Titel:
Erfolgloses Eilverfahren auf Außervollzugsetzung eines Bebauungsplanes
Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 6, § 80 Abs. 7 S. 2
BauGB § 13b
BVerfGG § 32 Abs. 1
Leitsätze:
1. Der Schutz der öffentlichen Wasserversorgung dient dem öffentlichen Interesse und nicht dem Individualschutz; der Umstand, dass ein Anwohner sein Wasser bei dem Versorger beziehen muss, der eine durch Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geschützte Trinkwassergewinnungsanlage betreibt, genügt in aller Regel nicht für eine qualifizierte und individualisierte Betroffenheit. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wegen der weitreichenden Folgen, die die Aussetzung des Vollzugs von Rechtsvorschriften hat, ist ein strenger Maßstab anzulegen mit der Folge, dass die typische Dringlichkeit voraussetzt, dass der Vollzug der Norm vor einer Entscheidung in der Hauptsache Auswirkungen befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsachentscheidung geboten ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde kommt eine besondere Bedeutung zu und sie haben grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen privater Fachinstitute, weil solche fachbehördlichen Auskünfte auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstweiliger Rechtsschutz im Normenkontrollverfahren, Anforderungen an die Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans, Kein schwerer Nachteil oder sonstige wichtige Gründe, Normenkontrollverfahren, Bebauungsplan, Eilantrag, Außervollzugsetzung, Antragsbefugnis, Grundwasseraufstau, Trinkwasservorkommen, Versickerung, Niederschlagswasser, Wasserwirtschaftsamt
Fundstelle:
BeckRS 2023, 18962
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert wird auf 12.500 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. … „A. …“, den die Antragsgegnerin im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB am 18. Oktober 2018 als Satzung beschlossen und am 10. Juli 2019 bekanntgemacht hat. Im Rahmen eines ergänzenden Verfahren wurde der Bebauungsplan am 26. April 2022 erneut als Satzung beschlossen, am 1. Juni 2022 bekanntgemacht und rückwirkend in Kraft gesetzt.
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Das ursprünglich unbebaute – zwischenzeitlich weitgehend bereits bebaute – Planungsgebiet umfasst eine Fläche von 3,68 ha und liegt am südwestlichen Ortsrand der Stadt S. … Der Bebauungsplan weist in seinem Geltungsbereich ein reines Wohngebiet aus. Es sollen dort insgesamt ca. 120 Wohneinheiten (Reihenhäuser und Mehrfamilienhäuser) sowie eine Kindertageseinrichtung entstehen. Die Erschließung erfolgt über eine Zufahrt im nordöstlichen Bereich des Planungsgebiets, die von der J. …straße abzweigt. Die Anbindung an das weiterführende Straßennetz erfolgt über die Straße W. …platz.
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Die Antragsteller sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus und einem Nebengebäude bebauten Grundstücks FlNr. …, Gemarkung S. …, das im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. … vom 17. Mai 1993 der Stadt S. … liegt, der ein reines Wohngebiet ausweist. Das Anwesen der Antragsteller liegt durch eine Straße und eine Grünfläche getrennt südöstlich des Plangebiets in erhöhter Lage.
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Sie stellten gegen den Bebauungsplan Nr. … sowie gegen den Bebauungsplan – 1. Änderung – einen Normenkontrollantrag. Ihren Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung des Bebauungsplans hat der Senat mit Beschluss vom 22. März 2021 (1 NE 20. 2322) abgelehnt. Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung sei weder zur Abwehr schwerer Nachteile noch aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten.
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Am 16. Juli 2021 stellten sie einen Antrag auf Abänderung des Beschlusses vom 22. März 2021 und beantragten zuletzt,
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den Vollzug des Bebauungsplans der Stadt S. … Nr. … „A. …“, zuletzt bekannt gemacht am 1. Juni 2022, bis zur Entscheidung im unter dem Aktenzeichen 1 N 22.929 anhängigen Normenkontrollverfahren auszusetzen.
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Durch den Vollzug des Bebauungsplans drohten ihnen und der Allgemeinheit schwere Nachteile. Nach der von ihnen zwischenzeitlich eingeholten sachverständigen Stellungnahme des Ingenieurbüros Dr. D. … vom 5. Juli 2021 sei durch unterirdische Verbauungen im Plangebiet der Grundwasserspiegel an ihrem Grundstück bereits um mindestens 1,33 m angestiegen. Jedes weitere Bauwerk im Plangebiet führe zu einem zusätzlichen Aufstau und Anstieg des Grundwassers. Ihr Keller würde bei Starkregenereignissen geflutet. Zudem erfolge die Versickerung des Niederschlagswassers des Planungsgebiets in das zweite Grundwasserstockwerk, aus dem das Trinkwasservorkommen der Antragsgegnerin in der M. … … gespeist werde. Es stehe eine Schadstoffbelastung des Trinkwassers zu befürchten, insbesondere da für die Aufschüttungen im Planungsgebiet kontaminiertes Material verwendet worden sei. Der Bebauungsplan sei wegen Verfahrensverstößen sowie aus materiellen Gründen unwirksam, insbesondere habe der Bebauungsplan nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB aufgestellt werden können.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Nach der von ihr zwischenzeitlich eingeholten gutachterlichen Stellungnahme des Büros B. … vom 24. Februar 2022 sei ein für die Antragsteller negativer Aufstau von Grundwasser nicht zu befürchten. Eine Gefährdung des Trinkwasservorkommens infolge der Versickerung des Niederschlagswassers aus dem Planungsgebiet sei ebenfalls auszuschließen.
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Der Vertreter des öffentlichen Interesses übermittelte mit Schreiben vom 25. Februar 2022 eine Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts W. … Eine Beeinträchtigung des Trinkwassers sei nicht zu erwarten.
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Der Senat hat am 5. April 2022 mündlich verhandelt. Der Bebauungsplan – 1. Änderung – wurde mit rechtskräftigem Urteil vom 5. April 2022 aufgehoben (1 N 20.1594). Das Verfahren gegen den Ursprungsbebauungsplan wurde abgetrennt und wird unter dem Aktenzeichen 1 N 22.929 fortgeführt. Eine Entscheidung in der Hauptsache ist noch nicht ergangen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in den Eil- und Hauptsacheverfahren sowie auf die vorgelegten Normaufstellungsakten Bezug genommen.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter Abänderung des Beschlusses vom 22. März 2021 nach § 47 Abs. 6 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hat keinen Erfolg
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Es kann offenbleiben, ob die Antragsteller hinsichtlich des Normenkontroll(eil) antrags gegen den Bebauungsplan antragsbefugt sind (1.). Der Antrag auf Außervollzugsetzung des Bebauungsplans hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg (2.).
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1. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontroll(eil) verfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller muss hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. Wer sich als außerhalb des Bebauungsplangebiets wohnender Grundstückseigentümer gegen einen Bebauungsplan wendet, muss aufzeigen, dass sein aus dem Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) folgendes Recht verletzt sein kann (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.2013 – 4 BN 13.13 – ZfBR 2014, 159). Bei einer Bebauungsplanänderung sind in die Abwägung nur schutzwürdige Belange einzustellen, die gerade durch die Planänderung berührt werden (vgl. BVerwG, B.v. 6.3.2013 – 4 BN 39.12 – BayVBl 2013, 545). Die Antragsbefugnis ist dann nicht gegeben, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 24.9.1998 – 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215). Nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solche, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Bebauungsplan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, B.v. 28.10.2020 – 4 BN 44.20 – juris Rn. 7).
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1.1. Aus dem Vortrag zum Grundwasseraufstau ergibt sich keine Antragsbefugnis der Antragsteller.
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Der Bebauungsplan erlaubt keinen Grundwasseraufstau. Für den Aufstau von Grundwasser ist vielmehr eine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich. Dass die Grundwasserthematik im Rahmen der nachfolgenden Genehmigungsverfahren bei sachgerechter Behandlung nicht gelöst werden kann, ist nicht ersichtlich.
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1.2. Eine Antragsbefugnis für die Antragsteller kann auch nicht auf die geltend gemachte Beeinträchtigung des Trinkwasservorkommens der Antragsgegnerin gestützt werden.
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Der Schutz der öffentlichen Wasserversorgung dient dem öffentlichen Interesse und nicht dem Individualschutz. Dass ein Anwohner sein Wasser bei dem Versorger beziehen muss, der eine durch Festsetzung eines Wasserschutzgebiets geschützte Trinkwassergewinnungsanlage betreibt, genügt in aller Regel – und so auch hier – nicht für eine qualifizierte und individualisierte Betroffenheit (vgl. BVerwG, U.v. 12.4.2018 – 3 A 16.15 – BVerwGE 161, 356).
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1.3. Eine Antragsbefugnis könnte sich somit allenfalls im Hinblick auf eine planbedingte Verkehrszunahme ergeben. Hierzu liegt bislang jedoch kein substantiierter Vortrag vor.
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2. Der Antrag ist aber jedenfalls abzulehnen, weil der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung weder zur Abwehr schwerer Nachteile noch aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Wegen der weitreichenden Folgen, die die Aussetzung des Vollzugs von Rechtsvorschriften hat, ist dabei in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 32 Abs. 1 BVerfGG ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfG, B.v. 5.7.1995 – 1 BvR 2226/94 – BVerfGE 93, 181; BayVGH, B.v. 28.11.2019 – 1 NE 19.1502 – juris Rn. 14). Die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes typische Dringlichkeit setzt voraus, dass der Vollzug der Norm vor einer Entscheidung in der Hauptsache Auswirkungen befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsachentscheidung geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 16.9.2015 – 4 VR 2.15 u.a. – juris Rn. 4; B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 u.a. – BauR 2015, 968). Das kann etwa angenommen werden, wenn vollendete Tatsachen entstehen, die den vom Antragsteller nachgesuchten Rechtsschutz leerlaufen ließen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 a.a.O.). Der bevorstehende bloße Vollzug eines Bebauungsplans stellt grundsätzlich noch keinen schweren Nachteil im Sinn von § 47 Abs. 6 VwGO dar (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 15 NE 16.2226 – juris Rn. 27; B.v. 19.8.2016 – 9 NE 16.1512 – juris Rn. 20).
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2.1 Den Antragstellern droht aus dem Vollzug des Bebauungsplans kein schwerer Nachteil im Hinblick auf den behaupteten Grundwasseraufstau.
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Der Bebauungsplan lässt keinen Aufstau von Grundwasser zu, vielmehr ist – wie sich aus dem (deklaratorischen) Hinweis B.2 § 5 Abs. 2 zum Bebauungsplan ergibt – bei einem Aufschluss von Grundwasser das Landratsamt zu benachrichtigen, um gegebenenfalls wasserrechtliche Verfahren einzuleiten. Dafür, dass die Thematik in nachfolgenden wasserrechtlichen Verfahren bei sachgerechter Behandlung nicht bewältigt werden kann, ist hier nichts ersichtlich. Nach den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2022 kann ein Aufstau des Grundwassers im Planungsgebiet durch die üblichen technischen Maßnahmen wie Auffüllung mit Kies oder Verwendung von Dükern verhindert werden. Aus dem im Zusammenhang mit der Aufstellung des Bebauungsplans eingeholten ingenieurgeologischen Gutachten des Büros G.. … GmbH vom 3. Mai 2016, in dessen Rahmen mehrere Bohrungen im Planungsgebiet vorgenommen wurden, ergeben sich zudem keine Anhaltspunkte für den von den Antragstellern angenommenen zusammenhängenden Grundwasserleiter im Planungsgebiet. Gegen einen zusammenhängenden Grundwasserleiter spricht u.a. auch, dass bei dem vom Gutachter der Antragsteller angenommenen Grundwasserstand von 633,52 mNN und einem durchgehenden Grundwasserkörper an der Versickerungsstelle an der Fichte, die auf einer Höhe von ca. 631,3 mNN liegt, eine Quelle entspringen müsste. Dies ist indes nicht der Fall. Es spricht daher Einiges dafür, dass es sich bei dem beim Aushub für die Errichtung der Heizzentrale und weiterer Bauvorhaben angetroffenen Wasser um Schichtenwasser handelt, jedenfalls aber kein durchgehender Grundwasserleiter im Planungsgebiet vorhanden ist. Nach der schlüssigen Berechnung in der von der Antragsgegnerin vorgelegten fachgutachterlichen Stellungnahme vom 24. Februar 2022 des Büros Dr. B. … – Dr. O. …, die von den Antragstellern nicht substantiiert in Zweifel gezogen wurde, tritt selbst für den Fall, dass keinerlei Ausgleichsmaßnahmen bei der Errichtung der Vorhaben im Planungsgebiet getroffen werden sollten, am Anwesen der Antragsteller ein vernachlässigbarer Wasseraufstau von maximal 5 cm bis 7 cm auf.
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Im Übrigen ist auch nicht dargetan, dass dem Keller des Gebäudes der Antragsteller durch aufsteigendes Grund- bzw. Schichtwasser Schäden drohen. Das vorgelegte Gutachten von Dr. D. … ist insoweit widersprüchlich. Einerseits wird dort behauptet, dass bei Gründung des Kellers der Antragsteller keine weiße Wanne eingebaut worden sei, während im nächsten Absatz ausgeführt wird, dass sich aus den Bauunterlagen zum Anwesen der Antragsteller nicht ergebe, ob wegen des damaligen tiefen Grundwasserstandes der Keller mit wasserundurchlässigem Beton ausgebaut worden sei. Anlass für eine entsprechende wasserundurchlässige Bauausführung bestand jedenfalls im Hinblick auf den Hinweis in dem Bebauungsplan Nr. …, in dessen Geltungsbereich das Anwesen der Antragsteller liegt, wonach jedes Bauvorhaben gegen hohe Grundwasserstände oder auftretendes Hangschichtwasser zu sichern ist.
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2.2 Im Hinblick auf die Versickerung des Niederschlagswassers aus dem Planungsgebiet steht eine Beeinträchtigung des Trinkwassers und damit ein schwerer Nachteil für die Allgemeinheit nicht zu erwarten.
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Das Wasserschutzgebiet M. … … wurde zuletzt mit Verordnung des Landratsamtes S. … vom 11. Dezember 2017, bekanntgemacht am 24. Januar 2018, angepasst. Die Anpassung der Schutzgebietsverordnung beruht auf dem in das Hauptsacheverfahren eingeführten Gutachten von U. … H. … vom 10. Februar 2016 „Neubemessung des Trinkwasserschutzgebiets für die Brunnen VII und VIII Wassergewinnungsanlage M. … … des Wasserwerks S. …“. Diesem Gutachten gingen mehrjährige Untersuchungen einschließlich der Errichtung von fünf neuen Grundwassermessstellen sowie die Durchführung von Markierungsversuchen voraus, die in dem Gutachten detailliert dargestellt wurden. Das Wasserwirtschaftsamt hat mit der in das Verfahren mit Schriftsatz der Landesanwaltschaft Bayern vom 25. Februar 2022 eingeführten Stellungnahme, die in der mündlichen Verhandlung am 5. April 2022 von einem Vertreter des Wasserwirtschaftsamts weiter erläutert wurde, ausgeführt, dass ausgehend von den der Anpassung des Wasserschutzgebiets zugrunde liegenden Untersuchungen kein unterirdischer Zustrom von Sickerwasser bzw. Grundwasser von der Neubaufläche zu den Brunnen der M. … … existiert. Selbst wenn der Versickerungsbereich im Einzugsgebiet der Trinkwasserbrunnen liegen würde, ist nach den Ausführungen des Wasserwirtschaftsamts eine Beeinträchtigung des Trinkwassers nicht zu befürchten, da durch die Fließzeit eine ausreichende Schutzwirkung durch Verdünnung-, Abbau- und Rückhalteprozesse gegeben ist und damit durch die Bauleitplanung keine Beeinträchtigung des Trinkwassers aus der M. … … zu erwarten steht.
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In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist anerkannt, dass amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts als kraft Gesetzes eingerichteter Fachbehörde (Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayWG) eine besondere Bedeutung zukommt. Nachdem solche fachbehördlichen Auskünfte auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen privater Fachinstitute (vgl. BayVGH, B.v. 6.4.2020 – 8 ZB 19.852 – juris Rn. 16; B.v. 5.3.2018 – 8 ZB 17.867 – juris Rn. 22; B.v. 9.5.2017 – 22 ZB 17.152 – juris Rn. 10; B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47). Die Ausführungen in der von der Antragstellerseite vorgelegten sachverständigen Stellungnahme sind nicht geeignet, die fachliche Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts zu erschüttern. Die Annahmen in der Stellungnahme des Gutachters der Antragsteller beruhen im Wesentlichen auf der Auswertung eines Bohrkerns auf dem Nachbargrundstück der Antragsteller, der wohl im Rahmen der Exploration zur Errichtung einer Erdwärmesonde in einer Entfernung von mehr als 1 km zu den Trinkwasserbrunnen gewonnen wurde. Angesichts der umfassenden, langjährigen gezielten Untersuchungen zur Bestimmung des Einzugsgebiets der Trinkwasserbrunnen vermag dies nicht die fachliche Einschätzung des Wasserwirtschafts in Frage zu stellen. Aus der von den Antragstellern in Bezug genommenen Dissertation von K.-H. K1. „Die geologisch-hydrogeologische Situation im Jung- und Altmoränengebiet des A. Höhenrückens zwischen Am.- und W. und in der nördlich angrenzenden Wurzelzone der westlichen M. Schotterebene (O.)“, ergeben sich ebenfalls keine Anhaltspunkte, dass die Versickerungsstelle im Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen liegt. Dort wird vielmehr ausgeführt, dass die Trinkwasserbrunnen VII und VIII vorwiegend aus einem Einzugsgebiet nördlich der M. … … gespeist werden. Im Übrigen lässt das von den Antragstellern vorgelegte Gutachten unberücksichtigt, dass die Versickerungsstelle bei der Fichte auf einer Höhe von ca. 631,3 mNN bzw. vor dem Notüberlauf an der B2 bei ca. 628,6 mNN liegt. Der Grundwasserstand in der südlich des Wasserschutzgebiets gelegenen Grundwassermessstelle GWM5 liegt ausweislich des Gutachtens von U. … … bei ca. 632,2 mNN. Würde das Grundwasser von der Versickerungsstelle über die Grundwassermessstelle GWM5 zum Brunnen fließen, müsste es – worauf das Wasserwirtschaftsamt in seiner Stellungnahme nachvollziehbar hinweist – entgegen der Schwerkraft bergauf fließen. Es bestehen somit keine Anhaltspunkte dafür, dass planbedingt eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung besteht.
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2.3 Auch im Hinblick auf eine planbedingte Verkehrszunahme ist ein schwerer Nachteil nicht erkennbar.
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Die planbedingte Verkehrszunahme wurde im Rahmen des Aufstellungsverfahren zum Bebauungsplan ermittelt. Sie führt am Wohngebäude der Antragsteller zu einer Lärmzunahme von 1 dB(A) auf 51 db(A) tags und 43 db(A) nachts. Diese Werte liegen deutlich unter den als Orientierungshilfe heranzuziehenden Werten der 16. BImSchV, sodass eine unzumutbare Beeinträchtigung nicht vorliegt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 8 GKG. Sie orientiert sich an Nummern 1.5 und 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).