Inhalt

LArbG Nürnberg, Urteil v. 23.03.2023 – 5 Sa 373/22
Titel:

Berücksichtigung vorheriger Befristungen bei der Besetzung einer befristeten Stelle durch einen öffentlichen Arbeitgeber

Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2
BayUniKlinG Art. 15 Abs. 3 Nr. 1
SGB IX § 154, § 155, § 164, § 165, § 166 Abs. 3
BGB § 242
Leitsätze:
Es ist auch im Hinblick auf Art. 33 GG nicht sachfremd, wenn der öffentliche Arbeitgeber die Besetzung einer befristeten Stelle mit einem bei ihm bereits seit mehreren Jahren befristet beschäftigten Bewerber ablehnt, um nicht Gefahr zu laufen, dass die neuerliche Befristung des Arbeitsvertrags als institutioneller Rechtmissbrauch eingestuft werden könnte. (Rn. 20)
1. Zur Frage, ob bereits zuvor bestehende befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Universitätsklinik mit nachfolgend geschlossenen befristeten Verträgen mit der Universität zusammenzurechnen sind (hier: Auslegung von Art. 15 Abs. 3 Nr. 1 BayUniKlinG). (Rn. 21 und 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zur Frage, ob sich aus einer zwischen dem Arbeitgeber und der Schwerbehindertenvertretung geschlossenen Inklusionsvereinbarung ein subjektiver Anspruch des Arbeitnehmers auf Einstellung bzw. Weiterbeschäftigung ergibt (hier verneint). (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Stellenbesetzung, Befristung, sachfremde Erwägungen, institutioneller Rechtsmissbrauch, Personalvertretung, Bestenauslese, Schwerbehinderung, Schwerbehindertenvertretung, Einstellungsgrundsätze, Bewerbungsverfahrensanspruch, Inklusionsvereinbarung
Vorinstanz:
ArbG Würzburg, Endurteil vom 30.09.2022 – 8 Ca 627/22
Rechtsmittelinstanz:
BAG Erfurt, Urteil vom 29.02.2024 – 8 AZR 187/23
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstellen:
NZA-RR 2023, 554
LSK 2023, 20154
BeckRS 2023, 20154

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 30.09.2022 – Az. 8 Ca 627/22 – wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die beiden Parteien streiten um den vom Kläger geltend gemachten Anspruch, die Stelle als „technische Assistenz“ am Institut für Pathologie der A-Universität B-Stadt mit dem Kläger zu besetzen.
2
Der 1968 geborene, schwerbehinderte und ledige Kläger ist derzeit bei dem Beklagten an der A-Universität B-Stadt (nachfolgend Universität) am physikalischen Institut als technischer Assistent in Vollzeit tätig. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag der Parteien vom 09.03.2016/22.03.2016 (Anlage K 4, Bl. 12 f. d.A.). Das Arbeitsverhältnis war zunächst befristet bis zum 30.06.2019. Hierauf vereinbarten die beiden Parteien mit Änderungsvertrag vom 12.06.2016 eine weitere Befristung bis zum 30.06.2023 (Anlage K 1, Bl. 9 d.A.). Der Kläger ist ausgebildeter Biologielaborant und erzielte zuletzt 3.179,25 Euro. Vor Begründung dieses Arbeitsverhältnisses wurde der Kläger bei der Uniklinik B-Stadt seit dem 19.04.2010 bis 31.03.2016 auf der Grundlage von insgesamt sieben befristeten Verträgen beschäftigt (Anlage K 5, Bl. 14 bis 29 d.A.).
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Bei der Beklagten kommt eine Inklusionsvereinbarung vom 01. Juli 2018 zur Anwendung. In dieser ist u.a. unter Ziffer 4 „Verpflichtungen des Arbeitgebers“ folgendes geregelt:
(1) Durch geeignete Maßnahmen wird angestrebt, dass wenigstens die gesetzlich vorgeschriebene Zahl²(§ 154 SGB IX) schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung bei der Universität B-Stadt finden kann (§ 166 Abs. 3 SGB IX).
(2) Die Schwerbehindertenvertretung ist in allen Angelegenheiten, die einzelne schwerbehinderte Menschen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung zu hören; die getroffene Entscheidung ist ihr unverzüglich mitzuteilen. Die Beteiligungsrechte der Personalvertretung werden hiervon nicht berührt.
(3) Der Arbeitgeber unterrichtet die Schwerbehindertenvertretung und den Personalrat über geplante Umstrukturierungsmaßnahmen oder sonstige Änderungen in einzelnen Arbeitsbereichen, wenn Schwerbehinderte betroffen sind.
(4) Schwerbehinderte Beschäftigte sind bei Entfristungen von Arbeitsverträgen, innerhalb der Organisationseinheit, in der sie beschäftigt sind, bevorzugt zu behandeln.
Verantwortlich: Vorgesetzte und Inklusionsbeauftragte/r Beteiligt: Schwerbehindertenvertretung und Personalrat im Rahmen der Gesetze
5. Einstellungsgrundsätze
(1) Bei der Einstellung ist zu prüfen, ob freie oder frei werdende Arbeits- und Ausbildungsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können. Dies gilt auch für befristete Beschäftigungsverhältnisse. Diese Prüfung beinhaltet u.a.
- langfristige Planungen, die das absehbare Ausscheiden von Beschäftigten und die daraus resultierenden Möglichkeiten der Umsetzung oder Neueinstellung von schwerbehinderten Menschen einbeziehen.
- die Einbindung der Agentur für Arbeit, damit diese über den absehbaren Einstellungsbedarf unterrichtet wird und eine Bewerberauswahl treffen kann.
(2) Bei allen internen und öffentlichen Stellenausschreibungen ist die Schwerbehindertenvertretung durch Übermittlung des Ausschreibungstextes zu informieren. Öffentliche Ausschreibungen sind auch stets der Agentur für Arbeit zu übermitteln (§ 165 SGB IX).
Bei allen Ausschreibungen ist grundsätzlich ein Hinweis aufzunehmen, dass schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber bei ansonsten im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt eingestellt werden.
(3) Die rechtzeitige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung an den Auswahl- und Besetzungsverfahren nach § 164 SGB IX ist zu gewährleisten.
(4) Im Rahmen der Verpflichtung zur Berücksichtigung schwerbehinderter Menschen ist der Beschäftigung schwerbehinderter Frauen bei gleicher Eignung besonderer Vorrang einzuräumen.
(5) Sollen Auszubildende der Universität B-Stadt nach ihrer erfolgreich beendeten Ausbildung weiterbeschäftigt werden, sind schwerbehinderte Auszubildende bei entsprechender Eignung bevorzugt zu berücksichtigen.
(6) Behinderungsbedingte Leistungsminderungen dürfen nicht als Nichteignung bewertet werden, sofern sie durch geeignete Hilfsmittel ausgeglichen werden können.
Verantwortlich: Vorgesetzte und Inklusionsbeauftragte/r Beteiligt: Schwerbehindertenvertretung und Personalrat im Rahmen der Gesetze
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Im Januar 2022 schrieb die Beklagte eine Stelle für einen technischen Assistenten am Institut für Pathologie an der Universität aus. Die Stelle war für zwei Jahre mit Option auf Vertragsverlängerung befristet. Der Kläger hat sich auf diese Stelle beworben und hatte am 01.03.2022 ein Vorstellungsgespräch sowie einen Probearbeitseinsatz. Der Leiter der Pathologischen Abteilung war willens den Kläger einzustellen und beantragte in der Folge dessen Einstellung bzw. Umsetzung bei der Personalabteilung. Dieser Antrag ist zunächst von der Personalabteilung des Beklagten abgelehnt worden (Anlage K 9, Bl. 34 d.A.). Der damals gesehene Hinderungsgrund konnte in der Folge vom Kläger beseitigt werden durch Vorlage eines Zwischenzeugnisses, mit dem der Beklagte dem Kläger am 19.05.2022 das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands bestätigte. Mit Schreiben vom 19.05.2022 (Anlage K 12, Bl. 39 d.A.) blieb der Beklagte jedoch bei seiner ablehnenden Haltung, eine Umsetzung vorzunehmen, da die Personalmaßnahme mit dem Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages einhergegangen wäre und aufgrund der Vorbeschäftigungszeiten des Klägers eine weitere Befristung nicht möglich sei. Am 27.05.2022 hat der Kläger eine einstweilige Verfügung, gerichtet auf eine Besetzungssperre für die angestrebte Tätigkeit, eingereicht. Das vor dem Arbeitsgericht Würzburg unter dem AZ. 4 Ga 8/22 geführte Verfahren endete mit einem Vergleich. Danach verpflichtete sich der Beklagte, die streitige Stelle bis zum Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht zu besetzen. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 14.06.2022 die streitgegenständliche Klage beim Arbeitsgericht Würzburg erhoben. Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, sein Anspruch folge aus Artikel 33 GG. Der Kläger sei der geeignetste Bewerber gewesen und der Beklagte müsse sich auch an seine Inklusionsvereinbarung halten, da es vorliegend um eine interne Stellenbesetzung gehe. Dem Beklagten sei es verwehrt, sich auf die Anzahl der Befristungen zu berufen. Ein institutioneller Rechtsmissbrauch der Wahl des Mittels „Befristung“ läge nicht erst vor, wenn der Kläger von dem Beklagten eingestellt werde, sondern sei bereits in der Vergangenheit durch die Anzahl der Vorbefristungen geschaffen worden. In diesem Zusammenhang habe der Kläger die Auffassung vertreten, die Arbeitsverhältnisse bei der Uniklinik wie auch bei der Universität seien zusammenzurechnen und einer Überprüfung auf institutionellem Rechtsmissbrauch zu unterziehen. Die Inklusionsvereinbarung gebe dem Kläger zwar keinen Individualanspruch, sei aber bei der Ermessensausübung zu beachten. Ergänzend sei zu berücksichtigen, dass eine Zusage des zuständigen Professors vorgelegen habe und dieser den Kläger für den besten Bewerber gehalten habe. Die Personalabteilung habe nur noch ausführende Funktion und könne die Bestenauslese nicht abändern. Die Entscheidung über die fachliche Eignung, getroffen durch den zuständigen Professor, sei für die Personalabteilung bindend. Im Übrigen lägen aus Sicht des Klägers ohnedies Daueraufgaben vor.
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Der Kläger hat erstinstanzlich folgenden Antrag gestellt:
Der Beklagte wird verurteilt, die Stelle als „technische Assistenz“ am Institut für Pathologie der A-Universität B-Stadt mit dem Kläger zu besetzen.
6
Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
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Der Beklagte begründete seine ablehnende Haltung auf Neuabschluss eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages damit, dass der Beklagte sich in den Bereich eines institutionellen Rechtsmissbrauchs begeben müsse. Dies sei ihm nicht zuzumuten und auch bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Eine Zusammenrechnung der Arbeitsverhältnisse bei der Klinik mit den Arbeitsverhältnissen bei der Universität sei rechtlich nicht veranlasst. Auf eine Aussage des Institutsleiters könne sich der Kläger nicht berufen, da diese rechtlich unverbindlich sei und der Institutsleiter keine Einstellungsbefugnis habe. Eine Einstellungsbefugnis habe alleine die Personalabteilung und diese habe die Bewerbung des Klägers wegen eines berechtigten Interesses des Beklagten abgelehnt. Ein Anspruch des Klägers ergäbe sich auch nicht aus Art. 15 Abs. 3 Nr. 1 BayUniKlinG, da dagegen der Gesetzeswortlaut wie auch der Zweck der Regelung sprechen würde. Dass die Stelle befristet ausgeschrieben sei und welcher Befristungsgrund gewählt worden sei, läge alleine in der Organisationshoheit des Beklagten und sei vom Kläger hinzunehmen.
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Das Arbeitsgericht Würzburg hat mit Endurteil vom 30.09.2022 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass Art. 33 GG keinen unbegrenzten Anspruch auf Schaffung einer Stelle beim Öffentlichen Arbeitgeber eröffne. Vielmehr obliege es dem Dienstherrn im Rahmen seiner Organisations- und Personalhoheit das von ihm gewünschte Anforderungsprofil festzulegen. Das dem Dienstherrn zustehende Organisationsermessen müsse allerdings willkürfrei ausgeübt werden. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts habe der Beklagte das ihm zustehende Ermessen sachgerecht und willkürfrei ausgeübt. Bei der Ausübung des Ermessens sei zu berücksichtigen, dass die Zusage des Institutsleiters an den Kläger noch keinen Einstellungsanspruch begründe, da für die Einstellung von Arbeitnehmern im Bereich des Freistaates die Personalabteilung zuständig sei, nicht aber der Institutsleiter. Der von dem Beklagten angesprochene sachliche Grund sei inhaltlich nachvollziehbar und geeignet, die Ablehnung des Klägers zu begründen. Der Beklagte habe bereits zwei befristete Verträge mit dem Kläger, startend am 01.04.2016, abgeschlossen, so dass der nunmehr abzuschließende Vertrag bei der vorgesehenen Laufzeit die Gesamtbeschäftigungsdauer des Klägers bei dem Beklagten länger als acht Jahre andauern lasse und der Beklagte damit zu Recht die Gefahr sehe, dass er dem Vorwurf eines institutionellen Rechtsmissbrauchs ausgesetzt werden würde. Der Beklagte sei gehalten, sich rechtstreu zu verhalten, dazu gehöre auch schon im Vorfeld der Gefahr entgegenzusteuern, sehenden Auges in ein rechtsmissbräuchlich gestaltetes Arbeitsverhältnis hineinzukommen. Soweit der Kläger vorgetragen habe, dass der Beklagte ohnehin schon in dieser Situation sei und der neu abzuschließende Vertrag an der bereits gegebenen Lage des institutionellen Rechtsmissbrauchs nichts ändern würde, teile die erkennende Kammer nicht. § 14 Abs. 2 Nr. 1 des Uniklinikengesetzes sei vom Wortlaut her eindeutig nicht im Sinne der Argumentation des Klägers zu lesen. Es seien alleine Beschäftigungszeiten geregelt worden und die Gesetzesbegründung, wie sie von beiden Seiten thematisiert worden sei, ergäbe kein eindeutiges Ergebnis. Soweit die Klägerseite damit argumentiere, die Entstehungsgeschichte der Norm spreche für die Anrechnung, so mag dies für die Beschäftigungszeiten gelten, für die hier streitige Rechtsfrage der Befristung sei die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Norm unergiebig. Bei der Interpretation des § 14 Abs. 3 Nr. 1 des Uniklinikengesetzes sei zu berücksichtigen, dass die Frage der Befristung im öffentlichen Dienst schon immer problematisch gewesen sei. Dies sei auch schon bei Schaffung des maßgeblichen Gesetzes allen Beteiligten bekannt gewesen. Die Befristungsproblematik sei kein fernliegender Aspekt der gegebenenfalls übersehen worden sei, sondern ein schon immer virulentes Problem. Wenn daher in einer solchen Situation das Uniklinikengesetz lediglich von der Anrechnung der Beschäftigungszeiten spreche, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Problematik „Befristung“ sozusagen unausgesprochen mitgeregelt werden sollte. Hätte man dies gewollt, so hätte man auf die bereits bestehenden Bestimmungen des § 613 a BGB zurückgreifen können. Weiter sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem institutionellen Missbrauch um einen Sonderfall von Treu und Glauben handeln würde, bei dem sich der Arbeitgeber nicht auf die wirksame Befristung berufen dürfe. Im Streitfall gehe es jedoch um zwei rechtlich selbständige juristische Personen. Es besteht damit rechtlich gesehen keine Veranlassung und wäre rein tatsächlich auch kaum zumutbar ein gegebenenfalls vorangegangenes missbräuchliches Verhalten nunmehr einer gänzlich anderen juristischen Person zuzuordnen. Auch aus der vom Kläger angesprochenen Inklusionsvereinbarung könne kein Besetzungsanspruch hergeleitet werden, da diese noch keinen Rechtsanspruch auf Einstellung begründen würde. Die Inklusionsvereinbarung sei sicherlich ein Abwägungspunkt, wenn es um den Schutz des Schwerbehinderten gehe, nicht aber bei der hier maßgeblichen Konstellation, wo es um andere Gründe gehe, die mit der Schwerbehinderung in keiner Verbindung stehen würden.
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Das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 30.09.2022 ist dem Kläger am 13.10.2022 zugestellt worden. Die Berufungsschrift des Klägers ging am 11.11.2022 beim Landesarbeitsgericht Nürnberg ein. Die Berufungsbegründungsschrift ging beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 24.01.2023 innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist ein.
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Unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrages ist der Kläger der Auffassung, dass das Arbeitsgericht mit seiner Entscheidung Inhalt und Tragweite des Art. 33 Abs. 2 GG verkannt habe und im konkreten Fall rechtsfehlerhaft angenommen habe, dass die Behörde, selbst wenn sie hier ein ihr zustehendes Ermessen noch gehabt hätte, dieses fehlerhaft ausgeübt habe. Der Kläger sei unwidersprochen der fachlich am besten Geeignetste. Soweit die Personalabteilung der Einstellung mit dem Argument widersprochen habe, dass sie bei einer Einstellung in eine Kettenbefristung hineinlaufe, sei dieses Argument nicht sachgerecht, um den Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG, zu Fall zu bringen. Das Institut des institutionellen Rechtsmissbrauches sei dazu geschaffen worden, die Kettenbefristungen zum Schutze der Arbeitnehmer einzudämmen. Die Rechtsfigur des institutionellen Rechtsmissbrauchs sei zum Schutze des Arbeitnehmers geschaffen worden. Im vorliegenden Fall werde allerdings diese Figur in ihr Gegenteil verwandelt. Aus einem Schutzschild des Arbeitnehmers werde eine aktive Möglichkeit für den Arbeitgeber geschaffen, eine Einstellung abzulehnen. Dies könne nicht richtig sein. Jedenfalls sei das Argument der Personalabteilung nicht geeignet, dem starken Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG entgegengehalten zu werden. Der Arbeitgeber werde nicht in seiner Vertragsfreiheit beeinflusst. Es entstünde nach wie vor ein befristetes Arbeitsverhältnis. Dem Arbeitgeber werde unmittelbar daher nichts aufgezwungen. Der Beklagte berufe sich nur auf potentielle mittelbare Folgen, die möglicherweise gleichsam als Rechtsreflex eintreten würden. Dass diese Folgen mit Sicherheit eintreten, sei jedoch nicht gesagt, sondern abhängig davon, ob der betroffene Arbeitnehmer Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erhebe, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet worden sei. Dies sei jedoch völlig offen. Darüber hinaus sei es dem Beklagten auch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich auf das Institut des institutionellen Rechtsmissbrauchs zu berufen, da sich das Arbeitsverhältnis bereits in einem Stadium befände, das nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauches entfristet werden könne. Die vorherigen Beschäftigungszeiten des Klägers beim Universitätsklinikum B-Stadt und die Beschäftigungszeiten des Freistaates Bayern seien zusammen zu zählen. Das Arbeitsgericht Würzburg lege falsche Maßstäbe an die Auslegung der maßgeblichen Norm des Art. 15 Abs. 3 Nr. 1 des Bayerischen Uniklinikgesetzes (BayUniKlinG). Das Arbeitsgericht verkenne, dass die vorgesehene Kooperationslösung sehr wohl relevant sei. Bei der Auslegung komme ihr insoweit eine Bedeutung zu, als sie nahelege, dass zwischen dem Freistaat Bayern und der Universitätsklinik eine sehr enge Zusammenarbeit gegeben sein solle, die gerade bei der Auslegung dafürspreche, dass es für den einzelnen Arbeitnehmer keinen Unterschied machen könne, ob er nun beim Freistaat Bayern beschäftigt sei oder nicht. Auch die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Rolle der Inklusionsvereinbarung seien fehlerhaft. Die Inklusionsvereinbarung diene dazu, dass schwerbehinderte Arbeitnehmer besonders gefördert werden sollten, und dass dies auch in der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sei. Die Förderung schwerbehinderter Arbeitnehmer hätte in der Abwägung stärker gewichtet werden müssen und führe letztendlich auch im Sinne einer Gesamtschau zum Ergebnis, dass dem Kläger ein Anspruch auf die entsprechende Stelle zustehe.
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Der Berufungskläger stellt in der Berufungsinstanz den Antrag,
das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 30.09.2022, Az. 8 Ca 627/22, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, die Stelle als technischer Assistent am Institut für Pathologie der A-Universität B-Stadt mit dem Kläger zu besetzen.
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Der Berufungsbeklagte stellt folgende Anträge:
I. Die Berufung des Klägers vom 11.11.2022 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 30.09.2022, Az.: 8 Ca 627/22, wird zurückgewiesen.
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II. Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.
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Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Artikel 33 GG schaffe keinen unbegrenzten Anspruch auf Verschaffung einer Stelle bei dem Beklagten. Es obliege einzig dem Arbeitgeber bzw. in diesem Fall der Universität im Rahmen ihrer Organisations- und Planungshoheit das gewünschte Anforderungsprofil festzulegen. Die Universität B-Stadt habe das ihr zustehende Ermessen sachgerecht und willkürfrei ausgeübt. Dem Institutsleiter hätte nicht die Befugnis zugestanden, über die Einstellung des Klägers zu entscheiden. Diese Entscheidungsbefugnis obliege einzig und allein aufgrund Gesetzes der Personalabteilung. Der Beklagte habe seine Entscheidung rechtsfehlerfrei damit begründet, dass bei dem Abschluss eines weiteren befristeten Vertrages die vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze des institutionellen Rechtsmissbrauchs eingreifen würden, da bei der vorgesehenen Laufzeit die Beschäftigungsdauer des Klägers beim Beklagten länger als acht Jahre betragen würde. Der Beklagte sei aus haushaltsrechtlichen Gründen gegenüber einem privaten Arbeitgeber verstärkt in der Pflicht, darauf zu achten, dass keine befristeten Arbeitsverträge abgeschlossen werden würden, die in den Bereich des institutionellen Rechtsmissbrauchs fallen könnten. Aus diesem Grund läge ein sachlich nachvollziehbarer Grund vor, den Kläger für die begehrte Stelle nicht in Betracht zu ziehen. Unzutreffend sei der Kläger der Meinung, seine Beschäftigungszeiten beim Universitätsklinikum seien mit zu berücksichtigen und man sich deshalb bereits im institutionellen Rechtsmissbrauch befände. Die Beschäftigungszeiten beim Universitätsklinikum seien Zeiten bei einem anderen Arbeitgeber und deshalb nicht zu berücksichtigen. Daran ändere auch Art. 15 Abs. 3 Nr. 1 BayUniKlinG nichts, da das Arbeitsgericht Würzburg insoweit die Vorschrift zutreffend ausgelegt habe. Auch § 155 Abs. 1 SGB IX verpflichte den Beklagten nicht im Rahmen seiner Beschäftigungspflicht in angemessenem Umfang schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Dieser gesetzlichen Verpflichtung komme der Beklagten selbstredend auch nach. Allerdings generiere weder § 155 SGB IX noch § 154 SGB IX einen subjektiven Anspruch des Klägers auf Einstellung bzw. Weiterbeschäftigung. Im Vollzug des § 166 SGB IX sei mit der Schwerbehindertenvertretung des Beklagten eine lnklusionsvereinbarung abgeschlossen worden, aus der sich jedoch kein individueller Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung herleiten ließe. Die streitgegenständliche Personalangelegenheit sei mit dem Vertreter der schwerbehinderten Menschen erörtert worden. Der Anwendungsbereich der Ziffer 4 Abs. 4 der lnklusionsvereinbarung sei nicht eröffnet, da es sich nicht um die Besetzung eines unbefristeten Arbeitsplatzes handele. Die Schaffung eines solchen oder ein Anspruch auf befristete Weiterbeschäftigung trotz rechts-missbräuchlicher Vertragsgestaltung, gewähre weder die lnklusionsvereinbarung noch das geltende Schwerbehindertenrecht. Die Behauptung des Klägers, dass er der am besten geeignete Bewerber gewesen sei, sei falsch und werde durch ständige Wiederholung nicht zutreffend.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg am 23.03.2023 und auf die von den Parteien beim Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 c ArbGG und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6, Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
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II. Die Berufung erweist sich als unbegründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch gegenüber des Beklagten hat, die Stelle als „technische Assistenz“ am Institut für Pathologie der A-Universität B-Stadt mit ihm zu besetzen. Es kann insoweit vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen im Ersturteil verwiesen und von einer rein wiederholenden Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf die Berufungsbegründung wird ergänzend auf Folgendes hingewiesen:
18
1. Gemäß Artikel 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach hat jeder Bewerber um ein öffentliches Amt einen Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl unmittelbar nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Dieser Anspruch ist dann verletzt, wenn die für den Bewerber nachteilige Auswahlentscheidung unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder auf einer fehlerhaften Ausübung von Ermessens- oder Beurteilungsspielräumen beruht (sogenannter Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 09.07.2002 -2 BvQ 25/02). Die aus Artikel 33 Abs. 2 GG folgenden Bindungen für den Entscheidungsspielraum des Dienstherrn entfalten ihre Wirkung vor allem bei der abschließenden Personalauswahl selbst. Ihr vorgelagert ist jedoch zunächst die grundsätzliche Entscheidung des Dienstherrn, ob er eine Stelle besetzt und welches Anforderungsprofil er an diese Stelle anlegt. Diese durch das Bundesverfassungsgericht als „Organisationsgrundentscheidung“ bzw. in der Privatwirtschaft getroffene Unternehmerentscheidung ist nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Die öffentliche Verwaltung ist im Rahmen der ihr zustehenden Personal- und Organisationshoheit nicht gehindert, den Kreis der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichender Bewerber um ein öffentliches Amt aufgrund sachlicher Erwägungen einzuengen. Dabei vermögen auch Haushaltszwänge eine Beschränkung des Bewerberkreises auf Inhaber von Planstellen des jeweiligen Dienstherrn zu rechtfertigen. Aus haushaltsrechtlichen Überlegungen heraus ist es nicht zu beanstanden, wenn der öffentliche Dienstherr entscheidet, eine Stelle nur befristet zu besetzen. Die Bereitstellung und Ausgestaltung von Stellen und deren Bewirtschaftung dienen dabei grundsätzlich alleine dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgabe. Die Ausbringung von Planstellen im Haushalt im Allgemeinen und auch bei der Entscheidung, diese befristet oder unbefristet zu besetzen, ist zunächst nicht an Artikel 33 Abs. 2 GG zu messen. Demnach ist es grundsätzlich zunächst nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte die Entscheidung getroffen hat, aus haushaltsrechtlichen Überlegungen die Stelle als „technische Assistenz“ am Institut für Pathologie der A-Universität B-Stadt befristet auszuschreiben.
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2. Die Ermittlung des gemessen an den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung am besten geeigneten Bewerber hat stets in Bezug auf das konkret angestrebte Amt zu erfolgen (BVerfG-Entscheidung 96, 205). Inwieweit dem Dienstherrn im Rahmen seiner Organisationsgewalt bei der Festlegung des Aufgabenbereiches eines bestimmten Amtes oder eines hierauf bezogenen Anforderungsprofils ein mehr oder weniger großer Einschätzungsspielraum zuzugestehen ist, lässt sich nicht abstrakt formulieren, sondern ist bereichsspezifisch anhand des jeweiligen Fachrechts unter Berücksichtigung grundgesetzlicher Vorgaben näher zu bestimmen. Fehler im Anforderungsprofil führen grundsätzlich auch zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil die Auswahlerwägungen dann auf sachfremden, nicht am Leistungsgrundsatz orientierten Gesichtspunkten beruhen (BVerfG-Entscheidung, BVerfGK 12, 184).
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Gemessen hieran kann eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte aus persönlichen bzw. rechtlichen Gesichtspunkten den Kläger als Bewerber bei der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigt. Der von dem Beklagten angesprochene sachliche Grund ist inhaltlich nachvollziehbar und geeignet, die Ablehnung des Klägers zu begründen. Der Beklagte hatte bereits zwei befristete Verträge mit dem Kläger, startend am 01.04.2016, abgeschlossen. Der nunmehr abzuschließende Vertrag wäre somit der dritte befristete Arbeitsvertrag und würde bei der vorgesehenen Laufzeit die Gesamtbeschäftigungsdauer des Klägers beim Beklagten länger als 8 Jahre andauern lassen. Die rechtliche Einschätzung (Gefahr des institutionellen Rechtsmissbrauchs) durch den Beklagten deckt sich mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.05.2017, 7 AZR 420/15, demnach bei einem Überschreiten der Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses von 8 Jahren es von weiteren vorzutragenden Umständen abhängt, ob ein Rechtsmissbrauch anzunehmen ist oder nicht. Der Beklagte befürchtet also zurecht, am Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses sich ggf. einer Entfristungsklage mit ungewissem Ausgang gegenüber zu sehen. Dabei reicht für die Annahme eines sachlichen Grundes, den Kläger aus der Bewerberauswahl herauszunehmen, das Vorliegen einer abstrakten Gefährdungslage. Ob der Kläger eine Entfristungsklage erhebt, liegt nicht im Handlungsspielraum des Beklagten, sondern alleine in der Entscheidung des Klägers. Würde man dem Beklagten das Recht absprechen, alleine die abstrakte Gefährungslage zu berücksichtigen, hätte dies für den Beklagten die Konsequenz, dass seine an sich freie Organisationsentscheidung, nämlich die Besetzung einer befristeten Arbeitsstelle, aufgrund der dann eventuell eintretenden Rechtslage (Entfristung des Klägers) nicht mehr umgesetzt werden könnte. Dies ist dem Beklagten nicht zuzumuten, sondern er kann die von ihm ungewünschte Konsequenz bereits in dem Besetzungsverfahren der Stelle berücksichtigen und Bewerber ausschließen, die bei Umsetzung der Einstellung zu einer Undurchführbarkeit der frei getroffenen Organisationsgrundentscheidung führen würde, ohne dass dies den Beklagten beeinflussen könnte.
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Entgegen der Ansicht des Klägers befindet sich der Beklagte nicht bereits in der Situation eines institutionellen Rechtsmissbrauchs. Das Arbeitsgericht hat mit überzeugender Argumentation anhand der zuvor geltenden Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 des Uniklinikengesetzes ausgeführt, dass die bereits zuvor bestehenden befristeten Arbeitsverhältnisse mit der Uniklinik nicht mit den nachfolgend geschlossenen befristeten Verträgen mit der Universität zusammengerechnet werden. Die Argumentation des Arbeitsgerichts kann auch auf die Nachfolgeregelung in Artikel 15 Abs. 3 Nr. 1 BayUniKlinG übertragen werden. Die gesetzlichen Vorschriften unterscheiden sich nur marginal und ändern nichts an dem gefundenen Auslegungsergebnis.
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Auch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist es nicht geboten, die Beschäftigungszeiten des Klägers bei der Uniklinik als Einheit anzusehen und damit zusammenzurechnen. Es handelt sich um zwei rechtlich selbständige juristische Personen und um jeweils unterschiedliche Vertragsarbeitgeber. Der Grundsatz von Treu und Glauben beschränkt als Gebot der Redlichkeit und allgemeine Schranke der Rechtsausübung sowohl subjektive Rechte als auch die Inanspruchnahme von Rechtsinstituten und Normen. Die sich aus einem Rechtsinstitut oder einer Rechtsnorm an sich ergebenden Rechtsfolgen müssen zurücktreten, wenn sie zu einem mit § 242 BGB unvereinbaren Ergebnis führen. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn ein Vertragspartner eine an sich redlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil des anderen Vertragspartners Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind. Auch die Ausnutzung der durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten kann unter bestimmten Voraussetzungen rechtsmissbräuchlich sein, wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Vertragsarbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge mit einem Arbeitnehmer ausschließlich deswegen schließen um das Befristungsrecht zu umgehen (so u.a. BAG vom 04.12.2013 – 7 AZR 290/12 und BAG vom 24.06.2015 – 7 AZR 474/13). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach allgemeinen Grundsätzen derjenige darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer rechtsmissbräuchlichen Vertragsgestaltung ist, der eine solche geltend macht, bei einer Befristungsabrede also regelmäßig der Arbeitnehmer. Dabei genügt es zunächst, dass der Arbeitnehmer einen Sachverhalt vorträgt, der die Missbräuchlichkeit der Befristung nach § 242 BGB indiziert. Entsprechende Indizien können neben den Umständen, aus denen sich die rechtliche und tatsächliche Verbundenheit zwischen dem vormaligen und dem letzten Vertragsarbeitgeber ergibt, insbesondere der nahtlose Anschluss des mit dem neuen Vertragsarbeitgeber geschlossenen befristeten Arbeitsvertrags an den befristeten Vertrag mit dem vormaligen Vertragsarbeitgeber, eine ununterbrochene Beschäftigung auf demselben Arbeitsplatz oder in demselben Arbeitsbereich im Wesentlichen zu unveränderten oder gleichen Arbeitsbedingungen bzw. die weitere Ausübung des Weisungsrechts durch den bisherigen Vertragsarbeitgeber oder eine ohnehin gemeinsame Ausübung des Weisungsrechts erkennen lassen (siehe hierzu: BAG vom 24.06.2015 – 7 AZR 474/13). Im vorliegenden Fall kann zwar ohne Weiteres eine gewisse Nähe des Uniklinikums B-Stadt und der Universität B-Stadt durchaus angenommen werden. Soweit der Kläger die Situation mit einem Konzernunternehmen vergleicht, kann dies von der Argumentation durchaus nachvollzogen werden, ändert jedoch nichts an der Ausgangslage, dass es sich hierbei um unterschiedliche Vertragsarbeitgeber handelt. Rechtsmissbrauch ist jedoch erst dann anzunehmen, wenn das Konzernunternehmen seine Konzernmacht dazu benutzt, einen Arbeitgeberwechsel herbeizuführen und damit die gesetzlichen Regeln zur Befristung bzw. der hierzu ergangenen Rechtsprechung zum Befristungsrecht zu umgehen. Alleine die rechtliche bzw. tatsächliche Verbundenheit der letzten Vertragsarbeitgeber alleine reicht nicht aus, sondern führt entsprechend der Regelung des Artikel 15 Abs. 3 Nr. 1 BayUniKlinG lediglich zu einer Anrechnung der Beschäftigungszeiten. Eine Umgehung des Befristungsrechts alleine aufgrund diesen Umstands ist noch nicht anzunehmen. Weitere Indizien, die einen institutionellen Rechtsmissbrauch belegen könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen.
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3. Auch aus der abgeschlossenen Inklusionsvereinbarung ergibt sich kein Anspruch auf Beschäftigung und Abschluss eines weiteren befristeten Arbeitsverhältnisses. Weder § 155 SGB IX noch § 154 SGB IX geben dem Kläger einen subjektiven Anspruch auf Einstellung bzw. Weiterbeschäftigung. Im Vollzug des § 166 SGB IX wurde mit der Schwerbehindertenvertretung des Beklagten eine Inklusionsvereinbarung abgeschlossen, die jedoch keinen individuellen Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung beinhaltet. Der mit Abschluss der Inklusionsvereinbarung einhergehenden Förderverpflichtung ist der Beklagte erkennbar nachgekommen, da die Personalangelegenheit unstreitig mit dem Vertreter der schwerbehinderten Menschen erörtert wurde. Der Anwendungsbereich der Ziffer 4 Abs. 4 der Inklusionsvereinbarung ist nicht eröffnet, da es sich um die Besetzung eines unbefristeten Arbeitsplatzes handelt. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht zutreffend dargestellt, dass die dargestellte Ermessensproblematik sich bei einem nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer in gleichem Maße wie bei einem schwerbehinderten Arbeitnehmer stellt. Daran ändert auch die Inklusionsvereinbarung nichts. Der vom Arbeitgeber vorgetragene Grund (Gefahr des institutionellen Rechtsmissbrauchs) steht mit einer Schwerbehinderung in keiner Verbindung.
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III. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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2. Die Revision war für den Kläger zuzulassen, da die erkennende Kammer von einer grundsätzlichen Bedeutung der Frage ausgegangen ist, inwieweit die wirtschaftliche und rechtliche Nähe der bisherigen Vertragsarbeitgeber des Klägers einen institutionellen Rechtsmissbrauch der Befristungsmöglichkeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz darstellen kann. Die grundsätzliche Bedeutung ergibt sich auch aus der Auslegungsfrage des Art. 15 Abs. 3 BayUniKlinG.