Titel:
Einheitliche Buchung als Voraussetzung für Erstattung des gesamten Flugpreises
Normenkette:
Fluggastrechte-VO Art. 5 Abs. 1 lit. a, Art. 8 Abs. 1 lit. a 1. Spiegelstrich
Leitsätze:
1. Eine einheitliche Buchung, die gem. Art. 5 Abs. 1 lit. a Fluggastrechte-VO, Art. 8 Abs. 1 lit. a 1. Spiegelstrich Fluggastrechte-VO nach Annullierung eines Teilfluges Voraussetzung für die Erstattung des gesamten Flugpreises ist, liegt bei Buchung über ein Online-Reisebüro vor, das Teilflüge von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen zu einem Beförderungsvorgang zusammengefasst, dem Fluggast hierfür einen Gesamtpreis berechnet und ein einheitliches elektronisches Ticket ausgestellt hat. (Rn. 25 – 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nicht erforderlich ist, dass das in Anspruch genommene Luftfahrtunternehmen vertragliche Beziehungen zu den anderen von der Buchung erfassten Luftfahrtunternehmen unterhält oder weiß, dass das Ticket auch Flüge anderer Luftfahrtunternehmen betrifft. (Rn. 30 – 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Erstattung des Flugpreises an das Reisebüro hat nur dann Erfüllungswirkung nach § 362 Abs. 2 BGB, wenn der Fluggast die Rückforderung über das Reisebüro geltend gemacht hat, nicht aber, wenn er von dem Luftfahrtunternehmen erst an dieses verwiesen wurde. (Rn. 42 – 46) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Annullierung, Teilflug, Teilstrecke, gesamter Flugpreis, einheitliche Buchung, Erstattung, elektronisches Ticket, Reisebüro, Reisevermittler, unterschiedliche Luftfahrtunternehmen, einheitlicher Beförderungsvorgang, Empfangsermächtigung für Zahlung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 19567
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 957,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2021 zu bezahlen
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert wird auf 957,96 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Flugpreisrückerstattung.
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Der Passagier und Zedent Prof. Dr. PG buchte über das Online-Reisebüro S GmbH unter der Ticketnummer ... zum Gesamtpreis in Höhe von EUR 957,96 durch einen tatsächlichen Vorgang folgende Flüge:
1. 16.06.2020: XF 1023 (München – Paris)
2. 16.06.2020: XF 188 (Paris – Hong Kong)
3. 20.06.2020: XU 724 (Hong Kong – Shanghai)
4. 05.07.2020: XE 876 (Shanghai – Pu Dong – Bu San)
5. 05.07.2020: XE 713 (Bu San – Tokyo)
6. 13.07.2020: XF 275 (Tokyo – Paris)
7. 13.07.2020: XF 1122 (Paris – München)
3
Die Rechnung mit der Nummer ... von S enthält weiter die Buchungsnummern ..., ... und ... .
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Die ersten beiden gebuchten Flüge XF 1023 und XF 188 sollten von der Beklagten durchgeführt werden und wurden von dieser annulliert.
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Die sich aus der Annullierung ergebenden Ansprüche wurden durch den Zedenten am 27.09.2021 an die Klägerin abgetreten. Mit Schreiben vom 05.10.2021 zeigte die Klägerin die Abtretung an und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 12.10.2021 zur Zahlung der Ticketrückerstattung auf.
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Die Klägerin behauptet, die Zedent habe bis heute keine Erstattung erhalten.
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Die Klägerin ist der Auffassung, es handele sich aufgrund des E-Tickets um eine einheitliche Flugbuchung, sodass die Beklagte zur Erstattung der gesamten vom E-Ticket erfassten Flüge verpflichtet sei.
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Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von EUR 957,96 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2021 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte behauptet, sie habe keine Kenntnis von Buchungen des Zedenten bei anderen Fluggesellschaften. Die Ticketnummer ... beziehe sich ausschließlich auf die Flüge der Beklagten von München über Paris nach Hong Kong am 16.06.2020. Für die Flüge von Tokyo über Paris nach München am 13.07.2020 habe eine weitere Ticketnummer, nämlich ..., gegolten. Die Ticketnummern für die übrigen beiden Buchungen mit den Buchungsnummern ... und ..., laut vorgelegter Buchungsbestätigung wohl für Flüge von China nach Korea und von Korea nach Japan, seien der Beklagten nicht bekannt. Allein die Buchung mit der Buchungsnummer ... beinhalte eine Buchung bei der Beklagten.
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Für ihre Flüge habe die Beklagten von dem Online-Reisebüro S GmbH den Ticketpreis in Höhe von 425,05 € erhalten und auch schon am 21.07.2020 zurück an das Online-Reisebüro S GmbH zur Weiterleitung an den Zedenten erstattet, nachdem dieser über das Reisebüro die Erstattung verlangt habe.
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Die Beklagte meint daher, es sei in Höhe vom 425,05 € Erfüllungswirkung eingetreten. Denn bei einem Rückerstattungsverlangen über den Reisevermittler werde konkludent eine Geldempfangsvollmacht erteilt.
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Ferner meint die Beklage, es liege eine einheitliche Buchung – mangels Kenntnis und vertraglicher Beziehung der Beklagten von/zu den Flügen der anderen Fluggesellschaften – nicht vor.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme des Zeugen Prof. Dr. PG. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15.03.2023 verwiesen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2023 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
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1. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Reisepreisrückzahlung in Höhe von 957,96 € aus Art. 5 Abs. 1 lit. a), 8 Abs. 1 lit. a) erster Spiegelstrich der VO (EG) 261/2004, § 398 BGB. Der Zeuge Prof. Dr. G hat seine Ansprüche an die Klägerin unstreitig abgetreten.
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A) Der Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung ist gem. Art. 3 Abs. 1 lit. a), Abs. 2 lit. a) VO (EG) 261/2004 eröffnet. Der Flug sollte im Gemeinschaftsgebiet angetreten werden.
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B) Der Zedent Prof. Dr. G verfügte auch über eine bestätigte Buchung, nämlich das E-Ticket mit der Nummer ..., für die Flüge München über Paris über Hong Kong über Shanghai über Pu Dong nach Bu San über Tokyo nach Paris und zurück nach München.
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C) Die ersten beiden Teil-Flüge XF 1023 und XF 188 vom 16.06.2020 sollten von der Beklagten durchgeführt werden und wurden von dieser – ebenfalls unstreitig – annulliert.
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D) Das Wahlrecht auf Erstattung der Flugscheinkosten wurde ausgeübt, jedenfalls durch das Rückzahlungsverlangen vom 05.10.2021.
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E) Die Flugscheinkosten für infolge der Annullierung nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sind vom ausführenden Luftfahrtunternehmen vollständig zu erstatten.
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Hier wurden gerade schon die erste und zweite Teilstrecke annulliert.
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aa) Der Anspruch richtet sich grundsätzlich auf den gesamten Flugpreis und nicht lediglich auf entweder die annullierte Teilstrecke oder die von der Beklagten auszuführenden Teilstrecken (vgl. Art. 8 Abs. 1 lit. a 1. VO (EG) 261/2004). Dies gilt jedenfalls dann, wenn Hin- und Rückflug Teil derselben Buchung sind – auch wenn die Flüge von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden sollten (vgl. Auslegungsleitlinien zu den EU-Verordnungen über Passagierrechte vor dem Hintergrund der sich entwickelnden Situation im Zusammenhang mit Covid-19 vom 18.03.2020 Ziff. 3.2.).
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bb) Das Gericht ist bei einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls davon überzeugt, dass hier sämtliche Flüge Gegenstand einer „einheitlichen“ Buchung sind.
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Nach der durchgeführten Hauptverhandlung und durchgeführter Beweisaufnahme, nämlich der Vernehmung des Zeugen Prof. Dr. PG nebst Inaugenscheinnahme der vorgelegten Dokumente, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass vorliegend ein E-Ticket mit der Nummer ... aufgrund eines Buchungsvorganges, welcher an einem Stück an einem Tag vorgenommen wurde, ausgestellt wurde. In der Hauptverhandlung hat sich zwar herausgestellt, dass das E-Ticket welches mit der Klageschrift als K1 vorgelegt wurde und sich auf das Jahr 2021 bezieht. Dieses ist komplett inhaltsgleich mit dem im Termin zur Hauptverhandlung am 15.03.2023 vorgelegten Original-E-Ticket betreffend das Jahr 2020. Ersteres wurde vermutlich im Rahmen einer Neuerstellung für die Klage durch das Reisebüro falsch ausgestellt. Dieses Ticket mit der Nummer ... bestätigt die Angaben des Zeugen Prof. Dr. PG, dass die Buchung für die Flüge im Jahr 2020 in einem Vorgang durchgeführt wurde. Dies wurde letztlich von der Beklagten auch nicht bestritten. Ein weiteres E-Ticket liegt nicht vor. Auch die von der Beklagten vorgebrachte Buchungsnummer ... ist keinem der vorliegenden Dokumente zu entnehmen.
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Hier hat also ein Online-Reisebüro Teilflüge von unterschiedlichen Luftfahrtunternehmen zu einem Beförderungsvorgang zusammenfasst, dem Fluggast hierfür einen Gesamtpreis in Rechnung stellt und ein einheitliches elektronisches Ticket ausgegeben.
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Die Vergabe von verschiedenen Buchungsnummern für verschiedene Fluggesellschaften im Rahmen eines Buchungsvorganges mit einer Buchungsbestätigung ist dabei unschädlich, da sich aus dem einheitlichen Buchungsausdruck ergibt, dass der Beförderungsvertrag aufgrund einer einheitlichen Willenserklärung geschlossen wurde. Letzteres wurde vom glaubwürdigen Zeugin Prof. Dr. G in seiner Einvernahme als Zeuge auch bestätigt.
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Die Flüge stehen auch einem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang und es wurde ein Gesamtreisepreis in Rechnung gestellt.
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cc) Dennoch ist fraglich, ob es sich hier um eine „einheitliche“ oder mehrere Buchungen handelt, da das Internet-Buchungsportal die Flüge zusammengefasst hat. Nach Auffassung der Beklagten liegt eine einheitliche Buchung deswegen nicht vor, weil eine vertragliche Beziehung der Beklagten betreffend die Flüge der anderen ausführenden Luftfahrtunternehmen und auch eine Kenntnis der Beklagten, dass das vom Reisebüro ausgestellte elektronische Ticket weitere Flüge anderer Luftfahrtunternehmen enthält, bestritten wird.
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Nach Auffassung des Gerichts kann aber beides als wahr unterstellt werden, da diese Punkte keine Voraussetzungen für das Vorliegen einer einheitlichen Buchung sind.
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Zunächst ergibt sich weder aus der VO (EG) 261/2004 noch aus den Auslegungsrichtlinien vom 18.03.2020 ein entsprechendes Erfordernis.
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Auch nach Auslegung der FluggastrechteVO vor dem Hintergrund der Verbraucherfreundlichkeit der Verordnung (Erwägungsgrund 1 VO(EG) 261/2004) kann man eine vertragliche Verbindung betreffend die anderen Flüge oder eine Kenntnis der Buchungsdetails durch die Fluggesellschaft für die Beurteilung der „Einheitlichkeit“ einer Buchung nicht aufstellen. Maßgeblich ist, dass für den Fluggast in der Regel erkennbar ist, von wem die Annullierung ausgeht, aber nicht in welchen vertraglichen Konstellationen die Luftfahrtunternehmen mit den Reisevermittlern, den Reisebüros und den anderen Luftfahrtunternehmen verbunden sind. Daher ist ein einheitlicher Anspruch gegen dieses Luftfahrtunternehmen angezeigt, da ansonsten eine Aufspaltung eines einheitlichen Anspruchs drohen würde. Für den Fluggast ist oft auch nicht erkennbar, in welcher Höhe Leistungen an welches Luftfahrtunternehmen geflossen sind.
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Dem Einwand der Beklagten, dass der Zedent hier ausgesagt habe, dass ihm der Reisevermittler ein „Paket“ geschnürt habe, welches er so bei der Beklagten nicht erhalten hätte, ist entgegenzuhalten, dass die Beklagte – gerade in Kenntnis dieser Tatsache – den Verkauf ihrer Flugtickets durch Reisevermittler duldet und davon profitiert. Reisevermittler fassen in aller Regel Flüge diverser Fluggesellschaften zusammen. Dies ist vorliegend kein Einzelfall.
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Eine Kenntnis der Beklagten von den Buchungsdetails nicht zu fordern – für eine Gesamterstattung des Ticketpreises – entspricht auch der Wertung der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 12.09.2018, RRa 2018, 870) betreffend die Provisionen der Reisevermittler/-büros – wenn diese Rechtsprechung auch nicht die „einheitliche Buchung“, sondern die „Flugscheinkosten“ betrifft. Danach ist das Luftfahrtunternehmen grundsätzlich zur Erstattung des gesamten Reisepreises verpflichtet. Der Preis des Flugscheins, schließt die Differenz zwischen dem vom Fluggast gezahlten und dem vom Luftfahrtunternehmen erhaltenen Betrag ein, soweit nicht die Beklagte nachweist, dass sie keine Kenntnis vom Anfall der Provision hatte. Insofern liegt die Darlegungs- und Beweislast der Unkenntnis bei der Beklagten (vgl. BeckOK Fluggastrechte-VO/Degott Fluggastrechte-VO Art. 8 Rn. 3-12). Nach der Rechtsauffassung des Gerichts kommt es dabei nicht darauf an, dass die jeweils konkret angefallenen Vermittlungsgebühren mit der Beklagten abgestimmt wurden. Erforderlich ist lediglich, dass die Beklagte grundsätzliche Kenntnis des Tätigwerdens des Vermittlers hatte, wobei der Beklagten auch bekannt sein muss, dass Vermittlungsgebühren unter Umständen erhoben werden. Eine Auslegung der EuGH-Rechtsprechung dahingehend ist sachgerecht, da die Beklagte zum einen vom Tätigwerden der Vermittler und Reisebüros „für sie“ profitiert und sich dadurch eigene Aufwendungen für die Vermarktung der Ticket erspart. Zum anderen haben Luftfahrtunternehmen aufgrund ihrer Marktmacht leichtere Möglichkeiten Regress zu nehmen oder im Einzelfall u.U. erhöhten Vermittlungsgebühren entgegenzuwirken. Eine konkrete Kenntnis der jeweiligen Vermittlungsgebühren im Einzelfall ist daher nicht erforderlich, da andernfalls die Rechtsprechung des EuGH wohl ins Leere liefe.
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Im Ergebnis kann aufgrund derselben Erwägungen auch eine Kenntnis der Fluggesellschaften bei einem vom Reisebüro erstellten E-Ticket nicht gefordert werden. Ausreichend ist, dass die Fluggesellschaft Kenntnis vom Tätigwerden des Reisevermittlers hat und ihm auch bekannt ist, dass von diesem u.U. Flüge auch mit anderen Luftfahrtunternehmen in einem Ticket zusammengefasst werden. Zumindest Ersteres ist hier der Fall, da die Beklagte den Kläger sogar zur Rückabwicklung an das Reisebüro verwiesen hat. Anhaltspunkte oder Vortrag dahingehend, dass der Beklagten das weitere Vorgehen des Online-Reisebüros – betreffend andere Flüge anderer Fluggesellschaften – unbekannt gewesen sein könnte liegt nicht vor.
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dd) Schließlich hat das Gericht keinen Grund an der Höhe der Gesamtkosten in Höhe von 957,96 € zu zweifeln, welcher sich aus den vorgelegten Dokumenten ergibt.
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F) Auch ist entgegen der Ansicht der Beklagten keine Teil-Erfüllungswirkung nach § 362 BGB durch die Zahlung an das Reisebüro eingetreten. Die Leistung muss grundsätzlich an den Gläubiger bewirkt werden (aa)). Eine Erfüllungswirkung bei Zahlung an einen Dritten tritt nur ein, wenn der Gläubiger diesen zur Entgegennahme der Leistung befugt hat (bb)).
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aa) Eine Erfüllung an den Zedenten (§ 362 Abs. 1 BGB) liegt hier nicht vor.
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Eine direkte Zahlung der Beklagten an diesen wird bereits nicht behauptet.
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Betreffend die bestrittene Zahlung über das Reisebüro an den Zedenten ist die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. Sie trägt insoweit nicht zur Weiterleitung an den Zedenten vor und bietet keinen Beweis an. Mithin konnte sich das Gericht von einer entsprechenden Weiterleitung keine Überzeugung bilden.
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bb) Für eine Erfüllung nach § 362 Abs. 2 BGB durch die Zahlung der Beklagten an das Online-Reisebüro S GmbH wäre weiter eine Einwilligung oder Genehmigung des Gläubigers gem. § 185 BGB erforderlich. Dafür ist die Beklagte, die sich darauf beruft, darlegungs- und beweisbelastet.
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Bei einer Rückforderung über das Reisebüro/den Reisevermittler wird in der Rechtsprechung richtigerweise vertreten, dass dann u.U. eine Geldempfangsvollmacht konkludent erteilt wird. Dies ist hier aber nicht der Fall. Denn der Zedent hat sich nicht aus freien Stücken an das Reisebüro gewandt, sondern wurde von der Beklagten an dieses verwiesen.
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So gab der Zeuge Prof. Dr. G im Termin zur Hauptverhandlung am 15.03.2023 glaubhaft an, er habe sich zunächst über die Internetseite an die Beklagte wegen der Erstattung gewandt. Daraufhin habe er eine Standardantwort der Beklagte erhalten, er solle sich an den Reiseveranstalter wenden, was er dann auch getan habe.
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In einem solchen Fall kann aus dem Verhalten des Zedenten nicht vorbehaltlos darauf geschlossen werden, dass er mit einer Zahlung an das Reisebüro einverstanden ist, weil es nicht der von ihm freiwillig angestrebte Weg war. Er vielmehr von der Beklagten darauf verwiesen wurde, sodass zur Annahme einer Empfangsvollmacht weitere Umstände hinzutreten müssten. Solche sind nicht ersichtlich.
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Nach alledem konnte das Gericht sich nicht davon überzeugen, dass das Reisebüro irgendeiner Weise zum Empfang des Geldes ermächtigt gewesen wäre.
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cc) Auch eine Erfüllung durch Übersendung eines Gutscheines kann nicht angenommen werden, da der Zedent den übersandten Gutschein nicht ausdrücklich akzeptiert oder gar schriftlich sein Einverständnis erklärt hat (Art. 7 Abs. 3, 8 Abs. 1 lit. a) VO (EG) 261/2004).
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dd) Mithin war der Anspruch des Zedenten auf Ticketrückerstattung vor Abtretung an die Klägerin nicht erloschen.
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2. Die Verurteilung zur Zahlung der Zinsen gründet sich auf §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
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II. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.
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III. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.