Behördenakten, auch der Verfahren AN 3 K 21.00651 und AN 3 K 21.02082, und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf das Protokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässigen Klagen sind unbegründet.
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Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheides noch auf Feststellung, dass der Vorbescheid auf Antrag vom 1. Dezember 2020 hin wegen Eintritts der Genehmigungsfiktion als erteilt gilt.
54
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
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1. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Ablehnungsbescheid vom 28. Mai 2021 rechtmäßig erlassen worden ist. Nur der Klarstellung dienend wird aber darauf hingewiesen, dass alleine das Ausstellungsdatum 28. Mai 2021 nicht bedeutet, dass die mit Schreiben des Beklagten vom 18. Mai 2021 eingeräumte Frist zur Stellungnahme bzw. Vorlage weiterer Unterlagen bis 11. Juni 2021 nicht eingehalten worden ist. Zwar mag mit der Erstellung des Bescheides noch während der laufenden Frist begonnen worden sein, unterzeichnet wurde der Entwurf des Bescheides aber erst am 2. Juli 2021 (vgl. Bl. 122 Rückseite der Behördenakte), und damit lange nach Fristende am 11. Juni 2021. Auch die Kostenverfügung datiert erst vom 28. Juni 2021 (Bl. 124 der Behördenakte). Damit stand dem Beklagten noch ausreichend Zeit nach Ablauf der mit Schreiben vom 18. Mai 2021 eingeräumten Frist zur Verfügung, ggf. eingehende Stellungnahmen bzw. Unterlagen des Klägers für die Entscheidung zu berücksichtigen. Laut Behördenakten gingen aber nur zwei weitere E-Mails vom 21. Mai 2021 und 18. Juni 2021 ein, die aber keine wesentlich neuen, insbesondere eine Privilegierung des Vorhabens tragenden Informationen, die eine andere Entscheidung hätten rechtfertigen können, enthielten.
56
2. Der mit Antragsformular vom 1. Dezember 2021 beantragte Vorbescheid ist mit den gemäß Art. 71 Satz 1, 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO im Verfahren zu prüfenden Vorschriften nicht vereinbar. Der Antrag ist dabei dahingehend auszulegen, dass Gegenstand des Vorbescheids die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung einer landwirtschaftlichen Maschinenhalle mit Ausnahme der Erschließung sein soll.
57
Das Vorhaben, das aufgrund seiner Größe nicht unter die Verfahrensfreiheit gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und c BayBO fällt, ist im Außenbereich als nicht privilegiertes Vorhaben nicht nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig, da es öffentliche Belange beeinträchtigt.
58
a) Das Vorhaben liegt im Außenbereich.
59
aa) Mangels Vorhandenseins eines Bebauungsplanes, der das inmitten stehenden Grundstück erfasst, ist die planungsrechtliche Einordnung des Grundstückes aufgrund einer durchzuführenden Abgrenzung von Innenbereich (§ 34 BauGB) und Außenbereich (§ 35 BauGB) vorzunehmen.
60
Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist der Innenbereich durch einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil gekennzeichnet. Dabei sind die Begriffe „Ortsteil“ und „Bebauung im Zusammenhang“ kumulative Begriffe (BVerwG, B.v. 7.6.2016 – 4 B 47/14 – juris Rn. 10 = ZfBR 2016, 799). Für die Abgrenzung zwischen Innenbereich und Außenbereich ist festzuhalten, dass ein Bebauungszusammenhang regelmäßig am letzten Baukörper endet (BVerwG, U.v. 16.9.2010 – 4 C 7/10 – juris Rn. 12 = NVwZ 2011, 436). Etwas anderes kann im Einzelfall nur dann gelten, wenn besondere topographische Gegebenheiten (z.B. Damm, Böschung, Fluss oder Waldrand) den Bebauungszusammenhang verschieben. Für den Begriff der Bebauung ist weiter zu fordern, dass der den Zusammenhang vermittelnde Baukörper auch dem ständigen Aufenthalt von Menschen dient (BVerwG, U.v. 30.6.2015 – 4 C 5/14 – juris Rn. 15 = BVerwGE 152, 275). Nur vorübergehend genutzte Anlagen oder Nebenanlagen reichen hierzu nicht.
61
Im Hinblick auf die Abgrenzung von Baulücken innerhalb eines Innenbereichs und einer Fläche des Außenbereichs ist maßgeblich, ob nach einer Bewertung des Gesamteindrucks der Umgebung der „Eindruck der Geschlossenheit“ noch vorhanden ist, das Grundstück also noch durch die Umgebung geprägt ist (BVerwG, B.v. 18.6.1997 – 4 B 238/96 – juris Rn. 4 = NVwZ-RR 1998,157). Maßgeblich ist mithin eine gewisse „Verklammerung“ der baulichen Anlagen. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass gerade der optischen Wahrnehmbarkeit der Umgebung eine entscheidende Rolle zukommt, denn für die Realisierung eines Vorhabens im Innenbereich gibt diese Umgebung den planersetzenden Maßstab im Sinne eines „Einfügens“ bzw. einer Prägung vor.
62
Daneben ist erforderlich, dass die maßstabsbildende Bebauung auch ein gewisses Gewicht besitzt (BVerwG, B.v. 5.4.2017 – 4 B 46/16 – juris Rn. 6 = ZfBR 2017, 471, U.v. 19.4.2012 – 4 C 10/11 – juris Rn. 13). Ob ein solch gewisses Gewicht vorliegt, bestimmt sich nach siedlungsstrukturellen Gegebenheiten der jeweiligen Gemeinde (BVerwG, B.v. 7.6.2016 – 4 B 47/14 – juris Rn. 14 = ZfBR 2016, 799).
63
Unter Zugrundelegung dieser durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und der sich durch den BayernAtlas ergebenden Eindrücke ist die Kammer zu der Einschätzung gelangt, dass das Grundstück FlNr. … dem Außenbereich zuzuordnen ist. Der bebaute Innenbereich endet mit den zum ständigen Aufenthalt von Menschen dienenden Gebäuden auf den Grundstücken FlNr. … und … Die landwirtschaftlichen Stallanlagen auf dem Grundstück FlNr. … (westlich an das streitgegenständliche Grundstück getrennt durch eine Straße angrenzend) sowie das Nebengebäude auf dem Grundstück FlNr. … (nördlich an das streitgegenständliche Grundstück getrennt durch einen Weg angrenzend) vermitteln keinen Siedlungszusammenhang, da sie gerade nicht dem dauerhaften Aufenthalt von Menschen dienen (vgl. OVG NRW, B.v. 29.1.2019 – 2 A 3159/17 – juris Rn. 19). Aber selbst wenn man diese Gebäude noch dem Bebauungszusammenhang zurechnen wollte, so nimmt der unbebaute Teil des Grundstückes FlNr. 305 nicht mehr an dem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teil (BVerwG, U.v. 30.6.2015 – 4 C 5/14 – juris Rn. 13). Denn selbst die Luftbilder vermitteln eindeutig den Eindruck, dass die unbebaute Fläche des Grundstücks FlNr. … nicht lediglich eine Baulücke darstellt, sondern aufgrund der Abtrennung durch eine Straße von dem Grundstück FlNr. … und durch einen Weg vom Grundstück FlNr. … gerade schon dem Außenbereich zuzurechnen sind. Hinzukommt, dass im Osten und Süden des Grundstückes FlNr. … ausschließlich landwirtschaftliche Flächen angrenzen. Grenzt ein Grundstück an einen Bebauungszusammenhang und schließt es auf der anderen Seite an die freie Landschaft, kann die Zurechnung zum Bebauungszusammenhang nur erfolgen, wenn das Baugrundstück durch eine topografische Zäsur dem Bebauungszusammenhang zuzuordnen wäre. In solchen Fällen endet der Bebauungszusammenhang grundsätzlich mit den die jeweiligen Hauptgebäude rückwärtig anschließenden Bauteilen und nicht etwa an den rückwärtigen Grenzen der jeweiligen Grundstücke, außer es liegen besondere topografische oder geografische Umstände wie Geländehindernisse in Form natürlicher oder künstlicher Erhebungen oder Einschnitte, Gewässer oder Waldränder vor, die den Eindruck der Geschlossenheit oder Zugehörigkeit einer solchen Fläche zum Bebauungszusammenhang vermitteln (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 34 Rn. 25 m.w.N.). Da das Vorhaben auch noch in der südlichen Hälfte des Grundstücks FlNr. … und damit in erheblichem Abstand zu den vorhandenen Nebengebäuden errichtet werden soll, ist die Annahme einer Innenbereichslage offensichtlich ausgeschlossen.
64
bb) Maßgeblich für die Bewertung sind ausschließlich die tatsächlichen Verhältnisse. Insbesondere hat für die Abgrenzung Innenbereich/Außenbereich die Darstellung im Flächennutzungsplan keine Bedeutung (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 34 Rn. 25 m.w.N.). Entsprechend kommt es nicht darauf an, ob eine frühere Fassung des Flächennutzungsplanes abweichend von der seit 2005/2006 geltenden Fassung, die für das Grundstück FlNr. … Flächen für Landwirtschaft festsetzt, eine anderweitige Festlegung getroffen hat. Gleiches gilt für die Bewertungen des Flurbereinigungsplanes, der gerade kein Bauleitplan im Sinne des § 1 Abs. 2 BauGB ist und bebauungsrechtliche Entscheidungen nicht zu binden vermag (BVerwG, B.v. 19.1.2022 – 4 B 22/21 juris Rn. 4). Daher konnte auch der Beweisantrag zur Beiziehung der Flurbereinigungsakten aus dem Flurbereinigungsverfahren … abgelehnt werden, da sich aus den Flurbereinigungsakten gerade keine Relevanz für die streitgegenständlichen Fragestellungen ergibt. Soweit der Kläger Gegenteiliges aus den in der mündlichen Verhandlung erwähnten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Februar 2016 (BayVGH, U.v. 4.2.2016 – 13 A 14.2728 – juris) und vom 11. Mai 2011 (BayVGH, U.v. 11.5.2011 – 13a N 10.577 – juris) herleiten will, so verkennt er, dass sich diese Entscheidungen mit der Änderung eines abgeschlossenen Flurbereinigungsverfahrens bzw. mit der Erstellung eines Flurbereinigungsplanes befassen, nicht aber mit den Auswirkungen eines abgeschlossenen Flurbereinigungsverfahrens auf bauplanungsrechtliche Fragestellungen.
65
Entsprechend hätte es eines Bebauungsplanes oder einer Einbeziehungs-/Abrundungssatzung bedurft, um das Grundstück aus dem Regime des § 35 BauGB herauszunehmen. Beides existiert offensichtlich nicht. Soweit der Kläger auf einen Antrag an die Stadt … auf Erlass einer Einbeziehungs-/Abrundungssatzung, über den bisher nicht entschieden wurde bzw. der von der Stadt … als zurückgenommen bewertet wurde, verweist, so führt ein derartiger Antrag nicht zu einer Änderung der Bewertung, dass das streitgegenständliche Grundstück im Außenbereich liegt, so lange die erforderliche Satzung noch nicht erlassen ist. Aus welchen Gründen über den Antrag nicht entschieden wurde bzw. ob diese Gründe zutreffend sind, ist nicht relevant. Maßgeblich ist allein, dass das streitgegenständliche Grundstück nicht in den Innenbereich einbezogen wurde. Im Übrigen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Erlass einer Einbeziehungs-/Abrundungssatzung. Der Erlass von Satzungen nach § 34 Abs. 4 bis 6 steht grundsätzlich im Ermessen der Gemeinde (BVerwG, U.v. 30.4.2004 – 4 CN 1/03 – juris Rn. 13; Söfker in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 34 Rn. 94).
66
b) Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richtet sich nach § 35 Abs. 2 BauGB, da es sich bei der landwirtschaftlichen Maschinenhalle nicht um ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB handelt.
67
Nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist ein Vorhaben unter anderem nur dann zulässig, wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt.
68
Nach der Legaldefinition des § 201 BauGB ist Landwirtschaft insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei.
69
Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist gekennzeichnet durch eine spezifisch betriebliche Organisation, er erfordert eine Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und es muss sich bei dem Betrieb um ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen handeln. Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt auch die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte Betrieb muss nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet sein, wirtschaftlich, d.h. mit Gewinnerzielungsabsicht‚ geführt zu werden. Dabei kommt der Gewinnerzielung bei einer Neugründung eines Nebenerwerbsbetriebs eine größere Bedeutung zu als bei der Erweiterung eines bereits seit etlichen Jahren bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs mit niedriger Rentabilität. Fehlt es an dem Nachweis eines Gewinns, können durchaus andere Indizien für die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und damit für die Betriebseigenschaft im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sprechen (BayVGH, B.v. 27.7.2021 – 1 CS 21.153 – juris Rn. 11 m.w.N.).
70
Dies berücksichtigend kann vorliegend nicht von einem land- und/oder forstwirtschaftlichen Betrieb ausgegangen werden. Unklar ist schon, ob es sich um einen Haupt- oder Nebenerwerbsbetrieb des Klägers handelt. Gleiches gilt für die Frage, ob es sich um einen schon über viele Jahre betriebenen Betrieb handelt oder um eine Neugründung. Denn der Kläger spricht einmal von einer seit 30 Jahren betriebenen Land- und Teichwirtschaft, einmal aber auch von einer Aufbauphase (E-Mail vom 21. Mai 2021, Bl. 111 der elektr. Behördenakte).
71
Auch fehlt es an ausreichend großen Flächen und dem Führen eines Betriebes im Sinne eines nachhaltigen, ernsthaften, auf Dauer angelegten und lebensfähigen Unternehmens mit gewisser Organisation, selbst wenn man hinsichtlich der beiden unterschiedliche Betriebsformen eines Betriebs (hier Forstwirtschaft und Teichwirtschaft) wegen deren geringen Umfangs eine Gesamtschau vornimmt, die das Vorliegen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs vom Umfang her rechtfertigen könnte (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB § 35 Rn. 29b).
72
Das AELF geht unter Berücksichtigung der dort bekannten Flächen in seiner Stellungnahme vom 16. März 2021 davon aus, dass aufgrund des Umfangs und der Art der Nutzung kein landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt. Eine Änderung dieser Bewertung ergab sich für das AELF auch nicht unter Berücksichtigung der nachgereichten Landpachtverträge vom 30. Oktober 2012 über 1,78 ha und vom 1. April 2021 über 5,82 ha, da nicht ausreichend sichergestellt sei, dass die Flächen dem Kläger tatsächlich zur Verfügung stünden (vgl. Stellungnahme des AELF vom 22. April 2021).
73
Das Gericht sieht keinen Anlass, die Stellungnahmen des AELF in Zweifel zu ziehen. Dabei zweifelt das Gericht aufgrund der vorgelegten Pachtverträge schon an einer ausreichend nachhaltigen forstwirtschaftlichen Tätigkeit. Unter Forstwirtschaft ist die planmäßige Bewirtschaftung des Waldes zu verstehen. Erforderlich ist dafür ein Mindestumfang an forstwirtschaftlicher Betätigung, also Anbau, Pflege und Abschlag von Hoch-, Mittel- und Niederwald zum Zwecke der Holzgewinnung (Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB § 35 Rn. 12). Entsprechendes schließt aber die Zusatzvereinbarung im Pachtvertrag vom 30. Oktober 2012 über 1,78 ha Wald gerade aus, soweit dort geregelt ist, dass die Verpachtung der Waldfläche ausschließlich zur Pflege und Erhaltung des Baumbestandes erfolgt und „Aufforstung, Bezäunung und/ oder Fällen von Bäumen“ einer ausdrücklichen schriftlichen Anweisung/Genehmigung des Verpächters bedarf. Hinzukommt, dass der Pachtvertrag vom 1. April 2021 über 5,82 ha für die Dauer von 10 Jahren geschlossen wurde. Soweit hinzugepachtete Flächen für die Prüfung im Einzelfall maßgeblich sind, ist darauf abzustellen, ob die Flächen bindend langfristig gepachtet sind. Eine Pachtlaufzeit von etwa 10 Jahren reicht hierfür regelmäßig nicht aus (Mitschang/ Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rn. 23; OVG Lüneburg, B.v. 16.12.2019 – 12 ME 87/19 – juris Rn. 104). Dies gilt vorliegend erst recht, da die hinzugepachteten Waldflächen von 5,82 ha und 1,78 ha den Großteil der dem Kläger zur Verfügung stehenden Flächen ausmachen. Soweit der Kläger noch weitere geplante Flächen von 20 ha erwähnt hat, so liegen hierfür keine Nachweise, dass entsprechende Flächen dem Kläger zur Verfügung stehen, vor.
74
Der Kläger hat weder die mit Schriftsatz der Beklagten vom 18. Mai 2021 gesetzte Frist noch das gerichtliche Verfahren genutzt, um geforderte Nachweise über das Bestehen eines forst- und/oder landwirtschaftlichen Betriebs vorzulegen. Dies wäre dem Kläger aber grundsätzlich möglich und auch zumutbar gewesen, da das Argument, dass eine Klagebegründung nur abgegeben werden könne, wenn er Akteneinsicht in die Akten über die Aufstellung der Flächennutzungsplanes 2005/2006 bzw. die Flurbereinigungsakten … erhalte, hinsichtlich der Existenz eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gerade nicht einschlägig ist. Auch auf die Frage des Beklagten nach der konkreten Nutzung der Halle antwortete der Kläger lediglich mit dem Hinweis, dass sie für landwirtschaftliche Produkte und für landwirtschaftliche Maschinen dienen soll, was sich ja schon aus der Bezeichnung als landwirtschaftliche Halle ergebe. Dabei ist die Frage zu der konkreten Nutzung der Halle insbesondere auch deshalb relevant, da der Kläger hinsichtlich der auf dem Grundstück FlNr. … gelagerter Gegenstände durch frühere Bevollmächtigte darauf verweisen hat lassen, dass er eine weitere Halle auf dem Grundstück errichten wolle, um dort die Gegenstände, die für seine gewerbliche Tätigkeit erforderlich sind, zu lagern. Dies würde aber gerade ausschließen, dass eine entsprechende Halle einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dienen könnte.
75
Insoweit ist der Kläger seiner Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen. Denn es obliegt dem Kläger als Bauherrn darzulegen, dass nicht nur die Betriebsführung als solche, sondern auch ihre landwirtschaftliche Ausprägung zur Überzeugung von Behörden und Gericht verlässlich gewährleistet ist (BayVGH, B.v. 17.12.2019 – 9 ZB 17.1942 – juris Rn. 8; B.v. 24.5.2016 – 9 ZB 13.2539 – juris Rn. 11; VG Ansbach, U.v. 9.4.2019 – AN 17 K 17.00566 – juris Rn. 87). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, ohne hinreichende Anknüpfungspunkte, die vom Kläger vorzutragen wären, die relevanten Aspekte des klägerischen Betriebs zusammenzutragen, aufzuarbeiten und dann einer betriebswirtschaftlichen Beurteilung zu unterziehen. Dies würde den Amtsermittlungsgrundsatz überdehnen (VG Ansbach, U.v. 9.4.2019 – AN 17 K 17.00566 – juris Rn. 87).
76
c) Das Vorhaben beeinträchtigt öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB und ist daher nicht genehmigungsfähig.
77
aa) Das Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplanes, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB.
78
Der Flächennutzungsplan setzt für das streitgegenständliche Grundstück Flächen für Landwirtschaft fest. Da das Vorhaben nicht einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dient (s.o. Ziff. I. 2.), beeinträchtigt das Vorhaben diesen Belang. Da streitgegenständlich die Frage nach der Zulässigkeit eines sonstigen Vorhabens ist, ist irrelevant, dass es sich bei der Festsetzung des Flächennutzungsplanes als Fläche für die Landwirtschaft nicht um eine qualifizierte Standortzuweisung handelt (Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rn. 75).
79
Für das Gericht sind insoweit auch keine Fehler hinsichtlich des Flächennutzungsplanes bzw. seines Aufstellungsverfahrens erkennbar, die dazu führen könnten, dass der Flächennutzungsplan (teilweise) unwirksam ist. Insbesondere war es nicht erforderlich, im Aufstellungsverfahren die Akten des Flurbereinigungsverfahrens … beizuziehen. Vielmehr werden Stellungnahmen der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, zum Planentwurf und zur Begründung eingeholt, § 4 Abs. 2, § 4a Abs. 3 BauGB. Dies ist offensichtlich auch im Hinblick auf die Belange der Flurbereinigung erfolgt. So wurde die Direktion für Ländliche Entwicklung zum Vorentwurf beteiligt und hat daraufhin ausdrücklich mitgeteilt, dass keine Flurbereinigungsmaßnahmen geplant seien. Bei der abschließenden Beteiligung der Träger öffentlicher Belange wurden vom Amt für Ländliche Entwicklung … keine Einwände erhoben. Im Übrigen sind öffentliche Planungsträger (z.B. die Flurbereinigungsbehörden), die nach § 4 BauGB beteiligt worden sind, verpflichtet, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben.
80
Soweit der Kläger darauf verweist, dass er während des Aufstellungsverfahrens nicht darauf hingewiesen worden sei, dass der Flächennutzungsplan für das Grundstück FlNr. … zukünftig eine Fläche für Landwirtschaft festlegen solle, so führt dies nicht zu einer Unwirksamkeit des Flächennutzungsplanes. Die Stadt … hat, wie sich den Akten über das Aufstellungsverfahren des Flächennutzungsplanes 2005/2006 entnehmen lässt, die gesetzlich vorgesehene Bürgerbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 und 2 BauGB durchgeführt. Im Anschluss an die frühzeitige Bürgerbeteiligung (vgl. Bl 193 ff. Teil 1 der Akten über die Aufstellung des Flächennutzungsplanes 2005/2006) erfolgten öffentliche Auslegungen sowohl der ursprünglichen Planung (vgl. Bl. 201 f. Teil 1 der Akten über die Aufstellung des Flächennutzungsplanes 2005/2006) als auch der geänderten Planung (Bl. 1 f. Teil 2 der Akten über die Aufstellung des Flächennutzungsplanes 2005/2006), die auch jeweils ortsüblich bekannt gemacht worden sind. Die individuelle Benachrichtigung planbetroffener Grundeigentümer ist sowohl bei der frühzeitigen Bürgerbeteiligung als auch im Auslegungsverfahren nicht vorgegeben (Battis in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 9 und 14a). Dass der Kläger diese Beteiligungsmöglichkeit nicht genutzt hat, hat keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Flächennutzungsplanes. Aber selbst wenn beachtliche Fehler vorhanden sein sollten, so hat der Kläger diese nicht innerhalb der Frist des § 215 BauGB gerügt. Ein entsprechender Hinweis erfolgte im Rahmen der amtlichen Bekanntmachung der Genehmigung der Neufassung des Flächennutzungsplanes vom 12. Juli 2006 (Bl. 195 Teil 2 der Akten über die Aufstellung des Flächennutzungsplanes 2005/2006).
81
bb) Das Vorhaben beeinträchtigt auch die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB.
82
Der Begriff der natürlichen Eigenart der Landschaft umfasst den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nutzung und den Schutz einer im Einzelfall schutzwürdigen Landschaft vor ästhetischer Beeinträchtigung. Ob durch ein Vorhaben die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt wird, hängt von der betreffenden Landschaft sowie der Lage, Gestaltung und Benutzung des betreffenden Vorhabens ab. Hat das Vorhaben nur unerhebliche Auswirkungen auf die Landschaft, ist noch keine Beeinträchtigung dieses öffentlichen Belangs anzunehmen. Eine Verletzung der natürlichen Eigenart der Landschaft liegt bei einer der jeweiligen Landschaft wesensfremden Bebauung vor sowie dann, wenn ein Vorhaben einem schutzwürdigen Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist (Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB § 35 Rn. 83 m.w.N.). Vorhaben mit anderer als land- und forstwirtschaftlicher Zweckbestimmung, wie z.B. neu zu errichtende Wohngebäude, Wochenendhäuser, Altenheime und gewerbliche Vorhaben, sind im Außenbereich zumeist unzulässig (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 96 m.w.N.).
83
Entsprechend beeinträchtigt das als nicht privilegiert zu bewertende Vorhaben, das zumindest auch der gewerblichen Nutzung dienen dürfte, als außenbereichsfremdes Vorhaben die Eigenart der Landschaft. Aus den dem Gericht zur Verfügung stehenden Luftbildern ergibt sich zudem, dass der „nähere“, im Süden an … angrenzende Außenbereich um das Vorhaben herum mit Ausnahme einiger weniger – wohl privilegierter – Bauwerke (z.B. Stallungen) vollständig von Bebauung freigehalten ist. Prägend sind insoweit landwirtschaftliche Nutzflächen. Entsprechend kommt dem Vorhaben gerade nicht nur eine unerhebliche Auswirkung auf die Landschaft zu.
84
cc) Darüber hinaus lässt das Vorhaben die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB.
85
Dieser Belang soll vor einer unerwünschten Zersiedlung des Außenbereichs schützen. Der Begriff der Siedlung ist dabei nicht auf zum Wohnen bestimmte Gebäulichkeiten beschränkt, sondern bezieht sich auch auf andere Anlagen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (vgl. BVerwG, U.v. 9.6.1976 – IV C 42.74 – juris; U.v. 18.2.1983 – 4 C 19.81 – juris). Unter Entstehung ist ein Vorgang zu verstehen, der in Richtung auf eine Zersiedlung des Außenbereichs durch Schaffung einer Splittersiedlung begründet ist. Die Entstehung einer Splittersiedlung kann bereits durch die erstmalige Zulassung eines Bauvorhabens zu befürchten sein. Splittersiedlungen sind jedoch nicht schon um ihrer selbst Willen zu missbilligen, vielmehr ist eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange erst dann gegeben, wenn das Entstehen zu „befürchten“ ist (vgl. BVerwG, U.v. 3.6.1977 – IV C 37.75 – BVerwGE 54, 73). Zu befürchten ist das Entstehen einer Splittersiedlung nur dann, wenn das Vorhaben zu einer unerwünschten Splittersiedlung führt, wobei unerwünscht in diesem Sinn eine Splittersiedlung dann ist, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedelung auch eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Dabei streitet für das Vorliegen einer Zersiedlung gewissermaßen eine starke Vermutung (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2018 – 2 B 18.1797 – juris). Es ist nicht zu verlangen, dass infolge der Zulassung des Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Ausreichend ist vielmehr, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden können, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Entstehung einer Splittersiedlung) versagt und damit ein Bezugsfall geschaffen würde, auf den sich andere berufen könnten. Mit der Versagung der Genehmigung soll bereits den Anfängen gewehrt werden (vgl. BayVGH, U.v. 27.7.2018 – 15 B 17.1169 – juris).
86
Grundsätzlich können auch Bauten, die nur für einen gelegentlichen Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, eine Splittersiedlung bilden (Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 35 Rn. 93. Dies gilt insbesondere auch für Anlagen, die z.B. gewerblichen Zwecken dienen und die mit dem Aufenthalt von Menschen verbunden sind, oder Garage (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 104 m.w.N.).
87
Dies trifft für die streitgegenständliche Lagerhalle zu, da eine Lagerhalle ohne zumindest gelegentlichen Aufenthalt von Menschen nicht nutzbar wäre. Hinzukommt, dass entsprechend der Luftbilder mit der Genehmigung des streitgegenständlichen Vorhabens wohl erstmals ein nicht privilegiertes Vorhaben im südlich an … angrenzenden Außenbereich zugelassen würde und damit der Zersiedelungsprozess eingeleitet würde.
88
dd) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung auf die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 14. März 2018 – WD 7 – 3000 – 053/18 – mit dem Titel „Bauen im Außenbereich – Ermessen und Beurteilungsspielraum“ verwies, so ergibt sich hieraus keine abweichende Bewertung. Die Sachstandsmitteilung befasst sich mit der Frage, ob nach § 35 Abs. 2 BauGB die Erteilung einer Baugenehmigung im Ermessen der Behörde steht, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden. Diese Frage ist vorliegend aber gerade nicht von Relevanz, da die Frage hinsichtlich eines Ermessens auf Rechtsfolgenseite schon gar nicht aufgeworfen wird. Vorliegend werden durch das Vorhaben öffentliche Belange offensichtlich beeinträchtigt, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 35 Abs. 2 BauGB schon nicht erfüllt sind.
89
d) Mangels bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit war die Klage daher abzuweisen.
90
II. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf Feststellung, dass der Vorbescheid auf Antrag vom 1. Dezember 2020 hin wegen Eintritts der Genehmigungsfiktion als erteilt gilt.
91
Nach Art. 42a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG gilt eine beantragte Genehmigung nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt (Genehmigungsfiktion), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist. Die Norm enthält (auch im Übrigen) nur allgemeine Maßstäbe zur Genehmigungsfiktion, regelt aber selbst nicht, bei welchen Genehmigungsverfahren eine Genehmigungsfiktion gelten soll. Das bestimmt das besondere Verwaltungsrecht. Durch das Gesetz zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus vom 23. Dezember 2020 (BGBl. I S. 663) ist in Art. 68 BayBO ein neuer Abs. 2 eingefügt worden, der für das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren den besonderen fachrechtlichen Anwendungsbefehl enthält, den Art. 42a BayVwVfG voraussetzt (Decker in: Busse/Kraus; BayBO, Art. 68 Rn. 382 ff.).
92
Art. 68 Abs. 2 BayBO kann jedoch vorliegend keine Grundlage für den Eintritt einer Genehmigungsfiktion sein. So setzt Art. 68 Abs. 2 Satz 1 BayBO einen Bauantrag für die Errichtung oder Änderung eines Gebäudes, das ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dient, oder eine Nutzungsänderung, durch die Wohnraum geschaffen werden soll, voraus. Vorliegend handelt es sich jedoch um die Errichtung einer landwirtschaftlichen Maschinenhalle und gerade kein Vorhaben zur Schaffung von Wohnraum. Des Weiteren gilt Art. 68 Abs. 2 BayBO ausschließlich für Bauanträge, nicht jedoch für einen Vorbescheidsantrag, da Art. 71 Satz 4 BayBO vom Verweis auf Art. 68 BayBO dessen Abs. 2 über die Genehmigungsfiktion ausdrücklich ausnimmt (Decker in: Busse/Kraus/ BayBO Art. 68 Rn. 387). Hinzukommt, dass nach Art. 83 Abs. 7 BayBO die Vorschriften zur Genehmigungsfiktion gemäß Art. 68 Abs. 2 BayBO nur für ab dem 1. Mai 2021 eingereichte Bauanträge gelten. Der streitgegenständliche Antrag des Klägers vom 1. Dezember 2020 ist aber am 8. Dezember 2020 beim Beklagten eingegangen und damit mehrere Monate vor dem maßgeblichen Stichtag.
93
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.