Titel:
Bewertung eines Kommanditanteils mit einem negativen Kapitalkonto
Normenkette:
BewG § 97
Schlagworte:
Bewertung eines Kommanditanteils mit einem negativen Kapitalkonto, Bewertung
Rechtsmittelinstanz:
BFH München vom -- – II R 15/23
Fundstellen:
StEd 2023, 521
EFG 2023, 1294
ErbStB 2023, 315
BeckRS 2023, 20146
ZEV 2023, 855
LSK 2023, 20146
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Entscheidungsgründe
1
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 des Bewertungsgesetzes -BewG-) nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG auf den 13. Januar 2016 für Zwecke der Schenkungsteuer.
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Der Kläger war … Einzelunternehmer (…). Im Jahr 2012 wurde das Einzelunternehmen im Wege der Ausgliederung nach § 152 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) und §§ 123 ff. UmwG (gegen Gewährung von Anteilen) (…) auf die X-KG ausgegliedert. Gegenstand der X-KG (eingetragen im Handelsregister des AG Y unter HRA …) ist der Betrieb (…). Der Kläger war (infolge der Ausgliederung) einziger Kommanditist der X-KG mit einem Kommanditanteil von 100.000 €, die persönlich haftende X Verwaltungs-GmbH (im Folgenden X-GmbH) ist „am Kapital und am Vermögen der Gesellschaft nicht beteiligt“. Die Kommanditeinlage wurde durch den Kläger (u.a. durch die Einbringung seines Einzelunternehmens in die X-KG) vollständig erbracht. Eine vertraglich vereinbarte Nachschusspflicht des Kommanditisten besteht nicht. Im § 5 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags der X-KG ist geregelt, dass „spätere Gewinne bis zum Kontenausgleich über das Verlustausgleichskonto zu verrechnen“ sind. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den notariellen Ausgliederungsvertrag vom 17. August 2012 (UrkNr. …/2012 des Notars XY) sowie auf den Vertrag über die „Errichtung einer Kommanditgesellschaft“ vom 12. Juli 2012, den Gesellschaftsvertrag der KG sowie den Beschluss der Gesellschafterversammlung der X-KG verwiesen.
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Der Kläger war des Weiteren Inhaber einer Forderung gegenüber der X-KG, die auf dem für ihn bei der X-KG geführten Darlehenskonto erfasst wurde und deren Wert zum 31. Dezember 2014 mit 2.558.108,18 € erfasst wurde; diese Forderung wurde in der Steuerbilanz der X-KG als Sonderbetriebsvermögen erfasst.
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Mit Anteilsübertragungsvertrag vom 7. Dezember 2015 („Vertrag über Kommanditanteilsübertragung“), auf den wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, übertrug der Kläger unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von seinem „festen Kapitalanteil“ an der X-KG einen Anteil i. H. v. 90.000 €, entsprechend 90% seines Festkapitalanteils, mit Wirkung auf den Zeitpunkt, zu welchem der Erwerber als Kommanditist der X-KG kraft Sonderrechtsnachfolge im Handelsregister eingetragen wird, frühestens jedoch mit Wirkung zum 31. Dezember 2015, an seinen Neffen, Herrn Z. Ferner übertrug der Kläger im Rahmen des o.g. Anteilsübertragungsvertrags – ebenfalls aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der o.g. Sonderrechtsnachfolge im Handelsregister – unentgeltlich im Wege der Abtretung an Z eine (gegen die X-KG gerichtete) Forderung i.H.v. 1,5 Mio. €. In § 4 des o.g. Anteilsübertragungsvertrag vom 07. Dezember 2015 ist geregelt, dass der Kläger die Schenkungsteuer zu tragen hat.
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Mit dem Zeitpunkt der Eintragung der o.g. Sonderrechtsnachfolge im Handelsregister am 13. Januar 2016 wurde die Übertragung des (90%igen) Kommanditanteils vom Kläger auf Z rechtswirksam; so ist aus dem amtlichen Ausdruck des Handelsregisters (…), auf den wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, ersichtlich, dass mit Wirkung zum 13. Januar 2016 als Kommanditisten der X-KG der Kläger mit einer Einlage von 10.000 € und Z mit einer Einlage von 90.000 € eingetragen waren.
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Ausgehend von der vom Kläger eingereichten Feststellungserklärung stellte der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 27. Mai 2020 über die gesonderte und einheitliche Feststellung zum Bewertungsstichtag 13. Januar 2016 (im Folgenden: Feststellungsbescheid) den Wert des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 BewG) nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG auf 1.500.000 € (bestehend aus dem Sonderbetriebsvermögen Gesellschafter-Forderung gegen die X-KG) fest. Die Wertermittlung war in zwei Anlagen dargestellt, die jeweils Bestandteil des o.g. Feststellungsbescheids vom 27. Mai 2020 waren. In einer Anlage wurde die Ermittlung des gemeinen Werts des übertragenen Kommanditanteils und in der weiteren Anlage wurde die Ermittlung des Substanzwerts (§ 109 Abs. 2 Satz BewG i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG) – jeweils zum Bewertungsstichtag 13. Januar 2016 – dargestellt.
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Der Beklagte setzte hierbei (unter Anwendung der Vorschrift R B 97.3 Abs. 1 Satz 3 der Erbschaftsteuerrichtlinien – ErbStR – 2011) den gemeinen Wert des erworbenen Anteils am Gesamthandsvermögen mit 0,00 € an. Der rechnerisch ermittelte (und zwischen den Beteiligten im Übrigen auch unstreitige) negative Wert (i.H. von -566.937,00 €) am (übertragenen) Gesamthandsvermögen könne dem Erwerber Z nicht zugerechnet werden, weil keine Nachschusspflicht des Kommanditisten bestehe und die Kommanditeinlage voll erbracht sei. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die beiden o.g. Anlagen sowie die Erläuterungen zum Feststellungsbescheid vom 27. Mai 2020 verwiesen.
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Gegen den Feststellungsbescheid vom 27. Mai 2020 erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 25. Juni 2020 Klage, die am 26. Juni 2020 bei Gericht eingegangen ist. Zur Begründung der Klage trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: Die in R B 97.3 Abs. 1 Satz 3 ErbStR 2011 zum Ausdruck kommende Verwaltungsauffassung widerspreche dem Wortlaut des § 97 Abs. 1a BewG. Für die Ablehnung der Zurechnung eines negativen Anteils des Kommanditisten am Gesamthandsvermögen, wenn dieser seine Kommanditeinlage voll erbracht habe und nicht nachschusspflichtig sei, fehle daher die Rechtsgrundlage. Das Bestehen eines zivilrechtlichen bzw. handelsrechtlichen Haftungsausschlusses im Außenverhältnis bedeute nicht zwangsläufig, dass der Wert des Anteils des Kommanditisten am Gesamthandsvermögen i. S. d. § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG nicht negativ sein könne. Letzteres hänge im Einzelfall vielmehr davon ab, ob der gemeine Wert des Anteils am Gesamthandsvermögen im konkreten Fall tatsächlich negativ sei. Nur so könne der gemeine Wert (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG) ermittelt werden. Der Ansatz eines negativen Gesamthandsvermögensanteils mit (lediglich) 0,00 € stelle überdies eine verfassungswidrige Überbesteuerung dar, welche das für die Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung fundamentale, in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sanktionierte, Bereicherungsprinzip missachte.
den Bescheid vom 27. Mai 2020 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 BewG) nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG auf den 13. Januar 2016 für Zwecke der Schenkungsteuer dahingehend zu ändern, dass der Wert des erworbenen Anteils am Betriebsvermögen auf 933.063 € festgestellt wird, hilfsweise, für den Fall der Klageabweisung, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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Der Beklagte, der im Schriftsatz vom 15. Juli 2020 der Sprungklage zugestimmt hat, trägt zur Klageerwiderung im Wesentlichen Folgendes vor: Zwar lasse sich aus dem Wortlaut des § 97 Abs. 1a BewG, der die Ermittlung und Aufteilung des gemeinen Werts eines Anteils am Betriebsvermögen einer in § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG genannten Personengesellschaft zum Gegenstand habe, eine Differenzierung zwischen Kommanditisten und Komplementär nicht explizit entnehmen. Aus dem Telos der Norm im Zusammenspiel mit den unterschiedlichen Regelungen zur Haftung der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft ergebe sich jedoch, dass einem Kommanditisten kein negativer Wert am Gesamthandsvermögen zuzurechnen sei, wenn er seine Kommanditeinlage wie im vorliegenden Fall vollständig erbracht habe und soweit er nicht nachschusspflichtig sei. So hafte nach § 161 Abs. 2 i.V.m. § 128 des Handelsgesetzbuchs (HGB) der Komplementär im Gegensatz zum Kommanditisten einer KG gerade vollständig mit seinem gesamten Vermögen. Aufgrund der unbeschränkten Haftung des Komplementärs werde diesem der nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG ermittelte Anteil am Wert des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft zugerechnet, unabhängig davon, ober er positiv oder negativ sei. Bei allen übrigen Personengesellschaften sei für die Zurechnung eines negativen Werts am Gesamthandsvermögen der Gesellschaft daher zu prüfen, ob ein Gesellschafter einem Komplementär oder einem Kommanditisten (betreffend die Haftung) vergleichbar sei. Soweit die Pflichteinlage erbracht sei und keine Nachschusspflicht des Kommanditisten bestehe, würde ein potentieller Käufer den KG-Anteil jedenfalls als Geschenk (Wert 0,- €) annehmen, sofern er ihn überhaupt wolle. Dies ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass ihn im Gegensatz zum Erwerber eines Komplementäranteils keine weitere Haftung treffe, er im Ergebnis also auch nie weniger als 0,- € haben werde. Als Kommanditist hafte er nach außen nämlich nur beschränkt in Höhe seiner Haftsumme: Die Haftung des Kommanditisten sei nach § 171 Abs. 1 HGB ausgeschlossen, soweit er die Einlage geleistet habe. Es sei somit abwegig zu behaupten, dass ein potentieller Veräußerer einem Erwerber noch Geld für den Kommanditanteil zahlen müsse, obwohl diesen keinerlei Risiko treffe. Selbst wenn der Erwerber vom Gewinn vorerst nichts hätte, weil eventuell negative Kapitalkonten zuerst ausgeglichen werden müssten (was eine Ausgleichspflicht und keinen Verzicht der KG auf den Ausgleich voraussetzen würde), würde er jedenfalls keine Verluste „einfahren“, was alleinig einen „negativen Kaufpreis“ rechtfertigen würde.
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Mit Beschluss vom 05. Dezember 2022 wurde der Beschenkte (Z) zum Klageverfahren beigeladen. Der Beigeladene hat keine Anträge gestellt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Feststellungs-/Bewertungsakte, die Gerichtsakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2023 Bezug genommen.
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Die zulässige Klage ist unbegründet und hat keinen Erfolg.
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1.) Die Klage ist zulässig.
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a) Insbesondere ist die Klage ohne Vorverfahren zulässig, da das beklagte Finanzamt, das über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf zu entscheiden hat (vgl. § 44 FGO), innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift (hier: 03. Juli 2020) dem Gericht gegenüber zugestimmt hat (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO sowie Schriftsatz vom 15. Juli 2020).
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b) Auch wurde die Klage fristgerecht erhoben (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 FGO); so ist der gegen den Feststellungsbescheid vom 27. Mai 2020 gerichtete Klageschriftschatz am 26. Juni 2020 bei Gericht eingegangen.
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2.) Die Klage ist jedoch unbegründet.
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a) Der Bescheid vom 27. Mai 2020 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Werts des Anteils am Betriebsvermögen (§ 97 BewG) nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG auf den 13. Januar 2016 für Zwecke der Schenkungsteuer ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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b) Der Beklagte hat nach Auffassung des erkennenden Senats zu Recht den negativen Substanzwert der übertragenen Beteiligung (i.H.v. -566.937,00 €) mit 0 € angesetzt und den Wert des Anteils am Betriebsvermögen auf 1.500.000 € festgestellt. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist damit der streitgegenständliche, vom Kläger auf den Beigeladenen Z schenkweise übertragene, Kommanditanteil mit 1.500.000 € zu bewerten; dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen:
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(aa) Gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG ist unter anderem der Wert des Anteils am Betriebsvermögen gemäß §§ 95, 96 und 97 BewG gesondert festzustellen, wenn der Wert für die Erbschaftsteuer von Bedeutung ist.
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(1) Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG bilden unter anderem alle Wirtschaftsgüter, die einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören, einen Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschaft ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland hat. Zum Gewerbebetrieb einer solchen Gesellschaft gehören nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 BewG auch die Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines Gesellschafters, mehrerer oder aller Gesellschafter stehen, und Schulden eines Gesellschafters, mehrerer oder aller Gesellschafter, soweit die Wirtschaftsgüter und Schulden bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehören (§ 95 BewG); diese Zurechnung geht anderen Zurechnungen vor. Gemäß § 97 Abs. 1a BewG ist der gemeine Wert eines Anteils am Betriebsvermögen einer Personengesellschaft im Sinne des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG wie folgt zu ermitteln und aufzuteilen: 1. Der nach § 109 Abs. 2 BewG ermittelte gemeine Wert des der Personengesellschaft gehörenden Betriebsvermögens (Gesamthandsvermögen) ist wie folgt aufzuteilen: a) die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz sind dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen; b) der verbleibende Wert ist nach dem für die Gesellschaft maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufzuteilen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen. 2. Für die Wirtschaftsgüter und Schulden des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters ist der gemeine Wert zu ermitteln. Er ist dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnen. 3. Der Wert des Anteils eines Gesellschafters ergibt sich als Summe aus dem Anteil am Gesamthandsvermögen nach Nr. 1 und dem Wert des Sonderbetriebsvermögens nach Nr. 2.
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(2) Gemäß der Anlage zum streitgegenständlichen Feststellungsbescheid vom 27. Mai 2020 („Ermittlung des Substanzwerts“) beträgt der – zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstreitige – gemeine Wert des Gesamthandsvermögens der X-KG (vgl. § 109 Abs. 2 BewG i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG) -629.929,00 €. Hierbei wurde für die Ermittlung des gemeinen Werts des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft (X-KG) vom Beklagten der Substanzwert i.H.v. -629.929 € zugrunde gelegt (§ 109 Abs. 2 Satz BewG i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG), da dieser höher war als der Wert nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren i.S.d. § 199 Abs. 2 BewG (laut der eingereichten Feststellungserklärung -2.392.491 €) und Verkäufe innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag, aus denen der gemeine Wert abgeleitet werden könnte, nicht stattgefunden haben. Aus der weiteren Anlage zum Feststellungsbescheid des Beklagten vom 27. Mai 2020 („Ermittlung des gemeinen Werts des Anteils des Gesellschafters einer Personengesellschaft auf den Bewertungsstichtag 13.01.2016“) ist ersichtlich, dass – entsprechend dem Umfang des von Z erworbenen Kommanditanteils von 90% – der Wert der von Z erworbenen Beteiligung des Gesamthandsvermögens gemäß § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG -566.937,00 € beträgt. Dieser gemeine Wert gemäß § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG setzt sich aus der Summe des übertragenen Kapitalkontos von -171.749 € (§ 97 Abs. 1a Nr. 1a BewG) sowie dem übertragenen Anteil am verbleibenden Wert des Betriebsvermögens (§ 97 Abs. 1a Nr. 1b BewG) i. H. v. -395.188 € zusammen. Rechnerisch würde sich daher unter Berücksichtigung des gemeinen Werts des erworbenen Sonderbetriebsvermögens von 1.500.000 € (Forderung des Gesellschafters an die X-KG) ein gemeiner Wert für den erworbenen Anteil des Erwerbers Z i. H. v. 933.063,00 € ergeben (vgl. auch Schriftsatz des Beklagten vom 19. Februar 2021).
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(bb) Gleichwohl ist der erkennende Senat davon überzeugt, dass der (der Höhe nach – d.h. i.H.v. 566.937 € – unstreitige,) negative gemeine Wert des Betriebsvermögens der Personengesellschaft X-KG (hier: des übertragenen Kommanditanteils) bei der Wertberechnung des streitgegenständlichen (vom Kläger auf Z übertragene Kommanditanteil) mit 0 € zu bewerten ist.
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(1) Ausgehend von der (für das Gericht nicht bindenden) Verwaltungsvorschriften R B 97.3 Abs. 1 Satz 3 ErbStR 2011 sowie R B 97.5 Abs. 5 Satz 2 ErbStR 2019 ist der erkennende Senat der Auffassung, dass im Streitfall der negative Wert des Gesamthandsvermögen der X-KG dem Kommanditisten Z nicht zugerechnet werden kann. Der erkennende Senat legt hierbei den Wortlaut des § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG einschränkend dahingehend aus, dass dem Kommanditisten ein negativer Wert des Gesamthandsvermögens der Gesellschaft dann nicht zugerechnet werden kann, wenn er seine Kommanditeinlage vollständig erbracht hat und soweit er nicht nachschusspflichtig ist (so auch Immes/Kiebele, ErbStGeKommentar, Stand 28.11.2022, § 12 ErbStG Rn. 137; Grootens in: Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, Werksstand 134. Lieferung 11/2022, § 97 BewG Rn. 66; a.A. Gerlach in Deutsches Steuerrecht – DStR – 2010, 309, 312; Ros in DStR 2021, 841, 844; Fehrenbacher in: Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 97 BewG Rn. 51). Hierbei folgt der erkennende Senat der Argumentation des Beklagten, wonach der Erwerber eines (vollständig eingebrachten) Kommanditanteils kein Haftungsrisiko trägt (vgl. § 171 Abs. 1 HGB). Vor diesem Hintergrund und dem in den Vorschriften § 10 ErbStG und § 15a EStG zum Ausdruck kommenden Bereicherungsgrundsatz erscheint es für den erkennenden Senat nicht nachvollziehbar, dass ein potentieller Veräußerer eines Kommanditanteils, dessen Einlage vollständig erbracht ist, noch einen „negativen Kaufpreis“ zahlen müsste. Auch wenn, wie im Streitfall in § 5 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags der X-KG, geregelt ist, dass „spätere Gewinne bis zum Kontenausgleich über das Verlustausgleichskonto zu verrechnen“ sind, ändert dies nichts daran, dass der Wortlaut des § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG einschränkend (wie oben dargelegt) auszulegen ist. Insbesondere ist diese einschränkende Auslegung des § 97 Abs. 1a Nr. 1 BewG zur Vermeidung von missbräuchlichen Steuergestaltungen erforderlich: So haben Banken Anlagemodelle entwickelt, bei denen beschränkt haftenden Kommanditisten hohe negative Werte am Betriebsvermögen zugerechnet wurden, um die Beteiligung dann mit Negativwert zur Verrechnung mit anderen positiven Werten auf die nächste Generation zu übertragen (vgl. Kreutzinger in Kreutzinger/Schaffner/Stephany, BewG, 4. Aufl. 2018, § 97 Rn. 61).
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(2) Da mithin im Streitfall der Beigeladene Z seine Kommanditeinlage vollständig erbracht hat und auch nicht nachschusspflichtig ist, ist der Wert des Anteils des Kommanditisten Z am Gesamthandsvermögen der X-KG mit 0 EUR anzusetzen.
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(3) Der erkennende Senat sieht sich in dieser Beurteilung auch nicht gehindert durch die Rechtsprechung des BFH. Der BFH hat zwar in seinem Urteil vom 17. Juni 2020 II R 43/17, BFHE 269, 364, BStBl II 2022, 13 (unter 2. c)) klargestellt, dass die Vorgaben des in § 97 Abs. 1a BewG enthaltenen Aufteilungsschemas auch dann zu beachten sind, wenn im Einzelfall der nach der typisierenden und generalisierenden Methode ermittelte Wert des Anteils an einer Personengesellschaft von dem gemeinem Wert abweicht. Für den Fall, dass der Steuerpflichtige der Auffassung ist, dass der gemeine Wert des Anteils zu seinen Gunsten niedriger als der nach § 97 Abs. 1a BewG ermittelte Wert ist, stehe ihm der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts durch einen zeitnahen Verkauf oder durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, der den Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt, offen (BFH-Urteil in BFHE 269, 364, (unter 2. f). Der BFH hat (mangels Entscheidungserheblichkeit) jedoch ausdrücklich offengelassen, ob hinsichtlich der Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto der Auffassung der Finanzverwaltung (R B 97.3 Abs. 1 Satz 3 ErbStR 2011 sowie R B 97.5 ErbStR 2019), wonach der Ansatz eines negativen Anteils bei einem Kommanditisten nur unter eingeschränkten Voraussetzungen möglich ist, zu folgen ist.
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c) Sonstige Einwendungen gegen den klagegegenständlichen Feststellungsbescheid sind vom Kläger nicht erhoben worden und für den erkennenden Senat auch sonst nicht ersichtlich.
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3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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4.) Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 FGO zugelassen, da die Frage, wie ein Kommanditanteil mit einem negativen Kapitalkonto (für Zwecke der Erbschafts-Schenkungsteuer) zu bewerten ist, höchstrichterlich noch nicht geklärt und im Schrifttum umstritten ist (vgl. hierzu auch Anmerkung von Dötsch in jurisPR-SteuerR 1/2021 Anm.2 zum BFH-Urteil vom 17. Juni 2020 in BFHE 269, 364).