Titel:
Asylrecht (Jordanien)
Normenkette:
AsylG § 78 Abs. 3
Leitsätze:
1. Die Frage, ob eine alleinstehende Frau ohne Familienangehörige sich nicht generell auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG berufen kann, weil für sie in der patriarchalisch geprägten jordanischen Gesellschaft keine Möglichkeit besteht, ihr Existenzminimum zu erwirtschaften, entzieht sich einer generellen, fallübergreifenden Klärung. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit stellen keinen im Asylverfahrensrecht vorgesehenen Zulassungsgrund dar. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht (Jordanien), grundsätzliche Bedeutung, Abschiebungsverbot
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 25.10.2022 – M 27 K 19.32067
Fundstelle:
BeckRS 2023, 1982
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
1
Die Klägerin ist jordanische Staatsangehörige und begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Schutzes und die Feststellung von Abschiebungshindernissen. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage mit Urteil vom 25. Oktober 2022 abgewiesen. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
2
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.
3
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 14.12.2022 – 15 ZB 22.31271 – juris Rn. 3). Dem wird das Zulassungsvorbringen hier nicht gerecht.
4
Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, „ob eine alleinstehende Frau ohne Familienangehörige sich nicht generell auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG berufen kann“, weil für sie in der patriarchalisch geprägten jordanischen Gesellschaft keine Möglichkeit besteht, ihr Existenzminimum zu erwirtschaften, entzieht sich einer generellen, fallübergreifenden Klärung. Sie kann nicht losgelöst von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls beantwortet werden. Ihre Beantwortung hängt – neben den familiären Bindungen oder dem Familienstand – vielmehr von einer Vielzahl von Faktoren und Einzelumständen ab, wie etwa der Erwerbsfähigkeit, dem Bildungsstand und finanziellen Verhältnissen der Betroffenen. Die Frage kann daher nicht verallgemeinernd, sondern nur nach Würdigung der Verhältnisse im Einzelfall beurteilt werden (vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2022 – 15 ZB 22.20083 – juris Rn. 9 m.w.N.; BVerwG, B.v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 – juris Rn. 9 ff., 11). Dem Zulassungsvorbringen lassen sich zudem keine vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigten Tatsachen- oder Erkenntnisquellen entnehmen, die den Schluss zulassen, dass die aufgeworfene Frage einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich ist und damit einer Klärung im Berufungsverfahren bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2022 – 15 ZB 22.30343 – juris Rn. 11).
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Soweit das Zulassungsvorbringen darauf abstellt, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts fehlschlage, wird damit die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in Frage gestellt. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit stellen jedoch keinen im Asylverfahrensrecht vorgesehenen Zulassungsgrund dar (vgl. BayVGH, B.v. 25.10.2022 – 15 ZB 22.31093 – juris Rn. 4).
6
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
7
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
8
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).