Titel:
Zur Strafbarkeit der Fälschung von Blankett-Impfausweisen und von digitalen COVID-Impfzertifikaten
Normenketten:
StGB § 27, § 267, § 275 Abs. 1a
IFSG § 22 Abs. 5, § 75a Abs. 1
Leitsätze:
1. Wer Blankett-Impfausweise mit "gefälschten" Impfstoff-Chargenaufklebern, Stempeln und Unterschriften versieht und diese sodann an die jeweiligen Abnehmer veräußert, wobei in der Folge Personalien in die Blankett-Impfausweise eingetragen werden, kann sich wegen Beihilfe zur Urkundenfälschung strafbar machen (Ergänzung zu BGH BeckRS 2022, 31209). (Rn. 71 – 100 und 303 – 333) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wer unbefugt digitale COVID-Impfzertifikate herstellt und verkauft, kann sich wegen unrichtiger Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung gem. § 75a Abs. 1 IFSG strafbar machen, ohne dass der Täter Arzt, Apotheker oder deren Mitarbeiter sein muss. (Rn. 101 – 111 und 334 – 362) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wer gefälschte Impfstoff-Chargenaufkleber und Arztstempel veräußert, kann sich wegen Beihilfe zur Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise gem. § 275 Abs. 1a, § 27 StGB strafbar machen. (Rn. 115 – 117 und 376 – 378) (redaktioneller Leitsatz)
4. Wer Blankett-Impfausweise verkauft, kann sich wegen Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise gem. § 275 Abs. 1a StGB strafbar machen, sofern nicht bekannt ist, ob in die Blankett-Impfausweise Personalien eingetragen wurden. (Rn. 118 – 128 und 379 – 383) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
COVID-19 Schutzimpfung, Urkundenfälschung, Impfausweis, Chargenaufkleber, Arztstempel, digitales COVID Impfzertifikat
Fundstelle:
BeckRS 2023, 21100
Tenor
I. 1. Der Angeklagte ist schuldig des unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge,
der unrichtigen Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung in 1018 Fällen, der Beihilfe zur Urkundenfälschung in 18 Fällen, in einem Fall davon in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung, der Urkundenfälschung in zwei Fällen,
der Vorbereitung unrichtiger Impfausweise in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung, des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge,
des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz zweier verbotener Gegenstände in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz eines Dopingmittels und der Beihilfe zur Vorbereitung der Fälschung unrichtiger Impfausweise.
2. Er wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 11 Monaten verurteilt.
3. Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
4. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 88.274,60 Euro wird angeordnet. In Höhe von 1.350 Euro haftet er als Gesamtschuldner mit der Angeklagten , in Höhe von 11.195 Euro haftet er als Gesamtschuldner mit der Angeklagten .
II. 1. Die Angeklagte ist schuldig der unrichtigen Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung in 1018 Fällen, der Beihilfe zur Urkundenfälschung in 18 Fällen, in einem Fall davon in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung, der Urkundenfälschung in zwei Fällen, der Vorbereitung unrichtiger Impfausweise in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung, des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln.
2. Sie wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 5 Monaten verurteilt.
4. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 11.195 Euro wird angeordnet.
Sie haftet in voller Höhe gesamtschuldnerisch mit dem Angeklagten .
III. 1. Der Angeklagte ist schuldig des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der Beihilfe zur Urkundenfälschung in 18 Fällen, in einem Fall davon in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung, der Urkundenfälschung in zwei Fällen, der Vorbereitung unrichtiger Impfausweise in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung, und der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Anbau von Betäubungsmitteln.
2. Er wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt.
IV. 1. Der Angeklagte ist schuldig des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der Beihilfe zur Urkundenfälschung in 18 Fällen, in einem Fall davon in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung, der Urkundenfälschung in zwei Fällen, der Vorbereitung unrichtiger Impfausweise in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung, der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Anbau von Betäubungsmitteln und des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln.
2. Er wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 5 Monaten verurteilt.
3. Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
V. 1. Die Angeklagte ist schuldig der unrichtigen Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung in 1018 Fällen, der Beihilfe zur Urkundenfälschung in 18 Fällen, in einem Fall davon in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung, der Urkundenfälschung in zwei Fällen, der Vorbereitung unrichtiger Impfausweise in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung, der Vorbereitung der Fälschung unrichtiger Impfausweise in 5 Fällen und der Urkundenfälschung.
2. Sie wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt.
Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
3. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.750 Euro wird angeordnet. In Höhe von 1.350 Euro haftet sie als Gesamtschuldnerin mit dem Mitangeklagten .
VI. Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens.
Entscheidungsgründe
(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
A. Angaben gemäß § 267 Abs. 3 S. 5 StPO
1
Dem Urteil ging eine Verständigung der Verfahrensbeteiligten gemäß §§ 257c, 267 Abs. 3 S. 5 StPO voraus.
B. Persönliche Verhältnisse der Angeklagten
2. Gesundheit und Betäubungsmittelkonsum
2
Der Angeklagte leidet seit dem Jahr 2012 unter Panikstörungen; die letzte Panikattacke vor der Inhaftierung in hiesiger Sache hatte er im Jahr 2019. Diesbezüglich wurde der Angeklagte mit Tavor und dem Antidepressivum Citalopram behandelt. Zu Beginn der Inhaftierung in hiesiger Sache erlitt der Angeklagte erneut eine Panikattacke.
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Forensisch relevante Erkrankungen oder Unfälle des Angeklagten, insbesondere solche mit einer Einwirkung auf den Kopf oder das Gehirn, sind nicht bekannt.
b) Betäubungsmittelkonsum und Spielverhalten
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Der Angeklagte konsumiert seit seinem 14. Lebensjahr regelmäßig Nikotin.
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Während des Maßregelvollzugs im Jahr 2009 gelang es dem Angeklagten den Konsum von Nikotin vollständig einzustellen. Im Jahr 2018 begann der Angeklagte dann erneut Nikotin zu rauchen; derzeit konsumiert er 10-12 Zigaretten täglich.
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Alkohol nahm der Angeklagte erstmals mit 14 oder 15 Jahren zu sich. Seither konsumiert er Alkohol nur gelegentlich in moderaten Mengen. Zuletzt trank der Angeklagte zum Jahreswechsel 2020/2021 Alkohol.
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Cannabis konsumierte der Angeklagte erstmals mit 14 oder 15 Jahren; den Konsum stellte er mit 18 oder 19 Jahren vollständig ein.
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Im Alter von 15 Jahren nahm der Angeklagte E. zu sich. Den Konsum beschränkte er auf das Wochenende. Zuletzt nahm er Ecstasy im Alter von 23 Jahren zu sich.
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Mit 16 Jahren konsumierte der Angeklagte erstmalig Amphetamin; dabei kam es mit Ausnahme der abstinenten Zeiten aufgrund der absolvierten Therapien (näher hierzu am Ende des Unterabschnitts) stets zu einem regelmäßigen Konsum. Seit 2018 konsumiert der Angeklagte wieder regelmäßig Amphetamin. Zunächst beschränkte sich sein Konsum auf 2 Gramm am Wochenende; zuletzt nahm er 3-4 Gramm täglich zu sich. Bei Nichtkonsum litt er unter Entzugssymptomen u.a. Traurigkeit, Antriebsminderung, Erschöpfung und Appetitsteigerung. Auch kam es beim Angeklagten aufgrund des stetigen Konsums zu Herzrasen, Nasenbluten sowie Zahnproblemen.
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Crystal Meth (Methamphetamin) nahm der Angeklagte erstmals im Jahr 2020 zu sich und steigerte den Konsum auf zuletzt 2 Gramm täglich. Zuletzt konsumierte er vor der Inhaftierung in hiesiger Sache 0,2 Gramm Crystal Meth.
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Ab dem Alter von 17 oder 18 Jahren nahm der Angeklagte auch Kokain zu sich. Nach einer langen Abstinenzphase von 2005 – 2018 konsumierte er Kokain zuletzt als Speed-Ersatz; zu einem regelmäßigen Konsum von Kokain kam es nach eigenen Angaben des Angeklagten nicht mehr.
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Darüber hinaus kam es zu einem Probierkonsum von Ritalin, psilocybinhaltigen Pilzen, Meskalin und LSD.
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Seit Beginn der Corona-Pandemie intensivierte der Angeklagte darüber hinaus auch sein Spielverhalten (u.a. Sportwetten und online Glücksspiele). Je mehr Betäubungsmittel der Angeklagte konsumierte, desto mehr Glücksspiel betrieb er. Nüchtern hat der Angeklagte – nach eigenen Angaben – keinerlei Glückspiel betrieben. Er litt teilweise unter Spieldruck und spürte Erleichterung durch das Spielen. Zuletzt gelang es ihm, sein Spielverhalten etwas zu verringern.
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Der Angeklagte hat bereits eine Therapie nach § 35 BtMG und beginnend im Jahr 2009 eine Therapie im Maßregelvollzug nach § 64 StGB durchlaufen. Im Anschluss an die jeweilige Therapie gelang es dem Angeklagten – nach eigenen Angaben – für eine Zeit von zwei bzw. zehn Jahre „clean“ zu bleiben.
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Der Angeklagte ist strafrechtlich bereits mehrfach in Erscheinung getreten. Sein Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 23.05.2023 weist folgende Eintragungen auf:
1. 30.05.2006 Landgericht Berlin (F1100) -(530) 80 Js 1339/04 KLs (51/05) – Rechtskräftig seit 07.06.2006 Tatbezeichnung: Gemeinschaftlicher schwerer Raub Datum der (letzten) Tat: 09.08.2004 Angewandte Vorschriften: StGB § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1, § 21, § 25 Abs. 2, § 74, § 56
1 Jahr(e) 10 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Bewährungszeit 3 Jahr(e) .
Einziehung (von Tatprodukten, -mitteln und -objekten).
Verlust der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 45 Abs. 1 StGB).
Bewährungshelfer bestellt bis: 06.06.2008.
Bewährungshelfer bestellt.
2. 23.06.2006 LG Hof (D4500) -1 KLs 332 Js 14293/05 – Rechtskräftig seit 23.06.2006
Tatbezeichnung: Unerl. Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerl. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Mitsichführen eines Gegenstandes der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet ist
Datum der (letzten) Tat: 18.10.2005
Angewandte Vorschriften: StGB § 53, BtMG § 30 a Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, § 29 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
2 Jahr(e) 9 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Verlust der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 45 Abs. 1 StGB).
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG).
Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zurückgestellt bis 28.08.2008.
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 17.09.2010.
Bewährungshelfer bestellt.
3. 14.11.2007 LG Hof (D4500) -1 KLs 332 Js 14293/05 – Rechtskräftig seit 27.11.2007
3 Jahr(e) 8 Monat(e) Freiheitsstrafe.
Verlust der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 45 Abs. 1 StGB).
Nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 23.06.2006+1 KLs 332 Js 14293/05+D4500+LG Hof.
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 30.05.2006+(530) 80 Js 1339/04 KLs (51/05) +F1100+LG Berlin.
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 16.12.2011.
Bewährungshelfer bestellt.
Strafrest erlassen mit Wirkung vom 20.12.2011.
Verlust der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit bis 16.12.2013.
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Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
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Der Angeklagte konsumiert bereits seit seinem 12. Lebensjahr Rauschgift. Zunächst rauchte er nur am Wochenende Haschisch. Dabei blieb es jedoch nicht. Nach einiger Zeit konsumierte er das Rauschgift bereits täglich und ging dann im Alter von 15 – 18 Jahren dazu über, Ecstasy-Tabletten zu sich zu nehmen, zunächst ein bis zwei Stück täglich, dann drei bis vier Stück am Tag. Mit 18 konsumierte er dann auch Amphetamin und Kokain, wobei er auch insoweit seinen Konsum bis zum Ende auf drei bis fünf Gramm täglich steigerte. Beim Angeklagten bestand infolgedessen im Jahre 2005 eine Betäubungsmittelabhängigkeit.
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1. Aufgrund dieser Betäubungsmittelabhängigkeit kaufte der Angeklagte am 17.10.2005 in einem türkischen Café in B. von einem unbekannt gebliebenen Lieferanten für 940,- Euro 30 Gramm eines Kokaingemisches von schlechter Qualität. Er wollte die Kokainzubereitung, die einen Wirkstoffgehalt von 6,8 Gramm Kokain-Hydrochlorid hatte, selbst verbrauchen.
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2. Aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit war der Angeklagte auch darauf aus, Geld zu verdienen, um sich seinen Eigenverbrauch leisten zu können. Deswegen kam er gleichfalls am 17.10.2005 mit dem Angeklagten, der ihm zuvor erklärt hatte, dass er eine größere Menge EcstasyTabletten gewinnbringend verkaufen wolle, in seiner Wohnung in B. überein, den Verkauf des vom Angeklagten zur Verfügung gestellten Rauschgifts an einen Abnehmer im süddeutschen Raum zu vermitteln. Der Angeklagte hatte von einem unbekannt gebliebenen Lieferanten zuvor für 2.700, – Euro 2.784 Ecstasy-Tabletten auf Kommissions-Basis erworben. Diese übergab er am 17.10.2005 in dessen Wohnung an den Angeklagten, der bereits mit seinem Abnehmer aus Freising vereinbart hatte, dass die EcstasyTabletten für 6.000, – Euro erwarb. Bevor die Angeklagten und sich vereinbarungsgemäß auf die Fahrt nach Freising begaben, vereinbarten sie auch, den Gewinn aus diesem Rauschgiftgeschäft zu teilen.
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Am 17.10.2005 befand sich auch der Angeklagte, der in Freising wohnt und in B. zu Besuch war, zusammen mit seiner Freundin beim Angeklagten in dessen Wohnung in der in B.-Friedrichshain. Dabei erfuhr er vom Angeklagten, dass dieser zusammen mit dem Angeklagten ca. 2.500 Ecstasy-Tabletten nach Freising verbringen wollte, um sie dort zu verkaufen, wobei er auch damit rechnete und zumindest billigend in Kauf nahm, dass die beiden Angeklagten dabei einen Gewinn erzielen würden. Auf Bitten des Angeklagten erklärte sich der Angeklagte dazu bereit, die Angeklagten und auf der Rückfahrt von Berlin nach Freising mitzunehmen, wobei er zumindest billigend in Kauf nahm, dass er, der Angeklagte, sie durch die Verbringung nach Freising bei ihrem Rauschgiftgeschäft unterstützte. Zwischen 22.00 und 24.00 Uhr fuhren die drei Angeklagten im Mercedes mit dem Kennzeichen des Angeklagten von B1. aus in Richtung Freising. Der Angeklagte fungierte als Fahrer, der Angeklagte befand sich auf der Rücksitzbank des Fahrzeugs. Im Fußraum vor seinen Füßen lag ein ihm, dem Angeklagten, gehörender Teleskopschlagstock, den er bereits bei einer zuvor mit dem Angeklagten durchgeführten Fahrt dort liegen hatte lassen. Während der Fahrt von seiner, des Angeklagten, Wohnung in Richtung bayerischer Grenze bemerkte der Angeklagte, dass der Schlagstock hinter dem Fahrersitz unmittelbar in seinem Fußbereich lag. Er wusste und billigte auch, dass der Teleskopschlagstock dazu geeignet und bestimmt war, damit Menschen zu schlagen und diese beim Einsatz des Gegenstandes auch zu verletzen. Gegen 03.00 Uhr befanden sich die drei Angeklagten in Höhe der Rastanlage . Weil seine Freundin etwas Trinken und Austreten wollte, hielt der Angeklagte auf dem dortigen Parkplatz an. Dabei wurden sein Fahrzeug sowie die drei Angeklagten einer Polizeikontrolle unterzogen. Die 2.784 Ecstasy -Tabletten, die einen Wirkstoffgehalt von 72,7 Gramm MDMA-Base hatten, wurden ebenso sichergestellt wie die Restmenge der vom Angeklagten erworbenen und mitgeführten Kokain-Zubereitung und der Teleskopschlagstock.
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Alle drei Angeklagten besaßen die, wie sie wussten, erforderliche Erlaubnis nach dem Betäubungsmittelgesetz nicht.
4. 04.06.2010 LG Gera (Y1200) -780 Js 23575/09 9KLs – Rechtskräftig seit 12.06.2010
Tatbezeichnung: Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in TE mit unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln Datum der (letzten) Tat: 09.08.2009
Angewandte Vorschriften: StGB § 52, § 64, BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 29 a Abs. 1 Nr. 1
3 Jahr(e) Freiheitsstrafe.
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG).
Verlust der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 45 Abs. 1 StGB).
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zur Bewährung ausgesetzt.
Ausgesetzt durch: 09.11.2011+4 STVK 635/10+Y1300+LG Meiningen. Führungsaufsicht nach Aussetzung oder Erledigung einer Unterbringung bis 01.12.2016.
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 24.11.2014.
Ausgesetzt durch: 09.11.2011+4 STVK 635/10+Y1300+LG Meiningen.
Bewährungshelfer bestellt.
Dauer der nach § 67b-67d StGB eingetretenen Führungsaufsicht geändert; Fristende 24.11.2016.
Strafrest erlassen mit Wirkung vom 23.04.2015.
Nach § 67b-67d StGB eingetretene Führungsaufsicht erledigt am 23.04.2015.
Verlust der Amtsfähigkeit und der Wählbarkeit bis 22.04.2020.
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erledigt am 23.04.2015.
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Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
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Vom 06.08.2009-09.08.2009 besuchte der Angeklagte gemeinsam mit seiner Freundin, der vormals Mitangeklagten, zwischenzeitlich anderweitig verurteilten und dem gesondert Verfolgten, geb. am, das Sonne-Mond-Sterne-Festival in Saalburg/Ebersdorf. Vor Reiseantritt hatte der Angeklagte etwa 160 g Amphetamin (Speed) minderer Qualität erworben, dass er zum Teil selbst konsumieren und zum überwiegenden Teil gewinnbringend verkaufen wollte. Vor Ort verkaufte und übergab der Angeklagte während der vorgenannten Zeitspanne aus seinem Vorrat zunächst eine Teilmenge von 30 Gramm zum gewinnbringenden Preis von an den Zeugen und weitere, jeweils gesondert abgepackte Kleinmengen von 0,8 Gramm an interessierte Nachfrager. Auch dem überließ der Angeklagte eine nicht näher bestimmbare Anzahl vorbenannter Speed-Portionen verbunden mit der Maßgabe, diese nach eigenem Belieben selber zu konsumieren oder sie seinerseits an Dritte zu veräußern. Dabei war dem Angeklagten bewusst, dass der seit längerem zu seinem engeren Bekanntenkreis gehörende noch keine 18 Jahre alt war, und dass er selbst nicht über die zum Umgang mit Betäubungsmitteln notwendige Erlaubnis des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte verfügte. Beim Aufgriff des Angeklagten am 09.08.2010 wurden von der Ausgangsmenge noch 106 g sichergestellt, deren durchschnittlicher Wirkstoffgehalt an Amphetamin-Base ausweislich des hierzu eingehalten Behördengutachtens des LKA Thüringen vom 20.08.2009 5,54% betrug.
5. 20.12.2017 AG Pirna (U1114) -23 Cs 428 Js 61392/17 –
Rechtskräftig seit 06.03.2018
Tatbezeichnung: Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln Datum der (letzten) Tat: 19.10.2017
Angewandte Vorschriften: BtMG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 29 Abs. 1 Nr. 3, § 33
1 Tagessätze zu je 15,00 EUR Geldstrafe.
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG). Maßnahme nach: BtMG § 33.
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Dem Strafbefehl lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
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Am 19.10.2017 gegen 10:20 Uhr führten Sie in einem Reisebus auf der BAB 17 im Bereich des Parkplatzes „Am Heidenholz“ 19,13 Gramm Marihuana und 0,15 Gramm Amphetamin mit einem zumindest durchschnittlichen Wirkstoffgehalt wissentlich und willentlich mit sich, obwohl Sie wussten, dass Sie nicht die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis besaßen.
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Der Angeklagte wurde in dieser Sache am 20.12.2021 festgenommen und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 17.12.2021, Gz. ER VIII Gs 2927/21 und seit dem 09.06.2022 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom selben Tag, Gz. ER VIII Gs 1164/22.
2. Gesundheit und Betäubungsmittelkonsum
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Die Angeklagte leidet seit 2009 an Morbus Crohn. Seit dem Tod ihres Buders im Jahr 2013 wurde sie mehrfach psychotherapeutisch behandelt. Sie leidet darüber hinaus unter Depressionen und Panikattacken sowie Klaustrophobie. Ab dem 01.01.2019 suchte die Angeklagte regelmäßig einen niedergelassenen Psychiater auf. Zudem wurden ihr Antidepressiva verschrieben.
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Im Mai 2020 befand sich die Angeklagte für 2 Wochen aufgrund einer Operation am Fuß wegen einer Thrombose im Krankenhaus. Daraufhin wurde ihr Tramadol zur Schmerzbehandlung verschrieben.
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Sie hatte und hat im Übrigen keine weiteren schweren Krankheiten oder Unfälle, bei denen es zu schweren Kopfverletzungen kam, welche Einfluss auf ihre strafrechtliche Verantwortlichkeit haben könnten.
b) Betäubungsmittelkonsum
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Nikotin konsumierte die Angeklagte erstmals mit 18 Jahren; derzeit konsumiert sie circa 20 bis 25 Zigaretten täglich. Auch Alkohol nahm sie erstmalig im Alter von 18 oder 19 Jahren zu sich, seitdem trinkt sie nur gelegentlich und mäßig Alkohol.
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Amphetamin konsumierte die Angeklagte erstmals im Jahr 2017, dabei kam es teilweise auch zu seinem sehr starken Konsum aufgrund der zahlreichen Schicksalsschläge. Zwischendurch konsumierte sie auch ab und an MDMA. Ab 2021 nahm die Angeklagte dann auch Crystal Meth zu sich. Zudem konsumierte die Angeklagte auch Kokain, dabei verblieb es jedoch bei einem Probierkonsum.
32
Cannabis konsumierte die Angeklagte – nach eigenen Angaben – nicht.
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Die Angeklagte ist strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten. Ihr Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 23.05.2023 enthält keinerlei Eintragungen.
34
Die Angeklagte wurde in dieser Sache am 20.12.2021 vorläufig festgenommen. Sie befand sich vom 20.12.2021 bis 08.06.2022 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 17.12.2021, Gz: ER VIII Gs 2925/21, in Untersuchungshaft in dieser Sache. Seit dem 08.06.2022 befand sie sich aufgrund (angepassten) Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 08.06.2022, Gz: ER VIII Gs 1166/22, weiterhin ununterbrochen in Untersuchungshaft in dieser Sache. Die Kammer hat den Haftbefehl des Amtsgerichts München durch Beschluss vom 15.06.2023 aufgehoben.
2. Gesundheit und Betäubungsmittelkonsum
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Forensisch relevante Erkrankungen oder Unfälle des Angeklagten, insbesondere solche mit einer Einwirkung auf Kopf oder Gehirn, sind nicht bekannt.
b) Betäubungsmittelkonsum
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Mit 15 oder 16 Jahren konsumierte der Angeklagte erstmals Nikotin. Vor der Inhaftierung in dieser Sache rauchte er drei bis fünf Zigaretten täglich; diesen Konsum steigerte der Angeklagte in der Haft auf etwa 15 Zigaretten pro Tag.
37
Alkohol nahm der Angeklagte erstmals im Alter von dreizehn Jahren zu sich. Seither konsumiert er Alkohol gelegentlich bei sozialen Anlässen.
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Mit 20 Jahren konsumierte der Angeklagte erstmals Cannabis. Seitdem raucht er – je nach Verfügbarkeit – täglich mindestens einen Joint mit 0,5 Gramm Cannabis; ab und an konsumiert er auch bis zu drei Joints am Tag. Zu Entzugssymptomen kam es bei Nichtkonsum (wie derzeit in Haft) bisher nicht.
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Ecstasy probierte er erstmals im Alter von 35 oder 36 Jahren, dabei verblieb es bei einem sporadischen Konsum. Crystal Meth konsumierte der Angeklagte bis zum Alter von 27 Jahren regelmäßig am Wochenende; zuletzt nahm er Methamphetamin im März 2021 zu sich.
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Der Angeklagte nahm zudem im Jahr 2020 einmalig Kokain zu sich; es verblieb dabei bei einem Probierkonsum.
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Der Angeklagte ist bereits vielfach seit dem Jahr 2002 in der Tschechischen Republik strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sein Auszug aus dem tschechischen Strafregister vom 23.05.2023 enthält 8 Eintragungen u.a. wegen Diebstahls, Körperverletzung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis.
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Darüber hinaus ist der Angeklagte auch in der Bundesrepublik Deutschland strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sein Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 23.05.2023 enthält folgende Eintragung:
1. 07.05.2020 AG München (D2601) -811 Cs 261 Js 103487/20 – Rechtskräftig seit 26.05.2020
Tatbezeichnung: Betrug Datum der (letzten) Tat: 30.06.2019
Angewandte Vorschriften: StGB § 263 Abs. 1, § 13 90 Tagessätze zu je 15,00 EUR Geldstrafe.
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Dem Strafbefehl lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
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Sie bezogen seit dem 01.02.2019 von dem Leistungsträger Jobcenter M. Arbeitslosengeld II.
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Entgegen der Ihnen bekannten Verpflichtung teilten Sie dem Leistungsträger nicht unverzüglich mit, dass Sie in der Zeit vom 01.04.2019 bis zumindest 30.06.2019 bei Firma in M. gearbeitet hatten, mit der Folge, dass Ihnen – Ihrer Absicht entsprechend – für den Zeitraum vom 01.04.2019 bis 30.06.2019 Leistungen in Höhe von insgesamt 2.378,00 EUR gewährt wurden, auf die Sie keinen Anspruch mehr hatten.
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Um diesen Betrag wurde der Leistungsträger geschädigt, was Sie zumindest billigend in Kauf nahmen.
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Der Angeklagte wurde in dieser Sache am 02.12.2021 vorläufig festgenommen und befindet sich seit 03.12.2021 in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 03.12.2021, Gz. VIII Gs 2819/21 und seit dem 08.06.2022 aufgrund (angepassten) Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 03.06.2022, Gz. ER VIII Gs 1170/22, in der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim. Die Untersuchungshaft wurde im Zeitraum vom 02.12.2021 bis 21.02.2022 zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 07.05.2020, Az. 261 VRs 103487/20, unterbrochen.
2. Gesundheit und Betäubungsmittelkonsum
48
Im Oktober 2020 erlitt der Angeklagte einen einmaligen epileptischen Anfall durch Substanzkonsumentzug – einen sog. Entzugskrampfanfall, aufgrund dessen er sich ein Hirntrauma im mittleren Schweregrad zuzog und für zwei Tage im Koma lag. Der Entzugskrampfanfall ist eine körperliche Folge des langjährigen Konsums des Angeklagten von A3. und Betäubungsmitteln.
49
Der Angeklagte hatte im Jahr 2021 einen Fahrradunfall, bei welchem er einen Unterarmbruch sowie ein Schädelhirntrauma erlitt und deshalb mehrfach operiert werden musste. Zur Schmerzbehandlung wurde dem Angeklagten T2. verschrieben.
50
Bei einer durch das Gericht angeregten neurologischen Untersuchung des Angeklagten konnte zudem ein Karpaltunnelsyndrom festgestellt werden.
51
Er leidet zudem an einer Gefäßanomalie (Aneurysma) mit einer Ausdehnung von ca. 4,5 cm x 1cm; dies erfordert auch in Zukunft weitere neurologische Kontrollen.
52
Er hatte und hat im Übrigen keine weiteren schweren Krankheiten oder Unfälle, bei denen es zu schweren Kopfverletzungen kam, welche Einfluss auf seine strafrechtliche Verantwortlichkeit haben könnten.
b) Betäubungsmittelkonsum
53
Der Angeklagte raucht seit seinem 16. Lebensjahr Zigaretten; derzeit konsumiert er rund 12 Zigaretten täglich.
54
Alkohol trank er erstmals im Alter von 14 Jahren; seit seinem 16. Lebensjahr dann regelmäßig. Dabei steigerte er die Dosis von 2-3 auf 6-7 halbe Liter Bier sowie 1 Flasche Wodka täglich. Während seiner Inhaftierungen stellte der Angeklagte A3. selbst her und konsumierte diesen auch.
55
Mit 16 Jahren rauchte der Angeklagte zum ersten Mal einen Joint. Ab diesem Zeitpunkt nahm er täglich 0,5 Gramm Cannabis zu sich. Bei Nichtkonsum kam es seinen Angaben nach zu Entzugssymptomen wie Reizbarkeit, Unruhe und Appetitlosigkeit.
56
Seit dem Jahr 2003 konsumiert der Angeklagte H1.; zuletzt spritzte er sich ca. 2 Wochen vor der Inhaftierung in dieser Sache Heroin.
57
Ab 2019 konsumierte der Angeklagte darüber hinaus Speed. Die Dosis steigerte er von zunächst einer „Line“ auf 6-12 „Lines“. Auch erlitt er bei Nichtkonsum Entzugserscheinungen wie Müdigkeit, Traurigkeit und Appetitsteigerung. Kokain nahm er ab 2021 regelmäßig zu sich.
58
Auch nahm der Angeklagte folgende Betäubungsmittel zu sich, wobei es jedoch bei einem einmaligen bzw. einem kurzzeitigen, nicht dauerhaften Konsum verblieb: Spice, Crystal Meth, Ecstasy, LSD, Ketamin und Benzodiazepine
59
Der Angeklagte ist bereits vielfach seit dem Jahr 1997 in der Tschechischen Republik strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sein Auszug aus dem tschechischen Strafregister vom 23.05.2023 enthält 15 Eintragungen; diese betreffen u.a. Diebstahl, sowie das unbefugte Eindringen in Privatbesitz und sind überwiegend der Beschaffungskriminalität zuzuordnen. Der Eintragung vom 30.10.2002 liegt eine Verurteilung des Bezirksgericht Prag aufgrund des Verkaufs des Betäubungsmittels Heroin zugrunde.
60
In der Bundesrepublik Deutschland ist der Angeklagte strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten. Sein Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 23.05.2023 enthält keinerlei Eintragungen.
61
Der Angeklagte wurde in dieser Sache am 20.12.2021 vorläufig festgenommen und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft, zunächst aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 17.12.2021 (Gz.: ER VIII Gs 2924/21) und seit dem 10.06.2022 aufgrund (angepassten) Haftbefehls des Amtsgerichts München (Gz.: ER VIII Gs 1168/22).
2. Gesundheit und Betäubungsmittelkonsum
62
Die Angeklagte hatte und hat keine schweren Krankheiten oder Unfälle, bei denen es zu schweren Kopfverletzungen kam, welche Einfluss auf ihre strafrechtliche Verantwortlichkeit haben könnten.
63
Die Angeklagte konsumiert nach eigenen Angaben keinerlei Betäubungsmittel. In der Vergangenheit kam es zu einem Probierkonsum von Marihuana.
64
Alkohol konsumiert die Angeklagte gelegentlich bei gesellschaftlichen Anlässen.
65
Die Angeklagte ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten. Ihr Bundeszentralregisterauszug vom 23.05.2023 weist keinerlei Eintragungen auf.
66
Die Angeklagte wurde in dieser Sache am 20.12.2021 vorläufig festgenommen. Sie befand sich vom 20.12.2021 bis zur Außervollzugsetzung des Haftbefehls am 21.02.2022 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 17.12.2021, Gz: ER VIII Gs 2926/21, in Untersuchungshaft in dieser Sache.
67
Der Angeklagte die Angeklagte sind bereits seit einigen Jahren ein Paar und bewohnten zuletzt gemeinsam die 2-Zimmer Wohnung der Angeklagten in der in M.. Im Herbst 2021 beschlossen die Angeklagten, zusammen das Lokal mit angeschlossenem Kiosk in der in zu eröffnen.
68
Auch die Angeklagten und sind mit dem Angeklagten bereits seit einigen Jahren befreundet. Diese kamen mehrfach in der gemeinsamen Wohnung des Angeklagten und der Angeklagten in deren Wohnzimmer, welches durch eine Wohnwand abgetrennt war, unter. Zuletzt sollten die Angeklagten und der Angeklagte bei der Renovierung des tätig werden und bewohnten deshalb einen zum Lokal gehörenden Kellerraum. Nach Verhaftung des Angeklagten am 02.12.2021 – welcher mit der Versiegelung der Räume des einherging – kam der Angeklagte wieder im Wohnzimmer der gemeinsamen Wohnung der Angeklagten und unter.
69
Im Rahmen ihrer jahrelangen Freundschaft entwickelten die Angeklagten, und ein Vertrauensverhältnis, im Zuge dessen es auch zu gemeinsamen Betäubungsmittelgeschäften, aber auch zur Vermittlung von (legalen) Arbeitsstellen kam. Zuletzt waren die Angeklagten,, und stets gemeinsam anzutreffen; wobei sie dabei auch zusammen Betäubungsmittel konsumierten.
70
Die Angeklagte ist die Halbschwester des Angeklagten, zu dem sie seit ihrer Kindheit ein gutes geschwisterliches Verhältnis pflegt. Da ihr damaliger Lebensgefährte in W. lebte und sie diesen oftmals über das Wochenende besuchte, stellte sie den Mitangeklagten und- aufgrund der beengten Wohnsituation – mehrfach ihre Wohnung während ihrer Abwesenheit zur Verfügung.
II. Taten im Zusammenhang mit COVID-Schutzimpfungen
71
Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt vor dem 29.03.2021 schlossen sich die Angeklagten,,, und zusammen, um durch die Herstellung und den Vertrieb manipulierter Blankett-Impfausweise, welche eine angeblich erfolgte Erst- und/oder Zweitimpfung gegen COVID-19 bescheinigte, sich eine dauerhafte Einkommensquelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen.
72
Die Angeklagten betrieben hierfür zunächst in der gemeinsamen Wohnung der Angeklagten und in der in 8… M1. und später ab Herbst 2021 in der von der Angeklagten angepachteten Gaststätte, in 8… K2. eine Fälscherwerkstatt für Impfausweise.
73
Dabei boten die Angeklagten ihren Kunden zunächst die Herstellung unrichtiger Impfausweise an. Hierfür bestellte der Angeklagte über verschiedene (legale) Plattformen – teilweise unter Angabe eines falschen Namens – Blanko-Impfausweise, erstellte mit Vordrucken aus dem Internet, sowie Vordrucken, welche er über einen anderweitig verfolgten Mitarbeiter des Kreisverwaltungsreferats der Stadt München erhielt, Bögen mit Chargenaufklebern und fertigte mit hierfür eigens hergestellten Stempelvorlagen, Stempel von Ärzten sowie medizinischen Einrichtungen an. In die zuvor erworbenen BlankoImpfausweise klebten die Angeklagten im bewussten und gewollten Zusammenwirken diese selbst hergestellten Chargenaufkleber betreffend COVID-19-Impfungen – überwiegend des Herstellers BioNTech für den Impfstoff Comirnaty – ein, versahen die Impfausweise mit Stempelaufdrucken von Ärzten oder medizinischen Einrichtungen, wie bspw. Impfzentren, sowie erfundenen oder nachgeahmten Unterschriften von Ärzten und meist auch (aber nicht kontinuierlich) mit einem vermeintlichen Impfdatum.
74
Der Verkauf der so erstellten Impfausweise erfolgte schließlich unter dem Pseudonym „“ überwiegend über einen hierfür erstellten Telegram-Kanal sowie die Mailplattform Protonmail, aber auch über persönlichen Kontakt und später über einen hierfür gefertigten Chatbot auf dem Telegram-Kanal des Angeklagten. Die Bezahlung der Impfausweise erfolgte überwiegend in Kryptowährung oder per Paysafe-Karten, sowie vereinzelt auch in bar. Pro Impfausweis verlangten die Angeklagten einen Preis in Höhe von 150 Euro, wobei Preisnachlässe bei „Großbestellungen“ sowie aufgrund der Schwankungen der Kryptowährungen möglich waren. Unter Berücksichtigung der Preisnachlässe sowie der Schwankungen von Kryptowährungen erlangten die Angeklagten pro Impfausweis jedenfalls 103,73 Euro.
75
Nachdem der Angeklagte Kontakte zu Apothekenmitarbeitern knüpfen konnte, erweiterten die Angeklagten, und ihr Geschäftsmodell und boten darüber hinaus in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken auch die Übermittlung digitaler COVID-Impfzertifikate der EU (im Folgenden: digit COVIDImpfzertifikat) an. Hierfür übersandten die Abnehmer an die Angeklagten, oder ihre persönlichen Daten (vollständiger Name, Geburtsdatum) sowie wahlweise auch das Datum der vermeintlichen Erst- und Zweitimpfung und den gewünschten Impfstoff. Diese Daten wurden sodann – teilweise gesammelt auf Bestelllisten –, an die jeweiligen Apothekenmitarbeiter weitergeleitet, die mit den Angeklagten zusammenarbeiteten. Diese Apothekenmitarbeiter erstellten sodann das bestellte digitale COVID-Impfzertifikat und übersandten bzw. übergaben dies an die Angeklagten. Die Abwicklung der Bezahlung erfolgte schließlich nach der Übersendung bzw. Übergabe an den jeweiligen Abnehmer; die Angeklagten leisteten jeweils keine Vorkasse gegenüber den Apothekenmitarbeitern.
76
Am 02.12.2021 bewahrten die Angeklagten in der Gaststätte,, 153 weitere internationale und 12 tschechische Blanko-Impfausweise sowie 4.588 Chargenaufkleber der gängigen Impfstoffe gegen COVID-19 (u.a. des Herstellers BioNTech) und 10 Stempel von Ärzten bzw. medizinischem Personal, sowie Impfzentren auf, um in der Folge weitere gefälschte Impfausweise herzustellen und diese gegen Bezahlung an Abnehmer zu verschicken.
77
In Umsetzung ihres Geschäftsmodells kam es dabei zu folgenden Taten:
78
Zu nicht näher bekannten Zeitpunkten jedenfalls kurz vor dem jeweiligen Vorlagezeitpunkt, präparierten die Angeklagten,,, und in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken gelbe internationale Blankett-Impfausweise mit zuvor selbst hergestellten Chargenaufklebern der gängigen COVID-19 Impfstoffe, versahen diese mit einem zugehörigen Stempel und einer erfundenen oder nachgeahmten Unterschrift eines Arztes und füllten das jeweilige vermeintliche Impfdatum aus. Diese versandten die Angeklagten sodann per Post an verschiedene Abnehmer im gesamten Bundesgebiet.
79
Die Angeklagten beabsichtigten dabei, die jeweiligen Abnehmer vor einer Impfung gegen COVID-19 zu „schützen“ und diesen letztlich durch das vollständige Ausfüllen der Impfausweise mit den jeweiligen Personalien Möglichkeiten beruflicher und freizeitlicher Aktivitäten zu eröffnen, welche aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt herrschenden 2G/3G-Regelungen eingeschränkt waren.
80
Die Abnehmer der von den Angeklagten präparierten Impfausweise legten diese – vervollständigt mit den jeweiligen Personalien – sodann wie folgt vor:
81
a) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 20.10.2021 legte die anderweitig Verfolgte ihren mit Personalien ausgefüllten Impfausweis im Terminal 3 des Flughafens Stuttgart 7. L1. vor.
82
b) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 08.11.2021 legte die anderweitig Verfolgte ihren vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der Apotheke, in 7… L2. vor.
83
c) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 16.11.2021 legte der anderweitig Verfolgte seinen vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der Apotheke, in 6… B2. vor.
84
d) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 20.11.2021 legte der anderweitig Verfolgte seinen vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis im Terminal 3 des Flughafens Stuttgart in 7… L1. vor.
85
e) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 20.11.2021 legte der anderweitig Verfolgte seinen vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis im, in 7… O1. vor.
86
f) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 22.11.2021 legte die anderweitig Verfolgte ihren vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der Apotheke, in 7… L2. vor.
87
g) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 23.11.2021 legte der anderweitig Verfolgte seinen vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der Apotheke, in 8… H2. vor.
88
h) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 26.11.2021 legten die anderweitig Verfolgten und jeweils ihren vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der Apotheke am, in 7… O2. am Neckar vor.
89
i) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 26.11.2021 legte der anderweitig Verfolgte seinen vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der Apotheke in 7… V. an der Enz vor.
90
j) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 29.11.2021 legte der anderweitig Verfolgte seinen vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis am Flughafen Stuttgart 7. L1. vor.
91
k) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 01.12.2021 legte der anderweitig Verfolgte seinen mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der Apotheke, in 7… G3. vor.
92
l) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 03.12.2021 legte die anderweitig Verfolgte ihren vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der Apotheke, in 7… G3. vor.
93
m) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 03.12.2021 legte der anderweitig Verfolgte seinen vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der Apotheke, in 7… P2. vor.
94
n) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 09.12.2021 legte der anderweitig Verfolgte seinen vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der -Apotheke in 8… F. vor.
95
o) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 09.12.2021 legte die anderweitig Verfolgte ihren vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der Apotheke in 8… F. vor.
96
p) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 18.12.2021 legte der anderweitig Verfolgte seinen vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in der Apotheke in 8… L3. vor.
97
q) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 24.12.2021 legte der anderweitig Verfolgte im Terminal 4 am Flughafen Stuttgart in 7… L4. seinen vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis vor.
98
r) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt am 13.01.2022 legte der anderweitig Verfolgte seinen vollständig mit Personalien ausgefüllten Impfausweis in einer Apotheke,, 8… W2. vor.
99
Sämtliche der anderweitig Verfolgten – unter Ziffer C. II. 1. a) bis C. II. 1. r) – dargestellten Nutzer der gefälschten Impfausweise wussten, dass es sich hierbei um falsche Impfausweise handelte und eine tatsächliche Impfung, so wie im jeweiligen Impfausweis dokumentiert, nicht stattgefunden hatte. Sie legten diese jeweils vor, um entweder in den genannten Apotheken ein digitales Impfzertifikat zu erhalten oder einen Flug antreten zu können und handelten dabei in der Absicht, über ihren Impfstatus zu täuschen.
100
Die Angeklagten stellten die oben ausgeführten präparierten Blankett-Impfausweise ihren Abnehmern und deren Abnehmern mit dem Wissen zur Verfügung, dass es sich um falsche Urkunden im Rechtssinne handeln könnte, wenn diese vollständig mit Personalien ausgefüllt werden würden. Sie rechneten damit, dass dies durch jenen Personenkreis geschehen kann, und nahmen dies in der Folge auch billigend in Kauf. Ebenso erkannten sie die Möglichkeit, dass in der Folge die vervollständigten falschen Impfausweise – wie geschehen – in Apotheken, an Flughäfen, sowie bei sonstigen Stellen, an denen eine Vorlage des Impfausweises aufgrund der geltenden Pandemiebeschränkungen notwendig war, vorgelegt werden würden. Auch dies nahmen sie billigend in Kauf. Ihr Geschäftsmodell bestand gerade darin, Abnehmer in die Lage zu versetzen, wie tatsächlich nachweislich gegen COVID-19 geimpfte Personen wieder ohne Beschränkungen am Leben teilzunehmen.
2. Digitale COVID-Impfzertifikate
101
Der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte lernten sich über eine Chatgruppe des Messenger-Dienstes Telegram kennen, als der anderweitig Verfolgte bei dem Angeklagten einen gefälschten CovidImpfausweis bestellte.
102
Der anderweitig Verfolgte, welcher jedenfalls im Zeitraum vom 30.07.2021 bis 18.10.2021 in der -Apotheke in den am in 8… M1. tätig war, gab gegenüber dem Angeklagten bei einem persönlichen Treffen zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt, wohl im Juli 2021 an, dass er über einen Apotheker digitale COVID-Impfzertifikate bekommen könne, welche der Angeklagte sodann unter dem Pseudonym weitervermitteln könne.
103
Am 30.07.2021 stellte der anderweitig Verfolgte in der Apotheke,, 8… M1., ein digitAles COVID-Impfzertifikat auf den Angeklagten aus (Falltabelle Ziffer 793), ohne dass er dessen Impfausweis auf eine tatsächlich stattgefundene Impfung gegen COVID-19 überprüft hatte. Dieses übermittelte er sodann an den Angeklagten.
104
Zur Ausstellung eines solchen digitalen COVID-Impfzertifikates muss sich ein Apotheker bzw. ein Apothekenmitarbeiter mit einem Zugang, welcher einmalig für die Apotheke ausgestellt wird und nicht auf den einzelnen Apothekenmitarbeiter personalisiert ist, auf der Website des Apothekenportals für die Erstellung von digitalen COVIDImpfzertifikaten einloggen. Über dieses erfolgt sodann die Ausstellung der digitalen COVID-Impfzertifikate durch Übermittlung der notwendigen Daten (Vorname, Nachname, Geburtsdatum, Impfdatum etc.) an das Robert-Koch-Institut (RKI), durch welches sodann automatisiert ein digitAles COVID-Impfzertifikat generiert wird, welches ohne weitere Prüfung der Daten, an die die Ausstellung beantragende Apotheke zurück übermittelt wird.
105
Nachdem der Angeklagte festgestellt hatte, dass die Herstellung unrichtiger digitaler COVID-Impfzertifikate über seine Kontakte bei verschiedenen Apotheken problemlos möglich war, fasste er gemeinsam mit den Angeklagten und den Tatplan, in größerem Umfang im arbeitsteiligen Zusammenwirken entsprechende Zertifikate zusammen mit dem anderweitig Verfolgten, sowie weiteren nicht näher bekannten Apothekenmitarbeitern aus insgesamt vier verschiedenen Apotheken in der Bundesrepublik Deutschland, zu generieren und über die Messenger-Plattform Telegram unter dem Pseudonym „“ sowie den persönlichen Kontakt zu verkaufen, um sich so eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen.
106
In Umsetzung dieses Tatplans bot der Angeklagte über seinen TelegramAccount „“ unberechtigt erstellte, jedoch originale und technisch valide digitale COVID-Impfzertifikate gegen Bezahlung an, ohne dass eine Impfung des jeweiligen Abnehmers tatsächlich erfolgt war, bzw. überprüft wurde. Die Angeklagte erstellte anhand der Bestellungen Tabellen im PDF- und Excel-Format, welche sie mit den für die Erstellung von digitalen COVID-Impfzertifikaten notwendigen Daten der jeweiligen Abnehmer ausfüllte. Diese Liste übermittelte der Angeklagte sodann an den jeweiligen Apothekenmitarbeiter, welcher die digitalen COVIDImpfzertifikate entsprechend mit den in den Tabellen enthaltenen Daten erstellte. Die Angeklagte übermittelte – dem gemeinsamen Tatplan entsprechend – an den anderweitig Verfolgten, über einen hierfür durch den Mitangeklagten für sie eingerichteten Telegram-Account, die Daten von Abnehmern aus dem näheren Bekanntenkreis der Angeklagten. Die so erstellten digitalen COVIDImpfzertifikate wurden von den jeweiligen Apothekenmitarbeitern entweder digital übermittelt, oder in Papierform persönlich an die Angeklagten übergeben.
107
Der Verkauf der so erstellten Zertifikate wurde überwiegend über den Messenger-Dienst Telegram unter dem Pseudonym „“ aber auch über den persönlichen Kontakt im Bekanntenkreis abgewickelt. Die Bezahlung erfolgte größtenteils in Kryptowährung – u.a. Bitcoin, Ethereum und Monero –, über Paysafe und teilweise auch durch Barzahlung.
108
Im Zeitraum zwischen 30.07.2021 um 11:14 Uhr bis 18.10.2021 wurden auf diese Art und Weise in drei Apotheken im Großraum München mit den Apothekenkennungen, und (Apotheke in den –) und der Apotheke am, in Wuppertal mit der Apothekenkennung insgesamt mindestens 1018 digitale COVIDImpfzertifikate der EU (Fälle 1-1018 der unten dargestellten Falltabelle) für jedenfalls 574 verschiedene Abnehmer ausgestellt. Auch bei Erst- und Zweitzertifikaten für Impfstoffe, bei denen eine Zweifachimpfung erforderlich war, war es so, dass auf dem Portal zur Erstellung der digitalen COVID-Impfzertifikate die Maske aufgrund eines neuen Tatentschlusses jeweils neu aufgerufen und vollständig neu befüllt werden musste. Die Daten hinsichtlich der Erst- und Zweitimpfung unterschieden sich hierbei insbesondere hinsichtlich des jeweiligen Impfdatums.
109
Der Verkauf an die jeweiligen Abnehmer wurde jeweils zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt in zeitlich unmittelbarer Nähe zur Herstellung des Zertifikats entsprechend dem gemeinsamen Tatplan durch die Angeklagten und abgewickelt. Im gesamten Tatzeitraum verkauften die Angeklagten – entsprechend des gemeinsamen Tatplanes – an mindestens 574 Abnehmer Impfzertifikate zu einem Preis von mindestens 150 Euro, wobei unberücksichtigt blieb, ob der jeweilige Abnehmer nur ein Zertifikat der Erstimpfung oder auch ein weiteres Zertifikat der Zweitimpfung erwarb. Soweit die Erstellung der digitalen COVIDImpfzertifikate in Zusammenarbeit mit dem anderweitig Verfolgten in der -Apotheke in den erfolgte, wurden 2/3 des jeweiligen Verkaufspreises für die Erstellung des Zertifikats an diesen übergeben.
110
Die Angeklagten wussten, dass die von ihnen angebotenen digitalen COVID-Zertifikate eine unrichtige Bescheinigung über eine durchgeführte COVID-Schutzimpfung enthielten, weil die darin bescheinigte Impfung jeweils gerade nicht durchgeführt worden war, sondern nur dem Kundenwunsch entsprechend gegen Geld ausgefertigt wurde durch ihren jeweiligen Mittelsmann. Sie handelten in Kenntnis der Tatumstände mit der Intention der Gewinnerzielung.
111
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit entfernt (redaktionelle Entscheidung).
112
Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt vor dem 02.12.2021 präparierten die Angeklagten in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken zwei BlankettImpfausweise mit von ihnen hierfür bereits zuvor angefertigten Chargenaufklebern des Impfstoffes „Comirnaty“, Stempelabdrücken des Impfzentrums München sowie der vermeintlichen Impfdaten und mit nachgeahmten oder erfundenen Unterschriften eines Arztes. Darüber hinaus beschrifteten die Angeklagten einen der Impfausweise auf der Frontseite mit den Personalien des Angeklagten; den zweiten Impfausweis vervollständigten sie auf der Frontseite mit den Personalien des anderweitig Verfolgten.
113
Den mit den Personalien des anderweitig Verfolgten ausgestellten Impfausweis, veräußerten und übergaben die Angeklagten sodann gegen einen Preis von mindestens 103,73 Euro an diesen, damit dieser die Möglichkeit hatte, sich gegenüber Dritten als tatsächlich gegen COVID-19 geimpfte Person auszugeben. Auch hinsichtlich des so hergestellten Impfausweises des Angeklagten bestand bei den Angeklagten die Absicht, Dritte über eine bestehende Impfung des Angeklagten gegen COVID-19 zu täuschen.
114
Die beiden falschen Impfausweise konnten bei der Durchsuchung der von der Mitangeklagten gepachteten Gaststätte am 02.12.2021 bei dem Angeklagten sowie dem anderweitig Verfolgten, die sich zum Durchsuchungszeitpunkt in der Gaststätte aufhielten, sichergestellt werden.
4. Chargenaufkleber und Stempel für den anderweitig Verurteilten
115
Um Kundenwünschen entgegenzukommen, die ihrerseits selbst Eintragungen nicht stattgefundener COVID-Impfungen in Impfausweisen vornehmen wollten, erweiterte jedenfalls der Angeklagte das Angebot auf den entgeltlichen Bezug von Stempeln und Chargenaufklebern, die von ihm hergestellt wurden. Dabei war er offen für Kundenwünsche im Hinblick auf die konkrete Stempelfertigung.
116
Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt nach dem 07.12.2021 verkaufte und übergab der Angeklagte an den anderweitig Verurteilten einen eigens gefertigten Arztstempel („Kinderärzte Dr. G. / Dr. B.“ mit Münchener Adresse, Telefon- und Faxnummer) sowie zwei von ihm zuvor hergestellten Bögen mit insgesamt mindestens fünfzehn Chargenaufklebern mit dem Aufdruck „Comiraty“ mit den Chargennummern und zu einem Preis von mindestens 100 Euro.
117
Wie dem Angeklagten bewusst war, plante der anderweitig Verurteilte eine unbekannte Anzahl an Impfausweisen – aus seinem familiären Umfeld – zu verfälschen. Die Übergabe der Chargenaufkleber und Stempel fand nicht ausschließbar in der in 8… M1. statt. Mit der Übergabe der Gegenstände wollte der Angeklagte jedenfalls dem anderweitig Verurteilten dabei Hilfe leisten, dass dieser in von ihm selbst erworbenen Blankett-Impfausweisen eine nicht durchgeführte Schutzimpfung dokumentiert, um die Herstellung eines unrichtigen Impfausweises vorzubereiten.
5. Impfausweis für die Schwester der anderweitig Verurteilten
118
Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt kurz vor dem 07.12.2021 verkaufte und übergab die Angeklagte in Kenntnis sämtlicher Tatumstände willentlich an die namentlich nicht näher bekannte Schwester der anderweitig Verurteilten einen gefälschten Impfausweis, welcher mit gefälschten Chargenaufklebern eines der gängigen Impfstoffe gegen COVID-19, gefälschten Stempeln einer Arztpraxis oder einer medizinischen Einrichtung und erfundenen oder nachgeahmten Unterschriften – sowie nicht ausschließbar einem vermeintlichen Impfdatum – versehen war, zu einem Kaufpreis von 200 Euro. Die Frontseite des Impfausweises, auf welchem die Personalien des Impfausweises eingetragen werden können, ließ die Angeklagte bewusst unausgefüllt. Die Übergabe des zuvor präparierten Impfausweises erfolgte im Großraum München.
119
Es konnte nicht festgestellt werden, ob dieser Impfausweis noch vervollständigt worden ist oder ob er tatsächlich vorgelegt wurde.
6. Impfausweise für die anderweitig Verurteilte
120
Am 07.12.2021 um 13:32 Uhr bestellte die anderweitig Verurteilte Dacic bei der Angeklagten per SMS zwei gefälschte Impfausweise. Die Angeklagte verkaufte und übergab sodann in Kenntnis sämtlicher Tatumstände willentlich zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen dem 07.12.2021 und dem 15.12.2021 im Großraum München zwei Blankett-Impfausweise, in welche gefälschte Chargenaufkleber eines der gängigen Impfstoffe gegen COVID-19, gefälschte Stempel einer Arztpraxis oder medizinischen Einrichtung angebracht waren und erfundene oder nachgeahmte Unterschriften – sowie nicht ausschließbar ein vermeintliches Impfdatum - eingetragen waren zu einem Kaufpreis von je 200 Euro an die anderweitig Verfolgte. Die Frontseite der übergebenen Impfausweise enthielten keine Personalien des vermeintlichen Impfausweisinhabers.
121
Auch hier konnte nicht festgestellt werden, ob diese beiden Impfausweise noch vervollständigt worden sind und tatsächlich vorgelegt wurden.
7. Impfausweis auf Vermittlung des anderweitig Verfolgten
122
Am 08.12.2021 verkaufte und übergab die Angeklagte in Kenntnis sämtlicher Tatumstände willentlich auf Vermittlung des anderweitig Verfolgten an eine nicht näher bekannte Arbeitskollegin des anderweitig Verfolgten einen gefälschten Impfausweis, welcher mit gefälschten Stempeln einer Arztpraxis oder einer medizinischen Einrichtung, gefälschten Chargenaufklebern eines der gängigen Impfstoffe gegen COVID-19 und nachgeahmten oder erfundenen Unterschriften eines Arztes versehen war, zu einem Kaufpreis von 200 Euro. Die Frontseite des Impfausweises war dabei wiederum nicht ausgefüllt, enthielt also keine Personalien des vermeintlichen Impfausweisinhabers.
123
Die Übergabe fand vereinbarungsgemäß in einem Lebensmittelgeschäft in 8… G4. statt.
124
Es konnte auch in diesem Fall nicht festgestellt werden, ob dieser Impfausweis noch vervollständigt worden ist oder tatsächlich vorgelegt wurde.
8. Impfausweis für die Schwiegermutter des anderweitig Verfolgten
125
Der anderweitig Verfolgte erwarb bereits zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach dem 06.09.2021 über die Angeklagte mindestens zwei digitale COVID-Impfzertifikate, welche in der Apotheke in M. durch den anderweitig Verfolgten in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit den Angeklagten, und, erstellt worden waren (siehe C. II. 3 Ziffern 350 und 351).
126
Am 09.12.2021 verkaufte und übergab die Angeklagte in Kenntnis sämtlicher Tatumstände willentlich an den anderweitig Verfolgten einen gefälschten Impfausweis, welcher jedenfalls mit gefälschten Stempeln einer Arztpraxis oder einer medizinischen Einrichtung, gefälschten Chargenaufklebern eines der gängigen Impfstoffe gegen COVID-19 und erfundenen oder nachgeahmten Unterschriften eines Arztes versehen war, zu einem unbekannten Kaufpreis für dessen Schwiegermutter, ohne dass deren oder sonstige Personalien auf der Frontseite des Impfausweises eingetragen waren.
127
Die Übergabe des gefälschten Impfausweises fand im Großraum München statt.
128
Erneut konnte nicht festgestellt werden, ob dieser Impfausweis noch vervollständigt worden ist oder tatsächlich vorgelegt wurde.
129
Am 08.12.2021 legte die Angeklagte in einer italienischen Gaststätte in W. am Inn ihren gefälschten Impfausweis vor, um dadurch einen Impfschutz nachweisen zu können, wobei der Angeklagten bewusst war, dass dieser Impfschutz tatsächlich nicht bestand. Der vorgelegte Impfausweis enthielt auf der Frontseite die Personalien (vollständiger Name und Geburtsdatum) der Angeklagten und war auf Blatt 20 des Impfausweises mit zwei Chargenaufklebern des Impfstoffes Comirnaty (Chargennummern und), zwei Stempeln des Impfzentrums der Landeshauptstadt München, sowie der vermeintlichen Impfdaten (5.3.2021 und 14.4.2021) sowie erfundenen oder nachgeahmten Unterschriften eines Arztes versehen. Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt für die Gastronomie geltenden 2G-Regelungen hätte die Angeklagte – wie ihr bewusst war – ohne Impfung ihre Reservierung in der Gaststätte zum Abendessen nicht wahrnehmen können.
10. Impfausweis für die anderweitig Verfolgte
130
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt jedenfalls kurz vor dem 20.12.2021 präparierten die Angeklagten,,, und in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken einen BlankettImpfausweis mit einem zuvor selbst hergestellten Chargenaufkleber des Impfstoffes Comirnaty (Chargennummer:), einem Stempelabdruck der Aicher Ambulanz, einem vermeintlichen Impfdatum (26.11.2021) sowie einer nachgeahmten oder erfundenen Unterschrift eines Arztes; die Frontseite, auf welcher sich grundsätzlich die Personalien des Impfausweisinhabers befinden, ließen die Angeklagten bewusst unausgefüllt.
131
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach der Erstellung des präparierten Impfausweises und kurz vor dem 20.12.2021 besuchte die anderweitig Verfolgte die Angeklagte in deren Wohnung in der in 8… M1., um von dieser den zuvor durch die Angeklagten erstellten Impfausweis zu erhalten. Die anderweitig Verfolgte füllte sodann die Frontseite des Impfausweises mit ihrem vollständigen Vor- und Nachnamen aus und wusste, dass es sich hierbei um einen falschen Impfausweis handelte und eine tatsächliche Impfung, wie sie aus dem Impfausweis hervorgeht, nicht stattgefunden hat. Die Angeklagten stellten den präparierten Blankett-Impfausweis der anderweitig Verfolgten mit dem Wissen zur Verfügung, dass es sich um eine falsche Urkunde im Rechtssinne handeln könnte, wenn dieser vollständig mit Personalien ausgefüllt werden würde und rechneten damit, dass dies geschehen kann und nahmen dies billigend in Kauf. Ihnen war klar, dass dieser Impfausweis bewusst dazu eingesetzt werden könnte, tatsächlich nicht erfolgte Impfungen Dritten gegenüber (wie Apothekenmitarbeitern o.ä.) nachzuweisen.
132
Aus nicht näher bekannten Gründen verblieb der Impfausweis, sowie ein weiterer mit den vollständigen Personalien der anderweitig Verfolgten ausgefüllter Impfausweis – der nicht von der hiesigen Anklage umfasst ist – in der Wohnung der Angeklagten und konnte dort bei der Durchsuchung am 20.12.2021 gegen 06:00 Uhr sichergestellt werden.
III. Taten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln
1. Durchsuchung der Wohnung am 09.08.2021
133
Am 09.08.2021 gegen 07:26 Uhr bewahrten die Angeklagten in der Wohnung in der, 8… M1. wissentlich und willentlich für den Mitangeklagten- der sich zu diesem Zeitpunkt in seiner Heimat in der Tschechischen Republik befand – 97,40 Gramm Marihuana in einem Plastikdruckverschlussbeutel auf. Das Marihuana hatte der Mitangeklagte- wie die Angeklagten wussten – dort nicht ausschließbar zum Eigenkonsum aufbewahrt.
134
Das aufbewahrte Marihuana hatte einen Wirkstoffgehalt von 10,4% Tetrahydrocannabinol und enthielt damit 10,1 Gramm THC, was die Angeklagten und zumindest billigend in Kauf nahmen. Wie sie wussten, waren weder sie selbst noch der Mitangeklagte, im Besitz der für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderlichen Erlaubnis.
2. Marihuana Plantage in H.
135
Der Angeklagte und der anderweitig Verfolgte kennen sich bereits seit einigen Jahren. Nachdem die beengte Wohnsituation der Angeklagten,, und mehrfach zu Streitigkeiten führte, vermittelte der Angeklagte die Angeklagten und an den anderweitig Verfolgten, welcher für diese eine Anstellung in der Gegend um H. in einer Ziegelbrennerei in Aussicht stellte. Die Angeklagten und kamen daher ab Ende März bzw. Anfang April 2021 im Anwesen des anderweitig Verfolgten in der. in 9… H3. unter und quartierten sich in der von bewohnten Wohnung im Obergeschoss ein., der Bruder des anderweitig Verfolgten, hielt sich in dieser Zeit sporadisch ebenfalls in dieser Wohnung auf.
136
Der anderweitig Verfolgte zog ab einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 24.08.2021 in einem Gartenabteil des Anwesens in der. in 9… H3. mindestens 44 Marihuana Pflanzen in unterschiedlichen Wachstumsstadien (24 große, 9 mittelgroße und 11 kleinere Cannabis-Pflanzen) auf, deren Ernte überwiegend zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war. Die Angeklagten und unterstützen den anderweitig Verfolgten bei der Aufzucht der Marihuana Pflanzen, indem sie diese gelegentlich gossen und soweit erforderlich düngten. Den Angeklagten und war dabei bewusst, dass das von dem anderweitig Verfolgten angebaute Marihuana überwiegend zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war, was sie auch billigend in Kauf nahmen. Nicht ausschließbar war auch ein untergeordneter Teil der Ernte – der nicht die Grenze der nicht geringen Menge erreicht – zum Eigenkonsum des anderweitig Verfolgten bestimmt; auch dies war den Angeklagten bewusst und wurde von ihnen zumindest billigend in Kauf genommen.
137
Am 24.08.2021 waren die durch den anderweitig Verfolgten im Garten des Anwesens aufgezogenen Pflanzen auf verschiedene Wachstumshöhen (24 große, 9 mittelgroße und 11 kleinere Cannabis-Pflanzen) herangewachsen. Die Pflanzen befanden sich sämtlich zu diesem Zeitpunkt noch in der Wachstumsphase und wiesen Blätter, aber noch keine Blütenstände auf.
138
Nach Trocknung hatten die Marihuana Pflanzen bei einem Gewicht von 5.384,5 Gramm und Mindestwirkstoffgehalten zwischen 1,3 und 1,8% THC, einen Wirkstoffgehalt von 93,55 Gramm Tetrahydrocannabinol. Insgesamt wäre bei der Ernte der 44 Pflanzen nach Blütenbildung eine Mindestwirkstoffmenge von 186,9 Gramm THC zu erwarten gewesen. Der Mindestgehalt an Tetrahydrocannabinol hätte zum Zeitpunkt der Ernte die sog. nicht geringe Menge um das 23,92-fache überschritten. Die Mengen und Wirkstoffgehalte nahmen die Angeklagten jedenfalls billigend in Kauf.
139
Den Angeklagten und war bewusst, dass weder sie noch der anderweitig Verfolgte im Besitz der für den Umgang mit den Betäubungsmitteln erforderlichen Erlaubnis waren.
3. Durchsuchung der Gaststätte am 02.12.2021
140
Am 02.12.2021 gegen 19:00 Uhr bewahrten die Angeklagten, und im bewussten und gewollten Zusammenwirken in der von der Mitangeklagten gepachteten Gaststätte in Ki. in der Küche im Kühlschrank zwei Plastikdruckverschlussbeutel mit 56,44 Gramm bzw. 249,34 Gramm Amphetamin, sowie im Gastraum hinter dem Tresen 18,09 Gramm Marihuanastängel-Tabakgemisch in einer durchsichtigen Plastikdose und zwei Feinwaagen auf. Darüber hinaus fanden sich im Gastraum der Gaststätte mehrere „Konsumteller“ mit Amphetaminanhaftungen.
141
In einem Kellerraum des zur Gaststätte gehörenden Kellers, in welchem zum Tatzeitpunkt die Angeklagten und nächtigten, bewahrten die Angeklagten, und darüber hinaus 0,66 Gramm unverschnittenes Kokain sowie in einer halboffenen Tüte 50,50 Gramm Marihuana auf.
142
Dem gemeinsamen Tatplan entsprechend, waren mindestens 1/3 der aufbewahrten Betäubungsmittel zum späteren gewinnbringenden Weiterverkauf an nicht näher bekannte Abnehmer bestimmt, wobei ein genauer Verkaufspreis noch nicht festgelegt wurde. Die übrigen Betäubungsmittel waren für den Eigenkonsum der Angeklagten, und bestimmt.
143
Das Amphetamin hatte mindestens einen Wirkstoffgehalt von 23,3% bzw. die größerer Menge 44,8% Amphetaminbase; die sichergestellte Gesamtmenge an Amphetamin enthielt somit insgesamt 124,85 Gramm Amphetaminbase. Das Marihuana hatte einen Wirkstoffgehalt von 12,9% Tetrahydrocannabinol und enthielt somit eine Mindestmenge von 6,51 Gramm THC. Der Gehalt an Kokain-Hydrochlorid betrug mindestens 80%, dies entspricht einer Mindestmenge von 0,52 Gramm Kokain-Hydrochlorid. Die jeweiligen Wirkstoffgehalte nahmen die Angeklagten, und zumindest billigend in Kauf; wie sie wussten, waren sie zu keinem Zeitpunkt im Besitz der für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderlichen Erlaubnis.
4. Durchsuchung der Wohnung und am 20.12.2021
144
Am 20.12.2021 gegen 06:00 Uhr, als die von den Angeklagten und bewohnte Wohnung in der in 8… M1. polizeilich durchsucht wurde, übte der Angeklagte, wie er wusste, die tatsächliche Gewalt über einen Schlagring und eine gegen unbefugten Gebrauch nicht gesicherte Schreckschusspistole aus. Diese hatte der Angeklagte zuvor über einen nicht näher bekannten Dritten erworben und sodann in der Hundehütte des Gartens versteckt. Zudem bewahrte der Angeklagte in einer Spiegeldose in der Küche der mit der Angeklagten gemeinsam bewohnten Wohnung 10 Stück TestosteronAmpullen zu je 250 mg/ml mit einer Gesamtmenge von 1.800,02 mg Testosteron Enantat wissentlich und willentlich auf.
145
Darüber hinaus bewahrten die Angeklagten und zum gemeinsamen Eigenkonsum in dem zur Wohnung gehörenden verschließbaren Briefkasten zwei Papierbriefchen mit 0,94 Gramm und 0,29 Gramm Amphetamin mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 8% Amphetaminbase wissentlich und willentlich auf.
146
Wie unter Ziffer C. I. dargestellt, nächtigte auch der Angeklagte zum Zeitpunkt der Wohnungsdurchsuchung am 20.12.2021 in der gemeinsamen Wohnung der Angeklagten und. Dort bewahrte der Angeklagte in einem Rucksack auf dem von ihm genutzten Stockbett 4,16 Gramm Marihuana mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 5% Tetrahydrocannabinol, einen Joint mit 0,4 Gramm Tabak-Marihuana-Gemisch sowie ein erlaubnisfreies Pfefferspray und ein Einhandmesser wissentlich und willentlich auf. Das Marihuana, der Joint sowie das Tabak-Marihuana-Gemisch waren zum Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt.
147
Die jeweiligen Wirkstoffgehalte nahmen die Angeklagten, und jeweils zumindest billigend in Kauf; wie sie wussten, waren sie zu keinem Zeitpunkt im Besitz der für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderlichen Erlaubnis.
IV. Schuldfähigkeit der Angeklagten
148
Die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war zu den jeweiligen Tatzeitpunkten der unter Ziffer C. geschilderten Taten aufgrund der im Tatzeitraum vorliegenden Verhaltens- und Wesensänderung aufgrund des langjährigen Substanzkonsums, bei voller Einsichtsfähigkeit, erheblich vermindert, § 21 StGB.
149
Anhaltspunkte für eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit aufgrund eines etwaigen zum Tatzeitpunkt vorangegangenen Betäubungsmittel- und/oder Alkoholkonsums i.S.d. §§ 20, 21 StGB lagen demgegenüber nicht vor.
150
Die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war zu den jeweiligen Tatzeitpunkten der unter Ziffer C. aufgeführten Taten aufgrund des aufgetretenen Persönlichkeitsverfalls im Rahmen des langjährigen Konsums – überwiegend von Opiaten, Cannabis und Amphetamin sowie Alkohol –, bei voller Einsichtsfähigkeit gemäß § 21 StGB erheblich vermindert.
151
Anhaltspunkte für eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit aufgrund eines etwaigen zum Tatzeitpunkt vorangegangenen Betäubungsmittel- und/oder Alkoholkonsums oder aufgrund neuronaler Auffälligkeiten i.S.d. §§ 20, 21 StGB lagen demgegenüber nicht vor.
152
Die Angeklagten, und waren zu den jeweiligen Tatzeitpunkten jeweils voll schuldfähig. Anhaltspunkte für eine erhebliche Beeinträchtigung oder Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit, etwa aufgrund eines etwaigen vorangegangenen Betäubungsmittel- oder Alkoholkonsums, haben sich bei keinem der Angeklagten ergeben.
D. Einstellungen gemäß § 154 StPO
153
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat die Kammer im Hinblick auf den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich der gewerbsmäßigen Herstellung unechter Urkunden (internationale Impfausweise) in 172 Fällen (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 – Ziff. 2.2) betreffend den Angeklagten gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Im Hinblick auf den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich der gewerbsmäßigen Herstellung unechter Urkunden (Impfausweise) in 24 Fällen (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 – Ziff. 2.4) hat die Kammer auf Antrag der Staatsanwaltschaft diesen auf die Ziffern 54, 74 und 350 beschränkt und im Übrigen hinsichtlich der weiteren zur Anklage gelangten Impfausweise nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Betreffend des Tatkomplexes im Zusammenhang mit der Erstellung von digitalen COVID-Impfzertifikaten (Ziffer 2.1 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022) hat die Kammer die Taten in Ziffer 558, 603 und 693 auf Antrag vorläufig eingestellt.
154
Gemäß § 154 Abs. 2 StPO hat die Kammer das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 – Ziff. 1) – soweit die Tat die Angeklagte betrifft – vorläufig eingestellt.
155
Darüber hinaus hat die Kammer auf Antrag der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich der gewerbsmäßigen Herstellung unechter Urkunden (Impfausweise) in 172 Fällen (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 – Ziff. 2.2) betreffend die Angeklagte gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Im Hinblick auf den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich der gewerbsmäßigen Herstellung unechter Urkunden (Impfausweise) in 24 Fällen (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 – Ziff. 2.4) hat die Kammer auf Antrag der Staatsanwaltschaft diesen auf die Ziffern 54, 74 und 350 beschränkt und im Übrigen hinsichtlich der weiteren zur Anklage gelangten Impfausweise nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Auch hat die Kammer den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich der Veräußerung von sechs gefälschten Impfausweisen (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 – Ziff. 14) nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Weiter hat die Kammer betreffend des Tatkomplexes im Zusammenhang mit der Erstellung von digitalen COVID-Impfzertifikaten (Ziffer 2.1 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022) die Taten in Ziffer 558, 603 und 693 auf Antrag vorläufig eingestellt.
156
Gemäß § 154 Abs. 2 StPO hat die Kammer das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich der Erstellung von digitalen COVID-Impfzertifikaten (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 – Ziff. 2.1) sowie den Tatkomplex hinsichtlich der Herstellung unechter Urkunden (internationale Impfausweise – Ziff 2.2 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022) betreffend den Angeklagten vorläufig eingestellt. Im Hinblick auf den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich der gewerbsmäßigen Herstellung unechter Urkunden (Impfausweise) in 24 Fällen (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 – Ziff. 2.4) hat die Kammer auf Antrag der Staatsanwaltschaft diesen auf die Ziffern 54, 74 und 350 beschränkt und im Übrigen hinsichtlich der weiteren zur Anklage gelangten Impfausweise nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
157
Gemäß § 154 Abs. 2 StPO hat die Kammer das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich der Erstellung von digitalen COVID-Impfzertifikaten (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 – Ziff. 2.1) sowie den Tatkomplex hinsichtlich der Herstellung unechter Urkunden (internationale Impfausweise – Ziff 2.2 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022) betreffend den Angeklagten vorläufig eingestellt. Im Hinblick auf den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich der gewerbsmäßigen Herstellung unechter Urkunden (Impfausweise) in 24 Fällen (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 – Ziff. 2.4) hat die Kammer auf Antrag der Staatsanwaltschaft diesen auf die Ziffern 54, 74 und 350 beschränkt und im Übrigen hinsichtlich der weiteren zur Anklage gelangten Impfausweise nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
158
Gemäß § 154 Abs. 2 StPO hat die Kammer das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich der Herstellung unechter Urkunden (internationale Impfausweise – Ziff 2.2 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022) betreffend die Angeklagte vorläufig eingestellt. Im Hinblick auf den zur Verurteilung gelangten Tatkomplex hinsichtlich der gewerbsmäßigen Herstellung unechter Urkunden (internationale Impfausweise) in 24 Fällen (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 – Ziff. 2.4) hat die Kammer auf Antrag der Staatsanwaltschaft diesen auf die Ziffern 54, 74 und 350 beschränkt und im Übrigen hinsichtlich der weiteren zur Anklage gelangten Impfausweise nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
I. Persönliche Verhältnisse
159
1. a) Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf den glaubhaften Angaben des Sachverständigen Dr., der im Rahmen der Hauptverhandlung als Zeuge über die biographischen Daten des Angeklagten berichtete, die dieser im Rahmen der psychiatrischen Exploration des Angeklagten vom 17.03.2022 in der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen gemacht hatte. Der Angeklagte machte sich die Aussagen des Sachverständigen zu eigen und ergänzte diese. Die Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen darüber hinaus auch auf den Angaben der Zeugin, welche als polizeiliche Ermittlerin im hiesigen Verfahren auch über die Finanzermittlungen des Angeklagten berichtet hat.
160
b) Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Angeklagten beruhen ebenfalls auf den glaubhaften Angaben des Sachverständigen Dr., dessen Aussage sich der Angeklagte auch diesbezüglich zu eigen machte und ergänzte.
161
Die Feststellungen zum Betäubungsmittelkonsum beruhen neben den eigenen Angaben des Angeklagten und dessen Angaben gegenüber des psychiatrischen Sachverständigen Dr. auch auf dem Gutachten der Sachverständigen des Instituts für Rechtsmedizin der LudwigMaximilians-Universität München vom 17.04.2023 über die chemisch-toxikologische Analyse einer am 20.12.2021 entnommenen Blut- und Urinprobe des Angeklagten. Das detaillierte und in sich schlüssige toxikologische Gutachten belegt eine vor der Probenentnahme vorangegangene Aufnahme von Methamphetamin und Kokain. Die im Blutplasma nachgewiesene Konzentration an Methamphetamin liegt im vergleichsweisen mittleren Bereich. Die im Blutplasma gemessene Konzentration an Kokain, welche in einem vergleichsweisen sehr niedrigen Bereich liegt, sei durch eine gering dosierte und/oder eine einige Zeit zurückliegende Aufnahme von Kokain erklärbar. Darüber hinaus haben sich nach den Ausführungen der Toxikologin keine weiteren Hinweise aus der Untersuchung der Urin- und der Blutprobe ergeben, die auf die Aufnahme weiterer Arznei- oder Suchtstoffe schließen lassen. Ausweislich des weiteren Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. des Instituts für Rechtsmedizin vom 21.12.2021 über die Blutalkoholbestimmung wies die bei dem Angeklagten am 20.12.2021 entnommene Blutprobe eine Blutalkoholkonzentration von 0,02 ‰ auf. Die Feststellungen zum Betäubungsmittelkonsum beruhen weiter auf den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr., welcher im Rahmen der Hauptverhandlung über die Untersuchung von Haaren auf Drogen und ausgewählte Medikamentenwirkstoffe berichtete. Er führte dabei aus, dass die Haarprobe, welche dem Angeklagten am 20.12.2021 entnommen worden sei, in der Gesamtlänge von circa 3,5 cm mit einer Einwaage von 49,2 mg zur Untersuchung gelangt sei. Dabei konnten niedrige Werte im unteren 25%-Bereich von Nor-Cocain sowie Benzoylecgonin festgestellt werden. Darüber hinaus lagen die in den Haaren festgestellten Amphetaminwerte im extrem hohen Bereich, was für eine regelmäßige, exzessive Aufnahme von Amphetamin spreche. Auch Tramadol konnte – wenn auch nur in einem unterdurchschnittlichen Bereich – festgestellt werden. Dahingegen lagen die Werte von Methamphetamin im oberen 5%-Bereich, was auf eine regelmäßige, intensive Aufnahme hindeute. Auch die gemessenen Konzentrationen von MDMA und MDE lägen im oberen 10%-Bereich und seien mit einer regelmäßigen, intensiven Aufnahme vereinbar. THC, sowie THC-Carbonsäure seien bei einer weiteren Untersuchung der Haarprobe nicht festgestellt worden.
162
Die Ergebnisse der toxikologischen Gutachten stehen bezüglich der Aufnahme von Betäubungsmitteln im Einklang mit den Angaben des Angeklagten zu seinem Konsum.
163
Die Kammer hat keine Zweifel an den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Angaben der gerichtsbekannten und zuverlässigen toxikologischen bzw. medizinischen Sachverständigen Prof. Dr., und Prof. Dr.. Die Kammer macht sich daher die Ausführungen der Sachverständigen hierzu aufgrund eigener Überzeugung zu eigen.
164
c) Die Feststellungen zu den Vorahndungen des Angeklagten beruhen auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 23.05.2023 sowie der Verlesung der Urteile des LG Hof (Az.: 1 KLs 332 Js 14293/05) und des LG Gera (Az.: 780 Js 23575/09 9KLs), sowie des Strafbefehls des AG Pirna (Az.: 23 Cs 428 Js 61392/17). Diese erkannte der Angeklagte als zutreffend an.
165
2. a) Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten beruhen auf deren insoweit glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung, den Angaben der Zeugin, welche auch über die Finanzermittlungen der Angeklagten berichtete, und den ergänzenden Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Dr., der die Angaben der Angeklagten mit seinen Erkenntnissen aus der psychiatrischen Exploration der Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt Aichach vom 23.02.2022 ergänzte, welche die Angeklagte bestätigte.
166
Anhaltspunkte für Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Angaben der Angeklagten haben sich in der Hauptverhandlung bezüglich der persönlichen Verhältnisse nicht ergeben.
167
b) Bezüglich des Betäubungsmittelkonsums der Angeklagten beruhen die Feststellung auf deren eigenen Angaben hierzu, den in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachten vom 21.12.2021 über die Blutalkoholbestimmung, sowie einer chemischtoxikologischen Analyse einer am 20.12.2021 entnommenen Blut- und Urinprobe der Angeklagten, aus welchen sich zwar keine Alkoholisierung der Angeklagten jedoch die vorangegangene Aufnahme von Methamphetamin und Amphetamin, sowie von Kokain und Ibuprofen ergibt. Die Konzentrationen lägen nach Angaben der Sachverständigen bei Amphetamin und Methamphetamin im mittleren Bereich. Zudem spreche das Konzentrationsverhältnis für eine Aufnahme beider Substanzen. Die Aufnahme von Kokain habe aufgrund des fehlenden Nachweises im Blut, aber bei gleichzeitigem Nachweis im Urin bereits einige Zeit vor der Blutentnahme stattgefunden.
168
Ergänzt werden diese Angaben durch die Ausführungen des toxikologischen Sachverständigen Prof. Dr.. Dieser führte im Rahmen seiner mündlichen Gutachtenerstattung zunächst aus, dass bei der am 20.12.2021 bei der Angeklagten entnommenen Haarprobe im Rahmen der toxikologischen Untersuchung Kokainabbauprodukte, Tramadol, Amphetamin, Methamphetamin, MDMA, MDE und THC, sowie THC-Carbonsäure nachgewiesen werden konnte. Die Konzentration von Amphetamin lag dabei im oberen 10%- bis oberen 5%-Bereich, was für eine regelmäßige, exzessive Aufnahme spreche, während die Konzentrationen der Kokainabbauprodukte, sowie des Tetrahydrocannabinols und der THC-Carbonsäure im sehr niedrigen bzw. im unteren 10%-Bereich lagen. Die Werte wären möglicherweise auch mit einem häufigen, sehr engen Körperkontakt eines starken Cannabiskonsumenten vereinbar.
169
Auch die Konzentration von Methamphetamin im oberen 25%- bis oberen 10%- Bereich sei mit einem regelmäßigen, intensiven Konsum vereinbar. Die MDMAKonzentration im überdurchschnittlichen bis oberen 25%-Bereich spreche darüber hinaus für eine häufigere, unter Umständen auch regelmäßige Aufnahme von MDMA und MDE.
170
Die Kammer hat keine Zweifel an den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Angaben der gerichtsbekannten und zuverlässigen toxikologischen bzw. medizinischen Sachverständigen und macht sich daher auch diese Ausführungen der Sachverständigen aufgrund eigener Überzeugung zu eigen.
171
c) Die Feststellungen zu den (tatsächlich fehlenden) Vorahndungen der Angeklagten beruhen auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 23.05.2023.
172
a) Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf den glaubhaften Angaben des Sachverständigen Dr., der im Rahmen der Hauptverhandlung als Zeuge über die biographischen Daten des Angeklagten berichtete, die er im Rahmen der psychiatrischen Exploration des Angeklagten vom 08.03.2022 in der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim gemacht hatte. Auch hinsichtlich des Betäubungsmittelkonsums basieren die Feststellungen auf den Angaben des psychiatrischen Sachverständigen Dr.. Der Angeklagte machte sich die Aussagen des Sachverständigen zu eigen und ergänzte diese.
173
Die Kammer hat keine Zweifel an den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Angaben des gerichtsbekannten und zuverlässigen Sachverständigen. Die Kammer macht sich dessen Ausführungen hierzu aufgrund eigener Überzeugung zu eigen.
174
b) Die Feststellungen zu den Vorahndungen des Angeklagten beruhen auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 23.05.2023, sowie dem Auszug aus dem tschechischen Strafregister vom 23.05.2023. Der Angeklagte erkannte beide als zutreffend an.
175
c) Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf dessen Angaben in der Hauptverhandlung, sowie den Angaben des psychiatrischen Sachverständigen Dr., welcher im Rahmen der Erstattung seines Gutachtens auch von den eigenen Angaben des Angeklagten ihm gegenüber zu den persönlichen Verhältnissen, sowie darüber hinaus auch über den Gesundheitszustand und die zurückliegenden klinischen Behandlungen des Angeklagten berichten konnte.
176
Die Kammer hat keine Zweifel an den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Angaben des gerichtsbekannten und zuverlässigen Sachverständigen. Die Kammer macht sich dessen Ausführungen hierzu aufgrund eigener Überzeugung zu eigen.
177
d) Hinsichtlich des Betäubungsmittel- und Alkoholkonsums des Angeklagten beruhen die Feststellungen sowohl auf dessen eigenen Angaben hierzu als auch auf dem Gutachten der Blutalkoholbestimmung vom 21.12.2021, über eine am 20.12.2021 entnommene Blutprobe, des Sachverständigen Dr. des Instituts für Rechtsmedizin, sowie den Ergebnissen der Untersuchung, der ebenfalls am 20.12.2021 entnommenen Urin-, Blut- und Haarproben. Hieraus ergaben sich bei der Blutentnahme keinerlei Anhaltspunkte für eine Alkoholisierung des Angeklagten. Die Untersuchung der Urinprobe verlief positiv auf Kokainabbauprodukte, Cannabinoide und Amphetamine. Ausweislich des Gutachtens der Sachverständigen des Instituts für Rechtsmedizin vom 22.04.20202 konnte im Blut des Angeklagten C1. und Amphetamine festgestellt werden. Soweit die Urinprobe positiv auf Kokainabbauprodukte verlief, gilt dies nicht für die Blutprobe. Dies weise nach den Ausführungen der Sachverständigen auf eine offensichtlich einige Zeit vor der Blutentnahme zurückliegende Aufnahme von Kokain hin. In der am 20.12.2021 entnommene Haarprobe, welche durch das FTC München auf Drogen und ausgewählte Medikamentenwirkstoffe untersucht wurde, konnte Kokain, Tilidin, Tramadol, Amphetamin, Methamphetamin, MDMA, MDE und THC festgestellt werden. Der Sachverständige Prof. Dr. führte im Rahmen seiner mündlichen Gutachtenserstattung hierzu aus, dass die Konzentrationen der Kokainabbauprodukte Benzoylecgonin, Nor-Cocain und Cocaethylen im oberen unterdurchschnittlichen Bereich liegen, was auf eine gelegentliche Aufnahme von Kokain hinweise. Der Nachweis von Cocaethylen deute im Übrigen darauf hin, dass Kokain zeitnah mit Alkohol aufgenommen worden sei. Die Werte des Schmerzmittels Tilidin lägen aus Sicht des Sachverständigen in einem unterdurchschnittlichen Bereich, während die Konzentration von Tramadol im oberen 25%-Bereich läge, was für eine häufige, unter Umständen auch regelmäßige Aufnahme spreche. Die in den Haaren gefundene Konzentration von Amphetamin liege ebenso im oberen 25-%-Bereich, wohingegen die des MDMA im unteren 25%Bereich nachgewiesen worden sei.
178
Bezüglich der Feststellung von THC-Rückständen in der Haarprobe des Angeklagten führte der Sachverständige Prof. Dr. aus, dass die Werte im mittleren Bereich lägen, er führte weiter aus, dass die weitere Untersuchung der Haarprobe des Angeklagten auf THC-Metaboliten im unteren 25%-Bereich gelegen habe, was für einen gelegentlichen Konsum spreche.
179
Die Kammer hat keine Zweifel an den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Angaben der gerichtsbekannten und zuverlässigen Sachverständigen. Die Kammer macht sich deren Ausführungen hierzu aufgrund eigener Überzeugung zu eigen.
180
e) Die Feststellungen zu den Vorahndungen des Angeklagten beruhen auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 23.05.2023, sowie dem Auszug aus dem tschechischen Strafregister vom 23.05.2023 und dem verlesenen Urteil des Bezirksgerichts Prag (Ziffer 3 des Auszugs aus dem tschechischen Strafregister). Den Inhalt der Urkunden erkannte der Angeklagte jeweils als zutreffend an.
181
f) Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Angeklagten beruhen auf deren insoweit glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung.
182
Anhaltspunkte für Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Angaben der Angeklagten haben sich in der Hauptverhandlung bezüglich der persönlichen Verhältnisse nicht ergeben. Sie stimmen insbesondere mit den Angaben überein, die sie im Ermittlungsverfahren gegenüber dem polizeilichen Hauptsachbearbeiter tätigte. Zudem beruhen sie auch auf den Angaben der Zeugin, welche im Rahmen der Hauptverhandlung über die Finanzermittlungen betreffend der Angeklagten berichtete.
183
g) Hinsichtlich des Betäubungsmittelkonsums beruhen die Feststellungen auch auf den Angaben des toxikologischen Sachverständigen Prof. Dr., welcher im Rahmen seiner mündlichen Gutachtenerstattung, über die chemisch-toxikologische Untersuchung einer am 20.12.2021 entnommenen Haarprobe der Angeklagten berichtete. Bei der Untersuchung der Haarprobe auf Drogen und ausgewählte Medikamentenstoffe konnte THC festgestellt werden.
184
Bezüglich dieser Feststellungen in der Haarprobe führte der Sachverständige Prof. Dr. weiter aus, dass die Werte zwar im niedrigen Bereich lägen, Rückstände von THC jedoch nicht den Konsum mit einer für den Strafprozess erforderlichen Sicherheit beweisen können. Spuren von THC im Haar entstünden nach den Ausführungen des Sachverständigen bereits durch den Umgang mit
185
Cannabis. Diesbezüglich führte der Sachverständige Prof. Dr. weiter aus,
dass die weitere Untersuchung der Haarprobe der Angeklagten auf THC-Metaboliten negativ verlaufen sei. Insbesondere sei in der Haarprobe THCCarbonsäure, welche den aktiven Konsum und die damit verbundene Körperpassage nachweist, nicht feststellbar gewesen.
186
Die Kammer hat keine Zweifel an den nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Angaben des gerichtsbekannten und zuverlässigen toxikologischen Sachverständigen Prof. Dr. und macht sich die Ausführungen aufgrund eigener Überzeugung zu eigen.
187
c) Die Feststellungen zu den Vorahndungen der Angeklagten beruhen auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 23.05.2023.
188
Die verfahrensgegenständlichen Sachverhalte stehen fest aufgrund der glaubhaften Geständnisse und Einlassungen aller Angeklagten in der Hauptverhandlung und der durchgeführten Beweisaufnahme.
189
Die Angeklagten haben die Sachverhalte, wie sie ihnen die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift vom 19.08.2022 zu Last legte, zum Teil umfassend, zum Teil weitestgehend in der Hauptverhandlung eingeräumt.
190
Bereits im Ermittlungsverfahren hat die Angeklagte weitreichende und umfassende Angaben, zu den Taten im Zusammenhang mit COVID-Schutzimpfungen (Taten unter Ziffer C. II.) gemacht. Diese Angaben wiederholte sie im Rahmen der Hauptverhandlung und ergänzte die Ausführungen der Mitangeklagten.
191
Die Angeklagte räumte sämtliche der ihr vorgeworfenen Taten – mit Ausnahme der Ziffer C. III. 3. (welche in Bezug auf die Angeklagte letztlich gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurde) – umfassend ein.
192
Der Angeklagte gab über seinen Verteidiger eine Stellungnahme ab, in welcher er die ihn betreffenden Vorwürfe im Wesentlichen einräumte, die Angaben seines Verteidigers machte er sich zu eigen und ergänzte diese.
193
Auch die Angeklagten und gaben jeweils über ihre Verteidiger eine Stellungnahme ab, in welchen sie die sie betreffenden Vorwürfe im Wesentlichen einräumten, jedoch bestritten, dass die Marihuana-Plantage (Ziffer C. III. 2.) durch sie errichtet und betrieben wurde.
194
Die geständigen Angaben der Angeklagten wurden durch die in der Hauptverhandlung durchgeführte Beweisaufnahme, und hier insbesondere durch die Angaben der polizeilichen Ermittlungsbeamten, sowie der Auswertungen der Mobiltelefone und mobilen Datenträger bestätigt. Soweit hinsichtlich einzelner Sachverhalte das Geständnis oberflächlich war oder spezifische Punkte nicht umfasst waren, führte die durchgeführte Beweisaufnahme dazu, dass der Sachverhalt wie oben unter C. dargestellt festgestellt werden konnte.
195
Schließlich konnte sich die Kammer anhand der in die Hauptverhandlung eingeführten zahlreichen Lichtbilder und Urkunden ein noch konkreteres Bild von den verfahrensgegenständlichen Sachverhalten machen, als dies anhand von übereinstimmenden Angeklagten- und Zeugenangaben ohnehin bereits der Fall war.
196
Im Einzelnen sind die folgenden Umstände dabei besonders hervorzuheben:
197
Die Feststellungen zur Vorgeschichte, die sich inhaltlich teilweise mit den Feststellungen zu den Personen der Angeklagten überschneiden, stehen fest aufgrund der glaubhaften Angaben der Angeklagten, vor allem der des Angeklagten.
198
Der Angeklagte erläuterte zu Beginn der Hauptverhandlung, dass er bereits seit einigen Jahren mit den Angeklagten und befreundet sei. Mit der Angeklagten führe er seit 2018 eine Beziehung. Die Angeklagte sei seine Halbschwester väterlicherseits. Sämtliche der Angeklagten seien über ihn in gemeinsamen Kontakt zueinandergekommen.
199
Die Angeklagte führte aus, dass die Angeklagten und bei ihr und dem Angeklagten gewohnt hätten. Aufgrund der beengten Wohnsituation sei es dadurch auch mehrfach zu Streitigkeiten gekommen. Sie habe mit dem Angeklagten das Lokal eröffnen wollen und die Räumlichkeiten gepachtet. Im Zuge dessen seien die Angeklagten und dort im Keller untergekommen.
2. Taten aus Ziffer C. II. 1. – E-Post a) Sachverhalt
200
Die unter C. II. 1. abgehandelten Sachverhalte stehen insbesondere fest aufgrund der Geständnisse der Angeklagten, den Aussagen des polizeilichen Ermittlers und den Lichtbildern der durch die Abnehmer vorgelegten Impfausweise, soweit diese in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen wurden.
201
Der Angeklagte hat zu Beginn der Hauptverhandlung im Rahmen einer Verteidigererklärung – welche er sich zu eigen machte und ausführlich ergänzte – die Taten wie sie in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 19.08.2022 dargelegt wurden mit der Maßgabe eingeräumt, dass die durch die Abnehmer in Apotheken und Flughäfen vorgelegten Impfausweise nicht durch ihn und die Mitangeklagten mit Personalien ausgefüllt worden seien. Vielmehr haben sie die Blankett-Impfausweise mit Chargenaufklebern und Arztstempeln, sowie teilweise mit Unterschriften versehen und diese sodann an die jeweiligen Abnehmer gewinnbringend verkauft. Er habe die gefälschten Impfausweise über die Plattformen Protonmail und Telegram unter dem Namen vertrieben. Die Erstellung der Impfausweise sei überwiegend durch die Mitangeklagten erfolgt.
202
Die Angeklagten,, und bestätigten übereinstimmend die Angaben des Angeklagten und ergänzten diese. Die Angeklagte ergänzte, dass sie den Mitangeklagten auch ihre Wohnung für die Erstellung von Impfausweisen zur Verfügung gestellt habe und überwiegend für den Vertrieb im Bekannten- und Familienkreis der Angeklagten zuständig gewesen sei. Die Angeklagte gab an, betreffend der Bestellungen Excel-Listen geführt zu haben und die Impfausweise auch zur Post gebracht zu haben; auch die Angeklagten und ergänzten die Angaben des Angeklagten und gaben an, bei der Erstellung der Impfausweise tätig geworden zu sein, indem sie Chargenaufkleber einklebten und die für die Abnehmer fertig erstellten Impfausweise teilweise auch zur Post gebracht haben. Sie gaben ferner an, für ihr Handeln keine Entlohnung erhalten zu haben, jedoch kostenlos bei den Angeklagten und untergekommen zu sein.
203
Die geständigen Angaben wurden im Rahmen der Beweisaufnahme durch die Angaben des Ermittlungsbeamten bestätigt. Dieser schilderte neben dem Ablauf des Gangs des Ermittlungsverfahrens insbesondere auch über die EPost-Fälle, welchen eine bundesweite Anfrage bei sämtlichen polizeilichen Dienststellen zugrunde lag. Im Rahmen der Durchsuchung des s am 02.12.2021 haben die Durchsuchungsbeamten neben zahlreichen Chargenaufklebern und Impfausweisen auch Stempel von Arztpraxen und medizinischen Einrichtungen sichergestellt. Die Kombination aus den Chargennummern der sichergestellten Chargenaufkleber und der sichergestellten Stempel sei dabei für die bundesweite Anfrage herangezogen worden. Sofern eine Übereinstimmung des Chargenaufklebers hinsichtlich der Chargennummer mit einem Stempelabdruck der im sichergestellten Stempel gefunden wurde, sei dies in ihre Ermittlungen mit aufgenommen worden. Daneben habe bei der Auswertung der Datenträger ein Vertrieb von so gefälschten Impfausweisen über die Plattformen Protonmail und Telegram unter dem Pseudonym festgestellt werden können. Weiter seien auf den Datenträgern neben Stempelvorlagen auch zahlreiche Gesprächsverläufe über den Vertrieb von falschen Impfausweisen, sowie hierfür erstellte Bestellformulare, gesichert worden. Anhaltspunkte dafür, dass auch die Personalien durch die Angeklagten ausgefüllt worden seien, habe er anhand seiner Ermittlungen nicht feststellen können; vielmehr habe sich aus der Kommunikation ergeben, dass die Impfausweise überwiegend bewusst ohne ausgefüllte Personalien veräußert wurden.
204
Die in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Zeugen werden weiter gestützt durch die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen Lichtbilder und die verlesene Kommunikation der Angeklagten. Auch die Angaben des Zeugen, der die bundesweite Anfrage betreffend des Tatkomplexes E-Post getätigt hatte und die so eingegangenen Fälle überprüfte, konnten die Angaben bestätigen.
205
Bezüglich der Verkaufspreise beruhen die Feststellungen neben den geständigen Angaben des Angeklagten auch auf den Angaben des leitenden Ermittlers, sowie der Bestellformulare, welche aus den Auswertungen der mobilen Datenträger bekannt wurden, soweit sie in der Hauptverhandlung verlesen bzw. in Augenschein genommen wurden.
206
Der Angeklagte gab im Rahmen seines Geständnisses an, dass die Verkaufspreise – so wie sie in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 19.08.2022 angegeben sind – zutreffend seien. Die Impfausweise haben sie in der Regel für 150 Euro angeboten, dabei seien jedoch auch ein Mengenrabatt sowie Preisnachlässe gewährt worden. Auch seien die Schwankungen des KryptoMarktes von ihnen nicht berücksichtigt worden.
207
Der polizeiliche Ermittler führte weiter aus, dass es sich bei einem Verkaufspreis von 103,73 Euro um Durchschnittswerte handle, welche die Angeklagten mindestens erzielt haben, da ihm eine genaue Angabe – insbesondere aufgrund der Schwankungen des Krypto-Marktes zu den jeweiligen Tatzeitpunkten, aber auch aufgrund der Preisnachlässe und Mengenrabatte – nicht möglich sei. Anhand der Ermittlungen habe er einen Mindestpreis, der durch den Verkauf von gefälschten Impfausweisen erzielt wurde, errechnen können. Hierfür habe er aus der vorhandenen Kommunikation und den Finanzermittlungen, bzw. der dort geflossenen Beträge einen Querschnitt errechnet. Dieser habe letztlich einen Mindestverkaufspreis von 103,73 Euro je Impfausweis ergeben.
208
Der Angeklagte bestätigte die Angaben des Zeugen bezüglich des Mindestverkaufspreises von 103,73 Euro pro Impfausweis.
209
Die Feststellungen werden weiter gestützt durch die in Augenschein genommenen Lichtbilder der Bestellformulare, sowie der Angaben des Zeugen von, welcher über die Auswertung im Zusammenhang mit den Ermittlungen rund um die Krypto-Gelder berichtete.
c) Subjektiver Tatbestand:
210
Die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand der Angeklagten basieren auf deren eigenen geständigen Angaben in der Hauptverhandlung.
3. Taten aus Ziffer C. II. 2. – digitale COVID-19 Impfzertifikate
211
Der unter C. II. 2. abgehandelte Sachverhalt steht insbesondere fest aufgrund der Geständnisse der Angeklagten, und sowie den Angaben der Zeugen und sowie den Ergebnissen der Auswertung der mobilen Datenträger der Angeklagten.
212
In ihren Einlassungen zu Beginn der Hauptverhandlung räumten die Angeklagten, und in objektiver und subjektiver Hinsicht ein, dass der ihnen mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 vorgeworfenen Sachverhalt sich weitestgehend so ereignet habe. Ihre eigenen Tatbeiträge zu den Taten schilderten die Angeklagten dabei ausführlicher.
213
Der Angeklagte gab an, nachdem er den anderweitig Verfolgten durch den Kauf eines von ihm erstellten falschen Impfausweises kennengelernt habe, habe ihm der anderweitig Verfolgte erzählt, dass er einen Bekannten in einer Apotheke habe, der falsche Impfzertifikate erstellen könne. Nach dem erfolgreichen Erstellen eines Testzertifikats auf seinen Namen habe er die Erstellung von falschen digitalen COVID-Impfzertifikaten in seinen Vertrieb mit aufgenommen und das Bestellformular entsprechend angepasst. Die Abnehmer haben ihm dann über die Plattformen Telegram und Protonmail die jeweiligen Daten mitgeteilt. Diese habe die Angeklagte in eine PDF- bzw. Excel-Liste aufgenommen, welche er dem anderweitig Verfolgten übersandt habe. Anschließend habe der anderweitig Verfolgte die jeweiligen Impfzertifikate ausgedruckt und ihm – überwiegend – persönlich übergeben, teilweise habe er diese ihm auch über die Plattform Telegram übermittelt. Er habe diese sodann nach Zahlung der Abnehmer via Kryptowährung an diese übersandt. Schließlich habe der anderweitig Verfolgte 2/3 des Verkaufspreises (hierzu näher unter E. II. 3. b.) für die Erstellung der falschen Impfzertifikate erhalten. Er sei davon ausgegangen, dass dieser davon einen hälftigen Anteil an den ihm bekannten Apotheker weitergebe. Nachdem eine Apotheke in M.-Schwabing wegen der falschen Erstellung von Impfzertifikaten durchsucht worden sei, habe der anderweitig Verfolgte sich zurückgezogen und keine Impfzertifikate mehr erstellen wollen.
214
Die Angeklagte bestätigte die Angaben und gab an, dass ihr Tatbeitrag überwiegend in der Erstellung der Abnehmerlisten bestand. Sie habe daneben aber auch die Zahlung der Impfzertifikate auf das Konto des Angeklagten kontrolliert und dies entsprechend in die zuvor erstellten Abnehmerlisten eingetragen.
215
Die Angeklagte bestätigte die Angaben des Angeklagten und führte dazu weiter aus, dass auch sie über Telegram dem anderweitig Verfolgten die Daten der Abnehmer übermittelt habe. Die daraufhin erstellten Impfzertifikate habe der anderweitig Verfolgte ihr dann über Telegram gesendet. Die Bezahlung des anderweitig Verfolgten sei dann über ihren Bruder, den Angeklagten, erfolgt. Sie habe jedoch einen Preisaufschlag bei den jeweiligen Abnehmern verlangt.
216
Die Geständnisse der Angeklagten, und sind auch glaubhaft, da sie widerspruchsfrei die Entstehung und Ausführung der Taten erklärt. Den unter Ziffer C. II. 2. festgestellten Sachverhalt hat auch die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung im Übrigen zur Überzeugung der Kammer so ergeben.
217
Die geständigen Angaben der Angeklagten über den Tathergang wurden durch das Ergebnis der Beweisaufnahme bestätigt. Maßgeblich waren dabei vor allem die Angaben des Zeugen, dem polizeilichen Hauptsachbearbeiter im hiesigen Verfahren; ergänzt wurden dessen Angaben durch die des, welcher als Ermittler im Verfahren gegen den anderweitig Verfolgten, tätig war.
218
Der Zeuge erläuterte, dass bei der Auswertung der bei den Angeklagten sichergestellten Datenträger neben einer Vielzahl von digitalen Impfzertifikaten auch Bestellformulare für QR-Codes, also digitale COVID-Impfzertifikate, aufgefunden worden seien. Daraufhin habe er Kontakt zum Apothekerverband ABDA aufgenommen, welcher den Ermittlungsbehörden ein Programm zur Verfügung gestellt habe, mit welchem die digitalen COVID-Impfzertifikate der Datenträger ausgelesen werden konnten. Sodann habe er die daraus extrahierten Daten in eine Excel-Tabelle übernommen. Weiter habe der Apothekerverband ABDA anhand der Apothekenkennung, die sich aus dem jeweiligen Impfzertifikatscode ergibt, ermitteln können, aus welcher Apotheke die jeweiligen Impfzertifikate stammten. Die Apothekenkennung sei dabei mit der Postleizahl der jeweiligen Apotheke verbunden, sodass eine Apothekenkennung, welche mit beginne, aus dem Raum München stamme. Bei der Apotheke mit der Kennung handle es sich um eine Apotheke in Wuppertal. Über die Informationen der ABDA habe die Apothekenkennung der Apotheke in M. Riem zugeordnet werden können.
219
Ergänzt werden die Angaben weiter durch die Ausführungen des Zeugen, der als leitender Ermittler im Verfahren gegen den anderweitig Verfolgten tätig ist. Dieser gab neben dem technischen Ablauf der Erstellung von digitalen COVID-Impfzertifikaten auch an, über die KPI Erding informiert worden zu seien, dass in der – Apotheke in M. eine Vielzahl von Impfzertifikate unberechtigt erstellt worden seien. Bei der Durchsuchung der Apotheke sei der Inhaber der Apotheke sehr kooperativ gewesen und habe ihnen sämtliche Daten betreffend der Arbeitszeiterfassung zur Verfügung gestellt. Anhand der Erstellzeitpunkte der Impfzertifikate habe dann ein Abgleich mit den Anwesenheitszeiten der Mitarbeiter stattgefunden. Dabei habe sich herausgestellt, dass zu sämtlichen Erstellzeitpunkten ausschließlich der anderweitig Verfolgte in der Apotheke anwesend gewesen sei. Auch Mitarbeiter der Apotheke hätten die Ermittler darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Ersteller um den anderweitig Verfolgten handeln könnte. Die Auswertung der EDV-Geräte des dauere derzeit noch an.
220
Das Gericht geht von der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen und aus. Sämtliche Angaben lassen sich aus der Akte und den Ermittlungen herleiten, waren in sich schlüssig und widerspruchsfrei und konnten teilweise durch Lichtbilder sowie durch die gelesenen Urkunden bestätigt werden. b) Verkaufspreise Der Angeklagte gab an, dass er pro Abnehmer jeweils 150 Euro für die Erstellung des Impfzertifikates erhalten habe – unabhängig sei dabei, ob lediglich das Zertifikat für die Erst- oder auch ein weiteres Zertifikat für die Zweitimpfung bestellt worden sei.
221
Das Gericht hat die Angaben des Angeklagten überprüft und für stichhaltig bewertet, maßgeblich sind dabei die Angaben des Zeugen von, welcher über die Auswertungen der Kryptozahlungen auf die Krypto-Wallets des Angeklagten berichtete. Dieser gab an, dass im Tatzeitraum ein Gesamtbetrag im oberen fünfstelligen Bereich auf die Wallets des Angeklagten geflossen sei, welcher sich aus mehreren Hunderten Zahlungen ergeben habe. Auch aus den in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Bestellformularen ergibt sich ein Verkaufspreis von mindestens 150 Euro je Abnehmer.
c) Subjektiver Tatbestand:
222
Die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand beruhen jeweils auf den eigenen geständigen Angaben der Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung.
223
Die Feststellungen betreffend des unter Ziffer C. II. 3. abgehandelten Sachverhalts stehen insbesondere aufgrund des glaubhaften Geständnisses der Angeklagten sowie den Angaben des leitenden Sachbearbeiters der KPI sowie den Angaben der Durchsuchungsbeamten und fest.
224
Die Angeklagten haben den Sachverhalt zu Beginn der Hauptverhandlung so, wie unter Ziffer C. II. 3. beschrieben, in objektiver und subjektiver Hinsicht eingeräumt. Sie gaben übereinstimmend an, dass die Impfausweise betreffend den Angeklagten aber auch der Impfausweis betreffend den anderweitig Verfolgten von ihnen hergestellt worden sei.
225
Die geständigen Angaben der Angeklagten zum Tathergang wurden durch das Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt. Maßgeblich sind dabei zunächst die Angaben des Zeugen, einem der Durchsuchungsbeamten des am 02.12.2021, welcher über die Durchsuchung und die Sicherstellung der Impfausweise in sich schlüssig und überzeugend berichtet hat. Er berichtete, dass zum Tatzeitpunkt ein Betriebsverbot für Schankwirtschaften gegolten habe, weshalb sie gemeinsam mit dem Landratsamt die Kontrolle der Einhaltung der Pandemieregelungen übernommen haben. Bei der Kontrolle der Gaststätte seien die Angeklagten, und der anderweitig Verfolgte angetroffen worden. Der Angeklagte habe hinter der Gaststätte Marihuana konsumiert, weshalb die Durchsuchung der Gaststätte erfolgt sei. Dabei habe eine Vielzahl von Impfausweisen, Chargenaufklebern sowie Stempeln von Arztpraxen sichergestellt werden können.
226
Ergänzend hierzu berichtete der Durchsuchungsbeamte PHK in sich schlüssig und glaubhaft von der Auffindesituation der Impfausweise ausgestellt auf den Angeklagten sowie den anderweitig Verfolgten im Rahmen der Durchsuchung. Er gab an, diese durch eine App, welche den Polizeibeamten auf ihrem Diensttelefon durch die Behörden zur Verfügung gestellt wurde, überprüft zu haben. Dabei konnte festgestellt werden, dass es sich um falsche Impfausweise handle, da der Impfstoff mit der angegebenen Chargennummer an dem Tag nicht geimpft worden sei. Ergänzt werden diese Angaben durch die Lichtbilder, die anlässlich der polizeilichen Durchsuchung entstanden sind und von der Kammer in Augenschein genommen wurden sowie des Impfausweises, welcher auf den Angeklagten ausgestellt wurde.
b) Verkaufspreis und Gewerbsmäßigkeit
227
Hinsichtlich des Verkaufspreises des Impfausweises des anderweitig Verfolgten beruhen die Feststellungen auch auf den Angaben des Zeugen, der anhand der Ermittlungen einen Mindestverkaufspreis von 103,73 Euro ermitteln konnte. Die Kammer hat keinerlei Zweifel an den nachvollziehbaren Angaben des Zeugen, die sich mit den Ermittlungen aus der Akte herleiten lassen und in sich glaubhaft und schlüssig waren.
228
Die Feststellungen, wonach die Angeklagten ihr Handeln auf eine gewerbsmäßige Begehungsweise ausgerichtet haben, steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund deren Erwerbs- und Einkommenslosigkeit im Tatzeitraum sowie – hinsichtlich der Angeklagten,, und- deren Betäubungsmittelkonsum, welcher zumindest auch eine entsprechende Finanzierung erforderte.
c) Subjektiver Tatbestand:
229
Die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand beruhen auf den geständigen Angaben der Angeklagten, die den Tatbestand auch in subjektiver Hinsicht umfänglich eingeräumt haben.
5. Chargenaufkleber und Stempel
230
a) Die Feststellung betreffend die Beihilfe zur Vorbereitung der Fälschung unrichtiger Impfausweise – wie unter Ziffer C. II. 4. festgestellt – beruhen auf dem insoweit vollumfänglichen Geständnis des Angeklagten, das dieser zu Beginn der Hauptverhandlung durch eine Verteidigererklärung abgab, die er als richtig bestätigte und sich zu eigen machte und ergänzte.
231
An der Richtigkeit des in der Hauptverhandlung erfolgten Geständnisses des Angeklagten hat die Kammer keine Zweifel, da der Sachverhalt, so wie er vom Angeklagten eingeräumt wurde, durch folgende Beweismittel bestätigt wurde:
232
Der polizeiliche Ermittler gab an, dass er auf dem Mobiltelefon des Angeklagten C2. mit einem Nutzer „“ gefunden habe, in dem es um einen Kauf von Chargenaufklebern und Impfausweisen gegangen sei. Der Kontakt „“ habe anhand der Ermittlungen dem anderweitig Verurteilten zugeordnet werden können. Die Kammer hat den Auszug aus dem Chatverlauf verlesen und hält die Angaben des Zeugen aufgrund der so gewonnenen Informationen für stichhaltig. Der Polizeibeamte, der zugleich als Hauptsachbearbeiter im Verfahren gegen den anderweitig Verfolgten tätig wurde, ergänzte die Angaben schließlich mit Erkenntnissen aus dessen Verfahren.
233
Die Feststellungen beruhen weiterhin auf den Angaben des anderweitig Verurteilten, welcher in der Hauptverhandlung über den Kauf von Chargenaufklebern und einem Stempel bei dem Angeklagten berichtete. Er gab an diese für 100 Euro in M. erworben zu haben, um für sich selbst und seine Familie falsche Impfausweise herzustellen.
234
Weiter beruhen die Feststellungen auch auf dem in der Hauptverhandlung verlesenen Urteil des Amtsgerichts München gegen den anderweitig Verurteilten.
235
Die Kammer hat darüber hinaus die Lichtbilder der Beiakte aus dem Verfahren gegen den anderweitig Verurteilten in Augenschein genommen. Bei der Durchsuchung der Wohnung des anderweitig Verurteilten konnten durch die Polizeibeamten Chargenaufkleber mit dem Aufdruck „COMIRATY“ sowie ein Stempel der Münchener Kinderärzte Dr. G. / Dr. B. sichergestellt werden.
236
Die Kammer hat keine Zweifel, dass der Sachverhalt sich so wie unter Ziffer C. II. 4. festgestellt zugetragen hat.
237
b) Die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand beruhen auf den eigenen geständigen Angaben des Angeklagten.
6. Taten aus Ziffern C. II. 5. – 8. – Verkäufe von verfälschten Blankett-Impfausweisen
238
Die unter C. II. 5. – C. II. 8. abgehandelte Sachverhalte stehen fest insbesondere aufgrund des insoweit glaubhaften Geständnisses der Angeklagten, der Angaben des Hauptsachbearbeiters sowie der in Augenschein genommenen Lichtbilder und verlesenen Urkunden.
239
Die Angeklagte hat den Sachverhalt, so wie er in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 in den Ziffern 8, 9, 10 und 13 zugrunde lag, umfänglich eingeräumt. Sie gab an, die Impfausweise mit falschen Chargenaufklebern und Stempeln von Arztpraxen oder medizinischen Einrichtungen verfälscht zu haben und dann gewinnbringend an die jeweiligen Abnehmer übergeben zu haben. Die Personalien habe sie dabei nicht ausgefüllt.
240
Diese geständigen Angaben wurden durch das Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme bestätigt.
241
Maßgeblich sind hierbei vor allem die Angaben des Zeugen, dem polizeilichen Ermittlungsbeamten. Dieser gab glaubhaft in seiner Aussage in der Hauptverhandlung an, dass im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung sowie der Auswertung der EDV-Geräte sich Gespräche mit den jeweiligen Abnehmern über den Verkauf der verfälschten Impfausweise ergeben haben. Dabei sei von „gelben“ oder auch „Hundeleinen“ gesprochen worden. Im Rahmen ihrer Beschuldigtenvernehmung habe die Angeklagte bereits eingeräumt, die Impfausweise verfälscht und an die jeweiligen Abnehmer veräußert zu haben. Die Angaben habe er mit dem Ergebnis seiner Ermittlungen überprüft und für stichhaltig befunden.
242
Die Angaben des Zeugen sind in sich schlüssig und widerspruchsfrei und konnten teilweise auch durch die Verlesung der Gesprächsverläufe bestätigt werden.
b) Verkaufspreise und Gewerbsmäßigkeit
243
Hinsichtlich des Verkaufspreises der Impfausweise beruhen die Feststellungen neben den geständigen Angaben der Angeklagten auch auf den Angaben des Zeugen, der im Rahmen seiner Aussage in der Hauptverhandlung auch über die Vernehmung der Angeklagten berichtete, in welcher sie bereits auf die jeweiligen Verkaufspreise einging. Die Kammer hat keinerlei Zweifel an den nachvollziehbaren Angaben des Zeugen, die sich mit den Ermittlungen aus der Akte herleiten lassen und in sich glaubhaft und schlüssig waren. Teilweise konnten diese auch durch die Verlesung von Gesprächsverläufen aus der EDV-Auswertung ergänzt werden.
244
Die Feststellungen, wonach die Angeklagte ihr Handeln auf eine gewerbsmäßige Begehungsweise ausgerichtet hat steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund deren Erwerbs- und Einkommenslosigkeit im Tatzeitraum. Die Einnahmen aus dem Verkauf von manipulierten Blankett-Impfausweisen waren daher für die Angeklagte von einigem Umfang und einigem Gewicht.
c) Subjektiver Tatbestand:
245
Auch hinsichtlich der durch die Angeklagte hergestellten und veräußerten Blankett-Impfausweise, welche mit gefälschten Chargenaufklebern, Stempelabdrucken einer Arztpraxis oder einer medizinischen Einrichtung, sowie dem vermeintlichen Impfdatum und einer nachgeahmten oder erfundenen Unterschrift eines Arztes versehen waren, beruhen die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand auf deren geständigen Angaben in der Hauptverhandlung.
7. Vorlage des Impfausweises in W.
246
Die Angeklagte hat den unter Ziffer C. II. 9. festgestellten Sachverhalt in vollem Umfang eingeräumt und die Tat in objektiver und subjektiver Hinsicht entsprechend der getroffenen Feststellungen geschildert. Ihr Geständnis ist auch glaubhaft, da es widerspruchsfrei die Entstehung und Ausführung der Tat erklärt. Die Angeklagte hat insbesondere angegeben, dass sie an dem Tatabend eine Reservierung für die Gaststätte gehabt habe, um dort Essen zu gehen. Sie habe ihren falschen Impfausweis, der eine COVID-19 Impfung bescheinigte, die sie nicht gehabt hatte, bewusst vorgelegt, um so Zugang zu der Gaststätte zu erhalten.
247
Die Kammer hat die Angaben der Angeklagten überprüft; sie stimmen insbesondere überein mit den Angaben des polizeilichen Hauptsachbearbeiter im hiesigen Verfahren, dem Zeugen. Dieser gab an, über die Telekommunikationsüberwachung Erkenntnisse über die Tat erhalten zu haben. Die Angeklagte habe am Telefon bei Aufgabe der Reservierung bereits angegeben geimpft zu seien. Weiterhin habe die Angeklagte auch in ihrer Beschuldigtenvernehmung die Tat bereits so wie festgestellt eingeräumt. Die Kammer hat keine Zweifel an den Angaben des Zeugen, diese lassen sich widerspruchsfrei auch aus der Akte herleiten. Darüber hinaus stimmen die Angaben der Angeklagten auch mit dem im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Impfausweis der Angeklagten überein.
248
Die Angeklagten haben den Sachverhalt so, wie unter Ziffer C. II. 10. festgestellt, in vollem Umfang eingeräumt und die Tat in objektiver und subjektiver Hinsicht entsprechend den getroffenen Feststellungen geschildert. Das Geständnis der Angeklagten ist auch glaubhaft, da es widerspruchsfrei die Entstehung und Ausführung der Tat erklärt. Die Angeklagte hat insbesondere angegeben, dass sie die zuvor in der Fälscherwerkstatt gemeinsam mit den Mitangeklagten erstellten Impfausweise der anderweitig Verfolgten in ihrer Wohnung zur Verfügung gestellt habe. Diese habe die Impfausweise dort mit ihren Personalien ausgefüllt, sich dabei jedoch verschrieben. Sie habe die Impfausweise sodann in einem Stiefel im obersten Schuhregal rechts neben ihrer Wohnungseingangstüre versteckt.
249
Die Angaben der Angeklagten – insbesondere der Angeklagten- werden bestätigt durch die Angaben des Zeuge, einem der Durchsuchungsbeamten der Wohnung der Angeklagten. Dieser gab an, im Rahmen der Durchsuchung in einem Stiefel neben der Eingangstüre vier Impfausweise gefunden zu haben, von denen einer auf die anderweitig Verfolgte, mit Chargenaufklebern, Namen, Impfdatum und der Unterschrift eines Arztes ausgefüllt gewesen sei. Ein weiterer Impfausweis sei ebenfalls mit den Personalien der anderweitig Verfolgten ausgefüllt gewesen; ein anderer mit den Personalien der Angeklagten, sowie der vierte Impfausweis ohne Personalien.
250
Die Angaben der Angeklagten werden weiter gestützt durch die des Zeugen, dem polizeilichen Hauptsachbearbeiter in hiesigem Verfahren, der auch über die Telekommunikationsüberwachung berichtete, in welcher sich die Angeklagten und über die im Stiefel befindlichen Impfausweise unterhalten haben.
251
Das Gericht hat daher keine Zweifel, dass sich der Sachverhalt so, wie unter Ziffer C. II. festgestellt, ereignet hat.
9. Unerlaubter Besitz von 97,40 Gramm Marihuana
252
Der unter Ziffer C. III. 1. festgestellte Sachverhalt steht insbesondere aufgrund des glaubhaften Geständnisses der Angeklagten und fest; diese räumten den Sachverhalt so wie festgestellt in subjektiver und objektiver Hinsicht ein. Die Angaben der Angeklagten konnten durch die in sich schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben der Zeugen und ergänzt werden.
253
Der Angeklagte räumte den Sachverhalt so, wie ihn die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift vom 19.08.2022 darlegte, mit der Maßgabe ein, dass die Betäubungsmittel lediglich in der Wohnung verwahrt wurden, ein Handel mit Marihuana habe nicht stattfinden sollen. Die Angeklagte ergänzte die Angaben dahingehend, dass die Betäubungsmittel dem Angeklagten gehören, welcher zeitweise in ihrer Wohnung untergekommen war, sich zum Tatzeitpunkt allerdings in der Tschechischen Republik befunden habe. Die Betäubungsmittel haben dem Eigenkonsum des Angeklagten gedient.
254
Der Durchsuchungsbeamte PM gab an, dass in der Wohnung der Angeklagten und 97,40 Gramm Marihuana sichergestellt worden sei; Verpackungsmaterialien, oder eine Feinwaage seien hingegen nicht aufgefunden worden. Ergänzt werden diese Angaben durch die der Zeugin, die neben der Auswertung der DNA-Spuren an der Verpackung des Marihuanas auch über die Beschuldigtenvernehmung der Angeklagten berichtete. Bereits zum damaligen Zeitpunkt habe die Angeklagte ihr gegenüber angegeben, dass die Betäubungsmittel dem Angeklagten gehören, was aufgrund der Abwesenheit des Angeklagten nicht verifiziert werden konnte.
255
Die Kammer hat keinerlei Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Geständnisses der Angeklagten und, welches insbesondere durch die Angaben des Zeugen getragen wird. Weiter konnte das Geständnis auch durch die Angaben der Zeugin an Glaubhaftigkeit gewinnen, da sich hieraus eine Aussagekonstanz der Angaben der Angeklagten ergibt.
256
Zudem werden die Angaben weiter gestützt durch die in Augenschein genommenen Lichtbilder und verlesenen Urkunden.
257
Wegen dieses Tatkomplexes war der Angeklagte nicht angeklagt worden.
258
Die Feststellungen zum Wirkstoffgehalt beruhen auf dem Wirkstoffgutachten der Oberregierungsrätin Dr. des Bayerischen Landeskriminalamts vom 04.11.2021, die das sichergestellte Marihuana (97,40 Gramm pflanzliches Material mit einem Gehalt von 10,4% Tetrahydrocannabinol) untersuchte.
c) Subjektiver Tatbestand:
259
Die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand beruhen auf den geständigen Angaben der Angeklagten und im Rahmen der Hauptverhandlung sowie dem Grundsatz, wonach der Täter hinsichtlich der Menge und des Wirkstoffgehalts regelmäßig mit jeder nach den Umständen des Falls in Betracht kommenden Möglichkeit einverstanden ist. (BGH NStZ-RR 1979, 121). Die Beweisaufnahme hat keine Anhaltspunkte für Umstände ergeben, aufgrund derer die Angeklagten und im konkreten Fall von einem niedrigeren als dem festgestellten Wirkstoffgehalt ausgehen durften oder tatsächlich ausgegangen sind.
260
Der unter Ziffer C. III. 2. festgestellte Sachverhalt beruht auf den glaubhaften geständigen Einlassungen der Angeklagten und. Diese haben den Sachverhalt so wie festgestellt in subjektiver und objektiver Hinsicht eingeräumt. Die Feststellungen werden weiter ergänzt durch die Angaben des polizeilichen Ermittlers im Verfahren gegen den anderweitig Verfolgten,, der neben der Durchsuchung und dem Ermittlungshergang auch über die Auswertung des Mobiltelefons des anderweitig Verfolgten berichtete.
261
Der Angeklagte gab über eine Verteidigererklärung, die er sich zu eigen machte, an, dass er den anderweitig Verfolgten über den Angeklagten kennengelernt habe. Der anderweitig Verfolgte habe ihm und dem Angeklagten eine Anstellung in einer Ziegelbrennerei versprochen. Sie seien dann zum anderweitig Verfolgten nach H. gefahren und hätten dort gemeinsam im Zimmer des, des Bruders des anderweitig Verfolgten, gelebt. Dabei haben sie gelegentlich auch die Marihuana Outdoor-Plantage des bewässert und gedüngt.
262
Auch der Angeklagte bestätigte die Angaben des Angeklagten und gab an, dass er die Pflanzen des anderweitig Verfolgten gegossen habe. Ihm sei zu dem Zeitpunkt nicht bewusst gewesen, dass der Besitz von Marihuana in Deutschland illegal ist.
263
Die Angaben der Angeklagten und sind in Einklang zu bringen mit den Ausführungen des Zeugen. Dieser gab im Rahmen seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung an, dass der anderweitig Verfolgte bei seiner polizeilichen Vernehmung angegeben habe, dass die Plantage den beiden Angeklagten und gehöre. Allerdings sei aus seiner Sicht und der Erkenntnisse aus seinen Ermittlungen – insbesondere nach der Auswertung der Mobiltelefone – die Plantage dem anderweitig Verfolgten zuzuordnen, auf dessen Grundstück sie auch angelegt wurde. Gegen diesen habe es darüber hinaus auch bereits einige Jahre zurückliegend ein Verfahren wegen des Anbaus von Marihuana gegeben.
264
Die Feststellungen werden weiter ergänzt durch die Verlesung der Chats aus der Handyauswertung des anderweitig Verfolgten, welcher dort mehrfach von seiner Plantage berichtete; darüber hinaus finden sich Chats, in welchen der anderweitig Verfolgte angibt, bereits Marihuana verkauft zu haben.
265
Die Angaben werden weiter ergänzt durch die in Augenschein genommenen Lichtbilder, die bei der Durchsuchung des Anwesens des anderweitig Verfolgten entstanden sind, sowie aufgrund der in Augenschein genommenen Lichtbilder und Videos, welche auf dem Mobiltelefon des anderweitig Verfolgten gefunden werden konnten.
266
Die Feststellungen zum Wirkstoffgehalt beruhen auf den glaubhaften, da nachvollziehbaren und in sich schlüssigen, Angaben der Sachverständigen Dr.. Diese berichtete im Rahmen ihrer Aussage in der Hauptverhandlung neben dem Ergebnis der Untersuchung der sichergestellten Marihuana Pflanzen auf Tetrahydrocannabinol auch über den Ertrag, den die Plantage gehabt haben könnte. Sie gab an, dass die zur Untersuchung gelangte Menge von insgesamt 5.354,5 Gramm grünlich, getrocknetem, pflanzlichem Material bei Wirkstoffgehalten zwischen 1,8% und 12,4% THC insgesamt einen Mindestwirktoffgehalt von 93,67 Gramm Tetrahydrocannabinol aufgewiesen habe.
267
Die Pflanzen seien zum Zeitpunkt der Sicherstellung in drei unterschiedlichen Wachstumsphasen gewesen; keine der Pflanzen habe zu diesem Zeitpunkt erkennbare Blütenstände getragen, weshalb noch kein optimaler Erntezeitpunkt vorgelegen habe.
268
Der minimale Ertrag der Pflanzen im erntereifen Zustand läge bei 186,9 Gramm THC, während der maximal zu erwartende Ertrag der 44 Pflanzen bei 654,6 Gramm THC gelegen habe.
c) Subjektiver Tatbestand:
269
Die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand beruhen auf den geständigen Angaben der Angeklagten und im Rahmen der Hauptverhandlung sowie dem Grundsatz, wonach der Täter hinsichtlich der Menge und des Wirkstoffgehalts regelmäßig mit jeder nach den Umständen des Falls in Betracht kommenden Möglichkeit einverstanden ist. (BGH NStZ-RR 1979, 121). Die Beweisaufnahme hat keine Anhaltspunkte für Umstände ergeben, aufgrund derer die Angeklagten und im konkreten Fall von einem niedrigeren als dem festgestellten Wirkstoffgehalt ausgehen durften oder tatsächlich ausgegangen sind.
270
Zu den Feststellungen unter Ziffer C. III. 3. ist die Kammer aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme gelangt.
271
Die Angeklagten, und gaben – entgegen dem Tatvorwurf der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 19.08.2022 – an, dass die aufgefundenen Betäubungsmittel lediglich zu rund 1/3 für den Verkauf bestimmt gewesen seien; im Übrigen hätten die Betäubungsmittel dem Eigenkonsum der Angeklagten, und dienen sollen.
272
Diese Einlassung der Angeklagten hat sich im Rahmen der Hauptverhandlung durch die durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt. Maßgeblich sind dabei neben den übereinstimmenden, glaubhaften Angaben der beiden Durchsuchungsbeamten, und auch die in Augenschein genommenen Lichtbilder, welche bei der Durchsuchung der Gaststätte am 02.12.2021 gefertigt wurden. Die Feststellungen zur jeweiligen Verwendung der erworbenen Rauschgiftmengen für den Eigenkonsum und für den gewinnbringenden Handel beruhen auf einer Zusammenschau insbesondere der finanziellen Mittel der Angeklagten, der zwingend erforderlichen Refinanzierung, ihres jeweiligen Konsums im Tatzeitraum und der Menge an Rauschgift, die bei der Durchsuchung am 02.12.2021 sichergestellt wurden.
273
Für die Verwendung von 1/3 der Gesamtmenge zum gewinnbringenden Weiterverkauf spricht zunächst die finanzielle Situation der Angeklagten, und zum Tatzeitpunkt. Die Angeklagten gingen im Tatzeitraum jeweils keiner Erwerbstätigkeit nach, aus welcher sie (legale) Einkünfte bezogen. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Angeklagten (wie im Rahmen der Feststellungen zum Betäubungsmittelkonsum jeweils dargelegt) einen hohen Konsum an Betäubungsmitteln im Tatzeitraum hatten. Ein solch überdurchschnittlicher Konsum an Betäubungsmitteln ist jedoch mit den finanziellen Mitteln der Angeklagten, und nicht vereinbar. Auch die im gefundene Feinwaage und Verpackungsmaterialien sprechen für eine Refinanzierung der Angeklagten durch den Handel mit Betäubungsmitteln. In einer Gesamtschau der angesprochenen Anhaltspunkte kann nur ein gewisser Anteil für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt gewesen sein.
274
Die Kammer schätzt zugunsten der Angeklagten den Weiterverkaufsanteil auf rund 1/3 der Gesamtmenge, so dass der übrige Teil der sichergestellten Betäubungsmittel für den Eigenkonsum verbleibt. Mit einem Eigenkonsum der Restmenge sind auch die Angaben der Angeklagten zu ihrem Eigenkonsum in Einklang zu bringen. Bei einem Handeltreiben mit 1/3 der sichergestellten Betäubungsmittel ist es gerade so möglich, eine teilweise Finanzierung des erheblichen Konsums der Angeklagten aufzustellen.
275
Die Feststellungen zu den Wirkstoffgehalten der im aufgefundenen Betäubungsmittel beruhen auf den Angaben des chemischen Sachverständigen Dr., welcher in seinem – in der Hauptverhandlung verlesenen – Gutachten über die chemische Untersuchung der Asservate auf betäubungsmittelrelevante Inhaltsstoffe berichtete. Bei der chemischen Untersuchung sei bei den Asservaten Tetrahydrocannabinol, Kokainhydrochlorid und Amphetaminbase festgestellt worden. Die quantitative Analyse habe ergeben, dass das sichergestellte Cannabis einen Mindestwirkstoffgehalt von 12,69% Tetrahydrocannabinol aufwies. Das Amphetamin weise bei einem Wirkstoffgehalt zwischen 23,3% und 44,8% Amphetaminbase eine Wirkstoffgesamtmenge von 124,85 Gramm auf. Betreffend das Kokain betrug der Wirkstoffgehalt mindestens 80% und damit 0,52 Gramm Kokainhydrochlorid.
276
Die Kammer hat keine Zweifel an den in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. und macht sich dessen Ausführungen aufgrund eigener Überzeugungsbildung zu Eigen.
c) Subjektiver Tatbestand:
277
Die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand beruhen auf den geständigen Angaben der Angeklagten, und im Rahmen der Hauptverhandlung sowie dem Grundsatz, wonach der Täter hinsichtlich der Menge und des Wirkstoffgehalts regelmäßig mit jeder nach den Umständen des Falls in Betracht kommenden Möglichkeit einverstanden ist. (BGH NStZ-RR 1979, 121). Die Beweisaufnahme hat keine Anhaltspunkte für Umstände ergeben, aufgrund derer die Angeklagten, und im konkreten Fall von einem niedrigeren als dem festgestellten Wirkstoffgehalt ausgehen durften oder tatsächlich ausgegangen sind.
Durchsuchung der Wohnung und am 20.12.2022
278
Die Feststellungen zum Sachverhalt unter Ziffer C. III. 4. beruhen auf den geständigen Einlassungen der Angeklagten, und.
279
Die Angeklagten, und haben den Sachverhalt so wie er in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 in Ziffer 6 beschrieben wurde, eingeräumt. Sie gaben jeweils an, die jeweiligen Betäubungsmittel zum Eigenkonsum besessen zu haben. Hinsichtlich des sichergestellten Testosterons gab der Angeklagte an, dass er mit dem Sport habe beginnen wollen und sich für den schnelleren Muskelaufbau Testosteron spritzen haben wollen; die in der Hundehütte aufgefundene Schreckschusspistole sowie der Schlagring seien ihm von einem Bekannten, den er nicht nennen wolle, übergeben worden. Er habe diese nicht innerhalb der Wohnung aufbewahren wollen und sie deshalb in der Hundehütte im Garten versteckt.
280
Die Geständnisse der Angeklagten hat die Kammer im Rahmen der Hauptverhandlung überprüft und für stichhaltig bewertet. Sie stimmen insbesondere überein mit den Angaben des polizeilichen Hauptsachbearbeiters,, sowie des leitenden Durchsuchungsbeamten, welcher ausführlich über die Auffindesituationen der Gegenstände berichtete. Darüber hinaus konnten die Angaben der Angeklagten auch über die in Augenschein genommenen Lichtbilder verifiziert werden.
281
Nach alledem hat die Kammer keinen Zweifel, dass sich der Sachverhalt so, wie unter Ziffer C. III. 4. festgestellt, zugetragen hat.
282
Die Feststellungen zu dem Wirkstoffgehalt des Amphetamins und des Marihuanas wurde durch die Kammer geschätzt.
283
Die Kammer geht davon aus, dass die Mindestwirkstoffkonzentration des Amphetamins bei 8% Amphetaminbase lag; betreffend das Marihuana geht die Kammer von einer Mindestwirkstoffkonzentration von 5% Tetrahydrocannabinol aus. Dies entspricht nach den Erfahrungen der vorwiegend mit Betäubungsmitteln befassten Kammer jeweils einer unterdurchschnittlichen Qualität, die in der Vielzahl der gewöhnlich vorkommenden Fälle mindestens zu erwarten ist.
c) Subjektiver Tatbestand:
284
Die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand der Angeklagten, und beruhen auf deren geständigen Angaben in der Hauptverhandlung.
285
Darüber hinaus basieren die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand hinsichtlich aller Angeklagter auf dem Grundsatz, wonach der Täter hinsichtlich der Menge und des Wirkstoffgehalts regelmäßig mit jeder nach den Umständen des Falls in Betracht kommenden Möglichkeit einverstanden ist.
286
Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten beruhen auf dem in der Hauptverhandlung erstatteten psychiatrischen Gutachten des Sachverständigen Dr., wonach die bei dem Angeklagten diagnostizierte kokainsowie amphetaminbedingte Verhaltenssowie Wesensveränderung, den Eingangsmerkmalen der §§ 20, 21 StGB zuzuordnen ist.
287
Der Sachverständige führte hierzu aus, dass bei dem Angeklagten eine kokain- und amphetaminbedingte Verhaltenssowie Wesensveränderung im Sinne von ICD-10 F14.71, F15.71 zu diagnostizieren sei. Aus psychiatrischer Sicht sei diese Erkrankung des Angeklagten dem Eingangsmerkmal einer krankhaften seelischen Störung, sowie dem Eingangsmerkmal einer schweren anderen seelischen Störung des § 21 StGB zuzuordnen.
288
Er führte weiterhin aus, dass zum Zeitpunkt der Taten bei dem Angeklagten die Einsichtsfähigkeit in das Unrecht dieser Taten zwar erhalten war, sich dennoch eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund der beginnenden Depravation annehmen lasse. Aufgrund der beginnenden Wesens- und Verhaltensänderung, welche durch den jahrelange Kokain- und Amphetaminkonsum aufgetreten ist, sei der Angeklagte nicht in der Lage gewesen, sich anders unter vergleichbaren Umständen zu verhalten. Zudem sei aufgrund des Motivs der Befriedigung seiner Betäubungsmittel- und Spielsucht seine Erkrankung auch führend für die Taten gewesen.
289
Auf der Grundlage der Ausführungen des forensisch erfahrenen und fachlich qualifizierten Sachverständigen Dr. kam die Kammer zu der Überzeugung, dass bei den unter Ziffer C. II. und C. III. festgestellten Taten die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht ausschließbar erheblich vermindert war. Die Ausführungen des Sachverständigen waren schlüssig und in sich nachvollziehbar.
290
Die Kammer ist sich dabei bewusst, dass die Rechtsfrage, ob die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgehoben oder vermindert war, allein durch die Kammer zu beurteilen ist und ist sachverständig beraten und aufgrund eigener Überzeugungsbildung davon überzeugt, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zu den Tatzeitpunkten unter Ziffer C. II. und C. III. nicht ausschließbar erheblich vermindert war.
291
Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten beruhen auf dem in der Hauptverhandlung erstatteten psychiatrischen Gutachtens des Sachverständigen Dr., wonach die bei dem Angeklagten diagnostizierte alkohol-, opiat-, cannabis- und amphetaminbedingte Verhaltens- und Wesensänderung den Eingangsmerkmalen der §§ 20, 21 StGB zuzuordnen ist.
292
Der Sachverständige führte hierzu aus, dass bei dem Angeklagten eine alkohol-, opiat-, cannabis- und amphetaminbedingte Verhaltens- und Wesensveränderung im Sinne von ICD-10 F10.71, F11.71, F12.71, F15.71 im fortgeschrittenen Stadium zu diagnostizieren sei. Aus psychiatrischer Sicht seien diese Erkrankungen dem Eingangsmerkmal der krankhaften seelischen Störung, sowie dem einer schweren anderen seelischen Störung des § 21 StGB zuzuordnen.
293
Er führte weiter aus, dass zum Zeitpunkt der Taten bei dem Angeklagten die Einsichtsfähigkeit in das Unrecht dieser Taten zwar erhalten war, sich dennoch eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund des fortgeschrittenen Persönlichkeitsverfalls aufgrund des langjährigen Konsums – welcher auch bereits zu schweren physischen Problemen geführt hat – annehmen lasse. Aufgrund der bereits fortgeschrittenen Depravation sei der Angeklagte nicht in der Lage gewesen, sich anders unter vergleichbaren Umständen zu verhalten.
294
Die Hirntraumata aus den Jahren 2020 nach dem Entzugskrampfanfall und 2021 als Folge des Fahrradunfalls haben nach den Ausführungen des Sachverständigen keine Auswirkungen auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten.
295
Auf der Grundlage der Ausführungen des gerichtsbekannten, zuverlässigen Sachverständigen Dr. kam die Kammer zu der Überzeugung, dass bei den unter Ziffer C. II. und C. III. festgestellten Taten die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert war. Die Ausführungen des Sachverständigen waren schlüssig und in sich nachvollziehbar.
296
Die Kammer ist sich dabei bewusst, dass die Rechtsfrage, ob die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgehoben oder vermindert war, allein durch die Kammer zu beurteilen ist und ist sachverständig beraten und aufgrund eigener Überzeugungsbildung davon überzeugt, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zu den Tatzeitpunkten erheblich vermindert war.
297
Die Beweisaufnahme hat bei keinem der Angeklagten, und Anzeichen zu Tage gefördert, wonach eine Beeinträchtigung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit im Zusammenhang mit den §§ 20, 21 StGB gegeben sein könnte. Insbesondere hat die Hauptverhandlung aus Sicht der Kammer keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit der Angeklagten, und wegen etwaiger vorangegangener Aufnahme von Rauschmitteln beeinträchtigt gewesen wäre.
298
Die Feststellungen beruhen zum einen auf den Feststellungen zum Betäubungsmittelkonsum der Angeklagten und, zum anderen auf den in der Hauptverhandlung erstatteten psychiatrischen Gutachten der Sachverständigen Dr., wonach die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB aus psychiatrischer Sicht bei den Angeklagten und auszuschließen seien.
299
Hinsichtlich der Angeklagten beruhen die Feststellungen neben deren Angaben zum Betäubungsmittelkonsum auch auf den Angaben der Polizeibeamten zum jeweiligen Zustand der Angeklagten und dem Eindruck, den sie bei diesen hinterlassen habe; diese lassen nicht den Schluss zu, sie sei merkbar unter dem Einfluss von Substanzen gestanden.
300
Die Kammer macht sich insoweit die Ausführungen der Sachverständigen Dr. med. hierzu in der Hauptverhandlung aufgrund eigener Überzeugung zu eigen.
301
Durch die unter Gliederungspunkt C. festgestellten Taten haben sich die Angeklagten,,, und jeweils so schuldig gemacht, wie im Urteilstenor ausgesprochen.
302
Im Einzelnen sind hierzu folgende Ausführungen veranlasst:
I. Taten aus Ziffer C. II. 1. – E-Post
303
Die Angeklagten haben sich jeweils aufgrund des unter Ziffer C. II. 1. festgestellten Sachverhalts der Beihilfe zur Urkundenfälschung in 18 tatmehrheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem weiteren Fall gemäß §§ 267 Abs. 1, 27 Abs. 1, 52, 53 StGB strafbar gemacht.
1. Keine vollendete täterschaftliche Urkundenfälschung
304
Die Angeklagten haben sich jeweils nicht einer vollendeten täterschaftlichen Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB strafbar gemacht, da sie bewusst die Frontseite des jeweiligen Impfausweises nicht mit den jeweiligen Personalien ausgefüllt haben, was ihrem Geschäftsmodell entsprach.
a) Urkundenqualität eines Impfausweises
305
Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Urkunde die Verkörperung einer allgemeinen oder für Eingeweihte verständlichen Gedankenerklärung, die den Erklärenden – also den Aussteller – erkennen lässt und die geeignet und dazu bestimmt ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen (mit zahlreichen Nachweisen: Fischer, StGB, 70. Aufl., § 267, Rn.3).
306
Ein Impfausweis kann eine Urkunde im Sinne des § 267 StGB darstellen. Ein vollständig ausgefüllter Impfausweis erfüllt die Voraussetzungen des Begriffs der Urkunde im Sinne des § 267 StGB.
307
Die Eintragung einer Impfdokumentation in einen auf eine bestimmte Person ausgestellten Impfausweis stellt eine verkörperte Gedankenerklärung dar, die zum Beweis geeignet und bestimmt ist und ihren Aussteller erkennen lässt (st. Rspr. zum Urkundenbegriff, vgl. BGH, Urteil v. 18.06.1953 – 3 StR 166/53, BGH, Urteil v. 10.11.2022 – 5 StR 283/22). Die in der ausgefüllten Zeile des Impfausweises enthaltenen Angaben über Datum der Impfung, Impfstoff und der dazugehörigen Chargennummer ergeben im Zusammenhang mit den Personalien auf der Frontseite des Impfausweises die Erklärung des Impfarztes, der genannten Person die bezeichnete Impfung an einem bestimmten Tag unter Verwendung eines Impfstoffes einer bestimmten Charge verabreicht zu haben.
308
Aufgrund dessen, dass die gegenständlichen Impfausweise jeweils nicht durch die Angeklagten mit Personalien ausgefüllt wurden, haben die Angeklagten jeweils keine unechte Urkunde hergestellt. Es handelt sich bei den durch die Angeklagten erstellten Impfausweise lediglich um einen Entwurf einer Urkunde, der durch den jeweiligen Abnehmer durch Ausfüllen der Personalien vervollständigt werden konnte und von den Angeklagten auch hierfür bestimmt war.
309
Mangels Urkundenqualität der von den Angeklagten verkauften mit Chargenaufklebern, Stempeln und Unterschriften präparierten BlankettImpfausweisen scheidet eine täterschaftliche Strafbarkeit nach § 267 Abs. 1 StGB somit aufgrund der fehlenden Personalisierung des jeweiligen Impfausweises aus.
2. Keine versuchte Urkundenfälschung
310
Es scheidet aufgrund des fehlenden Tatentschlusses der Angeklagten bezüglich einer vollendeten Urkundenfälschung auch eine Strafbarkeit wegen versuchter Urkundenfälschung aus. Die Annahme einer versuchten Urkundenfälschung setzt voraus, dass der subjektive Tatbestand – der Tatentschluss – vollständig vorliegt und der objektive Tatbestand entweder nur teilweise verwirklicht wurde oder zur objektiven Tatbestandsverwirklichung zumindest unmittelbar angesetzt wurde, § 22 StGB. Der Tatentschluss umfasst dabei den Vorsatz bezüglich aller objektiver und – bei Delikten mit überschießender Innentendenz – deliktspezifischen weiteren subjektiven Tatbestandsmerkmale, also bei der Urkundenfälschung gem. § 267 Abs. 1 StGB die Täuschungsabsicht.
311
Die Angeklagten haben von vornherein beabsichtigt und ihr Geschäftsmodell entsprechend danach ausgerichtet, Blankett-Impfausweise lediglich mit Chargenaufklebern, Stempeln und teilweise auch Unterschriften des vermeintlichen Impfarztes zu versehen. Ihr Geschäftsmodell war gerade auf die Veräußerung von derart präparierten Impfausweisen ohne Personalisierung ausgerichtet. Eine Personalisierung der Impfausweise war von den Angeklagten nicht vorhergesehen und sollte bewusst dem Kunden oder dessen Abnehmern überlassen werden. Sie wollten in den gegenständlichen Fällen gerade keine – vollständige – Urkundenfälschung begehen.
312
Darüber hinaus haben die Angeklagten auch nicht zur (vollendeten) täterschaftlichen Urkundenfälschung unmittelbar angesetzt, da dies nicht vom Tatplan der Angeklagten umfasst war. Objektive Voraussetzung eines Versuchs ist, dass der Täter nach Maßgabe seines Tatplans zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt (vgl. Fischer, StGB, 70. Aufl., § 267, Rn. 9). Wie bereits geschildert, haben die Angeklagten in den gegenständlichen Fällen eine Personalisierung ihrem Tatplan entsprechend nicht beabsichtigt und damit auch nicht zur vollendeten Urkundenfälschung unmittelbar angesetzt.
313
Nach alledem kommt mangels Tatentschluss sowie mangels unmittelbaren Ansetzens zum vollendeten Delikt auch eine Strafbarkeit wegen versuchter Urkundenfälschung nach §§ 22, 23 Abs. 1, 267 Abs. 1 StGB nicht in Betracht.
3. Beihilfe zur Urkundenfälschung
314
Die Angeklagten haben sich jedoch aufgrund des unter C. II. 1. festgestellten Sachverhalts jeweils einer Beihilfe zur Urkundenfälschung gemäß §§ 27 Abs. 1, 267 Abs. 1 StGB strafbar gemacht, indem sie Blankett-Impfausweise mit Chargenaufklebern, Stempeln und Unterschriften versehen haben und diese sodann an die jeweiligen Abnehmer – zur Vervollständigung und Verwendung durch diese oder Dritte – veräußert haben.
315
Wie dargelegt, ist ein vollständig ausgefüllter Impfausweis eine Urkunde i.S.d. § 267 StGB. Eine Urkunde ist echt, wenn sie von demjenigen stammt, der in ihrer gegenwärtigen Gestalt als Aussteller angegeben ist. Demgegenüber ist sie unecht und damit falsch, wenn sie von einer anderen Person tatsächlich hergestellt wurde als den aus ihr heraus ersichtlichen Aussteller (vgl. Fischer, a.a.O., § 267 StGB Rn. 27 m.w.N.). Das Geschäftsmodell der Angeklagten sah vor, dass die Kunden Impfausweise mit gefälschten Chargenaufklebern, Stempeln und nachgeahmten oder erfundenen Unterschriften erhielten. Der Kunde konnte dann selbst die von ihm (oder seinen Abnehmern bzw. seinen Kunden für den Fall des Weiterverkaufs) gewünschten Personalien eintragen. Auch konnte er – teilweise – nach Wunsch ein Impfdatum eintragen, sofern dies nicht bereits durch die Angeklagten geschehen ist. Derartig vervollständigt erfüllen sämtliche Impfausweise aus diesem Tatkomplex die Tatbestandsmerkmale einer falschen und damit unechten Urkunde.
316
Die anderweitig Verfolgten Nutzer der falschen Impfausweise haben jeweils jedenfalls den Tatbestand der Urkundenfälschung in der Variante des Gebrauchens einer unechten Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr verwirklicht, § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB, als sie an den oben aufgeführten Tagen zu den näher bezeichneten Zeiten und Gelegenheiten den falschen Impfausweis vorlegten.
317
Für die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme gelten die allgemeinen Grundsätze (vgl. BGH, Beschluss vom 10.1.2019 – 1 StR 640/18), wobei insbesondere auf die Bedeutung des Tatbeitrags, das Tatinteresse und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft abzustellen ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.2021 – 3 StR 184/20). In Grenzfällen ist eine wertende Gesamtwürdigung der für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme relevanten Kriterien vorzunehmen (BGH, Beschluss vom 10.1.2019 – 1 StR 640/18). Das Tatinteresse der Angeklagten bezog sich lediglich darauf, Dritte vor Impfungen mit der COVID-Schutzimpfung – nach ihrer Ansicht – „zu schützen“ und diesen durch die Veräußerung von zuvor präparierten BlankettImpfausweisen mehr Freiheiten aufgrund der zum Tatzeitpunkt herrschenden 2G- bzw. 3G-Regelungen zu ermöglichen. Sie haben dabei weder an der Vorlage des jeweiligen Impfausweises noch am Ausfüllen der Personalien auf der Frontseite mitgewirkt. Ihr Tatbeitrag bezog sich auf das Beschaffen von Blankett-Impfausweisen und auf deren Präparierung, sodass diese von den Abnehmern vervollständigt und verwendet werden konnten.
318
Die Beihilfe erfordert dabei auch eine tatsächliche Förderung der Haupttat, indem diese ermöglicht oder verstärkt oder ihre Durchführung erleichtert wird (vgl. BGH, Beschluss v. 09.07.2015 – 2 StR 58/15). Durch das Bekleben der Blankett-Impfausweise mit Chargenaufklebern und das Versehen mit Stempeln und Unterschriften haben die Angeklagten arbeitsteilig jedenfalls das Gebrauchen einer unechten Urkunde – durch die jeweiligen Abnehmer – gefördert. Hierauf bezog sich jedenfalls auch ihr doppelter Gehilfenvorsatz, denn den Angeklagten war bewusst, dass ihre Kunden oder weitere Personen, die durch ihre Kunden letztlich den Impfausweis erhalten würden, diesen wohl auch einsetzen und damit gebrauchen würden. Auch wenn sie die näheren Umstände nicht wussten, nahmen sie diese doch billigend in Kauf.
4. Keine Strafbarkeit gemäß § 277 StGB
319
Die Angeklagten haben sich nicht wegen der Fälschung von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 StGB a.F. strafbar gemacht.
320
Der Tatbestand des § 277 StGB in seiner bis zum 23.11.2021 geltenden Fassung setzt sich aus zwei Teilakten zusammen. Voraussetzung ist, dass jemand unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt oder als eine andere approbierte Medizinperson oder unberechtigt unter dem Namen solcher Personen ein Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen ausstellt oder ein derartiges echtes Zeugnis verfälscht (erster Teilakt) und davon zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften Gebrauch macht (zweiter Teilakt).
321
Bereits der erste Teilakt wurde durch die Angeklagten nicht verwirklicht, da die Personalien auf der Frontseite des jeweiligen Impfausweises bewusst von den Angeklagten nicht ausgefüllt wurden. Zwar stellt ein Impfausweis ein Gesundheitszeugnis im Sinne von § 277 StGB a.F. dar, da dieser eine Erklärung über den Gesundheitszustand eines Menschen enthält. Eine solche Erklärung wird nämlich auch durch die in einem Impfnachweis enthaltene Feststellung getroffen, dass der Impfausweisinhaber mit einem bestimmten Wirkstoff geimpft sei und dieser Wirkstoff bei Kontakt mit einem Virus zu bestimmten körperlichen Reaktionen führt (vgl. BGH, Urteil v. 10.11.22 – 5 StR 283/22).
322
Dieser Aussagegehalt lässt sich aber nicht allein der Zeilen auf den Innenseiten des Impfausweises entnehmen, in der das Datum der Impfung, der Impfstoff sowie die dazugehörige Chargennummer eingetragen werden. Es bedarf vielmehr darüber hinaus der Zuordnung der verabreichten Impfdosis zu einer bestimmten Person (vgl. im Gegenschluss die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 275 Abs. 1a StGB in BTDrucks. 20/15, S. 32 f.). Diese wird erst durch die Personalien auf dem Deckblatt des Impfausweises gewährleistet, auf die sich die Angaben zur Impfung beziehen.
323
Aufgrund dessen, dass die Angeklagten den jeweiligen Impfausweis nicht personalisiert haben, liegt somit kein Gesundheitszeugnis im Sinne des § 277 StGB a.F. vor; eine Strafbarkeit nach § 277 StGB a. F. scheidet demnach aus.
324
Auch eine Beihilfe zu § 277 StGB a.F. scheidet aus, da bereits nicht festgestellt werden konnte, dass die jeweiligen Abnehmer den Impfausweis bei Behörden oder Versicherungsgesellschaften vorgelegt haben. Darüber hinaus scheidet § 277 StGB a.F. auch aus, da ein Vorsatz der Angeklagten (doppelter Gehilfenvorsatz) hinsichtlich dieses zweiten Teilaktes – Gebrauchmachen des Gesundheitszeugnisses zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften – nicht festgestellt werden konnte.
5. Keine Strafbarkeit gemäß § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB
325
Entgegen der rechtlichen Würdigung in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 haben sich die Angeklagten jeweils nicht einer mittäterschaftlichen Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB strafbar gemacht.
326
Die durch die Angeklagten veräußerten Impfausweise stellen zum Zeitpunkt der Veräußerung an die jeweiligen Abnehmer bereits keinen Gegenstand dar, der aus einer rechtswidrigen Tat stammt.
327
Der Begriff des Gegenstands ist weit zu fassen und umfasst alle Rechtsobjekte, die einen Vermögenswert haben. Neben beweglichen Sachen zählen hierzu bspw. auch Rechte wie Buchgeld, Forderungen, Beteiligungen an Gesellschaften. Soweit gefordert wird, dass der Gegenstand einen Vermögenswert haben muss, war dies hier der Fall, was bereits aus der Tatsache des tatsächlichen Verkaufs folgt. Diesen Gegenstand haben die Angeklagten einem Dritten, nämlich dem jeweiligen Abnehmer, verschafft (§ 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB). Auch der jeweils erlangte Impfausweis kann nach hiesiger Ansicht hierunter fallen, sofern dieser aus einer rechtswidrigen Tat stammt.
328
Die durch die Angeklagten veräußerten Impfausweise stellen zum Zeitpunkt der Veräußerung an die jeweiligen Abnehmer jedoch keinen Gegenstand dar, der aus einer rechtswidrigen Tat stammt. Eine vollendete Urkundenfälschung ist zum Tatzeitpunkt – wie oben näher ausgeführt – mangels Urkundenqualität eines ohne Personalien ausgefüllten Impfausweises nicht gegeben. Auch stammen die veräußerten Impfausweise aufgrund des strikten Rückwirkungsverbotes aus Art. 103 Abs. 2 GG nicht aus einer rechtswidrigen Tat nach § 275 Abs. 1a StGB, der erst am 24.11.2021 in Kraft trat. Alle Tatzeitpunkte der Vorlage lagen vor dem Zeitpunkt der Gesetzesänderung am 24.11.2021.
329
Darüber hinaus steht auch die Regelung des § 261 Abs. 7 StGB einer Strafbarkeit der Angeklagten nach § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB entgegen. Nach dieser Vorschrift wird ein Beteiligter an der Vortat nur bestraft, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert. Es bedarf dabei also bereits dem Wortlaut nach einer über die Weitergabe der Impfausweise hinausgehende Verschleierungshandlung der Angeklagten.
330
Die bloße eigennützige Verwertung des erlangten Gegenstandes ohne verschleiernde Umgehung insbesondere von Mechanismen zum Schutz der Integrität des Wirtschafts- und Finanzkreislaufs ist dagegen vom Vortäter typischerweise zu erwarten und verwirklicht somit kein gegenüber der Vortat eigenständiges Unrecht (BT-Drucks. 19/24180, 34). Die Kammer konnte solche über das Absetzen der Impfausweise hinausgehende Verschleierungshandlungen der Angeklagten nicht feststellen.
331
Im Ergebnis kommt somit eine (zusätzliche) Strafbarkeit der Angeklagten wegen Geldwäsche hier nicht in Betracht. Eines entsprechenden Freispruchs (im Tenor) bedurfte es insoweit nicht, da derselbe Sachverhalt durch die Kammer rechtlich abweichend von der Anklage gewürdigt wurde.
332
Soweit sich die Angeklagten der Beihilfe zur Urkundenfälschung des sowie der Beihilfe zur Urkundenfälschung der (jeweils Ziffer C. II. 1. h)) strafbar gemacht haben ist, stehen diese Taten zueinander in Tateinheit gemäß § 52 StGB, da nicht ausschließbar die der Tat zugrunde liegenden manipulierten Impfausweise aus einer gemeinsamen Bestellung stammen.
333
Im Übrigen stehen die einzelnen Taten, da sie jeweils auf einem gesonderten Tatentschluss beruhen, in Tatmehrheit zueinander, § 53 StGB.
II. Taten gemäß Ziffer C. II. 2. – Strafbarkeit durch das Herstellen und Verkaufen der digitalen COVID-Impfzertifikate
334
Die Angeklagten, und haben sich aufgrund der unter Ziffer C. II. 2. festgestellten Sachverhalte der gemeinschaftlichen unrichtigen Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung in 1018 tatmehrheitlichen Fällen gemäß §§ 75a Abs. 1 [i.d.F. v. 01.06.2021], 22 Abs. 5 Nr. 2 IfSG [i.d.F. v. 01.06.2021], §§ 25 Abs. 2, 53 StGB strafbar gemacht.
335
Im Einzelnen sind insoweit folgende Ausführungen veranlasst:
336
Nach Ansicht der Kammer handelt es sich bei § 75a IfSG a.F. um kein Sonderdelikt, welches sich nach teilweiser Ansicht der Literatur aufgrund des Verweises in § 75a Abs. 1 IfSG a.F. auf § 22 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 IfSG a.F. nur auf berechtigte Personen, d.h. Ärzte und Apotheker beziehen soll.
337
a) Soweit der anderweitig Verfolgte, bzw. die nicht näher bekannten Apothekenmitarbeiter unberechtigt Zertifikate ausgestellt haben sollen, folgt dies aus der Tatsache, dass diese in ihrer Funktion als Apothekenmitarbeiter in den Geschäftsräumen der Apotheke handelten. Ausweislich der Bundestagsdrucksache 19/29870 vom 19.05.2021 (S. 31), soll die Ausstellung der digitalen COVIDImpfzertifikate auch durch die berufsmäßigen Gehilfen vorgenommen werden können. Daher müssen diese zwingend auch von der entsprechenden Strafbarkeit der Falschbescheinigung umfasst seien. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber lediglich den Apotheker für eine solche Tätigkeit bestrafen wollen würde, die berufsmäßigen Gehilfen für die gleiche Tätigkeit hingegen nicht, finden sich nicht und wären im Übrigen auch in keiner Weise nachvollziehbar.
338
b) Nach Ansicht der Kammer ist aber auch in Bezug auf die Angeklagten, und von einer mittäterschaftlichen Begehung und nicht von einer Anstiftung des anderweitig Verfolgten, bzw. der nicht näher bekannten Apothekenmitarbeiter auszugehen, da es sich bei § 75a IfSG a.F. um kein Sonderdelikt handelt. Hierfür spricht neben dem Gesetzeszweck auch der Wortlaut, welcher die Annahme eines Allgemeindelikts gerade nicht ausschließt.
339
(1) Sonderdelikte sind Delikte, bei denen Täter nur sein kann, wenn eine – meist außerstrafrechtliche – Sonderpflicht obliegt (vgl. Joecks/Scheinfeld, MüKo, 4. Aufl. 2020, § 25, Rn. 53). Vorausgesetzt wird eine besondere Verantwortung, welche sich aus einer spezifischen Schutzpflicht gegenüber dem Rechtsgut, einer besonderen Treuepflicht gegenüber dem Rechtsgutsträger oder aus einer besonderen (gesetzlichen) Zuständigkeit für bestimmte Gefahrenquellen und der daraus resultierenden Pflicht, Gefahren von bestimmten Rechtsgütern abzuwehren, ergeben kann (vgl. Heine/Weißer, Schönke/Schröder, StGB, Vorbemerkung zu §§ 25 ff., Rn. 83).
340
Durch die Schaffung von § 22 Abs. 5 Nr. 2 IfSG i.d.F. v. 01.06.2021 sollten den dort genannten Apothekern und Ärzten jedoch nicht in erster Linie Pflichten auferlegt werden, sondern zusätzliche Rechte, nämlich die nachträgliche Ausstellung digitaler COVID-Impfzertifikate, welche nicht zuvor durch sie selbst ausgeführt worden waren, gewährt werden. Die damit verbundenen Pflichten standen bei der Schaffung des § 22 Abs. 5 Nr. 2 IfSG nicht im Vordergrund und sollten auch nicht einschränkend wirken. Vielmehr sollte der Zugang, insbesondere für Nachtragungen in digitale Impfausweise erleichtert werden (vgl. BT-Drucks. 19/29870, S. 25). Darüber hinaus dienen die mit einhergehenden Pflichten nicht – wie bei anderen Sonderdelikten – dem Schutz von Individuen, insbesondere von Patienten bzw. Geimpften, sondern dem Schutz des Rechtsverkehrs allgemein, was insbesondere auch durch das Tatbestand:smerkmal der Täuschungsabsicht („zur Täuschung im Rechtsverkehr“) zum Ausdruck kommt. Dieser wird durch andere Täter jedoch mindestens gleichermaßen gefährdet, wie durch Ärzte und Apotheker.
341
(2) Der Wortlaut des § 75a Abs. 1 IfSG steht der Behandlung als Allgemeindelikt nicht entgegen. Nach § 75a Abs. 1 IfSG a.F. ist zu bestrafen, wer wissentlich entgegen § 22 Abs. 5 S. 1 IfSG a.F. die Durchführung einer Schutzimpfung zur Täuschung im Rechtsverkehr nicht richtig bescheinigt. Entgegen § 22 Abs. 5 IfSG a.F. handelt jedoch auch, wer nicht nur falsche Angaben betreffend die Durchführung einer Schutzimpfung macht, sondern auch derjenige, der hierzu überhaupt nicht berechtigt ist. Durch die Formulierung „wer entgegen der Vorschrift des § 22 Abs. 5 IfSG“ im Tatbestand des § 75a Abs. 1 IfSG a.F. sind also auch Personen umfasst, die zur Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung in einem digitalen COVID-Impfzertifikat überhaupt nicht berechtigt sind; eine Einschränkung des Täterkreises auf Ärzte und Apotheker erfolgt dem Wortlaut nach hierdurch gerade nicht.
342
(3) Darüber hinaus stünde die Annahme eines Sonderdelikts im Widerspruch zum ausdrücklichen Gesetzeszweck. Wesentlicher Inhalt der Gesetzesvorlage war „der staatlichen Schutzpflicht für Leben und Gesundheit zu entsprechen und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems als überragend wichtigem Gemeingut und damit die bestmögliche Krankenversorgung weiterhin sicherzustellen“ (vgl. BT-Drucks. 19/29780 S. 25). Weiter heißt es darin: „Die neuen nebenstrafrechtlichen Bestimmungen schließen Strafbarkeitslücken und treten, soweit deren Anwendungsbereich eröffnet ist, in Gesetzeskonkurrenz zu §§ 278, 279 des Strafgesetzbuches“. Die Annahme eines Sonderdelikts und damit einen Großteil der Handelnden von der Strafverfolgung auszunehmen ist mit dem Gesetzeszweck demnach nicht zu vereinbaren.
343
Dies gilt umso mehr, als dem Gesetzgeber zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens die großen Verdienste und der überobligatorische Einsatz insbesondere von Ärzten im Rahmen der Pandemiebekämpfung bewusst war. Dies gilt auch in Bezug auf Apotheker, was beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass diese für die nachträglichen Ausstellung von digitalen Impfzertifikaten eine Aufwandsentschädigung bekommen sollten, um die hierdurch entstandene Mehrbelastung zu honorieren. Nur diese durch die Pandemie bereits besonders belasteten Berufsgruppen unter Strafe zu stellen, andere Personen hiervon jedoch auszunehmen, entsprach nach hiesiger Auffassung nicht dem Willen des Gesetzgebers.
344
Die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe erfolgt danach, ob der jeweils eigene Tatbeitrag in Verwirklichung eines gemeinsamen Tatplans vollzogen wird. Es kommt also darauf an, ob die eigene Handlung von den Beteiligten in Ausführung des gemeinsamen Tatplans gedacht und vorgenommen wird. Dies vollzieht sich nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien wie bspw. dem Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, dem Umfang der Tatbeteiligung als objektive Tatherrschaft und dem Willen zur Tatherrschaft, ob also der Täter die Tat als eigene will oder ob er lediglich die Tat eines anderen fördern möchte. Als Täter wird bestraft, wer die Tat selbst oder durch einen anderen begeht, § 25 Absatz 1 StGB. Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat, § 27 Absatz 1 StGB.
345
Die Rechtsprechung nimmt die Abgrenzung der Beteiligungsformen anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung des jeweiligen Einzelfalles vor. Hierzu bedarf es einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung des jeweiligen Tatbeteiligten umfassten Umstände. Dabei sind sowohl objektive als auch subjektive Kriterien in die Gesamtschau miteinzubeziehen. Wesentliche Anhaltspunkte für mittäterschaftliches Handeln können das eigene Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein. Eine ganz untergeordnete Tätigkeit eines Tatbeteiligten deutet im Rahmen eines Gesamtgeschehens schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte lediglich Gehilfe ist (vgl. BGH, Beschluss v. 15.4.2020 – 5 StR 76/20).
346
Gemessen an diesen Grundsätzen handelten die Angeklagten, und täterschaftlich:
347
Bei dem Angeklagten ergibt sich ein äußerst hohes Eigeninteresse am Taterfolg betreffend des unter C. II. 2. festgestellten Sachverhalts bereits aus dem Umstand, dass er von den Einnahmen aus dem Verkauf der digitalen COVIDImpfzertifikate – wenn auch nur teilweise – seinen Lebensunterhalt finanzieren wollte. Darüber hinaus war er neben dem anderweitig Verfolgten Initiator der Erstellung der unrichtigen Impfzertifikate. Er war zudem für den Vertrieb dieser Zertifikate auf Telegram und Protonmail unter dem Pseudonym „“ verantwortlich. Somit war der Umfang seiner Tatherrschaft sowohl objektiv als auch subjektiv besonders bedeutend.
348
Auch die Angeklagten und hatten aufgrund ihrer – wenn auch nur mittelbaren – Gewinnbeteiligung ein besonders hohes Eigeninteresse am Taterfolg. Zwar war ihre Tatbeteiligung dabei im Vergleich zu dem Tatbeitrag des Angeklagten eher untergeordneter Natur, jedoch waren sie in das Gesamtgeschehen derart eingebunden, dass jeder für sich ausreichende Tatherrschaft hatte. So fertigte die Angeklagte die Abnehmerlisten, welche dann an den anderweitig Verfolgten zur Erstellung der digitalen COVID-Impfzertifikate weitergeleitete wurden und versah die Abnehmerlisten schließlich auch mit dem Versand- und Zahlungsstatus der Bestellung. Die Erträge aus dem Verkauf der Impfzertifikate flossen nach Absprache in den gemeinsamen Haushalt der Angeklagten und.
349
Die Angeklagte vertrieb die Impfzertifikate im Bekanntenkreis und nahm hierfür teilweise auch selbständig Kontakt über den Messenger-Dienst Telegram zum anderweitig Verfolgten auf. Die so vermittelten Impfzertifikate ließ sich die Angeklagte von den jeweiligen Abnehmern vergüten.
350
Die Angeklagten, und handelten somit bei der Erstellung und dem anschließenden Vertrieb der digitalen COVID-Impfzertifikate arbeitsteilig.
351
3. Keine Strafbarkeit gemäß § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB Entgegen der rechtlichen Würdigung in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 19.08.2022 haben sich die Angeklagten, und jedoch darüber hinaus nicht einer mittäterschaftlichen Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB in 1018 tatmehrheitlichen Fällen strafbar gemacht.
a) Vermögenswerter Gegenstand
352
Das digitale COVID-Impfzertifikat stellt zwar einen Gegenstand dar, der vorliegend aus einer rechtswidrigen Tat, nämlich wie oben ausgeführt aus einer Straftat nach § 75a Abs. 1 IfSG a.F. stammt. Der Begriff des Gegenstands ist weit zu fassen und umfasst alle Rechtsobjekte, die einen Vermögenswert haben. Auch das jeweils erlangte digitale COVID-Impfzertifikat ist hierunter zu fassen; der Vermögenswert ergibt sich bereits daraus, dass diese tatsächlich entgeltlich von den jeweiligen Abnehmern erworben wurden. Diesen Gegenstand haben die Angeklagten einem Dritten, nämlich dem jeweiligen Abnehmer, durch die Veräußerung verschafft, § 261 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB.
b) Keine Strafbarkeit der Selbstgeldwäsche
353
Jedoch steht § 261 Abs. 7 StGB einer Strafverfolgung im vorliegenden Fall entgegen. Nach dieser Vorschrift wird ein Beteiligter an der Vortat nur bestraft, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.
354
Zwar erfasst § 261 StGB im Grundsatz auch Vortäter, die selbst Geld waschen; Durch die Sonderregelung des in § 261 Abs. 7 StGB niedergelegten persönlichen Strafausschließungsgrundes wird allerdings die Straflosigkeit von Selbstbegünstigungshandlungen klargestellt und eine Doppelbestrafung von Vortatbeteiligten – beruhend auf dem Gedanken der mitbestraften Nachtat – ausgeschlossen, womit sich nach § 261 StGB grundsätzlich nur solche Vortatbeteiligte strafbar machen, die wegen dieser Beteiligung nicht strafbar sind. Wer hingegen wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, kann wegen Geldwäsche nur bestraft werden, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert, wobei Voraussetzung ist, dass tatsächlich eine Strafbarkeit wegen der Vortat besteht, also – wie hier bei den Angeklagten, und- feststeht (vgl. Fischer, StGB, 70. Aufl., § 261, Rn. 21 f).
355
§ 261 Abs. 7 StGB enthält mithin eine Regelung für die Selbstgeldwäsche, welche Geldwäschehandlungen nach den vorangehenden Absätzen ausnahmsweise straffrei stellt, wenn der Täter wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist; eine Rückausnahme gilt allerdings dann, wenn der Täter einen bemakelten Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei die rechtswidrige Herkunft des Gegenstandes verschleiert. Diese Rückausnahme gilt jedoch dann nicht, wenn durch die Selbstgeldwäsche – wie auch hier – kein neues Unrecht entsteht (vgl. Fischer, StGB, 70. Aufl., § 261, Rn. 69).
356
Dem liegt die Erwägung des Gesetzgebers zugrunde, dass gegenüber dem Vortäter die bloße Gefährdung der Ermittlung der Herkunft, der Auffindens oder der Einziehung kein über den Unwertgehalt der Vortat hinausgehendes und diesem daher besonders vorwerfbares Unrecht darstellen; erst das Verschleiern, also zielgerichtete, irreführende Machenschaften mit dem Zweck, einem Vermögensgegenstand den Anschein einer anderen (legalen) Herkunft zu verleihen oder zumindest seine wahre Herkunft zu verbergen, geht über den gewöhnlichen Umgang mit der Sache hinaus und ist deshalb mit einem eigenständigen Unwert behaftet (vgl. BeckOK, StGB, § 261, Rn. 12 m.w.N.). Die bloße eigennützige Verwertung des erlangten Gegenstandes ohne verschleiernde Umgehung insbesondere von Mechanismen zum Schutz der Integrität des Wirtschafts- und Finanzkreislaufes ist dagegen vom Vortäter typischerweise zu erwarten und verwirklicht daher kein gegenüber der Vortat eigenes Unrecht (vgl. BeckOK, StGB, § 261, Rn. 66 m.w.N.).
357
Ein solcher eigenständiger neuer Unwert entsteht vorliegend gerade schon deshalb nicht, da die Angeklagten nicht (zufällig) erlangte unrichtige digitale COVIDImpfzertifikate in den Verkehr bringen, sondern vielmehr das Inverkehrbringen, nämlich die Weitergabe der von ihnen erstellten Zertifikate an die Abnehmer über das Internet, gerade den letzten Schritt der einheitlichen Gesamttat darstellt, die damit beginnt, dass die Kunden beim Angeklagten oder der Angeklagten über den Messenger-Dienst Telegram bzw. persönlich digitale COVIDImpfzertifikate gegen Bezahlung bestellen. Erst nach dieser Bestellung wird jeweils die „Vortat“ im Sinne der Geldwäsche, namentlich die unrichtige Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung, begangen. Die Abwicklung bzw. Erfüllung des bereits zuvor abgeschlossen Vertrages über ein gefälschtes digit COVIDImpfzertifikat durch die Bezahlung des Kunden und anschließende Zurverfügungstellung des Impfzertifikates stellt mithin gerade die Beendigung der Vortat dar. Durch diese reine Abwicklung des ursprünglichen Ausgangsgeschäftes entsteht gerade kein neues Unrecht, vielmehr wird lediglich das alte Unrecht entsprechend des anfänglichen Tatplanes abgeschlossen.
358
Der Strafausschließungsgrund des § 261 Abs. 7 StGB muss danach auch dann greifen, wenn – wie soeben dargestellt – die Vortat und die Geldwäschehandlung zusammenfallen, womit die Vorschrift insoweit auch eine Konkurrenzregel darstellt (vgl. BeckOK, StGB, § 261, Rn. 13 m.w.N.). Nur so kann dem verfassungsrechtlichen Verbot der Doppelbestrafung Genüge getan werden (vgl. Schönke/Schröder, StGB, § 261, Rn. 7 a.E. m.w.N.).
359
Von einem Verschleiern der rechtswidrigen Herkunft kann bereits deshalb keine Rede sein, da der jeweilige Kunde genau wusste, dass das von ihm gegen Geld erworbene digitale COVID-Impfzertifikat allein aufgrund der darin angegeben falschen Impfdaten unrechtmäßig war, er also von der rechtswidrigen Herkunft positive Kenntnis hatte. Auch gegenüber dem übrigen Rechtsverkehr wurde die Herkunft der Zertifikate nicht verschleiert, da jedes Zertifikat aufgrund des darin enthalten eindeutigen Identifizierungsschlüssels durch die ABDA konkret der jeweiligen ausstellenden Apotheke eindeutig zugeordnet werden kann.
360
Im Ergebnis kommt somit eine (zusätzliche) Strafbarkeit der Angeklagten wegen Geldwäsche nicht in Betracht. Es handelt sich dabei jedenfalls um eine bereits mitbestrafte Nachtat. Eines entsprechenden Freispruchs bedurfte es wiederum nicht, da derselbe Sachverhalt durch die Kammer lediglich rechtlich abweichend von der Anklage gewürdigt wurde.
361
Es liegt hinsichtlich jeder einzelnen Zertifikatsausstellung eine gesonderte Tat i.S.d. § 53 StGB vor – auch in Fällen in denen für die Impfstoffe Comirnaty und Moderna ein Doppelverkauf von jeweils zwei Zertifikaten erfolgte. Dies folgt zum einen daraus, dass auch in diesen Fällen jeweils für Erst- und Zweitimpfung die Daten des vermeintlich geimpften neu eingegeben werden müssen, worin sich auch der jeweils neue Tatentschluss niederschlägt. Der Vorgang zur Erstellung eines digitalen Impfzertifikats muss jedes Mal neu gestartet werden. Die einzugebenden Daten unterscheiden sich darüber hinaus auch jeweils inhaltlich, insbesondere hinsichtlich des jeweiligen Impfzeitpunkts.
362
Entscheidend ist aber auch, dass jedes Zertifikat für sich genommen einsatzfähig ist und im Fall der Zweitimpfung einen vollständigen Impfschutz bescheinigt. Jedem Zertifikat kommt auch einzeln eine Beweiswirkung im Rechtsverkehr zu. So hat etwa der anderweitig Verfolgte dem Angeklagten bei der unter Gliederungspunkt C. II. 2. Ziffer 793 niedergelegten Tat auch nur ein Zertifikat über die Zweitimpfung ausgestellt, nicht jedoch über eine dazugehörige Erstimpfung.
III. Tatkomplex C. II. 3. – Impfausweis und Aufgrund des unter Ziffer C. II. 3. festgestellten Sachverhalts haben sich die Angeklagten,,, und der Urkundenfälschung in zwei tatmehrheitlichen Fällen in Mittäterschaft strafbar gemacht, §§ 267 Abs. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 1, 25 Abs. 2, 53 StGB.
363
Durch das Herstellen der unrichtigen Impfausweise, welche auf den Angeklagten und den anderweitig Verfolgten personalisiert waren, haben die Angeklagten eine unrichtige Urkunde hergestellt.
364
Ein mit Personalien und einer konkreten Impfdokumentation ausgefüllter Impfausweis stellt eine Urkunde gemäß § 267 Abs. 1 StGB dar. Unter einer Urkunde versteht man eine verkörperte Gedankenerklärung, die zum Beweis rechtlich erheblicher Tatsachen geeignet und bestimmt ist und ihren Aussteller erkennen lässt.
365
Die Eintragung einer Impfdokumentation in einen auf eine bestimmte Person ausgestellten Impfausweis stellt eine verkörperte Gedankenerklärung dar, die zum Beweis geeignet und bestimmt ist und ihren Aussteller erkennen lässt (st.Rspr. zum Urkundenbegriff, vgl. BGH, Urteil v. 18.06.1953 – 3 StR 166/53, BGH, Urteil v. 10.11.2022 – 5 StR 283/22). Die in der ausgefüllten Zeile des Impfausweises enthaltenen Angaben über Datum der Impfung, Impfstoff und der dazugehörigen Chargennummer ergeben im Zusammenhang mit den Personalien auf der Frontseite des Impfausweises die Erklärung des Impfarztes, der genannten Person die bezeichnete Impfung an einem bestimmten Tag unter Verwendung eines Impfstoffes einer bestimmten Charge verabreicht zu haben.
366
Eine Urkunde ist unecht, wenn der tatsächliche Aussteller mit dem aus der Urkunde hervorgehenden Aussteller nicht übereinstimmt. Das Herstellen einer unechten Urkunde ist daher das Herstellen einer Urkunde unter Identitätstäuschung über die Person des Ausstellers, also derjenigen Person, der die Gedankenerklärung nach dem Urkundeninhalt zuzurechnen ist (vgl. Fischer, StGB, 70. Aufl., § 267, Rn. 30).
367
Durch das Unterzeichnen der mit den Personalien des Angeklagten und des anderweitig Verfolgten ausgefüllten Impfausweise, in welchen sich Chargenaufkleber, ein Impfdatum, sowie ein Stempel einer Arztpraxis bzw. einer medizinischen Einrichtung befand, mit einer nachgeahmten oder erfundenen Unterschrift eines Arztes haben die Angeklagten über die Identität des wahren Ausstellers der Urkunde getäuscht und demnach eine unechte Urkunde hergestellt.
368
Dabei handelten sie dem gemeinsamen Tatplan entsprechend in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken, d.h. mittäterschaftlich.
2. Keine Strafbarkeit gemäß § 277 StGB a.F.
369
In dubio pro reo war zugunsten der Angeklagten davon auszugehen, dass die auf den Angeklagten und den anderweitig Verfolgten ausgestellten Impfausweise vor der Gesetzesänderung, d.h. vor dem 23.11.2021, gefertigt wurden. Eine Strafbarkeit gemäß § 277 StGB a.F. scheidet aufgrund des Rechtsgedankens des § 2 Abs. 3 StGB (Meistbegünstigungsprinzip) aus, da jedenfalls der zweite Teilakt des Tatbestandes nicht erfüllt ist.
370
Der Tatbestand des § 277 StGB in seiner bis zum 23.11.2021 geltenden Fassung setzt sich – wie bereits oben dargestellt – aus zwei Teilakten zusammen. Voraussetzung ist, dass jemand unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt oder als eine andere approbierte Medizinperson oder unberechtigt unter dem Namen solcher Personen ein Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen ausstellt oder ein derartiges echtes Zeugnis verfälscht (erster Teilakt) und davon zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften Gebrauch macht (zweiter Teilakt).
371
Die vollständig ausgefüllten Impfausweise des Angeklagten und des anderweitig Verfolgten erfüllen zwar den ersten Teilakt des Tatbestandes des § 277 StGB a.F., es fehlt jedoch an einem Gebrauchmachen zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften (zweiter Teilakt).
372
Auch eine Beihilfe zu § 277 StGB a.F. scheidet hinsichtlich des Impfausweises des anderweitig Verfolgten aufgrund einer nicht nachweisbaren Haupttat des und eines fehlenden Vorsatzes (doppelter Gehilfenvorsatz) der Angeklagten betreffend den zweiten Teilakt, dem Gebrauchmachen des Gesundheitszeugnisses zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften aus.
373
Die Tatbestände des § 277 StGB a.F. und des § 267 StGB stehen nicht im Verhältnis privilegierender Spezialität (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2022 – 5 StR 283/22). Es handelt sich vielmehr um zwei Tatbestände, die verschiedene Begehungsweisen erfassen, aber gemeinsame Unrechtselemente aufweisen. Die Anwendbarkeit des § 277 StGB schließt die des § 267 StGB nicht aus.
4. Gewerbsmäßigkeit hinsichtlich des Impfausweises
374
Die Angeklagten handelten hinsichtlich des Impfausweises auch gewerbsmäßig im Sinne des § 267 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Var. 1 StGB. Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will (vgl. Fischer, StGB, Vor § 53, Rn. 61, m.w.N.). Sämtliche der Angeklagte gingen zum Tatzeitpunkt keiner (legalen) Tätigkeit nach. Ihren Lebensunterhalt finanzierten sich die Angeklagten – zumindest teilweise – durch den Verkauf von verfälschten Blankett-Impfausweisen, Impfzertifikaten sowie Impfausweisen.
375
Die geschilderten Taten beruhen jeweils auf einem gesonderten Tatentschluss und stehen daher zueinander in Tatmehrheit, § 53 StGB.
IV. Tatkomplex C. II. 4 – Verkauf von Chargenaufklebern und Stempeln
376
Aufgrund des unter Ziffer C. II. 4. dargelegten Sachverhalts hat sich der Angeklagte der Beihilfe zur Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise gemäß §§ 275 Abs. 1a, 27 StGB strafbar gemacht.
377
Der Angeklagte übergab dem anderweitig Verurteilten zuvor von ihm angefertigte Chargenaufkleber des Impfstoffes „Comiraty“ sowie einen Arztstempel eines Münchener Kinderarztes in dem Wissen, dass der anderweitig Verurteilte diese zur Präparierung von unrichtigen Blankett-Impfausweisen verwenden würde. Der anderweitig Verurteilte fertigte mit den durch den Angeklagten übergebenen Chargenaufklebern und Stempeln jedenfalls die beiden in der Wohnung aufgefundenen Blankett-Impfausweisen mit falschen Chargenaufklebern an.
378
Zu dieser vorsätzlich begangenen rechtswidrigen Tat, nämlich die Vorbereitung der Fälschung unrichtiger Impfausweise, hat der Angeklagte dem anderweitig Verurteilten durch aktives Tun Hilfe geleistet. Sowohl seine Hilfeleistung als auch die vorsätzliche rechtswidrige Tat des anderweitig Verurteilten waren vom Gehilfenvorsatz des Angeklagten umfasst. Sein Tatbeitrag förderte kausal die Haupttat des anderweitig Verurteilten.
V. Tatkomplex C. II. 5 – C. II. 8 –
379
Verkäufe von Blankett-Impfausweisen durch die Angeklagte A4. der unter Ziffer C. II. 5 – C. II. 8. festgestellten Sachverhalte hat sich die Angeklagte der gewerbsmäßigen Vorbereitung der Fälschung unrichtiger Impfausweise in fünf tatmehrheitlichen Fällen strafbar gemacht, §§ 275 Abs. 1a, Abs. 2, 53 StGB.
1. Vorbereitung der Fälschung unrichtiger Impfausweise
380
Gemäß § 275 Abs. 1a StGB macht sich strafbar, wer einen unrichtigen Impfausweis vorbereitet, indem er in einem Blankett-Impfausweis eine nicht durchgeführte Schutzimpfung dokumentiert oder einen auf derartige Weise ergänzten Impfausweis sich oder einem anderen verschafft. Unter Blankett-Impfausweisen versteht man Impfausweise, die (noch) nicht personalisiert sind, die also noch keinerlei persönliche Angaben zur Person der Inhaberin oder des Inhabers enthalten (vgl. BT-Drucks. 20/15, S. 32).
381
Die Angeklagte hat die nicht personalisierten Impfausweise – wie unter Ziffer C. II. 5 – C. II. 8. dargestellt – selbst jedenfalls mit unrichtigen Chargenaufklebern, Stempeln und erfundenen bzw. nachgemachten Unterschriften eines Arztes verfälscht und diese sodann an die Abnehmer veräußert.
382
Aufgrund der jeweils fehlenden Personalisierung der Impfausweise hat sich die Angeklagte – mangels Urkundsqualität – nicht der Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
383
In allen Fällen handelte die zur Tatzeit nicht berufstätige Angeklagte gewerbsmäßig, um sich eine auf Dauer angelegte, nicht nur unerhebliche Einnahmequelle zur Finanzierung ihrer Lebenshaltungskosten, zu schaffen gemäß § 275 Abs. 2 StGB. Die Angeklagte verfügte im Tatzeitraum – bei einem hohen Lebensstandard – abgesehen von Arbeitslosengeld über keinerlei legale Einkommensquellen. Die Einkünfte aus dem Handel mit unrichtigen Blankett-Impfausweisen der Angeklagten waren daher für diese wesentlich und von einigem Gewicht.
384
Die geschilderten Taten beruhen jeweils auf einem gesonderten Tatentschluss und stehen daher zueinander in Tatmehrheit, § 53 StGB.
VI. Tatkomplex C.II.9. – Vorlage des Impfausweises in einer Gaststätte
385
Durch die Vorlage eines mit einer nicht stattgefundenen Impfung ausgefüllten, auf die Angeklagte personalisierten Impfausweises hat sich die Angeklagte einer Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
386
Durch das Herstellen des unrichtigen Impfausweises hat die Angeklagte jedenfalls den Tatbestand der Urkundenfälschung durch die Tatvariante des Herstellens einer unechten Urkunde (§ 267 Abs. 1 Var. 1 StGB) erfüllt. Durch die Vorlage des Impfausweises in der Gaststätte hat sie darüber hinaus die Tatbestandsvariante des Gebrauchens einer unechten Urkunde (§ 267 Abs. 1 Var. 3 StGB) erfüllt. Gebrauchen einer unechten Urkunde setzt voraus, dass diese dem Täuschungsadressaten mit der Möglichkeit der Wahrnehmung zugänglich gemacht wird (vgl. BeckOK, StGB, Stand: 01.05.2022, § 267, Rn. 30 m.w.N.).
387
Die Angeklagte hat sich durch ihr Verhalten jedoch nur einer Tat der Urkundenfälschung strafbar gemacht. Fälscht ein Täter selbst und macht dann plangemäß von der Fälschung Gebrauch, so liegt nur eine Tat vor (st. Rspr. BGHSt 53, 34).
VII. Tatkomplex C. II. 10. – Impfausweis ausgestellt auf
388
Aufgrund des unter Ziffer C. II. 10. festgestellten Sachverhalts haben sich die Angeklagten der gewerbsmäßigen Vorbereitung der Fälschung unrichtiger Impfausweise in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung gemäß §§ 267 Abs. 1, 275 Abs. 1a, Abs. 2, 25 Abs. 2, 27, 52 StGB.
389
Die Angeklagten präparierten in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken einen Blankett-Impfausweis mit zuvor von ihnen hergestellten Chargenaufklebern, sowie einem Stempelabdruck, einem vermeintlichen Impfdatum und einer nachgeahmten oder erfundenen Unterschrift eines Arztes. Diesen stellte die Angeklagte der anderweitig Verfolgten zur Verfügung, welche ihren vollständigen Namen auf die Frontseite des zuvor durch die Angeklagten präparierten Impfausweises eintrug und damit zu einer Urkunde im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB vervollständigte. Es kommt dabei nicht darauf an, dass die anderweitig Verfolgte nicht auch ihr Geburtsdatum, ihren Geburtsort und ihre Wohnanschrift ausgefüllt hat, da eine Personalisierung und damit eine vollständige Urkunde bereits durch ihren Namen gegeben ist. Bereits durch den Namen lässt sich ein Impfausweis einer bestimmten Person zuordnen und eignet sich im Rechtsverkehr zum Beweis rechtlich erheblicher Tatsachen.
390
Die Angeklagten haben aufgrund des festgestellten Sachverhalts der anderweitig Verfolgten zu deren vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat, nämlich dem Herstellen einer unechten Urkunde, durch aktives Tun Hilfe geleistet, was auch von ihrem Gehilfenvorsatz umfasst war.
391
Die Tatbeiträge der Angeklagten förderten kausal die Haupttat der anderweitig Verfolgten.
VIII. Tatkomplex C. III. 1. – Sichergestelltes Marihuana in der Wohnung v. und Aufgrund des unter Ziffer C. III. 1. festgestellten Sachverhalts haben sich die Angeklagten und des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I zum BtMG, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafbar gemacht.
392
Da in diesem Tatkomplex nicht auch der Angeklagte mitangeklagt wurde, kann er diesbezüglich nicht verurteilt werden.
393
Besitzen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes setzt ein bewusstes tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis sowie Besitzwillen und Besitzbewusstsein voraus, die darauf gerichtet sind, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf das Betäubungsmittel zu erhalten. Besitzer im betäubungsmittelrechtlichen Sinne ist nicht nur der Eigenbesitzer. Auch der Fremdbesitzer, der die tatsächliche Verfügungsgewalt für einen anderen ausübt und keine eigene Verfügungsgewalt in Anspruch nehmen will, ist Besitzer. Dies gilt insbesondere für den Verwahrer (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2007 – 2 StR 369/07; BGH, Beschluss vom 3.5.2022 – 1 StR 75/22).
394
Die Angeklagten und übten jedenfalls mit Fremdbesitzwillen in ihrer gemeinsamen Wohnung das tatsächliche Herrschaftsverhältnis über das Marihuana des Mitangeklagten- der sich zum Tatzeitpunkt in der Tschechischen Republik befand – aus, welches von diesem nicht ausschließbar zum Eigenkonsum bestimmt war.
395
Hinsichtlich des Grenzwertes für die nicht geringe Menge an Tetrahydrocannabinol ist die Kammer vorliegend von dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewandten Grenzwertes von 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol ausgegangen (BGHSt 8,33). Die nicht geringe Menge an THC wurde hinsichtlich des unter C. III. 1. festgestellten Sachverhalts um das 0,34-fache überschritten.
IX. Tatkomplex C. III. 2. – Plantage in H.
396
Aufgrund des unter Ziffer C. III. 2. festgestellten Sachverhalts haben sich die Angeklagten und der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Anbau von Betäubungsmitteln gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I zum BtMG, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG, §§ 27, 52 StGB strafbar gemacht.
397
1. Beihilfe zum unerlaubten Anbau und unerlaubten Handeltreiben Die Angeklagten und haben für den anderweitig Verfolgten bei dessen Betreiben der Outdoor-Plantage eine untergeordnete, aber aktive Unterstützungshandlung geleistet, ohne näher in die detaillierte Planung der Plantage eingeweiht gewesen zu sein. Sie hatten auch über die beabsichtigte gewinnbringende Weiterveräußerung eines überwiegenden Teils des Anbaus des anderweitig Verfolgten Kenntnis, ohne näher in die Verkaufsgeschäfte eingebunden gewesen zu sein. Ihr Interesse an der Tatverwirklichung beschränkte sich dabei auf die kostenlose Unterkunft, welche der anderweitig Verfolgte ihnen stellte. Bereits die Aufzucht der Pflanzen stellt ein Handeltreiben dar (BGH, Urteil v. 20.12.2012, 3 StR 407/12), soweit die Aufzucht zum Zwecke des späteren gewinnbringenden Weiterverkaufs erfolgt.
398
Nicht ausschließbar sollte ein geringer Anteil der zu erwartenden Ernte auch dem Eigenkonsum des anderweitig Verfolgten dienen, wovon beide Angeklagte auch ausgingen. Dabei geht die Kammer davon aus, dass dieser Anteil jedenfalls unter dem Grenzwert der nicht geringen Menge blieb. Mit ihrer Unterstützung des anderweitig Verfolgten bei der Plantagenarbeit förderten beide zugleich auch dessen Anbau für Eigenkonsumzwecke mit, was ihnen ebenfalls bewusst war.
399
Die Angeklagten und haben aufgrund des festgestellten Sachverhalts dem anderweitig Verfolgten zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat, nämlich dem unerlaubten Anbau von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, durch aktives Tun Hilfe geleistet, indem sie die Pflanzen gossen bzw. düngten. Der Gehilfenvorsatz der Angeklagten umfasste sowohl den Anbau zum Eigenkonsum des anderweitig Verfolgten als auch zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
400
Die Tatbeiträge der Angeklagten förderten kausal die Haupttat des anderweitig Verfolgten. Ein irgendwie gearteter Tatherrschaftswille der Angeklagten und oder ein besonderes eigenes Interesse in Form einer Umsatz- oder Gewinnbeteiligung war nicht erkennbar. Dass der Angeklagte gedacht haben mag, in Deutschland sei der Cannabisanbau legal, stellt einen vermeidbaren unbeachtlichen Verbotsirrtum dar, § 17 StGB.
401
Ist nur ein Teil des Anbaus zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmt, während der übrige Teil dem Eigenkonsum dient, stehen Anbau und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit (Patzak, BtMG, § 29, Rn. 92). Die Beihilfehandlung der Angeklagten und zum unerlaubten Anbau steht zu der Beihilfehandlung des unerlaubten Handeltreibens mit einer nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln in Tateinheit gemäß § 52 StGB.
402
Hinsichtlich des Marihuanas beginnt die sog. nicht geringe Menge bei einer Wirkstoffmenge von 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol (vgl. BGH St 33,8). Hinsichtlich des durch den anderweitig Verfolgten zum Handeltreiben bestimmten Marihuanas ist auf die beabsichtigte Ernte abzustellen. Maßgeblich ist also die Menge, die mit der bereits begonnenen Aufzucht der Pflanzen letztlich erzielt werden soll (vgl. BGH, Urt. v. 20.12.2021 – 3 StR 407/12).
403
Für die gesamte Plantage ist nach den Feststellungen der Kammer ein Mindestpotential von 186,9 Gramm THC zu erwarten. Geht man für die Berechnung des Handelsanteils der Plantage zugunsten der Angeklagten davon aus, dass der auf den Eigenanbau des anderweitig Verfolgten entfallende Anteil maximal 7,49 Gramm THC beträgt, ist dieser Anteil noch in Abzug zu bringen. Die Angeklagten und haben – in Bezug auf den Handelsanteil – die sich aus der von dem anderweitig Verfolgten angebauten 44 Pflanzen zu erzielende Betäubungsmittelmenge von mindestens 179,4 Gramm THC in Kauf genommen. Diese Wirkstoffmenge erreicht das 23,9-fache der nicht geringen Menge.
X. Tatkomplex C. III. 3. – Sicherstellung im am 02.12.2021
404
Aufgrund des unter Ziffer C. III. 3. festgestellten Sachverhalts haben sich die Angeklagten, und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I und Anlage III zum BtMG, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, §§ 25 Abs. 2, 52 StGB strafbar gemacht.
405
Handeltreiben ist jede eigennützige, auf die Förderung des Umsatzes von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (BGH 20.08.1991 – 1 StR 321/91, NJW 1992). Dabei ist der Begriff des Handeltreibens nach der ganz herrschenden Meinung weit auszulegen (BGH 24.03.1999 – 1 StR 84/99, BeckRS 1999).
406
Durch das Lagern der im aufgefundenen Betäubungsmittel, von welchen 1/3 zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch die Angeklagten, und bestimmt war, haben die Angeklagten bereits das Tatbestandsmerkmal des Handeltreibens erfüllt. Auf konkrete Verkaufsanbahnungen kommt es dabei nicht an.
2. Besitz von Betäubungsmitteln
407
Der Besitz von Betäubungsmitteln setzt ein tatsächliches Innehaben eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses und Besitzwillens voraus, der darauf gerichtet ist, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf die Sache zu erhalten (BGH NStZ-RR 2008, 212). Maßgeblich ist eine auf gewisse Dauer angelegte Einwirkungsmöglichkeit mit einem tatsächlichen ungehinderten Zugang zur Sache (BGH NStZ-RR 2007, 24). Letztere entfällt bei einem kurzzeitigen Besitz zum Zwecke der Vernichtung bzw. Übergabe an die Strafverfolgungsbehörden (OLG Hamm NStZ 2000, 600).
408
Die Voraussetzungen des tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses, das von einem Besitzwillen getragen ist, liegen hier vor. Die Angeklagten hatten in der Gaststätte das tatsächliche Herrschaftsverhältnis über die dort gelagerten Betäubungsmittel, wovon circa 2/3 zum gemeinsamen Eigenkonsum bestimmt war. Ihr jeweiliger Wille war nicht lediglich auf einen kurzzeitigen Besitz, sondern auf den Besitz bis zum Konsum der Betäubungsmittel gerichtet.
409
Hinsichtlich des Grenzwertes für die nicht geringe Menge ist die Kammer von dem vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewandten Grenzwertes von 10 Gramm Amphetaminbase ausgegangen (BGHSt 33, 169). Der Grenzwert der nicht geringen Menge für Marihuana beträgt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol (BGHSt 8,33; BGHSt 42,1). Die nicht geringe Menge an Kokainhydrochlorid beginnt bei einer Mindestwirkstoffmenge von 5 Gramm Kokainhydrochlorid (vgl. Patzak in Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Auflage, § 29a, Rn.56).
410
Hinsichtlich der zum Handeltreiben bestimmten Betäubungsmittel wurde die nicht geringe Menge um das 3,43-fache überschritten. Betreffend der zum gemeinsamen Eigenkonsum bestimmten Betäubungsmittel ist das 8,87-fache der nicht geringen Menge erreicht.
411
Als Täter wird bestraft, wer die Tat selbst oder durch einen anderen begeht, § 25 Absatz 1 StGB. Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat, § 27 Absatz 1 StGB.
412
Ob ein Tatbeteiligter als Mittäter handelt, ist auch im Betäubungsmittelstrafrecht nach den allgemeinen Grundsätzen zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe zu beantworten. Die Rechtsprechung nimmt die Abgrenzung der Beteiligungsformen anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung des jeweiligen Einzelfalles vor. Hierzu bedarf es einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung des jeweiligen Tatbeteiligten umfassten Umstände. Dabei sind sowohl objektive als auch subjektive Kriterien in die Gesamtschau miteinzubeziehen. Wesentliche Anhaltspunkte für mittäterschaftliches Handeln können das eigene Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein. Insbesondere ist – bezogen auf das Betäubungsmittelstrafrecht – nicht jede schon unter das Merkmal des Handeltreibens zu subsumierende Tätigkeit ohne Rücksicht auf ihr Gewicht für das Gesamtgeschehen und das Interesse des Beteiligten am Gelingen des Umsatzgeschäftes einem mittäterschaftlichen Handeltreiben gleichzusetzen. So deutet auch beim Betäubungsmittelhandel eine gänzlich untergeordnete Tätigkeit eines Tatbeteiligten im Rahmen eines Gesamtgeschäftes schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte lediglich Gehilfe ist (vgl. BGH, Beschluss v. 15.4.2020 – 5 StR 76/20).
413
Gemessen an diesen Grundsätzen handelten die Angeklagten, und täterschaftlich:
414
Sowohl hinsichtlich des Besitzes der Betäubungsmittel zum Eigenkonsum als auch hinsichtlich der zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel handelten die Angeklagten in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken. Die jeweilige Tatbeteiligung der Angeklagten war – soweit diese durch die Kammer festgestellt werden konnten – gleichrangig. Der gewinnbringende Weiterverkauf sollte wiederum auch der Finanzierung des gemeinsamen Eigenkonsums dienen, weshalb auch das Tatinteresse der Angeklagten in gleichen Verhältnissen zueinandersteht.
415
Aufgrund der unterschiedlichen Zweckbestimmungen der aufbewahrten Betäubungsmittel zum Handeltreiben und zum Eigenkonsum stehen die verwirklichten Tatbestände des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit.
416
XI. Tatkomplex C. III. 4. – weitere Sicherstellungen in der Wohnung v. am 20.12.2021
417
Der Angeklagte hat sich aufgrund des unter Ziffer C. III. 4. festgestellten Sachverhalts des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz zweier verbotener Gegenstände in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz eines Dopingmittels strafbar gemacht, § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage III zum BtMG, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG, § 52 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2a WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.2., Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 zum WaffG, §§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 2 Abs. 3 AntiDopG.
a) Vergehen nach § 52 WaffG
418
Bei dem in der Hundehütte im Garten gelagerten Schlagring und der Schreckschusspistole handelt es sich um verbotene Waffen gem. § 52 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 2a WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.2., Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 zum WaffG, die der Angeklagte besessen hat. Da zwei Waffen betroffen sind, liegen zwei tateinheitliche vorsätzliche Verstöße gegen das Waffengesetz vor (Heinrich in Steindorf, Waffenrecht, 11. Auflage 2022, § 52 WaffG, Rn. 90).
b) Besitz von Betäubungsmitteln und Besitz eines Dopingmittels
419
Der Angeklagte hatte darüber hinaus zum Tatzeitpunkt ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis getragen von Besitzwillen bis zum Eigenkonsum, über die im Briefkasten gelagerten Amphetaminbriefchen.
420
Darüber hinaus übte er auch den Besitz über die in der Küche gelagerten Testosteron-Ampullen aus, welche er zum Eigenverbrauch erworben hatte.
421
Gemäß § 2 Abs. 3 AntiDopG i.V.m. Anlage I zum AntiDopG stellt Testosteron ein Dopingmittel dar. Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AntiDopG i.V.m. der DopingmittelMengen-Verordnung (DmMV) beginnt die nicht geringe Menge an Testosteron bei nicht transdermaler oder nicht oraler Darreichungsform bei 632 mg. Die Testosteron-Ampullen mit dem Depotpräparat Testosteron-Enantat enthielten 1.800 mg „freie“ Steroide; die nicht geringe Menge war daher um das 1,84-fache der nicht geringen Menge überschritten.
422
Die Angeklagte hat sich aufgrund des unter Ziffer C. III. 4. festgestellten Sachverhalts des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage III zum BtMG, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG strafbar gemacht.
423
Die Angeklagte hatte ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis über die in ihrem Briefkasten befindlichen Papierbriefchen mit Amphetamin. Ihr Besitzwille war nicht lediglich auf einen kurzzeitigen Besitz, sondern auf den Besitz bis zum Konsum der Betäubungsmittel gerichtet.
424
Der Angeklagte hat sich aufgrund des unter Ziffer C. III. 4. festgestellten Sachverhalts des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I zum BtMG, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG strafbar gemacht.
425
Er hatte Besitzwillen und ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis über die in seinem Rucksack befindlichen Betäubungsmittel. Sein Wille war dabei nicht nur auf einen kurzzeitigen Besitz, sondern auf den Besitz bis zum Konsum der Betäubungsmittel gerichtet.
426
Der Strafzumessung legt die Kammer die folgenden Erwägungen zu Grunde.
1. Strafrahmenwahl und Strafzumessung im engeren Sinne
427
Für die verfahrensgegenständlichen Straftaten des Angeklagten legte die Kammer folgende Strafrahmen und Strafzumessungsgesichtspunkte zu Grunde:
a) Tat unter Ziffer C. II. 1. – E-Post
428
Hinsichtlich des unter Ziffer C. II. 1 festgestellten Sachverhalts der Beihilfe zur Urkundenfälschung in 18 tatmehrheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem weiteren Fall, ist der Strafrahmen grundsätzlich jeweils § 267 Abs. 1 StGB zu entnehmen und reicht von Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren.
429
Der Normalstrafrahmen war aber jeweils gemäß § 27 Abs. 2 StGB nach Maßgabe des § 49 Abs. 1 StGB zwingend zu mildern, da der Angeklagte sich lediglich der Beihilfe zur Urkundenfälschung schuldig gemacht hat. Der so gemilderte Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB reicht von Geldstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe.
430
Der Strafrahmen kann vorliegend wegen des vertypten Strafmilderungsgrundes gem. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB weiter gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen entsprechend aus. Schulderhöhende Umstände waren nicht festzustellen. Aufgrund der Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten, die bereits zu einer beginnenden Verhaltens- und Wesensänderung geführt hat, erschien die Ermessensausübung zugunsten des Angeklagten angemessen. Der so erneut gemilderte Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB reicht von Geldstrafe bis zu 2 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe.
431
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
432
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer jeweils folgende Umstände:
433
Der Angeklagte hat den Sachverhalt zu Beginn der Hauptverhandlung umfassend eingeräumt und konnte damit insbesondere zur Prozessbeschleunigung beitragen. Sein Geständnis ist als äußerst wertvoll zu erachten. Auch hat er sich mit der formlosen Einziehung – auch werthaltiger Gegenstände wie u.a. mehrerer Smartphones, sowie einem Apple MacBook – einverstanden erklärt. Auch die lange Untersuchungshaft wertete die Kammer zugunsten des Angeklagten, wobei maßgebend hierfür dessen Haftempfindlichkeit aufgrund der Panikstörungen, der Trennung von seinem Sohn, sowie der Tod seines Vaters während der Inhaftierung, ist. Der Angeklagte war zum Tatzeitpunkt nicht nur betäubungsmittelabhängig, sondern auch spielsüchtig und ist nunmehr therapiebereit; der Vertrieb der Impfausweise diente überwiegend seiner Spielsucht.
434
Zu Lasten berücksichtigte die Kammer neben der professionellen und konspirativen Vorgehensweise auch die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Berücksichtigt wurde ferner hinsichtlich des Falles, in dem tateinheitlich ein weiterer Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung tritt, dass es sich insoweit um zwei Fälle handelt. Ferner wurden die zahlreichen Vorahndungen des Angeklagten zu dessen Lasten berücksichtigt.
b) Taten unter Ziffer C. II. 2 – digitale COVID-Impfzertifikate
435
Der Strafrahmen hinsichtlich der unter Ziffer C. II. 2. festgestellten Sachverhalte der unrichtigen Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung in 1018 Fällen, ist grundsätzlich jeweils § 75a Abs. 1 IfSG a.F. zu entnehmen. Er beläuft sich auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
436
Der Strafrahmen konnte gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB aufgrund der verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten gemildert werden; die Kammer übt ihr Ermessen entsprechend zugunsten des Angeklagten aus. Der Strafrahmen reicht somit von Geldstrafe bis zu 1 Jahr und 6 Monate Freiheitsstrafe.
437
Für die Strafzumessung im engeren Sinne waren folgende Gesichtspunkte maßgebend:
438
Der Angeklagte hat die Tat zu Beginn der Hauptverhandlung umfassend eingeräumt und damit erheblich zur Prozessbeschleunigung beigetragen. Wie dargelegt handelt es sich um ein äußerst wertvolles Geständnis. Auch hat er weitgehende Angaben über die Einbindung des anderweitig Verfolgten getätigt. Er hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl von werthaltigen Geräten (Smartphones, MacBook, etc.) einverstanden erklärt. Die lange Untersuchungshaft war aufgrund des Todes seines Vaters, der erlittenen Panikstörungen und der Trennung von seinem Sohn für den Angeklagten besonders belastend. Motiv der Tat war insbesondere die Spielsucht des Angeklagten und dessen Betäubungsmittelabhängigkeit. Der Angeklagte ist nunmehr therapiebereit.
439
Zu Lasten des Angeklagten berücksichtigte die Kammer insbesondere das professionelle, konspirative Vorgehen und dessen zentrale Rolle bei der Erstellung der Impfzertifikate. Auch hat der Angeklagte seine eigenen Interessen über die der Allgemeinheit gestellt, was sich durch die Gefahr der Volksgesundheit, welche durch falsche Impfzertifikate geschaffen wird, zeigt; zum jeweiligen Tatzeitpunkt befand sich die Bevölkerung in einer besonders angespannten Pandemielage. Weiter wurden dessen Vorahndungen zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt.
c) Tat unter Ziffer C. II. 3. – Impfausweis
440
Für die Urkundenfälschung betreffend des Impfausweises (C. II. 3.) findet der Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB Anwendung; dieser reicht von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Der Strafrahmen kann vorliegend wegen des vertypten Strafmilderungsgrundes gem. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen entsprechend zu Gunsten des Angeklagten aus. Die Kammer legt daher für die Fälschung des Impfausweises gemäß §§ 267 Abs. 1, 21, 49 Abs. 1 StGB den Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe zu Grunde.
441
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
442
Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer zugunsten des Angeklagten sein umfassendes, wertvolles Geständnis, das auch erheblich zur Beschleunigung des Verfahrens beigetragen hat. Er hat sich mit der formlosen Einziehung auch einer Vielzahl von werthaltigen Gegenständen – wie bspw. seinem Smartphone, aber auch einem MacBook- einverstanden erklärt hat. Auch die lange Untersuchungshaft mit der besonderen Belastung durch den Tod seines Vaters, der Trennung von seinem Tod, sowie Panikstörungen wertete die Kammer positiv für den Angeklagten.
443
Zu Lasten des Angeklagten wertete die Kammer dessen Vorahndungen.
d) Tat unter Ziffer C. II. 3. – Impfausweis
444
Bezüglich der Urkundenfälschung im Zusammenhang mit dem Impfausweis des anderweitig Verfolgten (C. II. 3.) findet der Strafrahmen des § 267 Abs. Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB Anwendung; er reicht von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe. Nach Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Umstände kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Regelfallwirkung nicht entkräftet wird und mithin nicht der Grundstrafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB zu entnehmen ist, welcher einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 5 Jahren vorsieht.
445
Wie unter F. III. 4. dargelegt hat sich der Angeklagte durch die Urkundenfälschung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang bewusst geschaffen bzw. schaffen wollen und damit die Urkundenfälschung gewerbsmäßig begangen.
446
Die Kammer bejaht unter Abwägung der allgemeinen Strafmilderungsgründe die Indizwirkung des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB im Rahmen der Gesamtabwägung aller bedeutsamer tat- und täterbezogenen Umstände.
447
Die Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung ergab, dass das Tatbild einschließlich aller subjektiver Momente und unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle der Urkundenfälschung nicht in einem so erheblichen Maß zu Gunsten des Angeklagten abwich, dass von einer Anwendung des verschärften Strafrahmens des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB abzusehen war.
448
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller bedeutsamen tat- und täterbezogenen Umstände ist zunächst zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass diese die Tat umfassend eingeräumt hat, wodurch auch der Prozess erheblich beschleunigt werden konnte. Er hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl auch werthaltiger Gegenstände einverstanden erklärt. Auch die lange Untersuchungshaft, mit der besonderen Belastung durch den Tod des Vaters, der Trennung von seinem Sohn und dem Erleiden von Panikstörungen, wertete die Kammer zu Gunsten des Angeklagten. Er handelte auch aufgrund seiner Spielsucht und seiner Betäubungsmittelabhängigkeit und ist nunmehr therapiebereit.
449
Strafschärfend berücksichtigte die Kammer, die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Auch die zahlreichen Vorahndungen des Angeklagten berücksichtigte die Kammer zu Lasten.
450
Im Rahmen der Gesamtabwägung berücksichtigte die Kammer sodann, dass ein Verzicht auf die Anwendung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle gemäß § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB auch nicht unter Rückgriff auf die nicht ausschließbar gegebene verminderte Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB begründet werden kann. Der Strafrahmen kann jedoch gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen diesbezüglich zu Gunsten des Angeklagten; der so gemilderte Strafrahmen reicht von einem Monat bis zu 7 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe.
451
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
452
Die für die Anwendung des Strafrahmens des besonders schweren Falles dargelegten Umstände waren auch maßgeblich für die Strafzumessung im engeren Sinne.
e) Tat unter Ziffer C. II. 4. – Stempel und Chargenaufkleber
453
Für die Beihilfe zur Vorbereitung der Fälschung unrichtiger Impfausweise ist der Strafrahmen grundsätzlich aus § 275 Abs. 1a StGB zu entnehmen; dieser reicht von Geldstrafe bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe.
454
Der Normalstrafrahmen war hier gemäß § 27 Abs. 2 StGB nach Maßgabe des § 49 Abs. 1 StGB zwingend zu mildern, da der Angeklagte sich lediglich der Beihilfe zur Vorbereitung der Fälschung unrichtiger Impfausweise schuldig gemacht hat. Der so gemilderte Strafrahmen des § 275 Abs. 1a StGB reicht von Geldstrafe bis zu 1 Jahr und 6 Monaten Freiheitsstrafe.
455
Der Strafrahmen kann vorliegend wegen des vertypten Strafmilderungsgrundes gem. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB weiter gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen entsprechend aus. Schulderhöhende Umstände waren nicht festzustellen. Aufgrund der Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten, die bereits zu einer beginnenden Verhaltens- und Wesensänderung geführt hat, erschien die Ermessensausübung zugunsten des Angeklagten angemessen. Der so erneut gemilderte Strafrahmen des § 275 Abs. 1a StGB reicht von Geldstrafe bis zu 1 Jahr und 1 Monat Freiheitsstrafe.
456
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
457
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer jeweils folgende Umstände:
458
Der Angeklagte hat die Tat zu Beginn der Hauptverhandlung die Tat umfassend eingeräumt und damit zur Prozessbeschleunigung beigetragen. Er hat sich mit der formlosen Einziehung – auch einer Vielzahl werthaltiger Gegenstände – einverstanden erklärt. Auch die erlittene Untersuchungshaft wertete die Kammer ausnahmsweise zugunsten des Angeklagten aufgrund der besonderen Umstände (Tod des Vaters, Trennung von seinem Sohn, erlittene Panikstörungen).
459
Zu Lasten berücksichtigte die Kammer die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Umlauf falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht, die der Angeklagte unter seine eigenen Interessen stellte. Der Angeklagte ist strafrechtlich bereits mehrfach – wenn auch nicht einschlägig – in Erscheinung getreten.
f) Tat unter Ziffer C. II. 10. – Impfausweis
460
Für die gewerbsmäßige Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung (Ziffer C. II. 10.) ist der Strafrahmen der Qualifikation aus § 275 Abs. 2 StGB zu entnehmen und reicht von 3 Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe; die tateinheitlich verwirklichte Beihilfe zur Urkundenfälschung tritt dahinter gemäß § 52 Abs. 2 StGB zurück.
461
Der Strafrahmen kann gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB – aufgrund der beginnenden Verhaltens- und Wesensänderung des Angeklagten- gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen diesbezüglich zu Gunsten des Angeklagten aus; der so gemilderte Strafrahmen reicht von einem Monat bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe.
462
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
463
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer folgende Umstände:
464
Zu Gunsten des Angeklagten ist zu berücksichtigen, dass dieser die Tat umfassend eingeräumt hat, wodurch auch der Prozess erheblich beschleunigt werden konnte. Er hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl von Gegenständen – auch werthaltige wie u.a. mehreren Smartphones – einverstanden erklärt. Er handelte auch aufgrund seiner Spielsucht und seiner Betäubungsmittelabhängigkeit und ist nunmehr therapiebereit. Die erlittene Untersuchungshaft war für den Angeklagten aufgrund der Trennung von seinem Sohn, der erlittenen Panikstörungen und insbesondere aufgrund des Todes seines Vaters besonders belastend.
465
Strafschärfend berücksichtigte die Kammer, dass konspirative und auch professionelle Vorgehen des Angeklagten und die daraus resultierende kriminelle Energie. Darüber hinaus berücksichtigte die Kammer auch zu Lasten des Angeklagten die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Auch hat der Angeklagte durch die Tat zwei Urkundsdelikte tateinheitlich begangen. Darüber hinaus ist er bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten.
g) Tat unter Ziffer C. III. 1. – Besitz von 97,4 Gramm Marihuana
466
Für den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist der Strafrahmen grundsätzlich §§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m. § 38 Abs. 2 StGB zu entnehmen; dieser reicht von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe.
467
Die Kammer verneint zunächst unter Abwägung der allgemeinen Strafmilderungsgründe das Vorliegen eines minder schweren Falles gemäß des § 29a Abs. 2 BtMG im Rahmen der Gesamtabwägung aller bedeutsamer Umstände.
468
Bei einer gesamtschauenden Abwägung aller mildernden und erschwerenden Faktoren überwiegen die mildernden Umstände im konkreten Fall nicht derart, dass das Tatbild in seiner Gesamtheit so erheblich von dem Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle abweicht, dass die Anwendung des gemilderten Strafrahmens geboten erscheint. Im Rahmen der bei der Prüfung eines minder schweren Falles vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Bewertung der Tat und des Beteiligten in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen.
469
Zugunsten des Angeklagten berücksichtigte die Kammer bei der gebotenen Gesamtwürdigung dabei, zunächst das Geständnis des Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung. Der Angeklagte ist nunmehr therapiebereit. Positiv zu werten ist weiter, dass sich die Tat auf Marihuana eine sog. „weiche“ Droge bezogen hat. Sämtliche Betäubungsmittel konnten polizeilich sichergestellt werden. Es wurde lediglich das 1,34-fache der nicht geringen Menge erreicht. Die lange Untersuchungshaft war für den Angeklagten aufgrund des Todes seines Vaters, der Trennung von seinem Sohn sowie der erlittenen Panikstörungen besonders belastend.
470
Zulasten des Angeklagten wertete die Kammer, dass dieser bereits mehrfach – auch einschlägig – in Erscheinung getreten ist.
471
Im Rahmen der Gesamtabwägung berücksichtigte die Kammer sodann, dass die Anwendung des Strafrahmens eines minder schweren Falles gemäß § 29a Abs. 2 BtMG nur unter Rückgriff auf die gegebene erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB begründet werden kann. Die Kammer war sich bewusst, dass hier statt der Anwendung des minder schweren Falles des § 29a Abs. 2 BtMG auch eine Verschiebung des Strafrahmens aus § 29a Abs. 1 BtMG gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB in Betracht gekommen ist; sie hat sich bewusst für die für den Angeklagten günstigere Variante der Nichtanwendung des Regelstrafrahmens entschieden. Eine mehrfache Verschiebung des Strafrahmens kam gemäß dem Rechtsgedanken des § 50 StGB nicht in Betracht, da das strafmildernde Gewicht des § 21 StGB hier bereits für die Begründung der Anwendung des minder schweren Falles gemäß § 29a Abs. 2 BtMG verbraucht gewesen ist.
472
Nach der gebotenen Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände ist daher – aufgrund des Umstands des Vorliegens von § 21 StGB – ein minder schwerer Fall gem. § 29a Abs. 2 BtMG zu bejahen, der einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht.
473
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
474
Sämtliche der für die Gesamtbetrachtung betreffend eines minder schweren Falls in Betracht gezogenen Strafzumessungsgesichtspunkte waren auch maßgebend für die Strafzumessung im engeren Sinne.
h) Tat unter Ziffer C. III. 3. – Fund
475
Für das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist der Strafrahmen grundsätzlich nach § 29a Abs. 1 BtMG i.V.m. § 38 Abs. 2 StGB zu entnehmen, wonach eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren in Betracht kommt.
476
§ 29a Abs. 2 BtMG sieht für minder schwere Fälle des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG eine Strafrahmenverschiebung zu Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Dabei ist zur Prüfung der Frage, ob ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Hierfür sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichviel ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei müssen auch die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Tatmotive und die seine Tat begleitenden Umstände gewürdigt werden (st. Rspr.).
477
Zu Gunsten des Angeklagten sind dabei die folgenden Umstände zu werten:
478
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung umfassend geständig gezeigt. Er handelte aufgrund seiner eigenen Betäubungsmittelabhängigkeit und ist nunmehr therapiebereit. Positiv ist weiter zu werten, dass die Betäubungsmittel polizeilich sichergestellt wurden, demnach also nicht in den Verkauf gelangt sind und mithin ihr Gefahrenpotential nicht entfalten konnten. Soweit sich die Tat auf Marihuana bezog, ist ferner zu berücksichtigten, dass es sich dabei um eine sog. „weiche Droge“ handelt.
479
Schließlich wirkt sich auch zu Gunsten des Angeklagten auch aus, dass er sich im Rahmen der Hauptverhandlung mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl auch werthaltiger Gegenstände, wie beispielsweise Mobiltelefone und einem MacBook, einverstanden erklärt hat. Auch die lange Untersuchungshaft konnte – ausnahmsweise – aufgrund des Todes seines Vaters während der Inhaftierung, der Trennung von seinem Sohn und der erlittenen Panikstörungen, zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden Zu Lasten des Angeklagten sind die folgenden Umstände zu betrachten:
480
Die nicht geringe Menge wurde hinsichtlich der festgestellten Tat um ein Vielfaches überschritten. Der Angeklagte ist bereits mehrfach strafrechtlich – auch einschlägig – in Erscheinung getreten. Auch hat der Angeklagte tateinheitlich zwei Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz begangen.
481
Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorgenannter Umstände kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass ein minder schwerer Fall gemäß § 29a Absatz 2 BtMG nicht angenommen werden kann. Die Gesamtwürdigung unter Einschluss dieser Umstände ergibt, dass die Tat sich nicht in einem Maß von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des gemilderten Strafrahmens des § 29a Abs. 2 BtMG geboten erscheint.
482
Im Rahmen der Gesamtabwägung berücksichtigte die Kammer sodann, dass die Anwendung des Strafrahmens für minder schwere Fälle gemäß § 29a Abs. 2 BtMG auch nicht unter Rückgriff auf die nicht ausschließbar gegebene erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB begründet werden kann. Der Strafrahmen kann jedoch gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen diesbezüglich zu Gunsten des Angeklagten aus; der so gemilderte Strafrahmen reicht von 3 Monaten bis zu 11 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe.
483
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
484
Sämtliche der für die Gesamtbetrachtung betreffend eines minder schweren Falls in Betracht gezogenen Strafzumessungsgesichtspunkte waren auch maßgebend für die Strafzumessung im engeren Sinne.
i) Tat unter Ziffer C. III. 4. – Besitz von Amphetamin, verbotener Gegenstände und Testosteron
485
Für die unter Ziffer C. III. 4. festgestellte Tat ist der Strafrahmen grundsätzlich § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG zu entnehmen und reicht von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Die tateinheitlich verwirklichten Verstöße gegen das Waffengesetz und das Antidopinggesetz treten dahinter gemäß § 52 Abs. 2 S. 1 StGB zurück.
486
Der Strafrahmen kann aufgrund der erheblich verminderten Schuldfähigkeit gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen entsprechend zu Gunsten des Angeklagten aus. Der so gemilderte Strafrahmen reicht von Geldstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe.
487
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer folgende Aspekte:
488
Der Angeklagte hat sich zu Beginn der Hauptverhandlung geständig gezeigt und hat so zu einem schlanken Prozess beigetragen. Er handelte aufgrund eigener Betäubungsmittelabhängigkeit und ist nunmehr therapiebereit. Die Betäubungsmittel, das Testosteron sowie der Schlagring und die Schreckschusspistole konnten polizeilich sichergestellt werden. Darüber hinaus hat sich der Angeklagte mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger Gegenstände – einverstanden erklärt. Zugunsten wurde ferner auch die lange Untersuchungshaft gewertet, da diese mit dem Tod des Vaters, der Trennung von seinem Sohn und der erlittenen Panikattacken für den Angeklagten besonders belastend war.
489
Zu Lasten des Angeklagten berücksichtigte die Kammer dessen zahlreiche – teilweise auch einschlägigen – Vorahndungen. Zudem hat der Angeklagte tateinheitlich mehrere Delikte begangen.
490
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden unter G. I. 1. a) bis G. I. 1. i) angeführten Strafzumessungsgesichtspunkte erachtet die Kammer unter Anwendung der jeweils maßgeblichen Strafrahmen und – hinsichtlich der Betäubungsmitteldelikte – unter besonderer Berücksichtigung der Art, Qualität und Menge der Betäubungsmittel und bei Gewichtung der Taten untereinander für die Taten folgende Einzelstrafen als tat- und schuldangemessen:
- für die 17 Fälle der Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 1. mit Ausnahme der Ziffer C. II. 1. h)): jeweils eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für den Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 1. h)): eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten
- für die unrichtige Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung (C. II. 2. – digitale COVID-Impfzertifikate): jeweils eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten
- für die Herstellung des Impfausweises (C. II. 3.): eine Freiheitsstrafe von 8 Monaten
- für die Herstellung des Impfausweises (C. II. 3.): eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten
- für die Beihilfe zur Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise (C. II. 4.): eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten
- für die gewerbsmäßige Vorbereitung der Herstellung eines gefälschten Impfausweises in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 10.): eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten
- für den unerlaubten Besitz von 97,4 Gramm Marihuana (C. III. 1): eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten
- für das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (C. III. 3.): eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten
- für den unerlaubten Besitz von zwei Papierbriefchen mit Amphetamin, zweier verbotener Waffen und Testostern (C. III. 4.): eine Freiheitsstrafe von 4 Monaten
491
Gemäß § 47 Abs. 1 StGB hat die Kammer für die Taten aus C. II. 2. (digitale COVIDImpfzertifikate), sowie der Tat aus Ziffer C. II. 4. (Verkauf von Chargenaufklebern und Stempeln an) jeweils eine kurze Freiheitsstrafe verhängt, weil besondere Umstände in der Tat, aber auch in der Persönlichkeit des Angeklagten vorliegen, die die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Angeklagten und auch zur Verteidigung der Rechtsordnung aus spezial- und generalpräventiven Gründen unerlässlich machen. Es handelt sich jeweils um eine Vielzahl gleichgelagerter Delikte im Zusammenhang mit COVID-Schutzimpfungen. Die Fälschungen von Impfausweisen, sowie die Erstellung der Impfzertifikate erfolgte in einer angespannten Pandemielage, in welcher die gesamte Bevölkerung massiv unter den gravierenden Auswirkungen der Pandemie, aber auch der Gefahren des Sars-Cov-2-Virus litt. Der Angeklagte stellte seine eigenen Interessen – insbesondere sein Gewinnstreben – über die Gesundheit der Bevölkerung, womit den konkret vorliegenden Taten besondere Bedeutung für den Rechtsgüterschutz – insbesondere der Volksgesundheit – zukommt.
492
Hinsichtlich des Sachverhalts aus Ziffer C. III. 4. (Sicherstellungen bei der Durchsuchung am 20.12.2021) hat die Kammer gemäß § 47 Abs. 1 StGB ebenfalls eine kurze Freiheitsstrafe verhängt. Der Angeklagte hat sich tateinheitlich mehrerer Delikte strafbar gemacht, ist einschlägig vorbestraft und hat sich dies bisher nicht als Warnung dienen lassen.
493
Folglich erscheint nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände vorliegend die Ahndung der vorbenannten Taten jeweils mittels einer Freiheitstrafe zwingend erforderlich.
494
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Bildung der Gesamtstrafe ein eigenständiger und zu begründender Strafzumessungsakt, der gemäß § 54 Absatz 1 Satz 2 StGB durch die Erhöhung der höchsten Einzelstrafe (sog. Einsatzstrafe) erfolgt und sich nicht an der Summe der Einzelstrafen oder an rechnerischen Grundsätzen zu orientieren hat, sondern an gesamtstrafenspezifischen Kriterien (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10.10.2018 – 1 StR 140/18, vom 5.8.2010 – 2 StR 340/10 und vom 13.11.2008 – 3 StR 485/08). Dabei sind bei der erforderlichen Gesamtschau der Taten namentlich das Verhältnis der einzelnen Straftaten zueinander, insbesondere ihr Zusammenhang, ihre größere oder geringere Selbständigkeit, ferner die Häufigkeit der Begehung, die Gleichheit oder Verschiedenheit der verletzten Rechtsgüter und der Begehungsweise sowie das Gesamtgewicht des abzuurteilenden Sachverhalts zu berücksichtigen. Ferner ist in einer Würdigung der Person des Täters seine Strafempfindlichkeit, seine größere oder geringere Schuld im Hinblick auf das Gesamtgeschehen und seine innere Einstellung zu den Taten zu erörtern (BGH, Beschluss vom 12.11.2019 – 1 StR 415/19).
495
Aus den unter Ziffer G. I. 2. genannten Einzelstrafen ist gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter Berücksichtigung der Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu und unter nochmaliger Abwägung aller im Einzelnen unter G. I. 1. a) bis G. I. 1. i) geschilderter Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung insbesondere der Persönlichkeit des Täters, seines Gesamtverhaltens, seiner Tatmotive und der seine Taten begleitenden Umstände erkannte die Kammer gemäß § 54 StGB unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 11 Monaten als tat- und schuldangemessen. Von besonderer Bedeutung war dabei, dass der Angeklagte im Zusammenhang mit der Fälscherwerkstatt für Impfausweise hoch professionell und zugleich konspirativ vorgegangen ist und sich dabei auch nicht durch Durchsuchungen oder durch ihm bekannt gewordenen Parallelfälle hat abschrecken lassen. Der Angeklagte war der „Kopf“; bei ihm liefen alle Fäden zusammen. Dies betrifft sowohl die technische Abwicklung, die Logistik, die Einbindung der Mitangeklagten und, aber auch die Finanzströme, die maßgeblich ihm zuflossen. Dies alles zeigt eine gewisse Unverfrorenheit, die Ausdruck hoher krimineller Energie ist.
496
Es bedarf auch hier zunächst der Bestimmung der jeweils anzuwendenden Strafrahmen, bevor innerhalb von diesen konkrete Einzelstrafen sodann eine Gesamtstrafe gebildet werden kann.
1. Strafrahmen und Strafzumessung im engeren Sinne
497
Für die verfahrensgegenständlichen, unter C. II. und C. III. festgestellten Taten, legt die Kammer die folgenden Erwägungen und Strafrahmen zu Grunde:
a) Tat unter Ziffer C. II. 1. – E-Post-Fälle
498
Hinsichtlich des unter Ziffer C. II. 1 festgestellten Sachverhalts der Beihilfe zur Urkundenfälschung in 18 tatmehrheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem weiteren Fall, ist der Strafrahmen grundsätzlich jeweils § 267 Abs. 1 StGB zu entnehmen und reicht von Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren.
499
Der Normalstrafrahmen war aber jeweils gemäß § 27 Abs. 2 StGB nach Maßgabe des § 49 Abs. 1 StGB zwingend zu mildern, da die Angeklagte sich lediglich der Beihilfe zur Urkundenfälschung schuldig gemacht hat. Der so gemilderte Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB reicht von Geldstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe.
500
Eine weitere vertypte Strafmilderung – insbesondere nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB – kam nicht in Betracht, da bei der Angeklagten bei keiner der Taten eine erhebliche Beeinträchtigung oder eine Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Tatbegehung festgestellt werden konnte. Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht erkennbar.
501
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer jeweils folgende Umstände:
502
Die Angeklagte ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten; ihr Bundeszentralregisterauszug enthält keinerlei Eintragungen. Die Angeklagte hat den Sachverhalt zu Beginn der Hauptverhandlung umfassend eingeräumt und konnte damit insbesondere zur Prozessbeschleunigung beitragen. Ihr Geständnis ist deshalb als besonders wertvoll zu betrachten. Auch hat sie sich mit der formlosen Einziehung – auch werthaltiger Gegenstände wie u.a. ihrem Smartphone – einverstanden erklärt. Weiterhin berücksichtigte die Kammer – ausnahmsweise – die lange Untersuchungshaft, welche aufgrund der psychischen Erkrankungen der Angeklagten für diese besonders belastend war.
503
Zu Lasten berücksichtigte die Kammer die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Auch das konspirative Vorgehen bewertete die Kammer negativ für die Angeklagte. Berücksichtigt wurde ferner hinsichtlich des Falles, in dem tateinheitlich ein weiterer Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung tritt (C. II. 1. h), dass es sich insoweit um zwei Fälle handelt.
b) Taten unter Ziffer C. II. 2. – digitale COVID-Impfzertifikate
504
Der Strafrahmen hinsichtlich der unter Ziffer C. II. 2. festgestellten Sachverhalte der unrichtigen Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung in 1018 Fällen, ist jeweils § 75a Abs. 1 IfSG [i.d. Fassung v. 01.06.2021] zu entnehmen. Er beläuft sich auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
505
Gesetzlich vertypte Strafmilderungsgründe, wie etwa § 21 StGB, sind jeweils nicht einschlägig, da sich keinerlei Anhaltspunkte für eine erhebliche Beeinträchtigung oder Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ergeben haben.
506
Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer zugunsten der Angeklagten neben ihrem umfassenden Geständnis auch ihre untergeordnete Rolle im Vertrieb der Impfzertifikate, wobei relativierend einfloss, dass die Angeklagte eine unverzichtbare zuarbeitende Rolle im Gesamtgeschehen eingenommen hat. Sie war gewissermaßen für das Controlling zuständig und sorgte für einen organisatorisch reibungslosen Ablauf. Auch konnte durch ihr Geständnis das Verfahren erheblich beschleunigt werden. Sie ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten – ihr Auszug aus dem Bundeszentralregister enthält keinerlei Eintragungen. Auch ihr Einverständnis mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger Gegenstände wie u.a. mehrerer Smartphones – berücksichtigte die Kammer positiv. Zudem konnte die lange Untersuchungshaft ausnahmsweise berücksichtigt werden, da diese für die Angeklagte aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen erheblich belastender als üblich war, die Angeklagte mithin besonders haftempfindlich ist.
507
Zu Lasten wirkte sich die Gefahr für die Volksgesundheit in der zum Tatzeitpunkt angespannten Pandemielage, die mit dem Umlauf falscher digitaler COVIDImpfzertifikate für nicht geimpfte Personen einhergeht aus.
c) Tat unter Ziffer C. II. 3. – Impfausweis
508
Für die Urkundenfälschung betreffend des Impfausweises (C. II. 3.) findet der Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB Anwendung; dieser reicht von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
509
Vertypte Strafmilderungsgründe – insbesondere §§ 21, 49 Abs. 1 StGB – sind nicht ersichtlich.
510
Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer zugunsten der Angeklagten ihr umfassendes Geständnis, das auch erheblich zur Beschleunigung des Verfahrens beigetragen hat. Sie ist strafrechtlich bisher noch nicht in Erscheinung getreten. Ferner berücksichtigte die Kammer zugunsten der Angeklagten, dass diese sich mit der formlosen Einziehung auch einer Vielzahl von werthaltigen Gegenständen – wie bspw. ihrem Smartphone – einverstanden erklärt hat. Ausnahmsweise fand auch die erlittene Untersuchungshaft Berücksichtigung, da diese aufgrund der psychischen Erkrankungen der Angeklagten für diese besonders belastend war.
d) Tat unter Ziffer C. II. 3. – Impfausweis
511
Bezüglich der Urkundenfälschung im Zusammenhang mit dem Impfausweis des anderweitig Verfolgten (C. II. 3.) findet der Strafrahmen des § 267 Abs. Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB Anwendung; er reicht von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe. Nach Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Umstände kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Regelfallwirkung nicht entkräftet wird und mithin nicht der Grundstrafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB zu entnehmen ist, welcher einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 5 Jahren vorsieht.
512
Wie unter F. III. 4. dargelegt hat sich die Angeklagte durch die Urkundenfälschung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang bewusst geschaffen bzw. schaffen wollen und damit die Urkundenfälschung gewerbsmäßig begangen.
513
Die Kammer bejaht unter Abwägung der allgemeinen Strafmilderungsgründe die Indizwirkung des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB im Rahmen der Gesamtabwägung aller bedeutsamer tat- und täterbezogenen Umstände.
514
Die Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung ergab, dass das Tatbild einschließlich aller subjektiver Momente und unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle der Urkundenfälschung nicht in einem so erheblichen Maß zu Gunsten der Angeklagten abwich, dass von einer Anwendung des verschärften Strafrahmens des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB abzusehen war.
515
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller bedeutsamen tat- und täterbezogenen Umstände ist zunächst zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass diese die Taten umfassend eingeräumt hat, wodurch auch der Prozess erheblich beschleunigt werden konnte. Die Angeklagte ist ferner bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Sie hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl auch werthaltiger Gegenstände einverstanden erklärt. Ferner wurde die lange Untersuchungshaft zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt, wobei die Kammer nicht verkennt, dass die Untersuchungshaft im Rahmen der Strafzumessung grundsätzlich als neutral zu werten ist, da bezüglich der Angeklagten aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen die lange – auch erstmalige – Untersuchungshaft besonders belastend war.
516
Strafschärfend berücksichtigte die Kammer, dass professionelle und konspirative Vorgehen der Angeklagten und die daraus resultierende kriminelle Energie. Darüber hinaus berücksichtigte die Kammer auch zu Lasten der Angeklagten die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht.
517
Vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
518
Die für die Anwendung des Strafrahmens des besonders schweren Falles dargelegten Umstände waren auch maßgeblich für die Strafzumessung im engeren Sinne.
e) Tat unter Ziffer C. II. 10 – Impfausweis
519
Für die gewerbsmäßige Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung (Ziffer C. II. 10.) ist der Strafrahmen dem Qualifikationstatbestandes des § 275 Abs. 2 StGB zu entnehmen und reicht von 3 Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe; die tateinheitlich verwirklichte Beihilfe zur Urkundenfälschung tritt dahinter gemäß § 52 Abs. 2 StGB zurück.
520
Vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
521
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer folgende Umstände:
522
Zu Gunsten der Angeklagten war zu berücksichtigen, dass diese die Taten umfassend eingeräumt hat, wodurch auch der Prozess erheblich beschleunigt werden konnte. Die Angeklagte ist ferner bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sie hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger wie u.a. ihrem Smartphone – Gegenstände einverstanden erklärt. Hinzu kommt, dass sich die Angeklagte erstmals in Untersuchungshaft befunden hat und aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen besonders haftempfindlich ist.
523
Strafschärfend berücksichtigte die Kammer das professionelle und konspirative Vorgehen der Angeklagten und die daraus resultierende kriminelle Energie. Darüber hinaus berücksichtigte die Kammer auch zu Lasten der Angeklagten die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Auch hat die Angeklagte durch die Tat zwei Urkundsdelikte tateinheitlich begangen.
524
f) Tat unter Ziffer C. III. 1 – Besitz einer nicht geringen Menge Marihuana Für den Fall des unerlaubten Besitzes von 97,40 Gramm Marihuana – wie unter Ziffer C. III. 1. festgestellt – stand der Kammer zunächst der Strafrahmen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in Verbindung mit § 38 Abs. 2 StGB zur Verfügung. Dieser sieht einen Strafrahmen von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe vor.
525
Im Rahmen der vorrangigen Prüfung des minder schweren Falls gemäß § 29a Abs. 2 BtMG kam die Kammer zu der Überzeugung, dass ein solcher hier anzunehmen ist. Bei einer gesamtschauenden Abwägung aller mildernden und erschwerenden Faktoren überwiegen die mildernden Umstände im konkreten Fall derart, dass das Tatbild in seiner Gesamtheit so erheblich von dem Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle abweicht, dass die Anwendung des gemilderten Strafrahmens geboten erscheint.
526
Zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigte die Kammer neben ihrem umfassenden Geständnis, dass die Betäubungsmittel polizeilich sichergestellt worden sind. Positiv wirkte sich ferner aus, dass es sich bei Marihuana um eine sog. „weiche Droge“ handelt. Die Angeklagte ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Sie erklärte sich im Rahmen der Hauptverhandlung mit der formlosen Einziehung – auch werthaltiger Gegenstände – einverstanden. Hinzu kommt, dass sich die Angeklagte erstmals in Untersuchungshaft befunden hat und aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen besonders haftempfindlich ist.
527
Eine vertypte Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kam bei diesem Tatkomplex nicht in Betracht, da bei der Angeklagten keine erhebliche Beeinträchtigung oder eine Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Tatbegehung festgestellt werden konnte.
528
Die für die Strafrahmenwahl zu Grunde gelegten Strafzumessungsgesichtspunkte waren auch maßgeblich für die Strafzumessung im engeren Sinne.
g) Tat unter Ziffer C. III. 4. – Besitz von geringen Mengen Amphetamin
529
Für den Fall des unerlaubten Besitzes von zwei Papierbriefchen mit Amphetamin – wie unter Ziffer C. III. 4. festgestellt – ist der Strafrahmen § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG zu entnehmen; dieser reicht von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
530
Vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
531
Für die Strafzumessung im engeren Sinne hat die Kammer insbesondere folgende Aspekte berücksichtigt:
532
Die Angeklagte hat die Tat umfassend eingeräumt. Sie ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten und hat durch ihr Geständnis und ihrer Zustimmung zur formlosen Einziehung auch werthaltiger Gegenstände zu einem schlanken Prozess beigetragen. Verfahrensgegenständlich handelt es sich um geringe Mengen an Amphetamin, die schließlich polizeilich sichergestellt werden konnten. Zudem konnte die lange Untersuchungshaft ausnahmsweise berücksichtigt werden, da diese für die Angeklagte aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen erheblich belastender als üblich war, die Angeklagte mithin besonders haftempfindlich ist.
533
Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden unter G. II. 1. a) bis G. II. 1. g) angeführten Strafzumessungsgesichtspunkte erachtet die Kammer unter Anwendung der jeweils maßgeblichen Strafrahmen und – hinsichtlich der Betäubungsmitteldelikte – unter besonderer Berücksichtigung der Art, Qualität und Menge der Betäubungsmittel und bei Gewichtung der Taten untereinander für die Taten folgende Einzelstrafen als tat- und schuldangemessen:
- für die 17 Fälle der Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 1. mit Ausnahme der Ziffer C. II. 1. h)): jeweils eine Freiheitsstrafe von 5 Monaten
- für den Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 1. h)): eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für die unrichtige Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung (C. II. 2. – digitale COVID-Impfzertifikate): jeweils eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten
- für die Herstellung des Impfausweises (C. II. 3.): eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für die Herstellung des Impfausweises (C. II. 3.): eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten
- für die Vorbereitung eines gefälschten Impfausweises in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 10.): eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten
- für den unerlaubten Besitz von 97,4 Gramm Marihuana (C. III. 1): eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten
- für den unerlaubten Besitz von zwei Papierbriefchen mit Amphetamin (C. III. 4.): eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen
534
Die Tagessatzhöhe bestimmt sich gem. § 40 Abs. 2 und Abs. 3 StGB unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten, wobei hier einfloss, dass die Angeklagte in Haft lediglich geringe Einkünfte erzielt hat und über kein wesentliches eigenes Vermögen verfügt. Es erschienen daher 5 Euro als Tagessatzhöhe ausreichend, aber auch erforderlich.
535
Gemäß § 47 Abs. 1 StGB hat die Kammer für die Taten aus C. II. 1. (E-Post-Fälle), sowie C. II. 2. (digitale COVID-Impfzertifikate) jeweils eine kurze Freiheitsstrafe verhängt, weil besondere Umstände in der Tat, aber auch der Persönlichkeit der Angeklagten vorliegen, die die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf die Angeklagte und auch zur Verteidigung der Rechtsordnung aus spezial- und generalpräventiven Gründen unerlässlich machen. Es handelt sich jeweils um eine Vielzahl gleichgelagerter Delikte im Zusammenhang mit COVID-Schutzimpfungen. Die Fälschungen von Impfausweisen, sowie die Erstellung der Impfzertifikate erfolgte in einer angespannten Pandemielage, in welcher die gesamte Bevölkerung massiv unter den gravierenden Auswirkungen der Pandemie, aber auch der Gefahren des Sars-Cov-2-Virus litt. Die Angeklagte stellte ihre eigenen Interessen über die Gesundheit der Bevölkerung, womit den konkret vorliegenden Taten besondere Bedeutung für den Rechtsgüterschutz – insbesondere der Volksgesundheit – zukommt.
536
Folglich erscheint nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände vorliegend die Ahndung der vorbenannten Taten jeweils mittels einer Freiheitstrafe zwingend erforderlich.
537
Unter nochmaliger Abwägung aller im Einzelnen unter G. II. 1. a) bis G. II. 1. g) geschilderter Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung insbesondere der Persönlichkeit der Angeklagten, ihres Gesamtverhaltens, ihrer Tatmotive und der ihren Taten begleitenden Umstände erkannte die Kammer gemäß § 54 StGB unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 9 Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 5 Monaten als tat- und schuldangemessen. Hierbei wurde insbesondere auch berücksichtigt, dass es sich zum Großteil um im Wesentlichen gleichgelagerte Taten handelt.
538
Es bedarf auch hier zunächst der Bestimmung der jeweils anzuwendenden Strafrahmen, bevor innerhalb von diesen konkrete Einzelstrafen und sodann eine Gesamtstrafe gebildet werden können.
1. Strafrahmen und Strafzumessung im engeren Sinne
a) Tat unter Ziffer C. II. 1. – E-Post
539
Hinsichtlich des unter Ziffer C. II. 1 festgestellten Sachverhalts der Beihilfe zur Urkundenfälschung in 18 tatmehrheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem weiteren Fall, ist der Strafrahmen grundsätzlich jeweils § 267 Abs. 1 StGB zu entnehmen und reicht von Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren.
540
Der Normalstrafrahmen war aber jeweils gemäß § 27 Abs. 2 StGB nach Maßgabe des § 49 Abs. 1 StGB zwingend zu mildern, da der Angeklagte sich lediglich der Beihilfe zur Urkundenfälschung schuldig gemacht hat. Der so gemilderte Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB reicht von Geldstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe.
541
Eine weitere vertypte Strafmilderung – insbesondere nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB – kam nicht in Betracht, da bei dem Angeklagten bei keiner der Taten eine erhebliche Beeinträchtigung oder eine Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Tatbegehung festgestellt werden konnte. Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht erkennbar.
542
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer jeweils folgende Umstände:
543
Der Angeklagte hat den Sachverhalt zu Beginn der Hauptverhandlung umfassend eingeräumt und konnte damit insbesondere zur Prozessbeschleunigung beitragen. Auch hat er sich mit der formlosen Einziehung – auch werthaltiger Gegenstände wie u.a. seinem Smartphone – einverstanden erklärt.
544
Zu Lasten berücksichtigte die Kammer die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Auch das konspirative Vorgehen bewertete die Kammer negativ für den Angeklagten. Berücksichtigt wurde ferner hinsichtlich des Falles, in dem tateinheitlich ein weiterer Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung tritt ((C. II. 1. h), dass es sich insoweit um zwei Fälle handelt. Ferner wurden die zahlreichen Vorahndungen des Angeklagten zu dessen Lasten berücksichtigt.
b) Tat unter Ziffer C. II. 3. – Impfausweis
545
Für die Urkundenfälschung betreffend des Impfausweises (C. II. 3.) findet der Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB Anwendung; dieser reicht von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
546
Vertypte Strafmilderungsgründe – insbesondere §§ 21, 49 Abs. 1 StGB – sind nicht ersichtlich.
547
Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer zugunsten des Angeklagten sein umfassendes Geständnis, das auch erheblich zur Beschleunigung des Verfahrens beigetragen hat. Er hat sich mit der formlosen Einziehung auch einer Vielzahl von werthaltigen Gegenständen – wie bspw. seinem Smartphone – einverstanden erklärt hat. Weiterhin war auch die untergeordnete Rolle des Angeklagten bei den Taten im Zusammenhang mit COVID- Schutzimpfungen positiv zu berücksichtigten.
c) Tat unter Ziffer C. II. 3. – Impfausweis
548
Bezüglich der Urkundenfälschung im Zusammenhang mit dem Impfausweis des anderweitig Verfolgten (C. II. 3.) findet der Strafrahmen des § 267 Abs. Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB Anwendung; er reicht von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe. Nach Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Umstände kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Regelfallwirkung nicht entkräftet wird und mithin nicht der Grundstrafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB zu entnehmen ist, welcher einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 5 Jahren vorsieht.
549
Wie unter F. III. 4. dargelegt hat sich der Angeklagte durch die Urkundenfälschung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang bewusst geschaffen bzw. schaffen wollen und damit die Urkundenfälschung gewerbsmäßig begangen.
550
Die Kammer bejaht unter Abwägung der allgemeinen Strafmilderungsgründe die Indizwirkung des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB im Rahmen der Gesamtabwägung aller bedeutsamer tat- und täterbezogenen Umstände.
551
Die Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung ergab, dass das Tatbild einschließlich aller subjektiver Momente und unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle der Urkundenfälschung nicht in einem so erheblichen Maß zu Gunsten des Angeklagten abwich, dass von einer Anwendung des verschärften Strafrahmens des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB abzusehen war.
552
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller bedeutsamen tat- und täterbezogenen Umstände ist zunächst zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass diese die Tat umfassend eingeräumt hat, wodurch auch der Prozess erheblich beschleunigt werden konnte. Er hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl auch werthaltiger Gegenstände einverstanden erklärt. Weiterhin wurde die untergeordnete Rolle des Angeklagten im Zusammenhang mit den Taten betreffend COVID-Schutzimpfungen zu Gunsten berücksichtigt.
553
Strafschärfend berücksichtigte die Kammer die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Auch die zahlreichen Vorahndungen des Angeklagten berücksichtigte die Kammer zu Lasten.
554
Vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
555
Die für die Anwendung des Strafrahmens des besonders schweren Falles dargelegten Umstände waren auch maßgeblich für die Strafzumessung im engeren Sinne.
d) Tat unter Ziffer C. II. 10. – Impfausweis
556
Für die gewerbsmäßige Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung (Ziffer C. II. 10.) ist der Strafrahmen dem Qualifikationstatbestand des § 275 Abs. 2 StGB zu entnehmen und reicht von 3 Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe; die tateinheitlich verwirklichte Beihilfe zur Urkundenfälschung tritt dahinter gemäß § 52 Abs. 2 StGB zurück.
557
Vertypte Strafmilderungsgründe – wie etwa §§ 21, 49 Abs. 1 StGB – sind nicht ersichtlich.
558
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer folgende Umstände:
559
Zu Gunsten des Angeklagten ist zu berücksichtigen, dass dieser die Tat umfassend eingeräumt hat, wodurch auch der Prozess erheblich beschleunigt werden konnte. Er hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger wie u.a. seinem Smartphone – Gegenstände einverstanden erklärt. Auch die untergeordnete Rolle des Angeklagten im Zusammenhang mit der Herstellung falscher Impfausweise berücksichtigte die Kammer zugunsten des Angeklagten.
560
Strafschärfend berücksichtigte die Kammer, dass konspirative Vorgehen der Angeklagten und die daraus resultierende kriminelle Energie. Darüber hinaus berücksichtigte die Kammer auch zu Lasten des Angeklagten die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Auch hat der Angeklagte durch die Tat zwei Urkundsdelikte tateinheitlich begangen. Darüber hinaus ist er bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten.
e) Tat unter Ziffer C. III. 2. – Marihuana Plantage H.
561
Für die Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Anbau von Betäubungsmitteln ist der Strafrahmen grundsätzlich §§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m. § 38 Abs. 2 StGB zu entnehmen, dieser reicht von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe.
562
Die Kammer verneint zunächst unter Abwägung der allgemeinen Strafmilderungsgründe das Vorliegen eines minder schweren Falles gemäß § 29a Abs. 2 BtMG im Rahmen der Gesamtabwägung aller bedeutsamer Umstände.
563
Bei einer gesamtschauenden Abwägung aller mildernden und erschwerenden Faktoren überwiegen die mildernden Umstände im konkreten Fall nicht derart, dass das Tatbild in seiner Gesamtheit so erheblich von dem Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle abweicht, dass die Anwendung des gemilderten Strafrahmens geboten erscheint. Im Rahmen der bei der Prüfung eines minder schweren Falles vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Bewertung der Tat und des Beteiligten in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen.
564
Zugunsten des Angeklagten berücksichtigte die Kammer bei der gebotenen Gesamtwürdigung dabei, zunächst das Geständnis des Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung. Positiv zu werten ist weiter, dass sich die Tat auf Marihuana eine sog. „weiche Droge“ bezogen hat. Sämtliche Betäubungsmittel konnten polizeilich sichergestellt werden und sind nicht in den Verkehr gelangt, konnten mithin ihr Gefahrenpotential nicht entfalten.
565
Zulasten des Angeklagten wertete die Kammer, dass dieser bereits mehrfach in Erscheinung getreten ist – zuletzt wurde er im Mai 2020 mit einer Geldstrafe geahndet. Auch die deutliche Überschreitung der nicht geringen Menge wertete die Kammer zu Lasten des Angeklagten.
566
Im Rahmen der Gesamtabwägung berücksichtigte die Kammer sodann, dass die Anwendung des Strafrahmens eines minder schweren Falles gemäß § 29a Abs. 2 BtMG – insbesondere aufgrund der hohen Rückfallgeschwindigkeit des Angeklagten seit seiner letzten Verurteilung – auch nicht unter zusätzlicher Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes der Beihilfe gemäß §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB. Vielmehr erscheint es angemessen, die Strafe nach dem zwingenden Milderungsgrund des § 27 Abs. 2 StGB dem nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen. Dieser reicht von 3 Monaten bis zu 11 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe.
567
Eine weitere vertypte Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB war nicht geboten, da bei dem Angeklagten zum Zeitpunkt der Tatbegehung keine erhebliche Beeinträchtigung oder Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit festgestellt werden konnte. Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht erkennbar.
568
Sämtliche der für die Gesamtbetrachtung betreffend eines minder schweren Falls in Betracht gezogenen Strafzumessungsgesichtspunkte waren auch maßgebend für die Strafzumessung im engeren Sinne. Die Kammer berücksichtigte hierbei ferner auch die untergeordnete Rolle der Beihilfehandlung des Angeklagten, welche als „helfender Charakter“ Ausdruck für seine Dankbarkeit ist, dass er eine Arbeit in Aussicht hat und freie Kost und Logis vom anderweitig Verfolgten erhält.
f) Tat unter Ziffer C. III. 3. – Fund
569
Für das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist der Strafrahmen grundsätzlich nach § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen, wonach eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren in Betracht kommt.
570
§ 29a Abs. 2 BtMG sieht für minder schwere Fälle des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG eine Strafrahmenverschiebung zu Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Dabei ist zur Prüfung der Frage, ob ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Hierfür sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichviel ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei müssen auch die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Tatmotive und die seine Tat begleitenden Umstände gewürdigt werden (st. Rspr.).
571
Zu Gunsten des Angeklagten sind dabei die folgenden Umstände zu werten:
572
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung umfassend geständig gezeigt. Positiv ist weiter zu werten, dass die Betäubungsmittel polizeilich sichergestellt wurden, demnach also nicht in den Verkauf gelangt sind und mithin ihr Gefahrenpotential nicht entfalten konnten. Soweit sich die Tat auf Marihuana bezog, ist ferner zu berücksichtigten, dass es sich dabei um eine sog. „weiche Droge“ handelt.
573
Schließlich wirkt sich auch zu Gunsten des Angeklagten aus, dass er sich im Rahmen der Hauptverhandlung mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl auch werthaltiger Gegenstände, wie beispielsweise Mobiltelefone, einverstanden erklärt hat.
574
Zu Lasten des Angeklagten sind die folgenden Umstände zu berücksichtigen:
575
Die nicht geringe Menge wurde hinsichtlich der festgestellten Tat um ein Vielfaches überschritten. Der Angeklagte ist bereits mehrfach strafrechtlich – wenn auch nicht einschlägig – in Erscheinung getreten. Auch hat der Angeklagte tateinheitlich zwei Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz begangen.
576
Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorgenannter Umstände kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass ein minder schwerer Fall gemäß § 29a Absatz 2 BtMG nicht angenommen werden kann. Die Gesamtwürdigung unter Einschluss dieser Umstände ergibt, dass die Tat sich nicht in einem Maß von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des gemilderten Strafrahmens des § 29a Abs. 2 BtMG geboten erscheint.
577
Eine vertypte Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kam nicht in Betracht, da bei dem Angeklagten bei den Taten keine erhebliche Beeinträchtigung oder eine Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Tatbegehung festgestellt werden konnte. Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht erkennbar.
578
Sämtliche der für die Gesamtbetrachtung betreffend eines minder schweren Falls in Betracht gezogenen Strafzumessungsgesichtspunkte waren auch maßgebend für die Strafzumessung im engeren Sinne.
579
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden unter G. III. 1. a) bis G. III. 1. f) angeführten Strafzumessungsgesichtspunkte erachtet die Kammer unter Anwendung der jeweils maßgeblichen Strafrahmen und – hinsichtlich der Betäubungsmitteldelikte – unter besonderer Berücksichtigung der Art, Qualität und Menge der Betäubungsmittel und bei Gewichtung der Taten untereinander für die Taten folgende Einzelstrafen als tat- und schuldangemessen:
- für die 17 Fälle der Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 1. mit Ausnahme der Ziffer C. II. 1. h)): jeweils eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für den Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 1. h)): eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten
- für die Herstellung des Impfausweises (C. II. 3.): eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten
- für die Herstellung des Impfausweises (C. II. 3.): eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten
- für die Vorbereitung eines gefälschten Impfausweises in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 10.): eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten
- für die Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Anbau von Betäubungsmittel (Tatkomplex Plantage H., C. III. 2.): eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten
- für das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (C. III. 3.): eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten
580
Aus diesen Einzelstrafen ist gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter Berücksichtigung und nochmaliger Abwägung aller unter G. III. 1. a) bis G. III. 1. f) im Einzelnen ausgeführten Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung insbesondere der Persönlichkeit des Täters, seines Gesamtverhaltens, seiner Tatmotive und der seine Taten begleitenden Umstände erkannte die Kammer gemäß § 54 StGB unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten als tat- und schuldangemessen.
581
Es bedarf auch hier zunächst der Bestimmung der jeweils anzuwendenden Strafrahmen, bevor innerhalb von diesen konkrete Einzelstrafen und sodann eine Gesamtstrafe gebildet werden können.
1. Strafrahmenwahl und Strafzumessungsgesichtspunkte
a) Tat unter Ziffer C. II. 1. – E-Post
582
Hinsichtlich des unter Ziffer C. II. 1 festgestellten Sachverhalts der Beihilfe zur Urkundenfälschung in 18 tatmehrheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit einem weiteren Fall, ist der Strafrahmen grundsätzlich jeweils § 267 Abs. 1 StGB zu entnehmen und reicht von Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren.
583
Der Normalstrafrahmen war aber jeweils gemäß § 27 Abs. 2 StGB nach Maßgabe des § 49 Abs. 1 StGB zwingend zu mildern, da der Angeklagte sich lediglich der Beihilfe zur Urkundenfälschung schuldig gemacht hat. Der so gemilderte Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB reicht von Geldstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe.
584
Der Strafrahmen kann vorliegend wegen des vertypten Strafmilderungsgrundes gem. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB weiter gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen entsprechend aus. Schulderhöhende Umstände waren nicht festzustellen. Aufgrund der Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten, die bereits zu einer fortgeschrittenen Depravation geführt hat, erschien die Ermessensausübung zugunsten des Angeklagten angemessen. Der so erneut gemilderte Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB reicht von Geldstrafe bis zu 2 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe.
585
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
586
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer jeweils folgende Umstände:
587
Der Angeklagte hat den Sachverhalt zu Beginn der Hauptverhandlung umfassend eingeräumt und konnte damit insbesondere zur Prozessbeschleunigung beitragen. Auch hat er sich mit der formlosen Einziehung – auch werthaltiger Gegenstände wie u.a. seinem Smartphone – einverstanden erklärt.
588
Zu Lasten berücksichtigte die Kammer die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Auch das konspirative Vorgehen bewertete die Kammer negativ für den Angeklagten. Berücksichtigt wurde ferner hinsichtlich des Falles, in dem tateinheitlich ein weiterer Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung tritt (C. II. 1. h), dass es sich insoweit um zwei Fälle handelt. Ferner wurden die zahlreichen Vorahndungen des Angeklagten zu dessen Lasten berücksichtigt.
b) Tat unter Ziffer C. II. 3. – Impfausweis
589
Für die Urkundenfälschung betreffend des Impfausweises (C. II. 3.) findet der Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB Anwendung; dieser reicht von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Der Strafrahmen kann vorliegend wegen des vertypten Strafmilderungsgrundes gem. §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen entsprechend zu Gunsten des Angeklagten aus. Die Kammer legt daher für die Fälschung des Impfausweises gemäß §§ 267 Abs. 1, 21, 49 Abs. 1 StGB den Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe zu Grunde.
590
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
591
Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer zugunsten des Angeklagten sein umfassendes Geständnis, das auch erheblich zur Beschleunigung des Verfahrens beigetragen hat. Er hat sich mit der formlosen Einziehung auch einer Vielzahl von werthaltigen Gegenständen – wie bspw. seinem Smartphone, aber auch einem Tablet – einverstanden erklärt hat. Weiterhin war auch die untergeordnete Rolle des Angeklagten bei den Taten im Zusammenhang mit COVID-Schutzimpfungen positiv zu berücksichtigten.
c) Tat unter Ziffer C. II. 3. – Impfausweis
592
Bezüglich der Urkundenfälschung im Zusammenhang mit dem Impfausweis des anderweitig Verfolgten (C. II. 3.) findet der Strafrahmen des § 267 Abs. Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB Anwendung; er reicht von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe. Nach Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Umstände kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Regelfallwirkung nicht entkräftet wird und mithin nicht der Grundstrafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB zu entnehmen ist, welcher einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 5 Jahren vorsieht.
593
Wie unter F. III. 4. dargelegt hat sich der Angeklagte durch die Urkundenfälschung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang bewusst geschaffen bzw. schaffen wollen und damit die Urkundenfälschung gewerbsmäßig begangen.
594
Die Kammer bejaht unter Abwägung der allgemeinen Strafmilderungsgründe die Indizwirkung des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB im Rahmen der Gesamtabwägung aller bedeutsamer tat- und täterbezogenen Umstände.
595
Die Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung ergab, dass das Tatbild einschließlich aller subjektiver Momente und unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle der Urkundenfälschung nicht in einem so erheblichen Maß zu Gunsten des Angeklagten abwich, dass von einer Anwendung des verschärften Strafrahmens des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB abzusehen war.
596
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller bedeutsamen tat- und täterbezogenen Umstände ist zunächst zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass diese die Tat umfassend eingeräumt hat, wodurch auch der Prozess erheblich beschleunigt werden konnte. Er hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl auch werthaltiger Gegenstände einverstanden erklärt. Weiterhin wurde die untergeordnete Rolle des Angeklagten im Zusammenhang mit COVID-Schutzimpfungen zu Gunsten berücksichtigt.
597
Strafschärfend berücksichtigte die Kammer die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Auch die zahlreichen Vorahndungen des Angeklagten berücksichtigte die Kammer zu Lasten.
598
Im Rahmen der Gesamtabwägung berücksichtigte die Kammer sodann, dass ein Verzicht auf die Anwendung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle gemäß § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB auch nicht unter Rückgriff auf die nicht ausschließbar gegebene erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB begründet werden kann. Der Strafrahmen kann jedoch gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen diesbezüglich zu Gunsten des Angeklagten aus; der so gemilderte Strafrahmen reicht von einem Monat bis zu 7 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe.
599
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
600
Die für die Anwendung des Strafrahmens des besonders schweren Falles dargelegten Umstände waren auch maßgeblich für die Strafzumessung im engeren Sinne.
d) Tat unter Ziffer C. II. 10. – Impfausweis
601
Für die gewerbsmäßige Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung (Ziffer C. II. 10.) ist der Strafrahmen dem Qualifikationstatbestand des § 275 Abs. 2 StGB zu entnehmen und reicht von 3 Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe; die tateinheitlich verwirklichte Beihilfe zur Urkundenfälschung tritt dahinter gemäß § 52 Abs. 2 StGB zurück.
602
Der Strafrahmen kann – aufgrund der fortgeschrittenen Depravation des Angeklagten – gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen diesbezüglich zu Gunsten des Angeklagten aus; der so gemilderte Strafrahmen reicht von einem Monat bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe.
603
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
604
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer folgende Umstände:
605
Zu Gunsten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass dieser die Tat umfassend eingeräumt hat, wodurch auch der Prozess erheblich beschleunigt werden konnte. Er hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger wie u.a. seinem Smartphone – Gegenstände einverstanden erklärt. Auch die untergeordnete Rolle des Angeklagten im Zusammenhang mit der Herstellung falscher Impfausweise berücksichtigte die Kammer zugunsten des Angeklagten.
606
Strafschärfend berücksichtigte die Kammer, dass konspirative Vorgehen der Angeklagten und die daraus resultierende kriminelle Energie. Darüber hinaus berücksichtigte die Kammer auch zu Lasten des Angeklagten die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Auch hat der Angeklagte durch die Tat zwei Urkundsdelikte tateinheitlich begangen. Darüber hinaus ist er bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten.
e) Tat unter Ziffer C. III. 2. – Marihuana Plantage H.
607
Für die Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Anbau von Betäubungsmitteln ist der Strafrahmen grundsätzlich §§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG i.V.m. § 38 Abs. 2 StGB zu entnehmen, dieser reicht von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe.
608
Die Kammer verneint zunächst unter Abwägung der allgemeinen Strafmilderungsgründe das Vorliegen eines minder schweren Falles gemäß des § 29a Abs. 2 BtMG im Rahmen der Gesamtabwägung aller bedeutsamer Umstände.
609
Bei einer gesamtschauenden Abwägung aller mildernden und erschwerenden Faktoren überwiegen die mildernden Umstände im konkreten Fall nicht derart, dass das Tatbild in seiner Gesamtheit so erheblich von dem Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle abweicht, dass die Anwendung des gemilderten Strafrahmens geboten erscheint. Im Rahmen der bei der Prüfung eines minder schweren Falles vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Bewertung der Tat und des Beteiligten in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen.
610
Zugunsten des Angeklagten berücksichtigte die Kammer bei der gebotenen Gesamtwürdigung dabei, zunächst das Geständnis des Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung. Er handelte aufgrund eigener Betäubungsmittelabhängigkeit und ist nunmehr therapiebereit. Positiv zu werten ist weiter, dass sich die Tat auf Marihuana eine sog. „weiche Droge“ bezogen hat. Sämtliche Betäubungsmittel konnten polizeilich sichergestellt werden und sind nicht in den Verkehr gelangt, konnten mithin ihr Gefahrenpotential nicht entfalten.
611
Zulasten des Angeklagten wertete die Kammer, dass dieser bereits mehrfach – auch einschlägig – in Erscheinung getreten. Auch die deutliche Überschreitung der nicht geringen Menge wertete die Kammer zu Lasten des Angeklagten.
612
Im Rahmen der Gesamtabwägung berücksichtigte die Kammer sodann, dass die Anwendung des Strafrahmens eines minder schweren Falles gemäß § 29a Abs. 2 BtMG – insbesondere aufgrund der zahlreichen Vorahndungen – auch nicht unter zusätzlicher Berücksichtigung des vertypten Strafmilderungsgrundes der Beihilfe gemäß §§ 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB sowie unter Zuhilfenahme des Weiteren vertypten Strafmilderungsgrundes aus §§ 21, 49 Abs. 1 StGB. Vielmehr erscheint es angemessen, die Strafe nach dem zwingenden Milderungsgrund des § 27 Abs. 2 StGB dem nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen. Dieser reicht von 3 Monaten bis zu 11 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe. Weiterhin übt die Kammer auch das Ermessen betreffend einer weiteren Strafmilderungsgrund aufgrund der vorliegenden erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten aus, §§ 21, 49 Abs. 1 StGB. Der Strafrahmen reicht daher von 1 Monat bis zu 8 Jahren und 5 Monaten Freiheitsstrafe.
613
Dass der Angeklagte gedacht haben mag, in Deutschland sei der Cannabisanbau legal, stellt einen vermeidbaren unbeachtlichen Verbotsirrtum dar, § 17 StGB. Dass er diesen Schluss allein aufgrund des offenen Umgangs mit Cannabis im Hause gezogen haben mag, er im Übrigen auch nie versucht hat, beispielsweise mit seinen Freunden dies zu thematisieren, lässt die Kammer ihr Ermessen dahingehend ausüben, dass keine Milderung aus §§ 17 S. 2, 49 Abs. 1 StGB angezeigt ist. Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
614
Sämtliche der für die Gesamtbetrachtung betreffend eines minder schweren Falls in Betracht gezogenen Strafzumessungsgesichtspunkte waren auch maßgebend für die Strafzumessung im engeren Sinne. Die Kammer berücksichtigte hierbei ferner auch die untergeordnete Rolle der Beihilfehandlung des Angeklagten, welche als „helfender Charakter“ Ausdruck für seine Dankbarkeit ist, dass er eine Arbeit in Aussicht hat und freie Kost und Logis vom anderweitig Verfolgten erhält.
f) Tat unter Ziffer C. III. 3. – Fund
615
Für das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist der Strafrahmen grundsätzlich nach § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen, wonach eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren in Betracht kommt.
616
§ 29a Abs. 2 BtMG sieht für minder schwere Fälle des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG eine Strafrahmenverschiebung zu Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Dabei ist zur Prüfung der Frage, ob ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Hierfür sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichviel ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Dabei müssen auch die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Tatmotive und die seine Tat begleitenden Umstände gewürdigt werden (st. Rspr.).
617
Zu Gunsten des Angeklagten sind dabei die folgenden Umstände zu werten:
618
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung umfassend geständig gezeigt. Er handelte aufgrund seiner eigenen Betäubungsmittelabhängigkeit und ist nunmehr therapiebereit. Positiv ist weiter zu werten, dass die Betäubungsmittel polizeilich sichergestellt wurden, demnach also nicht in den Verkauf gelangt sind und mithin ihr Gefahrenpotential nicht entfalten konnten. Soweit sich die Tat auf Marihuana bezog, ist ferner zu berücksichtigten, dass es sich dabei um eine sog. „weiche Droge“ handelt.
619
Schließlich wirkt sich auch zu Gunsten des Angeklagten aus, dass er sich im Rahmen der Hauptverhandlung mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl auch werthaltiger Gegenstände, wie beispielsweise Mobiltelefone und einem Tablet, einverstanden erklärt hat.
620
Zu Lasten des Angeklagten sind die folgenden Umstände zu berücksichtigen:
621
Die nicht geringe Menge wurde hinsichtlich der festgestellten Tat um ein Vielfaches überschritten. Der Angeklagte ist bereits mehrfach strafrechtlich – auch einschlägig stets aber im Zusammenhang mit Beschaffungskriminalität – in Erscheinung getreten. Auch hat der Angeklagte tateinheitlich zwei Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz begangen.
622
Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorgenannter Umstände kommt die Kammer zu der Überzeugung, dass ein minder schwerer Fall gemäß § 29a Absatz 2 BtMG nicht angenommen werden kann. Die Gesamtwürdigung unter Einschluss dieser Umstände ergibt, dass die Tat sich nicht in einem Maß von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des gemilderten Strafrahmens des § 29a Abs. 2 BtMG geboten erscheint.
623
Im Rahmen der Gesamtabwägung berücksichtigte die Kammer sodann, dass die Anwendung des Strafrahmens für minder schwere Fälle gemäß § 29a Abs. 2 BtMG auch nicht unter Rückgriff auf die erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB begründet werden kann. Der Strafrahmen kann jedoch gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen diesbezüglich zu Gunsten des Angeklagten aus; der so gemilderte Strafrahmen reicht von 3 Monaten bis zu 11 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe.
624
Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
625
Sämtliche der für die Gesamtbetrachtung betreffend eines minder schweren Falls in Betracht gezogenen Strafzumessungsgesichtspunkte waren auch maßgebend für die Strafzumessung im engeren Sinne.
g) Tat unter Ziffer C. III. 4. – Besitz von Marihuana
626
Für die unter Ziffer C. III. 4. festgestellte Tat ist der Strafrahmen grundsätzlich § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG zu entnehmen und reicht von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
627
Der Strafrahmen kann aufgrund der erheblich verminderten Schuldfähigkeit gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert werden und die Kammer übt ihr Ermessen entsprechend zu Gunsten des Angeklagten aus. Der so gemilderte Strafrahmen reicht von Geldstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe.
628
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer folgende Aspekte:
629
Der Angeklagte hat sich zu Beginn der Hauptverhandlung geständig gezeigt und hat so zu einem schlanken Prozess beigetragen. Er handelte aufgrund eigener Betäubungsmittelabhängigkeit und ist nunmehr therapiebereit. Die Betäubungsmittel konnten polizeilich sichergestellt werden; zudem handelt es sich bei Marihuana um eine sog. „weiche Droge“. Darüber hinaus hat sich der Angeklagte mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger Gegenstände – einverstanden erklärt.
630
Zu Lasten des Angeklagten berücksichtigte die Kammer dessen zahlreiche – teilweise auch einschlägigen – Vorahndungen.
631
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden unter G. IV. 1. a) bis G. IV. 1. g) angeführten Strafzumessungsgesichtspunkte erachtet die Kammer unter Anwendung der jeweils maßgeblichen Strafrahmen und – hinsichtlich der Betäubungsmitteldelikte – unter besonderer Berücksichtigung der Art, Qualität und Menge der Betäubungsmittel und bei Gewichtung der Taten untereinander für die Taten folgende Einzelstrafen als tat- und schuldangemessen:
- für die 17 Fälle der Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 1. mit Ausnahme der Ziffer C. II. 1. h)): jeweils eine Freiheitsstrafe von 5 Monaten
- für den Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 1. h)): eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für die Herstellung des Impfausweises (C. II. 3.): eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für die Herstellung des Impfausweises (C. II. 3.): eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten
- für die Vorbereitung eines gefälschten Impfausweises in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 10.): eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten
- für die Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Anbau von Betäubungsmittel (Tatkomplex Plantage H., C. III. 2.): eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten
- für das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (C. III. 3.): eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten
- für den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln (C. III. 4.): eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen
632
Die Tagessatzhöhe bestimmt sich gem. § 40 Abs. 2 und Abs. 3 StGB unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten, wobei hier einfloss, dass der Angeklagte in Haft keinerlei Einkünfte erzielt hat und über kein wesentliches eigenes Vermögen verfügt. Es erschienen daher 5 Euro als Tagessatzhöhe ausreichend, aber auch erforderlich.
633
Gemäß § 47 Abs. 1 StGB hat die Kammer für die Taten aus C. II. 1. (E-Post-Fälle) jeweils eine kurze Freiheitsstrafe verhängt, weil besondere Umstände in der Tat, aber auch der Persönlichkeit des Angeklagten vorliegen, die die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Angeklagten und auch zur Verteidigung der Rechtsordnung aus spezial- und generalpräventiven Gründen unerlässlich machen. Es handelt sich jeweils um eine Vielzahl gleichgelagerter Delikte im Zusammenhang mit COVIDSchutzimpfungen. Die Fälschungen von Impfausweisen erfolgte in einer angespannten Pandemielage, in welcher die gesamte Bevölkerung massiv unter den gravierenden Auswirkungen der Pandemie, aber auch der Gefahren des Sars-Cov-2-Virus litt. Der Angeklagte stellte seine eigenen Interessen über die Gesundheit der Bevölkerung, womit den konkret vorliegenden Taten besondere Bedeutung für den Rechtsgüterschutz – insbesondere der Volksgesundheit – zukommt.
634
Folglich erscheint nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände vorliegend die Ahndung der vorbenannten Taten jeweils mittels einer Freiheitstrafe zwingend erforderlich.
635
Aus diesen Einzelstrafen ist gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter Berücksichtigung und nochmaliger Abwägung aller unter G. IV. 1. a) bis G. IV. 1. f) im Einzelnen ausgeführten Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung insbesondere der Persönlichkeit des Täters, seines Gesamtverhaltens, seiner Tatmotive und der seine Taten begleitenden Umstände erkannte die Kammer gemäß § 54 StGB unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 5 Monaten als tat- und schuldangemessen. Von besonderer Bedeutung war für die Kammer dabei, dass beim Angeklagten die Therapiebereitschaft besonders ausgeprägt ist: Der Angeklagte ist schwer krank und weiß, dass ihm nur eine erfolgreiche Suchttherapie helfen kann. Deswegen hat er bereits in der Untersuchungshaft in hiesiger Sache damit begonnen, die deutsche Sprache zu erlernen, damit er auch umfassend von einer Therapie profitieren kann.
636
Es bedarf auch hier zunächst der Bestimmung der jeweils anzuwendenden Strafrahmen, bevor innerhalb von diesen konkrete Einzelstrafen sodann eine Gesamtstrafe gebildet werden kann.
1. Strafrahmenwahl und Strafzumessung im engeren Sinne
a) Taten unter Ziffer C. II. 1. – E-Post-Fälle:
637
Hinsichtlich des unter Ziffer C. II. 1 festgestellten Sachverhalts der Beihilfe zur Urkundenfälschung in 18 tatmehrheitlichen Fällen in einem Fall davon in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung, ist der Strafrahmen grundsätzlich jeweils § 267 Abs. 1 StGB zu entnehmen und reicht von Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren.
638
Der Normalstrafrahmen war aber jeweils gemäß § 27 Abs. 2 StGB nach Maßgabe des § 49 Abs. 1 StGB zwingen zu mildern, da die Angeklagte sich nur der Beihilfe zur Urkundenfälschung schuldig gemacht hat. Der so gemilderte Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB reicht von Geldstrafe bis zu 3 Jahren und 9 Monaten Freiheitsstrafe.
639
Eine weitere vertypte Strafmilderung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB kam nicht in Betracht, da bei der Angeklagten bei keiner der Taten eine erhebliche Beeinträchtigung oder eine Aufhebung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Tatbegehung festgestellt werden konnte. Weitere vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht erkennbar.
640
Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer zugunsten der Angeklagten, dass frühe, umfängliche und von Reue getragene Geständnis der Angeklagten, das auch maßgeblich zur Beschleunigung des Verfahrens beigetragen hat; dieses hat auch bereits maßgeblich zur Beschleunigung im Ermittlungsverfahren beigetragen. Durch dieses Geständnis wurde bereits früh die Rollenverteilung innerhalb der Gruppe und der Zusammenhalt klar. Die Angeklagte ist bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Auch ihr eher untergeordneter Beitrag zur Tat wirkt sich zugunsten der Angeklagten aus. Sie hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger wie u.a. ihrem iPhone – Gegenstände einverstanden erklärt.
641
Zu Lasten berücksichtigte die Gefahr für die Volksgesundheit, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise in der zum Tatzeitpunkt besonders angespannten Pandemielage einhergeht. Berücksichtigt wurde ferner hinsichtlich des Falles, in dem tateinheitlich ein weiterer Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung tritt, dass es sich insoweit um zwei Fälle handelt.
b) Taten unter Ziffer C. II. 2. – digitale COVID-Impfzertifikate:
642
Hinsichtlich der unter Ziffer C. II. 2. festgestellten Taten der unrichtigen Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung in 1.018 Fällen ist der Strafrahmen grundsätzlich § 75a Abs. 1 IfSG [i.d. Fassung v. 01.06.2021] zu entnehmen und reicht von Geldstrafe bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe.
643
Vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
644
Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer zugunsten der Angeklagten neben ihrem frühen Geständnis, dass sie durch ihre Angaben zur Ermittlung des anderweitig Verfolgten beigetragen hat. Zwar sind die formalen Anforderungen des § 46b StGB nicht gegeben, gleichwohl muss dieser Umstand auf der Ebene der Zumessung deutlich zugunsten der Angeklagten einfließen. Auch konnte durch ihr Geständnis das Verfahren erheblich beschleunigt werden. Sie ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten – ihr Auszug aus dem Bundeszentralregister enthält keinerlei Eintragungen. Auch ihre lediglich untergeordnete Rolle in den Vertrieb und ihr Einverständnis mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger Gegenstände wie u.a. ihrem iPhone – berücksichtigte die Kammer positiv.
645
Zu Lasten wirkte sich die Gefahr für die Volksgesundheit in der zum Tatzeitpunkt angespannten Pandemielage, die mit dem Vertrieb falscher digitaler COVIDImpfzertifikate für nicht geimpfte Personen einhergeht, aus.
c) Tat unter Ziffer C. II. 3. – Impfausweis
646
Für die Urkundenfälschung betreffend des Impfausweises (C. II. 3.) findet der Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB Anwendung; dieser reicht von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
647
Vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
648
Im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer zugunsten der Angeklagten ihr frühes, umfassendes Geständnis, das auch erheblich zur Beschleunigung des Verfahrens beigetragen hat. Sie ist strafrechtlich bisher noch nicht in Erscheinung getreten. Ferner berücksichtigte die Kammer zugunsten der Angeklagten, dass diese sich mit der formlosen Einziehung auch einer Vielzahl von werthaltigen Gegenständen – wie bspw. ihrem Smartphone – einverstanden erklärt hat.
649
d) Tat unter Ziffer C. II. 3. – Impfausweis Bezüglich der Urkundenfälschung im Zusammenhang mit dem Impfausweis des anderweitig Verfolgten (C. II. 3.) findet der Strafrahmen des § 267 Abs. Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB Anwendung; er reicht von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe. Nach Gesamtwürdigung aller in Betracht kommenden Umstände kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Regelfallwirkung nicht entkräftet wird und mithin nicht der Grundstrafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB zu entnehmen ist, welcher einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 5 Jahren vorsieht.
650
Wie unter F. III. 4. dargelegt hat sich die Angeklagte durch die Urkundenfälschung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang bewusst geschaffen bzw. schaffen wollen und damit die Urkundenfälschung gewerbsmäßig begangen.
651
Die Kammer bejaht unter Abwägung der allgemeinen Strafmilderungsgründe die Indizwirkung des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB im Rahmen der Gesamtabwägung aller bedeutsamer tat- und täterbezogenen Umstände.
652
Die Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung ergab, dass das Tatbild einschließlich aller subjektiver Momente und unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle der Urkundenfälschung nicht in einem so erheblichen Maß zu Gunsten der Angeklagten abwich, dass von einer Anwendung des verschärften Strafrahmens des § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB abzusehen war.
653
Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller bedeutsamen tat- und täterbezogenen Umstände ist zunächst zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigen, dass diese die Taten umfassend eingeräumt hat, wodurch auch der Prozess erheblich beschleunigt werden konnte. Die Angeklagte ist ferner bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sie hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger wie u.a. ihrem iPhone – Gegenstände einverstanden erklärt.
654
Strafschärfend berücksichtigte die Kammer die Gefahr für die Volksgesundheit in der zum Tatzeitpunkt angespannten Pandemielage, die mit dem Vertrieb falscher Impfausweise für nicht geimpfte Personen einhergeht.
655
Vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
656
Die für die Anwendung des Strafrahmens des besonders schweren Falles dargelegten Umstände waren auch maßgeblich für die Strafzumessung im engeren Sinne.
e) Taten unter Ziffern C. II. 5. – C. II. 8.:
657
Für die gewerbsmäßige Vorbereitung der Fälschung unrichtiger Impfausweise in fünf Fällen ist der Strafrahmen jeweils dem Qualifikationstatbestand des § 275 Abs. 2 StGB zu entnehmen, welcher einen Strafrahmen von 3 Monaten bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe vorsieht.
658
Vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
659
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer folgende Umstände:
660
Zu Gunsten der Angeklagten ist zu berücksichtigen, dass diese die Taten umfassend eingeräumt hat, wodurch auch der Prozess erheblich beschleunigt werden konnte. Die Angeklagte ist ferner bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sie hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger wie u.a. ihrem iPhone – Gegenstände einverstanden erklärt.
661
Strafschärfend berücksichtigte die Kammer, dass konspirative Vorgehen der Angeklagten, was sich insbesondere durch die verschiedenen Bezeichnungen der Impfausweise zeigte, und die daraus resultierende kriminelle Energie.
f) Tat unter Ziffer C. II. 9. – Gebrauchen des eigenen gefälschten Impfausweises:
662
Für die Vorlage ihres gefälschten Impfausweises in einer Gaststätte in W. – wie unter Ziffer C. II. 9. festgestellt – ist der Strafrahmen § 267 Abs. 1 StGB zu entnehmen und reicht von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
663
Vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
664
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer folgende Aspekte:
665
Zu Gunsten der Angeklagten wirkte sich deren frühes und umfassendes Geständnis aus. Sie hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger wie u.a. ihrem iPhone – Gegenstände einverstanden erklärt. Die Angeklagte ist strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten.
g) Tat unter Ziffer C. II. 10. – Impfausweis:
666
Für die gewerbsmäßige Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung (Ziffer C. II. 10.) ist der Strafrahmen dem Qualifikationstatbestand des § 275 Abs. 2 StGB zu entnehmen und reicht von 3 Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe; die tateinheitlich verwirklichte Beihilfe zur Urkundenfälschung tritt dahinter gemäß § 52 Abs. 2 StGB zurück.
667
Vertypte Strafmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.
668
Für die Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigte die Kammer folgende Umstände.
669
Zu Gunsten der Angeklagten war zu berücksichtigen, dass diese die Taten umfassend eingeräumt hat, wodurch auch der Prozess erheblich beschleunigt werden konnte. Die Angeklagte ist ferner bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. Sie hat sich mit der formlosen Einziehung einer Vielzahl – auch werthaltiger wie u.a. ihrem iPhone – Gegenstände einverstanden erklärt.
670
Strafschärfend berücksichtigte die Kammer, dass konspirative Vorgehen der Angeklagten, was sich insbesondere durch die verschiedenen Bezeichnungen der Impfausweise zeigte, und die daraus resultierende kriminelle Energie.
671
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden unter G. V. 1. a) bis G. V. 1. j) angeführten Strafzumessungsgesichtspunkte erachtet die Kammer unter Anwendung der jeweils maßgeblichen Strafrahmen und bei Gewichtung der Taten untereinander für die Taten folgende Einzelstrafen als tat- und schuldangemessen:
- für die 17 Fälle der Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 1. mit Ausnahme der Ziffer C. II. 1. h)): jeweils eine Freiheitsstrafe von 5 Monaten
- für den Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung in Tateinheit mit einem weiteren Fall der Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 1. h)): eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für die unrichtige Bescheinigung der Durchführung einer Schutzimpfung (C. II. 2. – digitale COVID-Impfzertifikate): jeweils eine Freiheitsstrafe von 2 Monaten
- für die Herstellung des Impfausweises (C. II. 3.): eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für die Herstellung des Impfausweises (C. II. 3.): eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten
- für die Vorbereitung eines gefälschten Impfausweises (C. II. 5.).: eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für die Vorbereitung eines gefälschten Impfausweises (C. II. 6.).: eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für die Vorbereitung eines gefälschten Impfausweises (C. II. 7.).: eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für die Vorbereitung eines gefälschten Impfausweises (C. II. 8.).: eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten
- für das Gebrauchen ihres gefälschten Impfausweises (C. II. 9.): eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen
- für die Vorbereitung eines gefälschten Impfausweises in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung (C. II. 10.): eine Freiheitsstrafe von 8 Monaten
672
Die Tagessatzhöhe bestimmt sich gem. § 40 Abs. 2 und Abs. 3 StGB unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Angeklagten, wobei hier zum einen einfloss, dass die Angeklagte derzeit keiner Beschäftigung nachgeht. Es erschienen daher 15 Euro als Tagessatzhöhe ausreichend, aber auch erforderlich.
673
Gemäß § 47 Abs. 1 StGB hat die Kammer für die Taten aus C. II. 1. (E-Post-Fälle) sowie die Taten aus Ziffer C. II. 2. (digitale COVID-Impfzertifikate) jeweils eine kurze Freiheitsstrafe verhängt, weil besondere Umstände in der Tat, aber auch der Persönlichkeit der Angeklagten vorliegen, die die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf die Angeklagte und auch zur Verteidigung der Rechtsordnung aus spezial- und generalpräventiven Gründen unerlässlich machen. Es handelt sich jeweils um eine Vielzahl gleichgelagerter Delikte im Zusammenhang mit COVIDSchutzimpfungen. Die Fälschungen von Impfausweisen, sowie digitaler Impfzertifikate erfolgte in einer angespannten Pandemielage, in welcher die gesamte Bevölkerung massiv unter den gravierenden Auswirkungen der Pandemie, aber auch der Gefahren des Sars-Cov-2-Virus litt. Die Angeklagte stellte ihre eigenen privaten Interessen über die Gesundheit der Bevölkerung, womit den konkret vorliegenden Taten besondere Bedeutung für den Rechtsgüterschutz – insbesondere der Volksgesundheit – zukommt.
674
Folglich erscheint nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände vorliegend die Ahndung der vorbenannten Taten jeweils mittels einer Freiheitstrafe zwingend erforderlich.
675
Aus diesen Einzelstrafen ist gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden. Unter Berücksichtigung und nochmaliger Abwägung aller unter G. V. 1. a) bis G. V. 1. j) im Einzelnen ausgeführten Strafzumessungsgesichtspunkte und unter besonderer Berücksichtigung insbesondere der Persönlichkeit des Täters, seines Gesamtverhaltens, seiner Tatmotive und der seine Taten begleitenden Umstände erkannte die Kammer gemäß § 54 StGB unter maßvoller Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe von 9 Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten als tat- und schuldangemessen. Hierbei wurde insbesondere neben dem Geständnis auch berücksichtigt, dass die Angeklagten sich durch die Vielzahl an Taten im Zusammenhang mit COVID-Schutzimpfungen einer Vielzahl an verschiedensten Delikten strafbar gemacht haben.
4. Aussetzung zur Bewährung
676
Die Vollstreckung der verhängten Strafe konnte gemäß § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden.
677
Die Kammer hat die begründete Erwartung, dass die Angeklagte künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird, so dass eine positive Sozialprognose i.S.d. § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden kann. Dies folgt zum einen daraus, dass die Angeklagte ausweislich ihres Auszugs aus dem Bundeszentralregister keinerlei Vorahndungen hat. Sie weist feste und belastbare soziale Strukturen auf. Sie verfügt über einen festen Wohnsitz und ist eng mit ihrer Familie verbunden. Ferner hat ihr die Untersuchungshaft nachvollziehbar glaubhaft vor Augen geführt, wohin ihr strafbares Verhalten hätte führen können.
678
Die Kammer sieht angesichts der verhängten Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monate vorliegend besonderen Umständen von erheblichem Gewicht gemäß § 56 Abs. 2 StGB, die sich von den durchschnittlichen Strafmilderungsgründen zum einen abheben und darüber hinaus in ihrer Summierung eine Relevanz erreichen, die die Aussetzung zur Bewährung rechtfertigt.
679
Die Angeklagte ist nicht vorbestraft. Die erlittene Untersuchungshaft von rund 2 Monaten hat die Angeklagte nachhaltig beeindruckt. Maßgeblich zu diesem Gesamteindruck hat auch das frühe, umfassende Geständnis der Angeklagten, das von Reue und Schuldeinsicht getragen ist, beigetragen. Dieses Geständnis hatte nach Einschätzung der Kammer auch einen reinigenden Charakter. Die Angeklagte möchte zudem nach Abschluss des Verfahrens auch wieder einer geregelten Tätigkeit nachgehen, nachdem sie sich bereits aus eigenem Antrieb Hilfe betreffend ihre psychischen Probleme gesucht hat.
680
Auch die Verteidigung der Rechtsordnung gebietet die Vollstreckung der Strafe nicht, § 56 Abs. 3 StGB. In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, dass die Angeklagte mit ihren frühen Angaben auch dazu beigetragen hat, Aufklärung hinsichtlich des anderweitig Verfolgten zu leisten.
H. Maßregeln gemäß § 64 StGB
681
Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt war anzuordnen, da die Voraussetzungen des § 64 StGB vorliegen und Gründe, die für eine Abweichung von der gesetzlichen Sollvorschrift sprechen würden, nicht ersichtlich sind.
682
Sachverständig beraten durch den psychiatrischen Sachverständigen Dr., welcher der Kammer aus einer Vielzahl von Verfahren als äußerst erfahren und sachkundig bekannt ist, gelangte die Kammer zu der Überzeugung, dass bei dem Angeklagten ein Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, im Sinne des § 64 StGB vorliegt.
683
Von einem Hang ist auszugehen, wenn eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung (noch) nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein Konsum „im Übermaß“ liegt vor, wenn der Täter berauschende Mittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt wird (BGH NStZ 2007, 697). Ausreichend ist aber bereits, wenn der Betroffene auf Grund seiner physischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint, was insbesondere bei sogenannter Beschaffungskriminalität zu bejahen ist (BGH, Beschluss v. 26.10.2016 – 1 StR 480/16).
684
Der Sachverständige Dr. führte insoweit aus, dass bei dem Angeklagten die Diagnose einer Amphetaminabhängigkeit im Sinne von ICD-10: F 15.2, sowie ein schädlicher Gebrauch von Kokain im Sinne von ICD-10: F14.1 vorliege. Dabei konnte der Sachverständige bei dem Angeklagten bereits eine kokainsowie amphetaminbedingte beginnende Verhaltens- und Wesensveränderung im Zeitraum der verfahrensgegenständlichen Taten feststellen. Unter anderem sei es beim Angeklagten durch den Konsum von Kokain und Amphetamin bereits zu psychischen, körperlichen und auch sozialen Folgen gekommen; ihm sei es nicht mehr möglich gewesen lösungsorientiert zu arbeiten, er habe sich zwar einen Rahmen geschaffen, in welchem eine Tagesstruktur erkennbar war, dennoch aber den gesamten Tag mit dem Konsum von Betäubungsmitteln verbracht. Hinzu komme ein pathologisches Glückspielen – überwiegend in Online-Casinos – im Sinne von ICD-10 F63.0.
685
Die Verhaltens- und Wesensveränderung sei inzwischen zwar rückläufig, dies sei aber überwiegend der geschützten Umgebung durch die Inhaftierung des Angeklagten geschuldet. Eine vollständige Remission sei nicht eingetreten.
686
Die Kammer schließt sich dieser Bewertung des gerichtsbekannt erfahrenen Sachverständigen aufgrund eigener Überzeugungsbildung und insbesondere im Hinblick darauf, dass Beschaffung und Konsum wesentlicher Bestandteil des Lebens des Angeklagten waren, an.
2. Symptomatischer Zusammenhang
687
Es besteht auch ein symptomatischer Zusammenhang zwischen Hang und den verfahrensgegenständlichen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie den Taten im Zusammenhang mit COVID-Schutzimpfungen.
688
Eine Tat hat dann Symptomcharakter, wenn sie in dem Hang ihre Wurzel findet, also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln hat und damit zumindest mitursächlich auf den Hang zurückgeht (vgl. BGH NStZ-RR 2016, 113, 114).
689
Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. und des Angeklagten selbst hat dieser die Taten maßgeblich wegen des bestehenden Suchtdrucks und zur Finanzierung seiner eigenen Sucht – auch der Spielsucht, die mit dem Konsum von Betäubungsmitteln einherging – begangen. Der Angeklagte befand sich während des Tatzeitraums aufgrund seiner Arbeitslosigkeit in einer schlechten finanziellen Situation. Sein suchtbedingter Bedarf – insbesondere an Amphetamin – war hoch und damit auch die Geldmittel, die der Angeklagte zum Erwerb der Betäubungsmittel benötigte.
3. Prognose der Wiederholungsgefahr
690
Die Kammer kam, auch hier sachverständig beraten durch den psychiatrischen Sachverständigen Dr., zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte ohne eine Therapie zur Bekämpfung seines Drogenmissbrauchs in Folge seines Hangs mit großer Wahrscheinlichkeit zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten wie die verfahrensgegenständlichen Taten begehen wird. Ohne eine Therapie würde sich der Angeklagte wohl zumindest wieder an Betäubungsmittelgeschäften üben, um seinen Eigenkonsum zu finanzieren.
4. Hinreichend konkrete Erfolgsaussicht
691
Eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht einer langfristigen therapeutischen Behandlung des Angeklagten zur Überwindung seiner Betäubungsmittelabhängigkeit besteht zur Überzeugung der Kammer. Der Angeklagte hat seine Therapiemotivation zur Absolvierung einer entsprechenden stationären Maßnahme sowohl in der Hauptverhandlung als auch dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. W3. gegenüber deutlich und glaubhaft geäußert.
692
Auch die Kammer ist überzeugt von der bestehenden intrinsischen Therapiemotivation des Angeklagten. Bereits während der Inhaftierung in hiesiger Sache hat der Angeklagte Kontakt zu Therapieeinrichtungen aufgenommen. Er will die Therapie nicht nur für sich selbst und seine Zukunft bewältigen, sondern auch zur Stabilisierung seiner sozialen Beziehungen, insbesondere zu seinem Sohn, den er zuletzt vor der Inhaftierung in hiesiger Sache gesehen hat. Die Kammer hat keine Zweifel an der vom Angeklagten geäußerten glaubhaften Therapiemotivation. Darüber hinaus spricht auch für eine konkrete Erfolgsaussicht der Unterbringung, dass der Angeklagte eine Therapie nach § 64 StGB bereits einmal erfolgreich abgeschlossen hat und danach 10 Jahre abstinent lebte. Dass er bereits eine Therapie nach § 64 StGB absolviert hat, steht einer erneuten Unterbringung nach § 64 StGB nicht entgegen (vgl. NStZ-RR 2007, 38f.).
693
Hinsichtlich der voraussichtlichen Therapiedauer folgt die Kammer den Einschätzungen des psychiatrischen Sachverständigen Dr., der insoweit davon ausgeht, dass bei dem Angeklagten mit einer Dauer von bis zu 2 Jahren zu rechnen ist.
694
In Anbetracht der Einschätzungen des Sachverständigen bejaht die Kammer das Vorliegen der Voraussetzungen der Maßregel nach § 64 StGB auch aus rechtlicher Sicht.
695
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht der Anordnung der Unterbringung gemäß § 64 StGB nicht entgegen.
696
Die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt war nicht anzuordnen, da bereits die Voraussetzungen des § 64 StGB nicht vorliegen.
697
Die Kammer kommt sachverständig beraten durch den psychiatrischen Sachverständigen Dr. zu der Überzeugung, dass bei der Angeklagten ein Hang berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen nicht vorliegt.
698
Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen Dr. bestand bei der Angeklagten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum keine Abhängigkeit von Amphetaminen, der Konsum sei vielmehr als schädlicher Gebrauch von Amphetamin im Sinne von ICD-10: F15.1 zu diagnostizieren. Hierfür spreche auch dass ausweislich der Angaben des toxikologischen Sachverständigen Prof. Dr. zuletzt der Konsum von Amphetamin weitgehend eingestellt wurde. Die Angeklagte habe nicht unter einem zwanghaften Konsum gelitten, auch sei es zu keinerlei Entzugssymptomen gekommen; wichtige Lebensbereiche wurden aufgrund des Konsums nicht vernachlässigt.
699
Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Dr, sowie der Ausführungen des gerichtsbekannten toxikologischen Sachverständigen Prof. Dr., kam die Kammer aufgrund eigener Überzeugungsbildung zu dem Ergebnis, dass bei der Angeklagten von einem schädlichen Konsum von Amphetamin auszugehen ist, der die Schwelle zu einem Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, nicht sicher festgestellt werden kann.
2. Keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht
700
Es liegt auch keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht einer langfristigen therapeutischen Behandlung der Angeklagten im Rahmen einer Unterbringung nach § 64 StGB vor.
701
Bereits die Einschätzung des Sachverständigen Dr. kommt zu dem Ergebnis, dass die Erfolgsaussichten im Rahmen einer Therapie nach § 64 StGB nicht gegeben sind. Der Konsum der Angeklagten sei lediglich als ein schädlicher Gebrauch zu qualifizieren. Eine therapeutische Maßnahme sei zwar angezeigt, die Maßnahme nach § 64 StGB sei aber für Suchterkrankungen, die bereits die Abhängigkeit erreichen ausgelegt. Zielführender sei aus psychiatrischer Sicht eine Maßnahme nach § 35 BtMG, bei welcher auch die weiteren psychischen Probleme der Angeklagten – insbesondere die wiederkehrende depressive Störung und die Panikstörungen – behandelt werden können.
702
Ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen Dr. sind aus forensischpsychiatrischer Sicht die Voraussetzungen einer Drogentherapie im Rahmen des § 64 StGB nicht gegeben. Die Kammer macht sich die Ausführungen hierzu zu eigen und verneint aufgrund eigener Abwägung das Vorliegen der begründeten Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolgs.
703
Von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB war abzusehen, da die Voraussetzungen des § 64 StGB nicht vorliegen.
704
Sachverständig beraten durch den psychiatrischen Sachverständigen Dr. gelangte die Kammer zu der Überzeugung, dass bei dem Angeklagten ein Hang berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, im Sinne des § 64 StGB nicht vorliegt.
705
Von einem Hang ist auszugehen, wenn eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung (noch) nicht den Grad physischer Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein Konsum „im Übermaß“ liegt vor, wenn der Täter berauschende Mittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt wird (BGH NStZ 2007, 697). Ausreichend ist aber bereits, wenn der Betroffene auf Grund seiner physischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint, was insbesondere bei sogenannter Beschaffungskriminalität zu bejahen ist (BGH, Beschluss vom 26.10.2016 – 1 StR 480/16).
706
Der Sachverständige Dr. führte insoweit aus, dass bei dem Angeklagten das Kriterium eines Hangs aus psychiatrischer Sicht nicht vorläge. Der Angeklagte habe einen schädlichen Gebrauch von Cannabis betrieben (ICD-10: F12.1), der jedoch keine Sucht im eigentlichen forensisch-psychiatrischen Sinne darstelle. Der Angeklagte habe – nach seinen Angaben – einen Joint täglich konsumiert und sei danach entspannter gewesen. Der Gebrauch sei als schädlich einzuordnen, weil er seinen Führerschein hierdurch verloren habe. Weitere schädliche Folgen oder Belastungen seien mit dem täglichen Konsum – je nach Verfügbarkeit – nicht einhergegangen. Dieses Kriterium reiche weder aus, um eine Abhängigkeit zu diagnostizieren, noch um für den schädlichen Gebrauch die Schwelle des Hangs zu überschreiten.
707
Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Dr. kam die Kammer aufgrund eigener Überzeugungsbildung und insbesondere im Hinblick darauf, dass der Angeklagte – seinen Angaben nach – eine weitgehende Kontrolle über seinen eigenen Konsum hatte, dass bei dem Angeklagten ein Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, nicht sicher festgestellt werden kann.
2. Keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht
708
Es bestehet aus Sicht der Kammer auch keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht einer langfristigen therapeutischen Behandlung des Angeklagten im Rahmen einer Therapie nach § 64 StGB. Bereits die Einschätzung des Sachverständigen Dr. kommt zu dem Ergebnis, dass die Erfolgsaussichten im Rahmen einer Therapie nach § 64 StGB aufgrund der fehlenden Therapiemotivation für eine Langzeittherapie nicht gegeben und auch nicht zu wecken sind. Der Angeklagte will „einfach nur seine Strafe absitzen“ und dann in seine Heimat in die Tschechische Republik zurückkehren.
709
Neben der fehlenden Therapiemotivation, welche die Erfolgsaussicht regelmäßig nicht vollständig ausschließt, spricht gegen eine Erfolgsaussicht, dass der vom Angeklagten betriebene Konsum nicht den Grad der Abhängigkeit erreicht, für welchen das Therapiemodell nach § 64 StGB ausgerichtet ist.
710
Ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen sind aus forensischpsychiatrischer Sicht die Voraussetzungen einer Drogentherapie nach § 64 StGB nicht gegeben. Die Kammer macht sich die Ausführungen des Sachverständigen hierzu zu eigen und verneint aufgrund eigener Abwägung das Vorliegen der begründeten Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolgs.
711
Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt war anzuordnen, da die Voraussetzungen des § 64 StGB vorliegen und Gründe, die für eine Abweichung von der gesetzlichen Sollvorschrift sprechen würden, nicht ersichtlich sind.
712
Sachverständig beraten durch den psychiatrischen Sachverständigen Dr. gelangte die Kammer zu der Überzeugung, dass auch bei dem Angeklagten ein Hang berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen vorliegt, § 64 StGB.
713
Hierzu führte der medizinische Sachverständige aus, dass bei dem Angeklagten die Diagnosen der multiplen Substanzabhängigkeit (ICD-10; F19.2), insbesondere von Opiaten, Cannabis und Amphetamin, sowie ein schädlicher Gebrauch von Alkohol (ICD10; F10.1) vorliegt. Der Sachverständige Dr. führte insoweit aus, dass auch beim Angeklagten bereits Abhängigkeitssymptome wie zwanghafter Konsum sowie ein weiterer Konsum trotz psychischer, körperlicher und sozialer Folgen, bestehen. Der Rauschgiftkonsum des Angeklagten habe bereits zu einer deutlichen Verhaltenssowie Wesensveränderung – einer fortgeschrittenen Depravation – geführt.
714
Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Dr. kam die Kammer aufgrund eigener Überzeugungsbildung und insbesondere im Hinblick darauf, dass Beschaffung und Konsum wesentlicher Bestandteil des Lebens des Angeklagten waren, zu dem Ergebnis, dass bei dem Angeklagten ein Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, vorliegt.
2. Symptomatischer Zusammenhang
715
Es besteht nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. auch ein symptomatischer Zusammenhang zwischen Hang und den verfahrensgegenständlichen Taten. Nach den eigenen Angaben des Angeklagten hat der verfahrensgegenständliche Handel (Ziffer C. III. 3.) mit Betäubungsmitteln zumindest teilweise auch der Finanzierung von Betäubungsmitteln für den Eigenkonsum gedient. Sein suchtbedingter Bedarf war hoch und damit auch die Geldmittel, die der Angeklagte zum Erwerb der Betäubungsmittel benötigte. Auch die Taten im Zusammenhang mit COVIDSchutzimpfungen dienten – wenn auch nur mittelbar – der Beschaffung von Betäubungsmitteln.
716
Aufgrund der weiteren sachverständigen Erläuterungen gelangte die Kammer nach eigener Überzeugungsbildung zu der Schlussfolgerung, dass der Angeklagte ohne eine Therapie zur Bekämpfung der bei ihm bestehenden Betäubungsmittelabhängigkeit infolge seines Hangs mit großer Wahrscheinlichkeit auch zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
3. Prognose der Wiederholungsgefahr
717
Die Kammer kam auch hier sachverständig beraten zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte ohne eine Therapie zur Bekämpfung seines Drogenmissbrauchs in Folge seines Hangs mit großer Wahrscheinlichkeit zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten wie die verfahrensgegenständlichen Taten begehen wird. Dabei berücksichtigte die Kammer insbesondere im Rahmen einer Gesamtwürdigung die Persönlichkeit, Biografie und Erkrankung des Angeklagten.
4. Hinreichend konkrete Erfolgsaussicht
718
Eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht einer langfristigen therapeutischen Behandlung des Angeklagten, zur Überwindung seiner Drogensucht, sieht die Kammer im Anschluss an die Einschätzung des Sachverständigen Dr. als gegeben an. Der Angeklagte hat seine Therapiemotivation deutlich und glaubhaft sowohl gegenüber dem Sachverständigen wie auch in der Hauptverhandlung geäußert. Er hat seine Bereitschaft auch durch die regelmäßige Teilnahme an Drogenberatungsgesprächen mit der externen Suchtberatung der e.V. in der Justizvollzugsanstalt Kempten unter Beweis gestellt. Er hat verstanden, dass er schwer krank ist und für ihn eine erfolgreiche Therapie unerlässlich ist. Der Angeklagte verfügt über ausreichend intrinsische Motive. Er ist krankheitseinsichtig und behandlungsbereit. Zudem hat der Angeklagte noch nie eine therapeutische Maßnahme angefangen oder gar absolviert. Auch die mangelnden Sprachkenntnisse des Angeklagten sprechen nicht gegen die Erfolgsaussichten einer therapeutischen Maßnahme; der Angeklagte hat bereits damit begonnen Deutsch zu lernen; zudem ist das (weitere) Erlernen der deutschen Sprache auch im Rahmen der Unterbringung möglich.
719
Die Kammer hat keine Zweifel an der vom Angeklagten geäußerten glaubhaften Therapiemotivation.
720
Nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen ist von einer Therapiedauer von wohl zwei Jahren auszugehen.
721
Über eine Einziehung war nicht zu entschieden, soweit sich die Angeklagten mit der formlosen Einziehung der sichergestellten oder beschlagnahmten Gegenstände einverstanden erklärt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 06. Juni 2017 – 2 StR 490/16 – juris). Hinsichtlich der Einziehung von Wertersatz, war betreffend der Angeklagten, und wie folgt zu entscheiden:
722
Gegen den Angeklagten …war gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c Abs. 1 StGB die Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen in Höhe von 88.274,60 Euro anzuordnen. Der Angeklagte hat durch die unter C. II. 1 bis C. II. 4 abgehandelten Taten Bargeld in mindestens dieser Höhe erlangt. Die Veräußerungspreise beruhen, wie unter E. II. ausgeführt, neben den Angaben des Angeklagten auch auf den überzeugenden Angaben des polizeilichen Ermittlers KHK Junker, sowie den in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Bestellformularen.
723
Es ergeben sich daher bei den zur Verurteilung gelangten Taten, auf Grundlage eines Verkaufspreises von 103,73 Euro je Impfausweis und 150 Euro pro Abnehmer eines digitalen COVID-Impfzertifikats, die folgenden Einziehungsbeträge:
Ziffer C. II. 1
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EUR 1.970,87
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Ziffer C. II. 2 – mit Ausnahme der Ziff
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er 793
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EUR 86.100
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Ziffer C. II .3 – Impfausweis
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EUR 103,73
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Ziffer C. II. 4
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EUR 100
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724
Hinsichtlich des Einziehungsbetrages aus Ziffer C. II. 2. haftet er in Höhe von 1.350 Euro gesamtschuldnerisch mit der Angeklagten. Mit der Mitangeklagten haftet er in Höhe von 11.195 Euro gesamtschuldnerisch (hierzu näher unter I. II.). Darüber hinaus liegt in Ziffer C. II. 2. eine gesamtschuldnerische Haftung mit den jeweiligen Apothekenmitarbeitern, welche die digitalen COVID-Impfzertifikate an den Angeklagten gegen ein Entgelt in Höhe von mindestens 100 Euro je Abnehmer übergeben haben, nahe.
725
Da dieses Geld auf Grund der zwischenzeitlich stattgefundenen Vermengung nicht mehr individualisierbar ist, war die Anordnung der Einziehung des bestimmten Gegenstandes gemäß § 73 Absatz 1 StGB nicht mehr möglich, so dass die Einziehung des Wertersatzes gemäß § 73c Absatz 1 StGB in entsprechender Höhe auszusprechen war.
726
Gegen die Angeklagte war gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c Abs. 1 StGB die Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen in Höhe von 11.195 Euro anzuordnen. Die Angeklagte hat durch die unter C. II. abgehandelten Taten Bargeld in mindestens dieser Höhe erlangt.
727
Erlangt ist ein Vermögensvorteil dann, wenn der Tatbeteiligte die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat. Eine Zurechnung des Erlangten nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung in voller Höhe des unter Ziffer C. II. erlangten Betrages kommt nicht in Betracht. Eine solche gesamtschuldnerische Haftung kommt nur in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass jedem Beteiligten zumindest Mitverfügungsgewalt über die jeweiligen Erlöse zukommen soll und er diese auch tatsächlich hatte (vgl. BGH, Beschluss v. 13.12.2006 – 4 StR 421/06; BGH Urt. v. 18.07.2018 – 5 StR 645/17); eine weitergehende Zurechnung erfolgt nicht.
728
Der Angeklagten flossen aus den unter Ziffer C. II. festgestellten Taten jedenfalls 11.195 Euro auf ihr eigenes Konto zu. Soweit der Angeklagte von den Erlösen die Lebenshaltungskosten auch für die Angeklagte getragen hat, kommt eine Einziehung nicht in Betracht. Das Profitieren durch die Ersparnis eigener Aufwendungen zur Lebenshaltung reicht als lediglich mittelbarer Vorteil nicht aus (vgl. BGH Beschluss vom 28.10.2008 – 3 StR 409/08); insofern fehlt es an einer tatsächlichen Verfügungsgewalt der Angeklagten über die Erlöse.
729
Gegen die Angeklagte war gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c Abs. 1 StGB die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.750 Euro anzuordnen. Die Angeklagte hat durch die unter C. II. 2., C. II. 5 bis C. II. 8 dargestellten Taten Bargeld in mindestens dieser Höhe erlangt. Die Veräußerungspreise beruhen dabei auf den glaubhaften Angaben der Angeklagten im Rahmen ihrer geständigen Einlassung, die durch die Angaben des polizeilichen Ermittlers KHK bestätigt werden konnten.
730
Es ergeben sich daher bei den zur Verurteilung gelangten Taten die folgenden Einziehungsbeträge:
Ziffer C. II. 2 – für die Ziffern 350, 351, 1014, 1016, 1017 und 1018 (Veräußerungspreis jeweils 150 Euro)
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EUR 900
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Ziffer C. II. 2. – für die Ziffern 1012, 1013
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EUR 600
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Ziffer C. II. 2. – für die Ziffer 1015
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EUR 250
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Ziffer C. II. 5
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EUR 200
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Ziffer C. II. 6
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EUR 400
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Ziffer C. II. 7
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EUR 200
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Ziffer C. II. 8
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EUR 200
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731
Hinsichtlich des Einziehungsbetrages aus Ziffer C. II. 2. haftet sie in Höhe von 1.350 Euro gesamtschuldnerisch mit dem Angeklagten, da dieser Betrag an diesen weitergeleitete wurde (vgl. BGH Beschluss vom 04.02.2021 – 2 StR 335/20). Darüber hinaus liegt in Ziffer C. II. 2. eine gesamtschuldnerische Haftung mit den jeweiligen Apothekenmitarbeitern, welche die digitalen COVID-Impfzertifikate an den Angeklagten gegen ein Entgelt in Höhe von 50 bis 100 Euro übergeben haben, nahe.
732
Da dieses Geld auf Grund der zwischenzeitlich stattgefundenen Vermengung nicht mehr individualisierbar ist, war die Anordnung der Einziehung des bestimmten Gegenstandes gemäß § 73 Absatz 1 StGB nicht mehr möglich, so dass die Einziehung des Wertersatzes gemäß § 73c Absatz 1 StGB in entsprechender Höhe auszusprechen war.
733
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464 Absatz 1, 465 Absatz 1, 466 StPO.