Inhalt

VGH München, Beschluss v. 18.07.2023 – 23 ZB 22.542
Titel:

Umfassendes Tierhaltungs- und Betreuungsverbot

Normenkette:
TierSchG § 2 Nr. 1, § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 3
Leitsätze:
1. Welche Form und Tiefe bzw. welchen Umfang die Dokumentation im Gutachten eines beamteten Tierarztes aufweisen muss, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt vom konkreten Einzelfall ab. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Leiden im tierschutzrechtlichen Sinn setzen nicht voraus, dass das Tier in schlechtem Allgemeinzustand, krank oder verletzt ist oder dass die Beeinträchtigung des Wohlbefindens nachhaltig ist. Notwendig, aber auch ausreichend für die Annahme von Leiden ist, dass das Wohlbefinden des Tieres über schlichtes Unbehagen, schlichte Unlustgefühle oder einen bloßen vorübergehenden Zustand der Belastung hinaus für eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne beeinträchtigt ist. (Rn. 11, 13 und 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Tierhaltungs- und Betreuungsverbot setzt weder voraus, dass Zuwiderhandlungen bzgl. aller gehaltenen oder betreuten Tiere begangen worden sind, noch, dass zuvor hinsichtlich sämtlicher betroffenen Tierarten und Haltungssysteme Einzelanordnungen nach § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TierSchG erlassen wurden. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Umstand, dass jemand wirtschaftlich auf die Tierhaltung angewiesen ist, rechtfertigt es auch angesichts von Art. 12 und 14 GG nicht, an ihn geringere Anforderungen als an andere Personen zu stellen und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf die Untersagung des Haltens von Tieren zu verzichten, wenn kein gleich geeignetes, milderes Mittel zur Beseitigung der Missstände und Leiden zur Verfügung steht. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Tierhaltungs- und Betreuungsverbot, Wiederholte Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen, Tierhaltung, Haltungsbedingungen, amtstierärztliches Gutachten, Verschmutzungsgrad, Rinderhaltung, Kaninchenhaltung, Geflügelhaltung, Leiden, Verhältnismäßigkeit
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 28.01.2022 – RN 4 K 21.1202
Fundstelle:
BeckRS 2023, 18999

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf Euro 5.000,-- festgesetzt.

Gründe

1
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2
I. Aus dem innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gemachten Vorbringen der Kläger, auf das sich die Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs beschränkt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), ergibt sich der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angegriffenen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 − BVerfGE 151, 173 <186> = juris Rn. 32 m.w.N.). Um ernstliche Zweifel entsprechend § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, muss sich die die Zulassung beantragende Partei substantiiert mit dem angefochtenen Urteil auseinandersetzen (vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2011 – 8 ZB 10.129 – juris Rn. 7 m.w.N.).
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Das Verwaltungsgericht, auf dessen Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen wird, hat die Klage gegen ein gegenüber den Klägern, die auf ihrem Hof Rinder, Hunde, Kaninchen und Geflügeltiere hielten, mit Bescheid des Beklagten vom 19. Mai 2021 angeordnetes Haltungs- und Betreuungsverbot von Tieren aller Art (Nr. 1 des Bescheids), hiermit korrespondierende Anordnungen der Fortnahme und Veräußerung von Tieren sowie der Bestandsauflösung (Nrn. 2 bis 5 des Bescheids) und Androhung von Zwangsgeldern sowie unmittelbaren Zwangs (Nrn. 7 bis 10 des Bescheids) abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die gegen die Anordnungen der Veräußerung und der Auflösung des Rinderbestands sowie die Androhung unmittelbaren Zwangs gerichtete Fortsetzungsfeststellungsklage erweise sich mangels eines berechtigten Interesses an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen als unzulässig. Die zulässige Anfechtungsklage gegen das Tierhaltungs- und -betreuungsverbot, die Anordnung der Fortnahme der gehaltenen Hunde, Kaninchen und Geflügeltiere sowie die Zwangsgeldandrohungen sei in der Sache unbegründet. Das in Nr. 1 des Bescheids ausgesprochene Haltungs- und Betreuungsverbot für Tiere aller Art stütze sich in rechtmäßiger Weise auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass die Kläger die Vorgaben des § 2 TierSchG wiederholt und grob verletzt und den Tieren so erhebliche und länger anhaltende Leiden zugefügt hätten. Insbesondere hätten die Kläger es – auch unter Berücksichtigung des Privatgutachtens des Tierarztes Dr. K. vom 23. Januar 2022 und dessen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung – nicht vermocht, die fachliche Einschätzung der beamteten Tierärzte hinsichtlich der bei der dem streitgegenständlichen Bescheid vorausgegangenen behördlichen Kontrolle am 24. März 2021 vorgefundenen Zustände zu entkräften. Im Übrigen habe die Rinderhaltung über Jahre hinweg nicht den tierschutzrechtlichen Vorgaben entsprochen, wodurch den artgemäßen Bedürfnissen der Tiere nicht Rechnung getragen worden sei. Das Verbot nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG setze nicht voraus, dass die Verstöße gegen tierschutzrechtliche Anforderungen alle gehaltenen oder betreuten Tiere beträfen, dass Feststellungen zur Entwicklung jedes einzelnen Tieres getroffen oder dass erhebliche oder länger anhaltende Leiden bei allen Tieren festgestellt würden. Dass das ausgesprochene Verbot nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspräche, sei insbesondere mit Blick auf die Vielzahl und den erheblichen Zeitraum, in dem Verstöße festgestellt worden seien, nicht zu erkennen. Die Behörde habe über Jahre hinweg als mildere Mittel Anordnungen auf Grundlage von § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 TierSchG erlassen, die aber keine nachhaltige Verbesserung gebracht hätten.
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Ernstliche Zweifel an der (Ergebnis-) Richtigkeit dieser Erwägungen sind nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO gemäß dargelegt.
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1. Die Auffassung der Kläger, das Verwaltungsgericht habe sich mit den Ausführungen des von ihnen als Beistand hinzugezogenen Tierarztes Dr. K. nicht hinreichend auseinandergesetzt, sondern dessen konkrete und detaillierte Einwendungen pauschal mit dem Hinweis auf die tatsächlichen Feststellungen der Amtstierärzte zurückgewiesen, was der richterlichen Kontrolldichte von Verwaltungsentscheidungen widerspreche, teilt der Senat nicht. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht die amtstierärztlichen Feststellungen und Einschätzungen in eingehender Auseinandersetzung mit den in der Zulassungsbegründung wiederholten Einwänden des Tierarztes Dr. K. als wissenschaftlich vertretbar und nachvollziehbar erachtet (UA S. 14 ff.), womit sich die Kläger ihrerseits im Zulassungsantrag nicht hinreichend substantiiert auseinandersetzen, sondern in der Sache im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholen.
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1.1. Die Kläger wenden zunächst ein, dass hinsichtlich der im Gutachten des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vom 30. April 2021 verwendeten Bezeichnungen für den Verschmutzungsgrad der Tiere keine objektiv nachvollziehbaren Kriterien ersichtlich seien. So könne man das Ausmaß an Verschmutzungen bei den einzelnen Tieren anhand von Begriffen wie „stark“, „deutlich“ oder „hohe Anzahl“ nicht einordnen. Es handele sich vielmehr um subjektive Eindrücke; gerade Amtstierärzte müssten sich jedoch daran messen lassen, dass sie validierbare und nachzuvollziehende Kriterien für ihre Bewertungen anwenden.
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Das Verwaltungsgericht hat es als unschädlich bezeichnet, dass im vorliegenden Fall eine Einordnung des Verschmutzungsgrads der Tiere in einen bestimmten Score, wie durch den Tierarzt Dr. K. gefordert, nicht erfolgt war. Anhaltspunkte dafür, dass die Frage der Tierschutzrelevanz durch die beamteten Tierärzte deshalb fachlich unzutreffend beurteilt worden wäre, ergäben sich daraus nicht. Soweit der Tierarzt Dr. K. anhand der angefertigten Lichtbilder eine eigene Beurteilung vorgenommen habe, habe er sowohl in seinen schriftlichen Ausführungen als auch in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass eine solche anhand der vorgelegten Lichtbilder an sich nicht ordnungsgemäß habe erfolgen können. Diese sei damit nicht geeignet, die Feststellungen der beamteten Tierärzte in Frage zu stellen. Die Behörde sei auch nicht verpflichtet gewesen, zu „Beweiszwecken“ jede ihrer Feststellungen detailliert auch fotografisch festzuhalten, um anhand dessen eine exakte (nochmalige) Bestimmung zu ermöglichen (UA S. 15).
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Hiergegen ist nichts zu erinnern. Welche Form und Tiefe bzw. welchen Umfang die Dokumentation im Gutachten eines beamteten Tierarztes aufweisen muss, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt vom konkreten Einzelfall ab. Ein verwertbares und nachvollziehbares Gutachten eines Amtsveterinärs setzt daher auch nicht stets voraus, dass sämtliche Feststellungen umfassend bildlich oder per Videoaufzeichnung dokumentiert sind. Vielmehr sind je nach Sachlage in Zusammenschau mit visuell dokumentierten Feststellungen auch textliche Schilderungen ausreichend, wenn sie entweder bereits für sich genommen oder gerade im Zusammenhang mit den visuellen Feststellungen plausibel und nachvollziehbar sind. Vorliegend ist die durchaus differenziert erfolgte Einschätzung der beamteten Tierärzte, dass einige Tiere übermäßig verschmutzt waren, während andere als sauber oder nur leicht verschmutzt begutachtet wurden, anhand der Feststellungen im Gutachten des LGL vom 30. April 2021 nachvollziehbar. So waren demnach einige Tiere in den Gruppenboxen A2 und A3 (Stall 1; die Benennung und Zuordnung der Haltungseinrichtungen erfolgt unter Zugrundelegung der Skizze auf S. 2 des LGL-Gutachtens), in E1 und E2 (Tretmiststall 2), im Abteil F (Stall 3) sowie einige Milchkühe nicht nur an den Karpalgelenken, sondern auch am Bauch und teilweise auch an der Brust deutlich verschmutzt (teils mit Plattenbildung), was darauf zurückzuführen war, dass wegen einer zu feuchten und mit Kot verschmutzten Einstreu nicht allen Tieren ein ausreichend großer trockener und sauberer Liegebereich zur Verfügung stand. Im Übrigen stellten die Amtstierärzte ausweislich des LGL-Gutachtens bei einzelnen Tieren bereits haarlose Stellen durch abgefallene Kotplatten fest. Dafür, dass die das Gutachten erstellenden beamteten Tierärzte fachlich nicht ausreichend qualifiziert zur Beurteilung der Verschmutzungen der Tiere und der Haltungsbedingungen waren, bestehen keine Anhaltspunkte.
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Die fachliche Einschätzung, dass die vorgefundenen Haltungsbedingungen und der darauf zurückzuführende Verschmutzungsgrad einiger Tiere hinter den Anforderungen des § 2 Nr. 1 TierSchG zurückbleiben, wird auch nicht durch den Vortrag der Kläger, wonach Verschmutzungen des Fells bei Rindern für sich genommen das Wohlbefinden der Tiere nicht beeinträchtigten, zumal Tiere, die auf der Weide gehalten würden, gerade bei hohen Temperaturen von sich aus flache Wasserstellen oder Kuhlen aufsuchten, was zu Verschmutzungen des Fells führen könne, in Zweifel gezogen. Nach der Bayerischen Tierschutzleitlinie für die Haltung von Mastrindern und Mutterkühen sowie der Niedersächsischen Tierschutzleitlinie für die Milchkuhhaltung, denen vorliegend als sog. antizipierten Sachverständigengutachten Beachtung im Rahmen der Konkretisierung der aus der Generalklausel des § 2 TierSchG folgenden Anforderungen zukommt (vgl. NdsOVG, B.v. 29.7.2019 – 11 ME 218/19 – juris Rn. 6 f.), dürfen Rinder unabhängig von der Art der jeweiligen Haltungseinrichtung nicht mehr als unvermeidbar mit Harn und Kot in Berührung kommen. Die Liegeflächen müssen möglichst trocken und rutschfest und die Tiere in der Lage sein, sich sauber halten zu können. Zu nasse Liegeflächen werden von Rindern gemieden und können daher zu einer Verkürzung der für die Wiederkauaktivität wichtigen Liegezeiten führen, weiterhin führen rutschige Böden zu einer Reduzierung der Aufsteh- und Abliegevorgänge. Ein kotverschmutztes Fell leistet Parasitenbefall Vorschub und kann zu Hauterkrankungen führen. Dadurch werden Gesundheit und Wohlbefinden der Tiere erheblich beeinträchtigt. Übermäßiger Kotbehang ist nicht zu akzeptieren und deutet auf mangelhafte Haltungsbedingungen hin (vgl. Bayerische Tierschutzleitlinie, Kap. 5 und Anlage 2; Niedersächsische Tierschutzleitlinie, Kap. 5.7, 5.8 und 6).
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Soweit die Kläger geltend machen, die Verschmutzungen des Fells hätten bei den Rindern kein Leiden ausgelöst und die Behauptung des Beklagten, die Rinder seien über Monate und Jahre hinweg übermäßig mit Kot verunreinigt gewesen, sei unzutreffend, weil die beamteten Tierärzte anderenfalls bei ihren zahlreichen Kontrollen gesundheitliche Folgen wie Hautausschläge oder Siechtum hätten feststellen müssen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Leiden im tierschutzrechtlichen Sinn nicht voraussetzen, dass das Tier in schlechtem Allgemeinzustand, krank oder verletzt ist (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2016 – 9 CS 16.539 – juris Rn. 23 m.w.N.) oder dass die Beeinträchtigung des Wohlbefindens nachhaltig ist (BGH, U.v. 18.2.1987 – 2 StR 159/86 – NJW 1987, 1833, 1834 f; ebenso VGH BW, U.v. 15.12.1992 – 10 S 3230/91 – NuR 1994, 488; OLG Düsseldorf, B.v. 20.4.1993 – 5 Ss 171/92 – 59/92 I – NuR 1994, 517). Notwendig, aber auch ausreichend für die Annahme von Leiden ist, dass das Wohlbefinden des Tieres über schlichtes Unbehagen, schlichte Unlustgefühle oder einen bloßen vorübergehenden Zustand der Belastung hinaus für eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne beeinträchtigt ist (vgl. BGH, U.v. 18.2.1987 – a.a.O.; VGH BW, B.v. 3.11.2004 – 1 S 2279/04 – RdL 2005, 55; B.v. 15.12.1992 – a.a.O.; Hirt/Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz, 4. Aufl. 2023, § 1 Rn. 19 ff.). Auf eine etwaige Behauptung des Beklagten, die Rinder seien „über Monate und Jahre hinweg übermäßig mit Kot verunreinigt gewesen“, kommt es für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die Haltungsbedingungen oder die Verschmutzungen der Tiere bereits zu Hautkrankheiten geführt haben. Zum einen ist vor dem Hintergrund der referierten Ausführungen in den einschlägigen Tierschutzleitlinien die Einschätzung der beamteten Tierärzte, dass dem Ruheverhalten und -bedürfnis einiger Tiere durch die Verschmutzungen ihres Aufenthaltsbereichs nicht ausreichend Rechnung getragen wurde, nachvollziehbar. Zum anderen steht nach Lage der Akten zur Überzeugung des Senats fest, dass die Haltungsbedingungen auf dem Betrieb der Kläger betreffend die Sauberkeit der Liegeflächen nicht nur bei der Kontrolle am 24. März 2021, sondern wiederholt nicht den Anforderungen des § 2 Nr. 1 TierSchG entsprochen haben (vgl. nur den Beschluss des Senats v. 1.12.2022 – 23 ZB 22.450 – Rn. 16 sowie die Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand des angegriffenen Urteils), und dass weitere Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen begangen wurden (s. dazu auch sogleich). In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Verbot der Tierhaltung und -betreuung im Fall zahlreicher, fortgesetzter und wiederholter Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen und Anordnungen bereits dann gerechtfertigt ist, wenn die (bloße) Gefahr besteht, dass den Tieren andernfalls erhebliche oder länger anhaltende Leiden zugefügt werden (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2017 – 9 CS 17.456 – juris Rn. 16; B.v. 6.11.2017 – 9 C 17.328 – juris Rn. 7; NdsOVG, U.v. 20.4.2016 – 11 LB 29/15 – juris Rn. 51 m.w.N.; Hirt/Maisack/Moritz/Felde, a.a.O., § 16a Rn. 47 m.w.N.). Mit anderen Worten musste der Beklagte nicht sehenden Auges zuwarten, bis den Rindern, nachdem zahlreiche behördliche Kontrollen und weniger belastende Einzelanordnungen nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung der Tierhaltung der Kläger geführt hatten, erhebliche oder länger anhaltende Leiden zugefügt sein würden (vgl. hierzu VGH BW, B.v. 24.4.2002 – 1 S 1900/00 – VBlBW 2002, 388 = juris Rn. 10; HessVGH, B.v. 24.4.2006 – 11 TG 677/06 – NuR 2007, 54 = juris Rn. 26).
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1.2. Des Weiteren wenden die Kläger ein, die Schwere der bei einzelnen Tieren festgestellten Lahmheiten sei ebenfalls nicht nach objektiven Kriterien eingeordnet und deren Ursache nicht näher geprüft worden; überdies sei die Aussage im LGL-Gutachten vom 30. April 2021, dass Lahmheiten Ausdruck von Schmerzen seien, ausweislich des Gutachtens von Dr. K. fachlich unzutreffend.
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Ob Lahmheiten bei Rindern stets Ausdruck von Schmerzen sind, kann allerdings offen bleiben, da sie als Abweichung vom körperlichen Normalzustand das Wohlbefinden des Tieres über schlichtes Unbehagen, schlichte Unlustgefühle oder einen bloßen vorübergehenden Zustand der Belastung hinaus für eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne beeinträchtigen und damit jedenfalls dem tierschutzrechtlichen Leidensbegriff unterfallen. Dass die Schwere der festgestellten Lahmheiten durch die Amtstierärzte nicht nach objektiven Kriterien beurteilt worden sei, ist nicht zutreffend. Im Gutachten des LGL vom 30. April 2021 wird ausgeführt, dass im Rahmen der Kontrolle sechs mittel- bis hochgradig lahme Kühe vorgefunden worden seien, wobei die Lahmheiten überwiegend in einen bestimmten Score nach einem verbreiteten Bewertungssystem (Bewertungssystem nach Sprecher) eingeordnet wurden (s. LGL-Gutachten S. 39, Schriftsatz des Beklagten v. 26.1.2022 S. 5, UA S. 16).
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Soweit die Kläger rügen, die Ursache der festgestellten Lahmheiten sei nicht geprüft worden, hätte es ihnen als Tierhalter oblegen darzulegen, dass ihnen die Lahmheiten bekannt waren, Behandlungsversuche bereits stattgefunden hatten und eine (weitere) Behandlung nicht erforderlich bzw. erfolgversprechend war, die Lahmheiten mithin unvermeidbar waren. Die einschlägigen Leitlinien sehen zwingend vor, dass das Befinden der Rinder bei Stallhaltung mindestens zweimal täglich durch direkte Inaugenscheinnahme überprüft wird (Bayerische Tierschutzleitlinie, Kap. 3. „Tierkontrolle“, S. 9 f.; Niedersächsische Tierschutzleitlinie, Kap. 3, S. 9 f.; vgl. darüber hinaus auch § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TierSchNutztV, wonach sicherzustellen ist, dass das Befinden der Tiere mindestens einmal täglich durch direkte Inaugenscheinnahme überprüft wird). Das Ergebnis der täglichen Überprüfung der Tiere sowie alle medizinischen Behandlungen sind täglich und „unverzüglich“ zu dokumentieren (§ 4 Abs. 2 Satz 1 TierSchNutztV). Erforderlich ist zumindest eine einfache tägliche Aufzeichnung, bei der z.B. ein Tag ohne Eintrag als ein Tag ohne Auffälligkeiten bei der Inaugenscheinnahme definiert wird (Bayerische Tierschutzleitlinie, Kap. 3. „Tierkontrolle“, S. 9 f.). Eine bereits durchgeführte Behandlung bzw. nicht mehr gegebene weitere Behandelbarkeit der Lahmheiten wurde seitens der Kläger allenfalls hinsichtlich einer Kuh dargelegt, bei der die Lahmheit dem Gutachten des Dr. K. zufolge auf eine ältere, schon verheilte Hüft- oder Kniegelenksverletzung zurückzuführen sei. Die durch die Amtsveterinäre bei der Kontrolle am 24. März 2021 vorgefundenen Lahmheiten zeigen vor diesem Hintergrund, dass die Kläger ihrer täglichen Kontrollpflicht offenbar nicht nachgekommen sind.
15
Soweit das Zulassungsvorbringen die Beurteilung der Amtsveterinäre hinsichtlich der festgestellten Lahmheiten in Zweifel zieht, weil Tierarzt Dr. K. etwa acht Wochen nach der Kontrolle bei den betreffenden Rindern weder eine Lahmheit noch eine kürzlich durchgeführte Klauenpflege oder Behandlung habe feststellen können, setzt sich die Klagepartei inhaltlich nicht hinreichend mit den Erwägungen und Feststellungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil auseinander und erhebt hiergegen auch keine Verfahrensrügen. Demnach hat die beamtete Tierärztin in der mündlichen Verhandlung – von den Klägern unwidersprochen – ausgeführt, dass im Nachgang zu der Kontrolle am 24. März 2021 eine tierärztliche Abklärung stattgefunden und der behandelnde Tierarzt ebenfalls die Notwendigkeit einer Klauenpflege sowie das Vorliegen von Lahmheiten mit dem Erfordernis einer Diagnostik bestätigt habe. Dass der Tierarzt Dr. K. am 28. Mai 2021 eine Lahmheit überwiegend nicht (mehr) habe feststellen können, vermöge die Einschätzung der beamteten Tierärzte bei der Vor-Ort-Kontrolle am 24. März 2021 vor diesem Hintergrund nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen (UA S. 16 f.).
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1.3. Des Weiteren wenden die Kläger ein, Tierarzt Dr. K. habe mit Verweisen auf einschlägige Fachliteratur plausibel dargelegt, dass die von den Klägern gehaltenen Rinder nicht an einer mangelnden Versorgung mit Trinkwasser gelitten hätten, zumal sich dies sowohl am Ernährungszustand als auch bei der Milchleistung der Kühe hätte zeigen müssen.
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Dieser Einwand verkennt zunächst erneut, dass länger anhaltende Leiden im tierschutzrechtlichen Sinn nicht erst dann vorliegen, wenn es bereits zu Schäden oder Erkrankungen gekommen ist oder wenn die Beeinträchtigung des natürlichen Wohlbefindens nachhaltig ist oder bereits zu einem schlechten Allgemeinzustand des Tieres geführt hat, und dass die Gefahr solcher Leiden ausreicht, wenn Gebote gemäß § 2 TierSchG für einen längeren Zeitraum oder fortgesetzt verletzt wurden (s.o.). Die Wasserversorgung wurde vorliegend nicht nur bei der streitgegenständlichen amtlichen Kontrolle am 24. März 2021, sondern nach Aktenlage bereits mehrfach seit 2011 behördlich beanstandet – in der jüngeren Vergangenheit bei den Kontrollen am 16. Oktober 2019 (vgl. Beschluss des Senats v. 1.12.2022 – 23 ZB 22.450 – Rn. 13 und 17), 6. November 2019 und 5. März 2020. Im Übrigen haben das Verwaltungsgericht und der Beklagte zurecht auch darauf abgestellt, dass eine verhaltensgerechte Unterbringung im Sinne des § 2 Nr. 1 TierSchG erfordert, dass die Tiere nicht nur ihren Mengenbedarf an Wasser decken, sondern als „Saugtrinker“, die bevorzugt von einer freien Wasseroberfläche saufen und bis zu zehnmal täglich trinken, auch jederzeit und uneingeschränkt Wasser verhaltensgerecht aufnehmen können (vgl. Bayerische Tierschutzleitlinie für die Haltung von Mastrindern und Mutterkühen, Kap. 9 und Anlage 2; Niedersächsische Tierschutzleitlinie für die Milchkuhhaltung, Kap. 11).
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In dem Gutachten der Amtsveterinäre wird in nachvollziehbarer Weise festgestellt, dass im Zeitpunkt der Kontrolle am 24. März 2021 nicht für sämtliche Tiere eine artgerechte Wasserversorgung gewährleistet war, so dass den Anforderungen des § 2 Nr. 1 TierSchG auch insoweit nicht vollständig entsprochen wurde. So hatten ausweislich des LGL-Gutachtens vom 30. April 2021 drei Kälber in der Gruppenbox A1 in Stall 1, die zwischen vier und fünf Monate alt waren, ihren Wasserbedarf aus einer Schalentränke zu decken, die nur eine Durchflussrate von 1,2 Liter aufwies (Gutachten des LGL v. 30.4.2021, S. 4). Einem zwei Monate alten Kalb in Einzelhaltung (Box D an der Stirnseite von Stall 1) stand lediglich stark verschmutztes Wasser zur Verfügung, da die Tränke niedrig angebracht war, so dass das Kalb versehentlich Kot darin absetzen konnte (Gutachten des LGL S. 18). Nach § 11 Nr. 4 TierSchNutztV hat der Tierhalter sicherzustellen, dass jedes über zwei Wochen alte Kalb jederzeit Zugang zu Wasser in ausreichender Menge und Qualität hat. Dass das stark verschmutzte Wasser in Abteil D diesen Vorgaben nicht entsprach, ist unmittelbar einsichtig. Aber auch die Einschätzung der beamteten Tierärzte, dass eine Schalentränke mit einer Durchflussrate von 1,2 Litern nicht geeignet ist, eine artgerechte Wasseraufnahme für Kälber im Alter von vier bis fünf Monaten zu gewährleisten, ist für den Senat nachvollziehbar und wird durch die Aussage im Gutachten des Dr. K., es bestehe keine Notwendigkeit, für Kälber groß dimensionierte Tränken vorzuhalten, da eine Untersuchung aus Leipzig gezeigt habe, dass die Wasseraufnahme bei Kälbern in der ersten Lebenswoche kaum über einen Liter hinausgehe und auch in den beiden darauffolgenden Lebenswochen im Mittel nur ein bis zwei Liter je Tag aufgenommen würden, schon mit Blick auf das Alter der Kälber von vorliegend vier bis fünf Monaten nicht ernsthaft in Zweifel gezogen. Die Amtsveterinärinnen des LGL haben in ihrem Gutachten hierzu ausgeführt, Kälber mit einem Gewicht von 180 kg tränken bei wärmeren Umgebungstemperaturen mehr als 20 Liter am Tag und zu der in § 2 TierSchG geforderten verhaltensgerechten Unterbringung gehöre, dass die Tiere nicht nur ihren Bedarf an Wasser decken, sondern auch ihr Bedürfnis nach Wasseraufnahme jederzeit befriedigen könnten. In der Literatur seien keine Durchflussraten für Schalentränken bei Kälbern genannt, jedoch müsse so viel Wasser nachfließen, dass die Tiere ihr Verhalten als Saugtrinker ausleben und mehrere Liter in einem Aufnahmevorgang trinken könnten, was vorliegend aufgrund der unzureichenden Durchflussrate nicht möglich gewesen sei (Gutachten des LGL v. 30.4.2021, S. 45).
19
Des Weiteren wurde ausweislich des LGL-Gutachtens vom 30. April 2021 festgestellt, dass die Durchflussrate der Schalentränke in der Strohbucht (F) in Stall 3, in der zwei Kühe untergebracht waren, nur vier Liter betrug (s. Gutachten des LGL, S. 25). Soweit der Tierarzt Dr. K. hiergegen einwendet, die tatsächliche Durchflussrate der Tränke im Stall F habe bei seiner Besichtigung am 28. Mai 2021 etwa sieben bis acht Liter pro Minute, also doppelt so viel betragen, hat bereits das Verwaltungsgericht zurecht darauf hingewiesen, dass dies keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit bzw. Durchflussrate bei der amtlichen Kontrolle am 24. März 2021 zulässt (UA S. 16). Anhaltspunkte dafür, dass die Durchflussrate der Tränken durch die beamteten Tierärzte bei der Kontrolle am 24. März 2021 nicht sachgemäß überprüft worden wäre, ergeben sich nicht, zumal die Amtsveterinäre hinsichtlich anderer Tränken eine ausreichende Durchflussrate und volle Funktionsfähigkeit festhielten. Dass die festgestellte Durchflussrate der Schalentränke von vier Litern pro Minute seitens der Amtsveterinäre als nicht den Vorgaben des § 3 Abs. 2 Nr. 2 TierSchNutztV entsprechend erachtet wurde, wonach Haltungseinrichtungen mit Fütterungs- und Tränkeinrichtungen ausgestattet sein müssen, die so beschaffen und angeordnet sind, dass jedem Tier Zugang zu einer ausreichenden Menge Futter und Wasser gewährt wird, steht im Einklang mit den einschlägigen Leitlinien. Laut den Niedersächsischen Tierschutzleitlinien für die Milchkuhhaltung muss die Durchflussrate bei Schalentränken für Kühe mindestens zehn Liter pro Minute betragen (Kap. 11). Die Bayerische Tierschutzleitlinie für die Haltung von Mastrindern und Mutterkühen sieht für Schalentränken eine Durchflussrate von mindestens fünf Litern pro Minute vor; empfohlen werden zehn bis 20 Liter pro Minute (Kap. 9, Tab. 7). Abgesehen hiervon war der Kläger zu 1) bereits mit zum Zeitpunkt der Kontrolle am 24. März 2021 und des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids sofort vollziehbarem Bescheid vom 30. Oktober 2019 verpflichtet worden, dafür Sorge zu tragen, dass allen Rindern im Alter von über sechs Monaten jederzeit Wasser in ausreichender Menge (Durchflussrate mind. 10 Liter pro Minute) und Qualität zur Verfügung steht, und die Tränken bzw. das Tränkesystem mindestens einmal täglich auf ihre Funktionsfähigkeit zu überprüfen (4.16 und 4.17 des Bescheids v. 30.10.2019; der hiergegen unter dem Az. RN 4 S 20.3058 gestellte Eilantrag war mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 11.2.2021 abgelehnt worden). Der Kläger zu 1) hat daher auch gegen eine vollziehbare Anordnung nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG verstoßen.
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Schließlich schätzten die beamteten Tierärzte die Anzahl der Tränken in dem zum Zeitpunkt der Kontrolle mit 31 Tieren (30 Kühe und einem Stier) belegten Zweiraumtretmiststall G gemessen an dessen Belegung als zu niedrig ein. Die Anzahl der Tränken entsprach demnach nicht den Vorgaben des § 3 Abs. 2 Nr. 2 TierSchNutztV, wonach Haltungseinrichtungen mit Tränkeinrichtungen ausgestattet sein müssen, die so beschaffen und angeordnet sind, dass jedem Tier Zugang zu einer ausreichenden Menge Wasser gewährt wird und Auseinandersetzungen zwischen den Tieren auf ein Mindestmaß begrenzt werden. Zu der in § 2 TierSchG geforderten verhaltensgerechten Unterbringung gehöre, dass die Tiere nicht nur ihren Bedarf an Wasser decken, sondern auch ihr Bedürfnis nach Wasseraufnahme jederzeit befriedigen könnten, was in dem Abteil nicht sichergestellt gewesen sei. In Publikationen der DLG (Merkblatt 399) würden für 21-40 Tiere drei Tränken verlangt und in den Niedersächsischen Tierschutzleitlinien für die Milchkuhhaltung werde gefordert, dass bei ausschließlich Schalentränken mindestens eine Tränke für sieben Kühe zur Verfügung steht (Kap. 11). Da es sich im Abteil um Ventiltrogtränken mit einer etwas besseren Verfügbarkeit des Wassers als bei Schalentränken handele, werde eine Tränke für zehn Kühe als angemessen erachtet. In dem Abteil G wäre somit mindestens eine weitere Tränke nötig gewesen (Gutachten des LGL v. 30.4.2021, S. 46). Diese Einschätzung ist nachvollziehbar und wird klägerseits auch nicht konkret angezweifelt.
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2. Im Übrigen blendet das Zulassungsvorbringen aus, dass bei der streitgegenständlichen Kontrolle am 24. März 2021 neben den bereits dargestellten Mängeln weitere Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen festgestellt wurden, welche in ähnlicher Art und Weise auch bereits in der Vergangenheit aufgetreten waren.
22
So waren die Kälber teils ohne Raufutter, was gegen § 11 Nr. 6 TierSchNutztV verstößt, wonach Kälbern spätestens vom achten Lebenstag an Raufutter oder sonstiges rohfaserreiches strukturiertes Futter zur freien Aufnahme angeboten werden muss. Um eine physiologische Entwicklung der Ausbildung des komplizierten Vormagensystems eines Kalbes zu gewährleisten, ist die freie Aufnahme von Raufutter oder sonstigem rohfaserreichen strukturierten Futter unerlässlich. Des Weiteren dient ein ständiges Raufutterangebot der Beschäftigung der Tiere und wirkt einem gegenseitigen Besaugen der Kälber untereinander (Stereotypie) entgegen (vgl. BR-Drs. 317/2001, S. 4). Bei der Zuwiderhandlung gegen § 11 Nr. 6 TierSchNutztV handelt es sich um einen wiederholten Verstoß (vgl. Beschluss des Senats v. 1.12.2022 – 23 ZB 22.450 – Rn. 3 und Rn. 17 zur Kontrolle am 16.10.2019; Schreiben des Veterinäramts v. 15.11.2019 und v. 28.1.2020 zu den Kontrollen am 6.11.2019 und 14.1.2020).
23
Zwei Kälber wurden entgegen § 6 Abs. 4 TierSchNutztV ohne Sicht- und Berührungskontakt zu anderen Kälbern gehalten, wobei es sich ebenfalls um einen wiederholten Verstoß handelt (vgl. nur Beschluss des Senats v. 1.12.2022 – 23 ZB 22.450 – Rn. 3 und Rn. 17 zur Kontrolle am 16.10.2019).
24
Des Weiteren ist die im Gutachten des LGL vom 30. April 2021 niedergelegte Einschätzung, dass zwei Abteile sowie der Milchvieh-Tretmiststall überbelegt waren (s. Gutachten des LGL, S. 46 f), anhand der dort genannten sachverständigen Äußerungen in Gestalt der Leitlinien ebenfalls nachvollziehbar. Hinsichtlich der Tiere im Tretmiststall hat der Kläger dabei zugleich gegen die sofort vollziehbare Anordnung in Nr. 4.3 des Bescheids vom 30. Oktober 2019 verstoßen. Auch diesbezüglich handelt es sich nach Lage der Akten um einen wiederholten, auch in der jüngeren Vergangenheit festgestellten Verstoß (vgl. Schreiben des Veterinäramtes vom 23.1.2020 zur Kontrolle am 14.1.2020; Schreiben des Veterinäramtes vom 20.3.2020 zur Kontrolle am 5.3.2020).
25
Darüber hinaus wurden – wie bereits in zurückliegenden Kontrollen (vgl. Berichte über die Kontrollen am 6. März 2017 und 5. März 2020) – verschiedene Mängel an den Haltungseinrichtungen festgestellt, die Verletzungsgefahren für die Rinder zur Folge hatten. Dadurch wurde gegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 TierSchNutztV verstoßen, wonach Haltungseinrichtungen nach ihrer Bauweise, den verwendeten Materialien und ihrem Zustand so beschaffen sein müssen, dass eine Verletzung oder sonstige Gefährdung der Gesundheit der Tiere so sicher ausgeschlossen wird, wie dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Laut dem LGL-Gutachten vom 30. April 2021 standen im Abteil A3 am oberen Ende der Heuraufe eine dünne Eisenstange sowie an der Boxabtrennung ein Metallstab ab, welche für die dort untergebrachten Jungtiere eine erhebliche Verletzungsgefahr im Bereich des Kopfes bedeuteten. Im Abteil B1 bestand für das darin untergebrachte Kalb ebenfalls eine Verletzungsgefahr im Bereich des Kopfes durch eine hervorstehende spitze Schraube an der vorderen Begrenzung der Box sowie einen abstehenden Metallstab. Am Eingang des Zweiraum-Tretmiststalls G wurde ein ca. 7x14 cm großes Loch in der Abflussrinne festgestellt, welches die Gefahr barg, dass sich Rinder mit der Klaue darin verfangen und sich Verletzungen zuziehen. Des Weiteren war an dem schmalen Gang des Melkstandausgangs ein Metallpfosten angebracht, der schräg in den Gang hineinstand und aus dem Schrauben herausstanden. Der Pfosten war an der oberen Kante blank gescheuert, was auf einen regelmäßigen Kontakt mit den Kühen hinwies. Im Liegebereich in der Nähe des Melkroboters standen mehrere hüfthohe Pfosten mit teilweise spitzen Kanten.
26
Schließlich wurden neun Kühe mit zu langen Klauen festgestellt. Die Amtsveterinärinnen führen in ihrem Gutachten hierzu in nachvollziehbarer Weise aus, dass dies zu einer permanenten Überbelastung der Beugesehnen und Bänder und in der Folge zu schweren Klauen- und Gelenkerkrankungen führen kann (LGL-Gutachten v. 30.4.2021, S. 48).
27
All diese Feststellungen zieht das Zulassungsvorbringen nicht in Zweifel. Die dargestellten Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen erreichen vor dem Hintergrund ihres wiederholten Auftretens und in Zusammenschau mit den ebenfalls wiederholt festgestellten Mängeln bei der Hygiene und Wasserversorgung (s.o.) die für ein Eingreifen auf der Grundlage des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG erforderliche Erheblichkeit und rechtfertigten die behördliche Prognose künftiger Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Vorschriften mit damit einhergehenden Gefahren von Leiden für die Tiere. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die in der Zulassungsbegründung aufgeworfenen Fragen, ob die Abrisskante im Tretmiststall mit 45 cm – wie durch die Amtsveterinäre angenommen – tatsächlich zu hoch war, ob der Verschmutzungsgrad bzw. die Feuchtigkeit der unteren Einstreu noch akzeptabel und systemimmanent waren und ob die vorgefundene abgebrochene Klauenspitze auf einer Behandlung des betreffenden Tieres beruhte, für die Rechtmäßigkeit des streitbefangenen Bescheides nicht entscheidungserheblich an.
28
3. Der Senat teilt auch nicht die Einschätzung der Kläger, die Feststellungen und Schlussfolgerungen der Amtstierärzte würden durch die in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2021 in den Verfahren RN 4 K 19.2303 und RN 4 K 19.1217 einvernommenen Zeugen D. und Sch. In Zweifel gezogen.
29
a) Die Aussage des Zeugen Sch, die Milchviehhaltung sei „in Ordnung“ und für eine Tretmisthaltung relativ wenig verschmutzt gewesen, bezog sich auf eine unangemeldete Kontrolle im Februar 2020. Die Auskunft der Tierärztin D., sie habe hinsichtlich des Gesundheitszustands der Tiere nichts Außergewöhnliches feststellen können und insbesondere der Tretmiststall sei „ganz in Ordnung“ gewesen, bezog sich ebenfalls auf Besuche des klägerischen Hofes in den Jahren 2018 bis Anfang 2020; die Zeugin D. hat angegeben, sie sei am 14. Januar 2020 letztmals auf dem Hof gewesen (Niederschrift v. 3.12.2021 S. 10). Weder kann den Zeugenaussagen mithin etwas zu den Haltungsbedingungen im Zeitpunkt der Kontrolle am 24. März 2021 entnommen werden, zumal die Amtsveterinärinnen im Gutachten des LGL vom 30. April 2021 (dort S. 3) konstatieren, dass sich die Rinderhaltung insgesamt im Vergleich zur vorangegangenen Kontrolle im März 2020 verschlechtert habe, noch vermögen die Aussagen die amtstierärztlichen Feststellungen des Vorliegens wiederholter Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen bei vorangegangenen behördlichen Tierschutzkontrollen in Zweifel zu ziehen.
30
b) Sollte der in diesem Zusammenhang erhobene klägerische Einwand, das Verwaltungsgericht habe die Aussagen der Zeugen in seinem Urteil mit keinem Wort erwähnt, geschweige denn gewürdigt, so dass davon auszugehen sei, dass sich das Erstgericht nicht kritisch mit dem vollständigen Sachverhalt auseinandergesetzt habe, als Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu verstehen sein, so wäre ein etwaiger Verfahrensmangel nach der Rechtsauffassung des Senats für den Ausgang eines Berufungsverfahrens aus den dargelegten Gründen ohne Bedeutung; abgesehen hiervon kann ein Gehörsverstoß auch nicht festgestellt werden.
31
Zwar sichert das prozessuale Grundrecht des Anspruchs auf rechtliches Gehör, das verfassungsrechtlich in Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 91 Abs. 1 BV sowie einfachgesetzlich in § 108 Abs. 2 VwGO garantiert ist, den Beteiligten insbesondere auch ein Recht auf Berücksichtigung ihrer Äußerungen. Das Gericht hat sich mit den wesentlichen Argumenten des Klagevortrags zu befassen, wenn sie entscheidungserheblich sind. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann jedoch nur dann festgestellt werden, wenn sich aus besonderen Umständen klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Vorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (vgl. BVerfG, B.v. 19.5.1992 – 1 BvR 986/91 – BVerfGE 86, 133/146 = juris Rn. 39; B.v. 22.11.2005 – 2 BvR 1090/05 – juris Rn. 26; B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – juris Rn. 45; BVerwG, B.v. 9.7.2019 – 1 B 51/19 – juris Rn. 2 m.w.N.).
32
Dies zugrunde gelegt ist ein Gehörsverstoß seitens des Erstgerichts nicht hinreichend dargelegt. Das Verwaltungsgericht führt den Verweis der Klagepartei auf die Aussagen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2021 im Tatbestand seines Urteils an (UA S. 10) und hat die Akten in den Verfahren RN 4 K 19.2117 und RN 4 K 19.2303 zum gegenständlichen Verfahren beigezogen (UA, Tatbestand S. 12). Es werden keine besonderen Umstände dahingehend dargetan, dass das Erstgericht die Zeugenaussagen und das klägerische Vorbringen hierzu nicht zur Kenntnis genommen und in seine Bewertung einbezogen hätte. Die Klagepartei legt auch nicht näher dar, inwiefern die Einlassungen der Zeugen unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu einer anderen Entscheidung hätten führen können.
33
4. Soweit die Kläger monieren, das Verwaltungsgericht habe im angegriffenen Urteil kein Wort zum Halteverbot für Hunde, Kaninchen und Geflügel verloren, legen sie ebenfalls weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils noch einen Gehörsverstoß dar.
34
Das Zulassungsvorbringen verkennt insoweit, dass das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils hinsichtlich der dort nicht ausdrücklich erörterten Verstöße gegen tierschutzrechtliche Anforderungen ergänzend auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids (§ 117 Abs. 5 VwGO, s. UA S. 17) sowie hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG (auch) hinsichtlich anderer Tierarten als Rinder auf die Gründe des im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschlusses vom 12. August 2021 (Az. RN 4 S 21.1217) Bezug genommen hat (vgl. UA S. 13 f.; B.v. 12.8.2021, S. 21, Gliederungspunkt c.). Auf Seite 7 f. des streitgegenständlichen Bescheids finden sich detaillierte Ausführungen zu tierschutzrechtlichen Verstößen betreffend die Hunde-, Geflügel- und Kaninchenhaltung, mit denen sich das Zulassungsvorbringen nicht hinreichend auseinandersetzt. Soweit die Kläger geltend machen, dass der Bericht des LGL vom 30. April 2021 über die Kontrolle am 24. März 2021 zwar auf Mängel bei der Haltungsform hingewiesen, jedoch keine Feststellungen zu erkennbaren Leiden oder Schmerzen der Tiere getroffen habe, zumal sich das Geflügel frei habe bewegen können, sich die Tiere ausweislich der angefertigten Fotos in einem guten Ernährungszustand befunden hätten und Krankheitssymptome bzw. Verletzungen am Fell bzw. Federkleid nicht festzustellen gewesen seien, verkennen sie abermals den tierschutzrechtlichen Leidensbegriff, welcher nicht voraussetzt, dass das Tier in schlechtem Allgemeinzustand, krank oder verletzt ist oder dass die Beeinträchtigung des Wohlbefindens nachhaltig ist (s.o.), und setzen sie sich nicht mit den Feststellungen im Gutachten des LGL vom 30. April 2021 bzw. im streitgegenständlichen Bescheid auseinander, auf die das Verwaltungsgericht Bezug genommen hat. Notwendig, aber auch ausreichend für die Annahme von Leiden ist, dass das Wohlbefinden des Tieres über schlichtes Unbehagen, schlichte Unlustgefühle oder einen bloßen vorübergehenden Zustand der Belastung hinaus für eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne beeinträchtigt ist. Nach den amtstierärztlichen Feststellungen war dies bei einem Teil der Kaninchen und des Geflügels der Fall.
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Zur Beurteilung der verhaltensgerechten Unterbringung, Pflege und Ernährung bei der insoweit vorliegenden Hobbyhaltung werden in dem amtstierärztlichen Gutachten orientierend die Anforderungen an das Halten von Kaninchen gemäß Abschnitt 6 der TierSchNutztV und an das Halten von Legehennen in Abschnitt 3 der TierSchNutztV, die für das Halten der betreffenden Tiere als Nutztiere zu Erwerbszwecken gelten (§ 1 Abs. 1 TierSchNutztV), sowie hinsichtlich der Kaninchenhaltung ergänzend das Merkblatt Nr. 157 zur Haltung von Kaninchen als Heimtiere der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT, Stand September 2019) und hinsichtlich der Hühner das Merkblatt Nr. 131.3 „Hühner im sozialen Einsatz“ der TVT (Stand Dezember 2019) und die Vorgaben der Leitlinien für eine tierschutzgerechte Haltung von Wild in Gehegen herangezogen. Dies ist nicht zu beanstanden. Die in Merkblättern niedergelegten, jeweils von einem mehrköpfigen Gremium erarbeiteten Empfehlungen der TVT sind geeignet, sowohl von Amtstierärzten als auch von Gerichten als sachverständige Äußerungen für die Beurteilung tierschutzrechtlicher Anforderungen nach § 2 TierSchG herangezogen zu werden (BayVGH, B.v. 19.10.2017 – 9 ZB 16.2073 – juris Rn. 22; vgl. auch BVerwG, B.v. 2.4.2014 – 3 B 62.13 – juris Rn. 6 f.; U.v. 17.2.1978 – 1 C 102.76 – BVerwGE 55, 250/256); den Leitlinien für eine tierschutzgerechte Haltung von Wild in Gehegen vom 27. Mai 1995 kommt vorliegend als sog. antizipierten Sachverständigengutachten ebenfalls Beachtung im Rahmen der Konkretisierung der aus der Generalklausel des § 2 TierSchG folgenden Anforderungen zu (vgl. NdsOVG, B.v. 29.7.2019 – 11 ME 218/19 – juris Rn. 6 f.).
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a) Laut dem Gutachten des LGL vom 30. April 2021 standen den Kaninchen kein frisches und sauberes Futter sowie sonstiges Beschäftigungsmaterial zur Verfügung, was einen Verstoß gegen die Anforderungen des § 2 Nr. 1 TierSchG darstellt. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 TierSchNutztV müssen alle Kaninchen jederzeit Zugang zu grob strukturiertem Raufutter wie Stroh oder Heu und zu geeignetem Nagematerial haben. Kaninchen sind sogenannte Dauerfresser, die bis zu 80 Portionen pro Tag aufnehmen. Grundfutter, das aus frischen oder getrockneten Pflanzenteilen (frischer Wiesenschnitt bzw. hochwertiges Heu) besteht, muss somit immer zur Verfügung stehen. Als reine Pflanzenfresser haben Kaninchen einen auf die Verwertung von Rohfaser ausgerichteten Darmtrakt und die Abnutzung der lebenslang wachsenden Zähne erfolgt in erster Linie über das Kauen des Grundfutters. Nicht gefressenes Frischfutter und auch Heu sind täglich auszutauschen. Zur Beschäftigung sollten zusätzlich Äste z. B. von ungespritzten Obstbäumen, Weide oder Haselnuss angeboten werden (TVT-Merkblatt Nr. 157). Als den Kaninchen vorliegend auf behördliche Anweisung frisches Heu angeboten wurde, fraßen die erwachsenen Kaninchen auch alsbald hiervon.
37
Den Kaninchen im unteren Stallabteil (zwei Adulte und vier Welpen) stand entgegen der Vorgabe in § 35 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) TierSchNutztV, wonach die Tiere jederzeit Zugang zu Trinkwasser haben müssen, kein Wasser zur Verfügung. Als ihnen auf Anweisung der Behörde Wasser angeboten wurde, trank eines der beiden adulten Kaninchen sofort und sehr ausgiebig.
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Das Kaninchen im oberen Stallabteil in Einzelhaltung hatte leichten beidseitigen Augenausfluss. Selbst wenn, wie die Kläger in der Zulassungsbegründung ausführen, die Einzelhaltung des geschlechtsreifen Zuchtkaninchens vorliegend wegen einer mit Revierkämpfen verbundenen Verletzungsgefahr zulässig war, muss die Haltungseinrichtung so beschaffen sein, dass neben Riech- und Hörkontakt auch der Sichtkontakt zu Artgenossen besteht, da Kaninchen sozial lebende Tiere sind (TVT Merkblatt Nr. 157; vgl. auch § 33 Abs. 2 TierSchNutztV). Dies war im vorliegenden Fall nicht gegeben und konnte auch durch eine Spiegelplatte nicht ersetzt werden.
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Das untere Abteil, in dem sich zwei ausgewachsene Kaninchen und vier Junge befanden, war mit einer Fläche von 0,7 x 1,53 m und einer Höhe von 0,61 m deutlich zu klein. Für die Haltung von zwei Kaninchen sollte eine Grundfläche von mindestens sechs Quadratmetern zur Verfügung stehen (TVT Merkblatt Nr. 157). Mit 1,07 qm pro Stallabteil unterschritten beide Haltungseinrichtungen diese Anforderung deutlich. Zur Deckung ihres ausgeprägten Bewegungsbedürfnisses und zur Vermeidung von Schäden müssen Kaninchen mindestens drei aufeinanderfolgende Hoppelsprünge (a ca. 80 cm) ausführen können; eine Seite der Haltungseinrichtung sollte daher mindestens 2,4 m lang sein (TVT-Merkblatt Nr. 157). Die Seitenlänge des Kaninchenstalls betrug vorliegend 1,53 m und war damit deutlich zu kurz. Auch muss es den Tieren möglich sein, sich im Haltungssystem auf die Hinterbeine aufzurichten, ohne mit den Ohren anzustoßen (TVT-Merkblatt Nr. 157). In der TierSchNutztV wird als Minimalanforderung eine Mindesthöhe von 60 cm für Mastkaninchen (§ 33 Abs. 3 Nr. 3 a) bzw. 80 cm für Zuchtkaninchen (§ 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a) über mindestens 70 Prozent der Grundfläche gefordert. Die gemessene lichte Höhe von 0,53 m im oberen Stallabteil und von 0,61 m im unteren Stallabteil, in dem sich die beiden adulten Kaninchen mit den vier Welpen befanden, erfüllten diese Mindestanforderung nicht und ließen kein ungehindertes Aufrichten in der vorhandenen Haltungseinrichtung zu.
40
Im unteren Stallabteil standen am Rand des wenige Zentimeter breiten Gitterlochs zwischen den beiden Käfighälften, durch das sich die ausgewachsenen Kaninchen während der Kontrolle mehrfach hindurchzwängten, mehrere dünne Drahtenden hervor, die nach Einschätzung der Amtsveterinärinnen ein erhebliches Verletzungsrisiko darstellten, und es waren viele hängengebliebene Haare am Gitter zu sehen.
41
Da der Kaninchenstall bei der Kontrolle auch noch am Nachmittag bei Sonnenschein und blauem Himmel vollständig mit einer Plane abgedeckt war, die kaum Licht durchließ, zahlreiche, der Anreicherung der Haltungsumwelt dienende Außenreize abschirmte und einen ausreichenden Frischluftaustausch im Hinblick auf den Ammoniak- und Kohlendioxidgehalt der Luft verhinderte, lag aus Sicht der Amtsveterinärinnen der Verdacht nahe, dass die Kaninchen nicht nur zeitweise, sondern über einen längeren Zeitraum – auch tagsüber – mit diesen Haltungsbedingungen konfrontiert waren. Der hohe Verschmutzungsgrad des Käfigbodens ließ darauf schließen, dass die Kaninchen entgegen der Anforderung des § 32 Abs. 2 Satz 1 TierSchNutztV mehr als unvermeidbar mit Harn und Kot in Berührung kamen. Darüber hinaus reagieren Kaninchen sehr empfindlich auf Schadgase wie Ammoniak (vgl. § 32 Abs. 6 TierSchNutztV sowie Begründung zur Fünften Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, BR-Drs. 570/13 S. 21), welches sich bei unzureichender Entmistung bildet und vor dem Hintergrund des eingeschränkten Frischluftaustauschs durch die Stallabdeckung mittels Plane schnell hohe und damit tierschutzrelevante Konzentrationen erreichen kann (vgl. zu alldem LGL-Gutachten v. 30.4.2021, S. 50 ff.).
42
Diese Feststellungen lassen den Schluss zu, dass die Kaninchen über einen längeren Zeitraum hinweg ihre artgerechten Bedürfnisse aus mehreren Funktionskreisen nicht hinreichend ausleben konnten und ihnen daher länger anhaltende Leiden zugefügt wurden.
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b) Gleiches galt nach der auch insoweit nachvollziehbaren und schlüssigen amtstierärztlichen Einschätzung auch für einen Teil des Geflügels. Soweit das Zulassungsvorbringen ausführt, das Geflügel habe sich frei bewegen können, galt dies ausweislich des Gutachtens des LGL nicht für die neun Zwerghühner, die in einer viel zu kleinen Voliere untergebracht waren (Grundfläche von 0,95 x 0,53 m, Höhe von 1,03 m) und für drei Zwerghühner im Kaninchenstall, der mit einer Grundfläche von 0,97 x 0,47 m und eine Höher von 0,47 m ebenfalls zu klein war. Nach den Gehegewildleitlinien ist einer Gruppe von Hühnern ein Außengehege von 12 qm und eine Stallfläche von 4 qm zur Verfügung zu stellen. Das TVT Merkblatt Nr. 131.3 beschreibt, dass für vier Zwerghühner mindestens ein Quadratmeter Stallfläche zuzüglich Auslauf zur Verfügung stehen muss. Falls (zeitweise) kein Auslauf zur Verfügung steht, ist eine Richtgröße von acht Quadratmetern für vier Zwerghühner zu Grunde zu legen und je ein Quadratmeter zusätzlich je zwei weiteren Zwerghühnern. Ein Drittel davon ist dann als Scharrfläche zu gestalten. Den Tieren entstand vorliegend aufgrund des geringen Platzangebots erheblicher sozialer Stress und dadurch Leiden, da sie sich nicht ausweichen konnten. Das kotverschmutzte Deckgefieder einiger Tiere in der Voliere zeugt von den beengten Platzverhältnissen und der Unmöglichkeit, Komfortverhalten auszuüben.
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Der Drahtgitterkäfig war nicht eingestreut, auf dem Boden fanden sich festgetretener Kot sowie Futterkörner. Die Hühner hatten z. T. kotverschmutztes Gefieder. Scharren und Sandbaden war aufgrund der harten Platte aus festgetretenem Material nicht möglich. Dies ist ebenfalls nicht artgerecht, da Haltungseinrichtungen gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 5 TierSchNutztV mit einem Einstreubereich mit geeignetem Einstreumaterial von lockerer Struktur (verschiedene Materialien zur Ausübung des Erkundungsverhaltens) und in ausreichender Menge ausgestattet sein müssen, das allen Hennen ermöglicht, ihre artgemäßen Bedürfnisse, insbesondere Picken, Scharren und Staubbaden, zu befriedigen (vgl. hierzu TVT-Merkblatt Nr. 131.3). Für die ethologischen Bedürfnisse im Bereich des Funktionskreises „Nahrungsaufnahme“ ist Stroh am besten geeignet. Zum Sandbaden muss Substrat in solcher Menge zur Verfügung stehen, dass die Aufbringphase, die Seiten-Reibe-Phase und die Phasen des Ruhens und des Ausschüttelns von allen Tieren gezeigt werden können (Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., § 13 TierSchNutztV Rn. 14). Der Untergrund des Käfigs bestand vorliegend aus festgetretenen Platten aus Kot und Futterresten und war für das Ausleben der artgemäßen Bedürfnisse nicht geeignet. Darüber hinaus zeugen die vorgefundenen Kotablagerungen davon, dass die Haltungseinrichtung nicht sauber gehalten, insbesondere Ausscheidungen nicht so oft wie nötig entfernt wurden (vgl. auch § 4 Abs. 1 Nr. 10 TierSchNutztV und das TVT-Merkblatt Nr. 131.3, das eine tägliche Reinigung von Stall und Auslauf mit Entfernung von Kot und Futterresten sowie eine zweimal tägliche Fütterung (bei Tagesbeginn und vor Einsetzen der Dämmerung) vorsieht). Überdies stellte das Futter auf dem mit Kot bedeckten Boden nach der nachvollziehbaren Einschätzung der Amtsveterinärinnen ein Gesundheitsrisiko dar.
45
Nach dem TVT-Merkblatt Nr. 131.3 ist Hühnern ein ständiges Wasserangebot über eine Geflügeltränke (z.B. Stülptränke) oder aus offenen Rinnen oder Trögen bereitzustellen. Vorliegend war in beiden Haltungseinrichtungen kein Wasser vorhanden und als den Hühnern nach Aufforderung der Behördenvertreter Wasser angeboten wurde, tranken sie sofort und teils langanhaltend (Hühner in der Drahtgittervoliere). Dies zeugt nach Einschätzung der Amtsveterinärinnen von einem starken Durstgefühl, durch welches den Tieren erhebliche und wohl auch länger anhaltende Leiden zugefügt wurden (vgl. zu alldem Gutachten des LGL v. 30.4.2021 S. 59 ff.).
46
5. Soweit die Kläger monieren, der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt das Gespräch mit ihnen gesucht, um „auf Augenhöhe“ die aus Sicht der Behörde vorliegenden Mängel und mögliche Verbesserungen zu besprechen, und eine von den Klägern angeregte Mediation oder ein Schlichtungsgespräch mit verschiedenen Beteiligten abgelehnt, führt dies entgegen ihrer Auffassung nicht auf eine Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Auch wenn aus Sicht der Kläger erläuternde Gespräche mit dem Landratsamt das geeignetere und zielführendere Mittel zur Verbesserung der Haltungsbedingungen auf ihrem Hof gewesen sein mögen, sind aus der Akte – wie dargelegt – der Erlass zahlreicher Anordnungen des Landratsamts gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG über einen längeren Zeitraum hinweg sowie die Verfügung einer Bestandsreduktion und der Wegnahme und anderweitigen Unterbringung eines Teils der Rinder auf der Grundlage des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG ersichtlich, die zur Vermeidung eines Tierhaltungsverbots gerade das Ziel verfolgten, die Kläger zu einer Verbesserung der Haltungsbedingungen anzuhalten und ihnen die hierfür erforderlichen Maßnahmen vor Augen zu führen. Der Umstand, dass der Beklagte zur Erreichung dieses Ziels primär den (legitimen, da gesetzlich vorgesehenen) Weg vollziehbarer verwaltungsrechtlicher Anordnungen anstatt von Gesprächen gewählt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Im Übrigen ist aus den vorgelegten Behördenakten durchaus ersichtlich, dass die zuständigen Amtsveterinäre auch außerhalb förmlicher Anordnungen versucht haben, auf die Gewährleistung tierschutzgerechter Haltungsbedingungen hinzuwirken, indem von Seiten des Veterinäramts Hilfsangebote unterbreitet wurden, wie beispielsweise Ansprechpartner des Landwirtschaftsamts oder des LKV für eine fachmännische Beratung bezüglich Management- und Haltungsoptimierung zu vermitteln (vgl. Protokoll über die Kontrolle am 19.1.2018). Darüber hinaus offenbarte das im Nachgang zu der dem streitgegenständlichen Bescheid vorausgegangenen Kontrolle am 24. März 2021 geführte Abschlussgespräch nach der nachvollziehbaren Einschätzung der Amtstierärzte eine mangelnde Einsichtsfähigkeit und Bagatellisierungs- und Verharmlosungstendenz auf Seiten der Kläger. Dem amtstierärztlichen Gutachten des LGL vom 30. April 2021 zufolge zeigten sich die Kläger während der Abschlussrunde sehr aufgebracht und nicht zugänglich für Kritikpunkte. Die vorgetragenen Beanstandungen seien wiederholt mit Abwehr bzw. Unverständnis kommentiert worden; so sei z.B. der Hinweis der Amtsveterinärin des Landratsamts, dass Kaninchen deutlich mehr Platz benötigten, ins Lächerliche gezogen worden. Die mangelnde Versorgung der Tiere sei durch die Kläger damit begründet worden, dass die Kontrolle sie hiervon abgehalten habe, was allerdings nicht zutreffend sei und dem Ablauf der Kontrolle nicht entsprochen habe (Gutachten des LGL, S. 67). Vor diesem Hintergrund ist die behördliche Einschätzung, dass im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses (vgl. hierzu NdsOVG, U.v. 20.4.2016 – 11 LB 29/15 – BeckRS 2016, 45949 Rn. 26 ff.) eine Kooperationsbereitschaft auf Seiten der Kläger nicht zu erwarten war, nachvollziehbar.
47
Soweit die Kläger das verfügte, umfassende Tierhaltungs- und Betreuungsverbot für rechtswidrig, insbesondere unverhältnismäßig halten, weil die Kaninchen- und Geflügelhaltung vorher noch nie beanstandet worden sei und sie insoweit keine Gelegenheit gehabt hätten, die von den Amtstierärzten beanstandeten Haltungsbedingungen zu ändern, und weil sich die Anordnungen in den Bescheiden aus den Jahren 2016 bis 2019 zu einem großen Teil nicht auf die Milchviehhaltung in einem Tretmiststall, sondern auf die Nutzung eines Stallkomplexes bezogen hätten, der im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids bereits geschlossen gewesen sei, dringen sie hiermit ebenfalls nicht durch. Weder setzt ein Tierhaltungs- und Betreuungsverbot voraus, dass Zuwiderhandlungen bezüglich aller gehaltenen oder betreuten Tiere begangen worden sind (vgl. NdsOVG, U.v. 20.4.2016 – 11 LB 29/15 – BeckRS 2016, 45949 Rn. 33), noch, dass zuvor hinsichtlich sämtlicher betroffenen Tierarten und Haltungssysteme Einzelanordnungen nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG erlassen wurden. Vorliegend wurden hinsichtlich der betreffenden Tierarten und Haltungssysteme eine Vielzahl überwiegend gleichartiger Verstöße festgestellt, denen der Beklagte die Rinder- und Hundehaltung betreffend bereits mit Anordnungen nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG zu begegnen versucht hatte, die insbesondere die Hygiene, die Futter- und Wasserversorgung, die Größe und Ausgestaltung der Haltungseinrichtungen sowie die Pflege der Tiere betrafen und die auf Seiten der Kläger sowohl mangelnde Organisations- und Managementfähigkeiten als auch fehlende Einsicht in das Erfordernis der Einhaltung tierschutzrechtlicher Anforderungen offenbaren. Die behördliche Einschätzung, dass im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses (weitere) Einzelanordnungen – auch bezüglich der Geflügel- und Kaninchenhaltung – keine nachhaltige Verbesserung der Haltungsbedingungen für diese Tiere erwarten ließen, ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar.
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Soweit die Klägerseite mit Schriftsatz vom 20. Februar 2023 ergänzend geltend macht, das Tierhaltungsverbot gegenüber der Klägerin erweise sich als völlig unverhältnismäßig, weil sämtliche Anordnungen, namentlich die Bescheide über die Fortnahme von 14 Rindern vom 22. Oktober 2019 und die Reduzierung des Tierbestandes vom 30. Oktober 2019, ausschließlich gegenüber dem Kläger ergangen seien, kann dieses Vorbringen schon aus Rechtsgründen keine Berücksichtigung finden, weil es außerhalb der Zulassungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfolgt ist. Im Übrigen setzt § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG weder tatbestandlich noch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zwingend voraus, dass zuvor Anordnungen ergangen und unerfüllt geblieben sind (Hirt/Maisack/Moritz/Felde, a.a.O., § 16a Rn. 49 m.w.N.); entscheidend sind insoweit die Umstände des Einzelfalls. Vorliegend ist nach den konkreten Umständen, insbesondere dem Auftreten der Klägerin bei den tierschutzrechtlichen Kontrollen und in den mündlichen Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht sowie im Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgerichtshof mit der Berichterstatterin, in welchem die Klägerin als Wortführerin fungierte, zweifelsohne davon auszugehen, dass sie über die bei den Kontrollen festgestellten behördlichen Beanstandungen informiert war; überdies war sie von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Fortnahme der Rinder, der Bestandsreduzierung sowie den Zwangsgeldandrohungen als Ehefrau des Klägers und Mithalterin der Tiere letztlich ebenso betroffen wie der Kläger. Vor diesem Hintergrund war im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht anzunehmen, dass sich Anordnungen nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG gegenüber der Klägerin als ein milderes und gleichermaßen wirksames Mittel erwiesen hätten, um die Gefahr weiterer Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen und damit einhergehender Leiden für die Tiere zu verhüten.
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Soweit die Kläger die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der streitgegenständlichen Maßnahme durch das Verwaltungsgericht in Ansehung des schweren Eingriffs in Art. 14 GG und Art. 12 GG als unzureichend erachten, rechtfertigt der Umstand, dass jemand wirtschaftlich auf die Tierhaltung angewiesen ist, es nicht, an ihn geringere Anforderungen als an andere Personen zu stellen und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf die Untersagung des Haltens von Tieren zu verzichten, wenn kein gleich geeignetes, milderes Mittel zur Beseitigung der Missstände und Leiden zur Verfügung steht (Metzger in Lorz/Metzger, TierSchG, a.a.O., § 16a Rn. 36; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, a.a.O., § 16a Rn. 49). Letzteres war vorliegend angesichts der zahlreichen vorausgegangenen tierschutzrechtlichen Kontrollen, die verschiedene Anordnungen einschließlich einer Bestandsreduktion zur Folge hatten, allerdings zu keiner nachhaltigen Verbesserung der Tierhaltung führten, zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids nicht ersichtlich. Durch das Haltungsverbot ist (lediglich) die Freiheit der Berufsausübung betroffen, die gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden darf, so dass der Eingriff in der Regelung des § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 TierSchG seine Rechtfertigung findet (OVG LSA, B.v. 27.10.2017 – 3 M 240/17 – juris Rn. 19). In Gestalt des dem Untersagungsverfahren nachfolgenden gesonderten Wiedergestattungsverfahrens nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Hs. 2 TierSchG eröffnet das Gesetz den Klägern zugleich die Möglichkeit, bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen ihren Beruf wieder auszuüben. Hierfür müssen sie Umstände darlegen (zum Beispiel psychologisches Gutachten, Sachkundenachweis etc.), aus denen sich ergibt, dass sie (nunmehr) über die erforderliche Sachkunde zum Halten der betreffenden Tiere verfügen und bei ihnen ein individueller Lernprozess stattgefunden hat, der sich auf die inneren Gründe für die Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen bezieht und nachvollziehbar werden lässt, dass diese so nachhaltig entfallen sind, dass mit hinreichender Gewissheit künftig auszuschließen ist, dass die Kläger wiederum ähnlich schwerwiegende oder wiederholte tierschutzrechtliche Verstöße begehen (VGH BW, U.v. 16.12.2021 – 6 S 1557/19 – juris Rn. 47; SaarlOVG, B.v. 29.10.2019 – 2 A 261/18 – juris Rn. 20; VG Würzburg, U.v. 18.3.2019 – W 8 K 18.564 – juris Rn. 19; Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, a.a.O., § 16a Rn. 55 m.w.N.). Liegen diese Voraussetzungen vor, besteht ein Anspruch auf Wiedergestattung der Tierhaltung und/oder -betreuung. Hiermit korrespondiert – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der intensiven grundrechtlichen Betroffenheit der Kläger, des rechtsstaatlich verbürgten Anspruchs auf ein faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG) und der behördlichen Beratungspflicht (Art. 25 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BayVwVfG) – die Pflicht des Beklagten zu einer transparenten Gestaltung des Wiedergestattungsverfahrens.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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III. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG. Sie entspricht der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
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Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).