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VG München, Urteil v. 01.02.2023 – M 5 K 20.4145
Titel:

Stufenfestlegung, Bestandskraft, Klagefrist versäumt, Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis, Wechsel von Ain, R-Besoldung nach Neuem, Dienstrecht, Referendarzeit, Elternzeit

Normenketten:
BayBesG Art. 47
BayBesG Art. 30
BayBesG Art. 31
Schlagworte:
Stufenfestlegung, Bestandskraft, Klagefrist versäumt, Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis, Wechsel von Ain, R-Besoldung nach Neuem, Dienstrecht, Referendarzeit, Elternzeit
Fundstelle:
BeckRS 2023, 2063

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Tatbestand

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Die im Jahre 1970 geborene Klägerin begehrt die Erstattung einer ihr aufgrund einer zu niedrigen Stufenfestsetzung vorenthaltenen höheren Besoldung.
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Die Klägerin steht als Vorsitzende Richterin eines Landgerichts als weitere aufsichtführende Richterin der Besoldungsgruppe R 2 mit Amtszulage im Dienste des Beklagten.
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Am … Oktober 1989 wurde die Klägerin zur Rechtspflegeanwärterin in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf ernannt. Am *. Dezember 1992 wurde die Klägerin zur Justizinspektorin ernannt und zunächst in der Besoldungsgruppe A 9 Stufe 4 besoldet. Zum Ende ihrer Dienstzeit bei der Justizverwaltung nahm die Klägerin vom *. April 1997 bis … April 1999 Elternzeit. Zum *. April 1999 ließ sich die Klägerin aus dem Beamtenverhältnis entlassen und trat am selben Tag als Beamtin auf Widerruf in das Rechtsreferendariat ein, das am … Mai 2001 endete. Vom *. Mai 2001 bis … Oktober 2001 befand sich die Klägerin erneut in Elternzeit. Nach Beendigung der Elternzeit wurde die Klägerin am … Oktober 2001 zur Staatsanwältin ernannt und in der Besoldungsordnung R – nach Maßgabe des Bundesbesoldungsgesetzes – besoldet. Anschließend wechselte die Klägerin zum *. Juli 2015 an die Hochschule für den Öffentlichen Dienst und wurde zur Direktorin in der Besoldungsgruppe A 16 ernannt. Mit dem Wechsel von der Staatsanwaltschaft zur Hochschule für den Öffentlichen Dienst wechselte die Klägerin von der Besoldungsordnung R, die für Richter, Richterinnen, Staatsanwälte und Staatsanwältinnen Anwendung findet, in die für Beamtinnen und Beamte geltende Besoldungsordnung A.
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Infolge dieses Wechsels der Besoldungsordnungen nahm das Landesamt für Finanzen mit Bescheid vom *. September 2015 für die Klägerin eine neue Stufenfestlegung vor. Dabei wurde insbesondere der Stufenaufstieg neu ermittelt. In dem Stufenfestsetzungsbescheid aus 2015 wurde festgestellt, dass sich der Stufenaufstieg der Klägerin um 1 Monat und 2 Jahre verzögert. Als Begründung wird darauf verwiesen, dass die Referendarzeit nicht bei der Stufenlaufzeit Berücksichtigung finden könne. Zudem legte das Landesamt die Stufe 10 zugrunde. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Stufenfestsetzungsbescheid vom *. September 2015 wies das Landesamt für Finanzen mit Bescheid vom … Januar 2016 zurück, gegen den – soweit ersichtlich – ein Rechtsmittel nicht eingelegt wurde.
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Zum *. Mai 2020 wurde die Klägerin zur Vorsitzenden Richterin eines Landgerichts als weitere aufsichtsführende Richterin der Besoldungsgruppe R 2 mit Amtszulage ernannt. Infolge des erneuten Wechsels der Besoldungsordnungen, diesmal von der Besoldungsordnung A zurück in die für Richterinnen und Richter geltende Besoldungsordnung R, erließ das Landesamt für Finanzen am … April 2020 einen weiteren Stufenfestsetzungsbescheid. In Ziffer 1 des Bescheids ist festgelegt, dass der erstmalige Diensteintritt der Klägerin als Richterin oder Staatsanwältin zum … Mai 2020 auf den 1. Dezember 1992 vorverlegt wird. In Ziffer 2 des Bescheids wird festgestellt, dass sich der Stufenaufstieg der Klägerin um 1 Monat und 2 Jahre verzögert. Ziffer 1 wird in den Hinweisen des Bescheids dahingehend konkretisiert, dass für die Bemessung des Grundgehalts ab dem *. Mai 2020 ausgehend vom vorverlegten Diensteintritt für die Besoldungsgruppe R2+AZ die (Besoldungs-)Stufe 11 zu Grunde gelegt werde. Weiter wurde – wie bereits im Stufenfestsetzungsbescheid aus dem Jahre 2015 – die Referendarzeit nicht für den Stufenaufstieg berücksichtigt.
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Gegen den Stufenfestsetzungsbescheid vom … April 2020 legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, dass die Referendarzeit nicht mehrfach, d.h. im Bescheid von 2015 und 2020 zu einer Verzögerung des Stufenaufstiegs führen dürfe. Zudem werde die Klägerin gegenüber Referendaren, die ihr Referendariat in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis abgeleistet hätten, diskriminiert. Die Klägerin sei in der Referendarzeit Beamtin auf Widerruf gewesen. Sie habe hierfür aus dem Lebenszeitverhältnis als Rechtspflegerin entlassen werden müssen. Wäre das Referendariat zu diesem Zeitpunkt als öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis qualifiziert worden, hätte die Klägerin auch während des Referendariats weiterhin im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit in Elternzeit sein und die vor dem Referendariat begonnene und nach dem Referendariat weitergeführte Elternzeit auch während des Referendariats fortführen können. Die Elternzeit während des Referendariats wäre dann für den Stufenaufstieg zu berücksichtigen gewesen. Zumindest sei die Referendarzeit für die Klägerin als förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeit im Sinne des Art. 31 Abs. 2 des Bayerischen Besoldungsgesetzes/BayBesG anzuerkennen. Jedenfalls müsse die Referendarzeit aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls als eine nicht explizit in Art. 31 BayBesG geregelte Konstellation Berücksichtigung bei der Stufenlaufzeit finden.
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Den Widerspruch wies das Landesamt für Finanzen durch den der Klägerin am … August 2020 zugestellten Widerspruchsbescheid vom *. August 2020 zurück. Die Klage sei bereits unzulässig. Hinsichtlich der begehrten Änderung der Stufenfestsetzung aus dem Jahre 2020 fehle es der Klägerin an einer Beschwer. Selbst bei einer Berücksichtigung der Referendarzeit für den Stufenaufstieg wäre die Klägerin in der Stufenfestsetzung nicht höher eingeordnet worden. Die Klägerin habe seit dem … Januar 2019, mithin vor der letzten Stufenfestsetzung die Endstufe ihrer Besoldungsgruppe (R 1 Stufe 11) erreicht. Zudem könne der Klägerin auch für zukünftige Beförderungen kein Nachteil daraus erwachsen, dass die Referendarzeit nicht für den Stufenaufstieg berücksichtigt worden sei. In der nächsthöheren Besoldungsgruppe R 3 gebe es keine Stufen, sondern feste Gehälter. Zudem sei die Referendarzeit nicht in unzulässiger Weise mehrfach als Verzögerungszeit für den Stufenaufstieg berücksichtigt worden. Die Bescheide aus den Jahren 2015 und 2020 beinhalteten jeweils Stufenneufestsetzungen. Der Bescheid aus dem Jahre 2020 regele einen völlig neuen Sachverhalt und sei unabhängig vom Bescheid aus dem Jahre 2015 zu sehen. Im Übrigen bestünde weder im Beamtenverhältnis auf Widerruf, noch in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis Anspruch auf Grundgehalt, sodass in beiden Konstellationen das Referendariat nicht zur Stufenlaufzeit hinzuzuzählen sei. Die Klägerin werde auch nicht dadurch, dass sie aus dem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit entlassen werden musste, um für das Referendariat in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf aufgenommen werden zu können, gegenüber Referendaren im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis diskriminiert. Die vor Beginn des Referendariats begonnene und nach dem Referendariat fortgeführte Elternzeit der Klägerin hätte auch während eines als öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnisses ausgestalteten Referendariats nicht fortlaufen können. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Elternzeit wären auch in diesem Fall nicht vorgelegen. Die Referendarzeit sei zudem keine berücksichtigungsfähige Zeit im Sinne des Art. 31 BayBesG.
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Die Klägerin hat am … September 2020 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, sie sei durch die falsche Stufenfestsetzung beschwert. Es bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, zunächst Feststellungsklage und nicht sofort Verpflichtungsklage zu erheben. Es sei zudem möglich, die Stufenfestsetzung aus dem Jahre 2015 anzugreifen, da der Widerspruchsbescheid aus dem Jahre 2020 auf den früheren Bescheid Bezug nehme. Außerdem wende das Landesamt auf einen Sachverhalt nach alter Rechtslage (Referendarzeit vom *. April 1999 bis … Mai 2001) den erst später erlassenen Verzögerungstatbestand (Art. 30 Abs. 2 Satz 3 BayBesG) an, was unzulässig sei.
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Die Klägerin hat beantragt,
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1. Es wird festgestellt, dass die Besoldungsdifferenzen zwischen der tatsächlichen Stufe und der Endstufe sowie durch den unberechtigten Ansatz von Verzögerungszeiten beim Stufenaufstieg in dem bestehenden Beamtenverhältnis der Klägerin zum Beklagten nachzuzahlen sind.
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2. Es wird festgestellt, dass eine verzögernde (Mehrfach-)Berücksichtigung des Referendariats bei der Festsetzung des Stufenaufstiegs nicht zulässig ist.
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Das Landesamt für Finanzen hat für den Beklagten
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Klageabweisung
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beantragt und im Wesentlichen das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Ergänzend wird vorgetragen, dass die Klägerin gegen den Bescheid vom … September 2015 Widerspruch erhoben, jedoch gegen den im Anschluss erlassenen Widerspruchsbescheid vom … Januar 2016 nicht mit Rechtsmitteln vorgegangen sei. Die infolgedessen eingetretene Bestandskraft des Bescheids stehe einer erneuten Überprüfung der Stufenfestsetzung entgegen. Der Bescheid könne auch nicht inzident mit dem späteren Stufenfestsetzungsbescheid aus dem Jahre 2020 angegriffen werden. Anhaltspunkte für eine unzutreffende Stufeneinordnung sei nicht erkennbar.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Über die Streitsache kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
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Zwar hat die Klägerin zuletzt beantragt, festzustellen, dass Besoldungsdifferenzen nachzuzahlen seien, die insbesondere durch die Nichtberücksichtigung der Referendarzeit für den Stufenaufstieg entstanden seien. Nach § 88 VwGO ist das Gericht jedoch gehalten, das im Antrag und im gesamten Vorbringen der Klägerin zum Ausdruck kommende Rechtsschutzziel zu ermitteln. Daran orientiert will die Klägerin die gerügten Fehler der Stufenfestsetzungsbescheide aus den Jahren 2015 und 2020, insbesondere die fehlende Berücksichtigung der Referendarzeit, beseitigt haben und zudem besoldungsrechtliche Nachzahlungsansprüche vorbereiten. Dieses Klageziel kann, anders als von der Klägerin vorgetragen, nicht im Wege der allgemeinen Feststellungsklage, sondern ausschließlich durch Einlegung einer Verpflichtungsklage erreicht werden. Denn die Stufenfestsetzung erfolgt durch Erlass eines Verwaltungsaktes im Sinne des Art. 35 S. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes/BayVwVfG. Eine korrigierte Stufenfestsetzung erfordert den Erlass eines Verwaltungsakts in veränderter Form, sodass für eine Aufhebung der Stufenfestsetzung gem. § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage die statthafte Klageart ist. Die allgemeine Feststellungsklage im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO ist als subsidiäre Klageart hinter der als Gestaltungsklage einzuordnenden Verpflichtungsklage bereits unstatthaft (§ 43 Abs. 2 VwGO). Der Klageantrag in Ziffer 2 der Klageschrift geht in der so ausgelegten Ziffer 1 des Klageantrags auf, da die Frage der (Mehrfach-)Berücksichtigung von Referendarzeiten bereits inzident im Rahmen der Verpflichtungsklage zu prüfen ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin beantragt hat, unter Aufhebung des Bescheids vom *. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … Januar 2016 und des Bescheids vom … April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … August 2020 den Beklagten zu verpflichten, den Stufenaufstieg insbesondere unter Einbeziehung der Referendarzeit neu zu berechnen und die infolge der rechtswidrigen Stufenfestsetzung zu Unrecht einbehaltene Besoldung zurückzuzahlen.
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Die so ausgelegte Klage ist, soweit es um den ersten Stufenfestsetzungsbescheid vom *. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … Januar 2016 geht, bereits verfristet. Im Übrigen ist die Klage, soweit sie gegen den zweiten Stufenfestsetzungsbescheid vom … April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom *. August 2020 gerichtet ist, mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.
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1. Der erste Stufenfestsetzungsbescheid vom *. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Januar 2016 war im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits formell und materiell bestandskräftig. Denn die einmonatige Klagefrist (§ 74 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 VwGO) war im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits abgelaufen. Der Ablauf der Klagefrist kann auch nicht mithilfe einer allgemeinen Feststellungsklage umgangen werden. Durch die Klage anlässlich des zweiten Stufenfestsetzungsbescheids aus dem Jahr 2020 wurde die Klagemöglichkeit gegen den ersten Stufenfestsetzungsbescheid aus dem Jahr 2015 – anders als von der Klägerin vorgetragen – nicht erneut eröffnet. Hierin kann allenfalls eine wiederholende Verfügung, nicht aber eine erneute Sachentscheidung über die Stufenfestsetzung im Jahre 2015 im Sinne eines Zweitbescheids zu sehen sein. Eine wiederholende Verfügung ist gegeben, wenn sich eine behördliche Erklärung in der bloßen ganzen oder teilweisen Wiederholung eines bereits ergangenen Verwaltungsakts ohne neuen Regelungsgehalt oder in einem Hinweis auf einen solchen erschöpft (vgl. etwa: BVerwG, U.v. 10.10.1961 – VI C 123/59 – NJW 1962, 362). Demgegenüber beruht ein „Zweitbescheid“ auf einer erneuten Sachprüfung und – entscheidung. Ob ein Bescheid als Zweitbescheid oder lediglich als wiederholende Verfügung anzusehen ist, bestimmt sich danach, ob und inwieweit die Behörde durch ihre Verlautbarung eine neue Sachentscheidung getroffen hat. Das ist durch Auslegung der Verfügung zu ermitteln (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2016 – 1 WB 33.15 – juris Rn. 35). Maßgeblich hierfür ist der Erklärungsinhalt, der durch eine fallbezogene, die konkreten Umstände in den Blick nehmende Auslegung nach Maßgabe der entsprechend anwendbaren gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist (vgl. BVerwG, B.v. 14.6.2010 – 2 B 23.10 – juris Rn. 7).
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Dies zugrunde gelegt stellt der zweite Stufenfestsetzungsbescheid vom … April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 2020, wenn überhaupt nur eine wiederholende Verfügung und keinen Zweitbescheid für die Stufenfestlegung aus dem Jahr 2015 dar. Im Bescheid vom … April 2020 ist der Bescheid vom *. September 2015 nicht erwähnt worden. Der Beklagte weist in den rechtlichen Ausführungen des Widerspruchsbescheids lediglich in Reaktion auf den Vortrag der Klägerin zur Mehrfachberücksichtigung der Referendarzeit als Verzögerungszeit auf den bereits erlassenen Stufenfestsetzungsbescheid aus dem Jahr 2015 hin. Gleichzeitig wird ausdrücklich klargestellt, dass die Bescheide unterschiedliche Sachverhalte regeln und die Bescheide gerade nicht aufeinander aufbauen würden. In den Jahren 2015 und 2020 hatten jeweils und voneinander unabhängig neue Stufenfestsetzungen zu erfolgen. Die Stufenfestlegung mit Bescheid vom … September 2015 beruht auf dem erstmaligen Wechsel von der Rzur A-Besoldung (vgl. Ziffer 30.1.4 Satz 3 der Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht und Nebengebieten/BayVwVBes in der ab dem 1. März 2014 geltenden Fassung), die Neufestsetzung durch Bescheid vom … April 2020 auf dem erstmaligen Wechsel von der Azur R-Besoldung (vgl. Ziffer 30.1.4 Satz 7 BayVwVBes in der ab dem 1. Juli 2018 geltenden Fassung). Den Hinweisen im Bescheid vom … April 2020 ist ausdrücklich zu entnehmen, dass Gegenstand die Stufenfestlegung für die Bemessung des Grundgehalts ab dem *. Mai 2020 ist, während der Bescheid vom *. September 2015 die Stufenfestlegung zur Ermittlung des Grundgehalts ab dem *. Juli 2015 beinhaltet. Den knappen Ausführungen im Bescheid vom … April 2020 zum Bescheid aus 2015 kann nicht konkludent die Entscheidung entnommen werden, im Jahre 2020 in eine erneute Sachprüfung der Stufenfestsetzung aus dem Jahr 2015 einsteigen zu wollen.
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2. Im Übrigen besteht für eine Korrektur der Stufenfestsetzung aus dem Jahre 2020 bereits kein Rechtsschutzbedürfnis.
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Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt insbesondere in Fällen, in denen ein Kläger sein Ziel auf anderem Wege schneller und einfacher erreichen könnte, wenn ein Erfolg seine Rechtsstellung nicht verbessern würde oder wenn es ihm auf den Klageerfolg gar nicht ankommt (Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, Vor §§ 40 – 53, Rn. 11 m.w.N).
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Die eingelegte Klage ermöglicht es der Klägerin nicht, ihre Rechtsstellung zu verbessern. Die Klägerin begehrt insbesondere die Berücksichtigung der Referendarzeit für den Stufenaufstieg. Nach dem bayerischen System des Stufenaufstiegs steigt das Grundgehalt nur bis zum Erreichen der letzten Erfahrungsstufe an (Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BayBesG). Ist die Endstufe der Besoldung erreicht, kommt ein weiterer Stufenaufstieg nicht mehr in Betracht. Im Bescheid vom … April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom *. August 2020 ist für die Bemessung des Grundgehalts der Klägerin ab dem *. Mai 2020 die Endstufe 11 der Besoldungsgruppe R 2 zugrunde gelegt und wird festgestellt, dass sich die Klägerin in dieser Stufe – infolge der Vorverlegung des Diensteintritts – bereits seit 64 Monaten befindet. Da die R 2-Besoldung in der Erfahrungsstufe 11 endet (vgl. Anlage 3 zum BayBesG, Besoldungsordnung R), ist ein weiterer Stufenaufstieg in der Besoldungsgruppe R 2 nicht möglich. Es ist nicht ersichtlich, welche Vorteile in ihrer Rechtsstellung die Klägerin durch die beantragte Berücksichtigung der Referendarzeit für den Stufenaufstieg erlangen könnte. Insbesondere sind etwaige Auswirkungen auf künftige Beförderungen nicht erkennbar. Sollte die Klägerin in die Besoldungsgruppe R 3 befördert werden, würde keine weitere Stufenfestlegung erfolgen. Denn in der Besoldungsgruppe R 3 werden stufenunabhängig feste Gehälter ausgezahlt. Eine erneute Stufenfestlegung ist in der Zukunft nicht zu erwarten.
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3. Die Klage gegen den Stufenfestsetzungsbescheid aus 2020 ist im Übrigen auch unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom … April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … August 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VvwGO). Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf eine Korrektur der Stufenfestsetzung aus dem Jahre 2020 nach Maßgabe der Art. 47 Abs. 2 Sätze 1 bis 2 i.V.m. Art. 30 Abs. 2 Satz 3 und Art. 31 Abs. 1 Nr. 3 des Bayerischen Besoldungsgesetzes/BayBesG, noch auf eine (neue) Entscheidung über die Anerkennung der Referendarzeit als förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeit gemäß Art. 31 Abs. 2 BayBesG
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Soweit die Klägerin begehrt, dass die Referendarzeit zu den Zeiten des Stufenaufstiegs im Sinne des Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BayBesG hinzugezählt wird, ist dem nicht zu folgen. Denn die Referendarzeit verzögert nach Art. 47 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 30 Abs. 2 Satz 3 BayBesG als Zeit ohne Grundbezüge den Stufenaufstieg. Die Klägerin stand als Rechtsreferendarin in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf im Sinne des § 4 Abs. 4 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtStG) und bezog Anwärterbezüge nach Art. 75 BayBesG, die gem. Art. 2 Abs. 3 Nr. 5 BayBesG den Nebenbezügen und nicht den Grundbezügen (vgl. Art. 2 Abs. 2 BayBesG) zuzuordnen sind. Dieser Hemmungstatbestand ist auf die Situation der Klägerin auch anwendbar. Für die Stufenfestsetzung maßgeblich sind die Vorschriften, die im Zeitpunkt der Stufenfestsetzung Geltung entfalten, das heißt die zum … April 2020 geltende Rechtslage. Dass die Klägerin ihre Referendarzeit zeitlich vor der Geltung des Neuen Dienstrechts in Bayern abgeleistet hat, steht dem nicht entgegen. Dieser Verzögerungstatbestand gilt auch für das Referendariat als öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis über Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Sicherung des juristischen Ausbildungsdienstes/SiGjurVD, sodass die von der Klägerin geltend gemachte Benachteiligung gegenüber in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis befindlichen Referendarinnen nicht besteht.
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Es ist zudem rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Referendarzeit – wie bereits im Stufenfestsetzungsbescheid aus dem Jahre 2015 – auch im Bescheid aus dem Jahre 2020 als eine den Stufenaufstieg verzögernde Zeit berücksichtigt hat. Eine unzulässige Mehrfachberücksichtigung liegt nicht vor, da die Stufenfestsetzungen aus den Jahren 2015 und 2020 jeweils Stufenneufestsetzungen beinhalten, in deren Rahmen die Referendarzeit in konsequenter Anwendung des Art. 30 Abs. 2 Satz 3 BayBesG i.V.m. Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBesG als den Stufenaufstieg verzögernde Zeit gewertet worden ist. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin angeführten Art. 31 Abs. 5 Satz 2 BayBesG, wonach Zeiten nach Artikel 31 Abs. 1 bis Abs. 3 nicht mehrfach berücksichtigt werden dürfen. Denn diese Vorschrift bezieht sich ihrem Wortlaut nach auf die in den Absätzen 1 bis 3 geregelten Zeiten, die zu einer Vorverlegung des Diensteintritts führen und trifft mithin keine Aussage darüber, ob Zeiten ohne Grundgehalt bei Stufenneufestsetzungen (nicht) erneut den Stufenaufstieg verzögern.
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Soweit die Klägerin vorträgt, sie werde gegenüber Referendarinnen, die ihr Referendariat im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis abgeleistet haben, hinsichtlich der Möglichkeit, Elternzeit während des Referendariats als berücksichtigungsfähige Zeit im Sinne des Art. 32 Abs. 1 Nr. 3 BayBesG gelten zu lassen, benachteiligt, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die von der Klägerin in Vollzeit abgeleistete Referendarzeit von zwei Jahren kann nicht gleichzeitig als Elternzeit im Sinne des Art. 30 Abs. 1 Nr. 3 BayBesG qualifiziert werden. Als Elternzeit anerkannt werden Zeiten nach Art. 89 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG, § 23 der Bayerischen Urlaubs- und Mutterschutzverordnung/UrlMV sowie den §§ 1, 15 und 20 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG), bzw. sonstige Zeiten einer Kinderbetreuung, in denen ein Kind in der häuslichen Gemeinschaft überwiegend betreut wurde (Ziffer 31.1.3 Abs. 1 Satz 1 BayVwVBes). Der sich in Elternzeit befindende Beamte kann – neben der Betreuung und Erziehung des in seinem Haushalt lebenden Kindes – einer Erwerbstätigkeit daher nur bis zu einem bestimmten Umfang (Teilzeitarbeit während der Elternzeit) nachgehen. In entsprechender Anwendung von § 15 Abs. 4 BEEG (in der zum Zeitpunkt der Stufenfestsetzung im Jahre 2020 gültigen Fassung vom 1.1.2018, BGBl. I S. 1228) i.V.m. Art. 30 Abs. 1 Nr. 3 BayBesG, § 23 Abs. 1 UrlMV darf der Beamte / die Beamtin während der Elternzeit nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sein. Dabei braucht nicht entschieden werden, ob diese zeitliche Grenze auch für das Referendariat, das weniger dem Erwerb, sondern mehr dem Zweck der Ausbildung dient, als Richtschnur herangezogen werden kann (so jedenfalls für das Teilzeitstudium Ziffer 31.1.3 Abs. 2 Satz 2 BayVwVBes). Denn nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. Ziffer 31.1.3 Abs. 2 Satz 3 BayVwVBes) kann die Referendarzeit der Klägerin nicht als Elternzeit qualifiziert werden, da das Referendariat von der Klägerin nicht in Teilzeit abgeleistet worden ist. Denn der Juristische Vorbereitungsdienst konnte bis zum … Dezember 2022 ausschließlich in Vollzeit durchlaufen werden (DRiG-E 2016, BR-Drs. 399/16, S. 1). Erst mit der Einfügung des § 5b Abs. 6 DRiG (durch Gesetz vom 25.6.2021, BGBl. I S. 2154) wurde die Möglichkeit, den Vorbereitungsdienst in Teilzeit abzuleisten, überhaupt eröffnet.
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Entgegen den Ausführungen der Klägerin kann der Zeitpunkt des Diensteintritts auch nicht nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG um die Referendarzeit vorverlegt werden, da die den Kompetenzerwerb für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit erst ermöglichende Ausbildung selbst nicht als hauptberufliche Beschäftigungszeit berücksichtigt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 24.10.2018 – 3 ZB 15.2216 – juris Rn. 5; VG Bayreuth, U.v. 14.04.2015 – B 5 K 13.12 – juris Rn. 21 ff.; VG Augsburg, U.v. 12.7.2012 – Au 2 K 11.1646 – juris Rn. 28). Im Übrigen sind die in Art. 31 BayBesG geregelten Fallgruppen berücksichtigungsfähiger Zeiten abschließend und können nicht beliebig von der Verwaltung, sondern nur durch den Gesetzgeber (Vorbehalt des Gesetzes, Art. 20 Abs. 3 GG) erweitert werden.
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4. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.