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VGH München, Beschluss v. 03.02.2023 – 15 CS 22.2644
Titel:

Erfolgloser Eilantrag des Nachbarn gegen Anbau eines Esszimmers an Doppelhaushälfte

Normenkette:
VwGO § 146
Leitsatz:
Festsetzungen zu Baugrenzen und zur Dachform sind regelmäßig nicht nachbarschützend. Ein ausnahmsweiser Drittschutz hängt vom Planungswillen der Gemeinde ab. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarbeschwerde, Drittschutz, Festsetzungen zu Baugrenzen und Dachform, Abstandsflächen
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 05.12.2022 – RO 2 S 22.2509
Fundstelle:
BeckRS 2023, 1980

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selber tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung des Landratsamts R. für den Anbau eines Esszimmers an die Doppelhaushälfte der Beigeladenen.
2
Mit Unterlagen vom 28. März 2022 beantragten die Beigeladenen die Erteilung einer Baugenehmigung zum Anbau eines Esszimmers an ihre Doppelhaushälfte auf dem Grundstück FlNr. …31 Gemarkung O. Der Antragsteller ist Eigentümer des nordwestlich angrenzenden Grundstücks FlNr. …37 Gemarkung O. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „O.-Mitte“ der Gemeinde O., der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt und u.a. Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche und zur Dachform enthält. Mit Bescheid vom 16. September 2022 erteilte das Landratsamt R. die beantragte Baugenehmigung unter Befreiung von den Festsetzungen zum Baufenster und der Dachform. Hiergegen erhob der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg (RO 2 K 22.2510), über die noch nicht entschieden ist.
3
Zugleich beantragte der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 5. Dezember 2022 ablehnte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das genehmigte Bauvorhaben das Abstandsflächenrecht nicht verletze. Weder das Bauvorhaben noch die erteilten Befreiungen von nicht drittschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans seien gegenüber dem Antragsteller rücksichtslos. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.
4
Der Antragsteller ist der Ansicht, die Festsetzungen des Bebauungsplans seien drittschützend und er gehöre zum geschützten Personenkreis. Außerdem zeige der Plan vom 15. März 2022 einen Abstandsflächenverstoß.
5
Er beantragt sinngemäß,
6
unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 5. Dezember 2022 die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 16. September 2022 anzuordnen und dem Antragsgegner aufzugeben, die Baustelle auf dem Grundstück FlNr. …31 Gemarkung O. stillzulegen.
7
Der Antragsgegner beantragt,
8
die Beschwerde zu verwerfen.
9
Die äußerst knappe Beschwerdebegründung werde den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht, da eine Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts fehle. Jedenfalls sei die Beschwerde unbegründet. Hinsichtlich eines Drittschutzes aus den Festsetzungen des Bebauungsplans lasse sich der Beschwerde nichts über die bloße Behauptung hinaus entnehmen. Bei dem vom Antragsteller in Bezug genommenen Plan, auf den er einen Abstandsflächenverstoß stütze, handle es sich um einen Entwurfsstand, der nicht Gegenstand der Genehmigung geworden sei. Genehmigt sei der Plan vom 28. März 2022, nach dem die Abstandsflächen eingehalten seien.
10
Die Beigeladenen haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
11
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
12
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es kann offenbleiben, ob die Beschwerde im Hinblick auf die äußerst knappen und sich nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzenden Ausführungen bereits unzulässig ist; aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich jedenfalls nicht, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben oder abzuändern wäre. Die vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen geht demnach zulasten des Antragstellers aus.
13
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, dass Festsetzungen zu Baugrenzen und zur Dachform regelmäßig nicht nachbarschützend sind, sondern ein ausnahmsweiser Drittschutz vielmehr vom Planungswillen der Gemeinde abhängt (vgl. BVerwG, B.v. 9.8.2018 – 4 C 7.17 – juris Rn. 14). Es hat sodann ausgeführt, dass sich hier weder in den textlichen Festsetzungen noch der vorgelegten Begründung Hinweise dafür ergäben, dass die Festsetzung von Baugrenzen und Dachformen einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen sollten (BA S. 10). Dem tritt die Beschwerde mit der lediglich gegenteiligen Behauptung nicht substantiiert entgegen.
14
Soweit der Antragsteller einen Abstandsflächenverstoß aus dem Plan vom 15. März 2022 ableitet, ist dieser nicht Gegenstand der Baugenehmigung vom 16. September 2022 geworden. Ausweislich der genehmigten und gestempelten Bauvorlagen ist Gegenstand der Baugenehmigung der Plan vom 28. März 2022 (Bl. 62 der elektronisch vorliegenden Behördenakte). Diesen hat das Verwaltungsgericht zu Recht seiner rechtlichen Bewertung zugrunde gelegt und ausgeführt, dass kein Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht vorliege. Hiermit setzt sich der Antragsteller nicht auseinander.
15
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da sich die Beigeladenen im Beschwerdeverfahren nicht beteiligt haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
16
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
17
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).