Titel:
Verfahrenseinstellung nach übereinstimmender Erledigterklärung im Verfahren
Normenkette:
VwGO § 161 Abs. 2
Leitsatz:
Soweit der Antragsteller geltend macht, er könne als tiefer gelegener Plannachbar von abfließendem Oberflächenwasser herrührend von der Änderungsplanung negativ betroffen sein, sind zwar grundsätzlich keine strengen Anforderungen an die Bejahung der Antragsbefugnis zu stellen. Der Antragsteller hat jedoch nicht dargelegt, dass in der Vergangenheit die Abwasser- und Oberflächenentwässerung nicht funktioniert hat. Er behauptet lediglich, dass es Probleme in der Zukunft geben könnte. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erledigung der Hauptsache, Kostenentscheidung, billiges Ermessen, keine Antragsbefugnis, Entwässungsprobleme, Änderungsplanung, Waldgrundstück
Fundstelle:
BeckRS 2023, 20768
Tenor
I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 20.000 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller und der Antragsgegner haben das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt (Schriftsätze vom 21. Juli 2023 und vom 7. August 2023). Das Verfahren war deshalb durch die Berichterstatterin (§ 87a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VwGO; Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 87a Rn. 4) einzustellen.
2
Über die Kosten des Verfahrens ist nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 VwGO). Billigem Ermessen entspricht es hier, dem Antragsteller die Kosten aufzuerlegen, weil sein Normenkontrollantrag mangels Antragsbefugnis unzulässig war.
3
Die geltend gemachten Probleme mit der Oberflächen- bzw. Niederschlagswasserentsorgung führen nicht zu einer Antragsbefugnis des Antragstellers. Da das Waldgrundstück des Antragstellers tiefer liegt als das von der Änderungsplanung betroffene Grundstück, ist nicht ersichtlich, dass Letzteres (FlNr. …5) von Schlammlawinen oder Überschwemmungen herrührend vom Antragstellergrundstück betroffen sein könnte. Soweit der Antragsteller geltend macht, er könne als tiefer gelegener Plannachbar von abfließendem Oberflächenwasser herrührend von der Änderungsplanung negativ betroffen sein, sind zwar grundsätzlich keine strengen Anforderungen an die Bejahung der Antragsbefugnis zu stellen. In diesem Fall bestehen aber besondere Umstände, die gegen eine Antragsbefugnis sprechen. Wie sich aus den Unterlagen zur Aufstellung des am 12. Juni 1996 beschlossenen Ursprungsbebauungsplans ergibt, wurden von den Fachbehörden zunächst Probleme bei der Abwasserbeseitigung gesehen (z.B. Schreiben des Wasserwirtschaftsamts Deggendorf vom 23. Februar 1994). Aus der Planbegründung geht jedoch hervor, dass mit den Baumaßnahmen für die Erweiterung der Kläranlage voraussichtlich 1997 begonnen werden soll. Der Antragsteller hat nicht dargelegt, dass in der Vergangenheit die Abwasser- und Oberflächenentwässerung trotz der Erweiterung der Kläranlage nicht funktioniert hat. Er behauptet lediglich, dass es Probleme in der Zukunft geben könnte. Es ist aber nicht ersichtlich bzw. nicht nachvollziehbar vom Antragsteller dargelegt worden, inwieweit sich die Entwässerungssituation für das Grundstück …5 im Vergleich zu den Festsetzungen des Ursprungsbebauungsplans verschärfen sollte. Die Behörden und Träger öffentlicher Belange haben zudem hinsichtlich der Oberflächenentwässerung keine Probleme gesehen. Für die Antragsgegnerin war daher im Bebauungsplanverfahren nicht ersichtlich, dass hinsichtlich der Oberflächen- und Abwasserentsorgung Probleme geben könnte, zumal der Antragsteller im Verfahren der Bauleitplanung auch nicht auf das diesbezügliche Interesse hingewiesen hat.
4
Der Antragsteller hat auch nicht substantiiert dargelegt, inwieweit es durch die geänderte Planung auf dem Grundstück FlNr. …5 zu mehr als geringfügigen und wahrscheinlichen gegenseitigen Lärmimmissionen kommen soll. Weder das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Regen noch sonstige Behörden bzw. sonstige Träger öffentlicher Belange haben ein Lärmproblem (Waldbewirtschaftung) im Konflikt mit der etwas näher heranrückenden Wohnnutzung gesehen. Das Wohngebäude auf der FlNr. …3 hat ebenfalls nur wenige Meter Abstand zu südlich angrenzenden FlNr. … des Antragstellers. Es ist nicht ersichtlich, dass es hier in der Vergangenheit Lärmkonflikte gegeben haben könnte. Zudem hat der Antragsteller im Verfahren der Bauleitplanung nicht auf das diesbezügliche Interesse hingewiesen. Der vom Antragsteller erst im streitgegenständlichen Verfahren geltend gemachte Lärmkonflikt besteht in dieser Art und Weise regelmäßig, wenn am bisherigen Ortsrand mit angrenzenden land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen Bauland ausgewiesen ist. Der Antragsteller behauptet nur, dass durch die geänderte Planung viele Touristen durch erhöhten An- und Abfahrtsverkehr die Flora und Fauna im Wald unzumutbar stören könnten. Nachdem aber nach den Planunterlagen sich die Parkplätze im nordöstlichen Bereich des Grundstücks an der B* …, die auch die Zufahrt bildet, und damit nicht am Wald befinden, ist offensichtlich, dass diese Befürchtungen nicht zutreffen.
5
Der Antragsteller hat lediglich behauptet, dass sich durch die veränderte Planung Bewirtschaftungserschwernisse und Haftungsrisiken aufgrund der Verkehrssicherungspflichten ergeben würden, ohne diese konkret darzulegen. Der Eigentümer eines mit Bäumen bewachsenen Grundstücks hat keinen Anspruch darauf, dass der Baumwurfbereich von jeglicher Bebauung freigehalten wird (BayVGH, U.v. 25.09.2003 – 20 N 00.3008 – juris Rn. 19). Im Grundsatz besteht die Problematik bereits seit dem Ursprungsbebauungsplan, wie die nahe herangerückte Bebauung auf der FlNr. …3 zeigt. Schon damals verlief die südliche Baugrenze des Ursprungsbebauungsplans in einem Abstand von etwa 11 bis 13 m zur südlich angrenzenden Grünfläche. Durch die Änderungsplanung entsteht ein Abstand von ca. 5 m. Bei der Aufstellung des Ursprungsbebauungsplans wurden keine Einwendungen gegen den Ursprungsbebauungsplan erhoben. Der Antragsteller hat nicht deutlich gemacht, inwieweit er durch die veränderte Planung zusätzlich beeinträchtigt werden soll. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller auf die Problematik im Einwendungsverfahren zur Änderung des Bebauungsplans hinweist. Für die Antragsgegnerin war die Problemfrage nicht zu erkennen, da das Grundstück des Antragstellers unterhalb des FlNr. …5 liegt und daher davon auszugehen ist, dass umfallende Bäume des Antragstellers auf sein Grundstück und nicht auf das Grundstück FlNr. …5 fallen und da auch die eingebundenen Fachbehörden keine Einwände hatten.
6
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022).
7
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).