Inhalt

VG München, Beschluss v. 01.08.2023 – M 13L DA 22.4948
Titel:

(Landes) Disziplinarrecht, Antrag auf Aussetzung einer vorläufigen Dienstenthebung (abgelehnt), Prognose der Höchstmaßnahme bei strafrechtlicher Verurteilung wg. Besitzes von Kinderpornographie in geringem Umfang wg. Bezugs zum Statusamt, Antrag auf Aussetzung des Einbehalts von Dienstbezügen (stattgegeben), Berücksichtigung von Rechtsanwaltskosten bei der Einbehaltsberechnung

Normenketten:
BayDG Art. 39
BayDG Art. 61
StGB § 184b
Schlagworte:
(Landes) Disziplinarrecht, Antrag auf Aussetzung einer vorläufigen Dienstenthebung (abgelehnt), Prognose der Höchstmaßnahme bei strafrechtlicher Verurteilung wg. Besitzes von Kinderpornographie in geringem Umfang wg. Bezugs zum Statusamt, Antrag auf Aussetzung des Einbehalts von Dienstbezügen (stattgegeben), Berücksichtigung von Rechtsanwaltskosten bei der Einbehaltsberechnung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 20294

Tenor

I. Der am 2. August 2022 verfügte Einbehalt von 50 v.H. der monatlichen Dienstbezüge des Antragstellers wird rückwirkend vom Oktober 2022 bis zum 30. April 2023 vollständig ausgesetzt und mit Wirkung ab Mai 2023 insoweit, als er 20 v.H. der monatlichen Bezüge übersteigt.
II. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
III. Die Kosten des Verfahrens werden geteilt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wehrt sich gegen eine von der Disziplinarbehörde verfügte vorläufige Dienstenthebung verbunden mit einem 50%igen Einbehalt seiner monatlichen Dienstbezüge.
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1. Der am … 1972 geborene Antragsteller ist seit 1. Februar 2001 Beamter auf Lebenszeit beim Antragsgegner. Derzeit – seit dem 14. Februar 2022 – ist er als Rektor in der Besoldungsgruppe A 14 zum Zwecke der Versetzung an die Regierung von Oberbayern abgeordnet und im Fachbereich Organisation von Grund- und Mittelschulen tätig. Zuvor war er seit August 2013 Schulleiter an einer Mittelschule in München. Hinsichtlich der Einzelheiten seines Werdegangs und seiner Laufbahn sowie bisherigen Beurteilungen und Prämien wird auf die Ausführungen in der gegenständlichen Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 2. August 2022 und die beigezogene Personalakte Bezug genommen, ebenso auf die vorgelegten Persönlichkeitsbilder. Der getrenntlebende Vater eines im Jahre 2016 geborenen Sohnes ist disziplinarisch und strafrechtlich mit Ausnahme der im vorliegenden Verfahren gegenständlichen Vorwürfe bisher nicht in Erscheinung getreten.
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2. Auf der Grundlage einer Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg vom 27. April 2022 – 570 … … – wegen Verbreitung und Besitz kinderpornographischer Schriften leitete die Landesanwaltschaft Bayern als Disziplinarbehörde am 16. Mai 2022 ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller gemäß Art. 19 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) ein und verfügte die Aussetzung gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayDG angesichts des laufenden Strafverfahrens.
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Verbunden damit hat die Landesanwaltschaft Bayern die Bevollmächtigte des Antragstellers im Hinblick auf eine beabsichtigte vorläufige Dienstenthebung und Einbehalt von Bezügen angehört, die daraufhin unter dem 10. Juni 2022 Stellung nahm und über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers informierte. In der Stellungnahme wurde insbesondere auf eine fehlende Notwendigkeit einer Sicherungsregelung abgestellt.
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Mit Verfügung vom 2. August 2022 wurde der Antragsteller mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben (Nr. 1) und die Einbehaltung von 50% seiner monatlichen Dienstbezüge (Nr. 2) angeordnet. Bezugnehmend auf den in der strafrechtlichen Anklageschrift zur Last gelegten Sachverhalt sei die Prognose der Entfernung aus dem Dienst im Disziplinarverfahren nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG vorliegend gerechtfertigt. Nach der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung sei davon auszugehen, dass der in einer Anklageschrift vorgeworfene Sachverhalt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch nachweisbar sei und damit der für eine vorläufige Dienstenthebung erforderliche Wahrscheinlichkeitsmaßstab erreicht sei. Aufgrund der Bezugs zum Statusamt und des gesetzlichen Strafrahmens des § 184b StGB sei der außerdienstliche Besitz und das Verbreiten kinderpornographischen Schriften – auch bei geringer Anzahl oder niedrigschwelligem Inhalts – als derart schwer einzustufen, dass die Höchstmaßnahme geboten sei und nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände des Einzelfalls, die vorliegend nicht ersichtlich seien, hiervon abzusehen sei. Im Rahmen der Einbehaltsberechnung erkannte die Disziplinarbehörde einige geltend gemachten Ausgabepositionen nicht an, insbesondere bezüglich Anwaltskosten für die Verteidigung im Strafverfahren und Disziplinarverfahren. Hinsichtlich der Einzelheiten wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die streitgegenständliche Verfügung verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 15. August 2022 sowie insbesondere im Nachgang am 5. Oktober 2022 substantiierte die Bevollmächtigte des Antragstellers die Angaben unter anderem zu den Anwaltskosten und weiteren Ausgabepositionen und bat um Überprüfung der Entscheidung, hilfsweise Neuentscheidung bzw. Anpassung.
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Die Landesanwaltschaft Bayern teilte mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2022 mit, die Voraussetzungen für eine Änderung des Einbehaltungssatzes nach Art. 39 Abs. 3 BayDG lägen nicht vor. Hierzu wurde eine erneute, ausführliche Einbehaltsberechung dargestellt, in der wiederum unter anderem die Anwaltskosten nicht berücksichtigt werden. Es handle sich insoweit nicht um wiederkehrende monatliche Belastungen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern Bezug genommen.
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3. Daraufhin hat sich der Antragsteller durch seine Bevollmächtigte mit Schreiben vom 6. Oktober mit einem Antrag nach Art. 61 BayDG an das Verwaltungsgericht München gewandt.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, es bestehe kein Bedürfnis für eine vorläufige Dienstenthebung, zumal der Antragsteller seit Monaten keinen Kontakt mehr zu Schülern aufgrund seiner Verwendung bei der Regierung von Oberbayern habe. Zudem wird auf das Vorbringen im Strafverfahren zum Tatverdacht verwiesen, dass dem Antragsteller die zur Last gelegte Straftaten nicht nachweisbar seien. Im Übrigen handle es sich um strafrechtlich niederschwelliges Material in geringer Menge, das dem Antragsteller zur Last gelegt werde. Entscheidend sei, dass der Antragsteller aktuell den Dienstposten eines Schulleiters nicht mehr ausfülle. Das Persönlichkeitsbild und die bisherigen dienstlichen Leistungen seien zu berücksichtigen. Außergewöhnliche Umstände lägen vor, als es sich nicht einfach um einen Lehrer, sondern einen pflichtbewussten, zuverlässigen und geschätzten Beamten handle, dem sein Dienstherr auch vor dem Hintergrund der nunmehr gemachten Vorwürfe sein unbedingtes Vertrauen ausgesprochen habe und der nunmehr seinen Dienst ohne jeden Kontakt zu Schülern versehe. Die Höchstmaßnahme sei daher weder erforderlich noch geboten, jedenfalls aber bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Hinsichtlich der Einbehaltsberechnung wurde dargelegt, warum diese als fehlerhaft bewertet werde, insbesondere angesichts der Nichtberücksichtigung von Anwaltskosten, aber auch mit Blick auf PKW-Kosten, Vorsorgeaufwendungen und die monatlichen Grundbedürfnisse. Diesbezüglich sowie hinsichtlich der vertiefenden Ausführungen mit Schriftsätzen vom 21. Oktober 2022, 2. Dezember 2022, 19. April 2023, 8. Mai 2023, zweifach vom 23. Mai 2023 sowie vom 27. Juli 2023, wird, insbesondere bezüglich der Darlegung der Anwaltskosten, jeweils gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO verwiesen.
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Mit Blick auf den Ausgang des erstinstanzlichen Strafverfahrens hat die Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 19. April 2023 ausgeführt, das Verfahren habe zweifelsfrei herausgestellt, dass der ungeschützte PC, auf dem die Dateien gefunden worden seien, an einem frei zugänglichen Ort im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses gestanden habe. Der Nachweis, dass die Daten vom Antragsteller auf diesem PC hinterlegt worden seien, werde sich also nicht führen lassen. Unter dem 27. Juli 2023 wird die diesbezügliche Tatnachweisführung im Urteil des Amtsgerichts München als nicht nachvollziehbar kritisiert und hierzu ausgeführt.
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Die Bevollmächtigte des Antragstellers beantragt,
die mit Verfügung der Landesanwaltschaft vom 02.08.2022 ausgesprochene vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von 50 v.H. der monatlichen Dienstbezüge auszusetzen.
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Der Antragsgegner beantragt,
den Aussetzungsantrag vom 06.10.2022 kostenpflichtig abzulehnen.
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Mit Schriftsätzen vom 20. Oktober 2022, 15. Februar 2022 und 17. Juli 2022 hat die Landesanwaltschaft Bayern Stellung genommen. Dabei wurde insbesondere jeweils dargelegt, dass und warum die Disziplinarbehörde nach Eröffnung der Hauptverhandlung und nach Verurteilung des Antragstellers an der vorläufigen Dienstenthebung festgehalten werde. Der Tatnachweis sei im Strafverfahren erbracht und im Urteil des Amtsgerichts München ausführlich dargelegt worden. Soweit zwei Bildern mit Kindern keine strafrechtliche Relevanz zukomme, seien diese im Wege eines Verstoßes gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten disziplinarisch relevant. Bezüglicher zweier im Strafverfahren gemäß § 154a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) ausgeschiedener jugendpornographischer Bilder seien diese weiterhin Gegenstand des Disziplinarverfahrens. Dies gelte auch für vier gemäß § 154a Abs. 2 StPO eingestellter Bilddateien, die der Antragsteller über Skype am 5. Februar 2021 hochgeladen habe. Bezug genommen wird zudem auf einen Chat über Skype, in dem sich der Antragsteller unter dem Account „…“ zunächst als weibliches jüngeres Kind und dann doch als erwachsener, verheirateter Mann im Alter von 44 Jahren ausgegeben habe.
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Nach mündlicher Verhandlung am 9. März 2023 und 23. März 2023 wurde der Antragsteller vom Amtsgericht München mit Urteil vom 23. März 2023 – 850 Ds 570 … … – wegen Besitzes von fünf Bildern mit kinderpornographischem Inhalt zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das mit Schriftsatz der Landesanwaltschaft Bayern vom 17. Juli 2022 übermittelte Urteil Bezug genommen. Der Antragsteller hat nach Angaben seiner Bevollmächtigten Rechtsmittel mit dem Ziel eines Freispruchs eingelegt.
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Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Disziplinarakte der Landesanwaltschaft Bayern und Personalakte des Antragstellers Bezug genommen. Eine Beiziehung der Strafakte im laufenden Strafverfahren unterblieb, um weitere Verzögerungen zu vermeiden.
II.
16
Auf den nach Art. 61 BayDG zulässigen Antrag hin, ist der von der Disziplinarbehörde verfügte Einbehalt der monatlichen Bezüge rückwirkend vom Oktober 2022 bis zum 30. April 2023 ganz und ab Mai 2023 insoweit auszusetzen, als er 20% der monatlichen Bezüge übersteigt (2.). Die vorläufige Dienstenthebung ist hingegen nicht zu beanstanden (1.).
17
Nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG kann die Disziplinarbehörde einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Gleichzeitig mit oder nach der vorläufigen Dienstenthebung kann sie anordnen, dass bis zu 50% der monatlichen Dienstbezüge einbehalten werden, Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Der Beamte kann hiergegen gemäß Art. 61 BayDG bei dem Gericht der Hauptsache die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Dienstbezügen beantragen. Über den Antrag ist durch Beschluss zu entscheiden (vgl. Art. 61 Abs. 3 BayDG).
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Die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung von Bezügen sind nach Art. 61 Abs. 2 BayDG ganz oder zum Teil auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts offen ist, ob die von der Behörde getroffene Anordnung rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Im Hinblick auf die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG ist zu prüfen, ob die in der Anordnung liegende Prognose gerechtfertigt ist, der Beamte werde im Disziplinarverfahren voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden, was dann der Fall ist, wenn nach dem Kenntnisstand des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens die Möglichkeit der Höchstmaßnahme überwiegend wahrscheinlich ist. Ist es dagegen zumindest ebenso wahrscheinlich, dass eine Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis im Disziplinarverfahren nicht erfolgen wird, sind insoweit ernstliche Zweifel im Sinne des Art. 61 Abs. 2 BayDG zu bejahen. Hinsichtlich des zur Last gelegten Dienstvergehens genügt die Feststellung, dass der Beamte dieses Dienstvergehen mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit begangen hat; nicht erforderlich ist, dass es bereits in vollem Umfang nachgewiesen ist. Da im gerichtlichen Verfahren nach Art. 61 BayDG für eigene Beweiserhebungen im Regelfall kein Raum ist, muss das Gericht anhand einer ihrer Natur nach nur kursorisch möglichen Prüfung des Sachverhalts aufgrund der gerade aktuellen Entscheidungsgrundlage entscheiden (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 11.12.2013 – 16a DS 13.706 – juris Rn. 18). Eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Dienstvergehens ergibt sich regelmäßig aus der Erhebung der öffentlichen Klage (§ 170 Abs. 1 StPO) bzw. aus der Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO), die einen hinreichenden Tatverdacht voraussetzen (vgl. BVerwG, B.v. 22.7.2002 – 2 WDB 1.02 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 28.10.2019 – 16a DS 19.1720 – beck-online Rn 7 mit Verweis auf BayVGH, B.v. 20.12.2018 – 16a DS 18.928 – BA Rn. 3; SächsOVG, B.v. 26.9.2013 – D 6 B 151/11 – juris Rn. 11; OVG SH, B.v. 29.1.2018 – 14 MB 3/17 – juris Rn. 4).
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1. Unter Anwendung der o.g. Maßstäbe ist die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG nicht zu beanstanden.
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a) Der dem Antragsteller zur Last gelegte Sachverhalt steht jedenfalls hinsichtlich des Besitzes von fünf Bildern mit kinderpornographischem Sachverhalt mit der gebotenen hinreichenden Wahrscheinlichkeit aufgrund der Ausführungen im Tatbestand des – zwar nicht rechtskräftigen – Urteils des Amtsgerichts München vom 23. März 2023 fest.
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(1) Dem Antragssteller wird insoweit Folgendes zur Last gelegt:
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„Der Angeklagte war Nutzer des Internetdienstes Skype. Bei Skype handelt es sich um einen Instant-Messaging-Dienst, der den Nutzern neben Bildtelefonie und Videokonferenzen auch den Austausch von Textnachrichten mit einzelnen Nutzern oder über selbst oder von anderen erstellten Gruppen mit mehreren Nutzern gleichzeitig ermöglicht. Hierbei ist auch die Übertragung von Bildern und anderen Dateien an den bzw. die anderen Nutzer, die am derartigen Nachrichtenaustausch teilnehmen, möglich. Auf dem Mobiltelefon bzw. dem verwendeten Endgerät gespeicherte Fotos oder andere Dateien können ausgewählt und so freigegeben werden, woraufhin sie über die bestehende Internetverbindung übertragen werden und unmittelbar im Anschluss dem oder den anderen Teilnehmern der Telekommunikation zur Verfügung stehen.
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Anlässlich eines CyberTipline Reports vom 06.02.2021 bestand der Verdacht, dass der Angeklagte am 05.02.2023 [gemeint wohl 2021 (Anm. des Gerichts) ] über diesen Internetdienst Skype im Zeitraum von 22:04 Uhr bis 22:21 Uhr unter Nutzung des Nicknamens „…“ mittels eines internetfähigen Endgerätes von seinem damaligen Wohnsitz in der … … in … … aus vier Bilddateien mit kinderpornographischem Inhalt ins Internet hochlud – insoweit wurde das Verfahren im Rahmen der Haupt-Verhandlung gemäß § 154a Abs. 2 StPO eingestellt.
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Aufgrund dieses Verdachtes beantragten die Ermittlungsbehörden unter anderem einen Durchsuchungsbeschluss betreffend den Angeklagten für die Durchsuchung seiner Person, der damals noch gemeinsam mit seiner Ehefrau bewohnten Wohnung in der … … in … … nebst Nebenräumen, seiner Geschäftsräume mit Nebenräume und seiner Fahrzeuge, welchen das Amtsgericht Bamberg am 03.03.2021 unter dem Aktenzeichen 1 1 Gs … erließ.
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Zum Zeitpunkt der daraufhin am 16.03.2021 durchgeführten Durchsuchung war der Angeklagte in der Wohnung … … in … … wissentlich und willentlich im Besitz von fünf kinderpornographischen Bilddateien, welche auf dem Computer Medion (Assenvat Nr. 12) gespeichert waren.
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Die Bilddateien zeigen im Einzelnen folgende Inhalte.
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Beschreibung Fundstelle
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1. Ein ca. 8 Jahre altes unbekleidetes weibliches Kind BI. 7 SoBa in sexuell aufreizender Pose. „Anlage zum Gutachten“
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2. Zwei männliche Kinder liegen schlafend im Bett. Der BI. 8 SoBa jüngere von beiden (ca. 4 Jahre) liegt nackt mit „Anlage zum gespreizten Beinen im Bett, sodass das Geschlechtsteil Gutachten deutlich sichtbar ist.
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3. Das Bild zeigt denselben Inhalt wie das Bild Ziffer 2. BI. 9 SoBa Der Fokus dieses Bildes ist nun noch mehr auf den „Anlage zum nackten Jungen und seine entblößten Genitalien Gutachten“ gerichtet.
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8. Es ist ein ca. 7 Jahre altes weibliches Kind abgebildet. Bl. 18 SoBa Das Kind ist mit einem Bikini bekleidet und posiert „Anlage zum in unnatürlich aufreizender Körperhaltung. Gutachten“
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9. Ein ca. 7 Jahre altes weibliches Kind posiert in sexuell Bl. 19 SoBa aufreizender Weise im Bikini. „Anlage zum Gutachten“
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Der Angeklagte handelte in allen Fällen in Kenntnis aller Umstände. Er wusste insbesondere, dass die Dateien kinderpornographische Schriften beinhalten, also pornographische Schriften, die sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren (Kind), die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung oder die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des -unbekleideten Gesäßes eines Kindes, zum Gegenstand haben.
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Darüber hinaus bestand der Verdacht, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der am 16.03.2021 durchgeführten Durchsuchung in der Wohnung … … in … … wissentlich und willentlich im Besitz von zwei weiteren kinderpornographischen Bilddateien (Anklage Ziffer 4 -5) und zwei jugendpornographischen Bilddateien (Anklage Ziffer 6 – 7) war, welche auf dem Computer Median gespeichert waren – hinsichtlich des Vorwurfs des Besitzes jugendpornographischer Schriften erfolgte in der Hauptverhandlung eine Einstellung gemäß § 154a Abs. 2 StPO; die unter Ziffer 4 und 5 angeklagten Bilddateien sind keine kinderpornographischen Bilddateien nach der damals gültigen gesetzlichen Definition.
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(Auszug aus dem Strafurteil des Amtsgerichts München – 850 Ds 570 … …)
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(2) Mangels Rechtskraft entfalten die tatsächlichen Feststellungen zwar noch keine Bindungswirkung i.S.v. Art. 25 Abs. 1 BayDG für das Disziplinarverfahren, können aber zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls als Tatsachengrundlage mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zugrunde gelegt werden. Folglich konnte das Gericht auch von einer Beiziehung der Strafakten im laufenden Strafverfahren angesichts der zu erwartenden erheblichen weiteren Verfahrensverzögerung absehen. Die Überprüfung der behördlichen Prognoseentscheidung hat sich vielmehr, den Grundsätzen einstweiligen Rechtsschutzes entsprechend, an der vorliegenden Aktenlage zu orientieren.
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Wenn im Grundsatz bereits die Anklageschrift als Ergebnis der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen als ausreichend für die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit für die tatbestandlichen Ausführungen angesehen wird (s.o.; vgl. u.a. BayVGH, B.v. 28.10.2019 – 16a DS 19.1720 – beck-online Rn. 7 m.w.N.; VG Regensburg, B.v. 20.8.2019 – RO 10A DS 19.1307 – beck-online Rn. 97), so gilt dies erst recht bei einer erstinstanzlichen Verurteilung.
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Es begegnet folglich keinen ernstlichen Zweifeln an der Entscheidung der Disziplinarbehörde, zunächst den Sachverhalt aus der Anklageschrift und nunmehr den des erstinstanzlichen Urteils im Rahmen der Prüfung einer vorläufigen Dienstenthebung zugrunde zu legen.
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Soweit die Bevollmächtigten des Antragstellers die Tatnachweisführung im Strafverfahren und die diesbezüglichen Ausführungen im amtsgerichtlichen Urteil anzweifeln, vermögen sie damit jedenfalls nicht derart ernstliche Zweifel zu wecken, dass das Gericht bei seiner Prüfung die tatbestandlichen Ausführungen des Strafgerichts nicht mehr als hinreichend zugrunde legen könnte.
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Das vorliegend erkennende Gericht erachtet die Tatnachweisführung im amtsgerichtlichen Urteil vielmehr als durchaus nachvollziehbar und in sich schlüssig. Es sei darauf hingewiesen, dass die antragstellerischen Ausführungen außer Betracht lassen, dass im – im Strafverfahren eingeführten – Skype-Chat aus dem Jahre 2016 nach Angabe der Disziplinarbehörde von einem 44jährigen Mann als Chatpartner die Rede ist und auch der Nickname Bezüge zum Antragsteller aufweist. Die Zurechnung des Skype-Chats zum Antragsteller erscheint dem Gericht auf der Grundlage der Ausführungen im Strafurteil, auf die Bezug genommen wird, durchaus schlüssig. Ebenso besteht durch den aufgefundenen USB-Stick mit weiteren (gelöschten) kinderpornographischen Bildern in einer Tasche – ob beim Computer oder gar in der Wohnung des Antragstellers (dies ist insoweit wohl nicht mehr aufklärbar) – ein weiterer indizieller Aspekt zu Lasten des Antragstellers. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Strafurteil wird verwiesen.
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b) Auf der Grundlage des im Strafurteil zur Last gelegten Sachverhalts kommt die Disziplinarbehörde zutreffend zu dem Ergebnis, dass der sich daraus ergebende disziplinarische Vorwurf des außerdienstlichen Verstoßes gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i.V.m. § 184 b Abs. 1 StGB und § 34 Satz 3 BeamtStG die Prognose der Höchtsmaßnahme gerechtfertigt.
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(1) Bei einem beamteten Lehrer führt der außerdienstliche Besitz kinderpornographischer Schriften auch bei geringer Anzahl oder niederschwelligem Inhalt in aller Regel zur disziplinaren Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 24.10.2019 – 2 C 3/19- juris Rn. 31). Dies gilt – im Hinblick auf das Schuldprinzip und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – nur dann nicht, wenn außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls die Annahme eines vollständigen Vertrauensverlustes in die Person des Beamten ausnahmsweise widerlegen (BVerwG, a.a.O.). Der konkreten im Wege der Strafzumessung ausgesprochenen Strafe kommt aufgrund der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht keine die disziplinare Maßnahmebemessung begrenzende Indizwirkung zu (BVerwG, U.v. 24.10.2019 – 2 C 3/19 – juris Rn. 34 ff.).
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(2) Nicht nachvollziehen vermag das Gericht vorliegend, warum es sich nach Ansicht des Antragstellers „um bloße Förmelei“ handeln soll, wenn bei der Maßnahmebemessung am Statusamt angeknüpft wird und nicht an der aktuellen konkreten Verwendung des Beamten.
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Zum einen handelt es sich hierbei um eine (nunmehr) gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 24.10.2019 – 2 C 3/19- juris Rn. 13). Das Statusamt – und nicht die mit dem gegenwärtig innegehabten Dienstposten verbundene Tätigkeit – bestimmt, mit welchem Aufgabenbereich der Beamte amtsangemessen beschäftigt und damit künftig verwendet werden kann (BVerwG, a.a.O.).
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Unabhängig davon, dass der Antragsteller momentan an die Regierung von Oberbayern (nur) abgeordnet ist – wenngleich mit dem Ziel der Versetzung –, darf aber vorliegend insbesondere nicht verkannt werden, dass der Antragsteller zum maßgeblichen Zeitpunkt der Begehung des Dienstvergehens im Jahre 2021 gerade als Rektor an einer Mittelschule eingesetzt war. Dass er aktuell nicht an einer Schule eingesetzt sein mag, ändert hieran nichts. Maßgebend für die Einwertung des Charakters des Dienstvergehens und seiner Schwere ist der Status zum Zeitpunkt der Begehung des Dienstvergehens und nicht der aktuelle Status. Dies kann allenfalls bei der weiteren Maßnahmebemessung oder ihm Rahmen der Verhältnismäßigkeit Berücksichtigung finden. Schließlich ist Prüfungsmaßstab vorliegend gerade nicht, ob eine Störung des Dienstbetriebs i.S.v.Art. 39 BayDG bei Verbleib im Dienst zu befürchten ist.
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(3) Die prognostische Maßnahmebemessung der Disziplinarbehörde ist auch im Übrigen ebensowenig ernstlich zweifelhaft.
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Außergewöhnliche Einzelfallumstände sind nicht etwa zu bejahen, weil der Beamte bis zum Dienstvergehen außerordentlich gute Dienste geleistet hat. Auch bei überdurchschnittlichen Leistungen ist eine langjährig pflichtgemäße Dienstausübung für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derartige Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (vgl. BayVGH, U.v. 18.3.2015 – 16a D 09. 3029 – juris Rn. 96).
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Die geringe Anzahl und der niederschwellige Inhalt der Bilder stellen gerade für sich keine außergewöhnlichen Einzelfallumstände dar. Vielmehr darf auch nicht übersehen werden, dass der disziplinarische Vorwurf über die Verurteilung noch hinausgeht.
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Soweit antragstellerseitig auf die Persönlichkeitsbilder und insbesondere darauf abgestellt wird, dass die Dienstvorgesetzten von einem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 BeamtStG keinen Gebrauch gemacht hatten und diese ihm vielmehr ihr Vertrauen aussprechen würden, kommt es auf deren subjektive Haltung nicht an, sondern auf eine objektive Betrachtungsweise. Die zusammenfassende Annahme der Disziplinarbehörde, dass der Besitz kinderpornographischer Bilder unabhängig von Anzahl und Inhalt zu einem vollständigen Vertrauensverlust gegenüber einem Schulleiter einer Mittelschule – bei Begehung des Dienstvergehens – führt, ist aus Sicht des vorliegend erkennenden Gerichts nicht ernstlich zweifelhaft. Objektiv anzunehmen, dass dem Beamten angesichts der aktuellen Verwendung – immerhin aber im Bereich der Schulaufsicht – ohne Kontakt zu Eltern und Kindern nach vollständigem Vertrauensverlust nun wieder Vertrauen entgegenzubringen, erscheint zumindest sehr fraglich.
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(4) Auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung oder bei Ausübung des Ermessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der prognostischen Maßnahmebemessung der Disziplinarbehörde sowie der verfügten vorläufigen Dienstenthebung. Auf die Ausführungen in der angegriffenen Verfügung und die Stellungnahmen der Landesanwaltschaft Bayern im vorliegenden Verfahren wird insoweit Bezug genommen.
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Es ist für das Gericht insbesondere nicht ernstlich zweifelhaft, wenn die Disziplinarbehörde die derzeitige Abordnung an die Schulaufsicht als nicht geeignet erachtet, dem bei einem Rektor durch den Besitz kinderpornographischer Schriften eingetretenen vollständigen Vertrauensverlust zu begegnen, um von einer prognostisch überwiegend wahrscheinlichen Höchstmaßnahme zu begegnen.
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2. In rechtlicher Hinsicht zu beanstanden ist allerdings die Verfügung des Einbehalts.
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Die Ermessensentscheidung der Behörde, die nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt, ist insbesondere dahingehend zu überprüfen, ob die Disziplinarbehörde der ihr obliegenden Verpflichtung Rechnung getragen hat, ihr Ermessen zweckgerecht und unter Wahrung der bestehenden Grenzen auszuüben (BayVGH, B.v. 8.3.2022 – 16a DS 22.110 – juris Rn. 12; BVerwG, B.v. 22.5.2000 – 1 DB 8.00 – juris Rn. 15). Die Entscheidung über eine Aussetzung der Einbehaltung bei ermessenfehlerhafter Ausübung durch die Disziplinarbehörde kann gerichtlicherseits sowohl ex tunc als auch ex nunc erfolgen (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2022 – 16a DS 22.110 – juris Rn. 11; vgl. BayVGH, B.v. 29.3.2019 – 16a DS 19.435 – juris Rn. 13-15; Herrmann in Herrmann/Sandkuhl, Beamtendisziplinarrecht, 2. Auflage, § 9 Rn. 900 – beck-online). Ebenso ist dem Gericht eine auch nur teilweise Aussetzung des Einbehalts in Form einer Reduzierung des Einbehaltssatzes möglich (BayVGH, B.v. 8.3.2022 – 16a DS 22.110 – juris Rn. 12, Rn. 21; a.A. BayVG, B.v. 29.3.2019 -16a DS 19.435 – juris Rn. 13) und damit insoweit eine eigene Entscheidung über die Höhe des Einbehalts (Urban/Wittkowski, BDG, § 63 Rn. 25 m.w.N.).
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a) Während die Landesanwaltschaft zutreffend einige geltend gemachte Ausgaben nicht zum Ansatz gebracht hat, ist zur Überzeugung des Gerichts antragstellerseitig weitgehend hinreichend zu den finanziellen Belastungen der Strafverteidigung und Rechtsanwaltskosten im Disziplinarverfahren vorgetragen.
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(1) Nicht zu beanstanden ist, wenn die Disziplinarbehörde für zumutbar erachtet, Kosten für eine Riester-Rente, Lebensversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung, vermögenswirksame Leistungen etc. vorübergehend beitragsfrei zu stellen.
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Eine Vielzahl antragstellerseits geltend gemachter Ausgabepositionen ist des Weiteren bereits im SGB II – Regelsatz enthalten und daher nicht zu beanstanden, wenn die Disziplinarbehörde diese nicht extra anerkennt. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die im Regelsatz enthaltenen Ansätze für Telefon und Internet beispielsweise kaum den aktuellen tatsächlichen Ausgaben eines typischen Haushalts entsprechen dürften. Dem ist im Einzelfall aber dadurch zu begegnen, dass dem Beamten nach dem verfügten Einbehalt noch ein gewisser Abstand von (mind.) 15% (vgl. BayVGH, B.v. 2.7.2019 – 16a DS 19.1040 – juris Rn. 17) zum sozialrechtlichen Grundsicherungsniveau verbleiben muss, den er dann ggf. für solche Ausgaben verwenden kann.
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Der Verweis auf eine zumutbare Stilllegung des PKW ist ebensowenig zu beanstanden. Kosten für den ÖPNV oder die neueren Formen des CarSharings sind aus dem zu berücksichtigten Regelsatz bzw. dem Abstand hierzu (s.o.) zu begleichen. Dass vorliegend beim Antragsteller durch die abgelegen wohnende Mutter und Besuche des Antragstellers sowie Sohnes bei dessen Großmutter zu ermöglichen seien, sieht das Gericht in Übereinstimmung mit der Disziplinarbehörde als keinen außergewöhnlich zusätzlich zu berücksichtigen Umstand.
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Hinsichtlich der geltend gemachten Zahnbehandlungskosten für den Sohn des Antragstellers ist nicht zu beanstanden, dass die Disziplinarbehörde diese nicht berücksichtigt hat. Die Rechnungen stammen aus einem Zeitraum vor der Einbehaltsverfügung mit Zahlungszielen vom 25. April 2022 und 12. Mai 2022 und belaste(te) n somit nicht mehr die finanzielle Situation ab Einbehalt. Ein Nachweis über eine derzeitige finanzielle Belastung durch eine Psychotherapie des Sohnes ist nicht erbracht. Die letzte Rechnung stammt insoweit vom 26. Januar 2022.
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(2) Die Kosten für die Strafverteidigung und rechtsanwaltschaftliche Vertretung im Disziplinarverfahren sind hingegen durchaus zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 16.4.1996 – 1 DB 6/96 – juris Rn. 4). Mögen sie teilweise – soweit keine Ratenzahlungsvereinbarung vorliegt – keine monatlich regelmäßige Belastung darstellen, so ergibt sich aus den Nachweisen für das Gericht aber zweifelsfrei, dass sie den Antragsteller im geltend gemachten Zeitraum entsprechend regelmäßig belastet haben und die Belastung fortdauert.
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Hinsichtlich der Strafverteidigungskosten ist eine durchschnittliche Belastung von über 2.000,- € im Zeitraum ab Antragstellung bei Gericht im Oktober 2022 bis einschließlich April 2023 nachgewiesen, beispielsweise 3 Raten je 2.724,- € von Dezember bis Februar, sodann am 21. März 2023 4.000,- € bis zur nächsten Rechnung im Mai. Die letzte vorgelegte Rechnung vom 8. Mai 2023 enthält drei Raten zu je 1.000,- €. Vor dem Hintergrund ist es angemessen anzunehmen, dass dem Antragsteller auch zukünftig möglich sein wird, sich mit seinen Strafverteidigern auf derartige monatliche Ratenzahlungen von 1.000,- € zu verständigen. Die Ausgaben für die rechtsanwaltschaftliche Vertretung im Disziplinarverfahren betrugen von September 2022 bis Mai 2023 im Durchschnitt ca. 570,- €.
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b) Die finanziellen Belastungen durch die Rechtsanwaltskosten führten im Zeitraum bis März 2023 zu einer derartigen Belastung, dass für einen monatlichen Einbehalt unter Berücksichtigung der von der Disziplinarbehörde anerkannten Ausgaben kein Raum blieb, da sie für das Strafverfahren 2.000,- € gut überstiegen und zusätzlich noch Ausgaben für das Disziplinarverfahren hinzukamen. Der Einbehalt ist daher insoweit vollständig rückwirkend Oktober 2022, dem Zeitpunkt, als die während des maßgeblichen Einbehaltszeitraum entstehenden Belastungen hinreichend nachgewiesen wurden (vgl. BVerwG, B.v. 16.4.1996 – 1 DB 6/96 – juris Rn. 7), bis zum 30. April 2023 auszusetzen. Zutreffend hat die Disziplinarbehörde in ihrer Verfügung vom 2. August 2022 die vor Beginn der Einbehaltsverfügung erstellten Rechnungen nicht mehr als zukünftige Belastung berücksichtigt (vgl. BayVGH, B.v. 30.11.2010 – 16a DS 09.3252 – beck-online Rn. 137).
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c) Für den Zeitraum ab Mai 2023 geht das Gericht von monatlichen Belastungen für die Strafverteidigung in einer Größenordnung von bis zu 1000,- € und für das Disziplinarverfahren von ca. 550,- € aus. Wie zuvor dargelegt, ist dem Antragsteller aufgrund der bisherigen Vergütungen durchaus zumindest zumutbar, mit seinen Strafverteidigern eine entsprechende Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen. Gleiches gilt für das Disziplinarverfahren in Höhe von 500,- / 550,- €.
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Unter Berücksichtigung von 1550,- € außergewöhnlicher Belastung für Rechtsanwaltskosten ergibt sich ein jedenfalls noch zulässiger Einbehaltungssatz von 20% der monatlichen Bezüge aus A 14 in Stufe 10 angesichts der Miete, des Unterhalts, Krankenversicherung, Haftpflichtversicherung, abzüglich des SGB-II-Regelsatzes und eines 15%igen Abstands hierzu, somit von insg. 2184,- €.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 72 Abs. 4 BayDG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Eine Kostenaufhebung ist nach Auffassung des Gerichts vorliegend nicht mehr angemessen, vielmehr eine hälftige Kostenteilung. Das Verfahren ist nach Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG gerichtsgebührenfrei.