Inhalt

VGH München, Beschluss v. 26.07.2023 – 22 AS 23.40023
Titel:

Erfolgloser Eilantrag des Nachbarn gegen zwei Windenergieanlagen

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a
BImSchG § 6
BNatSchG § 44
BauGB § 30, § 35
BayBO Art. 82 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die durch die Drehbewegung der Rotorblätter erzeugte windkraftanlagentypische Geräuschcharakteristik ist in der Regel weder als ton- noch als impulshaltig einzustufen. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer Entfernung einer Windenergieanlage von den betreffenden Grundstücken von mehr als dem Dreifachen der Anlagenhöhe tritt regelmäßig keine optisch bedrängende Wirkung ein. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das geltende Recht geht davon aus, dass sich das Erfordernis, die Gesamtbelastung eines Schutzguts durch Immissionen zu berücksichtigen, grundsätzlich auf die einzelnen Immissionsarten beschränkt, während ihm eine „spartenübergreifende“ Betrachtungsweise fremd ist. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die „10 H“-Regelung ist nicht drittschützend. Sie betrifft lediglich die (rein objektiv-rechtliche) bauplanungsrechtliche Privilegierung einer Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB und dient insbesondere nicht der Kompensation (vermeintlicher) immissionsschutzrechtlicher Defizite. (Rn. 60) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
immissionsschutzrechtliche Genehmigung für zwei Windenergieanlagen, Antrag eines Nachbarn auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, Schallimmissionsprognose, Schattenwurf, Gesamtbelastung unterschiedlicher Umwelteinwirkungen, fehlender Drittschutz des Artenschutzrechts, Irrelevanz der Wirksamkeit eines Bebauungsplans („Sondergebiet, Windenergie“), Irrelevanz der Wirksamkeit eines Bebauungsplans („Sondergebiet Windenergie“), windkraftanlagentypische Geräuschcharakteristik, optisch bedrängende Wirkung, „10 H“-Regelung
Fundstelle:
BeckRS 2023, 19020

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, die auf Aufhebung einer der Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamts A* … vom 24. Februar 2023 erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb zweier Windenergieanlagen (Typ Vensys 136 – 3,5 MW, Nabenhöhe jeweils 131,7 m; Gesamthöhe jeweils 199,9 m) gerichtet ist. Die Anlagen liegen im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Sondergebiet Windenergie F* …“ des Marktes W* …, welcher am 16. Dezember 2022 in Kraft getreten ist. Die vom Antragsteller vorgelegte Fassung des Bebauungsplans enthält im Abschnitt „Örtliche Bauvorschriften“ eine Regelung, wonach „gem. Art. 6 Abs. 7 Satz 2 BayBO die Abstandsflächen auf 0,4 H festgesetzt“ werden.
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Nach seinen Angaben ist der Antragsteller Eigentümer von vier im bzw. beim Ortsteil H* … der Stadt W* … – einer Nachbargemeinde – gelegenen Grundstücken. Bei drei Grundstücken handelt es sich um Waldflächen; auf einem weiteren Grundstück befindet sich der landwirtschaftliche Betrieb des Antragstellers nebst Wohnhaus (H* … *). Das letztgenannte Grundstück liegt nach Angaben des Antragstellers 1.150 m von den genehmigten Windenergieanlagen entfernt. Bei dem Wohnanwesen sind nach dem Vortrag des Antragstellers Wohn- und Schlafräume in Richtung der Windenergieanlagen ausgerichtet.
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Der Antragsteller erhob am 21. April 2023 Klage auf Aufhebung des am 8. März 2023 öffentlich bekannt gemachten Genehmigungsbescheids vom 24. Februar 2023. Er begründete diese Klage am 29. Juni 2023.
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Am 6. Juli 2023 stellte der Antragsteller ferner den Antrag,
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die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
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Zur Begründung dieses Antrags trägt der Antragsteller – wie im Klageverfahren – im Wesentlichen vor: Die geplanten Windenergieanlagen verstießen gegen das Rücksichtnahmegebot und riefen schädliche Umwelteinwirkungen hervor, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, insbesondere durch Lärm, blinkende Lichter und Schattenwurf.
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Für das Grundstück des Antragstellers sei in der der Genehmigung zu Grunde liegenden Schallimmissionsprognose kein Immissionsort angesetzt worden. Aufgrund der Hanglage des Ortsteils H* … sei aber nicht ausgeschlossen, dass sich die Lärmsituation an weiter entfernten Grundstücken belastender als am nächstgelegenen Immissionsort darstelle. Ebenso seien fehlerhaft Vorbelastungen nicht berücksichtigt worden, insbesondere Immissionen der sich auf seinem Wohngrundstück befindlichen Biogasanlage. Ferner seien seltene Ereignisse nach Nr. 7.2 TA Lärm nicht berücksichtigt worden. Zu solchen Ereignissen zählten meteorologische Besonderheiten wie beispielsweise eine hohe Windstärke. Auch würden nachts Immissionen anders weitergetragen als während der Tageszeit. Zudem entstehe bei Windenergieanlagen, wenn der Flügel bei höheren Windgeschwindigkeiten den Mast passiere, ein zusätzliches nicht unerhebliches Geräusch. Hierfür sei zu Unrecht kein Impulshaltigkeitszuschlag angesetzt worden. Ferner sei die Höhe des Sicherheitszuschlags weder begründet worden noch sei dieser begründbar.
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Berücksichtigt worden sei auch nicht, dass von der Tag- und Nachtkennzeichnung mit dauerhaft blinkenden Lichtern, die von allen Seiten zu erkennen sein müssten, sowie von der Einfärbung der rotierenden Windradflügel ebenfalls massive Emissionen ausgingen.
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Schließlich sei die Gesamtbelastung, die durch ein zeitgleiches Einwirken verschiedener Immissionen und anderer nachteiliger Wirkungen auf das Grundstück des Antragstellers verursacht werde, nicht berücksichtigt worden.
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Die geplanten Windenergieanlagen widersprächen auch Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. An einer fundierten Feststellung der tatsächlichen Vorkommen geschützter Vogelarten sowie von Zugvögeln fehle es. Deren Betroffenheit und das Tötungsrisiko (§ 44 BNatSchG) ließen sich angesichts der unzureichenden Begutachtung in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung nicht fundiert ausschließen. Der Bayerische Windenergieerlass sei nicht berücksichtigt worden. Für den Seeadler werde ein Mindestabstand von 3.000 m, jedoch grundsätzlich von 6.000 m, empfohlen, der hier nicht eingehalten sei. Da der Antragsteller als Eigentümer von Wiesen- und Ackerflächen im Nahbereich der Anlagen unmittelbar betroffen sei, könne er den Verstoß gegen den öffentlichen Belang des Naturschutzes und gegen das Tötungsverbot des § 44 BNatSchG geltend machen. Mit der Verwirklichung des Tatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG lägen zudem auch insoweit schädliche Umwelteinwirkungen vor, auf die der Antragsteller sich berufen könne. Da sich die Genehmigungsbehörde über das signifikant erhöhte Tötungsrisiko grob rechtswidrig hinweggesetzt habe, sei der Genehmigungsbescheid sogar i.S.d. Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nichtig.
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Durch die Errichtung der Windenergieanlagen würden ferner entgegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB die öffentlichen Belange des Bodenschutzes sowie die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert beeinträchtigt und das Landschaftsbild verunstaltet. Das Gebiet, in dem die Windenergieanlagen errichtet werden sollen, sei überaus reizvoll und diene insbesondere der Naherholung. Als Eigentümer von Waldflächen könne sich der Antragsteller auch hierauf berufen. Seit der Rodung der Flächen, auf denen die Windenergieanlagen errichtet werden sollten, sei es bereits zu erheblichen Beschädigungen auf einem der Waldgrundstücke des Antragstellers gekommen.
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Die Genehmigung sei zudem rechtswidrig, weil der der Genehmigungserteilung zugrundeliegende Bebauungsplan des Marktes W* … aus mehreren Gründen (insbesondere abwägungs-) fehlerhaft und damit nichtig sei. Zum Schutz der Anwohner habe der Landesgesetzgeber die Mindestabstandsflächen für Windenergieanlagen auf 10 H zur angrenzenden Wohnbebauung vergrößert, Art. 82 BayBO. Der Bebauungsplan verkürze die Abstandsflächen auf nur 0,4 H. Da durch den Bebauungsplan die gesetzlichen Abstandsregeln außer Kraft gesetzt würden, seien an die Abwägung gem. § 1 Abs. 7 BauGB hohe Anforderungen zu stellen. Lärm, Verschattung, Lichtverschmutzung, gefährlicher Eiswurf und die visuelle Überlastung durch die Windkraftanlagen hätten in die Abwägung eingestellt und bewertet werden müssen. Dies sei nicht geschehen. Der Bebauungsplan verstoße auch gegen mehrere Ziele des Regionalplans der Region W* … (Ziele 6.2.1.1 und 7.1.3.2) und damit gegen das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB bzw. auch insoweit gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB.
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Der Antragsgegner ist dem Vorbringen des Antragstellers entgegengetreten; er beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, auch des Hauptsacheverfahrens, sowie auf die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
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Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Das öffentliche Interesse und das private Interesse der Beigeladenen an der Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 24. Februar 2023 überwiegen das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, weil diese voraussichtlich erfolglos bleibt. Die angefochtene Genehmigung verletzt den Antragsteller nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Prüfung erfolgt insoweit – nur – anhand der gem. § 6 Satz 1 UmwRG fristgerecht zur Begründung der Klage vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel; die Antragsbegründung kann für die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens nicht mehr berücksichtigt werden, weil sie erst nach Ablauf der in § 6 Satz 1 UmwRG bestimmten Frist eingegangen ist (vgl. zur Fixierung des Prozessstoffs durch das fristgerecht Vorgetragene BVerwG, U.v. 21.3.2023 – 4 A 9.21 – juris Rn. 14; hinsichtlich des vorläufigen Rechtsschutzes BayVGH, B.v. 7.2.2023 – 22 CS 22.1908 – juris Rn. 86, jeweils m.w.N.).
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1. Die Genehmigung stellt für den Antragsteller sicher, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG).
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Aus dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme ergeben sich insoweit keine weitergehenden Schutzansprüche. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Bebauungsplan des Marktes W* … „Sondergebiet Windenergie F* …“, welcher bauplanungsrechtliche Grundlage für die Erteilung der Genehmigung gewesen ist, wirksam ist.
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Ist der Bebauungsplan – wie der Antragsteller geltend macht – unwirksam, so bestimmt sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Windenergieanlagen nach § 35 BauGB. Gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann. Das Gebot der Rücksichtnahme hat damit in Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen eine ausdrückliche Regelung erfahren (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – juris Rn. 11 m.w.N.); der Begriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB stimmt mit dem des § 3 Abs. 1 BImSchG überein (vgl. nur Jarass/Kment, BauGB, 3. Aufl. 2022, § 35 Rn. 58 m.w.N.).
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Ist der Bebauungsplan wirksam, kommt das Gebot der Rücksichtnahme zwar über § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zur Anwendung (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 19); jedoch konkretisiert das BImSchG auch insoweit die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft mit Wirkung für das Bauplanungsrecht (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – a.a.O.; B.v. 2.2.2000 – 4 B 87.99 – juris Rn. 7; U.v. 24.9.1992 – 7 C 7.92 – juris Rn. 17).
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1.1 Schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärm werden für den Antragsteller nicht hervorgerufen.
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1.1.1 Den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert für anlagenbezogene Lärmimmissionen die TA Lärm, der eine auch im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zukommt (vgl. nur BVerwG, B.v. 30.12.2022 – 7 B 15.22 – juris Rn. 7 m.w.N.).
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1.1.2 Zu Unrecht bemängelt der Antragsteller, dass „sein Grundstück“ – gemeint wohl sein Wohnanwesen, denn nur dieses dürfte insoweit nach A.1.3 des Anhangs zur TA Lärm in Betracht kommen – nicht als Immissionsort berücksichtigt worden sei.
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Dieser Einwand wäre für die Prüfung der vom Antragsteller eingelegten Rechtsbehelfe nur erheblich, wenn wegen einer insoweit unzureichenden Untersuchung der zu erwartenden Lärmimmissionen nicht sichergestellt wäre, dass es an seinem Anwesen nicht zu schädlichen Umweltwirkungen kommt, also die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm nicht eingehalten werden (vgl. Nr. 3.2.1 TA Lärm). Dies trägt der Antragsteller aber nicht substantiiert vor; derartiges ist im Übrigen auch nicht ersichtlich (vgl. auch 1.1.3).
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Im Übrigen lässt das Vorbringen des Antragstellers nicht erkennen, dass sein Wohnanwesen (zusätzlich) als Immissionsort hätte berücksichtigt werden müssen. Nach Nr. 2.3 Satz 1 TA Lärm ist maßgeblicher Immissionsort der nach Nr. A.1.3 des Anhangs zu ermittelnde Ort im Einwirkungsbereich der Anlage, an dem eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten ist. Es liegt nahe, dass dies an solchen Orten der Fall ist, die am nächsten zur genehmigten Anlage liegen; hiervon geht auch die Schallimmissionsprognose vom 10. August 2022 aus (S. 7 = S. 159 der Antragsunterlagen). Zwar divergieren die Angaben der Beteiligten über die Entfernung des Wohnanwesens des Antragstellers (H* … *) von den genehmigten Anlagen (Antragsteller: 1.150 m; Antragsgegner: mehr als 1.300 m). Nach allgemein zugänglichen Informationsquellen (Bayern-Atlas; Ansicht „Topographische Karte“) liegt jedenfalls das Wohnanwesen des Antragstellers deutlich östlich des Immissionsorts A (H* … …, nach der Messfunktion des BayernAtlas über 100 m) und damit weiter entfernt von den südwestlich des Ortsteils H* … geplanten Windenergieanlagen. Am Wohnanwesen dürfte also mit geringeren Immissionen als am Immissionsort A zu rechnen sein. Soweit sich der Antragsteller auf Besonderheiten einer Hanglage beruft, ist weder substantiiert geltend gemacht, inwieweit eine solche hier vorliegt, noch, inwieweit diese beim Antragsteller trotz weiterer Entfernung zu den Anlagen zu höheren Lärmimmissionen führen sollte, als sie für den Immissionsort A prognostiziert wurden. Die Schallimmissionsprognose hat jedenfalls ein Höhenmodell (Orographie) berücksichtigt (S. 6 f. = S. 158 f. der Antragsunterlagen); mit den entsprechenden Ausführungen in der Prognose befasst sich das Vorbringen des Antragstellers nicht. Zudem besteht nach genannten allgemein zugänglichen Informationsquellen eine Hanglage (abfallendes Gelände) vom antragstellerischen Wohngrundstück aus nur Richtung Osten bzw. Südosten, d.h. auf der von den Anlagen abgewandten Seite. Nach den diesen Quellen zu entnehmenden Höhenlinien liegt das Anwesen H* … … (Immissionsort A) zudem auf etwa gleichen Höhe wie das Anwesen des Antragstellers. Eine stärkere Lärmbetroffenheit des antragstellerischen Wohnanwesens als diejenige des Immissionsorts A ist auch insoweit nicht erkennbar.
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1.1.3 Zu Unrecht beanstandet der Antragsteller weiter, dass für die Ermittlung der Lärmgesamtbelastung (vgl. Nr. 3.2.1, Nr. 2.4 TA Lärm; zu der vom Antragsteller aufgeworfenen Frage der Gesamtbelastung aller Immissionen vgl. 3.) insbesondere die Biogasanlage auf seinem Wohngrundstück nicht berücksichtigt worden sei.
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Der Antragsteller trägt bereits nicht vor, zu welchen Lärmimmissionen es durch den Betrieb dieser Biogasanlage kommt, die im Rahmen der Beurteilung der Gesamtbelastung zu berücksichtigen gewesen wären. Insbesondere aber brauchten Lärmimmissionen durch die Biogasanlage – und weiterer Anlagen – bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der Windenergieanlagen nicht berücksichtigt zu werden, weil nach der Schallimmissionsprognose (S. 8 f.= Bl. 161 f. der Antragsunterlagen) das Irrelevanzkriterium der Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm in Bezug auf die Windenergieanlagen erfüllt ist. Danach (vgl. zur Anwendung auf eine Windenergieanlage etwa BayVGH, B.v. 4.3.2015 – 22 CS 15.33 u.a. – juris Rn. 15) darf die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Vorliegend beträgt die Zusatzbelastung für den Immissionsort A durch die beiden Windenergieanlagen ausweislich der Schallimmissionsprognose 34,8 dB(A), wobei die Prognose eine Lage dieses Immissionsorts in einem „Dorf- und Mischgebiet“ zugrunde legt (Schallimmissionsprognose S.7 / S.9 = Antragsunterlagen S. 159 / S. 161). Der Antragsteller geht für sein Wohngrundstück ebenfalls von einer Lage in einem „Misch-/Dorfgebiet“ aus; für das Vorliegen eines Dorfgebiets spricht im Übrigen, dass der Antragsteller dort selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb führt, vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO (zur Maßgeblichkeit des Bauplanungsrechts für die Schutzbedürftigkeit [Nr. 6.6 Abs. 2 TA Lärm] vgl. BVerwG, U.v. 24.9.1992 – 7 C 7.92 – juris Rn. 18). Damit liegt die Zusatzbelastung durch die genehmigten Anlagen mehr als 10 dB(A) unter dem Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c TA Lärm zu entnehmenden Immissionsrichtwert für die Nacht von 45 dB(A) und damit deutlich über dem durch das Irrelevanzkriterium des Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm vorgegebenen Wert von 6 dB(A), so dass weitere Anlagen, die zu einer Gesamtbelastung beitragen könnten, nicht berücksichtigt werden mussten. Aus der vom Antragsteller in Bezug genommenen Übersichtskarte (Bl. 169 der Antragsunterlagen) ergibt sich nichts anderes. Vielmehr wird hieraus ebenfalls deutlich, dass sich zwar eine Lärmzusatzbelastung durch die Windenergieanlagen ergibt, dass diese aber schon am südwestlichen Rand des Ortsteils H* … deutlich – nämlich weit mehr als 6 dB(A) – unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert und damit im Bereich der Irrelevanz nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm liegt.
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1.1.4 Die angefochtene Genehmigung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil seltene Ereignisse nach Nr. 7.2 TA Lärm nicht berücksichtigt wurden.
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Entgegen der offenbar vom Antragsteller vertretenen Auffassung lässt sich Nr. 7.2 TA Lärm keine Pflicht zur Berücksichtigung eines Zuschlags bei seltenen Ereignissen entnehmen. Im Gegenteil sollen es die in der TA Lärm getroffenen Regelungen über seltene Ereignisse dem Betreiber der Anlage ermöglichen, diese in eng begrenztem Umfang intensiver oder anders zu nutzen, ohne dass der Betrieb wegen der dabei zu erwartenden höheren Beurteilungspegel unzulässig wird (vgl. OVG NW, U.v. 18.11.2002 – 7 A 2127/00 – juris Rn. 47 ff.). Für seltene Ereignisse sieht die TA Lärm dementsprechend gegenüber Nr. 6.1 erhöhte Immissionsrichtwerte (Nr. 6.3, Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm) für den Beurteilungspegel vor.
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Vorliegend ist jedenfalls bereits nicht i.S.d. Nr. 7.2 TA Lärm zu erwarten, dass es zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm kommt. Vielmehr liegt die Lärmbelastung bereits am dem dem Antragsteller nächstgelegenen Immissionsort weit unterhalb dieser Immissionsrichtwerte (vgl. 1.1.3).
32
Die insoweit erhobenen Einwände des Antragstellers zu wechselnden meteorologische Bedingungen sowie unterschiedlichen Ausbreitungsbedingungen zur Tag- und zur Nachtzeit greifen nicht durch. Sie betreffen das Berechnungsverfahren (Interimsverfahren) zur Schallausbreitung, welches in der Schallleistungsprognose näher erläutert wird (S. 4 ff. = Antragsunterlagen S. 156 ff.). Hiermit setzt sich das Vorbringen des Antragstellers nicht (insbesondere nicht in fachlicher Hinsicht) auseinander. Namentlich der Hinweis des Antragstellers auf wechselnde meteorologische Bedingungen berücksichtigt nicht, dass in der Schallimmissionsprognose der meteorologische Korrekturfaktor (Dämpfung des Schalls durch meteorologische Einflüsse) mit „Null“ angesetzt wurde (vgl. Schallimmissionsprognose S. 5 = Antragsunterlagen S. 157). Zudem sind gem. Nr. A.1.2 Buchst. b des Anhangs zur TA Lärm die verschiedenen Witterungsbedingungen gemäß DIN ISO 9613-2, Entwurf Ausgabe September 1997, Gleichung (6) zu berücksichtigen. Auch die Schallimmissionsprognose zieht die ISO 9613-2 heran (vgl. deren Anhang S. 1 = Antragsunterlagen Bl. 162; bei der in der Prognose selbst angeführten ISO 9612-2 handelt es sich offenkundig um ein Schreibversehen, was sich schon daraus ergibt, dass die der Schallimmissionsprognose beigefügten „Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen“ [dort S. 3] der Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz [LAI] ebenfalls im Einklang mit der TA Lärm auf die DIN ISO 9613-2 Bezug nehmen). Es ist auch nicht erkennbar, dass die beim sog. „Interimsverfahren“ vorgenommenen Abweichungen von der DIN ISO 9613-2, die in der Schallimmissionsprognose aufgeführt sind (S. 4 = Antragsunterlagen Bl. 156), die Vorgaben nach Nr. A.1.2 Buchst. b des Anhangs zur TA Lärm zur Berücksichtigung verschiedener Witterungsbedingungen betreffen, ganz abgesehen davon, dass das Interimsverfahren nach der Schallimmissionsprognose sowie den „Hinweisen zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen“ der LAI (dort S. 3) den Stand der Technik darstellt. Soweit der Antragsteller – ohne fachliche Begründung – darauf verweist, nachts würden aufgrund anderer Luft- und Temperaturschichtungen Immissionen anders weitergetragen als tags, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass das im Rahmen der Schallimmissionsprognose verwendete Berechnungsmodell nur für die Tagzeit Geltung beansprucht. Dem gesteigerten Ruhebedürfnis zur Nachtzeit trägt die TA Lärm zudem mit für die Nachtzeit reduzierten Immissionsrichtwerten (Nr. 6.1 TA Lärm) sowie der Vorgabe Rechnung, dass maßgebend für die Beurteilung der Nacht die volle Nachtstunde mit dem höchsten Beurteilungspegel ist, zu dem die zu beurteilende Anlage relevant beiträgt (vgl. Nr. 6.4 Satz 5 TA Lärm).
33
1.1.5 Der Genehmigungsbescheid ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil kein Zuschlag für Impulshaltigkeit bei der Ermittlung der Lärmimmissionen (vgl. Nr. 2.10 TA Lärm; Nr. 2.5.2 des Anhangs [für die hier in Rede stehende Schallimmissionsprognose; für Messungen Nr. 3.3.6 des Anhangs]) angesetzt wurde.
34
Die Tatsachengerichte haben gemäß der vom Antragsteller angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 29.8.2007 – 4 C 2.07 – juris Rn. 31) die Aufgabe zu überprüfen, ob Windenergieanlagen – oder bestimmte Typen von Windenergieanlagen – Geräusche hervorrufen, die im Hinblick auf ihre außergewöhnliche Störwirkung die Vergabe eines Impulszuschlags rechtfertigen. Diese Prüfung ergibt hier Folgendes:
35
In der Schallimmissionsprognose wird fachlich begründet (S. 6 = Antragsunterlagen S. 158), dass in der Praxis impulshaltige Geräusche konstruktiv vermieden werden; ihr Auftreten entspreche nicht dem Stand der Technik. Diese fachlichen Ausführungen stellt der Antragsteller mit seinem Vortrag, es entstehe bei Windenergieanlagen bei höheren Windgeschwindigkeiten ein „nicht unerhebliches Geräusch“, wenn die Flügel der Anlage den Mast passierten, nicht substantiiert in Frage. Gerade diese Situation wird vielmehr mit der Wendung „Turmdurchgang des Rotorblattes“ in dem genannten Abschnitt der Schallimmissionsprognose in Bezug genommen.
36
Auch sonst entspricht es fachlicher Beurteilung, dass die durch die Drehbewegung der Rotorblätter erzeugte windkraftanlagentypische Geräuschcharakteristik in der Regel weder als ton- noch als impulshaltig einzustufen ist (vgl. die der Schallimmissionsprognose beigefügten „Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen“ der LAI; Stand Juni 2016, dort S. 4; vgl. auch Abschnitt 7.6 des Bayerischen Windenergieerlasses 2016 [BayWEE 2016]). Auf solche fachlichen Beurteilungen stützt sich auch die Rechtsprechung (vgl. VGH BW, B.v. 26.10.2021 – 10 S 471/21 – juris Rn. 17) bzw. sie nimmt an, dass es an einer hinreichend gesicherten fachlichen Beurteilung dazu fehle, für das typische charakteristische Geräusch von Windenergieanlagen einen allgemeinen Lästigkeitszuschlag zu vergeben (vgl. OVG NW, U.v. 5.10.2020 – 8 A 894/17 – juris Rn. 230 ff.; OVG RhPf, B.v. 30.7.2020 – 8 A 10157/20.OVG – juris Rn. 12).
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Insbesondere aber lässt sich der Schallimmissionsprognose entnehmen (S. 6 = Antragsunterlagen Bl. 158), dass gemäß der Dokumente zum vermessenen Schallleistungspegel des hier genehmigten Anlagentyps die prognostizierte Impulshaltigkeit 0 dB(A) beträgt. Da nach den Nebenbestimmungen zum Lärmschutz die Schallimmissionsprognose Bestandteil der Genehmigung ist (Nr. 2.1.2), darf es damit beim Betrieb der genehmigten Anlagen nicht zu impulshaltigen Geräuschen kommen. Sollte dies dennoch der Fall sein, wäre dies eine Frage der Anlagenüberwachung; für die hier in Rede stehende Frage, ob durch die angefochtene Genehmigung Rechte des Antragstellers verletzt werden, ist dies ohne Bedeutung (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.2019 – 22 B 17.124 – juris Rn. 27; NdsOVG, B.v. 12.7.2013 – 12 LA 174/12 – juris Rn. 24).
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1.1.6 Zu Unrecht bemängelt der Antragsteller, es sei „ein Sicherheitszuschlag von nur 2,5 dB(A) berücksichtigt“ worden. Die Schallimmissionsprognose enthält fachliche Ausführungen zur Herleitung des von ihr in dieser Höhe angesetzten Gesamtsicherheitszuschlags (S. 8 = Antragsunterlagen S. 160); ferner nimmt sie auch insoweit auf die „Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen“ der LAI Bezug, die der Prognose beigefügt sind und aus der sich weitere Erläuterungen zur Ermittlung derartiger Zuschläge ergeben (dort S. 4 ff. = Antragsunterlagen Bl. 173 ff.). Hiermit setzt sich der Antragsteller jeweils nicht auseinander. Im Übrigen darf der sich unter Berücksichtigung des von der Schallimmissionsprognose angesetzten Sicherheitszuschlags ergebende Schalleistungspegel von 106,6 dB(A) bei Betrieb der Windenergieanlagen nicht überschritten werden (Nebenbestimmung Nr. 2.1.3). Würde dieser Pegel etwa deshalb, weil der Sicherheitszuschlag zu niedrig angesetzt worden ist, dennoch überschritten, handelte es sich ebenfalls lediglich um eine Frage der Anlagenüberwachung, nicht der Rechtsverletzung durch den Genehmigungsbescheid.
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1.2 Ohne Erfolg macht der Antragsteller eine Rechtsverletzung wegen Schattenwurfs geltend.
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Nach der vom Antragsteller nicht substantiiert angegriffenen Schattenwurfprognose vom 10. August 2022 (Antragsunterlagen Bl. 180 ff., dort S. 6 = Antragsunterlagen Bl. 185) kommt es am Immissionsort A (H* … **) zu einer astronomisch maximal möglichen Beschattungsdauer von 41:38 Stunden pro Jahr und 0:28 Minuten pro Tag. Damit würden in Bezug auf die Stundenhäufigkeit die Kriterien der „Hinweise zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von Windenergieanlagen“ der LAI (maximal 30 Stunden pro Jahr; maximal 30 Minuten pro Tag) überschritten. Die Zugrundelegung dieser – auch im BayWEE 2016 (Abschnitt 7.8) als maßgeblich genannten – Kriterien ist in der Rechtsprechung des Senats sowie anderer Obergerichte anerkannt (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2015 – 22 CS 15.481 – juris Rn. 28; OVG NW, U.v. 22.11.2021 – 8 A 973/15 – juris Rn. 224 ff.; OVG Berlin-Bbg, B.v. 25.5.2021 – OVG 11 N 54.17 – juris Rn. 10; VGH BW, B.v. 20.7.2018 – 10 S 2378/17 – juris Rn. 26). Wegen der genannten Überschreitung schreibt der Genehmigungsbescheid der Beigeladenen in den Nebenbestimmungen Nrn. 2.2.3 ff. den Einbau einer Abschalteinrichtung vor, mit der überprüfbar und nachweisbar sicherzustellen ist, dass die realen Schattenwurf-Immissionen der Windenergieanlagen am Immissionsort H* … … den vorgenannten Richtwert nicht überschreiten. Damit ist die Einhaltung der Richtwerte für Schattenwurf auch für das Wohnanwesen des Antragstellers sichergestellt; dass dieses stärker durch Schattenwurf belastet sein könnte als der Immissionsort A ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
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1.3 Keine Rechtsverletzung ergibt sich für den Antragsteller aus den Auswirkungen der Befeuerungseinrichtungen der Windenergieanlagen. Durch die Nebenbestimmung, wonach deren Blinkfrequenzen untereinander zu synchronisieren sind (Nr. 2.3.1), werden diese Auswirkungen in Grenzen gehalten. Der Senat hat zudem bei vergleichbaren oder sogar geringeren Entfernungen eine Beeinträchtigung durch solche Einrichtungen – zumindest ohne konkrete fallbezogene Ausführungen, an denen es aber auch hier fehlt – verneint (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2016 – 22 ZB 15.2326 – juris Rn. 32; B.v. 16.12.2015 – 22 AS 15.40042 – juris Rn. 39: Entfernung zur nächst gelegenen WEA fast 1.200 m; B.v. 3.2.2009 – 22 CS 08.3194 – juris Rn. 13: Entfernung von etwa 700 m; vgl. auch OVG NW, U.v. 27.10.2022 – 22 D 64/21.AK – juris Rn. 62).
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1.4 Inwieweit sich Beeinträchtigungen des Antragstellers durch farbliche Markierungen auf den Rotorblättern ergeben sollten, erschließt sich – zumal bei der hier vorliegenden Entfernung der Anlagen vom Wohnanwesen des Antragstellers – nicht. Im Übrigen schreibt die Nebenbestimmung Nr. 2.3.3 vor, dass zur Vermeidung von Lichtreflexionen die Rotorblätter mit matten, nicht reflektierenden Farben matter Glanzgrade zu beschichten sind.
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2. Eine rechtserhebliche Beeinträchtigung des Antragstellers durch eine insbesondere von den Drehbewegungen der Rotoren verursachte optisch bedrängende Wirkung ist ebenfalls nicht erkennbar. Es kann offen bleiben, ob der am 1. Februar 2023 – und damit vor Genehmigungserteilung – in Kraft getretene § 249 Abs. 10 BauGB (vgl. Art. 2 Nr. 1, Art. 7 Satz 2 des Gesetzes zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht vom 4. Januar 2023, BGBl I Nr. 6 S. 1; hierzu Genehmigungsbescheid S. 35 f.) über seinen auf § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB bezogenen Wortlaut hinaus auch dann gilt, wenn Windenergieanlagen bauplanungsrechtlich – wie hier – nach § 30 BauGB genehmigt werden. Ebenso offen bleiben kann, ob, sollte der Bebauungsplan – wie der Antragsteller geltend macht – unwirksam sein, die Anlage – was der Antragsteller ebenfalls in Abrede stellt – § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nach Maßgabe von Art. 82 f. BayBO unterfällt. Denn schon bisher trat – unabhängig von der bauplanungsrechtlichen Einordnung der Anlage – nach einer auch in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Faustformel bei einer Entfernung einer Windenergieanlage von den betreffenden Grundstücken von mehr als dem Dreifachen der Anlagenhöhe regelmäßig keine optisch bedrängende Wirkung ein (vgl. etwa BayVGH, U.v. 10.7.2019 – 22 B 17.124 – juris Rn. 32 m.w.N.). Dass vorliegend bei einer Entfernung von – die Angabe des Antragstellers zugrunde gelegt – annährend dem Sechsfachen der Anlagenhöhe etwas anderes gelten könnte, ist weder vorgebracht noch ersichtlich.
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3. Der Antragsteller dringt auch nicht mit seinem Vortrag durch, es müsse auf die Gesamtbelastung aller Immissionen und sonstiger nachteiliger Auswirkungen abgestellt werden. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, geht das geltende Recht grundsätzlich davon aus, dass sich das Erfordernis, die Gesamtbelastung eines Schutzguts durch Immissionen zu berücksichtigen, grundsätzlich auf die einzelnen Immissionsarten beschränkt, während ihm eine „spartenübergreifende“ Betrachtungsweise fremd ist (vgl. BayVGH, B.v. 9.5.2016 – 22 ZB 15.2322 – juris 61; B.v. 10.12.2015 – 22 CS 15.2247 – juris Rn. 47; B.v. 13.10.2015 – 22 ZB 15.1186 – juris Rn. 67 ff.; aus der Literatur etwa Jarass, BImSchG, 14. Aufl. 2022, § 3 Rn. 23 [„durch eine bestimmte Immissionsart“]; Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Januar 2023, § 5 BImSchG Rn. 57 [„durch die jeweilige Immissionsart“]). Soweit der Senat in den vorstehend genannten Entscheidungen erwogen hat, eine zusammenschauende Würdigung der Betroffenheit, die sich aus einer Summation unterschiedlicher Arten von Umwelteinwirkungen ergebe, sei u. U. dann geboten, wenn ein Rechtsgut durch das Zusammentreffen solcher Umwelteinwirkungen bereits über das von Verfassungs wegen hinzunehmende Maß hinaus belastet sei, oder wenn diese verfassungsrechtliche Grenze durch das Zusammentreffen unterschiedlicher Arten von Umwelteinwirkungen erstmals überschritten werde (zurückhaltend OVG NW, B.v. 21.2.2020 – 8 A 3269/18 – juris Rn. 88), ergibt sich hieraus vorliegend nichts zu Gunsten des Antragstellers. In dieser Hinsicht fehlt es bereits an nach den nach § 6 Satz 1 UmwRG erforderlichen substantiierten Darlegungen in der Klagebegründung im Hauptsacheverfahren (vgl. BVerwG, B.v. 24.6.2021 – 9 A 11.20 – juris Rn. 4; U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 – juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 4.8.2022 – 22 A 20.40012 – juris Rn. 81). Für eine solche Situation ist auch nichts ersichtlich. Das Wohnanwesen des Antragstellers ist selbst zur Nachtzeit nur Lärmimmissionen ausgesetzt, die um mehr als 10 dB(A) unter den maßgeblichen Immissionsrichtwerten der TA Lärm liegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Maßstab der erheblichen Belästigung oder des erheblichen Nachteils i.S.d. § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG – und entsprechend Nr. 2.1, Nr. 3.2.1 TA Lärm der Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 TA Lärm (vgl. Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Nr. 2.1 TA Lärm Rn. 6) – unterhalb der Grenze liegt, ab der Immissionen z.B. durch Geräusche eine Gesundheitsgefahr darstellen oder die Nutzung eines Grundstücks in einer Weise einschränken, die mit der Gewährleistung privatnützigen Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht mehr zu vereinbaren ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.5.1991 – 7 C 19.90 – BVerwGE 88, 210 – juris Rn. 9; U.v. 30.9.1983 – 4 C 18.80 – juris Rn. 13). Vielmehr sichert die TA Lärm bereits einen Mindestwohnkomfort, der darin besteht, Fenster trotz der vorhandenen Lärmquellen öffnen zu können und eine natürliche Belüftung sowie einen erweiterten Sichtkontakt nach außen zu ermöglichen, ohne dass die Kommunikationssituation im Innern oder das Ruhebedürfnis und der Schlaf nachhaltig gestört werden können (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – BVerwGE 145, 145 – juris Rn. 24). Mithin liegt die Betroffenheit des antragstellerischen Wohnanwesens bereits in Bezug auf Lärmimmissionen derart weit von der verfassungsrechtlichen Unzumutbarkeitsschwelle entfernt, dass eine Summation mit anderen nachteiligen Einwirkungen – in Betracht kommen insoweit nach dem Vorstehenden allenfalls Beeinträchtigungen durch Schattenwurf, die allerdings lediglich tagsüber auftreten und durch die Vorgabe einer Abschalteinrichtung begrenzt werden – eine Überschreitung der verfassungsrechtlichen Unzumutbarkeitsschwelle nicht ansatzweise erkennen lässt.
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4. Eine Rechtsverletzung des Antragstellers ergibt sich auch nicht aus seinem Vortrag zu einem Verstoß gegen das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (zugleich Belang des Naturschutzes gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB, vgl. BVerwG, U.v. 21.11.2013 – 7 C 40.11 – juris Rn. 13) in Bezug auf Vogelarten.
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4.1 Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa BayVGH, U.v. 10.7.2019 – 22 B 17.124 – juris Rn. 36; U.v. 14.3.2017 – 22 B 17.12 – juris Rn. 40 ff.; B.v. 8.6.2015 – 22 CS 15.686 u.a. – juris Rn. 48) sowie weiterer Obergerichte (vgl. OVG NW, B.v. 21.2.2020 – 8 A 3269/18 – juris Rn. 31 f. m.w.N.; OVG RhPf, B.v. 8.5.2019 – 8 B 10483/19 – juris Rn. 26) besitzen die artenschutzrechtlichen Vorschriften – insbesondere § 44 BNatSchG – keinen drittschützenden Charakter. Hieran ändert der Hinweis des Antragstellers darauf nichts, er sei Eigentümer von Wiesen- und Ackerflächen im Nahbereich der Anlage. § 44 Abs. 1 BNatSchG betrifft das allgemeine ökologische Schutzziel des Erhalts der Artenvielfalt; aus den Tatbestandsmerkmalen der Norm lässt sich kein von der Allgemeinheit unterschiedener Personenkreis bestimmen (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2017 – 22 B 17.12 – juris Rn. 40).
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Der Antragsteller kann sich auch nicht etwa deshalb auf eine Verletzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berufen, weil eine Verletzung des Tötungsverbots als schädliche Umwelteinwirkung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB anzusehen wäre. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG rechnet vielmehr, wie ausgeführt, zu den Belangen des Naturschutzes gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. § 35 BauGB kommt aber nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu; der Nachbarschutz im Rahmen des § 35 BauGB ist vielmehr auf das Gebot der Rücksichtnahme, insbesondere das Gebot, dass das Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen darf (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB), beschränkt (vgl. BVerwG, B.v. 3.4.1995 – 4 B 47.95 – juris Rn. 2; U.v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 – juris Rn. 15). Zudem setzen schädliche Umwelteinwirkungen gem. § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen i.S.d. § 3 Abs. 2 BImSchG voraus. Vorliegend geht es jedoch nicht um eine Tötung besonders geschützter Arten durch Immissionen (also Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und dergleichen, vgl. § 3 Abs. 2 BImSchG), sondern durch eine Kollision mit den Windenergieanlagen (vgl. BayWEE 2016, Abschnitt 8.4.1 Buchst. c aa; spezielle artenschutzrechtliche Prüfung vom 26.7.2022 S. 46, S. 53). Schließlich wäre Schutzobjekt i.R.d. § 3 Abs. 2 BImSchG lediglich das Tier; ein Drittschutz zu Gunsten des Antragstellers ergibt sich hieraus nicht.
48
Mangels möglicher Verletzung von Rechten des Antragstellers kommt in Bezug auf einen möglichen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG auch die vom Antragsteller der Sache nach begehrte (inzidente) Feststellung der Nichtigkeit der Genehmigung (vgl. § 43 Abs. 1 Alt. 3 VwGO) nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung im Hauptsacheverfahren nicht in Betracht (vgl. BVerwG, B.v. 30.7.1990 – 7 B 71.90 – juris Rn. 4; VGH BW B.v. 26.5.2017 – 1 S 204/16 – juris Rn. 18).
49
4.2 Zudem setzt sich der Antragsteller weder mit der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vom 26. Juli 2022 (Antragsunterlagen S. 273 ff.), welche Teil des angefochtenen Genehmigungsbescheids ist (Nebenbestimmung Nr. 4.3.1), noch mit den im Genehmigungsbescheid artenschutzrechtlich begründeten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen (Nebenbestimmung Nr. 4.3.2 sowie unter Nr. 4.5) auseinander, und auch nicht mit den Ausführungen im Genehmigungsbescheid zur naturschutzfachlichen Prüfung, insbesondere des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (vgl. zu der aus § 6 Satz 1 UmwRG folgenden Pflicht zu einer solchen Auseinandersetzung BVerwG, U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – juris Rn. 12 m.w.N.).
50
Der Genehmigungsbescheid geht unter Bezugnahme auf die durchgeführten Untersuchungen zum Artenschutz davon aus, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für kollisionsgefährdete Vogelarten durch die Windenergieanlagen nicht gegeben ist, wenn die in der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vorgeschlagenen und in den genannten Nebenbestimmungen festgesetzten Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen sowie vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt werden (Genehmigungsbescheid S. 34). Gerade wegen der zwingenden Erforderlichkeit dieser Maßnahmen für die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens stellt der Genehmigungsbescheid bereits den Baubeginn unter die aufschiebende Bedingung, dass ein diesbezügliches Umsetzungskonzept vorzulegen und von der Unteren Naturschutzbehörde zu bestätigen ist; die vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen müssen darüber hinaus vor Baubeginn umgesetzt und von der Unteren Naturschutzbehörde abgenommen worden sein (Nr. III.1 des Genehmigungsbescheids). Namentlich mit den vom Antragsteller genannten Vogelarten Rotmilan und Seeadler hat sich die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung ausführlich befasst (vgl. saP S. 43 – 50 bzw. S. 51 – 55). Dabei war unter anderem der vom Antragsteller genannte BayWEE 2016 Grundlage der Beurteilung (vgl. saP S. 7). Dieser stellt im Übrigen nicht, wie der Antragsteller geltend macht, regelmäßig ein Tötungsrisiko für Rotmilan und Seeadler fest, sondern enthält betreffend die Prüfung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG differenzierte Vorgaben zum Vorgehen (Abschnitt 8.4.1 BayWEE 2016). Aus den vom Antragsteller ferner in Bezug genommenen „Abstandsempfehlungen“ der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten folgt nichts anderes. Diese werden vielmehr vom Bayerischen Windenergieerlass 2016 aufgegriffen (Abschnitt 8.4.1 Buchst. a und c aa) und sind wesentliche Grundlage für die vorzunehmende Einzelfallprüfung. Aus der Unterschreitung der dort (bloß) empfohlenen Abstände kann aber – schon mangels Rechtverbindlichkeit – nicht geschlossen werden, dass stets der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG erfüllt wäre.
51
Angesichts des Vorstehenden reichen die letztlich pauschalen Vorwürfe des Antragstellers, es fehle an einer fundierten Erhebung betreffend das tatsächliche Vorkommen geschützter Vogelarten und an einer dementsprechenden Bewertung des Tötungsrisikos, nicht aus, um eine Rechtswidrigkeit oder gar Nichtigkeit des Genehmigungsbescheids i.S.d. Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG zu begründen.
52
5. Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, die genehmigten Anlagen beeinträchtigten entgegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB Belange des Bodenschutzes und die natürliche Eigenart der Landschaft und verunstalteten das Landschaftsbild. § 35 Abs. 3 BauGB ist auch insoweit nicht drittschützend (vgl. oben 4.1). Hieran ändert nichts, dass der Antragsteller, wie er vorträgt, Eigentümer von Waldflächen ist. Sein Hinweis darauf, der Wald sei gem. Art. 1, 13 BayWaldG der Allgemeinheit als Erholungsraum zur Verfügung zu stellen, sowie auf die Regeln zur Bewirtschaftung des Waldes gem. Art. 14 BayWaldG verdeutlicht vielmehr, dass insoweit nicht der Schutz von Rechten gerade des Antragstellers inmitten steht (vgl. zum fehlenden Drittschutz des Art. 1 BayWaldG auch BayVGH, U.v. 7.5.2021 – 22 B 18.2189 u.a. – juris Rn. 62, Rn. 75; hierzu BVerwG, B.v. 19.10.2022 – 7 B 19.21 – juris Rn. 10).
53
Auch der Vortrag des Antragstellers, seit der Rodung der Flächen, auf denen die Windkraftanlagen errichtet werden sollen, sei es bereits zu erheblichen Beschädigungen des Waldbestandes auf einem seiner Grundstücke gekommen, lässt keine Rechtsverletzung erkennen. Eine etwaige Kausalität zwischen der angefochtenen Genehmigung und den geltend gemachten – ohnehin nicht substantiiert vorgebrachten – Beschädigungen ergibt sich schon aus dem Vortrag des Antragstellers nicht („seit“, nicht „wegen“). Für eine solche Kausalität ist – zumal bei der im Eilverfahren ausreichenden summarischen Prüfung – auch nichts erkennbar. Seit Erteilung der Genehmigung sind nur wenige Monate vergangen; die vom Antragsteller in Bezug genommenen Maßnahmen zur Umsetzung des Vorhabens oder zu dessen Vorbereitung dürften noch deutlich später stattgefunden haben. Zudem liegt nach den der Genehmigung zugrundeliegenden Plänen (vgl. Antragsunterlagen S. 39, S. 75) das vom Antragsteller genannte Waldgrundstück etwa 250 m von der nächstgelegenen Anlage (WEA 2) entfernt.
54
6. Die angefochtene Genehmigung verletzt auch nicht zu Lasten des Antragstellers „die gesetzlich geltenden Abstandsflächen“. Der Antragsteller macht insoweit geltend, der die Windenergieanlagen zulassende Bebauungsplan des Marktes W* … sei unwirksam, weil er Anlagen in einem Abstand von lediglich 0,4 H (also dem 0,4-fachen ihrer Höhe) statt, wie in Art. 82 Abs. 1 BayBO vorgesehen, von 10 H zulasse.
55
6.1 Mit seinem diesbezüglichen Vorbringen dringt der Antragsteller schon deshalb nicht durch, weil er Fragen der bauordungsrechtlichen Abstandsflächen (Art. 6 BayBO) und der Abstände nach Art. 82 ff. BayBO, die für die bauplanungsrechtliche Privilegierung einer Windenergieanlage gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB von Relevanz sind, vermengt. Der Antragsteller beachtet insbesondere nicht, dass Maßstab für die Einhaltung der Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO grundsätzlich das Baugrundstück ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 BayBO), während es für die Abstände i.S.d. Art. 82 ff. BayBO auf diejenigen zu den nächstgelegenen Wohngebäuden in Gebieten nach §§ 30, 34 BauGB bzw. Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB ankommt (Art. 82 Abs. 1, Art. 82a BayBO).
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Im Übrigen ist zu einer Verkürzung der jeweiligen Abstände folgendes zu bemerken:
57
Gem. Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO in der seit 1. Februar 2021 geltenden Fassung beträgt mittlerweile schon von Gesetzes wegen die Tiefe der Abstandsfläche regelmäßig 0,4 H (vgl. § 1 Nr. 2 c, § 12 Satz 1 des Gesetzes zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus vom 23.12.2020, GVBl S. 663). Soweit der Bebauungsplan – in der vom Antragsteller vorgelegten Fassung – eine Abstandsflächenverkürzung auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 7 Nr. 2 BayBO a.F. vornimmt, geht diese daher ins Leere.
58
Soweit in dem Bebauungsplan Windenergieanlagen zugelassen werden, die den Abstand von „10 H“ nach Art. 82 Abs. 1, Abs. 2 BayBO nicht einhalten, können Abwägungsfehler oder erhöhte Anforderungen an die Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) nicht allein aus diesem Grunde bestehen. Dies folgt schon daraus, dass die Öffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB (in der bis zum 13.8.2020 geltenden Fassung), auf der u.a. Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO beruhen, den Ländern keine Gesetzgebungskompetenz eröffnete, um Vorgaben für die gemeindliche Bauleitplanung zu treffen, insbesondere nicht für § 1 Abs. 7 und § 2 Abs. 3 BauGB (vgl. BayVerfGH, E.v. 9.5.2016 – Vf. 14-VII-14 u.a. – juris Rn. 191; BayVGH, B.v. 30.5.2017 – 22 ZB 17.169 – juris Rn. 15). Die Abstandsregelungen in Art. 82 Abs. 1 (und auch Art. 82a BayBO) betreffen vielmehr lediglich die bauplanungsrechtliche Privilegierung von Windenergieanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB.
59
6.2 Ohnehin kann die Wirksamkeit des Bebauungsplans – auch im Hinblick auf die vom Antragsteller angeführten Verstöße gegen den einschlägigen Regionalplan (vgl. § 1 Abs. 4, Abs. 7 BauGB) – dahinstehen. Denn der Antragsteller steht in Bezug auf zu seinem Schutz bestimmte Rechte i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht besser, wenn dieser unwirksam ist. Dies gilt sowohl in Bezug auf das Bauplanungswie auch auf das Bauordnungsrecht.
60
6.2.1 Bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans bestimmt sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Windenergieanlagen nach § 35 BauGB. Hierbei handelt es sich aber, wie ausgeführt, nicht um eine allgemein drittschützende Norm. Die sich aus § 35 BauGB ergebenden Rechte des Antragstellers in Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB) sowie das Gebot der Rücksichtnahme sind gewahrt (vgl. 1., 2.). Ob die Windenergieanlagen bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans den Abstand von „10 H“ gegenüber dem Wohngebäude des Antragstellers – unterstellt, es liegt in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gem. § 34 BauGB – nach Art. 82 Abs. 1 BayBO einhalten, ist unerheblich. Die „10 H“-Regelung ist nicht drittschützend. Sie betrifft – wie ausgeführt – lediglich die (rein objektiv-rechtliche) bauplanungsrechtliche Privilegierung einer Windenergieanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.2019 – 22 B 17.124 – juris Rn. 34; B.v. 28.7.2017 – 22 ZB 16.2119 – juris Rn. 8 ff.) und dient insbesondere nicht der Kompensation (vermeintlicher) immissionsschutzrechtlicher Defizite (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2016 – 22 ZB 15.2662 – juris Rn. 15 unter Verweis auf LT-Drs. 17/2137, S. 6 f.). Zudem führt der angefochtene Genehmigungsbescheid aus (S. 35), dass für die vorliegenden Windenergieanlagen die „10 H-Regelung“ des Art. 82 Abs. 1 BayBO nicht gilt, weil die Voraussetzungen nach Art. 82 Abs. 5 Nr. 6, Art. 82a BayBO erfüllt sind. Der sich aus Art. 82a BayBO ergebende Abstand von 1.000 m zum Wohngebäude des Antragstellers ist jedoch deutlich überschritten. Hiermit setzt sich der Antragsteller nicht auseinander.
61
6.2.2 Bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans würde – wie ausgeführt – nach Art. 6 Abs. 5 BayBO n.F. ebenfalls eine Abstandsflächentiefe von 0,4 H gelten. Selbst wenn auf die frühere Rechtslage mit dem abstandsflächenrechtlichen Erfordernis von 1 H abgestellt würde (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO a.F.), hätte der Antragsteller fristgerecht vortragen müssen (vgl. § 6 Satz 1 UmwRG), dass dann die Abstandsfläche einer der Windenergieanlagen auf einem seiner Grundstücke zu liegen käme. Dies ist nicht geschehen.
62
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 19.2., 2.2.2, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
63
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 GKG).