Titel:
Presserechtlicher Auskunftsanspruch bei Einstellung des Strafverfahrens
Normenketten:
BayPrG Art. 4
StPO § 153a Abs. 2
Leitsätze:
Zum Auskunftsanspruch der Presse bei Einstellung des Strafverfahrens durch das Gericht nach § 153a Abs. 2 Satz 1 StPO. (Rn. 8)
Die Entscheidung, ob schutzwürdige Interessen des Betroffenen den konkret geltend gemachten presserechtlichen Informationsanspruch ausschließen, unterliegt der vollständigen gerichtlichen Kontrolle. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Presserechtlicher Auskunftsanspruch, Gerichtliche Verfahrenseinstellung nach § 153a Abs. 2 StPO, Nennung der Höhe der Geldauflage, Höhe der Geldauflage
Vorinstanz:
VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 09.12.2020 – RN 4 K 19.1389
Fundstellen:
LSK 2023, 20808
BeckRS 2023, 20808
ZGI 2023, 237
NJW 2024, 376
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der nach § 84 Abs. 2 Nr. 2, § 124a Abs. 4 Satz 1 bis 3 VwGO zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten), § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) und § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) sind nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt bzw. liegen nicht vor.
2
I. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 84 Abs. 3 Halbs. 1 VwGO) zuzulassen.
3
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
4
Mit Gerichtsbescheid vom 9. Dezember 2020 verurteilte das Verwaltungsgericht den Beklagten, dem Kläger gestützt auf Art. 4 Abs. 1 BayPrG in Bezug auf ein vom zuständigen Amtsgericht eingestelltes Strafverfahren, Auskunft über die Höhe der Geldauflage sowie über die gemeinnützige Organisation zu erteilen, die die Geldauflage erhalten hat. Dem Kläger war auf seine Anfrage hin bereits mit E-Mail der Staatsanwaltschaft vom 29. Juli 2019 mitgeteilt worden, dass das Gericht das „tierschutzrechtliche Strafermittlungsverfahren“ mit dem vom Kläger benannten Aktenzeichen nach Zahlung einer Geldauflage an eine gemeinnützige Organisation nach § 153a Abs. 2 StPO eingestellt habe. Zur Höhe der Geldauflage sowie in Bezug auf den Empfänger der Geldauflage könnten keine näheren Angaben gemacht werden.
5
Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Beklagte könne die begehrten weiteren Auskünfte nicht mit Verweis auf Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG verweigern. Durch die Mitteilung der Höhe der festgesetzten Geldauflage könnten weder eindeutige Rückschlüsse auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen noch auf die Schwere des Tatvorwurfs gezogen werden. Eine Offenlegung der Gewichtung der Komponenten, die zur Bestimmung des konkreten Betrags der Geldauflage geführt hätten, sei von der Auskunftserteilung nicht erfasst. Auch sei nicht ersichtlich, dass mit der Nennung der gemeinnützigen Organisation, an die die Geldauflage zu zahlen gewesen sei, derart in deren informationelles Selbstbestimmungsrecht eingegriffen werde, dass das öffentliche Informationsinteresse hinter den Interessen der gemeinnützigen Organisation zurückstehen müsse.
6
Die vom Beklagten hiergegen vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Sie können die inhaltliche Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in Frage stellen. Es werden keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
7
1. Der Beklagte wendet gegen die Richtigkeit des Gerichtsbescheids im Wesentlichen ein, das Verwaltungsgericht habe einerseits die Reichweite des Persönlichkeitsrechts sowie andererseits verkannt, dass der Staatsanwaltschaft nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei Erfüllung des presserechtlichen Auskunftsanspruchs ein Ermessensspielraum zustehe, der gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 Satz 1 VwGO überprüft werden könne. Eine Prüfung der Ermessenserwägungen der Staatsanwaltschaft habe das Verwaltungsgericht unterlassen. Insbesondere habe es nicht berücksichtigt, dass bei der gebotenen Abwägung zwischen dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Informationsinteresse des Klägers und dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen der Beklagte die begehrte Auskunft nach den innerhalb seines Ermessensspielraums liegenden Argumenten zu Recht verweigert habe. Das von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse auch die Bestimmung, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart würden. Mit diesen Ausführungen werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Gerichtsbescheids nicht aufgezeigt.
8
a) Aufgrund des verfassungsrechtlich in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, einfachgesetzlich in Art. 4 BayPrG verankerten Auskunftsanspruchs können Pressevertreter behördliche Auskünfte verlangen, soweit die Informationen bei der Behörde vorhanden sind und berechtigte schutzwürdige Interessen Privater oder öffentlicher Stellen an der Vertraulichkeit nicht entgegenstehen. Liegen die Voraussetzungen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs vor, ist das hinreichend konkretisierte Auskunftsersuchen durch die Beantwortung der spezifisch gestellten Fragen zu erfüllen. Die Art der Beantwortung steht dabei grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Dies bedeutet, dass schriftliche Anfragen in der Regel schriftlich und telefonische, wenn möglich, am Telefon zu beantworten sind (vgl. hierzu Soering in Soering/Hoene, Presserecht, 6. Aufl. 2019, § 4 Rn. 4.29). Der – insoweit – eröffnete Ermessensspielraum kann sich im Einzelfall zu einem Anspruch eines Pressevertreters auf Akteneinsicht oder Aktenvorlage verdichten.
9
Hingegen unterliegt die Entscheidung darüber, ob schutzwürdige Interessen des Betroffenen den konkret geltend gemachten presserechtlichen Informationsanspruch ausschließen – als negative Anspruchsvoraussetzung (vgl. Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG) – der vollständigen gerichtlichen Kontrolle. Unabhängig davon, dass § 114 Satz 1 VwGO nach seinem Wortlaut direkt nur auf die gerichtliche Nachprüfung von Ermessensentscheidungen der Behörde durch Verwaltungsakt im Rahmen einer Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage anzuwenden ist und lediglich entsprechend für allgemeine Leistungsklagen gilt, soweit ein schlichtes Verwaltungshandeln nach Ermessen begehrt oder abgewehrt werden soll (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 114 Rn. 6 m.w.N.), verfügt der nach Art. 4 BayPrG Auskunftsverpflichtete bei der Abwägungsentscheidung, ob er die konkret geforderte Auskunft erteilt, über keinen Ermessensspielraum, der lediglich in den Grenzen des § 114 Satz 1 VwGO zu überprüfen wäre. Setzt sich der presserechtliche Auskunftsanspruch im Rahmen der durchzuführenden Abwägung durch, steht fest, dass die Belange der Presse überwiegen. Mit Art. 4 BayPrG besteht dann eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die mit der Auskunftserteilung verbundenen Eingriffe in die Grundrechte Dritter.
10
b) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 14. September 2015 – 1 BvR 857/15 – (juris Rn. 18 und 19) nicht zu entnehmen, dass die vorzunehmende Abwägungsentscheidung im Ermessen des Beklagten stünde und gerichtlich ausschließlich nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO zu überprüfen wäre.
11
In der vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidenden Verfassungsbeschwerde eines Pressevertreters, dem die Übersendung einer anonymisierten Kopie eines Strafurteils vor dessen Rechtskraft verweigert worden war, stand im Wesentlichen nicht das „ob“, sondern das „wie“ der Auskunftserteilung im Streit. Denn die Erfüllung des Auskunftsbegehrens war im Instanzenzug durch das Oberverwaltungsgericht Thüringen mit der Begründung abgelehnt worden, die zugrundeliegende presserechtliche Landesnorm verpflichte die Behörden lediglich zur Erteilung einer Auskunft. Nur in Ausnahmefällen könne das Auswahlermessen dahingehend reduziert sein, dass die Herausgabe einer Urteilskopie verlangt werden dürfe. Eine derartige Ermessensreduzierung sei jedoch nicht gegeben (vgl. BVerfG, B.v. 14.9.2015 – 1 BvR 857/15 – juris Rn. 6). Vielmehr müssten konkrete Auskunftsbegehren – beispielsweise zu den Gründen der Strafzumessung – formuliert werden (vgl. BVerfG, B.v. 14.9.2015 a.a.O. Rn. 7).
12
Unter Rückgriff auf die gefestigte Rechtsprechung zur Reichweite presserechtlicher Auskunftsansprüche hat das Bundesverfassungsgericht im zitierten Beschluss festgestellt, dass bei einer (Eil-)Entscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten sei. Dies gelte auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichte, wobei zu berücksichtigen sei, dass der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit selbst Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips und eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen allgemein anerkannt sei (B.v. 14.9.2015 a.a.O. Rn. 16). Presserechtlich auskunftspflichtigen Stellen stehe zwar grundsätzlich – auch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG – ein Ermessensspielraum bei der Frage nach Art und Umfang der Auskunft zu. In keinem der Landespressegesetze werde der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs näher präzisiert. Es werde lediglich bestimmt, dass die Behörden sowie die der Aufsicht des Landes unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet seien, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Erfüllung des Anspruchs werde den Behörden ein Ermessensspielraum zugestanden, der sich lediglich im Einzelfall zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichte (B.v. 14.9.2015 a.a.O. Rn. 18 m.w.N.). Bei der Bestimmung der konkreten Tragweite des Auskunftsanspruchs im Einzelfall sei eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Das danach maßgebliche öffentliche Informationsinteresse sei anhand des Gegenstands des Auskunftsersuchens und damit der beabsichtigten Berichterstattung zu bestimmen (B.v. 14.9.2015 a.a.O. Rn. 19).
13
Den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass den auskunftspflichtigen Stellen ein Ermessensspielraum lediglich bei der Frage nach Art und Umfang der Auskunft, also bei der Erfüllung des Auskunftsbegehrens zusteht. Für die Ansicht des Beklagten, das Verwaltungsgericht dürfe auch die Abwägungsentscheidung gemäß § 114 Satz 1 VwGO anhand der tatsächlich angestellten Erwägungen lediglich daraufhin prüfen, ob der eingeräumte Ermessensspielraum ausgeschöpft wurde, ob die gesetzlichen Grenzen der Ermessensbetätigung überschritten und ob die nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte bei ihrer Entscheidung berücksichtigt wurden, ist der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nichts zu entnehmen. Sollte der Beklagte die bundesverfassungsgerichtlichen Ausführungen, es bestehe ein Ermessensspielraum bei der Frage nach Art und Umfang der Auskunft, so verstanden haben, dass es in seinem Ermessen steht, welche von mehreren gewünschten Auskünften er an die Presse weitergeben muss, zieht er die falschen rechtlichen Schlüsse. Begehrt die Presse in Bezug auf einen einheitlichen Sachverhalt mehrere Auskünfte, hat die auskunftspflichtige Stelle bei der Entscheidung, ob sie auskunftspflichtig ist, in Bezug auf jede einzelne der geforderten Auskünfte eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen.
14
2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Gerichtsbescheids ergeben sich auch nicht aus dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte berücksichtigen müssen, dass personenbezogene Daten nach den Vorgaben in den Richtlinien für die Zusammenarbeit der bayerischen Justiz mit der Presse (Presserichtlinien) in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 26. Mai 2014, Az. 1271-X-1/2014 (JMBl. S. 67), nur dann an die Presse weitergegeben werden dürften, wenn die Beteiligten einwilligten oder aber das Verfahren gerade im Hinblick auf die Person der oder des Betroffenen oder die besonderen Umstände der Tat für die Öffentlichkeit von überwiegendem Interesse sei. Der Betroffene habe der Weitergabe seiner Daten nicht zugestimmt; ein größeres Interesse an der Tat oder der Person des Betroffenen bestehe ebenfalls nicht, was sich bereits daran zeige, dass keine weiteren Presseanfragen eingegangen seien und die streitgegenständliche Presseanfrage erst „nach verweigerter Auskunft gegenüber der Anzeigeerstatterin“ erfolgt sei.
15
Dieses Vorbringen greift bereits deshalb zu kurz, da das mit den Fragen zum Ausdruck gebrachte Auskunftsbedürfnis des Klägers vom Beklagten nicht mehr gänzlich in Frage gestellt werden kann. Der Beklagte hat dem Kläger, der einen Presseausweis vorgelegt hat, bereits mit E-Mail vom 29. Juli 2019 Auskünfte zum streitgegenständlichen Strafverfahren erteilt. Der vom Beklagten geltend gemachte Einwand, der Betroffene habe einer Weitergabe seiner Daten nicht zugestimmt, geht damit faktisch ebenso ins Leere, wie der Hinweis, es habe keine weiteren Presseanfragen gegeben. Unabhängig davon, dass der Betroffene mit Schreiben an die Staatsanwaltschaft Landshut vom 3. Juni 2019 einer Akteneinsicht durch P. … e.V., auf dessen Anzeige das Verfahren wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz eingeleitet wurde, widersprochen hat, kann die Herausgabe der geltend gemachten Informationen nicht allein deshalb verweigert werden, weil der Betroffene nicht zustimmt (so BVerwG, U.v. 28.10.2021 – 10 C 5.20 – juris Rn. 58). Zudem dürfte eine Berichterstattung über die vom Betroffenen praktizierte und nach § 17 Nr. 2 Buchst. b TierSchG strafbare Angelmethode nur in Fachkreisen von Interesse sein. Aus fehlenden weiteren Presseanfragen folgt daher nicht, dass allein deshalb die Auskünfte nicht zu erteilen wären. Nach unbestrittenen Angaben publiziert der Kläger gerade in der einschlägigen Fachpresse allgemein dazu, wie die tierschutzwidrige Angelmethode geahndet wird. Da der Beklagte bereits Auskünfte zum Strafverfahren des Betroffenen erteilt hat, muss er – wie auch das Verwaltungsgericht – davon ausgegangen sein, dass der Betroffene, der die Ergebnisse der tierschutzwidrigen Angelmethode nach unbestrittenen Angaben in der Fachpresse und auf seinem Social-Media-Kanal präsentiert, durch den dem Strafverfahren zugrundeliegenden Sachverhalt in seiner Sozialsphäre betroffen ist.
16
3. Das Vorbringen des Beklagten, das Verwaltungsgericht habe bei der Abwägungsentscheidung unberücksichtigt gelassen, dass das Ermittlungsverfahren nach den Vorgaben der Strafprozessordnung grundsätzlich nicht öffentlich sei und sich der Angeschuldigte in den Fällen des § 153a StPO bewusst gegen eine öffentliche Hauptverhandlung entschieden habe, rechtfertigt ebenfalls keine Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
17
Nach dem vorliegend strafprozessrechtlich inmitten stehenden § 153a Abs. 2 Satz 1 StPO kann das Gericht das Verfahren nach Klageerhebung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten vorläufig einstellen und zugleich die in Absatz 1 Satz 1 und 2 der Vorschrift bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Der vorläufige Einstellungsbeschluss muss die Auflagen, Weisungen und Fristen genau bezeichnen. Bei nicht fristgerechter oder unvollständiger Erfüllung der Auflagen und Weisungen wird das Verfahren fortgesetzt. Erfüllt der Angeschuldigte die Auflagen und/oder Weisungen fristgerecht, wird das Verfahren durch deklaratorischen Gerichtsbeschluss endgültig eingestellt (vgl. zum Ganzen Peters in Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2016, § 153a Rn. 54, 55 und 59 m.w.N.). Vorliegend hat das Amtsgericht Erding das Verfahren mit Beschluss vom 9. April 2019 nach Zahlung einer Geldauflage gemäß § 153a Abs. 2 StPO endgültig eingestellt. Nachdem das Gericht im Fall des § 153a Abs. 2 StPO den vorläufigen Einstellungsbeschluss zumeist in öffentlicher Hauptverhandlung erlässt (vgl. Peters a.a.O. Rn. 54; Diemer in Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Aufl. 2023, § 153a Rn. 55), kann einem presserechtlichen Auskunftsanspruch der Einwand fehlender Öffentlichkeit bereits nicht entgegengehalten werden.
18
Selbst dann, wenn im vorliegenden Strafverfahren – wie dies der Beklagte im Schriftsatz an das Verwaltungsgericht vom 19. August 2019 vorgetragen hat – ausnahmsweise keine öffentliche Hauptverhandlung stattgefunden haben sollte, führt dies nicht dazu, dass ein presserechtliches Auskunftsersuchen von vorneherein unbeantwortet bleiben müsste. Unter anderem gestützt auf den zuvor zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. September 2015 – 1 BvR 857/15 – (juris Rn. 16 ff. m.w.N.) hat der Senat mit Beschlüssen vom 15. Mai 2023 – 7 CE 23.666 – (juris) und vom 29. Juni 2023 – 7 CE 23.820 – (juris) entschieden, dass die Tatsache, dass ein Strafbefehl gänzlich ohne eine Hauptverhandlung ergeht (vgl. § 403 Abs. 3 Satz 1 StPO), der grundsätzlichen Publikationswürdigkeit eines Strafbefehls selbst dann nicht entgegensteht, wenn die Erwartung, der Inhalt des Strafbefehls gelange nicht an die Öffentlichkeit, für den Angeschuldigten ein ausschlaggebender Faktor gewesen ist, den Strafbefehl zu akzeptieren. Der in Art. 6 Abs. 1 EMRK aufgestellte Öffentlichkeitsgrundsatz, der der einseitigen Disposition des Betroffenen entzogen ist, beinhaltet neben der Verhandlungs-, Verkündungs- und Volksöffentlichkeit auch die Medienöffentlichkeit und stellt für den demokratischen Rechtsstaat ein eminent wichtiges Verfahrensrecht dar, das einer „Geheimjustiz“ mit stillen Willküranteilen vorbeugen soll (vgl. Gerst in Esser/Rübenstahl/Salinger/Tsambikakis, Wirtschaftsstrafrecht, Art. 6 EMRK, Rn. 33). Zwar können einem Auskunftsanspruch der Presse im Einzelfall die zu beachtenden Belange des Betroffenen entgegenstehen; dies ändere jedoch nichts an der generellen Veröffentlichungswürdigkeit von Strafbefehlen (vgl. B.v. 29.6.2023 – 7 CE 23.820 – juris Rn. 20; B.v. 15.5.2023 – 7 CE 23.666 – juris). Die Ausführungen des Senats in den beiden Beschlüssen sind auf presserechtliche Auskunftsverlangen in Bezug auf eine (endgültige) Einstellung des Verfahrens nach § 153a Abs. 2 StPO übertragbar. Im Hinblick auf die Auskunftspflichten öffentlicher Behörden einschließlich der Gerichte gegenüber der Presse kann allein die Tatsache, dass ein strafrechtliches Verfahren nach § 153a Abs. 2 StPO nicht immer in öffentlicher Hauptverhandlung eingestellt wird, nicht dazu führen, dass die begehrten Auskünfte bereits deshalb verweigert werden dürften.
19
4. Ohne Erfolg bleiben die Einwendungen des Beklagten, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen eine entscheidende Rolle bei der Festsetzung der Höhe des Geldbetrags spielten. § 153a StPO enthalte zwar für die Höhe der Zahlungsauflage unmittelbar keine Maßstäbe, die Geldzahlung trete aber als Sanktion an die Stelle einer Geldstrafe. Aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Bemessungspraxis sei somit durchaus ein Rückschluss auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen möglich. Soweit das Gericht darauf abstelle, dass neben den wirtschaftlichen Verhältnissen bei der Bemessung auf die Schwere der Schuld abzustellen sei, verkenne es, dass es bei einer Einstellung nach § 153a StPO genüge, dass die Schwere der Schuld nicht entgegenstehe.
20
Mit diesen Ausführungen wird schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt, warum die Annahme des Verwaltungsgerichts, ein erheblicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen sei nicht ersichtlich, ernstlich zweifelhaft ist. Das Verwaltungsgericht hat hierzu festgestellt, die Höhe der Geldauflage lasse lediglich bedingt Rückschlüsse auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zu, da in deren Bemessung zwei Komponenten einflössen und die Auskunftserteilung die Gewichtung der Komponenten, die zur konkreten Geldauflage geführt hätten, gerade nicht offenlege. Diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts entsprechen im Wesentlichen den Angaben der Staatsanwaltschaft Landshut im Schriftsatz an das Verwaltungsgericht vom 18. September 2019. Hiernach orientiert sich die Staatsanwaltschaft bei der Bemessung der Geldauflage im Rahmen des § 153a Abs. 1 StPO an der im Wege eines Strafbefehls zu verhängenden Geldstrafe und reduziert diese um einen festen Prozentsatz bzw. Bruchwert. Üblicherweise bemesse sich die Höhe der Geldauflage bei einem staatsanwaltschaftlichen Angebot, das Ermittlungsverfahren nach § 153a Abs. 1 StPO einzustellen, in einem Rahmen zwischen zwei Drittel und drei Viertel der im Wege eines Strafbefehls zu beantragenden Geldstrafe. Bei der Geldstrafe gehe das Gewicht der individuellen Schuld in die Anzahl der Tagessätze ein, die Höhe der Tagessätze richte sich nach der unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Verurteilten. Weder ist ersichtlich noch wird im Zulassungsverfahren aufgezeigt, dass für die Bemessung der Geldauflage durch das Gericht substantiell andere Bemessungsgrundsätze gelten.
21
Zudem hat der Senat in seinen Entscheidungen vom 15. Mai 2023 – 7 CE 23.666 – (juris) und vom 29. Juni 2023 – 7 CE 23.820 – (juris) festgestellt, dass sich insbesondere dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. September 2015 – 1 BvR 857/15 – (juris) eindeutig entnehmen lässt, dass der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit selbst Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips und eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen allgemein anerkannt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu ausgeführt, erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetze die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen. Der Presse komme neben einer Informationsinsbesondere eine Kontrollfunktion zu. Beide Funktionen seien berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiere. In derartigen Verfahren gehe es – überdies in besonders einschneidender Weise – um die Ausübung staatlicher Gewalt. Der Schutz der Pressefreiheit reiche dann weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebe. Die insoweit grundsätzlich bestehende Veröffentlichungspflicht erstrecke sich nicht nur auf rechtskräftige Entscheidungen, sondern könne bereits vor Rechtskraft greifen (BVerfG, B.v. 14.9.2015 a.a.O. Rn. 20).
22
Unter Berücksichtigung dessen sowie der Tatsache, dass der Betroffene in seiner Sozialsphäre betroffen ist, hat das Verwaltungsgericht das vom Kläger geltend gemachte (öffentliche) Informationsinteresse der Fachpresse – auch im Hinblick auf die staatsanwaltschaftlichen Ausführungen im Klageverfahren – in nicht zu beanstandender Weise gewürdigt und gegenüber dem Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung gewichtet. Zwar können Berichte über zurückliegende Straftaten Grenzen unterliegen, um der Resozialisierung von Straftätern bzw. deren Anspruch, möglichst unbeeinträchtigt wieder ein normales Leben führen zu können, Rechnung zu tragen. Auch Einschränkungen, die sich nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung ergeben, können nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen der gerichtlichen Entscheidungen seitens der Gerichtsverwaltung gemacht werden. Die Verantwortung für die Beachtung entsprechender Sorgfaltspflichten liegt jedoch grundsätzlich bei den Medien selbst (vgl. BVerfG, B.v. 14.9.2015 – 1 BvR 857/15 – juris Rn. 22). Der Kläger wird daher zu prüfen haben, inwieweit eine Veröffentlichung der geforderten Informationen unter konkreter Bezugnahme auf den Betroffenen wegen der seit der Verfahrenseinstellung verstrichenen Zeit noch zulässig sein kann.
23
5. Aus den Ausführungen des Beklagten ergeben sich auch insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung als der Beklagte verpflichtet wurde, die gemeinnützige Organisation zu benennen, an die der Betroffene die Geldauflage zahlen musste. Insoweit ist schon zweifelhaft, ob das Vorbringen des Beklagten den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt. Jedenfalls bleibt offen, warum die gemeinnützige Organisation, die die Geldauflage erhalten hat, überhaupt negativ betroffen sein kann. Der weitere Einwand, das Verwaltungsgericht verkenne völlig, dass auch die Interessen des Betroffenen an der Geheimhaltung in die Abwägung eingeflossen seien und auch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) berührt sein könne, ist nicht nachvollziehbar.
24
II. Die Berufung ist nicht wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
25
Eine Rechtssache weist besondere rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn eine kursorische Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung keine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits erlaubt. Entscheidend für besondere rechtliche Schwierigkeiten ist dabei stets die Qualität, nicht die Quantität (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 27). Besondere tatsächliche Schwierigkeiten einer Rechtssache entstehen durch einen besonders unübersichtlichen und/oder einen schwierig zu ermittelnden Sachverhalt (vgl. Happ a.a.O. § 124 Rn. 33).
26
Der Senat vermag aufgrund der Ausführungen unter I. und der dort zitierten Rechtsprechung keine derartigen Schwierigkeiten zu erkennen.
27
III. Die Berufung ist ferner nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
28
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2019 – 5 B 1.19 D – juris Rn. 2 m.w.N.; B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – BayVBl 2016, 104 Rn. 6 m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.6.2018 – 14 ZB 17.390 – juris Rn. 14 m.w.N.). Um einen auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).
29
Der Beklagte hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob „in der Mitteilung der Höhe der festgesetzten Geldauflage im Fall der Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO durch die Staatsanwaltschaft an die Presse ein erheblicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen liegt, der eine Auskunftsverweigerung rechtfertigt, oder nicht“.
30
Der aufgeworfenen Frage fehlt bereits die Klärungsfähigkeit, weil sie in dieser Allgemeinheit für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich war und in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. § 153a StPO sieht in Abhängigkeit davon, ob von der Erhebung einer öffentlichen Klage abgesehen wird, zwei verschiedene Zuständigkeiten für die Einstellung eines Strafverfahrens nach dieser Vorschrift vor. Nach § 153a Abs. 1 Satz 1 StPO kann die Staatsanwaltschaft bei Vorliegen der erforderlichen Zustimmungen bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und dem Beschuldigten zugleich Auflagen und Weisungen erteilen. Ist die Klage hingegen bereits erhoben, kann das Gericht nach § 153a Abs. 2 Satz 1 StPO mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig, nach Erfüllung der im vorläufigen Einstellungsbeschluss bezeichneten Auflagen und Weisungen endgültig einstellen. Vorliegend stand ausschließlich eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a Abs. 2 StPO inmitten. Inwieweit Auskünfte zu einer Verfahrenseinstellung nach „§ 153a StPO“ unabhängig davon verweigert werden dürfen, ob das Verfahren nach Absatz 1 oder 2 der Vorschrift eingestellt wurde, war nicht entscheidungserheblich.
31
Darüber hinaus entzieht sich die aufgeworfene Frage einer grundsätzlichen, über den Einzelfall hinausgehenden Klärung. Denn bei der Bestimmung der konkreten Tragweite des Auskunftsanspruchs im Einzelfall ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Hiervon hängt wesentlich ab, ob die Höhe der festgesetzten Geldauflage mitgeteilt werden darf.
32
IV. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Divergenz zuzulassen. Der Beklagte hat den Zulassungsgrund zwar benannt. Es fehlen jedoch jegliche Ausführungen hierzu (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
33
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG (wie Vorinstanz).