Inhalt

VGH München, Beschluss v. 25.01.2023 – 24 ZB 22.2291
Titel:

Beihilfe für ein Hypoglykämie-Warnhund

Normenkette:
BBhV § 25
Leitsatz:
Aufwendungen für ein Hypoglykämie-Warnhund sind nicht beihilfefähig, da der Hund kein beihilfefähiges Hilfsmittel ist. Denn er ist nicht erforderlich, weil ein Blutzuckermesssystem die ausreichende medizinische Versorgung darstellt. (Rn. 8 und 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Hypoglykämie-Warnhund, Blutzuckermesssystem, beihilfefähiges Hilfsmittel
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 12.05.2022 – 18 K 18.347
Fundstelle:
BeckRS 2023, 1994

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Berufungszulassungsverfahren auf 4.134,79 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin, die zu 50 Prozent beihilfeberechtigt ist, begehrt die Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für einen Hypoglykämie-Warnhund. Sie leidet unter einem Fructose-1.6.-Bisphosphatase-Mangel.
2
Mit E-Mail vom 2. August 2017 bat die Klägerin die Beklagte um Kostenübernahme für die Anschaffung eines Hundewelpen sowie dessen Ausbildung zum Assistenzhund nebst Unterhalt. Zugrunde lag eine ärztliche Verordnung des Herrn Dr. J. vom 30. Juli 2017 für einen „Hypoglykämiewarnhund bei schwerer Stoffwechselstörung mit rezidivierenden Hypoglykämien, teilweise mit Krampfanfällen“ unter Anführung der Diagnose „Fructose-1,6-Bisphosphatase-Mangel mit gestörter Glyconeogenese“. Beigefügt war ebenso ein Schreiben von Herrn Dr. J. vom 1. August 2017, überschrieben mit „Antrag auf Kostenübernahme für einen Hypoglykämie-Warnhund“, in welchem als Diagnose „Fructose-1,6-Bisphosphatase-Mangel mit rezidivierenden, symptomatischen Hypoglykämien“ angeführt ist. Weiter wurde ein „Zustand nach schwerer Hypoglykämie mit cerebralem Krampfanfall am 2. August 2016“, „Zustand nach schwerer Hypoglykämie postoperativ am 14. Juni 2017“ sowie „Zustand nach Hypoglykämie am 16. Juni 2017“ angeführt. Bei der Klägerin bestehe aufgrund des sehr seltenen Enzymdefekts ein erhebliches Unterzuckerungsrisiko. Sie müsse in streng geregelten Abständen langkettige Kohlenhydrate zu sich nehmen. Zudem legte die Klägerin einen Bescheid des Zentrums Bayern, Familie und Soziales vom 25. April 2017 über einen Grad der Behinderung von 60 vor. Hieraus ergibt sich für die Stoffwechselstörung Fructose-1.6-Bisphophatase-Mangel ein Einzel-Grad der Behinderung von 30, wobei bei der Ermittlung des Gesamt-Grads der Behinderung nicht die Einzelgrade addiert wurden. Darüber hinaus legte die Klägerin verschiedene Schreiben und Atteste zu ihrer Erkrankung Fructose-1.6-Bisphosphatase-Mangel sowie ein sozialmedizinisches Gutachten vom 11. Juli 2013, welches im Auftrag des Sozialgerichts Nürnberg erstellt wurde, vor.
3
Mit Bescheid vom 10. August 2017 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der begehrte Hund wäre als ein Hilfsmittel im Sinne des § 25 BBhV anzusehen. Es seien nur diejenigen Hilfsmittel beihilfefähig, die ärztlich verordnet worden seien und in der Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 BBhV aufgeführt seien. Ein Hypoglykämie-Warnhund sei dort nicht aufgeführt und zähle somit nicht zu den beihilfefähigen Hilfsmitteln. Zudem stehe der Beihilfefähigkeit entgegen, dass die Wirksamkeit eines Warnhundes nicht allgemein wissenschaftlich anerkannt sei, vgl. § 6 Abs. 2 BBhV.
4
Mit Schreiben vom 7. September 2017 ließ die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. August 2017 einlegen.
5
Mit E-Mail vom 18. Dezember 2017 teilte das Bundesministerium des Innern auf Anfrage des Bundesverwaltungsamts mit, dass die Beihilfefähigkeit eines Hypoglykämie-Warnhundes als Hilfsmittel nicht gegeben sei, da es sich um kein medizinisch notwendiges Hilfsmittel handle.
6
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
7
Am 22. Februar 2018 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 10. August 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2018 Klage erhoben. Sie begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für einen Hypoglykämie-Warnhund dem Grunde nach anzuerkennen. Ihr seien die bislang aufgewandten Aufwendungen für den hier strittigen Hypoglykämie-Warnhund zu erstatten sowie die künftigen Ausbildungskosten zu übernehmen. Laut Übernahmevertrag vom 13. August 2017 sei ein Kaufpreis von 1.300,00 Euro angefallen. Mit Ausbildungskosten von ca. 3.500,00 Euro sei zur rechnen. Futterkosten würden jährlich mindestens 500,00 Euro betragen. Die Kosten für die Pflege des Tieres würden sich jährlich auf 50,00 Euro belaufen. Die Versicherungskosten würden jährlich 369,88 Euro betragen, Tierarztkosten jährlich 100,00 Euro.
8
Mit Urteil vom 12. Mai 2022 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Verpflichtungsklage auf Anerkennung der Beihilfefähigkeit „dem Grunde nach“ habe keinen Erfolg, da die Aufwendungen für einen Hypoglykämie-Warnhund nicht beihilfefähig seien, so dass eine Anerkennung der Beihilfefähigkeit dem Grunde nach nicht in Betracht komme. Bei der vorherigen Anerkennung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen dem Grunde nach handele es sich um eine Zusicherung im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, nämlich um eine Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen, und damit wiederum um einen Verwaltungsakt. Die Erteilung einer Zusicherung stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Die Aufwendungen für einen Hypoglykämie-Warnhund seien nach der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) nicht beihilfefähig, da die Voraussetzungen des hierfür einschlägigen § 25 BBhV nicht vorlägen. Die Beihilfefähigkeit ergebe sich nicht aus § 25 Abs. 1 Satz 1, 2 BBhV. Der Hypoglykämie-Warnhund sei nicht in der Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 BBhV genannt. Unter Ziffer 2.11 werde dort lediglich der Blindenführhund als beihilfefähiges Hilfsmittel aufgeführt. Auch aus § 25 Abs. 4 Satz 1 HS 1 BBhV könne sich keine Beihilfefähigkeit des begehrten Hypoglykämie-Warnhunds ergeben. Dieser stelle auf Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV ab, welche weder in Anlage 11 oder 12 zur BBhV aufgeführt seien, jedoch mit den dort aufgeführten Gegenständen vergleichbar seien. Bei dem streitgegenständlichen Hypoglykämie-Warnhund handele es sich bereits nicht um ein Hilfsmittel im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV, da der Hund nicht erforderlich im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV sei. Zwar sei der Hypoglykämie-Warnhund mit Rezept des Dr. J. vom 30. Juli 2017 ärztlich verordnet. Auch könnte es sich bei einem Hund an sich um ein Hilfsmittel im Sinne der Vorschrift handeln. Im Einzelfall sei der Hypoglykämie-Warnhund allerdings nicht erforderlich, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Nach Überzeugung des Gerichts stehe der Klägerin mit dem Blutzuckermesssystem Freestyle Libre 2 eine wirtschaftlich angemessene und ausreichend medizinisch gebotene Versorgung mit einem Hilfsmittel zur Verfügung. Der Hund sei auch nicht mit den in Anlage 11 oder 12 zur BBhV aufgeführten Gegenständen vergleichbar, auch nicht mit dem dort genannten Blindenführhund. Der Blindenführhund bezwecke die ständige und vielfältige Assistenz, während der Warnhund nur punktuell in Form einer Warnung unterstütze. Auch aus § 25 Abs. 4 Satz 1 HS 2 BBhV ergebe sich keine Beihilfefähigkeit des Hypoglykämie-Warnhundes. Denn er sei kein Hilfsmittel im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV, da er nicht erforderlich im Sinne dieser Vorschrift sei. Die Beihilfefähigkeit ergebe sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, insbesondere da eine ausreichende Versorgung mit dem Messsystem Freestyle Libre 2 gegeben sei.
9
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Zudem habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Es lägen Verfahrensfehler vor.
10
Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.
11
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte in beiden Instanzen und den Inhalt der vorgelegten Behörde.
II.
12
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (Happ in Eyermann, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 54), ergeben sich die geltend gemachte Berufungszulassungsgründe nicht.
13
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.). Der Rechtsmittelführer muss mit schlüssigen Gegenargumenten darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 64). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124 Rn. 15 m.w.N.). Dem wird die Antragsbegründung nicht gerecht.
14
Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO darauf Bezug.
15
Ergänzend wird im Hinblick auf den Zulassungsschriftsatz ausgeführt:
16
a) Die Klägerin führt aus, das Erstgericht verkenne, dass der Hund erforderlich im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV sei. Es stelle zu Unrecht auf die Funktion des Messgeräts Freestyle Libre 2 ab, Unterzuckerungen zuverlässig und kontinuierlich zu messen. Die Messungen mit diesem System wären bei einem starken und schnellen Abfall des Blutzuckers nicht sinnvoll. Der Hund schlage früher an.
17
Mit diesem Vortrag hat sich das Verwaltungsgericht in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise im Urteil (UA S. 19 ff.) auseinandergesetzt. Insbesondere hat es darauf hingewiesen, dass das Messgerät Freestyle Libre 2 selbst über eine Alarmfunktion verfügt, welches die Klägerin nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung bisher nicht einmal ausprobiert hat. Hinzu kommt, worauf das Verwaltungsgericht zur Recht hinweist, dass sich selbst der die Klägerin behandelnde und den Hypoglykämie-Warnhund verordnende Arzt Dr. J. in keiner Weise mit herkömmlichen Prüf- und Messsystemen auseinandergesetzt hat, und es daher nicht nachvollziehbar ist, wie der Arzt in seiner Verordnung zur medizinischen Notwendigkeit des Hundes kommt. Derselbe Arzt hatte auch das Messsystem Freestyle Libre 2 verordnet. Hierauf geht die Antragsbegründung in keiner Weise ein.
18
b) Die Beihilfefähigkeit eines Autismus-Begleithundes ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits und wäre in einem gesonderten Verfahren zu prüfen. Ein Autismus-Begleithund wurde bislang weder ärztlich verordnet noch bei der Beihilfestelle beantragt. Die von der Klägerin vorgelegten Schreiben des Universitätsklinikums E.n, Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik, vom 4. Dezember 2020 stellen keine ärztliche Verordnung dar. Im Übrigen wäre eine nachträgliche Verordnung nicht zulässig (OVG Saarl, U.v. 1.12.2015 – 1 A 94/15 – juris Rn. 51; VG Münster, U.v. 29.8.2013 – 5 K 1319/12 – juris). Das unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 14.6.2002 – 7 AV 1.02 – juris) angeführte Argument, bei der Prüfung, ob der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliege, könne auch „neuer“ Tatsachenvortrag berücksichtigt werden, führt hier nicht weiter. Denn bei der Frage der Beihilfefähigkeit eines Autismus-Begleithundes handelt es sich nicht um einen neuen tatsächlichen Gesichtspunkt, der für den Erfolg des angestrebten Rechtsmittels entscheidungserheblich sein könnte. Im vorliegenden Fall ist nur die Beihilfefähigkeit eines Hypoglykämie-Warnhunds Streitgegenstand.
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c) Soweit die Klägerin unter dem Stichwort „Verfahrensmangel“ rügt, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt und Beweise inkorrekt gewürdigt, greift sie die Beweiswürdigung des Gerichts an und macht damit sinngemäß ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. Diese vermag sie aber nicht zu begründen, da das Gericht gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet und bei der Würdigung aller erheblichen Tatsachen frei ist (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 108 Rn. 4). Soweit eine fehlerhafte Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, genügt für den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allein der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt sei anders zu bewerten, nicht. Mit Einwänden gegen die freie, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene richterliche Überzeugung wird die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts erst dann in Frage gestellt, wenn Gründe dafür aufgezeigt werden, dass die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Überzeugungsbildung fehlerhaft ist, etwa weil das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich von einem unzutreffenden bzw. auch unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist (OVG LSA, B.v. 3.1.2018 – 2 L 71/16 – juris Rn. 15) oder die Beweiswürdigung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist. Letzteres ist insbesondere bei einer Verletzung von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, gegebenenfalls heranzuziehenden gesetzlichen Beweisregeln oder sachwidriger Beweiswürdigung anzunehmen (BayVGH, B.v. 25.10.2017 – 5 ZB 17.340 – juris Rn. 39; B.v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 – juris Rn. 28). Derartige Mängel zeigt die Begründung des Zulassungsantrags jedoch nicht auf.
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Die Klägerin geht davon aus, das Verwaltungsgericht hätte die falschen Schlüsse aus den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen gezogen.
21
Das Verwaltungsgericht hat sich in zulassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise mit den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen auseinandergesetzt und sich maßgeblich darauf gestützt, dass der Warnhund schon nach dem Vortrag der Klägerin kein ausreichendes Hilfsmittel ist, um ihre Erkrankung auszugleichen, und dass das von ihr ebenfalls begehrte Messsystem Freestyle Libre 2 selbst über eine Alarmfunktion verfügt, das sie im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nach eigenen Angaben nicht einmal ausprobiert hatte (UA S. 19 ff.).
22
Dass das Verwaltungsgericht insoweit von einem unzutreffenden oder unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen wäre, ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Zulassungsantrag nicht zu erkennen.
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2. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
24
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage im konkreten Rechtsstreit klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich ist, dass diese Frage sich als klärungsbedürftig, insbesondere nicht schon höchst- oder obergerichtlich geklärt und nicht direkt aus dem Gesetz zu beantworten erweist und dass ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 28.7.2010 – 14 ZB 09.422 – juris Rn. 8 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren sowie deren (2.) Klärungsfähigkeit, (3.) Klärungsbedürftigkeit und (4.) allgemeine Bedeutung darlegen (BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).
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Die Klägerin hält die Fragen für grundsätzlich bedeutsam, „ob ein Hypoglykämie-Warnhund grundsätzlich einem der in Anlage 11 zu § 25 BBhV genannten Hilfsmittel vergleichbar ist“ und „ob über den Wortlaut der Anlage hinaus weitere Assistenzhunde beihilfeberechtigt sind“.
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Zur Begründung führt sie aus, die Klärung dieser Fragen sei aus Gründen der Fortbildung des Rechts im allgemeinen Interesse, gerade im Hinblick auf die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen. Dies gelte vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Intention. Hier sei beispielsweise die Entschließung des Bundesrats vom 10. Februar 2017 (Bundesrat Drucksache 742/16) zu berücksichtigen, wonach eine Gleichbehandlung aller von Assistenzhunden unterstützten Menschen mit Behinderungen geschaffen werden solle. Assistenzhunde für Menschen mit Behinderungen sollten anerkannt werden.
27
Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen sind schon deshalb nicht klärungsbedürftig, weil sie für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich waren. Selbst im Fall einer Vergleichbarkeit wäre im vorliegenden Fall wie oben ausgeführt die weitere Voraussetzung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV, nämlich die Notwendigkeit im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG, nicht gegeben.
28
3. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
29
Die Klägerin rügt eine fehlende Aufklärung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und trägt vor, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, ein Sachverständigengutachten einzuholen, Mit dieser Rüge vermag sie nicht durchzudringen. Dieser Vortrag genügt den Darlegungsanforderungen des § 124a VwGO nicht. Eine Aufklärungsrüge setzt regelmäßig die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zur Verfügung gestanden hätten, weshalb sich die unterbliebene Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen oder womit insbesondere in der mündlichen Verhandlung auf die Aufklärungsmaßnahme hingewirkt worden ist. Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Aufklärungsrüge kein Mittel darstellt, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (BayVGH, B.v. 21.1.2019 – 21 ZB 16.552 – juris Rn. 37). Die Zulassungsbegründung muss entweder darlegen, dass im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewiesen worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (BayVGH, B.v. 9.4.2019 – 6 ZB 18.2402 – juris Rn. 12 m.w.N.). Dem wird der Zulassungsantrag schon deshalb nicht gerecht, weil er sich unter anderem hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme, die aus seiner Sicht hätte erfolgen müssen, nicht äußert. Die Ausführungen der Klägerin, es gehe um medizinische Fragen und das Verwaltungsgericht hätte von Amts wegen ein Sachverständigengutachten zur Frage der medizinischen Notwendigkeit des Hypoglykämie-Warnhundes einholen müssen, sind insoweit nicht ausreichend. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2022 ausweislich des Protokolls keinen Beweisantrag gestellt. Die Rüge eines Verfahrensmangels ist kein Mittel, Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten im vorangegangenen Instanzenzug zu kompensieren (BVerwG, B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6). Der Zulassungsantrag enthält keine Ausführungen dazu, warum in der mündlichen Verhandlung keine diesbezüglichen Beweisanträge nach § 86 Abs. 2 VwGO gestellt wurden.
30
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 und § 52 GKG und entspricht der vom Verwaltungsgericht festgesetzten und von den Beteiligten nicht in Frage gestellten Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
31
Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).