Inhalt

VGH München, Beschluss v. 25.01.2023 – 12 CE 22.2526
Titel:

Zur Beteiligung der Eltern an der Aufstellung eines Hilfeplans

Normenketten:
SGB VIII § 36
SGB X § 13
VwGO § 123, § 146 Abs. 4
Leitsätze:
1. § 36 SGB VIII differenziert hinsichtlich der Mitwirkung von Eltern u.a. an der Aufstellung eines Hilfeplans danach, ob den Eltern die Personensorge für die hilfebedürftigen Kinder oder Jugendlichen obliegt; insoweit ist es im Falle einer familienrechtlichen Sorgerechtsentziehung zunächst erforderlich, deren konkreten Umfang zu ermitteln. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Teilnahme nichtsorgeberechtigter Eltern am Hilfeplangespräch nach § 36 Abs. 5 SGB VIII ist durch die Gestaltung der Rahmenbedingungen möglichst zu erleichtern; demzufolge muss bei der Entscheidung, das Hilfeplangespräch entweder online oder in Präsenz zu führen, in Rechnung gestellt werden, wenn eine Teilnahme „vor Ort“ für die Eltern mit erheblichen zeitlichen und finanziellen Belastungen verbunden ist. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Allein die Vermutung oder Befürchtung, ein Beistand könne sich zukünftig im Rahmen seiner Teilnahme an einem Hilfeplangespräch als ungeeignet erweisen, reicht für sich genommen für eine Zurückweisung bereits im Vorfeld nicht aus. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Hilfeplangespräch, Zurückweisung von Beiständen, Anspruch auf Onlinekonferenz, Vorläufiger Rechtsschutz, Zurückweisung, Beistand, Kritik, Online
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 22.11.2022 – M 18 E 22.5593
Fundstelle:
BeckRS 2023, 1973

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
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1. Die Antragsteller sind die Eltern dreier minderjähriger Kinder, von denen zwei im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners in Pflegefamilien untergebracht sind. Ihnen ist – in einem aus den dem Senat vorliegenden Akten nicht ersichtlichen Umfang – das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen; der Antragsgegner ist insoweit als Amtsvormund eingesetzt. Zu einem zunächst auf den 23. November 2022 online anberaumten Hilfeplangespräch beantragten sie beim Antragsgegner, die Anwesenheit von Herrn K1. F. und Frau J. Z. als Beistände zuzulassen und ihnen die Zugangsdaten für die Online-Konferenz zu übermitteln. Dies lehnte das Jugendamt des Antragsgegners unter Hinweis auf von den Beiständen im Internetportal www.f....de veröffentlichte, die zuständige Sachbearbeiterin des Jugendamts unter Namensnennung hinsichtlich des „F.“ des Antragsteller kritisierende Artikel („Verstößt Frau […] gegen bestehende Rechtsvorschriften?“) ab. Daraufhin beantragten die Antragsteller am 11. November 2022 beim Verwaltungsgericht München die Zulassung der beiden genannten Beistände zum Online-Hilfeplangespräch am 23. November 2022 im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung.
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Nachdem der Antragsgegner im Antragserwiderungsschriftsatz vom 19. November 2022 abschließend ausgeführt hatte „Wir erlauben uns den Hinweis, dass bei Zulassung der Beistände das terminierte Gespräch in Präsenz stattfinden wird.“, erweiterten die Antragsteller mit Schriftsatz vom 22. November 2022 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diesen „Hinweis“ ihren Antrag dahingehend, dass das Verwaltungsgericht anordnen möge, dass das anberaumte Hilfeplangespräch online stattfinden soll (vgl. Bl. 48 der VG-Akte). Sie seien in Stralsund wohnhaft und könnten nicht „eben mal“ zu einem Hilfeplangespräch nach Bayern kommen. Eine Präsenzteilnahme sei mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Die Anberaumung eines Präsenzstatt eines Online-Hilfeplangesprächs für den Fall der Zulassung der Beistände habe keinen sachlichen Grund, sondern diene nur dazu, ihnen die Teilnahme zeitlich und finanziell zu verunmöglichen. Zwischenzeitlich hatte das Jugendamt des Antragsgegners das Hilfeplangespräch am 23. November 2022 wegen einer „kurzfristigen und unvorhersehbaren Abwesenheit“ der zuständigen Sachbearbeiterin abgesagt.
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2. Mit Beschluss vom 22. November 2022 lehnte das Verwaltungsgericht den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung ab.
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2.1 Hinsichtlich des Antragsgegenstands nimmt der Tatbestand des Beschlusses lediglich auf den Antrag der Antragsteller vom 11. November 2022 auf Zulassung der Beistände und Übermittlung der Zugangsdaten zur Online-Konferenz Bezug. Im Schriftsatz vom 22. November 2022 sieht das Verwaltungsgericht hingegen lediglich eine „ergänzende Stellungnahme“. Dementsprechend enthält der mit der Beschwerde angegriffene Beschluss keine Entscheidung über den Antrag, das Hilfeplangespräch als Online-Konferenz abzuhalten.
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2.2 Hinsichtlich der begehrten Zulassung der Beistände fehle es nach Auffassung des Verwaltungsgerichts an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Nach § 36 Abs. 5 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) sollten nicht personensorgeberechtigten Eltern an der Aufstellung und Überprüfung eines Hilfeplans beteiligt werden, soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich sei und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt werde. Die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolge, solle im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen der Kinder oder Jugendlichen sowie der Willensäußerungen der Personensorgeberechtigten getroffen werden. Angesichts dieser gesetzlichen Neuregelung gehe das Gericht jedenfalls für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zugunsten der Antragsteller davon aus, dass sie im Hinblick auf das Hilfeplangespräch Beteiligte im Sinne des § 12 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien. Durch die Einladung der nicht sorgeberechtigten Eltern zum Hilfeplangespräch habe der Antragsgegner eine entsprechende fachliche Entscheidung i.S.v. § 36 Abs. 5 SGB VIII getroffen und ihnen insoweit eine Beteiligtenstellung nach § 12 Abs. 2 SGB X vermittelt.
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2.3 Gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB X könnten sich Verfahrensbeteiligte bei Verhandlungen oder Besprechungen ferner auch eines Beistands bedienen. Ein Beistand könne nach § 13 Abs. 6 Satz 1 SGB X vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn er hierzu nicht geeignet sei. Speziell vom mündlichen Vortrag könne der Beistand nur zurückgewiesen werden, wenn er zum sachgemäßen Vortrag nicht in der Lage sei. Hierfür reiche provozierendes Verhalten oder ein unsachlicher oder sachunkundiger Vortrag aus. Ergänzend seien für die Zurückweisung von Beiständen die Regelung des § 36 Abs. 5 SGB VIII und die dort genannten Abwägungskriterien für die „Beiladung“ der nicht personensorgeberechtigten Eltern heranzuziehen. Im vorliegenden Fall erscheine die Zurückweisung der Beistände der Antragsteller fachlich vertretbar und sei daher nicht zu beanstanden. Die Internetseite, auf der die Beistände Artikel veröffentlichen würden, habe sich zum Ziel gesetzt, die Öffentlichkeit über „die im deutschsprachigen Raum grassierende Kindeswohlwillkür von Jugendämtern und Familiengerichten“ durch Berichterstattung über einschlägige „Fälle“ zu informieren. Von beiden Beiständen fänden sich auf www.freifam.de Artikel zu dem Verfahren der Antragsteller. Angesichts deren Inhalts erweise sich die Beurteilung des Antragsgegners, eine Teilnahme beider Personen am Hilfeplangespräch lasse befürchten, dass dessen Sinn und Zweck nicht erreicht werden könnte, als nachvollziehbar. Somit hätten die Antragsteller bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, sodass es auf das Vorliegen eines Anordnungsgrunds nicht mehr entscheidungserheblich ankomme.
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3. Gegen den verwaltungsgerichtlichen Beschluss haben die Antragsteller ihren Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2022 Beschwerde einlegen lassen. Ausweislich des Begründungsschriftsatzes beantragen sie nunmehr im Beschwerdeverfahren den Beschluss vom 22. November 2022 aufzuheben, das Kreisjugendamt des Antragsgegners zu verpflichten, „die beiden persönlichen Beistände, Frau J. Z. und Herrn K1. F., mit zu den Hilfeplangesprächen zuzulassen“, weiter „das Hilfeplangespräch online mittels einer gängigen Konferenz-Software, […], zu führen“ sowie den Beiständen „rechtzeitig, zumindest eine Woche vor dem Termin, entsprechende Zugangsdaten (…) zu übermitteln“. Demgegenüber verteidigt der Antragsgegner die angefochtene Entscheidung.
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In der Folge wurden die Antragsteller zum Online-Nachholtermin des Hilfeplangesprächs am 8. Dezember 2022 eingeladen, woraufhin sie dem Antragsgegner mitteilten, dass sie weiterhin die Anwesenheit ihrer Beistände wünschten und gegen den verwaltungsgerichtlichen Beschluss Rechtsmittel einlegen würden. Den Termin selbst haben sie nicht wahrgenommen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichtsakten verwiesen.
II.
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Die Beschwerde hat ungeachtet einer möglicherweise im Sinne von § 146 Abs. 4 Satz 3 unzureichenden Begründung der Sache nach keinen Erfolg.
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1. Soweit die Antragsteller die Teilnahme ihrer Beistände Jessica Z. und Klaus F. am Online-Hilfeplangespräch am 23. November 2022 bzw. nach der Terminverschiebung am 8. Dezember 2022 im Wege der einstweiligen Anordnung anstreben, hat sich dieses Begehren durch Abhaltung des Nachholtermins am 8. Dezember 2022 ohne deren Beteiligung zeitlich überholt. Mithin fehlt es zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts bereits an einem Anordnungsgrund. Eine nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zurückweisung der Beistände der Antragsteller lässt sich im Verfahren nach § 123 VwGO nicht bewirken (vgl. Kuhla in BeckOK VwGO, Stand 1.7.2022, § 123 Rn. 42; BayVGH, B.v. 16.8.2012 – 8 CE 11.2759 – BeckRS 2012, 56407 Rn. 19). Die Antragsteller sind insoweit auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage im Hauptsacheverfahren zu verweisen (vgl. hierzu etwa VG Aachen, U.v. 19.5.2009 – 2 K 1428/08 – BeckRS 2009, 35610).
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2. Sollten die Antragsteller mit ihrem Antrag im Beschwerdeverfahren, die benannten Beistände „mit zu den Hilfeplangesprächen zuzulassen“ deren Zulassung bei zukünftigen Hilfeplangesprächen im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung anstreben, läge hierin ein neuer Verfahrensgegenstand, nämlich die Gewähr vorbeugenden Rechtsschutzes gegen zukünftig befürchtete (ablehnende) Verwaltungsakte des Antragsgegners. Ungeachtet der umstrittenen Zulässigkeit einer derartigen Antragserweiterung im Beschwerdeverfahren (vgl. hierzu etwa Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 93 f.; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2022, § 146 Rn. 13c) fehlt es vorliegend schon an einem hinreichend bestimmten Antrag. Überdies legt die Beschwerdebegründung das für die Gewähr vorbeugenden Rechtsschutzes erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis nicht dar (vgl. etwa Kuhla in BeckOK VwGO, Stand 1.7.2022, § 123 Rn. 43 ff.). Auch insoweit kann die Beschwerde daher keinen Erfolg haben.
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3. Soweit die Antragsteller im Beschwerdeverfahren den Antragsgegner verpflichtet wissen wollen „das Hilfeplangespräch“ mittels einer gängigen Software online zu führen, erweist sich dieser Antrag als unzulässig. Insoweit fehlt es offenkundig an einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den mit Telefax vom 22. November 2022 im Wege der Antragserweiterung als Reaktion auf die angedeutete Absicht des Antragsgegners, das Hilfeplangespräch in Präsenz abzuhalten, gestellten Antrag, das Hilfeplangespräch online durchzuführen. Es obliegt insoweit dem Verwaltungsgericht, das Verfahren diesbezüglich wieder aufzugreifen, ggf. unter sachdienlicher Auslegung des von den Antragstellern als Nichtjuristen formulierten Antrags.
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4. Diesbezüglich und eingedenk der vom Antragsgegner in der Beschwerdeerwiderung in den Raum gestellten Möglichkeit, die Hilfeplangespräche zukünftig ohne die Antragsteller als nicht personensorgeberechtigte Eltern zu führen, weist der Senat auf folgende Aspekte im Hinblick auf das streitgegenständliche Rechtsschutzbegehren der Antragsteller hin:
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4.1 § 36 SGB VIII differenziert hinsichtlich der Mitwirkung von Eltern u.a. an der Aufstellung eines Hilfeplans danach, ob den Eltern die Personensorge für die hilfebedürftigen Kinder oder Jugendlichen obliegt. Insoweit ist es im Falle einer familienrechtlichen Sorgerechtsentziehung zunächst erforderlich, deren konkreten Umfang zu ermitteln. Ist eine bestimmte Jugendhilfemaßnahme von einer partiellen Sorgerechtsentziehung nicht tangiert, sind die Eltern der Hilfebedürftigen insoweit weiterhin als personensorgeberechtigt zu behandeln und erweist sich deren Mitwirkung am Hilfeplanverfahren als obligatorisch (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 9.1.2017 – 12 CS 16.2181 – BeckRS 2017, 100916 zur Antragsbefugnis der Eltern, denen das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen wurde, gegen eine behördliche Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII). Je nach dem Umfang der Sorgerechtsentziehung liegt im vorliegenden Verfahren möglicherweise kein Fall von § 36 Abs. 5 SGB VIII, sondern von § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII vor. Die Sorgerechtsentziehung und Bestellung eines Amtsvormunds führt mithin nicht zwangsläufig zu eingeschränkten Verfahrensrechten der leiblichen Eltern der hilfebedürftigen Kinder.
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4.2 Eingedenk der Ausgestaltung der Beteiligung nichtsorgeberechtigter Eltern am Hilfeplanverfahren in § 36 Abs. 5 SGB VIII als Sollvorschrift hat der Gesetzgeber unter Anerkennung des grundrechtlichen Schutzes der Elternrechte in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG zu erkennen gegeben, dass die Elternbeteiligung den Regelfall bildet, deren Ausschluss vom Hilfeplanverfahren jedoch einen begründungsbedürftigen Ausnahmefall. Demgemäß sieht § 36 Abs. 5 2. Halbs. SGB VIII eine Entscheidung über das Ob und Wie der Beteiligung im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung der Personensorgeberechtigten vor. Wollte der Antragsgegner die Eltern der Hilfeempfänger zukünftig an den Hilfeplangesprächen nicht mehr beteiligen, bedürfte es daher einer entsprechenden fachlich fundierten Entscheidung unter Berücksichtigung auch des Willens der betroffenen Kinder der Antragsteller. Der Senat weist in diesem Kontext darauf hin, dass nach seiner Auffassung allein das fehlende Einverständnis der Antragsteller mit der Unterbringung der Kinder in Pflegefamilien, der Wunsch nach einer Rückführung der Kinder, der Wunsch nach einer Verfahrensbegleitung durch jugendamtskritische Beistände sowie die Kritik an den jugendhilferechtlichen Maßnahmen des Antragsgegners nicht von vornherein dazu führen, dass der Hilfezweck in Frage gestellt wird und den Antragstellern folglich die Teilnahme am Hilfeplanverfahren versagt werden kann.
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4.3 Auch das Wie der Beteiligung nichtsorgeberechtigter Eltern am Hilfeplangespräch unterstellt § 36 Abs. 5 SGB VIII einer fachlichen Einschätzung durch das Jugendamt. Hierbei gilt es jedoch dem nach wie vor fortbestehenden Grundrecht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG Rechnung zu tragen und ihnen die Teilnahme durch die Gestaltung der Rahmenbedingungen möglichst zu erleichtern. Demzufolge muss der Antragsgegner bei seiner Entscheidung, das Hilfeplangespräch entweder online oder in Präsenz zu führen, in Rechnung stellen, dass die Antragsteller ihren Wohnsitz in Stralsund haben und eine Teilnahme „vor Ort“ mit erheblichen zeitlichen und finanziellen Belastungen verbunden ist. Weiter gälte es zu berücksichtigen, dass dem befürchteten „Missbrauch“ des Onlineformats durch unberechtigte Aufzeichnung oder die Anwesenheit unbefugter Personen dadurch Rechnung getragen werden könnte, dass die Antragsteller beispielsweise in den Räumlichkeiten des wohnsitznächsten und bereits mit dem Fall vertrauten Jugendamts an der Online-Sitzung teilnehmen. Auch ließe sich an die Durchführung in einem Hybridformat denken. Demgegenüber erwiese sich die Ansetzung eines Hilfeplangesprächs in Präsenz allein mit dem Ziel, eine Nichtteilnahme der Antragsteller aus zeitlichen und finanziellen Gründen zu provozieren, als rechtsmissbräuchlich.
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4.4 Das in § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB X gewährleistete Recht, sich auch in einem jugendhilferechtlichen Verfahren eines Beistands zu bedienen, wird allein nach § 13 Abs. 6 Satz 1 SGB X eingeschränkt, wonach Beistände generell „vom Vortrag“ zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind. Speziell vom „mündlichen Vortrag“ können sie nur zurückgewiesen werden, wenn sie zu einem sachgemäßen Vortrag nicht fähig sind. Zum Vortrag „ungeeignet“ ist ein Beistand jedenfalls dann, wenn sein Vorbringen den Zweck einer jugendhilferechtlichen Maßnahme beeinträchtigt. Insoweit bedarf es wohl entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keiner analogen Anwendung von § 36 Abs. 5 2. Halbs. SGB VIII. Jedenfalls muss sich die Annahme der Ungeeignetheit eines Beistands aber auf konkrete und nachvollziehbare Tatsachen stützen. Allein die Vermutung oder Befürchtung, ein Beistand könne sich zukünftig im Rahmen seiner Teilnahme an einem Hilfeplangespräch als ungeeignet erweisen, reicht für sich genommen für eine Zurückweisung bereits im Vorfeld nicht aus. Will der Antragsgegner im vorliegenden Fall die von den Antragstellern benannten Beistände in Zukunft von Hilfeplangesprächen ausschließen, muss er deren Ungeeignetheit anhand konkreter Tatsachen aus der Vergangenheit belegen. Hierbei gälte es insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Artikel von Jessica Z. und Klaus F. im Internetportal www.freifam.de nicht auf Hilfeplangespräche, sondern vielmehr auf das umgangsrechtliche Verfahren vor dem Amtsgericht Wolfratshausen beziehen. Weiter gälte es zu berücksichtigen, dass sich die entsprechenden Artikel sicher zugespitzt kritisch mit dem Verhalten der zuständigen Mitarbeiterin des Jugendamts des Antragsgegners beschäftigen, die Autoren jedoch nicht zur Unterlassung bzw. zum Widerruf ihrer Aussagen verpflichtet und auch nicht wegen Beleidigungsdelikten strafrechtlich belangt worden sind. Darüber hinaus müsste ferner berücksichtigt werden, dass die benannten Beistände der Antragsteller am Hilfeplangespräch bezüglich ihrer im Bereich des Landratsamts Rosenheim untergebrachten weiteren Tochter offensichtlich ohne Beanstandungen teilgenommen haben. Eingedenk dessen sollte der Antragsgegner seine bislang dezidierte Zurückweisung der benannten Beistände nochmals überdenken (vgl. allgemein zur Zurückweisung von Bevollmächtigten bzw. Beiständen im Rahmen von Jugendhilfeverfahren auch DIJuF-Rechtsgutachten vom 7.4.2008, JAmt 2008, 309). Ein allgemeiner Anspruch, von jedweder öffentlichen Kritik an seinen Maßnahmen verschont zu bleiben, steht dem Antragsgegner nicht zu.
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5. Die Antragsteller tragen nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten des Kinder- und Jugendhilferechts nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben.
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Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.