Titel:
Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens ohne sachlichen Grund
Normenketten:
LlbG Art. 16 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 2
Leitsätze:
1. Dem Dienstherrn kommt hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Auswahlverfahrens ein weites Ermessen zu. Dabei ist aber dem Bewerbungsverfahrensanspruch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen, weshalb die Darlegung eines sachlichen Grundes für den Abbruch erforderlich ist. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beim Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens kann jeder Bewerber eine einstweilige Anordnung mit dem Ziel anstreben, den Dienstherrn zur Fortsetzung des Stellenbesetzungsverfahrens zu verpflichten, um so zu verhindern, dass die Stelle ohne tragfähigen Grund nochmals ausgeschrieben wird. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands, Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens, Leiter eines Polizeikommissariats (A 12/13), bisherige Tätigkeit im Kriminaldauerdienst (KDD), Richtlinien über die Bestellung auf Dienstposten der Bayerischen Polizei (Bestellungsrichtlinien - RBestPol), sachlicher Grund für den Abbruch
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 15.05.2023 – RN 1 E 23.190
Fundstelle:
BeckRS 2023, 20798
Tenor
I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. Mai 2023 wird abgeändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, das durch Veröffentlichung im Mitteilungsblatt Nr. 18 vom 4. Oktober 2022 abgebrochene Verfahren zur Besetzung des im Mitteilungsblatt Nr. 23/24 vom 15. Dezember 2021 ausgeschriebenen Dienstpostens als Kommissariatsleiterin/Kommissariatsleiter (K1) bei der KPI Landshut fortzusetzen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
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Die Gründe, die der Antragsteller fristgemäß nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt hat und auf deren Prüfung der Senat in der Sache beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu einer Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Verwaltungsgerichtshof ist zu der Auffassung gelangt, dass dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO mit dem Ziel, dem Dienstherrn die Fortführung des Stellenbesetzungsverfahrens aufzugeben, zu entsprechen ist. Dem Antragsteller steht sowohl ein Anordnungsgrund (1.) als auch ein Anordnungsanspruch (2.) zur Seite.
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1. Der erforderliche Anordnungsgrund folgt aus dem Umstand, dass im Interesse der Rechtssicherheit umgehend zu klären ist, ob der betreffende Dienstposten einer Kommissariatsleiterin/eines Kommissariatsleiters nicht doch in dem vom Dienstherrn abgebrochenen Auswahlverfahren zu vergeben ist (BayVGH, B.v. 20.9.2019 – 3 CE 19.1166 – juris Rn. 5 m.w.N.).
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2. Der Antragsteller kann sich – anders als das Verwaltungsgericht annimmt – auch auf einen Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO) berufen. Er folgt daraus, dass der für die Rechtmäßigkeit des Abbruchs des im Dezember 2021 eröffneten Stellenbesetzungsverfahrens erforderliche sachliche Grund weder der Abbruchverfügung (Aktenvermerk des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration – BayStMI – v. 23.1.2023) zu entnehmen ist, noch sich aus sonstigen evidenten Umständen ergibt. Das Beschwerdevorbringen erweist sich insoweit als zutreffend. Damit ist der aus dem Stellenbesetzungsverfahren herzuleitende Bewerbungsverfahrensanspruch, dessen Sicherung der Antragsteller begehrt, mit dem rechtswidrigen Abbruch dieses Verfahrens nicht untergegangen (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2016 – 3 CE 15.2405 – juris Rn. 66).
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2.1 Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt dem Dienstherrn hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Bewerbungs- und Auswahlverfahrens zwar ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen zu (BVerfG, B.v. 12.7.2011 – 1 BvR 1616/11 – juris Rn. 24). Dabei ist allerdings dem Bewerbungsverfahrensanspruch (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG, Art. 16 Abs. 1 LlbG), wie das Verwaltungsgericht zutreffend herausgestellt hat, auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen. Deshalb erfordert der Abbruch, durch den sich maßgeblich die Zusammensetzung des Bewerberkreises steuern lässt, die Darlegung eines sachlichen Grundes.
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Sachliche Gründe für die Beendigung des Auswahlverfahrens sind solche, die den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG genügen. Das ist etwa nicht der Fall, wenn die Gründe das Ziel verfolgen, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen (BVerwG, U.v. 26.1.2012 – 2 A 7/09 – juris Rn. 27). Der Dienstherr kann aber aufgrund des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums ein Stellenbesetzungsverfahren abbrechen, wenn kein Bewerber seinen Erwartungen entspricht (BVerwG, U.v. 26.1.2012 a.a.O. Rn. 28). Der Abbruch kann aber auch aus der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsgewalt des Dienstherrn gerechtfertigt sein, die ihm die Entscheidung darüber erlaubt, ob und wann er welche Statusämter zur Besetzung bereithält. Ein sachlicher Grund liegt beispielsweise auch dann vor, wenn sich der Dienstherr entschließt, mit dem Ziel der bestmöglichen Besetzung der Beförderungsstelle einen breiteren Interessentenkreis anzusprechen, weil er den einzigen Bewerber nicht uneingeschränkt für geeignet hält (vgl. BVerwG, U.v. 25.4.1996 – 2 C 21.95 –; U.v. 22.7.1999 – 2 C 14.98 – jew. juris; BayVGH, B.v. 21.2.2022 – 3 CE 21.3087 – juris Rn. 3) oder wenn seit der ersten Ausschreibung ein erheblicher Zeitraum verstrichen ist und der Dienstherr den Bewerberkreis aktualisieren und vergrößern will (OVG NW, B.v. 15.12.2022 – 6 A 2253/20 – juris Rn.38 m.w.N.) oder wenn der Dienstherr sich entschlossen hat, die Stelle neu zuzuschneiden (BVerwG, B.v. 27.2.2014 – 1 WB 7.13 – juris Rn. 29). Darüber hinaus sind weitere Fallgestaltungen für einen mit personalwirtschaftlichen Argumenten sachlich begründeten Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens denkbar (BayVGH, B.v. 18.2.2011 – 3 CE 10. 2443 – juris Rn. 38; zum Ganzen: Hofmann in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Stand: Juli 2018, § 19 Beförderung, 5.4. Rn. 32). Der Dienstherr kann das Auswahlverfahren aber auch dann abbrechen, wenn er – wie hier – zwar den unverändert beschriebenen Dienstposten weiterhin vergeben will, aber das bisherige Verfahren „nach seiner Einschätzung an nicht behebbaren Mängeln mit der Folge leidet, dass eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdende Auswahlentscheidung allein in einem weiteren Auswahlverfahren denkbar erscheint“ (BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4.18 – juris Rn. 18).
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Wird der Abbruch eines Auswahlverfahrens diesen Anforderungen nicht gerecht, so darf von Verfassungs wegen keine Neuausschreibung erfolgen, andernfalls die Bewerber des ursprünglichen Auswahlverfahrens durch eine Auswahlentscheidung in einem neuen Auswahlverfahren in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt werden. Beim Abbruch kann deshalb jeder Bewerber eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Ziel anstreben, den Dienstherrn zur Fortsetzung des Stellenbesetzungsverfahrens zu verpflichten, um so zu verhindern, dass die Stelle ohne tragfähigen Grund nochmals ausgeschrieben wird (BVerfG, B.v. 28.11.2011 – 2 BvR 1181/11 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 3 CE 18.2608 – juris Rn. 19).
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2.2 Unter Anlegung dieser Maßstäbe liegt im Streitfall weder einer der (unter 2.1) dargestellten sachlichen Gründe für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens noch ein vergleichbarer sonstiger Grund vor. Die in der schriftlichen Dokumentation im Abbruchvermerk vom 23. Januar 2023 auf Seite 2, 3 aufgeführten Gründe lauten:
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„Nach erneuter eingehender Prüfung kommt das StMI zu dem Schluss, dass das Besetzungsverfahren/Auswahlverfahren aus folgenden Gründen abzubrechen und der Dienstposten mit dem ursprünglichen Text und unter Hinzufügung folgenden Hinweises auszuschreiben ist: „Ausnahmen gem. Nr. 4.2.2 Satz 2 RBestPol sind möglich, z. B. bei einer Tätigkeit im Kriminaldauerdienst“.
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Im Beschluss des VG Regensburg vom 31.08.2022, Az. RN 1 E 22.1617, wurde festgestellt, dass die Aufzählung der Organisationseinheiten im o. g. Ausschreibungstext, in denen besondere Fachkenntnisse erworben werden können, nicht abschließend sei und die Formulierung „insbesondere“ deutlich darauf hinweise, dass die Fachkenntnisse in der genannten, aber auch in anderen kriminalpolizeilichen Ermittlungsstellen, in denen Delikte gegen höchstpersönliche Rechtsgüter bearbeitet werden, erworben werden könnten. Ferner wurde festgestellt, dass eine hinreichende Schnittmenge einer Tätigkeit im K1 mit einer Tätigkeit im K8 – Kriminaldauerdienst – bei der KPI Straubing bestehe. Deshalb sei nach entsprechend langer Tätigkeit auch im KDD vom Erwerb der geforderten fachspezifischen Kenntnisse auszugehen.
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Aufgrund dieser gerichtlich festgestellten Ausweitung der Möglichkeit des Erwerbs der fachspezifischen Kenntnisse erscheint bei einer Neuausschreibung mit dem o. g. Hinweis, dass Ausnahmen gem. Nr. 4.2.2 Satz 2 RBestPol möglich sind, z. B. bei einer Tätigkeit im Kriminaldauerdienst, ein erweiterter Bewerberkreis möglich. …
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Außerdem wird durch die Anbringung des o. g. Hinweises die gerichtlich festgestellte zu enge Fachspezifität geöffnet hin zu mehr Auswahl im Sinne des Leistungsgrundsatzes. Aus diesen Gründen ist es erforderlich, den Dienstposten mit Anbringung des entsprechenden Hinweises neu auszuschreiben, um allen Beamten, die die geforderten (erweiterten) fachspezifischen Voraussetzungen erfüllen, die Möglichkeit der Bewerbung zu eröffnen.“
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Diese Gründe sind inhaltlich nicht tragfähig, um die Einschätzung des Antragsgegners zu stützen, eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung sei im laufenden Besetzungsverfahren im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr möglich, sondern erfordere ein erneutes Besetzungsverfahren auf der Grundlage einer Neuausschreibung des Dienstpostens. Es mag zwar zutreffen, dass der Antragsgegner bis zum genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 31. August 2022 (RN 1 E 22.1617, juris), mit dem der Antragsteller im Konkurrentenstreitverfahren gegen den Antragsgegner erfolgreich war, die Tätigkeit bei einem Kriminaldauerdienst nicht als Tätigkeit in einer kriminalpolizeilichen Ermittlungsstelle, die sich auch mit der Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter befasst, behandelt und daher im Hinblick auf die geforderte Fachspezifität keine Ausnahme zugelassen hat, obwohl dies nach den Bestellungsrichtlinien (Nr. 4.2.2 Satz 2 RBestPol 2018/2022) dann möglich sein soll, wenn die Verwendung außerhalb der Kommissariate „nachweislich in Inhalt, Umfang und Anspruch“ derjenigen in einem Kommissariat entspricht. Ausgehend hiervon untersucht das Verwaltungsgericht im zuletzt zitierten Beschluss Art und Umfang der Tätigkeit des Antragstellers im KDD und kommt zu dem Ergebnis, dass seine konkrete Tätigkeit im Wesentlichen nicht hinter der Tätigkeit eines jeden Sachbearbeiters im Kommissariat 1, um dessen Leitung es vorliegend geht, zurückbleibe, der Antragsteller vielmehr überwiegend Delikte, die die Verletzung höchstpersönliche Rechtsgüter betreffen, bearbeitet habe. Damit erfülle er das in der maßgeblichen Ausschreibung des Antragsgegners (Mitteilungsblatt Nr. 23/24 v. 15.12.2021, Zi. 5.10; entspricht 3.1.1 Anlage 2 zur RBestPol) aufgeführte konstitutive Anforderungsmerkmal der besonderen Fachkenntnisse, die nachgewiesen werden könnten
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„…durch eine Verwendung in einer kriminalpolizeilichen Ermittlungsstelle, in der Delikte gegen höchstpersönliche Rechtsgüter bearbeitet werden (insbesondere Kommissariate 1, bei den Kriminalpolizeidienststellen der Polizeipräsidien, Kommissariate des Kriminalfachdezernat 1 des PP München, Kommissariate 11,12 und 13 des Kriminalfachdezernat 1 des PP Mittelfranken)…“,
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Die Behauptung des Antragsgegners, das Verwaltungsgericht habe die Kriterien für die Zuerkennung der fachspezifischen Voraussetzungen damals erweitert, trifft nicht zu. Schon deshalb kann die Notwendigkeit einer Neuausschreibung nicht mit einer „geänderten“ Rechtsprechung begründet werden. Vielmehr bestand schon bisher für Angehörige des KDD oder anderer, nicht explizit in Ziffer 3.1.1 Anlage 2 zur RBestPol genannten Dienststellen die Möglichkeit, ihre fachspezifischen Kenntnisse im Einzelfall nachzuweisen; hierfür spricht bereits die dortige Verwendung des Wortes „insbesondere“ zu Beginn der beispielhaften, also nicht abschließenden Aufzählung im Klammerzusatz. Sollte also in der Vergangenheit – entsprechend der vom Antragsgegner eingestandenen „gelebten und bekannten“ Praxis – einem Bewerber das konstitutive Anforderungsmerkmal der Fachspezifität allein unter Verweis auf seine bisherige Tätigkeit beim KDD abgesprochen worden sein, wäre dieses Vorgehen nicht in Übereinstimmung mit der auf den Bestellungsrichtlinien beruhenden Ausschreibung erfolgt und in einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren zu Recht beanstandet worden. Dementsprechend hat auch der Antragsgegner den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 31. August 2022 (a.a.O.) akzeptiert, das Vorliegen der fachspezifischen Voraussetzungen in der Person des Antragstellers bejaht und ihn als leistungsstärksten Bewerber ausgewählt, bevor das Besetzungsverfahren dann auf Betreiben des Hauptpersonalrats abgebrochen wurde.
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Ein hinreichender sachlicher Grund für den Abbruch liegt auch nicht in der unzutreffenden Feststellung, mit dem verwaltungsgerichtlichen Beschluss sei eine geänderte Auslegung des Anforderungsprofils „besondere Fachkenntnisse“ verbunden. Gegenüber dem vom Antragsgegner bisher gepflegten „sehr restriktiven Verständnis der Fachspezifität …, wonach keine generelle Öffnung der Fachspezifität im Bereich K 1 für Angehörige des KDD erfolgen sollte“, will der Antragsgegner nun seine bislang geübte Herangehensweise aufgeben. Diese Änderung bedeutet aber nicht, dass nun jeder Bewerber mit KDD-Hintergrund das konstitutive Anforderungsprofil ungeachtet der Art und des Umfangs seiner dortigen konkreten Tätigkeiten erfüllt. Die Bestellungsrichtlinien erfordern vielmehr in unveränderter Weise einzelfallbezogen zu ermitteln, ob die „Schnittmenge“ zwischen der Tätigkeit des Bewerbers im KDD und derjenigen im Kommissariat 1 ausreichend groß ist, um die fachspezifische Verwendung und damit die Erfüllung des Anforderungsprofils bejahen zu können (vgl. VG Augsburg, U.v. 5.2.2004 – Au 2 K 03. 1353 – juris Rn. 23, 24).
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Der nunmehr für künftige Ausschreibungen geplante Hinweis („Ausnahmen gemäß Nr. 4.2.2 Satz 2 RBestPol sind möglich, z.B. bei einer Tätigkeit im Kriminaldauerdienst“) hat lediglich klarstellenden Charakter für potentielle Bewerber aus dem KDD und ist auch nicht vor dem Hintergrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 31. August 2022 (a.a.O.) zwingend geboten. Mit dem Hinweis wird vielmehr über eine schon bislang von den Bestellungsrichtlinien vorgesehene Ausnahmemöglichkeit informiert, ohne dass damit eine Erweiterung des im Ausschreibungstext bekannt gemachten konstitutiven Anforderungsprofils („insbesondere“) verbunden wäre.
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Liegt aber keine Erweiterung des potentiellen Bewerberkreises etwa infolge einer Absenkung der Anforderungen an den ausgeschriebenen Dienstposten vor, sondern nur eine durch die Rechtsprechung angestossene Klarstellung eines Anforderungsmerkmals, kann nicht die Rede davon sein, dass eine bestimmte Gruppe potentieller Bewerber (hier: KDD-Angehörige) von einer Bewerbung abgehalten worden sein könnte. Hiergegen spricht zudem der Umstand, dass der Antragsteller selbst als Angehöriger der Gruppe seine Bewerbung abgegeben und auf verwaltungsgerichtlichem Weg weiterverfolgt hat. Ein entsprechendes Vorgehen wäre auch allen anderen gleichermaßen betroffenen und an einer Bewerbung interessierten Beamten möglich gewesen. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich aus der Stellenausschreibung ergeben muss, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet und welche Kriterien bei im Wesentlichen gleicher Eignung der Bewerber maßgeblich berücksichtigt werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Ls. 3, Rn. 49). Der Dienstherr muss sich daher aus rechtsstaatlichen Erwägungen (Rechtssicherheit und Rechtsklarheit) am Wortlaut der Ausschreibung („insbesondere“) festhalten lassen und kann sich nicht auf eine andere Verwaltungspraxis berufen (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2022 – 3 ZB 21.2172 – juris).
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Der Antragsgegner hat auch keinen Beamten benannt, der sich durch die bisherige Praxis und vor dem Hintergrund des Ausschreibungstextes von einer Bewerbung auf die hier ausgeschriebene Stelle hat abhalten lassen; er hat lediglich festgehalten, dass es einen bei der Kriminalpolizeiinspektion Erding im KDD tätigen Beamten gebe, der sich „eventuell bewerben könnte“ (vgl. Aktenvermerk v. 23.1.2023). Mit dieser Angabe wird kein tragfähiger Sachgrund für eine neue Ausschreibung vorgetragen, denn sie ändert nichts daran, dass es an einer Erweiterung der den Dienstposten notwendigen fachspezifischen Voraussetzungen fehlt, über die potentielle Bewerber informiert werden müssten, um gleiche Chancen auf einen Zugang zum ausgeschriebenen Dienstposten zu besitzen.
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Keinen ausreichenden sachlichen Grund bildet schließlich die Überlegung, dass im Rahmen einer Neuausschreibung regelmäßig Bewerbungen neuer Kandidaten eingehen werden, die sich bisher – aus welchen Gründen auch immer – noch nicht um den ausgeschriebenen Dienstposten beworben haben. Denn wollte man diese Überlegung ausreichen lassen, wäre immer und ohne weitere Voraussetzungen ein Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens nach Verstreichen einer gewissen Zeit, in der es nicht zum Abschluss gebracht wird, zulässig.
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3. Liegt somit kein sachlicher Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens vor, war dem Antrag des Antragstellers im Beschwerdeverfahren mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO zu entsprechen.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Der Ansatz des Regelstreitwertes in voller Höhe ist angemessen (wie Vorinstanz; BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4.18 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 3 CE 18.2608 – juris Rn. 36).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).