Inhalt

VG München, Urteil v. 16.01.2023 – M 8 K 21.3675
Titel:

Zweckentfremdung, Auskunftsanspruch, Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung, Terminsverlegungsantrag, Auslegung des Klagebegehrens, Erneute Zwangsgeldandrohung (zweites und drittes Zwangsgeld)

Normenketten:
VwGO § 88
§ 173 VwGO i.V.m. § 227 ZPO
VwZVG Art. 19
VwZVG Art. 23
VwZVG Art. 29 ff.
VwZVG Art. 36
Schlagworte:
Zweckentfremdung, Auskunftsanspruch, Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung, Terminsverlegungsantrag, Auslegung des Klagebegehrens, Erneute Zwangsgeldandrohung (zweites und drittes Zwangsgeld)
Fundstelle:
BeckRS 2023, 2066

Tenor

I. Die Verfahren M 8 K 21.3675 und M 8 K 21.5006 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. 
II. Die Klagen werden abgewiesen.
III. Die Klägerin hat die Kosten der Verfahren zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich mit ihren Klagen gegen wiederholte Zwangsgeldandrohungen und die Vollstreckung fällig gestellter Zwangsgelder infolge eines zweckentfremdungsrechtlichen Auskunftsanspruchs.
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Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnung …str. 14, 1. OG links, Wohnung 3, FlNr. … (im Folgenden: streitgegenständliche Wohnung). Ein Antrag der Klägerin auf Erteilung einer zweckentfremdlichen Nutzung der Wohnung als Ferienwohnung bzw. zur kurzzeitigen Vermietung wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 18. November 2019 abgelehnt.
3
Nachdem die Beklagte am 25. August 2020 im Rahmen einer Online-Recherche feststellte, dass die streitgegenständliche Wohnung über das Portal „a...“ zur Vermietung angeboten wurde, und im Rahmen einer Ortsbesichtigung vom selben Tag in der streitgegenständlichen Wohnung einen Mieter angetroffen hatte, der die Wohnung nach eigener Aussage vom 24. bis 31. August 2020 gemietet hatte, forderte die Beklagte die Klägerin auf, Auskünfte nach § 12 Abs. 1 ZeS i.V.m. Art. 3 Satz 1 ZwEWG zu erteilen. Sonst müsse sie mit dem Erlass eines kostenpflichtigen Bescheids rechnen. In der Folge wurden unscharfe Kopien von zwei Mietverträgen und zwei Zahlungsaufstellungen aus „a...“ vorgelegt.
4
Am 19. Oktober 2020 verpflichtete die Beklagte die Klägerin bis 8. November 2020 schriftlich und vollständig Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen über folgende Tatsachen:
5
- wann sie den Wohnraum erworben habe
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- eine Erklärung über die Nutzung des Wohnraums seit dem Erwerb durch sie
7
- vollständige Buchungslisten aller Portale, über welche sie den oben genannten Wohnraum als Ferienwohnung angeboten habe (Ziff. 1).
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Zur Durchsetzung dieser Verpflichtung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500 EUR angedroht (Ziff. 2). Dieser Bescheid wurde der Klägerin ausweislich einer Postzustellungsurkunde in den streitgegenständlichen Behördenakten am 22. Oktober 2020 zugestellt. Gegen den Bescheid wurde keine Klage erhoben.
9
Im Folgenden legte die Klägerin Mietverträge vom 25. März 2019 (Mietbeginn: 17. Mai 2019), der ausweislich eines handschriftlichen Vermerks der Klägerin, im Juni 2020 endete, und vom 14. August 2020 für einen Zeitraum ab 1. September 2020 sowie Übersichten über Bezahlvorgänge bei „a...“ für Zeiträume von Januar 2019 bis Dezember 2019 (Vermietungsdauer: 44 Tage) und von Januar 2020 bis August 2020 (Vermietungsdauer: 45 Tage) vor.
10
Weitere Recherchen der Beklagten am 30. März 2021 und 8. Juni 2021 ergaben, dass die Klägerin die Wohnung ab 10. Mai 2021 zur Miete auf der Internetplattform „immobilienscout24“ und ab 1. August 2021 auf den Internetplattformen „immobilienscout24“ und „a...“ anbot.
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Nachdem die Beklagte bei einer Ortsbesichtigung am 10. Juni 2020 eine Mieterin angetroffen hatte, die angab, von 7. Juni 2021 bis 13. Juni 2021 in der Wohnung zu wohnen, stellte die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juni 2020 fest, dass das im Bescheid vom 19. Oktober 2020 angedrohte Zwangsgeld fällig geworden sei (Ziff. I.). Zudem drohte die Beklagte für den Fall, dass der Verpflichtung vom 19. Oktober 2020 nicht unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Wochen ab Zustellung nachgekommen werde, ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR an (Ziff. II Nr. 1). Für den Bescheid wurden Gebühren und Auslagen in Höhe von 222,19 EUR erhoben (Ziff. II Nr. 2). Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, das Datum des notariellen Kaufvertrages sei lediglich mündlich mitgeteilt worden. Es fehle zudem weiterhin die vollständige und lückenlose Erklärung über die Nutzung des Wohnraums seit Erwerb. Der Bescheid wurde der Klägerin ausweislich einer in den Behördenakten befindlichen Postzustellungsurkunde am 15. Juni 2020 zugestellt.
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In einer E-Mail der Klägerin vom 15. Juni 2021 gab diese weiter an, dass die Wohnung, soweit diesbezüglich keine Unterlagen vorgelegt worden seien, selbstgenutzt oder renoviert worden sei. Bis Mai 2021 sei die Wohnung für länger als sechs Monate vermietet gewesen. Ab 1. August 2021 sei die Wohnung langfristig vermietet.
13
Am 12. Juli 2021 erhob die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 10. Juni 2021 (M 8 K 21.3675). Sie führte aus, die Klage richte sich gegen die unter I. angeforderten Unterlagen und Informationen, da diese der Beklagten bereits in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung gestellt worden seien, sowie den unter II. erlassenen Bescheid und die Festsetzung der Gebühren für den Bescheid sowie das Zwangsgeld in Höhe von 2.500 EUR, jeweils mit Bescheid vom 16. Juni 2021 angefordert. Der Klage beigefügt war neben dem Bescheid vom 10. Juni 2020 eine Zahlungsaufforderung der Beklagten vom 16. Juni 2021 über die Verwaltungsgebühren i.H.v. 222,19 EUR und 2.500 EUR.
14
Am 12. Juli 2021 teilte die Klägerin der Beklagten schriftlich mit, dass sie die streitgegenständliche Wohnung am 1. August 2018 erworben habe.
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Am 16. August 2021 drohte die Beklagte der Klägerin für den Fall, dass der Verpflichtung vom 19. Oktober 2020 nicht innerhalb von drei Wochen ab Zustellung des Bescheids Folge geleistet werde, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 EUR an (Ziff. II Nr. 1). Verbunden mit dem Bescheid war eine Fälligkeitsmitteilung über das im Bescheid vom 10. Juni 2020 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro (Ziff. I.). Für den Bescheid wurden Kosten in Höhe von 222,19 EUR erhoben (Ziff. II Nr. 2). Es fehle weiterhin eine vollständige und lückenlose Erklärung zur Nutzung des Wohnraums seit Erwerb. Nachweise, wann der Wohnraum erworben worden sei, fehlten. Der Bescheid wurde der Klägerin am 18. August 2021 zugestellt.
16
Am 20. September 2021 erhob die Klägerin Klage gegen den Bescheid vom 16. August 2021 (M 8 K 21.5006). Sie führte aus, die Klage richte sich gegen die unter I. angeforderten Unterlagen und Informationen, da diese der Beklagten bereits in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung gestellt worden seien, sowie die Zwangsgeldfestsetzung und gegen den unter II. erlassenen Bescheid und die Festsetzung von Gebühren für den Bescheid sowie das Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR, jeweils mit Bescheid vom 30. August 2021 und 13. September 2021 angefordert. Der Klage war neben dem Bescheid vom 16. August 2021 eine Mahnung vom 13. September 2021 über einen Betrag von 5.050 EUR und eine Ankündigung der Zwangsvollstreckung vom 30. August 2021 beigefügt.
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Sie führte aus, die Behörde wolle durch weitere Bescheide und höhere Zwangsgeldandrohungen die Herausgabe der Informationen und Unterlagen erzwingen, bevor eine gerichtliche Entscheidung ergehen könne.
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Die Beklagte beantragt in beiden Verfahren
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die Klage abzuweisen.
20
Ein Antrag auf „Aussetzung der Vollziehung“ wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24. März 2022 (M 8 E 21.5007) abgelehnt. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
21
Mit gerichtlichen Schreiben vom 13. Dezember 2022 wurden die Beteiligten gegen Empfangsbekenntnis zu den Terminen zur mündlichen Verhandlung in beiden Verfahren am 16. Januar 2023 geladen.
22
In einem Telefonat mit der Urkundsbeamtin der Geschäftsstellte teilte die Klägerin, die sich als Rechtsanwältin selbst vertritt, mit, dass sie zu den die Verfahren betreffenden Terminen nicht erscheinen könne. Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2021 wurde um Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung ersucht. Die Akteneinsicht sei erst mit Übersendung der zwei umfangreichen Akten am 21. Dezember 2022 gewährt worden. Daher sei eine Angabe von Tatsachen, die erst nach Studium der Akten erfolgen könne, nicht fristgerecht möglich. Die Kanzlei sei von 27. Dezember 2022 bis 5. Januar 2023 geschlossen. Im Januar seien bereits viele Gerichtstermine terminiert und am 31. Januar 2023 laufe die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärungen ab, sodass der erforderliche zeitliche Aufwand im Januar 2023 nicht zu leisten sei.
23
Mit gerichtlichem Schreiben vom 28. Dezember 2022 wurde der Antrag auf Terminsverlegung abgelehnt, da ein erheblicher Grund für die Terminsverlegung nicht dargelegt worden sei.
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Am 16. Januar haben mündliche Verhandlungen in den Verfahren stattgefunden, zu denen die Klägerin nicht erschienen ist.
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Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird im Übrigen auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung, die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26
1. Die beiden anhängigen Verfahren konnten gemäß § 93 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden werden, da die beiden Streitgegenstände im Zusammenhang stehen (vgl. zu den Voraussetzungen des § 93 VwGO: Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 93 Rn. 2).
27
2. Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2023 entschieden werden, obwohl die Klägerin nicht erschienen ist. Die Beteiligten wurden mit der Ladung darauf hingewiesen, dass auch im Falle des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
28
Die Klägerin wurde form- und fristgerecht geladen. Die Ladung erfolgte mit Schreiben vom 13. Dezember 2023 – am gleichen Tage versandt – gegen Empfangsbekenntnis zum Termin am 16. Januar 2023. Auch wenn – trotz wiederholter telefonischer Nachfrage – kein Rücklauf des Empfangsbekenntnisses zum Gericht stattfand, bestätigt der Schriftsatz der Klägerin vom 23. Dezember 2022, in dem sie Terminsverlegung beantragte, dass sie die Ladungen rechtzeitig erhalten hat. Eine nicht ordnungsgemäße Ladung hat die Klägerin nicht gerügt.
29
Auf der Grundlage des zur Begründung des Terminsverlegungsgesuchs vorgetragenen Sachverhalts ist kein erheblicher Grund i.S.v. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO für die begehrte Terminsverlegung ersichtlich. Erhebliche Gründe im Sinne von § 227 Abs. 1 ZPO sind regelmäßig solche, die zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erfordern (vgl. Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 41. Auflage 2020, § 227 Rn. 4). Die hier aus Arbeitsüberlastung und Weihnachtsurlaub resultierende mangelnde Vorbereitung einer Partei stellt gem. § 173 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO ohne genügende Entschuldigung keinen erheblichen Grund dar und kann auch vorliegend aufgrund der erheblichen Verfahrensdauer, des Fehlens eines neuen Sachvortrags seitens der Beklagten kurzfristig vor der mündlichen Verhandlung und des erstmals nach ordnungsgemäßer Ladung vorgebrachten Akteneinsichtsgesuchs (26 Tage vor der mündlichen Verhandlung) nicht als erheblicher Grund anerkannt werden.
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3. Die Klage im Verfahren M 8 K 21.3675 bleibt ohne Erfolg.
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3.1. Bei Auslegung des Klageantrags der Klägerin gem. §§ 88, 86 Abs. 3 VwGO im Verfahren M 8 K 21.3675 kann das Rechtschutzbegehren der Klägerin nur als Anfechtungsklage gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziff. II des Bescheids vom 10. Juni 2021 und die Festsetzung von Gebühren für diesen Bescheid verstanden werden. Das Gericht ist an das erkennbare Klageziel, nicht an die Fassung der Anträge gebunden. Den Anträgen kommt bei Stellung durch einen Rechtsanwalt jedoch gesteigerte Bedeutung zu (vgl. W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 88 Rn. 3). Soweit sich die Klägerin gegen die Verpflichtung zur Vorlage der angeforderten Unterlagen und Informationen wendet, geht ihr Antrag ins Leere, da der Bescheid/das Schreiben vom 10. Juni 2021 eine solche Verpflichtung nicht enthält, sondern nur der bestandskräftige Grundverwaltungsakt vom 19. Oktober 2020. Die Klägerin begehrt erkennbar die Aufhebung der erneuten Zwangsgeldandrohung (Ziff. II Nr. 1) und der Festsetzung der Gebühren (Ziff. II Nr. 2), sodass eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft ist, da Zwangsgeldandrohungen gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG aufschiebend bedingte Leistungsbescheide i.S.d. Art. 23 Abs. 1 VwZVG darstellen und gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 VwZVG hiergegen dieselben förmlichen Rechtsbehelfe gegeben sind, die gegen den Grundverwaltungsakt zulässig sind.
32
Bei einer Fälligkeitsmitteilung handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, da nach der Rechtslage in Bayern (anders als in anderen Bundesländern) nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG die Zwangsgeldforderung im Sinne des Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG automatisch fällig wird, wenn die Pflicht zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nach Art. 31 Abs. 1 VwZVG nicht bis zum Ablauf der Frist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG erfüllt wird. Die gesetzliche Folge tritt ohne weiteres ein, insbesondere bedarf es keines weiteren Verwaltungsakts der Behörde. Durch die (gesetzlich nicht vorgeschriebene) Fälligkeitsmitteilung wird der Betroffene lediglich auf den Bedingungseintritt und die gesetzliche Rechtsfolge hingewiesen. Gegen eine Fälligkeitsmitteilung kann sich ein Betroffener in der Hauptsache daher nur mit einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO erfolgreich zur Wehr setzen (VG München, B.v. 30.3.2015 – M 8 S 15.261 – juris). Ein Antrag gerichtet auf die Feststellung, dass das angedrohte Zwangsgeld vom 19. Oktober 2020 nicht fällig geworden wäre, wurde nicht gestellt. Soweit die Klägerin ausführt, sie richte sich „gegen das Zwangsgeld vom € 2.500, jeweils mit Bescheid vom 16.6.2021 angefordert“, wird verkannt, dass es sich bei der Fälligkeitsmitteilung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, gleiches gilt für als Anlage beigefügte Zahlungsaufforderung vom 16. Juni 2021. Eine Umdeutung in einen Feststellungsantrag ist vorliegend nicht möglich. Zwar ist das Gericht nach § 88 VwGO an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Bei einem anwaltlich vertretenen Kläger ist dabei aber wie bereits ausgeführt ein strengerer Maßstab anzulegen. Eine Umdeutung ist in solchen Fällen nur ausnahmsweise möglich, da bei einem Rechtskundigen davon auszugehen ist, dass er über den Antrag in der Form bzw. der Fassung entschieden haben will, in der er von ihm formuliert worden ist.
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3.2. Die Anfechtungsklage gegen die erneute Zwangsgeldandrohung ist unbegründet, da diese die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da der Grundverwaltungsakt vom 19. Oktober 2020 bestandskräftig ist, kann nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG die Androhung nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird.
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Der Grundverwaltungsakt ist wirksam – insbesondere wurde er der Klägerin ausweislich der Postzustellungsurkunde in den Behördenakten am 22. Oktober 2020 zugestellt -und bestandskräftig, vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG. Nichtigkeitsgründe i.S.d. Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG wurden weder vorgebracht noch liegen sie vor.
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Zwangsmittel können gem. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Eine neue Androhung ist dabei erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist, Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG. Dies heißt nicht, dass ein weiteres Zwangsgeld erst dann angedroht werden darf, wenn das vorher festgesetzte Zwangsgeld beigetrieben bzw. ein Beitreibungsversuch gemacht worden ist; die Zwangsvollstreckungsbehörde muss vielmehr nur abwarten, dass das angedrohte Zwangsgeld fällig geworden und die frühere Androhung ohne Erfolg geblieben ist (BayVGH, B.v. 29.7.2002 – 20 ZB 02.1265 – juris). Zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses am 10. Juni 2021 hatte die Klägerin weder schriftlich das Datum des notariellen Kaufvertrags, noch eine Stellungnahme zu der Nutzung seit dem Erwerb der streitgegenständlichen Wohnung vorgelegt. Da die Verpflichtung daher nicht vollständig erfüllt wurde, blieb die Zwangsgeldandrohung vom 19. Oktober 2020 ohne Erfolg.
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Das Zwangsgeld ist in seiner Höhe nicht zu beanstanden. Das Zwangsgeld soll das wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG. Es hält sich im unteren Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG, wonach das Zwangsgeldes mindestens 15 EUR und höchstens 50.000 EUR beträgt, und stellt eine angemessene Erhöhung gegenüber dem zuvor erfolglos angedrohten Zwangsgeld dar. Schließlich ist auch die gesetzte Frist von drei Wochen nach Zustellung des Bescheids angesichts der ohne größeren Zeitaufwand zu erfüllenden Verpflichtung ausreichend und zumutbar (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG).
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3.3. Auch die festgesetzten Gebühren sind nicht zu beanstanden. Die Gebührenfestsetzung beruht auf Art. 20 KG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Verwaltungskosten für Amtshandlungen im eigenen Wirkungskreis und Tarif-Nr. 635 des Kostenverzeichnisses in der damals geltenden Fassung. Danach ist in Zweckentfremdungsangelegenheiten eine Mindestgebühr von 220 EUR anzusetzen. Die Erhebung von Auslagen kann auf Art. 10 KG gestützt werden.
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4. Die Klage M 8 K 21.5006 bleibt erfolglos.
39
4.1. Auch in diesem Verfahren war das Begehren der Klägerin gem. §§ 88, 86 Abs. 3 VwGO auslegungsbedürftig. Soweit sich die Klägerin gegen den unter II. erlassenen Bescheid und die Festsetzung von Gebühren richtet, ist eine Anfechtungsklage statthaft. Wenn die Klägerin sich gegen die Zwangsgeldfestsetzung richtet sowie das „Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR, jeweils mit Bescheid vom 30. August 2021 und 13. September 2021 angefordert“ ist eine Anfechtungsklage nicht statthaft und eine Umdeutung in eine Feststellungsklage aus oben genannten Gründen nicht möglich (vgl. hierzu oben).
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4.2. Die Klage gegen die erneute Zwangsgeldandrohung ist unbegründet, da sie die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
41
Die vorausgegangene Zwangsgeldandrohung ist erfolglos geblieben, da die Klägerin, selbst wenn man annehmen würde, dass ihre E-Mail vom 15. Juni 2021 als Stellungnahme i.S.d. Verpflichtung ausreichen würde, den notariellen Kaufvertrag zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegt hatte. Weder die Höhe des Zwangsgelds noch die zur Erfüllung der Verpflichtung gesetzte Frist sind zu beanstanden.
42
Die Festsetzung der Gebühren für den Bescheid vom 16. August 2021 ist rechtmäßig (vgl. hierzu 3.3).
43
5. Selbst, wenn man das Rechtsschutzbegehren der Klägerin sowohl im Verfahren M 8 K 21.3675 und M 8 K 21.5006 jeweils in eine Klage gerichtet auf Feststellung, dass das Zwangsgeld vom 19. Oktober 2020 nicht fällig geworden ist, umdeuten würde, wäre die Klage zwar zulässig, aber unbegründet, da die Zwangsgelder – wie eben ausgeführt – jeweils fällig geworden sind, da die Verpflichtung nicht innerhalb der jeweils gesetzten Frist erfüllt wurde.
44
6. Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.