Titel:
Feststellung der Genehmigungsfreiheit eines Bauvorhabens
Normenketten:
VwGO § 43 Abs. 1, § 91 Abs. 1
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 6, § 30 Abs. 1
BauNVO § 22 Abs. 2
BayBO Art. 58 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5 S. 2, Art. 64 Abs. 2 S. 1, Art. 66 Abs. 1 S. 3
Leitsätze:
1. Ein Doppelhaus im Sinne von § 22 Abs. 2 S. 1 BauNVO ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden und wenn die einzelnen Gebäude einen harmonischen Gesamtkörper bilden, der nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus vermittelt. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Schutzzweck der Nachbarbeteiligung liegt nicht in der Wahrung der Beteiligungsrechte selbst, weshalb eine unterlassene Nachbarbeteiligung nur zur Folge hat, dass der Genehmigungsbescheid dem Nachbarn zuzustellen ist. (Rn. 79) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Feststellungsklage, Genehmigungsfreistellungsverfahren, Vorliegen eines Doppelhauses bei einseitiger Aufstockung um ein Staffelgeschoss (bejaht), Baurecht, Genehmigungsbedürftigkeit, Genehmigungsfreiheit, Bebauungsplan, Doppelhaus, Gesamtkörper, Reihenhaus, Nachbarbeteiligung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 20837
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass für das im Bauantrag vom 19. Juli 2021 bezeichnete Vorhaben keine Baugenehmigung erforderlich ist und daher der Bescheid vom 9. Dezember 2021 gegenstandslos ist.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Staffelgeschosses auf einer bereits genehmigten Doppelhaushälfte auf dem klägerischen Grundstück.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … (…) der Gemarkung … (nachfolgend wird auf die Angabe der Gemarkung verzichtet; alle erwähnten Flurnummern beziehen sich auf die Gemarkung …). Das Grundstück grenzt im Norden an das Grundstück FlNr. …, im Osten an die …, im Süden an die … und im Westen an das Grundstück FlNr. … an. Das Grundstück ist Teil einer Neubausiedlung.
3
Das klägerische Grundstück liegt im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. … „Wohngebiet … – 2. und 3. Bauabschnitt“, welcher am 27. März 2013 erstmals bekannt gemacht wurde und in der aktuell gültigen Fassung seit 28. März 2019 rechtsverbindlich ist. Der Bebauungsplan setzt für das klägerische Grundstück und das Grundstück FlNr. …, unter anderem ein allgemeines Wohngebiet mit der Kennung WA 3.4, offene Bauweise bzw. abweichende Bauweise a2, eine Baugrenze, ausschließlich Doppelhäuser und Hausgruppen, die Zahl der Vollgeschosse (mindestens zwei, maximal drei) sowie das Flachdach als Dachform fest. Die für das klägerische Grundstück festgesetzte Baugrenze erlaubt eine Grenzbebauung zum nördlich angrenzenden Grundstück FlNr. … Der Bebauungsplan enthält unter anderem folgende textliche Festsetzungen:
2.3 Dachgeschosse und Staffelgeschosse (…)
- In den Baugebieten WA 1.4, WA 2.4, WA 3.4, WA 4.4 darf das III. Geschoss eine Größe von 60% der Grundfläche des darunter liegenden Geschosses nicht überschreiten.
2.4 Höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden (§ 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB)
4
Für die Baugebiete WA 1.1 bis WA 1.4, WA 2.1 bis 2.4, WA 3.1 bis 3.4 und WA 4.1 bis 4.4 wird die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden (bei Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern) auf zwei Wohneinheiten (2 WE) begrenzt.
2.5 Höhe baulicher Anlagen (…)
- Im WA 1.4, 2.4, 3.4 und 4.4 beträgt die maximale Gebäudehöhe 10,0 m.
3. Bauweise, Baulinien, Baugrenzen und Abstandsflächen
5
In den Baugebieten WA 1.5, 2.5, 3.5, 4.5 und 6 wird eine abweichende Bauweise „a2“ festgesetzt. In diesen Baugebieten dürfen innerhalb der überbaubaren Flächen die Gebäudekörper eine Gebäudelänge von 50 m überschreiten.
6
In den Baugebieten WA 1.3, 1.4, 2.3, 2.4, 3.3, 3.4, 4.3, 4.4 sind sowohl die offene Bauweise als auch die unter „a2“ definierte abweichende Bauweise zulässig o/a2.
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In den Baugebieten WA 1.3, WA 1.4, WA 2.3, WA 2.4, WA 3.3, WA 3.4, WA 4.3 und WA 4.4 kann die Abstandsfläche zur nördlichen, östlichen und südlichen Grundstücksgrenze bis zu einem Abstand von 3,0 m unterschritten werden.
1. Äußere Gestaltung baulicher Anlagen
8
Die Gebäude innerhalb der einzelnen Baufelder müssen in Bezug auf Architektur, Fassade und Dacheindeckung als gestalterische Einheit wahrnehmbar sein.
9
Doppel- und Reihenhäuser sind mit gleicher Trauf- und Firsthöhe, gleicher Dachfarbe sowie gleichem Dachneigungswinkel zu errichten. Hinsichtlich der Fassadengestaltung (z.B. Fensteröffnung, Materialwahl) hat eine Angleichung zu erfolgen, sodass Hausgruppen und Doppelhäuser als gestalterische Einheit wahrnehmbar sind.
1.2 Dachform und -aufbau (…)
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Flachdach Flachdächer von Hauptgebäuden sind extensiv zu begrünen; dies gilt nicht für technische Einrichtungen, Solaranlagen und für Belüftungsflächen.
11
In der Begründung zur ursprünglichen Fassung des Bebauungsplans heißt es unter anderem:
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Die Festsetzung von sog. „Staffelgeschossen“ dient der Nutzung der obersten Geschosse zu Gunsten von Penthouse-Wohnungen. Sie ermöglicht damit zusätzliche Wohnflächenangebote in attraktiver Lage. Durch das zurückspringende Geschoss um mindestens 3 m wird eine unmaßstäbliche Höhenentwicklung vermieden.
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Die abweichende Bauweise „a2“ ist festgesetzt, um entsprechend des städtebaulichen Konzeptes kompaktere Baukörper und gegliederte Gebäude mit einer Gesamtlänge von mehr als 50 Metern zu ermöglichen.
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Weiterhin ist in den Baufenstern in denen Doppelhäuser möglich sind, eine offene Bauweise geregelt. Hier ist jedoch mit der zusätzlich geregelten abweichenden Bauweise „a2“ für den Fall, dass Reihenhäuser oder Hausgruppen errichtet werden, auch eine dichtere Bebauungsstruktur realisierbar. Es sollte hier für die zukünftige Entwicklung etwas Spielraum gelassen werden, so dass auf unterschiedliche Bedarfe reagiert werden kann, und trotzdem noch eine verträgliche Baudichte eingehalten wird.
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In der Begründung zur zweiten Änderung des Bebauungsplans wird unter anderem ausgeführt:
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Die im Planblatt aufgeführten „Örtlichen Bauvorschriften“ werden bezüglich der Festsetzung „1. Äußere Gestaltung baulicher Anlagen“ erweitert, so dass die bereits im Gestaltungshandbuch geforderten Vorgaben bezüglich der einheitlichen Gestaltung von Doppel- und Reihenhäusern auch in den textlichen Festsetzungen wiederzufinden sind. Doppel- und Reihenhäuser sind mit gleicher Trauf- und Firsthöhe, gleicher Dachfarbe sowie gleichem Dachneigungswinkel zu errichten. Hinsichtlich der Fassadengestaltung (z.B. Fensteröffnung, Materialwahl) hat eine Angleichung zu erfolgen, so dass die Hausgruppen als gestalterische Einheit wahrnehmbar sind.
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Im Gestaltungshandbuch des Bebauungsplans der Standortgemeinde steht unter anderem Folgendes geschrieben:
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Zur Realisierung der gestalterischen Zielsetzung ist es erforderlich, dass die Gebäude innerhalb der einzelnen Baufelder als gestalterische Einheit wahrgenommen werden. Die im Rahmen der Bauleitplanung zulässigen Festsetzungen können dies nicht ausreichend gewährleisten, so dass weitergehende Vorgaben und Empfehlungen erforderlich sind. Dies gilt insbesondere in Bezug auf Architektur, Fassade und Dacheindeckung und in besonderem Maße für die Errichtung von Doppelhäusern und Hausgruppen. Für diese Haustypen ist es zwingend erforderlich, dass die Baukörper eine einheitliche Dachneigung aufweisen und sie mit identischen Trauf- und First- bzw. Gebäudehöhen errichtet werden. Die Dacheindeckung von Satteldächern ist bei Doppelhäusern und Hausgruppen hinsichtlich der Farbgebung in gleicher Art auszuführen. Die Anordnung von Photovoltaik-Anlagen ist auch bei Doppel- und Reihenhäusern möglich, die Anordnung und die äußere Gestaltung sind jedoch aufeinander abzustimmen.
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Hinsichtlich der Fassadengestaltung bei z.B. Fensteranordnungen, Proportionen von Wandöffnungen u.a. sollte insbesondere bei den Reihen- und Doppelhäusern eine Angleichung erfolgen. Bezüglich der Materialwahl sind Putz, Naturstein und Holz für die Fassadengestaltung zulässig. Auch hier gilt, dass Doppel- und Reihenhäuser aneinander angeglichen gestaltet werden müssen.
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Mit Bescheid vom 19. Januar 2021 wurde für das klägerische Grundstück eine Baugenehmigung für die Errichtung einer zweigeschossigen Doppelhaushälfte mit begrüntem Flachdach erteilt, die grenzständig zum nördlichen Grundstück FlNr. … errichtet werden soll. Für das benachbarte Grundstück FlNr. … wurde durch den Beklagten eine hinsichtlich der Gebäudekubatur identische Doppelhaushälfte genehmigt, welche wiederum grenzständig zum klägerischen Grundstück situiert werden soll. Beide Doppelhaushälften sollen dabei eine Höhe von 6,28 m sowie die gleiche Breite und Tiefe aufweisen.
21
Mit Antrag vom 19. Juli 2021 begehrte der Kläger vom Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau eines Staffelgeschosses auf DHH mit ELW“ auf dem klägerischen Grundstück. Im Antragsformular unter Nachbarbeteiligung fehlte bei sämtlichen der dort aufgeführten Grundstückseigentümern der Hinweis, ob die Zustimmung erteilt wurde oder nicht. Als Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … wurde durch den Kläger bzw. dessen Architekten die Standortgemeinde angegeben.
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Ausweislich der eingereichten Bauvorlagen soll auf der bislang zweigeschossigen Doppelhaushälfte auf dem klägerischen Grundstück ein Staffelgeschoss errichtet werden, wodurch das Gebäude nach Fertigstellung 9,45 m hoch wäre. Das Staffelgeschoss soll sich dabei über die gesamte Breite der darunter liegenden Geschosse erstrecken. In östlicher Richtung soll das dritte Geschoss um 1,415 m und in westlicher Richtung um 4,175 m im Vergleich zum 1. Obergeschoss zurückversetzt errichtet werden. Die durch das Zurückversetzen entstehende Fläche im Westen soll als Dachterrasse genutzt werden. Die entsprechende Fläche im Osten soll begrünt werden.
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Mit E-Mail vom 12. August 2021 wandte sich der Miteigentümer des Grundstücks FlNr. … an den Beklagten und trug vor, dass er mit der Errichtung des dritten Geschosses durch den Kläger nicht einverstanden sei. Es sei damals in gemeinsamer Abstimmung beschlossen worden, ein Doppelhaus mit zwei Etagen und Keller zu errichten. Nun versuche der Kläger ohne Zustimmung eine Genehmigung für ein drittes Geschoss zu erhalten. Durch den Bau eines solchen entstünden gravierende Probleme. Es werde nicht mehr möglich sein, eine Solaranlage auf dem Dach zu installieren, da die Solaranlage durch das dritte Geschoss abgeschattet würde. Außerdem sei durch ein drittes Geschoss keine gestalterische Einheit mehr gegeben, was jedoch im Bebauungsplan gefordert werde. Die Doppelhaushälfte auf dem Grundstück FlNr. … werde an Wert verlieren, was zu Ärger mit der finanzierenden Bank führen werde. Es komme zudem zu einer Verschattung der Dachbegrünung, so dass dieser geschadet werde und eine gleichmäßige Begrünung nicht mehr möglich sein werde. Laut des Bebauungsplans müssten die Doppelhäuser mit gleichen Trauf- und Firsthöhen errichtet werden. Es werde gebeten, die geforderte Baugenehmigung zu versagen.
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Mit nachgereichten Anträgen vom 4. September 2021 begehrte der Kläger in Ergänzung die Erteilung einer Befreiung hinsichtlich der Festsetzung des Bebauungsplans bezüglich der Einheitlichkeit der Doppelhaushälften und der gleichen First- und Traufhöhe sowie einer Abweichung von den Vorschriften über die Abstandsflächen. In den Anträgen war jeweils angegeben, dass die Eigentümer des Grundstücks FlNr. … ihre Zustimmung nicht erteilt hätten.
25
Zur Begründung des Antrags auf Erteilung einer Befreiung wurde ausgeführt, dass ein Gebäude mit Flachdach keine Traufe und keinen First, sondern eine Attika als oberen Abschluss habe. Die zulässige Gebäudehöhe von 10 m werde nicht überschritten. Alle Doppelhäuser in der … hätten mindestens eine Doppelhaushälfte, welche mit einem Staffelgeschoss gebaut oder geplant worden sei. Somit trügen die beantragten Änderungen zur einheitlichen Gestaltung des Straßenbildes bei. Die Fassadengestaltung beider Doppelhaushälften sei aneinander angeglichen worden. Beide Doppelhaushälften seien in Bezug auf die Architektur als eine gestalterische Einheit wahrnehmbar.
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Zur Begründung des Antrags auf Erteilung einer Abweichung wurde vorgetragen, dass nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO eine Abstandsfläche nicht erforderlich sei, nachdem im Bebauungsplan die Errichtung von Doppelhäusern vorgeschrieben sei. Doppelhäuser müssten jedoch an die Grundstücksgrenze gebaut werden. Dadurch würden keine Abstandsflächen in die Richtung der gemeinsamen Grundstücksgrenze anfallen. Die Zustimmung des Nachbarn sei somit nicht erforderlich.
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Mit Beschluss vom 22. September 2021 erteilte die Standortgemeinde das gemeindliche Einvernehmen zum Vorhaben des Klägers. Ausweislich des Auszugs aus der Niederschrift über die Sitzung des Bauausschusses und der gemeindlichen Stellungnahme vom 27. September 2021 befürwortete der Bauausschuss eine Befreiung hinsichtlich der gestalterischen Einheit von Doppelhäusern und lehnte eine Abweichung von Abstandsflächen mangels Nachbarzustimmung ab.
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Mit Schreiben des Beklagten vom 28. Oktober 2021 an den Kläger wurde diesem mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, den Bauantrag des Klägers abzulehnen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass durch den Anbau eines dritten Geschosses eine Angleichung an die benachbarte Doppelhaushälfte nicht mehr gesehen werde. Das Gebot der Rücksichtnahme scheine hierdurch verletzt zu sein. Durch die fehlende Angleichung sei außerdem Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nicht mehr einschlägig und Abstandsflächen müssten eingehalten werden. Diese könnten vorliegend jedoch in nördlicher Richtung nicht eingehalten werden. Eine Abweichung könne nicht in Aussicht gestellt werden, nachdem aufgrund der Verschattung des Nachbardachs das Gebot der Rücksichtnahme verletzt sei. Der Bauantrag weise außerdem formelle Mängel auf, da nicht angegeben worden sei, ob die Nachbarbeteiligung durchgeführt worden sei. Eine Abweichung von Art. 6 BayBO wäre zu beantragen und zu begründen gewesen. Dem Kläger wurde Gelegenheit zur Stellungnahme und Rücknahme seines Bauantrags gewährt.
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Hierauf erwiderte der Kläger, dass der Bebauungsplan dem Bauherrn ein Wahlrecht zwischen offener und abweichender Bauweise gewähre. Der Kläger habe sich für die abweichende Bauweise a2 entschieden. Außerdem sei im Bebauungsplan hinsichtlich seines Grundstücks die Grenzbebauung vorgeschrieben. Beim klägerischen Grundstück handele es sich um ein Eckgrundstück, bei welchem die festgesetzte Baugrenze eine Grenzbebauung nur nach Norden hin zulasse. Deshalb müsse er zwingend an die nördliche Grenze zum Grundstück FlNr. … anbauen.
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Die Bebauung mit zwei und drei Geschossen je Doppelhaushälfte hebe den Charakter des Doppelhauses nicht auf. Das Bauvorhaben sei an die benachbarte Doppelhaushälfte angeglichen und entspreche damit den Festsetzungen des Bebauungsplans. Ausweislich der Rechtsprechung könne auch die Aufstockung einer Doppelhaushälfte zulässig sein, ohne dass der Charakter des Doppelhauses verloren gehe (unter Verweis auf OVG NRW, B.v. 18.1.2016 – 10 A 2574/14 – juris Rn. 10 ff.). Die ersten zwei Geschosse beider Doppelhaushälften hätten exakt das gleiche Gebäudeprofil (gleiche Länge, Breite, ohne Versatz aneinandergebaut). Die Fassadengestaltung sei abgestimmt worden. Keines der quantitativen Merkmale unterscheide sich bei den jeweiligen Gebäuden um mehr als die Hälfte.
31
Durch den Beklagten sei im Übrigen das direkt benachbarte Bauvorhaben ( …, FlNr. …), das in quantitativer und qualitativer Hinsicht größere Unterschiede zur angrenzenden Doppelhaushälfte als das klägerische Bauvorhaben aufweise, genehmigt und dementsprechend als Doppelhaus anerkannt worden. Dieses Doppelhaus (FlNrn. … und …) habe ebenfalls eine unterschiedliche Geschosszahl. Die südliche Doppelhaushälfte verfüge über drei, die nördliche Doppelhaushälfte über zwei Geschosse, so wie es auch durch den Kläger beantragt worden sei. Hinzukomme jedoch zusätzlich, dass sich diese Doppelhaushälften auch hinsichtlich der Tiefe und des Fassadenprofils unterscheiden würden. Hierzu legte der Kläger Lichtbilder und 3D-Modelle vor. Die Doppelhaushälfte des Klägers wäre daher trotz des Staffelgeschosses stärker an die benachbarte Doppelhaushälfte angeglichen als das benachbarte Referenzobjekt. Zwar sei das Referenzobjekt mit nachbarlicher Zustimmung errichtet worden, jedoch könne die Zustimmung des Nachbarn keine Auswirkung auf die materiell-rechtliche Frage der Verträglichkeit des Aneinanderbauens im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Doppelhäusern haben. Es sei auch darauf hinzuweisen, dass kein einziges Doppel- oder Reihenhaus im Baufeld WA 3.4 (… und …) deckungsgleich mit dem Nachbarhaus errichtet bzw. geplant worden sei. Hierzu legte der Kläger Lichtbilder vor. Im gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplans gebe es kein Doppel- oder Reihenhaus mit Flachdach, das ausschließlich aus zweigeschossigen Gebäuden bestehe. Es gebe immer mindestens ein Gebäude im Doppelhaus oder der Baugruppe mit drei Geschossen. Sehr viele Gebäude mit Flachdach würden dabei über ein Staffelgeschoss als drittes Vollgeschoss verfügen. Das klägerische Bauvorhaben füge sich daher optisch in die übrige Bebauung ein und entspreche der Gestaltung des Ortsbildes.
32
Die Aussage, dass das Gebot der Rücksichtnahme verletzt sei, sei unklar und schwammig formuliert. Es sei nicht ersichtlich, woraus der Beklagte das Gebot der Rücksichtnahme ableite und welche Belange verletzt sein sollten. Das Bauvorhaben entspreche in allen Punkten der Eigenart des Baugebiets. Es erzeuge keine unzumutbaren Störungen. Kein Nachbar würde durch eine zu erteilende Befreiung unzumutbar beeinträchtigt werden. Der Bebauungsplan schränke außerdem die Fläche des dritten Vollgeschosses auf maximal 60% des darunterliegenden Geschosses ein. Hierdurch würden die nachbarlichen Belange bezüglich der berücksichtigten Beschattung bereits berücksichtigt. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht erkennbar. Dies gelte insbesondere unter dem Aspekt der befürchteten Verschattung, da eine solche im Bereich des Daches entstehe und dem Nachbarn zumutbar sei. Weder die Terrasse noch Fenster würden verschattet. In einem bebauten innerstädtischen Bereich müssten die betroffenen Nachbarn es hinnehmen, dass es durch rechtskonforme Bauvorhaben zu einer gewissen Verschattung des eigenen Grundstücks komme. Dies entstamme dem allgemeinen Lebensrisiko.
33
Die Abstandsflächen für das gesamte Doppelhaus würden eingehalten. Zwischen den Doppelhaushälften gebe es keine Abstandsflächen. Die Doppelhaushälften seien angeglichen, sodass Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO einschlägig sei. Es stelle sich im Übrigen die Frage, wo die Abstandsfläche liegen solle. Die in Frage kommende Fläche sei von der benachbarten Doppelhaushälfte komplett überbaut. Der Kläger habe außerdem den geforderten Antrag auf Erteilung einer Abweichung gestellt und diesen dahingehend begründet, dass es keine abweichende Abstandsfläche gebe.
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Hinsichtlich der fehlenden Nachbarbeteiligung verhalte es sich so, dass die Zustimmung der Nachbarn nicht erteilt worden sei. Die Eigentümer des Grundstücks FlNr. … hätten sich gegen das Vorhaben ausgesprochen. Der Bauträger (Eigentümer Grundstück FlNr. …) habe keine Position beziehen wollen, weil die Häuser bereits verkauft worden seien. Alle anderen Nachbarn (FlNr. …) hätten nichts gegen das Vorhaben. Sie sähen sich nicht als betroffen an, hätten jedoch keine Position beziehen und sich aus der Sache heraushalten wollen.
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Mit Bescheid des Beklagten vom 9. Dezember 2021 wurde der Bauantrag des Klägers abgelehnt.
36
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorhaben des Klägers baugenehmigungspflichtig sei, da es den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspreche. Ausweislich des Bebauungsplans seien im Bereich des Grundstücks des Klägers nur Doppelhäuser zulässig. Außerdem seien Doppelhäuser so anzugleichen, dass diese als gestalterische Einheit wahrnehmbar seien. Das Vorhaben entspreche diesen Vorgaben nicht, da es kein Doppelhaus darstelle, nachdem durch die geplante einseitige Erhöhung um ein weiteres Geschoss und die damit einhergehende Beschattung der Dachbegrünung des Nachbarhauses kein wechselseitig verträglicher Anbau vorliege. Außerdem könne eine gestalterische Einheit aufgrund der unterschiedlichen Geschossigkeit nicht angenommen werden. Dementsprechend hätte der Kläger Befreiungen beantragen und begründen müssen. Hinsichtlich der Festsetzung „Doppelhaus“ sei ein solcher Antrag jedoch nicht gestellt worden. Befreiungen könnten auch nicht erteilt werden, nachdem die nachbarlichen Belange den privaten Wunsch des Klägers nach Vergrößerung der Wohneinheit überwögen. Der Kläger habe nicht darlegen können, weshalb diese Erweiterung genau an dieser Stelle erfolgen müsse. Die Festsetzung, wonach das dritte Geschoss lediglich 60% des darunterliegenden Geschosses ausmachen dürfe, sei eine Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung und diene nicht dem Schutz des Nachbarn, nachdem ein entsprechender Wille der plangebenden Gemeinde nicht erkennbar sei. Im Übrigen könnten die Befreiungen nicht erteilt werden, da dadurch die Grundzüge der Planung berührt würden.
37
Die erforderliche Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften könne ebenfalls aufgrund der nachbarlichen Belange nicht erteilt werden. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO sei nicht anwendbar, da die Festsetzung des Bebauungsplans, dass nur Doppelhäuser zulässig seien, nicht eingehalten werde. Durch die Situierung des Vorhabens an der nördlichen Grundstücksgrenze sei die Einhaltung der Abstandsflächen nicht gewährleistet. Eine Abweichung von den Abstandsflächen könne deshalb nicht erteilt werden.
38
Der Antrag sei daher wegen der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit abzulehnen gewesen. Darüber hinaus sei der Antrag auch formell unvollständig. Insbesondere fehle die Angabe im Bauantragsformular, ob die Nachbarn ihre Zustimmung erteilt haben und die Beantragung und Begründung einer Befreiung von der Festsetzung „nur Doppelhäuser zulässig“.
39
Der Kläger hat am 7. Januar 2022 Klage gegen diesen Bescheid erhoben.
40
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass der Kläger einen Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung bzw. die Feststellung, dass sein Vorhaben im Genehmigungsfreistellungsverfahren nicht dem Bebauungsplan widerspreche. Für letzteren Fall werde hilfsweise beantragt, festzustellen, dass die Errichtung eines Staffelgeschosses auf dem klägerischen Grundstück verfahrensfrei sei.
41
Das Bauvorhaben widerspreche nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans. Nach dem klägerischen Verständnis erfülle das Bauvorhaben noch die Kriterien der Rechtsprechung an ein Doppelhaus. Der Beklagte stelle einzig und allein auf die Anzahl der Vollgeschosse ab. Nach der jetzigen Planung seien die beiden Häuser hinsichtlich der Länge und Breite, hinsichtlich der Kubatur und Dachform, ebenso wie hinsichtlich der Gestaltung fast identisch. Insoweit könne es bei der Einzelfallprüfung nicht einzig und allein auf die Gebäudehöhe ankommen. Denn das zu errichtende Doppelhaus weise immer noch eine hinreichende Harmonisierung mit dem des Nachbarn auf. Selbst eine Aufstockung sei für das Vorhandensein eines Doppelhauses nicht immer hinderlich (unter Verweis auf Rechtsprechung). Folglich stelle das vom Kläger geplante Vorhaben trotz des Unterschieds in der Höhe immer noch eine Doppelhaushälfte dar, die den Vorgaben des Bebauungsplans gerade nicht widerspreche. Aus diesen Ausführungen ergebe sich zudem, dass gerade keine Abstandsflächen einzuhalten seien, weil ein Doppelhaus entstehe, das als Grenzbebauung keine Abstandsflächen einzuhalten habe. Insoweit sei der Bescheid auch deshalb rechtswidrig, weil eine Abweichung von den Abstandsflächen verlangt worden sei.
42
Hinsichtlich der Festsetzung „gestalterische Einheit von Doppelhäusern“ sei demnach ebenfalls keine Befreiung erforderlich, zumal die Regelung zu unbestimmt sein dürfte.
43
Die Ausführungen zum angeblichen Nachbarschutz seien zudem verfehlt. Das Rücksichtnahmegebot werde nicht tangiert. Der in Frage stehende Nachbar und Eigentümer des angrenzenden Grundstücks FlNr. …, der sein Vorhaben noch nicht gänzlich beendet habe, stelle insbesondere auf Probleme mit seiner Bank ab. Insoweit seien offensichtlich keine relevanten nachbarrechtlichen Normen verletzt, zumal das Vorhaben schlicht und einfach in der Form zulässig sei und ein Anspruch auf die Baugenehmigung bzw. Feststellung der Genehmigungsfreiheit bestehe.
44
Der Kläger habe zudem mit Schreiben vom 18. November 2021 ausführlich auf andere im Bebauungsplangebiet zugelassene Bauvorhaben hingewiesen. Auch hier sei – jedenfalls im Sinne des Beklagten – unterschiedlich hoch gebaut und damit – jedenfalls nach der vom Beklagten vertretenen Ansicht – kein Doppelhaus genehmigt worden. Wenn der Beklagte von einer fehlenden Übereinstimmung mit dem Bebauungsplan ausgehe, dann hätte er auch diese in unmittelbarer Nähe erstellten Referenzbauvorhaben mitberücksichtigen müssen. Denn offenbar seien für diese Bauvorhaben (nicht notwendige) Befreiungen erteilt worden. Dann aber hätte auch der Kläger eine solche Befreiung erhalten müssen.
45
Der Bauantrag des Klägers sei im Übrigen auch vollständig. Selbst im Rahmen der Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens sei zum Ausdruck gekommen, dass ein Nachbar keine Unterschrift geleistet habe. Auch eine Begründung für eine Befreiung an dieser Stelle sei nicht erforderlich, zumal der Kläger durch die Festsetzung eines Baufensters ohnehin in seiner Gestaltungsfreiheit beschränkt sei. Es sei wohl kaum zu erwarten, dass der Beklagte einem „Aufbau“ auf einem anderen Teil des Grundstücks zustimmen würde.
46
Der Kläger beantragt zuletzt,
1. Der Bescheid des Beklagten vom 9. Dezember 2021 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass für das im Bauantrag vom 19. Juli 2021 bezeichnete Vorhaben keine Baugenehmigung erforderlich ist.
3. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Baugenehmigung für das im Bauantrag vom 19. Juli 2021 bezeichnete Vorhaben zu erteilen.
47
Der Beklagte beantragt,
48
Zur Begründung wird im Wesentlichen auf die Begründung des Bescheids verwiesen. Ergänzend wird vorgetragen, dass das Vorhaben nicht im Rahmen des Genehmigungsfreistellungsverfahrens beurteilt werden könne, da es den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspreche. Ein Doppelhaus könne nicht angenommen werden, da ein wechselseitig verträglicher Anbau nicht vorliege. Durch die Erhöhung an der Südseite um ein weiteres Geschoss werde auf die Besonnung der Dachbegrünung des nördlich gelegenen Nachbarn Einfluss genommen. Für die dort vorhandene Dachbegrünung sei aufgrund des Schattenwurfs eine Beeinträchtigung zu befürchten. Das Gebot der Rücksichtnahme werde hierdurch verletzt. Aus § 22 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauNVO könne nicht entnommen werden, dass ein einseitiger Grenzanbau in der offenen Bauweise unzulässig sei. Die Klage sei daher abzuweisen.
49
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
50
Die zulässige Klage ist begründet.
51
1. Die Klage ist – nach jedenfalls sachdienlicher Klageänderung, § 91 Abs. 1 VwGO – als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO zulässig, insbesondere statthaft.
52
Die Klage ist statthaft, nachdem es sich bei der Frage, ob das streitgegenständliche Vorhaben einer Baugenehmigung bedarf oder nicht, um ein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO handelt.
53
Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO. Unter einem solchen berechtigten Interesse ist jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, zu verstehen. Ein solches ist insbesondere gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung als der Kläger ist oder der Kläger sein künftiges Verhalten an der Feststellung orientieren will.
54
Eine solche Situation ist vorliegend gegeben. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten besteht Uneinigkeit, ob das streitgegenständliche Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans ent- oder widerspricht, was zur Folge hat, dass unklar ist, ob das Vorhaben einer Baugenehmigung bedarf oder nicht. Der Kläger hat daher ein Interesse an der gerichtlichen Klärung dieser Frage.
55
Der Kläger kann nicht lediglich auf die Anfechtung des streitgegenständlichen Bescheids verwiesen werden, da hiermit keine rechtskraftfähige Entscheidung über die Frage der Genehmigungsfreiheit erreicht werden kann. Ebenso kann der Kläger sein Rechtsschutzziel nicht mit einer Verpflichtungsklage verwirklichen, da er auf dem Standpunkt steht, es bedürfe für das Vorhaben keiner Baugenehmigung (vgl. zum Ganzen VG Würzburg, U.v. 26.7.2016 – W 4 K 16.233 – juris Rn. 20 ff. m.w.N.). Hinzu kommt, dass dem Kläger kein Wahlrecht zwischen dem gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigungsfreistellungsverfahren und dem Baugenehmigungsverfahren zusteht, sondern ein Freistellungsverfahren durchzuführen ist, sofern das Vorhaben Art. 58 Abs. 1 BayBO entspricht (VG München, U.v. 11.4.2016 – M 8 K 14.4953 – juris Rn. 36 m.w.N.).
56
2. Die Klage ist begründet. Das Bauvorhaben des Klägers bedarf keiner Baugenehmigung, nachdem die Voraussetzungen des Art. 58 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BayBO erfüllt sind.
57
Das Bauvorhaben ist genehmigungsfrei gestellt, da es im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB liegt und weder den Festsetzungen des Bebauungsplanes noch den Regelungen örtlicher Bauvorschriften widerspricht. Eine Erklärung der Standortgemeinde, dass ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll, wurde nicht, jedenfalls nicht fristgerecht abgegeben. Auch die formellen Voraussetzungen i.S.v. Art. 58 Abs. 3 BayBO sind erfüllt.
58
a) Das Bauvorhaben entspricht sowohl den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans als auch den im Bebauungsplan enthaltenen Regelungen über die örtlichen Bauvorschriften.
59
aa) Das Bauvorhaben stellt ein Doppelhaus dar.
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Die Festsetzung „Doppelhaus“ stellt eine Festsetzung der Bauweise und damit eine Regelung im Sinne der städtebaulichen Ordnung dar. Darüber hinaus beinhaltet die Festsetzung zusätzliche Bedingungen an die Gestaltung der Doppelhäuser, die sich aus den Anforderungen ergeben, die das Bundesverwaltungsgericht für Doppelhäuser in der offenen Bauweise nach § 22 Abs. 2 BauNVO entwickelt hat. Darüber hinaus ergeben sich keine weiteren Anforderungen an die Gestaltung der Doppelhäuser, da es sich in der Sache um Fragen des Bauordnungsrechts handelt. Der Begriff des Doppelhauses ist bauplanungsrechtlicher Natur und kann nicht über bauordnungsrechtliche Vorschriften erfasst werden. Gleichwohl dürfen derartige Aspekte bei der Beurteilung der Frage, ob das Vorhaben noch als Doppelhaus anzusehen ist, mitberücksichtigt werden. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die Begriffe Doppelhaus und Reihenhaus nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bauordnungsrechtlich nicht überladen werden dürfen. Es kann daher das Vorliegen von Doppelhäusern mit Blick auf die bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- und Stadtbildes geprüft und ein Mindestmaß an Übereinstimmung verlangt werden (OVG Hamburg, U.v. 11.9.2018 – 2 Bf 43/15 – juris Rn 40 ff.).
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Ein Doppelhaus im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbstständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebaut werden. Demnach liegt eine bauliche Einheit vor, wenn die einzelnen Gebäude einen harmonischen Gesamtkörper bilden, der nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus vermittelt. Voraussetzung ist insoweit zwar nicht, dass die Einzelhäuser gleichzeitig und deckungsgleich errichtet werden müssen. Ein einheitlicher Gesamtbaukörper kann auch dann vorliegen, wenn etwa aus gestalterischen Gründen die gemeinsame vordere und/oder rückwärtige Außenwand des einheitlichen Baukörpers durch kleine Vor- und Rücksprünge aufgelockert wird. Zu fordern ist jedoch, dass die einzelnen Gebäude zu einem wesentlichen Teil (quantitativ) und in wechselseitig verträglicher und harmonischer Weise (qualitativ) aneinandergebaut sind. In quantitativer Hinsicht können bei der Beurteilung der Verträglichkeit des Aneinanderbauens insbesondere die Geschosszahl, die Gebäudehöhe, die Bebauungstiefe und -breite sowie das durch diese Maße im Wesentlichen bestimmte oberirdische Brutto-Raumvolumen zu berücksichtigen sein. In qualitativer Hinsicht kommt es unter anderem auch auf die Dachgestaltung und die sonstige Kubatur des Gebäudes an. Bei den quantitativen Kriterien ist eine mathematisch-prozentuale Festlegung nicht möglich, vielmehr ist eine Gesamtwürdigung des Einzelfalls anzustellen. Es ist qualitativ insbesondere die wechselseitig verträgliche Gestaltung des Gebäudes entscheidend; auf die umgebende Bebauung kommt es insoweit nicht an. Die beiden Haushälften können auch zueinander versetzt oder gestaffelt an der Grenze errichtet werden, sie müssen jedoch zu einem wesentlichen Teil aneinandergebaut sein. Kein Doppelhaus entsteht danach, wenn ein Gebäude gegen das andere an der gemeinsamen Grundstücksgrenze so stark versetzt wird, dass ein vorderer oder rückwärtiger Versprung den Rahmen eine wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet, den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus vermittelt und dadurch einen neuen Bodennutzungskonflikt auslöst (BayVGH, B.v. 18.4.2023 – 2 CS 22.2126 – juris Rn. 4).
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Qualitative und quantitative Kriterien dürfen dabei nicht nur isoliert betrachtet werden: Denn es ist ebenso denkbar, dass größere quantitative Abweichungen bei deutlich einheitlicher Gestaltung hingenommen werden können, wie es vorstellbar ist, dass eine deutlich abweichende Gestaltung in ihrer Wirkung gemildert wird, weil die Gebäudeteile in quantitativer Hinsicht stark übereinstimmen. Eine isolierte Betrachtung vernachlässigt auch, dass Fälle denkbar sind, in denen erst das Zusammenwirken quantitativer und qualitativer Kriterien den Charakter eines Doppelhauses entfallen lässt (BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 4 C 12.14 – juris Rn. 21).
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Ob die Erweiterung eines Doppelhauses nach dem Bebauungsplan im Übrigen (Zahl der Vollgeschosse, Gebäudehöhe, etc.) zulässig wäre, ist für die Beurteilung, ob ein Doppelhaus vorliegt irrelevant (OVG Hamburg, U.v. 11.9.2018 – 2 Bf 43/15 – juris Rn 52 m.w.N.).
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Gemessen an diesen Maßstäben und unter Anstellung einer Gesamtbetrachtung ist die Kammer zur Überzeugung gelangt, dass sich das Bauvorhaben zusammen mit dem benachbarten Gebäude noch als Doppelhaus darstellt.
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In quantitativer Hinsicht ist festzustellen, dass die beiden Doppelhaushälften hinsichtlich der Breite sowie Tiefe vollständig übereinstimmen und hinsichtlich der Höhe, Geschossigkeit und des Brutto-Raumvolumens voneinander abweichen. Bezogen auf die qualitativen Aspekte ist zu attestieren, dass die Doppelhaushälften über die gleiche Dachform (Flachdach) verfügen und sich hinsichtlich der Fassadengestaltung sowie übrigen Kubatur als nahezu identisch darstellen.
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Im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung überwiegen die übereinstimmenden Elemente, sodass das Bauvorhaben aus Sicht der Kammer nicht wie ein selbständiger, einseitiger Grenzanbau wirkt. Die quantitativen Abweichungen werden im zu entscheidenden Fall durch die nahezu vollständige Übereinstimmung in qualitativer Hinsicht kompensiert und aufgewogen. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die gemeinsame Gebäudehöhe für das Maß der Übereinstimmung beider Gebäude von besonderer Bedeutung ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 4 C 12.14 – juris Rn. 17). Aus diesem Umstand kann jedoch nicht gefolgert werden, die Annahme eines Doppelhauses erfordere stets die Beibehaltung einer einheitlichen Höhe. Vielmehr bedarf es gerader keiner völligen Übereinstimmung der Baukörper, sodass ein wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinandergebautes Gebäude auch bei unterschiedlichen Gebäudehöhen und trotz Vor- und Rücksprüngen der Gebäudeaußenwände vorliegen kann (BayVGH, B.v. 25.7.2019 – 1 CS 19.821 – juris Rn. 13). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass es sich bei dem dritten Vollgeschoss um ein östlich und westlich zurückversetztes Staffelgeschoss handelt, welches lediglich 60% der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses vereinnahmt und daher die Wirkung der Dreigeschossigkeit abgemildert ist.
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bb) Das Vorhaben entspricht auch den im Bebauungsplan enthaltenen örtlichen Bauvorschriften über die gestalterische Einheit von Doppel- und Reihenhäusern.
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Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Festsetzung. Hiernach sind Doppel- und Reihenhäuser mit gleicher Trauf- und Firsthöhe, gleicher Dachfarbe sowie gleichem Dachneigungswinkel zu errichten. Die Festsetzung stellt demzufolge ausschließlich auf Satteldächer ab, nachdem Flachdächer weder über eine Traufe noch einen First verfügen und die Angleichung der Gebäudehöhe explizit nicht in den Bebauungsplan aufgenommen worden ist. Dies zeigt ein Vergleich der Festsetzung mit der Formulierung im Gestaltungshandbuch der Standortgemeinde zum Bebauungsplan, in welchem ausdrücklich auch die Gebäudehöhe erwähnt ist (vgl. S. 17 des Gestaltungshandbuchs). Dies lässt darauf schließen, dass die Standortgemeinde diesen Passus bewusst nicht in den Bebauungsplan mit aufgenommen hat, nachdem in der Begründung zur zweiten Änderung des Bebauungsplans ausgeführt wird, dass die Vorgaben aus dem Gestaltungshandbuch übernommen werden sollten und dann bereits in der Begründung, die Formulierung „Gebäudehöhe“ fehlt. Aus dem Gestaltungshandbuch selbst lassen sich dagegen keine rechtsverbindlichen Vorgaben für das Bauvorhaben ableiten. Hierzu heißt es im Bebauungsplan im Abschnitt „Textliche Hinweise“ lediglich, dass „für die Gebietsentwicklung ein Gestaltungshandbuch zu berücksichtigen sein“ wird, was nicht dazu führen kann, dass das Gestaltungshandbuch in seiner Gesamtheit die Qualität einer Festsetzung i.S.d. Art. 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBO erreicht. Aus Sicht der Kammer handelt es sich bei dem Gestaltungshandbuch lediglich um unverbindliches Anschauungsmaterial, welches Bürgern und sonstigen Plananwendern die Umsetzung der Festsetzungen des Bebauungsplans erleichtern soll.
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Eine Angleichung der Fassadengestaltung (Fensteröffnungen, Materialwahl) an die benachbarte Doppelhaushälfte liegt beim Vorhaben des Klägers ebenfalls vor. Wie oben bereits ausgeführt, sind die Doppelhaushälfte in dieser Hinsicht nahezu identisch.
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cc) Es liegt auch kein Widerspruch zur Festsetzung über die höchstzulässige Zahl an Wohneinheiten je Wohngebäude vor.
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Einen allgemein gültigen bundesrechtlichen Wohnungsbegriff gibt es nicht. Daher fällt unter § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB jede Gesamtheit von Räumen zur Führung eines selbständigen Haushalts. Dies gilt unabhängig davon, ob die Räume auf Dauer oder nur zeitweise genutzt werden. Daher sind auch Zweitwohnungen oder Ferienwohnungen Wohnungen i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB, wenn auch nicht zwangsläufig i.S.d. Begriffs der Wohnung nach der BauNVO (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, 15. Aufl. 2022, BauGB § 9 Rn. 44).
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Die Doppelhaushälfte des Klägers ist bislang mit zwei Wohneinheiten (WE1 im EG mit 67 qm, WE2 im OG mit 73 qm) genehmigt. Die Bezeichnung des Bauvorhabens („Neubau eines Staffelgeschosses auf DHH mit ELW“) deutet darauf hin, dass im Staffelgeschoss nun eine Einliegerwohnung (zwei Schlafzimmer plus Bad, 42 qm) entstehen soll. Die Räume sind dabei in Anlehnung an die Wohneinheit 2 im Obergeschoss, die bislang über ein Schlafzimmer verfügt, mit „Schlafen2“ und „Schlafen3“ bezeichnet. Ausweislich der Baupläne ist die „Einliegerwohnung“ nur über die Wohneinheit 2 zu erreichen und weist keine eigene Wohnungstür auf. Im Rahmen der Berechnung der Wohnflächen wurde die Wohnfläche des Staffelgeschosses der Wohneinheit 2 zugeschlagen. In der Baubeschreibung ist die Anzahl der Wohnungen des gesamten Gebäudes mit zwei angegeben.
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Anhand der Bauvorlagen lässt sich damit zweifelsfrei feststellen, dass ein selbständiger Haushalt gerade nicht geführt werden können wird, sodass dahinstehen kann, ob eine Einliegerwohnung unter den Begriff der Wohnung i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB fallen würde.
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Die Kammer weist vorsorglich darauf hin, dass gemäß den eingereichten Bauvorlagen nach wie vor nur zwei selbständige Wohneinheiten genehmigt bzw. genehmigungsfreigestellt sind und eine Nutzung des Staffelgeschosses als dritte selbständige Wohneinheit zur Genehmigungspflichtigkeit und formellen Illegalität des Vorhabens führt.
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dd) Das Bauvorhaben hält auch die übrigen relevanten Vorgaben des Bebauungsplans ein. So wird die zulässige Gebäudehöhe von 10 m nicht überschritten, das Staffelgeschoss geht über eine Größe von 60% der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses nicht hinaus und das Flachdach soll extensiv begrünt werden.
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b) Auch die verbleibenden Voraussetzungen des Art. 58 Abs. 1 Satz 1 BayBO sind erfüllt. So ist die Erschließung des Bauvorhabens gesichert (Nr. 3), es unterfällt nicht den in Nr. 4 aufgezählten Vorhaben und die Gemeinde hat von ihrem Recht, zu erklären, dass ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll, keinen bzw. nicht rechtzeitig Gebrauch gemacht und auch keine vorläufige Untersagung beantragt (Nr. 5).
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Aus Sicht der Kammer ist es dabei unschädlich, dass der Kläger im verwendeten Formblatt explizit einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung gestellt hat und die Standortgemeinde das Gesuch in der Folge als einen solchen behandelt hat. Denn wie Art. 58 Abs. 3 Satz 1 BayBO und Art. 64 Abs. 1 BayBO zeigen, laufen sowohl das Baugenehmigungsverfahren als auch das Freistellungsverfahren mit der Einreichung der Bauunterlagen bei der Standortgemeinde und anschließender Weiterreichung an die Bauaufsichtsbehörde weitestgehend gleich ab. Außerdem verweist Art. 58 Abs. 5 Satz 2 BayBO auf Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO, was zur Folge hat, dass sowohl bei der Stellung eines Bauantrags als auch bei der Einleitung eines Freistellungsverfahrens die gleichen Unterlagen nach der BauVorlV bei der Standortgemeinde einzureichen sind. Nachdem die Standortgemeinde durch Einreichung der Bauvorlagen über deren Bauverwaltung Kenntnis von dem Bauvorhaben erlangt und sogar ihr gemeindliches Einvernehmen zum Vorhaben erteilt hat, ist auch der gemeindlichen Planungshoheit Genüge getan (vgl. Robl in BeckOK BauordnungsR Bayern, 25. Ed. 1.9.2022, BayBO Art. 58 Rn. 35 unter Verweis auf BayVGH, B.v. 2.3.2021 – 9 ZB 19.793 – juris Rn. 13). Sollte man dagegen die Stellungnahme der Standortgemeinde zum Bauvorhaben vom 27. September 2021 als Erklärung i.S.v. Art. 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BayBO interpretieren, so ist dem zu entgegnen, dass zu diesem Zeitpunkt die Frist nach Art. 58 Abs. 3 Satz 5 BayBO bereits abgelaufen war, nachdem die Bauvorlagen am 20. Juli 2021 bei der Standortgemeinde eingingen. Die Bauvorlagen waren auch bereits zu diesem Zeitpunkt vollständig, da die nachgereichten Anträge auf Erteilung einer Befreiung bzw. Abweichung vom 4. September 2021 unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Kammer nicht erforderlich waren.
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c) Die formellen Voraussetzungen des Art. 58 Abs. 3 und Abs. 5 BayBO sind erfüllt. Der Kläger hat die erforderlichen und vollständigen Bauvorlagen bei der Standortgemeinde eingereicht. Anträge auf Erteilung von Befreiungen und Abweichungen waren nicht erforderlich. Auch konnte gemäß Art. 58 Abs. 3 Satz 4 BayBO von der Angabe, ob die Nachbarn dem Bauvorhaben zugestimmt haben, abgesehen werden, nachdem Art. 66 Abs. 1 Satz 3 BayBO im Genehmigungsfreistellungsverfahren keine Anwendung findet.
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Im Übrigen könnte aufgrund der fehlenden Angabe nach Art. 66 Abs. 1 Satz 3 BayBO auch im Baugenehmigungsverfahren die Erteilung einer Baugenehmigung nicht versagt werden. Die Nachbarbeteiligung ist bloß ein Mittel für die Behörde, sich möglichst umfassend über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu unterrichten; der Schutzzweck liegt aber nicht in der Wahrung der Beteiligungsrechte selbst (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2010 – 9 CS 10.2197 – juris Rn. 11 m.w.N.). Eine unterlassene Nachbarbeteiligung hat allein zur Folge, dass der Genehmigungsbescheid gemäß Art. 66 Abs. 1 Satz 4 BayBO dem Nachbarn zuzustellen ist, wobei diese Zustellung den Fristlauf für eine Klageerhebung auslöst (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2010 – 14 CS 10.327 – juris Rn. 27). Es ist dabei irrelevant, aus welchen Gründen die Nachbarunterschrift fehlt oder ob der Nachbar überhaupt beteiligt wurde (BayVGH, B.v. 16.10.2018 – 9 CS 18.1415 – juris Rn. 32). Letztlich hat der Kläger die für den Beklagten relevanten Informationen über die Nachbarbeteiligung ohnehin im Laufe des Verwaltungsverfahren nachgeliefert.
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Nachdem die Voraussetzungen des Art. 58 Abs. 1 BayBO vorliegen, so hat dies zur Folge, dass das Vorhaben kraft Gesetzes von der Baugenehmigungspflicht freigestellt ist (Robl in BeckOK BauordnungsR Bayern, 25. Ed. 1.9.2022, BayBO Art. 58 Rn. 33). Dementsprechend war der Klage des Klägers in tenoriertem Umfang stattzugeben.
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d) Die Kammer weist der Vollständigkeit halber darauf hin, dass das Vorhaben gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nicht abstandsflächenpflichtig ist.
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Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO ist nur anwendbar, wenn – wie hier – ein Doppelhaus vorliegt, nachdem der Bebauungsplan im Übrigen die offene Bauweise festsetzt, bei der grundsätzlich seitliche Abstandsflächen einzuhalten sind. Festgesetzte Baugrenzen an der seitlichen Grundstücksgrenze führen dagegen alleine nicht dazu, dass bei festgesetzter offener Bauweise an die Grundstücksgrenze gebaut werden darf (vgl. Schönfeld in BeckOK BauordnungsR Bayern, 25. Ed. 1.12.2022, BayBO Art. 6 Rn. 50 ff.; Kraus in Busse/Kraus, 149. EL Januar 2023, BayBO Art. 6 Rn. 67).
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Nachdem der Kläger bereits mit seinem Hauptantrag erfolgreich war, musste über die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung nicht mehr entschieden werden.
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3. Die Entscheidung über die Kosten fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.